OLG Hamm, Urteil vom 10.09.2020 - 4 U 4/20
Fundstelle
openJur 2021, 22718
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 13 O 42/19

1. Zum Vorliegen einer Irreführung über die betriebliche Herkunft in einem Angebot auf der Internetplattform "amazon".

2. Zum Vorliegen einer gezielten Behinderung eines Mitbewerbers durch sogenannte "Infringement-Meldungen" an den "amazon"-Plattformbetreiber.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 13. November 2019 verkündete Urteil der 13. Zivilkammer - Kammer für Handelssachen - des Landgerichts Bochum teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte hat es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, zu vollziehen an den Geschäftsführern der Beklagten, zu unterlassen,

a) im geschäftlichen Verkehr im Fernabsatz auf dem Onlinemarktplatz "Amazon" Spielzeugwaren der Marke "A" anzubieten und diese sodann sowohl im Produkttitel als auch in der "von"-Zeile mit der eigenen Geschäftsbezeichnung und/oder einer eigenen Marke zu versehen, wenn dies geschieht wie bei dem Produkt "B GmbH Mercedes-Benz AMG ...# A Modell Auto",

wie im Anhang zu diesem Urteil und in der Anklage K 6 wiedergegeben,

und/oder

b) im geschäftlichen Verkehr im Fernabsatz gegenüber dem Onlinemarktportal "Amazon" mitzuteilen, dass die Klägerin gegen Markenrechte der Beklagten verstößt, wenn es sich bei denen auf die Meldung bezogenen Artikeln um identisch angebotene Ware handelt und/oder beide Parteien die entsprechende Ware vom gleichen Hersteller und/oder Lizenznehmer beziehen, wenn dies geschieht wie durch die eingereichten Beschwerden seitens der Beklagten gegenüber der Klägerin mit der exemplarischen Beschwerdenummer ...92 zu den ASINs #01, #02, #03, #04, illustriert in der Anklage K 8;

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.590,91 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.02.2019 zu zahlen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, Auskunft über die Anzahl der ab dem 05.10.2018 in den Verkehr gebrachten Produkte unter Begehung der wettbewerbswidrigen Handlung im Hinblick auf den Antrag zu 1. b) zu erteilen.

4. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die wettbewerbswidrige Handlung entstanden ist.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Soweit die Beklagte zur Unterlassung und Auskunftserteilung verurteilt worden ist, kann sie die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 44.000 € abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet. Im Übrigen kann die Beklagte die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

A.

Beide Parteien handeln mit Spielzeug. Bis zur Sperrung ihres Accounts im Jahr 2018 vertrieb die Klägerin ihre Produkte u.a. über die Internethandelsplattform Amazon, wo auch die Beklagte als Händlerin tätig ist. Die Parteien boten bzw. bieten dort auch Modellautos der Marke "A" an, die beide beim offiziellen Distributor, der Firma C GmbH aus D, beziehen.

Die Beklagte ist Inhaberin der seit dem 04.05.2016 beim DPMA unter der Nummer ...87 unter anderem für Spielwaren eingetragenen Wortmarke "B GmbH" (Anlage B1 - Bl. 80ff. d.A.). Sie verwendete die Marke bei der Angebotserstellung bei Amazon dergestalt, dass sie diese vorangestellt im Produkttitel sowie im Untertitel, der sog. "von"-Zeile des Angebots angab. So gestaltete sie das Angebot für ein A-Modellauto (Anlage K6 - Bl. 49 d.A.) wie folgt:

Nach den Verkäufer-Richtlinien von Amazon darf für dasselbe Produkt nur eine Angebotsseite, und zwar vom jeweils ersten Anbieter erstellt werden. Das Produkt wird hierfür mit einer sog. ASIN, der Amazon Standard Identification Number bezeichnet. Weitere Händler, die dieses Produkt anbieten wollen, können sich an dieses Angebot anhängen. Sie erscheinen sodann ebenfalls als Anbieter desselben.

Solchermaßen hängte sich auch die Klägerin an Angebote der Beklagten an.

Die Beklagte sandte daraufhin seit Juli 2017 und zuletzt am 27.09.2018 mehrere sog. Infringement-Meldungen an Amazon. Sie rügte hiermit Markenrechtsverletzungen der Klägerin durch das Anhängen an die von ihr erstellten und mit der Wortmarke "B GmbH" versehenen Angebote.

Es folgten jeweils standardmäßige Mitteilungen von Amazon per E-Mail, in denen die Klägerin über die Sperrung ihrer betroffenen Angebote informiert wurde. Am 27.09.2018 teilte Amazon der Klägerin mit, dass ihr Amazon-Verkaufskonto vorübergehend gesperrt wurde. Mit E-Mail vom 05.10.2018 (Anlage K10 - Bl. 53 d.A.) teilte Amazon schließlich mit, dass ihr die Verkaufsrechte entzogen worden seien.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 25.01.2019 (Anlage K12 - Bl. 55ff. d.A.) mahnte die Klägerin die Beklagte wegen Irreführung und Wettbewerbsbehinderung ab. Sie forderte die Beklagte (erfolglos) u.a. zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, zum Widerruf der Infringement-Meldungen und zur Erstattung der Abmahnkosten i.H.v. 1.590,91 €, und zwar dies bis zum 13.02.2019 auf.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Art und Weise der Angebotsgestaltung durch die Beklagte führe dazu, dass die betreffenden Produkte von keinem anderen Händler mehr bei Amazon angeboten werden könnten. Dem angesprochenen Verkehr werde suggeriert, die Beklagte sei Herstellerin der verkauften Produkte. Zudem werde der Eindruck erweckt, dass allein sie diese Produkte bei Amazon anbieten könne.

Die Klägerin hat behauptet, die Infringement-Meldungen der Beklagten seien für die Sperrung ihres Verkäuferkontos ursächlich gewesen. Durch die Sperrung des Kontos gerade in der Vorweihnachtszeit sei ihr ein erheblicher, noch nicht zu beziffernder Schaden entstanden.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, zu vollziehen an den Geschäftsführern der Beklagten, zu unterlassen

a) im geschäftlichen Verkehr im Fernabsatz auf dem Onlinemarktplatz "Amazon" Spielzeugwaren der Marke "A" anzubieten und diese sodann sowohl im Produkttitel als auch in der "von"-Zeile mit der eigenen Geschäftsbezeichnung und/oder einer eigenen Marke zu versehen, um hierdurch den Eindruck entstehen zu lassen, sie sei Hersteller und hierdurch dritte Händler von dem Verkauf dieser Produkte durch Berufung auf ihre Namens- und/oder Markenrechte auf Amazon auszugeschließen, wenn dies geschieht wie bei dem Produkt "B GmbH Mercedes-Benz AMG ...# A Modell Auto",

illustriert in der Anlage K 6;

und/oder

b) im geschäftlichen Verkehr im Fernabsatz gegenüber dem Onlinemarktportal "Amazon" mit dem Ziel des Erreichens einer Sperrung des Verkäuferkontos der Klägerin mitzuteilen, dass die Klägerin gegen Markenrechte der Beklagten verstößt, wenn es sich bei denen auf die Meldung bezogenen Artikeln um identisch angebotene Ware handelt und/oder beide Parteien die entsprechende Ware vom gleichen Hersteller und/oder Lizenznehmer beziehen, wenn dies geschieht wie durch die eingereichten Beschwerden seitens der Beklagten gegenüber der Klägerin mit der exemplarischen Beschwerdenummer ...92 zu den ASINs #01, #02, #03, #04, illustriert in der Anklage K 8;

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.590,91 € nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.02.2019 zu zahlen;

3. die Beklagte zu verurteilen, Auskunft über die Anzahl der ab dem 05.10.2018 in den Verkehr gebrachten Produkte unter Begehung der wettbewerbswidrigen Handlung im Hinblick auf den Antrag zu 1. b) zu erteilen sowie die hiermit getätigten Umsätze sowie Reingewinne zu beauskunften;

4. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die wettbewerbswidrige Handlung entstanden ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, die Ausgestaltung des Angebots, insbesondere die Nennung ihrer Marke in der "von"-Zeile, lasse nicht den Eindruck entstehen, sie sei Herstellerin des Produkts. Der Verkehr erwarte lediglich, dass die angebotene Ware aus ihren Beständen stamme. Zur Bestimmung des Verkehrsverständnisses bedürfe es aber auch der Einholung eines Verkehrsgutachtens. Durch die Marke werde nicht die konkrete Ware, sondern deren Vertrieb gekennzeichnet und insoweit stelle sich die Markennutzung allein als zulässige Vertriebsunterstützung dar. Sie mache hiermit berechtigterweise von dem aus § 14 Abs. 1 MarkenG folgenden Ausschließlichkeitsrecht Gebrauch. Ein etwaiger Verstoß gegen die Amazon-Richtlinien stelle keine Wettbewerbsrechtsverletzung dar. Sie habe zu Recht Markenverletzungen der Klägerin an Amazon gemeldet. Sie habe dabei nicht gehandelt, um eine Sperrung des Verkäuferkontos der Klägerin zu erreichen, sondern sei nur von einer Sperrung der einzelnen Angebote für die Klägerin ausgegangen.

Es sei nicht ersichtlich, wozu die Klägerin Auskünfte über Umsätze und Reingewinne benötige. Es sei nicht anzunehmen, dass die von ihr, der Beklagten, erzielten Umsätze ohne Meldung der Markenverletzungen ausnahmslos der Klägerin zugeflossen wären.

Die Parteien haben den weitergehenden Feststellungsantrag, dass die Beklagte verpflichtet sei, einen Widerruf zu im Einzelnen bezeichneten Beschwerden gegenüber Amazon zu erklären, im Termin vor dem Landgericht am 13.11.2019 übereinstimmend für erledigt erklärt, nachdem die Beklagte einen solchen Widerruf erklärt und Amazon die Klägerin sodann wieder zum Verkauf zugelassen hatte.

Mit am 13.11.2019 verkündetem Urteil hat die 13. Zivilkammer - Kammer für Handelssachen - des Landgerichts Bochum der Klage vollumfänglich stattgegeben. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Die Beklagte wendet sich unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens wie folgt gegen dieses Urteil:

Die zugesprochenen Unterlassungsansprüche stünden der Klägerin nicht zu. Einerseits entnehme der Verkehr der Angebotsgestaltung einen Hinweis auf den Hersteller "A" der angebotenen Ware. Andererseits handele es sich um eine legitime Verwendung der Marke als Hinweis auf den Vertrieb der Ware. Durch die Angabe der Marke "A" werde dem Verkehr deutlich gemacht, wer Hersteller der Ware sei. Die Zuerkennung eines wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs hinsichtlich der beanstandeten Angebotsgestaltung unterlaufe ihre Markenrechte. Selbst wenn sie hiermit gegen die Amazon-Richtlinien verstoße, stelle dies keinen Wettbewerbsrechtsverstoß dar. Es werde der Klägerin nicht unmöglich gemacht, Spielzeugautos der Marke "A" bei Amazon anzubieten. Zudem habe Amazon nunmehr die Darstellung der Angebote dahingehend umgestellt, dass in der Zeile unter der Artikelbezeichnung anstelle des "von" nunmehr "Marke" angeführt sei. Dies zeige, dass auch Amazon mit dem Begriff "von" nicht die Bezeichnung des Herstellers beabsichtige.

Auch die Infringement-Meldungen an Amazon würden nur einen legitimen Gebrauch der Markenrechte darstellen. Sie habe jedenfalls nicht mit dem Ziel gehandelt, eine Sperrung des Accounts der Klägerin zu erreichen.

Auch die weiteren Ansprüche stünden der Klägerin nicht zu, insbesondere komme hinsichtlich der Abmahnkosten ein Zinsanspruch i.H.v. 8 Prozentpunkten nicht in Betracht. Auskunft über Umsätze und Reingewinne benötige die Klägerin nicht.

Die Beklagte beantragt,

das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung mit den Maßgaben zurückzuweisen, dass in Bezug auf den Klageantrag zu 1. a) die Formulierung "um hierdurch den Eindruck entstehen zu lassen, sie sei Hersteller und hierdurch dritte Händler von dem Verkauf dieser Produkte durch Berufung auf ihre Namens- und/oder Markenreche auf Amazon auszuschließen" und in Bezug auf den Klageantrag zu 1.b) die Formulierung "mit dem Ziel des Erreichens einer Sperrung des Verkäuferkontos der Klägerin" entfallen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.

B.

Die zulässige Berufung ist in geringem Umfang, und zwar auch nur teilweise im Hinblick auf den Klageantrag zu 2. (Abmahnkosten) und den Klageantrag zu 3. (Auskunftsantrag) begründet. Sie ist im Übrigen unbegründet.

I. Der Klageantrag zu 1. ist zulässig. Er genügt jedenfalls in seiner nunmehrigen Fassung den Bestimmtheitsanforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

1. Der Klageantrag zu 1.a) ist begründet.

Der Klägerin steht ein dahingehender Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte aus §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 S. 1 und 2 Nr. 1 UWG zu.

a) Die Angabe "B GmbH" stellt in der vorliegend mit der Anlage K6 als konkreter Verletzungshandlung wiedergegebenen Form eine Irreführung über die betriebliche Herkunft der Ware i.S.d. § 5 Abs. 1 S. 1 und 2 Nr. 1 UWG dar - und beschränkt sich damit mitnichten auf ein "bloß" nach den vertraglichen Richtlinien der Onlineplattform Amazon regelwidriges Verhalten.

aa) Der angesprochene Verkehr fasst eine solche Angabe regelmäßig als ein auf den Hersteller des Produktes hinweisendes Kennzeichen auf, wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat (Senat, Urt. v. 22.11.2018 - I-4 U 73/18; Urt. v. 12.01.2017 - I-4 U 80/16; ebenso LG Köln, Urt. v. 14.10.2015 - 84 O 149/14, Rn. 22; Lorenz, K&R 2016, 145, 147; unter dem Gesichtspunkt einer markenmäßigen Benutzung auch OLG Frankfurt, Urt. v. 05.12.2019 - 6 U 182/18, Rn. 35 - TomTrend).

Hieran ist auch vor dem Hintergrund der Berufungsbegründung festzuhalten.

(1) Wie eine Werbung zu verstehen ist, hängt maßgeblich von der Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise ab. Adressat des hier in Rede stehenden Angebots ist das allgemeine Publikum. Abzustellen ist hierbei auf das Verständnis des durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers,der der Werbung die situationsadäquate Aufmerksamkeit entgegenbringt (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bornkamm/Feddersen, UWG, 38. Aufl. 2020, § 5 Rn. 1.76). Dementsprechend bedarf es nicht der Einholung eines Verkehrsgutachtens. Vielmehr kann und darf der Senat, dessen Mitglieder zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören, die Verbraucherwahrnehmung aus eigener Anschauung bestimmen (BGH, Urt. v. 13.09.2012 - I ZR 230/11, Rn. 32 - Biomineralwasser; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, UWG, 38. Aufl. 2020, § 12 Rn. 2.71).

(2) Der Verkehr hat keinen Anlass, die beanstandete Angabe als Hinweis auf den Verkäufer zu verstehen.

Er erwartet eine solche Information schon deshalb weder im Produkttitel noch in dessen Unterzeile, weil der Verkäufer bei Angeboten auf der Verkaufsplattform Amazon regelmäßig erst an gänzlich anderer Stelle des Angebots ausdrücklich benannt wird.

Er versteht den Zusatz auch nicht etwa als bloßen Hinweis darauf, dass die Ware unmittelbar oder auch nur mittelbar aus den Beständen der Beklagten stammt. Denn über welche Zwischenhändler der Verkäufer seine Ware bezogen hat, ist für den Verkehr regelmäßig ohne Belang und bedarf keiner besonderen Erwähnung an einer prominenten Stelle wie dem werbewirksamen Titel der Anzeige.

Sein Eindruck hinsichtlich der Herstellereigenschaft wird auch nicht durch die Nennung der Marke "A" des Herstellers geprägt. Zum einen findet sich die angegebene Marke erst an einer späteren Stelle des Produkttitels. Zum anderen beschränkt sich der angesprochene Verkehrskreis nicht auf solche Verbraucher, denen diese Marke geläufig ist. Dass lediglich ein unbeachtlicher Teil der Interessenten die Marke "A" nicht kennt und deshalb den Eindruck gewinnt, die Beklagte sei Herstellerin des angebotenen Produkts, behauptet die Beklagte nicht.

Die Onlineplattform Amazon mag mittlerweile im Untertitel den Begriff "von" durch "Marke" ersetzt haben. Dies ist indes für die Berurteilung der konkreten Verletzungshandlung ohne Belang. Im Übrigen ist "Marke" in diesem Kontext als Produktmarke im Sinne von Herstellermarke zu verstehen.

bb) Der solchermaßen beim angesprochenen Verkehr erweckte Eindruck ist falsch. Denn die Beklagte ist nicht die Herstellerin der angebotenen Modellautos, nicht einmal deren Importeur. Sie ist "lediglich" einer von mehreren Anbietern dieser Autos.

cc) Eine solche Irreführung über die betriebliche Herkunft ist wettbewerblich relevant i.S.d. § 5 Abs. 1 S. 2 UWG, da als solche geeignet, die angesprochenen Verbraucher zu einer andernfalls nicht getroffenen geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen.

b) Die Wiederholungsgefahr wird aufgrund des bereits verwirklichten Verstoßes tatsächlich vermutet (Köhler/Bornkamm/Feddersen/ Bornkamm, 38. Aufl., § 8 UWG Rn. 1.43). Eine strafbewehrte Unterwerfungserklärung der Beklagten liegt nicht vor.

Für die Wiederholungsgefahr spielen die mittlerweile geänderten Vorgaben für den Untertitel auf den Angebotsseiten der Internetplattform Amazon keine Rolle (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen/ Bornkamm, 38. Aufl., § 8 UWG Rn. 1.51).

c) Demgegenüber kann sich die Beklagte nicht auf ihre aus der Marke folgende Ausschließlichkeitsrechte berufen. Denn ihr solchermaßen unlauteres Handeln geht über den schützenswerten, da legitimen Markengebrauch hinaus (vgl. hierzu Ströbele/Hacker/Thiering/Hacker, Markenrecht, 12. Aufl. 2019, § 2 Rn. 91; ferner Großkomm-UWG/Dornis, 3. Aufl. 2020, § 4 Nr. 4 Rn. 125 ff.).

2. Der Klageantrag zu 1.b) ist gleichermaßen begründet.

Der Klägerin steht der hiermit verfolgte Unterlassungsanspruch bezüglich der Infringement-Meldungen an Amazon gegen die Beklagte aus §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, 4 Nr. 4 UWG zu.

a) Denn die Infringement-Meldungen der Beklagten wegen des Anhängens der Klägerin an die mit der Marke "B GmbH" versehenen Angebote stellen sich als gezielte Behinderung nach § 4 Nr. 4 UWG dar.

aa) Behinderung bedeutet die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten des Mitbewerbers, die hinsichtlich aller Wettbewerbsparameter, also etwa Absatz, Bezug und Werbung in Betracht kommt (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, UWG, 38. Aufl. 2020, § 4 Rn. 4.6). Ausreichend ist dabei eine potentielle Beeinträchtigung (Großkomm-UWG/Dornis, 3. Aufl. 2020, § 4 Nr. 4 Rn. 76). Unlauter ist die Beeinträchtigung nach der Rechtsprechung des BGH im Allgemeinen dann, wenn gezielt der Zweck verfolgt wird, Mitbewerber an ihrer Entfaltung zu hindern und sie dadurch zu verdrängen, oder wenn die Behinderung dazu führt, dass die beeinträchtigten Mitbewerber ihre Leistung am Markt durch eigene Anstrengung nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen können; ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, lässt sich nur aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Interessen der Mitbewerber, Verbraucher und sonstigen Marktteilnehmer sowie der Allgemeinheit beurteilen (BGH, Urt. v. 23.06.2016 - I ZR 137/15, Rn. 14 - Fremdcoupon-Einlösung; OLG Frankfurt, Urt. v. 05.12.2019 - 6 U 182/18, Rn. 56 - TomTrend).

Hierbei kann eine Behinderung i.S.d. § 4 Nr. 4 UWG auch durch Errichtung von Vertriebshindernissen erfolgen. Diese Maßnahmen sind stets unlauter, wenn sie nur den Zweck haben (können), den Vertrieb des Mitbewerbers zu behindern oder auszuschalten. Das ist dann anzunehmen, wenn kein sachlicher Grund für die Maßnahme erkennbar ist. In allen anderen Fällen kommt es darauf an, ob die Behinderung dazu führt, dass der betroffene Mitbewerber seine Leistung am Markt durch eigene Anstrengung nicht mehr angemessen zur Geltung bringen kann. Dazu bedarf es einer Gesamtwürdigung der Umstände unter Berücksichtigung der Interessen der Mitbewerber, Verbraucher und sonstigen Marktteilnehmer sowie der Allgemeinheit (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 38. Aufl. 2020 Rn. 4.55, UWG § 4 Rn. 4.55).

bb) Mit dem beanstandeten Vorgehen errichtet die Beklagte solchermaßen unlauter ein Vertriebshindernis für konkurrierende Händler, die diejenigen Produkte, die von der Beklagten als Erstanbieter unter Nennung ihrer Marke "B GmbH" angeboten werden, ebenfalls auf der Onlineplattform Amazon einstellen wollen.

Zwar handelt die Beklagte mit den in Rede stehenden Infringement-Mitteilungen in Ausübung markenrechtlicher Ansprüche. Ihre "formale" Rechtsposition beruht indes einzig und allein auf ihrem eigenen unzulässigen - weil nach den Ausführungen zum Klageantrag zu 1.a) den angesprochenen Verkehr irreführenden - Verhalten, durch das sie aufgrund der systemimmanenten Funktionalitäten auf der Internetplattform "amazon" die Markenrechtsverletzung durch die Beklagte provoziert hat. Durch die unlautere Markenbenutzung werden alle anderen Händler, die das gleiche Produkt auf der Internetplattform "amazon" anbieten wollen, aufgrund der systemimmanten Funktionalitäten dieser Internetplattform - namentlich aufgrund des "amazon"-Prinzips, für das gleiche Produkt nur eine Produktdetailseite zuzulassen - gleichsam "in die Markenrechtsverletzung getrieben". Nehmen die anderen Anbieter vor diesem Hintergrund davon Abstand, sich an die Angebote der Beklagten anzuhängen, müssten sie zum Angebot des gleichen Produkts eine eigene Angebotsseite und damit eine sog. Dublette erstellen. In diesem würden sie sich dem Vorwurf der Irreführung ausgesetzt sehen (hierzu Senat GRUR-RR 2017, 328 Rn. 24).

Ein schutzwürdiges Interesse der Beklagten an der Geltendmachung markenrechtlicher Ansprüche aufgrund derart provozierter Markenrechtsverletzungen ist nicht erkennbar, zumal sie im Übrigen selbst nicht einmal markenrechtlich gegen die Klägerin vorgeht. Ihr Handeln dient vielmehr ersichtlich dazu, das auf der hier in Rede stehenden Internetplattform systemimmanente "Anhängen" von Mitbewerbern an das eigene (Erst-)Angebot zu unterbinden und auf diese Weise einen (Preis-)Wettbewerb auf dieser Internetplattform zu verhindern, was wettbewerbsrechtlich inakzeptabel ist (so schon Senat, Hinweisbeschluss vom 07.03.2019 - 4 U 77/18, juris).

b) Soweit die Beklagte geltend macht, es fehle an der Absicht, die Sperrung des Profils der Klägerin herbeizuführen, ist dies schon deshalb nicht entscheidend, weil § 4 Nr. 4 UWG keinen Nachweis einer subjektiven Behinderungsabsicht erfordert (vgl. BGH, Urt. v. 10.01.2008 - I ZR 38/05, Rn. 32 - AKADEMIKS; Urt. v. 11.01.2007 - I ZR 96/04, Rn. 21 - Außendienstmitarbeiter; Ohly/Sosnitza/Ohly, UWG, 7. Aufl. 2016, § 4 Rn. 4/11; Großkomm-UWG/Dornis, 3. Aufl. 2020, § 4 Nr. 4 Rn. 82).

c) Die Wiederholungsgefahr wird auch hier aufgrund des bereits verwirklichten Verstoßes tatsächlich vermutet.

II. Der Klageantrag zu 2. ist ebenfalls begründet.

Der Anspruch auf Ersatz von anwaltlichen Kosten für die Abmahnung des nach den Ausführungen zu B. I. unlauteren Handelns der Beklagten folgt aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG. Der Zinsanspruch ergibt sich - allerdings nur in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz (s. hierzu Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bornkamm, UWG, 38. Aufl. 2020, § 12 Rn. 1.136) - aus §§ 288 Abs. 1 S. 1 und 2, 286 Abs. 1 BGB.

III. Der Klageantrag zu 3. ist nicht in vollem Umfang begründet.

Zwar steht der Klägerin wegen des mit dem Klageantrag zu 1.b) beanstandeten unlautereren Handelns ein (unselbstständiger) allgemeiner Auskunftsanspruch aus dem durch den Wettbewerbsverstoß begründeten gesetzlichen Schuldverhältnis i.V.m. dem Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB zu (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, UWG, 38. Aufl. 2020, § 9 Rn. 4.5). Dieser erfasst allerdings nicht die seitens der Klägerin begehrte Auskunft über getätigte Umsätze und den Reingewinn der Beklagten (vgl. dazu MünchKomm-UWG/Fritzsche, 2. Aufl. 2014, § 9 Rn. 177; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, UWG, 38. Aufl. 2020, § 9 Rn. 4.26). Eine Schadensberechnung nach dem Verletzergewinn, für welche diese Informationen allein relevant wären, kommt nicht in Betracht. Die Voraussetzungen für eine solche Rechnungslegung liegen damit nicht vor (dazu Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, UWG, 38. Aufl. 2020, § 9 Rn. 4.7ff. mwN).

IV. Schließlich ist auch der zulässige Klageantrag zu 4. begründet.

Die Beklagte ist der Klägerin aufgrund des Wettbewerbsverstoßes zum Schadensersatz nach § 9 S. 1 UWG verpflichtet.

C.

Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 91, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO sowie §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1 ZPO.

Anlass für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO) besteht nicht.