AG Hamm, Beschluss vom 25.04.2017 - 31 F 83/17
Fundstelle
openJur 2021, 23127
  • Rkr:
Tenor

Der Vater hat das Recht mit den Kindern A1, geb. 00.00.2014 und A2, geb. 00.00.2016 wie folgt Umgang zu haben:

1. betreffend A1: in der ersten Woche eines jeden Monats in O1, beginnend jeweils mit Samstag ab 12 Uhr 30 bis den Samstag der darauffolgenden Woche 15 Uhr.

2. betreffend A1 : in der dritten Woche eines jeden Monats in O2., beginnend jeweils mit Samstag 12 Uhr 30 bis den Sonntag der daraufffolgenden Woche 15 Uhr.

3. betreffend A2 (mit A1 zusammen): in der dritten Woche eines jeden Monats in O2. beginnend mit Freitag 15 Uhr bis Sonntag 15 Uhr.

4. 4. Der Vater holt die Kinder zu den in Ziffer 1. bis 3. genannten Abholzeiten pünktlich bei der Kindesmutter ab und bringt diese pünktlich zu den in Ziffer 1. bis 3. genannten Rückgabezeiten zur Mutter zurück.

5. Die weitergehenden Anträge werden zurückgewiesen.

1. Bei schuldhafter Zuwiderhandlung gegen die sich aus diesem Beschluss ergebenden Verpflichtungen kann das Gericht gemäß § 89 FamFG gegenüber der Verpflichteten Ordnungsgeld bis zur Höhe von 25.000 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu 6 Monaten anordnen. Verspricht die Anordnung eines Ordnungsgeldes keinen Erfolg, kann das Gericht Ordnungshaft bis zu 6 Monate anordnen. Die Festsetzung des Ordnungsmittels unterbleibt, wenn der Verpflichtete Gründe vorträgt, aus denen sich ergibt, dass er die Zuwiderhandlung nicht zu vertreten hat.

Die Gerichtskosten tragen die Kindeseltern zu je 1/2; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Verfahrenswert wird auf 3.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beteiligten zu 1.und 2. sind die Eltern der Kinder A1, geboren am 00.00.2014 und A2, geboren am 00.00.2016. Die Kinder entstammen einer nichtehelichen Beziehung ihrer Eltern, die seit Anfang 2013 bestand. Die Familie wohnte bis Dezember 2016 gemeinsam in O1 mit einer kurzen Unterbrechung in den Monaten von Januar bis Mai 2016, in denen der Vater allein eine Wohnung bezog, dann aber wieder im Juni 2016 in den gemeinsamen Haushalt zurück kehrte.

Die Mutter ist Fachärztin für innere Medizin. Bis zu Schwangerschaft mit A1 arbeitete sie als Klinikärztin im Schichtdienst in Wechselschicht und an den Wochenenden. Nach der Geburt A1s war sie nicht mehr tätig und hat das Arbeitsverhältnis Ietztendlich aufgehoben.

Seit Dezember 2016 lebt die Mutter in O3 mit den beiden Kindern. Sie befindet sich derzeit in Elternzeit und hat danach die Möglichkeit, halbtags als angestellte Ärztin in O3 in einer Hausarztpraxis tätig zu sein. A1 besucht eine Kita in Fußnähe zur Wohnung. A2 hat dort ebenfalls ab August 2017 einen Platz. Die Mutter der Kindesmutter wohnt in einem Nebenhaus und kann Betreuungszeiten übernehmen.

Der Vater war bis Ende 2016 angestellter Rechtsanwalt in einer Kanzlei in O1. Ab Januar 2016 ist er als selbständiger Rechtsanwalt tätig im Rahmen einer Partnerschaft von Rechtsanwälten, beschränkt auf den Umfang einer Teilzeittätigkeit. Diese beinhaltet eine grundsätzliche Erreichbarkeit von 9 bis 15 Uhr. Die Möglichkeit von homeoffice Tätigkeit besteht. A1 könnte die ursprüngliche Kita in O1 bei einem dauerhaften Aufenthalt bei ihm weiter besuchen. Aus einer anderen nichtehelichen Beziehung hat der Vater noch den weiteren Sohn C2, geboren 00.00.2008, der bei dessen Kindesmutter lebt. Zum Vater bestehen regelmäßige Umgangskontakte, mindestens jedes zweite Wochenende und darüberhinausgehend mittwochs. Wegen der Einzelheiten hierzu wird auf das Schreiben der Frau C1 (Mutter des C2) vom 03.04.2017 verwiesen (Blatt 56 ff GA).

Bei A1 wurde eine Regulationsstörung diagnostiziert, die laut fachärztlicher Stellungnahme der Dipl.-Med. D1 (Blatt 103 der zu Informationszwecken beigezogenen Akte 31 F 73/17) ein möglichst konfliktfreies, emotional stabiles Umfeld mit verlässlichen, strukturierten und ritualisierten Abläufen erfordert. Auch A2 leidet an einer "Regulationsschwierigkeit". Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Arztbericht des xxx Klinikums im O3 vom 21.03.2017 betreffend A1 (Blatt 104 ff der Beiakte) und vom 06.02.2017 betreffend A2 (Blatt 51 ff GA) verwiesen.

Das Gericht hat die Akte 31 F 73/17, Amtsgericht Hamm, (Sorgerechtsverfahren) zu Informationszwecken beigezogen und erörtert.

Besuchskontakte zwischen dem Vater und den Kindern haben seit dem Umzug der Mutter regelmäßig ab Januar 2017 in O3 und O2, wo sich das Elternhaus des Vaters befindet, stattgefunden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage zum Protokoll vom 24.04.2017 aus dem Verfahren 31 F 73/17, verwiesen.

Der Verfahrensbeistand hat schriftlich Stellung genommen. Auf den Bericht vom 21.04.2017 in dem Verfahren 31 F 73/17, Amtsgericht Hamm, wird Bezug genommen.

Der KSD hat ebenfalls eine schriftlichen Bericht erstellt. Hierzu wird verwiesen auf den Bericht vom 23.04.2017 in dem Verfahren 31 F 73/17, Amtsgericht Hamm.

Die Mutter trägt vor, der Vater verhalte sich ihr gegenüber im Beisein der Kinder verbal aggressiv, mache ihr Vorwürfe und setze sie herab. Dadurch seien die Kinder belastet.

Wegen der Einzelheiten des Vortrags wird auf den Inhalt der Antragsschrift vom 20.03.2017 (Blatt 1 ff GA) verwiesen.

Die Mutter beantragt,

eine Umgangsregelung betreffend der Kinder A1 und A2 des Inhalts zu treffen, dass dem Vater Umgangskontakte mit den Kinder nur in begleiteter Form gestattet werden.

Der Vater beantragt,

den Antrag zurückzuweisen und beantragt, eine Umgangsregelung dahingehend, dass er Umgang hat mit dem Kind A1 in der ersten Woche eines jeden Monats in O1 und mit A1 und A2 in der dritten Woche eines Monats in O2 sowie eine Ferienregelung dergestalt, dass er die Kinder jeweils eine Hälfte der Kitaferien NRW zu sich nehmen kann.

Er trägt vor, er habe ein enges und inniges Verhältnis zu beiden Kindern und sich bereits in der Zeit des Zusammenlebens trotz seiner Berufstätigkeit als Rechtsanwalt um die Kinder gekümmert. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens wird auf den Schriftsatz der Antragsgegnervertreter vom 06.04.2017 nebst Anlagen, Blatt 40 ff GA, Bezug genommen.

II.

Die Entscheidung beruht auf § 1684 BGB.

Eine Einschränkung des Umgangsrechts kommt nach dem Ergebnis der Ermittlungen nicht in Betracht. Dies erfordert, dass das Wohl des Kindes andernfalls gefährdet ist (§ 1684 Absatz 4 Satz 2 BGB). Hierfür gibt es keine Anhaltspunkte. Das Gericht geht davon aus, dass sich sowohl Vater als auch Mutter in der Übergabe- und Rückgabesituation im Beisein der Kinder zum Wohl der Kinder wohl verhalten werden. Dazu sind sie gemäß § 1684 Absatz 2 Satz 2 BGB auch gesetzlich verpflichtet. Danach haben die Eltern alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert.

Nach § 1684 Absatz 1 BGB hat das Kind das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil; jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind berechtigt und verpflichtet. Das Familiengericht kann nach § 1684 Absatz 1 Satz 1 BGB über den Umfang des Umgangsrechts entscheiden.

Dabei sind die Umstände des Einzelfalles, insbesondere das Alter der Kinder, ihre Belastbarkeit, die Qualität ihrer Bindungen zum Umgangsberechtigten und auch die Distanz zu den Wohnorten der Eltern zu berücksichtigen. Ein periodischer Umgang vermittelt in der Regel besser Stetigkeit und Selbstverständlichkeit und beugt einer Entfremdung vor, vor allem bei Kindern im Kindergartenalter (vgl. Palandt, BGB, § 1684 Rdnr. 14 m.w.N.). Ein längerer Besuch mit Übernachtungen beim Umgangsberechtigten kommt auch bei einem Kleinkind in Betracht im Falles des Vorliegens einer vertrauten Bindung (vgl. Palandt, a.a.O., § 1684 Rdnr. 15 m.w.N.).

Diese Erwägungen führen zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Umgangsregelung. Das Kind A1 hat nach dem Ergebnis der Ermittlungen und ihrer Anhörung eine gute und tragfähige Beziehung zu ihrem Vater und zu ihrem Halbbruder C2. Aufgrund der großen Entfernung der Wohnorte von Vater und Mutter ist es gerechtfertigt, die Besuchskontakte in größeren Zeitblöcken zu gestalten (1.und 3. Woche des Monats) und wegen des geringen Alters auch im Zwei-Wochen-Rhythmus. Da A1 nach dem Ergebnis der Ermittlungen eine gute Erinnerung an O1 und die dortigen Gegebenheiten hat, ist es kindeswohlgerecht, dass sie eine Woche im Monat in O1 mit dem Vater verbringt. Da A1 ebenfalls Beziehungen zum elterlichen Haushalt des Vaters in O2 hat, ist eine Umgangsregelung dort ebenfalls als kindeswohlgerecht einzustufen. Der Vater weiß um die Regulationsstörungen A1s und ist nach dem persönlichen Eindruck des Gericht auch willens und in der Lage, darauf einzugehen und A1 das notwendige stabile Umfeld zu schaffen. Dies gilt auch für A2. Seine Einsicht, dass A2 derzeit besser bei der Mutter aufgehoben ist, er ihn noch nicht mit nach O1 nehmen kann, zeigen sein Verantwortungsbewusstsein.

Betreffend A2 besteht bisher zwar eine vergleichbare Beziehung zum Vater angesichts der Trennung der Eltern im Dezember 2016 und seines geringen Alterns noch nicht. Der Umgang muss daher langsamer aufgebaut werden, da davon auszugehen ist, dass die Bindung an die Mutter mit 11 Monaten noch besonders stark ist. Aus diesem Grund erscheint es kindeswohlgerecht einen Umgangskontakt mit zunächst einmal monatlich für 3 Tage im nahen O2 im Beisein der Schwester A1 herzustellen mit der Möglichkeit, diesen abzubrechen, wenn A2 nach dem Eindruck des Vaters überfordert sein sollte. Das Gericht weist darauf hin, dass im wechselseitigen Einverständnis der Eltern jederzeit eine Reduzierung und/oder Erweiterung der Umgangskontakte mit Blick auf das Wohl herbeigeführt werden kann und geht davon aus, dass die Eltern ggfls. nach fachlicher Beratung (Eltern/Trennungsberatung) auch dazu in der Lage sein werden.

Bei der Umgangsregelung hat das Gericht insbesondere bedacht, dass Vater und Kinder Anreise- und Rückreisezeiten zu bewerkstelligen haben und hat daher die Zeiten entsprechend festgelegt.

Von einer Ferienregelung hat das Gericht abgesehen. Beide Kindern sollten sich erst einmal an die monatlichen, regelmäßigen Umgangskontakte gewöhnen, bevor eine erweiterte Regelung, die eine mehrwöchigen Aufenthalt beim Vater bedeuten würde, in Betracht kommt. Die weitere Entwicklung muss als Kindeswohlgründen abgewartet werden.

Das Gericht hat von einer persönlichen Anhörung des Kindes A2 abgesehen, weil aufgrund des Alters von 11 Monaten Erkenntnisse hiervon nicht zu erwarten waren.

Nach alledem war - wie geschehen - zu entscheiden.Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 FamFG.

Die Festsetzung des Verfahrenswertes ergibt sich aus § 45 Abs. 1 FamGKG.

Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Sie ist zu unterzeichnen und soll begründet werden.