LG Frankenthal (Pfalz), Urteil vom 23.09.2019 - 2 O 23/19
Fundstelle
openJur 2021, 23958
  • Rkr:
Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu

vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Ansprüche im Zusammenhang mit dem Leasing eines Pkw im Rahmen des sog. "VW-Abgasskandals".

Die Klagepartei schloss im Jahr 2014 mit der ... GmbH einen Leasingvertrag über einen Porsche Cayenne mit einer Vertragslaufzeit von 48 Monaten bei einer monatlichen Leasingrate von 1.092,90 € netto (=1.300,55 € brutto). Wegen der Einzelheiten des Vertrages wird auf die Anlage K 11 (Bl. 84 d.A.) Bezug genommen. Das Fahrzeug verfügt über einen Motor, der vom sog. "VW-Abgasskandal" betroffen ist. Das Kraftfahrtbundesamt ordnete am 22.01.2018 einen amtlichen Rückruf an. Mit Vertrag vom 17.12.2018/29.01.2019 schloss die Klagepartei einen Anschlussleasingvertrag über 36 Monate betreffend das streitgegenständliche Fahrzeug ab. Wegen der Einzelheiten des Vertrages wird auf die Anlage K 12 (Bl. 71 d.A.) Bezug genommen.

Das Fahrzeug wies am 23.09.2019 eine Laufleistung von 141.643 km auf.

Mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 20.09.2018 (Bl. 13 ff. d.A.) ließ die Klagepartei gegenüber der Beklagten eine Frist zur Zahlung von Schadenersatz in Höhe von 6.541,82 € setzen.

Die Beklagte ist die Herstellerin des Motors des von der Klagepartei erworbenen Fahrzeuges.

Die Klagepartei behauptet, die Beklagte habe das Fahrzeug mit straßenverkehrs- und straßenzulassungsrechtlich unzulässiger Softwarekonfiguration auf den Markt gebracht und die Marktgegenseite hierüber vorsätzlich getäuscht. Der Vorstand der Beklagten habe von den entsprechenden Umständen Kenntnis gehabt.

Sie behauptet weiter, in Kenntnis der Umstände der Täuschung über die Abgaswerte bzw. der zu hohen realen Abgaswerte hätte sie vom Vertragsschluss betreffend das Fahrzeug abgesehen.

Nachdem die Klagepartei ursprünglich beantragt hatte

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei 33.858,66 € nebst Zinsen aus 66.961,49 € in Höhe von 4 Prozent pro Jahr seit dem 01.05.2019 zu zahlen und die Klagepartei von den aktuell noch bestehenden Verbindlichkeiten gegenüber der ... GmbH aus dem Leasingvertrag zur Leasingsvertragsnummer ... in Höhe von 28.743,13 € freizustellen, Zug um Zug gegen Übergabe des Porsche Cayenne 3.0 mit der FIN ...,

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des in Ziffer 1. genannten Fahrzeuges seit 3 Wochen nach Rechtshängigkeit in Annahmeverzug befindet,

beantragt die Klagepartei mit Schriftsatz vom 13.09.2019

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei 25.778,64 € nebst Zinsen aus 70.770,89 € in Höhe von 4 Prozent pro Jahr seit dem 01.05.2019 zu zahlen und die Klagepartei von den aktuell noch bestehenden Verbindlichkeiten gegenüber der ... GmbH aus dem Leasingvertrag zur Leasingsvertragsnummer ... in Höhe von 26.665,80 € freizustellen, Zug um Zug gegen Übergabe des Porsche Cayenne 3.0 mit der FIN ....

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des in Ziffer 1. genannten Fahrzeuges seit 3 Wochen nach Rechtshängigkeit in Annahmeverzug befindet.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, es fehle am Vorsatz und an der Kenntnis der vertretungsberechtigten Personen der Beklagten. Auch habe die Klagepartei keinen Schaden erlitten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das angerufene Gericht sachlich und örtlich zuständig, §§ 32 ZPO, 23, 71 GVG.

Die Klage ist unbegründet.

Der Klagepartei steht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Schadensersatz gleich auf Grundlage welcher Anspruchsgrundlage zu.

Erforderlich für die Zuerkennung eines Ersatzanspruches und damit für einen Erfolg der Klage ist der Eintritt eines Schadens bei der Klagepartei in Folge des Abschlusses des Leasingvertrages über das streitgegenständliche Fahrzeug. Ein solcher Schaden liegt hier nicht vor.

1. Soweit die Klagepartei vorträgt, sie hätte vom Abschluss eines Leasingvertrages in Kenntnis der unrichtig angegebenen Abgaswerte Abstand genommen, verfängt dieser Vortrag nicht. Dabei kann offenbleiben, ob bei einem hochmotorisierten Fahrzeug - wie dem streitgegenständlichen - überhaupt die Abgaswerte eine auch nur marginale Rolle beim Vertragsabschluss gespielt haben, denn durch das eigene Verhalten der Klagepartei hat sie ihren Vortrag selbst widerlegt. Wenn es der Klagepartei tatsächlich auf die Einhaltung von Abgasgrenzwerten auch nur mitursächlich für den Abschluss des Vertrages angekommen wäre, ist schlicht unverständlich, dass die Klagepartei mehr als 10 Monate nach dem Erlass des amtlichen Rückrufbescheids durch das Kraftfahrtbundesamt den Leasingvertrag verlängert. Dies lässt lediglich den Schluss zu, dass es der Klagepartei gerade um die Nutzung des konkreten Fahrzeug(typ)es unabhängig von irgendeinem Abgasthema ging.

Spätestens mit dem Abschluss des Anschlussleasingvertrages weit nach Bekanntwerden der Thematik liegt kein zurechnungsfähiger Schaden mehr vor. Vielmehr hat sich die Klagepartei bewusst für die Verlängerung eines Vertrages in Kenntnis der Umstände entschieden, den sie nunmehr aus bereits bekannten Umständen nicht mehr gegen sich gelten lassen will.

2. Zudem mangelt es aber auch schon beim ersten Leasingvertrag an einem ersatzfähigen Schaden im Sinne der §§ 249 ff. BGB.

Ein Schaden liegt nach der maßgeblichen Differenzhypothese dann vor, wenn ein Vergleich des Vermögens ohne und mit schädigender Handlung zu einem für die Klagepartei negativen Saldo führt. Dies ist hier nicht der Fall.

Die Klagepartei hat durch den Leasingvertrag den unmittelbaren Besitz des Leasingfahrzeuges erhalten und konnte dies im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen und Grenzen frei und uneingeschränkt nutzen. Dies wird bereits dadurch deutlich, dass er innerhalb der Leasingzeit eine Strecke von über 141.000 km mit dem Fahrzeug zurückgelegt hat. Dass das Fahrzeug dabei wegen der Motorkonfiguration nicht der Abgas-Norm entsprach, welche die Beklagte dem Fahrzeug zugeschrieben hatte, ändert an der Nutzungsmöglichkeit des Fahrzeuges nichts. Dass bzw. welche konkreten Einschränkungen die Kläger durch diese unzulässige Motorkonfiguration erlitten hat, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

An diesem Ergebnis ändert sich auch nichts durch die Rechtsprechung des Gerichts zu vergleichbaren Fahrzeugen, die käuflich erworben worden sind, denn die Situation des Kaufes ist mit derjenigen des Leasings nicht vergleichbar. Anders als im vorliegenden Fall, in welchem das Fahrzeug nach Ablauf des Vertrages an das Leasingunternehmen zurückgegeben werden konnte, ist beim Erwerb des Fahrzeuges das Wirtschaftsgut dauerhaft und vollständig dem Vermögen des Erwerbers zugeordnet. Da dem Erwerber damit mehr zusteht als die bloße Nutzungsmöglichkeit im Rahmen des Leasings, sind beide Situationen nicht vergleichbar und im Ergebnis unterschiedlich zu behandeln.

Auch wenn der Kläger ohne die Täuschung durch die Beklagte den Leasingvertrag über das streitgegenständliche Fahrzeug nicht geschlossen hätte, so hätte er ein anderes Fahrzeug vergleichbarer Konfiguration leasen müssen. Dass dies zu günstigeren Leasingbedingungen möglich gewesen und tatsächlich erfolgt wäre, ist weder vorgetragen noch ersichtlich, sodass auch unter diesem Gesichtspunkt die Feststellung eines konkreten Schadens aber auch die Schätzung eines Mindestschadens - letztere insbesondere mangels tauglicher Schätzgrundlage - durch die Kammer nicht möglich ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit resultiert aus § 709 ZPO.

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