LG Hagen, Urteil vom 22.07.2020 - 10 O 247/19
Fundstelle
openJur 2021, 23093
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit von Prämienerhöhungen der Beklagten im Rahmen einer Krankenversicherung und sich daraus ggf. ergebender Rückzahlungsansprüche des Klägers.

Zwischen den Parteien besteht ein Krankenversicherungsvertrag, in den die gültigen AVB und Tarifbedingungen der Beklagten einbezogen worden sind. Nach § 14 Abs. 1 der AVB war das ordentliche Kündigungsrecht der Beklagten vertraglich ausgeschlossen worden. In § 8a und § 8b der AVB waren des Weiteren die Beitragsberechnung und die Beitragsanpassung geregelt. Im Übrigen wird auf die als Anlage A1 zur Akte gereichten Vertragsbedingungen Bezug genommen. Der Versicherungsvertrag erfasste die Tarife "ZPRO", "VITAL 250" "KHT2" und TV 42".

Während der Vertragslaufzeit erhöhte die Beklagte mehrfach die Prämienbeiträge. Iim Tarif "VITAL 250" erhöhte sie die Prämien mit Wirkung zum 01.01.2012 um 47,81 Euro und mit Wirkung zum 01.01.2016 um 146,27 Euro. Ferner erhöhte sie die Prämien im Tarif "ZPRO" mit Wirkung zum 01.01.2017 um 12,76 Euro und im Tarif "KHT 2" mit Wirkung zum 01.01.2015 um 2,19 Euro. Im Tarif "TV 42" erhöhte die Beklagte die Prämien mit Wirkung zum 01.01.2012 um 7,67 Euro und mit Wirkung zum 01.01.2013 um 1,91 Euro.

Auslöser für die jeweiligen Prämienerhöhungen waren jeweils geänderte Leistungsausgaben. Eine Anpassung aufgrund geänderter Sterbewahrscheinlichkeiten erfolgte nicht. Die Berechnung der Beitragserhöhungen im Einzelnen ergibt sich aus den als Anlagenkonvolut A 3 beigefügten Beitragsberechnungsbögen, die die Beklagte mit der Klageerwiderung vom 21.10.2019 der Klägerseite erstmals zur Kenntnis gebracht hat.

Als Treuhänder war bis kurz vor seinem Tod im Jahr 2014 Herr Dipl.-Mathematiker S M tätig. Sein Nachfolger war (bis Ende 2017) Herr Dipl.-Mathematiker H M. Beide Treuhänder stimmten den von der Beklagten vorgenommenen Prämienanpassungen mit den als Anlagenkonvolut A 4 auszugsweise beigefügten Erklärungen zu.

Erstmals mit Schreiben aus November 2011 machte die Beklagte dem Kläger Änderungen zu seiner Kranken-/Pflege-Versicherung bekannt. Sie wies darauf hin, dass im Nachtrag zum Versicherungsschein, der beiliege, bei den sich ändernden Tarifen eine Zahl stehe, die im Informationsblatt zu den Änderungsgründen erläutert werde. Neben dem geänderten Tarif "Vital 250" befand sich eine Ziffer 1. In der Beilage zur Erhöhung Nov. 2011 "Änderungsgründe" war unter Ziffer "1 Beitragsanpassung" zu lesen: "Nähere Informationen finden Sie in der separaten Beilage." In der Beilage "Information zur Beitragsanpassung zum 01.01.2012" heißt es:

"Mit Ihrer privaten Kranken-/Pflege-Versicherung sichern Sie sich lebenslang eine optimale Versorgung. In der privaten Krankenversicherung (PKV) stehen Ihnen alle Möglichkeiten der modernen Medizin offen - und das ein Leben lang! Denn die einmal vertraglich vereinbarten Leistungen sind lebenslang garantiert. Darüber hinaus wächst mit dem medizinischen Fortschritt der Umfang Ihres privaten Krankenversicherungsschutzes; denn er berücksichtigt neue Methoden bei Diagnostik, Therapie und Medikamenten.

Damit wir unser Leistungsversprechen dauerhaft einhalten können, müssen wir wie alle privaten Krankenversicherer einmal jährlich alle Beiträge überprüfen. Dies erfolgt in der Kranken-, Krankenhaustagegeld- und Pflegeergänzungs- Versicherung für jeden einzelnen Tarif, getrennt nach Alter und - für Verträge, die vor dem 21.12.2012 abgeschlossen wurden - zusätzlich nach Geschlecht. Bei der Überprüfung vergleichen wir die kalkulierten Leistungsausgaben mit den zukünftig erforderlichen. Weichen die Zahlen um den in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen festgelegten Prozentsatz nach oben oder unten voneinander ab, müssen die Beiträge überprüft werden. Hierzu sind wir gesetzlich verpflichtet. Mus eine Beitragsanpassung erfolgen, müssen auch weitere Faktoren berücksichtigt werden."

Des Weiteren werden die weiteren beeinflussenden Faktoren erläutert. Insoweit wird auf die als Anlagenkonvolut A1 und Anlage K1 ergänzend inhaltlich Bezug genommen.

Die weiteren genannten Anpassungen der Prämien in den verschiedenen Tarifen erfolgten entsprechend der ersten Anpassung. Es wurde jeweils die Ziffer 1 als Begründung neben dem geänderten Tarif auf dem Nachtrag genannt, und in den Änderungsgründen wurde auf die beiliegende Information verwiesen. Wegen des Inhalts der nahezu wortgleichen Begründungen der Anpassungen zum 01.01.2013, zum 01.01.2015, zum 01.01.2016 und zum 01.01.2017, die jeweils mit den gestiegenen Leistungsausgaben begründet wurden, wird ergänzend Bezug genommen auf die als Anlagenkonvolute K1 und A zur Akte gereichten Dokumente.

In der Versicherungszeit erhielt der Kläger auch Bonuszahlungen, durch die gezahlte Prämien teilweise rückerstattet wurden.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 18.06.2019 machte der Kläger die Unwirksamkeit der Prämienerhöhung geltend und forderte die Beklagte unter einer Fristsetzung von zwei Wochen nach Erhalt des Schreibens zur Rückzahlung der auf diese Erhöhungen gezahlten Prämienanteile einschließlich der daraus gezogenen Nutzungen auf. Die Beklagte kam dieser Aufforderung nicht nach.

Der Kläger ist der Auffassung, das von der Beklagten verwendete System zur Mitteilung der Erhöhungsgründe sei verwirrend und intransparent. Durch die verwendete Verweisungskette werde es dem Versicherungsnehmer bereits erschwert, die Anpassungen seiner Beiträge nachzuvollziehen. Außerdem sei die Begründung der Prämienerhöhung nicht ausreichend. Die Informationen zur Beitragsanpassung zu den entsprechenden Zeitpunkten entsprächen nicht den gesetzlichen Anforderungen.

Die Informationen der Beklagten zur Beitragsanpassung hinsichtlich des Änderungsgrundes "1" bestünden hier aus allgemeinen, nichtssagenden Aussagen. Die Beklagte teile sinngemäß mit, dass sie verpflichtet sei, das Verhältnis von kalkulierten zu tatsächlich erforderlichen Versicherungsleistungen jährlich in jedem Tarif zu prüfen, und dass bei Abweichungen die Beiträge angepasst werden müssten. Diese Behauptungen seien nicht zutreffend. Y teile die Beklagte mit, dass der Faktor "Leistungsausgaben" derjenige sei, auf den die Beitragserhöhung wohl zurückzuführen sei. Das werde aber weder hinreichend deutlich, noch werde die entsprechende Höhe mitgeteilt. Es werde bereits nicht mitgeteilt, ob bzw. dass sich die Leistungsausgaben tatsächlich erhöht hätten. Die konkrete Höhe der Veränderung werde hier auch nicht in prozentualen Zahlen mitgeteilt.

Auch hinsichtlich der steigenden Lebenserwartung bleibe das Schreiben ganz allgemein. Der entsprechende Wert für die Sterbewahrscheinlichkeit werde nicht mitgeteilt. Zudem seien einzelne Formulierungen fehlerhaft bzw. intransparent, wie z. B. die Angabe der Beklagten, unter anderem sei die Entwicklung der Kapitalmärkte bzw. der Versichertenbestand Grund für die Anpassungen gewesen. Dies sei nicht zutreffend, denn maßgebliche Rechnungsgrundlagen seien nach § 203 Abs. 2 S.3 VVG ausschließlich die Versicherungsleistungen und Sterbewahrscheinlichkeiten. Die Veränderung anderer Rechnungsgrundlagen - auch wenn sie, wie z.B. der Rechnungszins für die Prämienhöhe, ebenfalls von maßgeblicher Bedeutung seien - würde nicht das Recht des Versicherungsunternehmens auslösen, die Prämie neu festzusetzen.

Eine hinreichend klare Bezugnahme auf die Rechnungsgrundlage, welche die konkrete Prämienanpassung ausgelöst habe, erfolge nicht. Den Erläuterungen könne der Versicherungsnehmer Y noch entnehmen, dass eine jährliche Überprüfung der Beiträge in Bezug auf die Leistungsausgaben durchgeführt werde. Das Ergebnis der aktuellen Überprüfung werde jedoch nicht mitgeteilt. Für einen Empfänger der Mitteilung stelle sich bei einem Abgleich mit den gesetzlichen und tariflichen Vorgaben für eine Beitragsanpassung die Frage, ob nach dem Inhalt des Informationsblattes eine vorgeschriebene Überprüfung der Sterbewahrscheinlichkeiten nicht durchgeführt oder nur deshalb nicht erwähnt worden sei, weil eine Abweichung über dem Prozentsatz von 5 % nicht festgestellt worden sei. Auch insofern seien die Angaben unklar.

Zusätzlich verwirrend sei, dass in dem Informationsblatt unter den weiteren Faktoren, die neben den Leistungsausgaben den Beitrag beeinflussen können, an oberster Stelle die steigende Lebenserwartung genannt werde. Die Begriffe "steigende Lebenserwartung" und "Sterbewahrscheinlichkeit" würden in der Praxis synonym verwendet. Ein objektiver Empfänger, der die rechtlichen Grundlagen für eine Beitragsanpassung nachvollzogen habe, werde sich deshalb fragen, ob die Beklagte bei den streitgegenständlichen Beitragserhöhungen Veränderungen bei der Rechnungsgrundlage Sterbewahrscheinlichkeit nur für die Berechnung der Beitragshöhe oder auch als möglichen auslösenden Faktor berücksichtigt habe. Bei der Auflistung der weiteren Faktoren sei nur von "Beitrag" und nicht - wie in den zeitlich späteren Informationen - von "Beitragskalkulation" die Rede. Zudem benenne die Beklagte nicht den Schwellenwert, der überschritten sein müsse, noch inwieweit er überschritten worden sei und um wieviel Prozent sich die Rechnungsgrundlage erhöht habe, sodass der Versicherungsnehmer keine Plausibilitätskontrolle habe durchführen können.

Verjährung seiner Ansprüche sei nicht eingetreten, da die Rechtslage hinsichtlich der Prämienerhöhungen bis heute im Grunde nicht höchstrichterlich geklärt sei. Dementsprechend sei eine vorherige Kenntnis oder eine grob fahrlässige Unkenntnis nicht gegeben.

Er sei auch aktivlegitimiert hinsichtlich der Rechtsanwaltskosten. Y verfüge er über eine Rechtsschutzversicherung, diese habe - so behauptet der Kläger - die vorgerichtlichen Kosten aber nicht übernommen.

Der Kläger hat zunächst in der Klageschrift in Antrag zu 1) beantragt festzustellen, dass folgende Erhöhungen des Monatsbeitrags in der zwischen ihm und der Beklagten bestehenden Krankenversicherung mit der Versicherungsnummer 000967571L unwirksam sind:

a) in der Krankheitskostenversicherung im Tarif "VITAL 250" die Erhöhung zum

01.01.2012 um 47,81 Euro und zum 01.01.2016 um 146,27 Euro,

b) in der Krankheitskostenversicherung im Tarif "ZPRO" die Erhöhung zum 01.01.2017 um 12,76 Euro,

c) in der Krankheitskostenversicherung im Tarif "KHT 2" die Erhöhung zum 01.01.2015 um 2,19 Euro,

d) in der Krankheitskostenversicherung im Tarif "TV 42" die Erhöhung zum 01.01.2012 um 7,67 Euro und zum 01.01.2013 um 1,91 Euro.

Nachdem die Beklagte mit der Klageerwiderung ihre Berechnungsgrundlagen erläutert und in Tabellen veranschaulicht hatte, hat der Kläger den Rechtsstreit hinsichtlich des Antrags zu 1) im Termin zur mündlichen Verhandlung für erledigt erklärt. Der Teilerledigung hat sich die Beklagtenseite nicht angeschlossen.

Der Kläger beantragt nunmehr,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 11.728,43 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 23.07.2019 zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, ihn von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten und Auslagen in Höhe von 1.348,27 Euro freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, die Beitragsanpassung seien wirksam erfolgt, da die Begründungen den gesetzlichen Anforderungen genügten. Ausreichend seien hierfür die erteilte Mitteilung über die Beitragsanpassung und der Grund der gestiegenen Leistungsausgaben. Weitere Detailkenntnisse seien für den Versicherungsnehmer nicht erforderlich. Überdies seien etwaige Begründungsmängel mit der Klageerwiderung ohnehin nachgeholt und somit jedenfalls mit deren Zugang geheilt.

Die Beklagte ist der Auffassung, der Anspruch der Klägerseite sei auch überhöht. Die Berechnungen der klagenden Partei würden zum einen die Beitragsrückerstattungen, die der Kläger erhalten habe, nicht berücksichtigen. Ferner sei eine Saldierung der Ansprüche und Vorteile vorzunehmen, sonst würde der Kläger von den erhöhten Altersrückstellungen profitieren, ohne dafür eine Gegenleistung in Gestalt der für die Altersrückstellung benötigten anteiligen Prämienerhöhung geleistet zu haben. Der Versicherte sei um die Differenz bereichert, die sich aus einem Vergleich der Altersrücklagen ohne jegliche Beitragserhöhung mit der Höhe der Altersrücklagen unter Berücksichtigung der Prämienerhöhung ergebe. Würde der Versicherungsnehmer den Gesetzlichen Beitragszuschlag (GBZ) im Falle einer unwirksamen Beitragsanpassung zurückfordern können, erhielte er später Gutschriften zur Abmilderung späterer Prämienanpassungen zu Lasten des Kollektivs, ohne dass er selbst in dieser Höhe die Beiträge geleistet hätte.

Ebenso sei im Hinblick auf die Risikoprämien eine Saldierung vorzunehmen. Der Kläger habe jederzeit konkrete Versicherungsleistungen auf Grundlage des synallagmatischen Versicherungsvertrages zwischen den Parteien in Anspruch nehmen können oder auch in Anspruch genommen. Der Kläger profitiere von den Leistungssteigerungen in Form neuer (und teurer) Behandlungsmethoden und medizinischtechnischer Geräte, obgleich die Finanzierung des vertraglich garantierten Versicherungsschutzes durch den Beitrag der übrigen Versicherungsnehmer in Form höherer Risikoprämien überhaupt erst ermöglicht werde.

Auch der Sicherheitszuschlag und die Kosten seien bereicherungsrechtlich zu berücksichtigen. In Höhe des von Klägerseite erlangten Vermögensvorteils erklärt die Beklagte vorsorglich und hilfsweise die Aufrechnung gegen die bezifferte Klageforderung. Sie behauptet, sie habe die gesamten erhaltenen Versicherungsprämien im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben zweckentsprechend verwendet, insbesondere diese dem Kollektiv gutgeschrieben. Im Übrigen müsse bei erfolgter Beitragsrückgewähr eine spätere Beitragsanpassung deutlich höher ausfallen, weil weniger Alterungsrückstellung/GBZ gezahlt worden sei.

Die Beklagte erhebt überdies die Einrede der Verjährung bzgl. Ansprüchen des Klägers bis einschließlich des Jahres 2015.

Wegen des weiteren Parteivortrags wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlage ergänzend inhaltlich Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I.

Der mit dem Antrag zu 2) geltend gemachte Anspruch des Klägers auf Beitragsrückerstattung gegen die Beklagte in Höhe von 11.728,43 Euro aus § 812 Abs. 1 S. 1 Var. 1. BGB ist nicht gegeben. Y hat die Beklagte etwas, die erhöhten Prämienzahlungen, durch Leistung des Klägers erlangt, doch hat sie die erhöhten Prämienzahlungen nicht ohne rechtlichen Grund erlangt. Die hier streitgegenständlichen Prämienerhöhungen der Krankenversicherungstarife waren jeweils wirksam.

Im Einzelnen:

1.

Bei dem streitgegenständlichen Vertrag handelt es sich zunächst um einen Krankenversicherungsvertrag im Anwendungsbereich gem. § 203 Abs. 2 VVG. In § 14 AVB wird das ordentliche Kündigungsrecht des Versicherers ausgeschlossen. Hinsichtlich der Anforderungen nach § 203 Abs. 2 VVG ist festzuhalten, dass die Prämienerhöhungen offensichtlich - wie auch nicht von der Klägerseite angegriffen - die formalen und materiellen Voraussetzungen erfüllen. Ein unabhängiger Treuhänder hat die technischen Berechnungsgrundlagen überprüft und der Prämienanpassung jeweils zugestimmt.

2.

Die von der Beklagten in ihren Nachträgen und beigefügten Beilagen zu den Nachträgen zum Versicherungsschein angeführten Begründungen für diese Prämienanpassungen genügen, anders als es der Kläger geltend macht, jeweils auch den Anforderungen gem. § 203 Abs. 5 VVG. Danach sind die maßgeblichen Gründe für die Erhöhung anzugeben. Dies können höhere Leistungsausgaben oder eine Änderung der Sterbewahrscheinlichkeit sein.

a)

Soweit der Kläger darauf abstellt, dass mit den Mitteilungen der jeweiligen Prämienanpassungen die maßgeblichen Gründe im vorgenannten Sinne nicht ordnungsgemäß mitgeteilt worden seien, da diese intransparent und verwirrend seien, vermag die Kammer dieser Ansicht nicht zu folgen. Was unter Mitteilung der Gründe im Sinne von § 203 Abs. 5 VVG zu verstehen ist, ist umstritten: Teilweise wird vertreten, dass sowohl die die Prämienanpassung auslösende Veränderung der Rechnungsgrundlagen als auch die die Prämienerhöhung beeinflussenden Kriterien unter Nennung der konkreten Höhe mitgeteilt werden müssten (LG Neuruppin, Urt. v. 25. 8. 2017 - 1 O 338/16, VersR 2018, 469, 469 f.; jedenfalls für die Rechnungsgrundlagen auch Klimke, VersR 2016, 22, 23). Teilweise wird darüber hinaus vertreten, dass Name und Anschrift des Treuhänders mitgeteilt werden müssten (Klimke, a. a. O.; ablehnend LG Berlin, Urt. v. 10. 1. 2018 - 23 O 78/16, VersR 2018, 465, 465 f.).

Nach anderer Auffassung soll es ausreichen, die für die Anpassung ausschlaggebende Rechnungsgrundlage (Versicherungsleistung oder Sterbewahrscheinlichkeit) zu benennen (Brand, VersR 2018, 453, 455; ähnlich wohl Wendt, VersR 2018, 449, 453; Voit in Prölss/Martin, VVG, 30. Aufl., § 204 Rn. 49) oder zu erläutern, welche Faktoren für eine Prämienanpassung relevant sein können und wie das Verfahren der Prämienanpassung dem Grunde nach funktioniert (Reinhard in Looschelders/Pohlmann, VVG, 3. Aufl., § 203 Rn. 19). Eine vermittelnde Meinung verlangt die Benennung der wichtigsten Gründe, die die Rechtsposition des Versicherungsnehmers am stärksten verändern; dazu sollen neben der Veränderung der Berechnungsgrundlage, die die Prämienanpassung überhaupt erst ausgelöst hat, beispielsweise auch die Absenkung des Rechnungszinses gehören (vgl. Boetius in Münchkomm-VVG, 2. Aufl., § 203 Rn. 1155 b f.). Ebenfalls umstritten ist, ob die Angaben in der Mitteilung dem Versicherungsnehmer jedenfalls eine überschlägige Plausibilitätskontrolle ermöglichen müssen (so etwa LG Berlin, Urteil vom 10.1.2018 - 23 O 78/16 = NJW 2018, 1176; Klimke, a. a. O).

Das Gesetz selbst stellt über die benannten Rechtsgrundlagen hinaus keine weiteren Anforderungen an die Mitteilung der maßgeblichen Gründe. Für die teilweise geforderte Mitteilung einzelner Aspekte, wie Name und Anschrift des Treuhänders, bietet der Wortlaut des § 203 Abs. 5 VVG a. F. keine Stütze. Aber auch die Benennung konkreter Werte sowohl der Veränderung der die Prämienanpassung ermöglichenden Rechnungsgrundlage als auch der Veränderung der die Prämienhöhe beeinflussenden Kriterien erscheint nicht geboten. Soweit es um die Veränderung der Rechnungsgrundlage geht, ist die Kenntnis der konkreten Höhe der Veränderung nicht erforderlich. Für die Prämienanpassung reicht es aus, dass die Veränderung den in den Versicherungsbedingungen festgelegten Schwellenwert übersteigt. Dass dies der Fall ist, ergibt sich bereits daraus, dass der Versicherer die Prämienanpassung vorgenommen hat.

Wie groß die Überschreitung des Schwellenwerts ist, ist ohne Bedeutung. Soweit es um die die Prämienhöhe beeinflussenden Kriterien geht, hat die Kenntnis konkreter Zahlen - soweit es sich dabei nicht ohnehin um Geschäftsgeheimnisse des Versicherers handelt - für den Versicherungsnehmer keinen Nutzen. Die von der Beklagten in der Klageerwiderung vorgelegten Unterlagen, aus denen sich die jeweilige Berechnung der Prämienanpassungen der Beklagten ergibt, belegen dabei zwanglos, dass die Kenntnis einzelner Zahlen dem Versicherungsnehmer weder eine rechnerische Kontrolle noch auch nur eine Plausibilitätsprüfung der Prämienerhöhung ermöglicht; dafür sind die versicherungsmathematischen Zusammenhänge zu komplex. Nach Ansicht der Kammer entspricht die Mitteilung der Gründe einer Prämienanpassung jedenfalls dann den Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG, wenn sie die Rechnungsgrundlage, deren Veränderung die Prämienanpassung ausgelöst hat, und die wesentlichen Kriterien, die deren Höhe beeinflusst haben, benennt (vgl. OLG Celle, Urteil vom 20.08.2018 - 8 U 57/18 = r+s 2018, 547).

Insoweit ist es mit dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift ausreichend, wenn die Beklagte - wie hier - darüber informiert, dass die Beitragsanpassungen auf geänderte Leistungsausgaben zurückzuführen sind (vgl. auch OLG Stuttgart, Hinweis und Beweisbeschluss vom 06.06.2019, 7 U 237/18). In Anlehnung an die verbraucherschutzrechtliche Beurteilung etwa eines Aufwandes zur Belehrung über das Rücktrittsrecht gem. § 8 VVG a.F. oder das Widerspruchsrecht gemäß § 5a VVG a.F. ist für die Kammer kein wirklicher Grund ersichtlich, über den klaren Wortlaut der Vorschrift hinaus weitere Anforderungen an die Mittelung nach Abs. 5 des § 203 VVG zu fordern. Ein solcher ergibt sich auch nicht mit dieser Deutlichkeit aus der von der Klägerseite zitierten Rechtsprechung (vgl. BGH, Urteil vom 19. Dezember 2018 - IV ZR 255/17, Rn. 60ff).

Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Mitteilung von konkreten Berechnungsgrundlagen, bei denen es sich regelmäßig um Geschäftsgeheimnisse handelt, jedenfalls außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens nicht zu fordern sein dürfte (vgl. Langheid/Wandt/Boetius, 2. Aufl. 2017, VVG § 203 Rn. 1155c; zum Geheimhaltungsinteresse des Versicherers im Hinblick auf Streitigkeiten im Rahmen der Prämienanpassung s.a. auch BGH, Urteil vom 09.12.2015 - IV ZR 272/15 = NJW-RR 2016, 606, dort wurde der Ausschluss der Öffentlichkeit mit Blick auf das Geheimhaltungsinteresse als rechtsfehlerfrei angesehen). Ohne konkrete Berechnungsgrundlagen dürfte es dem Versicherungsnehmer Y grundsätzlich nicht möglich sein, eine belastbare Plausibilitätsprüfung vorzunehmen. Eine detaillierte Prüfung ist nach der BGH-Rechtsprechung jedoch einem gerichtlichen Verfahren vorbehalten und muss nicht durch die Mitteilung nach § 203 Abs. 5 VVG bereits ermöglicht werden (vgl. auch BGH, Urteil vom 19. Dezember 2018 - IV ZR 255/17).

Außerdem ist zu sehen, dass auch der Schutz der Versicherungsnehmer in anderer Richtung nicht unberücksichtigt bleiben darf: Wenn der Faktor verwirrend ist und erst durch die Angabe weiterer Informationen im Ergebnis plausibel gemacht werden kann, wie sich nunmehr eine Erhöhung ergibt, führt dies erst recht zur Verwirrung des Versicherungsnehmers. Es ist auch nicht überzeugend, jedem Versicherungsnehmer in der Mitteilung solche Informationen an die Hand zu geben, die letztlich nur ein Versicherungsmathematiker zuverlässig beurteilen kann. Dies schürt erst Recht das Risiko, dass Versicherungsnehmer durch die so verursachte Verunsicherung in aussichtslose Prozesse geleitet werden.

b)

Auch das grundsätzliche Verweisungssystem, das die Beklagte im Rahmen ihrer Begründungen verwendet, ist transparent und genügt insoweit den rechtlichen Anforderungen. Neben dem erhöhten Tarif findet sich als Änderungsgrund eine Ziffer, anhand derer sich auf dem beiliegenden Blatt "Änderungsgründe" der Änderungsgrund ergibt. Der Änderungsgrund der Beitragsanpassung verweist seinerseits wieder auf eine separate Beilage. In dieser separaten Beilage befinden sich dann nähere Erläuterungen. Diese zwei Verweisungen sind dem Versicherungsnehmer zuzumuten. Der W-Weg ist leicht zu verstehen und nachzuvollziehen.

c)

Soweit der Kläger moniert, dass sich aus der gesamten "Information über die Beitragsanpassung" die gestiegenen Leistungsausgaben nicht als einziger Grund mit der hinreichenden Deutlichkeit ergeben würde, so ist auch dem nicht zu folgen. Der klagenden Partei ist Y darin zuzustimmen, dass die "Informationen" der Beklagten insoweit allgemein gehalten sind und auch andere Anpassungsfaktoren ins Feld geführt werden, die Einflüsse einer veränderten Berechnungsgrundlage sein können. Dies ist jedoch zutreffend, da die von der Beklagten genannten Faktoren, wie eine Marktanpassung, veränderte Kundenverhalten und veränderte Vertragsstrukturen jeweils Einfluss auf die geänderten Berechnungsparameter der Anpassung von Versicherungsbeiträgen haben.

Diese Faktoren führen erst zu den geänderten Leistungsausgaben und beschreiben diese insoweit zutreffend. Dass die Leistungsausgaben sich verändert haben und dies der maßgebende Grund war, ergibt sich dabei aus Sicht der Kammer sehr wohl aus dem gesamten Text des Informationsblattes. Zunächst wird die Begründung der Veränderung der Leistungsausgaben erläutert. Dadurch wird hinreichend deutlich, dass die "Leistungsausgaben" die maßgebliche Rechtsgrundlage darstellen.

d)

Fraglich ist zudem, ob es - wie es die klagende Partei offenbar annimmt - Folge einer fehlerhaften Begründung nach § 205 Abs. 5 VVG sein kann, dass eine an sich materiellrechtlich nicht zu beanstandende Prämienerhöhung unwirksam ist bis zu einer möglichen Heilung durch Heilung des Begründungsfehlers, wie es die klagende Partei hier auch durch die Klageerwiderung als erfüllt sieht. Ausweislich der Gesetzgebungsmaterialien waren mit der Neufassung des Gesetzes wesentliche inhaltliche Änderungen gegenüber dem früheren Gesetzeszustand lediglich insoweit beabsichtigt, als der Regelungsinhalt der dispositiven Bestimmung des § 178g Abs. 4 VVG a.F. nunmehr halbzwingend ausgestaltet werden sollte (siehe BT-Drucks. 16/3945 S. 114).

Danach spricht nichts dafür, dass der Gesetzgeber mit der neu gefassten Bestimmung des § 203 Abs. 5 VVG die endgültige Unwirksamkeit einer Beitragsanpassung im Falle nicht ausreichender Mitteilung der Gründe herbeiführen wollte. Im Wortlaut der Vorschrift kommt dies nicht zum Ausdruck. Die Norm zielt vielmehr - wie ihre Vorläuferbestimmung - in erster Linie darauf ab, dem Versicherungsnehmer einen gewissen Zeitraum zu belassen, um sich auf eine ihm mitgeteilte Vertragsänderung einstellen zu können und sich darüber klar zu werden, ob er innerhalb der zeitgleich ausgestalteten Frist des § 205 Abs. 4 VVG sein Kündigungsrecht ausübt oder die Prämienänderung zum Anlass nimmt, von seinem Tarifwechselrecht nach § 204 VVG Gebrauch zu machen, auf das ihn der Versicherer bei der substitutiven Krankenversicherung nach § 6 Abs. 2 VVG-InfoV bei der Prämienerhöhung ebenfalls hinzuweisen hat (vgl. auch BGH, Urteil vom 19. Dezember 2018 - IV ZR 255/17 -, BGHZ 220, 297-323, Rn. 70; MünchKomm-VVG/Wandt, 2. Aufl. § 163 Rn. 75).

Y hat der BGH insoweit lediglich klargestellt, dass eine Heilung eines Begründungsfehlers nach der Vorschrift gem. § 203 Abs. 5 VVG möglich sein soll. Daraus ergibt sich jedoch auch - ähnlich wie in anderen verbraucherschutzrechtlichen Belehrungsfragen -, dass das von dem Gesetzgeber gewollte Sanktionssystem einer Norm im Kontext mit den weiteren Bestimmungen zu sehen ist. Unzureichende und fehlerhafte Informationen etwa über die nach Art 247 §§ 6 ff. EGBGB zu erteilenden Pflichtangaben über eine Vorfälligkeitsentschädigung bei einem Verbraucherdarlehensvertrag führen nicht deshalb zu einer unwirksamen Widerrufsbelehrung des Verbrauchers. Vielmehr gilt insoweit (nur) § 502 Abs. 2 BGB, wonach bei unzutreffenden Angaben in diesem Punkt kein Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung besteht (so im Ergebnis auch: OLG Stuttgart, Urteil vom 10.09.2019 - 6 U 209/18, BeckRS 2019, 20797, Rn. 60; OLG Köln, Urteil vom 28.11.2018 - 24 U 56/18, VUR 2019, 142ff).

Im Regelungssystem des § 203 VVG ist mit Hinblick auf die Gesetzesbegründung die Stärkung der Rechtssicherheit des Kündigungsrechts des Versicherungsnehmers beabsichtigt gewesen (vgl. BT-Drucks. 16/3945 S. 114), nicht hingegen die Schaffung der Unsicherheit der Wirksamkeit erhöhter und geleisteter Prämienbeiträge in der Krankenversicherung. In diesem Sinne verstanden kommt es auf die Frage der hinreichenden Begründung der Prämienerhöhungen für die Wirksamkeit derselben gar nicht an.

3.

Danach sind die Prämienerhöhungen wirksam gewesen und durch den Kläger nicht ohne Rechtsgrund gezahlt worden.

Ferner konnte daher auch nicht die begehrte Feststellung Erfolg haben, dass der ursprünglich als Antrag zu 1) gestellte Klageantrag durch die Begründung in der Klageerwiderung erledigt worden ist. Die Prämienerhöhungen waren danach auch vor der Begründungsnachholung wirksam.

4.

Überdies wären die Ansprüche des Klägers auf Prämienrückerstattung aus dem Zeitraum 01.01.2012 bis einschließlich des Jahres 2015 verjährt. Die Beklagte hat insoweit die Einrede der Verjährung erhoben.

Der Verjährungsbeginn nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB setzt die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Gläubigers von den anspruchsbegründenden Umständen sowie von der Person des Schuldners voraus. Kenntnis verlangt nicht, dass der Gläubiger alle Einzelheiten der dem Anspruch zugrunde liegenden Umstände überblickt. Ausreichend ist, dass der Gläubiger den Hergang in seinen Grundzügen kennt und weiß, dass der Sachverhalt erhebliche Anhaltspunkte für die Entstehung eines Anspruchs bietet (vgl. MüKoBGB/Grothe, 8. Aufl. 2018, BGB § 199 Rn. 28 mwN). Nicht entscheidend ist, ob der Gläubiger alle Tatumstände in tatsächlicher und rechtlicher Weise zutreffend würdigt, auch nicht im Wege einer Parallelwertung in der Laiensphäre (vgl. MüKoBGB/Grothe, 8. Aufl. 2018, BGB § 199 Rn. 29 mwN).

Es reicht vielmehr aus, wenn er die Tatsachen kennt, aus denen sich der Anspruch ergibt, während es nicht erforderlich ist, dass er auch Kenntnis von dem Bestehen eines Anspruchs hat (vgl. BGH, Urteil vom 14. 7. 2010 - IV ZR 208/09 = NJW 2011, 73). Demgemäß genügt hier die Kenntnis des Klägers von den Prämienanpassungen auf Grundlage der in Rede stehenden Mitteilungen, ohne dass der Kläger den Schluss gezogen haben musste, dass diese unwirksam sind (so auch OLG Köln, Urt. v. 07.04.2017 - 20 U 128/16).

5.

Nach Vorstehendem kam es für die Entscheidung der Kammer auf die Höhe des geltend gemachten Bereicherungsanspruchs nicht mehr an. Mithin konnte auch offen bleiben, ob die geltend gemachte volle Beitragsrückerstattung gerechtfertigt gewesen wäre oder - wie es die Beklagte geltend macht - der Anspruch unter Berücksichtigung des Vertragsablaufs zu saldieren gewesen wäre.

Auch über die insoweit erklärte hilfsweise Aufrechnung der Beklagten war daher nicht zu entscheiden. Ebenso wenig war über die Frage zu entscheiden, ob und in welcher Höhe die Beklagte sich auf eine Entreicherung gem. § 818 Abs. 3 BGB berufen könnte.

II.

Der mit dem Antrag zu 3) geltend gemachte Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten aus §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB teilt das Schicksal des Hauptanspruchs, ohne dass es auf die streitigen Umstände der anwaltlichen Tätigkeit vor dem Prozess, die Aktivlegitimation des Klägers und die Höhe entstandener Gebühren ankommt.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

IV.

Der Streitwert wird auf 21.170,03 Euro festgesetzt.