LG Lübeck, Beschluss vom 09.02.2021 - 13 HKO 3/21
Fundstelle
openJur 2021, 23921
  • Rkr:
Verfahrensgang
Rubrum

Landgericht Lübeck

Beschluss

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren

...

- Antragsteller -

Verfahrensbevollmächtigte:

Rechtsanwälte ...

gegen

...

wegen eines Wettbewerbsverstoßes

hat die 13. Zivilkammer - Kammer für Handelssachen III - des Landgerichts Lübeck durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht ... am 09.02.2021 nach § 937 Abs. 2 ZPO beschlossen:

Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 8. Februar 2021 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 5000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien sind Wettbewerber im Bereich des Handels mit Drogeriewaren, namentlich auch mit Körpercremes. Der Antragsteller bietet solche Waren unter anderem auf der Handelsplattform Ebay unter dem Namen: "....." an.

Der Antragsgegner bot am 23.01.2021 auf der Handelsplattform Ebay ebenfalls eine Körperlotion an:

Der Antragsteller ließ den mit Schriftsatz des Unterzeichners vom 27.01.2021 wegen der dargestellten (und einer weiteren) Rechtsverletzung abmahnen und forderte ihn unter Fristsetzung zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr durch Abgabe einer hierzu geeigneten Erklärung auf (Anlage HKMW 3).

Unter dem 04.02.2021 meldete sich für den Antragsgegner Rechtsanwalt ...in Lübeck und übersandte eine ausdrücklich nicht strafbewehrte Unterlassungserklärung. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Anlage HKMW 4.

Der Antragsteller meint, dass durch die vorgenannte Unterlassungserklärung die Wiederholungsgefahr nicht beseitigt und deshalb der Erlass einer einstweiligen Verfügung geboten sei.

Er beantragt,

dem Antragsgegner zu untersagen, es unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise
Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Fernabsatzhandel mit Drogeriewaren alternativ oder kumulativ
a) Waren in Fertigpackungen anzubieten und/oder zu bewerben, ohne neben dem Gesamtpreis auch den Preis je Mengeneinheit (Grundpreis) anzugeben;
b) nicht klar und verständlich über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts nach § 355 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie das Muster-Widerrufsformular zu informieren,
wie geschehen am 23.01.2021 durch Angebot von "3x250ml Cleopatra Paris Bodylotion Luxus Creme Parfum" auf der Handelsplattform Ebay in Artikel-Nummer 203163191386 gemäß Anlage HKMW 1.

II.

Der Antrag auf Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung ist zulässig aber unbegründet.

1.

Das Landgericht Lübeck ist für die Entscheidung über den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung nach § 14 UWG n.F. zuständig, da der Antragsgegner in Lübeck wohnt und zu vermuten ist, dass die beanstandete Wettbewerbshandlung dort begangen worden ist.

2.

Der Antrag ist aber unbegründet.

a)

Der Antragsteller weist zutreffend darauf hin, dass das beanstandete Angebot vom 23.1.2021 bei eBay einen Verstoß gegen §§ 3, 3a, 5 a Abs. 4, 8 Abs. 1 und 3 Nr. 1, 12 UWG in Verbindung mit den §§ 2 Abs. 1 PAngV, 355, 357 BGB, Art 246 a § 1 Abs. 2 EGBGB darstellt. Zum einen hat der Antragsgegner in dem beanstandeten Angebot nicht den erforderlichen Grundpreis angegeben, zum andern sind die Angaben zur Widerrufsbelehrung fehlerhaft.

b)

Eine einstweilige Verfügung nach § 12 Abs. 1 UWG, §§ 935, 940 ZPO kann aber nur geltend gemacht werden, wenn der Antragsgegner die vermutete Wiederholungsgefahr nicht im Sinne des § 13 Abs. 1 UWG in der Fassung vom 26.11.2020 beseitigt hat.

Aus § 13 Abs. 1 UWG n.F. ergibt sich, dass die Wiederholungsgefahr in der Regel nur durch Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung beseitigt werden kann. Unstreitig hat der Antragsgegner am 4. Februar 2021 zwar eine Unterlassungserklärung abgegeben, diese aber im Hinblick auf § 13 a Abs. 2 UWG n.F. nicht mit einem Vertragsstrafeversprechen versehen (HKMW 4).

Da nach § 13 a Abs. 2 UWG n.F. die Vereinbarung einer Vertragsstrafe für Anspruchsberechtigte nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG bei einer erstmaligen Abmahnung bei Verstößen nach § 13 Abs. 4 UWG n.F. ausgeschlossen ist, wenn der Abgemahnte in der Regel weniger als 100 Mitarbeiter beschäftigt, konnte der Antragsgegner die Wiederholungsgefahr auch durch eine Unterlassungserklärung ohne Vertragsstrafeversprechen beseitigen.

Der Zugang einer vom Gläubiger mit der Abmahnung verlangten Unterlassungsverpflichtungserklärung lässt nur dann die Wiederholungsgefahr entfallen, wenn sie der Vermeidung einer gerichtlichen Auseinandersetzung dadurch dient, dass sie nicht nur eindeutig, hinreichend bestimmt und durch ein Vertragsstrafeversprechen gesichert ist, sondern auch den gesetzlichen Unterlassungsanspruch nach Inhalt und Umfang vollständig abdeckt. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob die Unterlassungsverpflichtungserklärung die Wiederholungsgefahr beseitigt, ist derjenige der Abgabe der Erklärung. Allein durch die Aufgabe eines rechtsverletzenden Verhaltens wird also die Wiederholungsgefahr nicht ausgeräumt, solange damit nicht jede Wahrscheinlichkeit dafür beseitigt ist, dass der Verletzer erneut ähnliche Rechtsverletzungen begeht. Demnach ist von fortbestehender Wiederholungsgefahr grundsätzlich selbst dann auszugehen, wenn der Verletzer schon vor Erhalt einer Abmahnung das rechtsverletzende Verhalten aus eigenem Antrieb eingestellt hatte. Kommt der Abgemahnte dementsprechend der Abmahnung nach, hat sich der Streit um Unterlassung außergerichtlich erledigt. Das erfordert nicht das Zustandekommen eines strafbewehrten Unterlassungsvertrags zwischen Abgemahntem und Abmahnendem. Vielmehr entzieht bereits eine den Anforderungen genügende Unterwerfungserklärung einem Unterlassungsanspruch die Grundlage, weil durch die Unterwerfung die Wiederholungsgefahr als materielle Voraussetzung dieses Anspruchs entfällt. Es lässt also bereits eine vom Schuldner abgegebene einseitige (vertrags)strafbewehrte Unterlassungserklärung, wenn sie ernsthaft ist und auch inhaltlich den an eine solche Erklärung zu stellenden Anforderungen entspricht, die Wiederholungsgefahr unabhängig von einer Annahmeerklärung des Gläubigers und daher gegebenenfalls auch schon vor einer solchen entfallen. Das setzt allerdings nicht nur voraus, dass ein solches, auf den Abschluss eines Unterlassungsvertrags gerichtetes, Angebot unbedingt und unbefristet erfolgt, dieses muss vielmehr auch noch nach der üblichen Annahmefrist bindend sein, damit der Gläubiger es jederzeit annehmen und die Vertragsstrafeverpflichtung begründen kann. Denn nur dann ist die erforderliche Abschreckungswirkung gegeben, die den Wegfall der Wiederholungsgefahr schon mit Zugang der strafbewehrten Unterlassungserklärung rechtfertigt (Spoenle in: Seichter, jurisPK-UWG, 5. Aufl., § 13 UWG (Stand: 25.01.2021)).

Wenn aber, wie hier, die Vereinbarung einer Vertragsstrafe nach § 13 a Abs. 2 UWG n.F. ausgeschlossen ist, würde es dem Sinn und Zweck von § 13 Abs. 1 UWG n.F. widersprechen, wenn der Abgemahnte keine Möglichkeit hätte, die vermutete Wiederholungsgefahr durch eine ernsthafte Unterlassungserklärung zu beseitigen. Sinn und Zweck der geänderten Vorschriften ist es gerade, in den in § 13 Abs. 4 UWG n.F. genannten Fällen die Verursacher von hohen Kosten durch Vertragsstrafen und gerichtliche Verfahren mit entsprechenden Streitwerten zu entlasten. Gerade deshalb sollte der Mitbewerber im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG im Falle der ersten Abmahnung auch keine Abmahngebühren nach § 13 Abs. 3 UWG n.F. verlangen dürfen. Dieser Intention des Gesetzgebers würde es widersprechen, wenn der Abgemahnte keine Möglichkeit hätte, eine die Wiederholungsgefahr beseitigende Unterlassungserklärung abzugeben und daher beim ersten Verstoß der Gefahr ausgesetzt wäre, dass ein Unterlassungsanspruch gerichtlich geltend gemacht wird. Vielmehr ist die Intention des Gesetzes dahingehend auszulegen, dass der Mitbewerber beim ersten Verstoß lediglich die Möglichkeit einer Abmahnung auf eigene Kosten hat und eine ernsthafte Unterlassungserklärung ohne Vertragsstrafeversprechen zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr ausreichend ist. Erst wenn der Mitbewerber einen im Kern gleichen Wettbewerbsverstoß begeht, ist eine ernsthafte Unterlassungserklärung ohne Vertragsstrafeversprechen nicht mehr ausreichend.

Soweit sich der Antragsteller auf die Kommentierung von Feddersen in Köhler/ Bornkamm/ Feddersen, 39. Aufl., 2021, § 13 a UWG, Rn. 19, beruft, so ist zwar zutreffend, dass der Wortlaut von § 13 Abs. 1 UWG n.F. den Entfall der Wiederholungsgefahr nur bei Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung vorsieht, dieses ist aber aus den genannten Gründen in dem vorgenannten Fall wie oben auszulegen. Dabei muss der Abmahnende auch in Kauf nehmen, dass er bei einem erneuten Verstoß zunächst keine Vertragsstrafe geltend machen kann, sondern nur die Möglichkeit hat, den Verletzer erneut abzumahnen, weil er erst dann eine Vertragsstrafe fordern oder ein gerichtliches Verfahren anstrengen kann. Das ist aber gerade vom Gesetzgeber so gewollt.

Die Kammer ist der Überzeugung, dass die Unterlassungserklärung des Antragsgegners ernsthaft ist, da sie den beanstandeten Vorwurf ausreichend abdeckt und der Antragsgegner sogar bereit ist, die Kosten der Abmahnung ohne rechtliche Verpflichtung zu tragen.

Nach alledem ist auch unter Berücksichtigung des Rechtsgedankens aus § 8 c Nr. 4 UWG der Antrag auf einstweilige Verfügung mangels Wiederholungsgefahr unbegründet und missbräuchlich.

III.

Der Streitwert war nach § 51 Abs. 2 GKG in Verbindung mit § 3 ZPO auf 5000 € zu bestimmen. Dabei die Kammer berücksichtigt, dass der Preis des beanstandeten Produkts nur 17,99 € betragen hat und der Verkauf über die Plattform ebay erfolgte. Danach hat die Kammer das wirtschaftliche Interesse des Klägers im einstweiligen Verfügungsverfahrens lediglich mit 5000 € bewertet.