AG Bonn, Beschluss vom 19.02.2019 - 404 F 259/18
Fundstelle
openJur 2021, 23277
  • Rkr:
Tenor

1. Der Antrag des Antragstellers auf Einrichtung eines paritätischen Wechselmodells wird zurückgewiesen. Es bleibt bei dem Lebensmittelpunkt des Kindes J Q, geboren am 00.00.0000 bei der Kindesmutter.

2. Dem Kindesvater wird ein Umgangsrecht mit dem Kind J Q, geboren am 00.00.0000 wie folgt eingeräumt:

In den geraden Kalenderwochen von Freitag nach der Kita bis Montag zur Kita;

Darüber hinaus in den ungeraden Kalenderwochen donnerstags von 13:00 bis 18:30 Uhr. Der Kindesvater bringt an den Donnerstagen das Kind zur Kindesmutter zurück.

3. Es ergeht folgende Ferienregelung:

Jeweils die erste Hälfte der Oster-, Sommer- und Herbstferien verbringt J bei der Kindesmutter, die 2. Hälfte der Ferien beim Kindesvater. Hierbei richtet sich die Ferienregelung nach der Nordrhein-Westfälischen Schulferienordnung.

In den Weihnachtsferien verbringt J die Zeit von Beginn der Weihnachtsferien bis zum 30.12. in ungeraden Kalenderjahren bei der Kindesmutter, die übrigen Weihnachtsferien beim Kindesvater. In den geraden Kalenderjahren ist es umgekehrt. Die Übergabe erfolgt am 30.12. um 18:30 Uhr.

Innerhalb der Schulferien gilt die Wochenend-und Donnerstagregelung nicht.

Sollte es außerhalb dieser Ferienregelung Schließungstage der Kindertagesstätte geben, so fallen diese in den Zuständigkeitsbereich des Elternteils, der das Kind an diesen Tagen betreut.

4. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

5. Der Verfahrenswert wird auf 10.000,00 € festgesetzt (zwei lange mündliche Verhandlungen ).

Gründe

I.

Die Beteiligten sind die nichtehelichen Eltern des Kindes J Q, geboren am 00.00.0000, die gemeinsames Sorgerecht ausüben. Die beteiligten Kindeseltern haben bis etwa zum 1. Lebensjahr von J zusammen gewohnt. In dieser Zeit ist J überwiegend von der Kindesmutter betreut worden. Nach der Trennung der Beteiligten hat J 3-mal in der Woche beim Kindesvater von Abends 17:00 Uhr / 18:00 Uhr bis zum nächsten Morgen, 10:00 Uhr übernachtet, sonntags begann der Umgang um 14:00 Uhr. Dabei wechselte da Kind fast täglich zwischen den elterlichen Haushalten hin und her. Seit dem 24.07.2018 bis zum Beschluss in der einstweiligen Anordnung 404 F 190/18 vom 06.11.2018 praktizierten die Beteiligten ein paritätisches Wechselmodell von zunächst im 4- oder 5- Tagesrhythmus und sodann im wochenweisen Wechsel. Seit September 2018 besucht J eine Kita. Es ist zwischen den Eltern streitig, wie gut J dieses Wechselmodell mitgemacht hat.

Mit Beschluss des Amtsgerichts Bonn vom 06.11.2018 in der einstweiligen Anordnung

- 404 F 190/18 - hat das Amtsgericht Bonn im Wege der einstweiligen Anordnung den Lebensmittelpunkt des Kindes J Q bei der Kindesmutter festgelegt und dem Kindesvater ein Umgangsrecht von Freitag nach der Kita bis Montag zur Kita in den geraden Kalenderwochen sowie ein weiterer Nachmittag donnerstags in den ungeraden Kalenderwochen nach der Kita bis 18:30 Uhr eingeräumt. Bisher hat der Kindesvater J um 14.00h in der Kita abgeholt. J schläft derzeit nicht in der Kita, sondern jeweils etwa eine Stunde nach der Kita im Haushalt des jeweils betreuenden Elternteils.

Der Kindesvater begehrt die Rückkehr zu einem paritätischen Wechselmodell und stellt sich hierbei zunächst einen Wechsel im 4-Tages-Rhythmus vor, der kontinuierlich auf ein Wechselmodell mit wochenweisem Wechsel ausgeweitet werden soll. Nach seiner Wahrnehmung hat J das für ca. 3 Monate praktizierte paritätische Wechselmodell gut umgesetzt und - jedenfalls beim Umgang mit dem Vater und in der Kita keine Probleme gezeigt. Er ist der Auffassung, dass J mehr Zeit mit ihm verbringen möchte und soll. Insbesondere seien die Donnerstage zu kurz. J widerspreche heftig, wenn er erwähne, dass es jetzt zur Kindesmutter zurückgehe. Bislang hole er J um 14:00 Uhr und müsse sie dann zunächst zum Mittagschlaf hinlegen, sodass abzgl. von Fahrzeiten (jeweils 20-30 Minuten pro Strecke) kaum Zeit zum Spielen bleibe. An den Wochenenden bestehe das Problem einer Weigerung von J nicht, da er hier ausreichend Zeit mit J verbringe und sie montags morgens zur Kita zurückbringe. Der Kindesvater ist der Auffassung, dass entsprechend dem jungen Alter von J ein Wechselmodell im 4-Tages-Rhythmus altersangemessen sei.

Der Kindesvater beantragt,

zu erkennen, dass

der Antragsteller berechtigt ist, im Wege des Wechselmodelles

mit dem Kind J Q, geboren am 00.00.0000

Umgang auszuüben wie folgt:

Zunächst dem Alter des Kindes entsprechend im 4-tägigen

Wechselrhythmus, jeweils nach einem halben Jahr um einen

Tag verlängert bis zu einem Wechselmodell wochenweise.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzuweisen und es bei dem Residenzmodell zu

belassen.

Die Antragsgegnerin hat sich bereit erklärt, den Donnerstag um eine Stunde nach vorne hin auf 13:00 Uhr Abholzeit auszuweiten. Sie hält J für zu jung für ein paritätisches Wechselmodell. Als dieses praktiziert worden ist, habe J im Bereich Sauberkeit, Einhaltung von Ritualen, Essensgewohnheiten und Wickeln eine Rückentwicklung gezeigt.

Seit das Residenzmodell wieder praktiziert werde, entwickle sich J gut, gehe gerne zum Vater, auch gerne zu ihr wieder zurück. In der Kita habe sie sich gut eingewöhnt und lasse sich dort jetzt auch wieder wickeln und halte die Rituale beim Essen und Spielen gut ein.

Das Gericht hat Berichtes des Jugendamtes und des Verfahrensbeistandes eingeholt, auf die Bezug genommen wird.

Im Übrigen wird auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.

Gemäß § 1684 BGB war der Umgang im tenorierten Umfang zu regeln. Eine Ausweitung auf ein paritätisches Wechselmodell kommt angesichts des jungen Alters von J von 2 ½ Jahren nicht in Betracht. Ein paritätisches Wechselmodell setzt eine ausreichende und wertschätzende Kommunikation der Kindeseltern voraus, die in freundschaftlicher Atmosphäre wechselseitig Dinge, die das Kind betreffen, austauschen, ohne Misstrauen gegenüber dem anderen Elternteil zu entwickeln, falschen Tatsachenbehauptungen zu unterstellen. Zu einer solchen Kommunikation sind die Beteiligten Kindeseltern, wie sich auch in beiden langen mündlichen Verhandlung herausgestellt hat, nach wie vor nicht in der Lage. Beide Kindeseltern haben eine völlig verschiedene Wahrnehmung von der Realität und werfen jeweils dem anderen Elternteil vor, dass seine Wahrnehmung nicht der Wirklichkeit entspreche.

Allerdings sind sich alle Beteiligten darüber einig, dass es J bei der derzeitigen Regelung gut geht. Sie geht jeweils gerne zum anderen Elternteil, lässt sich inzwischen ohne Probleme von den beiden Elternteilen und den Betreuerinnen in der Kita wickeln, hält Essensrituale ein und macht in der Sprachentwicklung große Fortschritte. Eine Kindeswohlgefährdung oder eine Beeinträchtigung der Bindung von J zu einem der Elternteile ist also derzeit in keiner Weise zu beobachten oder zu befürchten.

Lediglich der zusätzliche Nachmittag in den ungeraden Kalenderwochen donnerstags war um eine Stunde nach vorne auszudehnen. J verbringt den Mittagschlaf nicht in der Kita, sodass der Kindesvater durch Abholung um 13:00 Uhr in die Lage versetzt wird, noch ausreichend Spielezeit nach dem Mittagsschlaf bei sich zu Hause mit J verbringen zu können. Von den fünf Stunden von 13:00 - 18:30 Uhr geht ca. 40 - 50 Minuten auf Fahrzeit und ca. 1 Stunde auf den Mittagschlaf, sodass noch mehr als 3,5 Stunden zum Spielen zur Verfügung stehen. Es ist sodann Aufgabe des Kindesvaters, J zu motivieren, zu ihrer Mutter zurückgebracht zu werden. Einer zusätzlichen Übernachtung bedarf es dazu nicht.

Es war eine Ferienregelung zu treffen, die die Ferien hälftig zwischen den Kindeseltern aufteilt. Dabei waren die Schulferien zu Grunde zulegen, da normalerweise die Kindesgartenferien wesentlich kürzer sind und zumindest hinsichtlich der Sommer- und Weihnachtsferien jedenfalls in den Schulferien liegen. Wenn es darüber hinaus Schließungstage gibt, so fallen sie in den Verantwortungsbereich des jeweils betreuenden Elternteils.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 81 FamFG.

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