Hamburgisches OVG, Beschluss vom 07.05.2021 - 1 Bs 73/21
Fundstelle
openJur 2021, 21767
  • Rkr:

1. Es besteht weder ein verfassungsrechtliches noch ein aus dem Hamburgischen Schulgesetz folgendes, über den Anspruch auf Teilhabe am vorhandenen schulischen Angebot hinausgehendes subjektives öffentliches Recht der Schülerinnen und Schüler auf die Durchführung ungehinderten Präsenzunterrichts.

2. Unabhängig davon wäre die vorübergehende Beschränkung eines solchen – unterstellten – einfachgesetzlichen Rechts durch die Einführung des Wechselunterrichts auf der Grundlage von § 23 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Corona-EindämmungsVO und Ziff. 1 des Muster-Corona-Hygieneplans für alle Schulen in der Freien und Hansestadt Hamburg zur Eindämmung des derzeitigen Infektionsgeschehens rechtmäßig.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 19. März 2021 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt ihre Beschulung im Präsenzunterricht.

Die am ... geborene Antragstellerin besucht die 1. Klasse der Grundschule .... Von Mitte Dezember 2020 bis Mitte März 2021 wurde dort wie an den anderen Hamburger Schulen Distanzunterricht erteilt. Schülerinnen und Schüler konnten außerdem ein Betreuungsangebot an der Schule in Anspruch nehmen. Ab dem 21. Januar 2021 wurden die Kinder von 8 bis 11 Uhr von Lehrkräften beim Bearbeiten der auch dem Distanzunterricht zugrunde liegenden Wochenpläne begleitet, ab 11 Uhr übernahmen Erzieherinnen und Erzieher der regulären Nachmittagsbetreuung die Betreuung, die in freier Spielzeit stattfand. Die Antragstellerin, deren Eltern beide in Vollzeit beschäftigt sind, nahm die Betreuung in Anspruch. Am 9. Februar 2021 fand ein Gespräch zwischen den Eltern der Antragstellerin und den beiden Klassenlehrkräften statt, in dem die Eltern erklärten, aus ihrer Sicht sei der Umfang der Wochenpläne zu gering.

Am 16. Februar 2021 hat die Antragstellerin einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht Hamburg gestellt, mit dem sie wörtlich begehrt hat, „im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig [festzustellen], dass die Antragsgegnerin die Antragstellerin nicht nur betreuen, sondern beschulen muss“. Zur Begründung hat sie sich auf § 13 Abs. 1 Satz 1 HmbSG berufen, aus dem ein Anspruch auf umfassende Bildung und Betreuung in der Zeit von 8 bis 16 Uhr folge. Die an ihrer Schule stattfindende bloße „Notbetreuung“ sei durch die Corona-Eindämmungsverordnung nicht gedeckt. Selbst wenn diese eine Einschränkung ihres Rechts aus § 13 Abs. 1 Satz 1 HmbSG vorsähe, so wäre die Reduzierung der schulischen Betreuung keine notwendige Schutzmaßnahme im Sinne der §§ 28, 28a IfSG.

Seit dem 15. März 2021 wird auf der Grundlage von Ziff. 1 des Muster-Corona-Hygieneplans für alle Schulen in der Freien und Hansestadt Hamburg (10. Fassung vom 15.3.2021, [derzeit aktuellste Version: 13. Fassung, gültig ab 28. April 2021] – im Folgenden: Musterhygieneplan) der Unterricht für die Schülerinnen und Schüler u.a. der Klassenstufe 1 als Hybridunterricht mit halbierten Klassen erteilt. Die Präsenzpflicht ist gemäß Ziff. 0.1 des Musterhygieneplans für alle Schülerinnen und Schüler der allgemein- und berufsbildenden Schulen aufgehoben. Der Wechselunterricht wird nach dem Musterhygieneplan so organisiert, dass die Hälfte der Unterrichtsstunden in der Schule erteilt wird. An den Tagen ohne Präsenzunterricht können Kinder, die zu Hause nicht lernen können, weiterhin im Ausnahmefall die schulische Betreuung in Anspruch nehmen. An der Schule der Antragstellerin wird nach Auskunft der stellvertretenden Schulleiterin vom 11. März 2021 eine Notbetreuung angeboten, die von 8 bis 13 Uhr von einer pädagogischen Fachkraft und anschließend von dem Personal der regulären Nachmittagsbetreuung übernommen wird. Die Mutter der Antragstellerin hat in einer eidesstattlichen Versicherung vom 15. April 2021 erklärt, die Antragstellerin werde an den Betreuungstagen nunmehr ausschließlich durch Erzieher betreut und erhalte, teilweise völlig auf sich allein gestellt, einen Wochenplan mit selbständig zu bearbeitenden Aufgaben. Ein zusätzlicher Distanzunterricht finde nicht statt.

Mit Beschluss vom 19. März 2021, der Antragstellerin zugestellt am 25. März 2021, hat das Verwaltungsgericht den Eilantrag abgelehnt. Der Antrag sei dahingehend auszulegen, dass die uneingeschränkte Beschulung im Präsenzunterricht begehrt werde. Der so verstandene Antrag sei als Antrag gemäß § 123 Abs. 1 VwGO zulässig, aber unbegründet. Die Antragstellerin habe einen Anspruch auf vollen Präsenzunterricht nicht glaubhaft gemacht. Die Einführung des Wechselunterrichts greife weder in einen einfachgesetzlichen Anspruch auf Präsenzbeschulung aus §§ 1 Satz 1, 13 Abs. 1 Satz 1, 14 Abs. 1 Satz 4, Abs. 3 HmbSG noch in den grundrechtlichen Anspruch auf Teilhabe an staatlicher Bildung ein. Gegen die Anordnung des Wechselunterrichts auf der Grundlage von § 23 Abs. 1 Satz 3 EindämmungsVO und Ziff. 0.1 und 1 des Musterhygieneplans bestünden keine rechtlichen Bedenken. § 23 Abs. 1 Satz 3 EindämmungsVO finde in § 32 Satz 1 und 2 i.V.m. §§ 28 Abs. 1 Satz 1, 28a Abs. 1 Nr. 16, 33 Nr. 3 IfSG eine hinreichende gesetzliche Grundlage. Die Anordnung des Wechselunterrichts stelle ein schulisches Angebot i.S.v. § 23 Abs. 1 Satz 3 EindämmungsVO dar, das unter der teilweisen Aussetzung der Präsenzpflicht eingeführt worden sei. Die Antragstellerin habe lediglich einen Anspruch darauf, dass nach § 23 Abs. 1 Satz 3 EindämmungsVO ermessensfehlerfrei über die Durchführung von Präsenz- bzw. Wechselunterricht entschieden werde. Ein Anordnungsanspruch bestehe nur, wenn dieses Ermessen zugunsten der Antragsgegnerin dahingehend auf Null reduziert sei, dass allein die Präsenzbeschulung rechtmäßig sei. Dies sei nicht der Fall. Die Anordnung von Wechselunterricht sei vielmehr aus Gründen des Infektionsschutzes erforderlich.

Dagegen richtet sich die am 25. März 2021 erhobene und am 19. April 2021 begründete Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie die Aufhebung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung und im Wege der einstweiligen Anordnung die vorläufige Feststellung begehrt, „dass zugunsten der Antragstellerin die sofortige Wiederaufnahme ihrer Beschulung an fünf Tagen die Woche im Präsenzunterricht anzuordnen ist, sofern die jeweils geltenden Hygienevorgaben der gültigen SARS-CoV-2-Infektionsschutzverordnung eingehalten werden“.

II.

Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Senat unterstellt zu Gunsten der Antragstellerin, dass sie mit ihrer Beschwerdebegründung die entscheidungstragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts mit beachtlichen Argumenten in Frage gestellt hat. Denn selbst wenn danach nicht nur die mit der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe (§ 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO), sondern der gesamte Streitstoff berücksichtigt wird, teilt der beschließende Senat im Ergebnis die Einschätzung des Verwaltungsgerichts in der angefochtenen Entscheidung, dass der Eilantrag abzulehnen ist.

Der Antrag der Antragstellerin ist – wie sie mit der Antragsformulierung im Beschwerdeverfahren in Übereinstimmung mit der Auslegung durch das Verwaltungsgericht klargestellt hat – darauf gerichtet, im Wege der einstweiligen Anordnung die sofortige Wiederaufnahme ihrer Beschulung im vollen Präsenzunterricht zu erwirken. Dieser Antrag ist zulässig, aber unbegründet.

1. Der Antrag ist zulässig, insbesondere gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis statthaft. Im vorliegenden Fall richtet sich das Verfahren zur Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nicht vorrangig nach §§ 123 Abs. 5, 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Die Antragstellerin wendet sich nicht gegen die sofortige Vollziehung eines belastenden Verwaltungsakts, sondern begehrt mit der Durchführung von Präsenzunterricht ein Handeln der Antragsgegnerin ohne Verwaltungsaktcharakter. Insbesondere ist Ziff. 1 des Musterhygieneplans, durch die mit Wirkung vom 15. März 2021 der Wechselunterricht u.a. für die Grundschulklassen eingeführt wurde, kein Verwaltungsakt gemäß § 35 Satz 1 HmbVwfG. Ziff. 1 des Musterhygieneplans beruht auf § 23 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 der Verordnung zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus Sars-Cov-2 in der Freien und Hansestadt Hamburg (Hamburgische Sars-Cov-2-Eindämmungsverordnung [aktuelle Fassung vom 23. April 2021, HmbGVBl. 2021, S. 205] – im Folgenden: EindämmungsVO). Danach kann in dem Musterhygieneplan die Präsenzpflicht vorübergehend aufgehoben und durch andere schulische Angebote ersetzt werden. Die Aufhebung der vollen Präsenzpflicht und die Ersetzung durch das schulische Angebot eines Unterrichts im Wechselmodell ist eine schulorganisatorische Maßnahme ohne unmittelbare Rechtswirkung nach außen im Sinne von § 35 Satz 1 HmbVwVfG. Ein solche Außenwirkung setzt voraus, dass die Maßnahme nach ihrem objektiven Sinngehalt nicht nur auf die Regelung des schulorganisatorischen Binnenbereichs, sondern darauf gerichtet ist, unmittelbare rechtliche Auswirkungen auf eine geschützte Rechtsposition der Betroffenen zu haben, also unmittelbar auf subjektive öffentliche Rechte einzuwirken (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 27.7.2004, 1 Bs 306/04, NordÖR 2004, 438, juris Rn. 4; VGH Bayern, Beschl. v. 10.9.2013, 7 CS 13.1880, juris Rn. 17).

Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Die Umstellung auf den Wechselunterricht ist ihrem objektiven Sinngehalt nach nicht final auf eine unmittelbare Regelung der Rechtsstellung der Schülerinnen und Schüler gerichtet, sondern darauf, den Unterricht für einen begrenzten Zeitraum in einer Weise zu organisieren, die Infektionsrisiken vermindert (zum fehlenden subjektiven öffentlichen Recht auf Erteilung des Unterrichts in Präsenzform s. noch unten 2.a) und b)). Sie lässt insbesondere das Schulverhältnis und die grundsätzliche Zuordnung der Schülerinnen und Schüler zu der jeweiligen Schule (vgl. § 28 Abs. 1 HmbSG), ihrem Jahrgang und ihrer Klasse unberührt. Eine rechtliche Außenwirkung folgt auch nicht daraus, dass der Wechselunterricht im Vergleich zum Präsenzunterricht teils erhebliche tatsächliche Umstellungen im Alltag der Schülerinnen und Schüler und ihrer Familien bewirkt. Denn dies stellt keine unmittelbare Rechtswirkung, sondern lediglich eine mittelbare Folge der Anordnung des Wechselunterrichts dar. Dies unterscheidet die Umstellung auf den Wechselunterricht z.B. von der als Verwaltungsakt anzusehenden Bestimmung des Musterhygieneplans zur Maskenpflicht an Schulen, die den Schülerinnen und Schülern unmittelbar eine belastende Handlungspflicht auferlegt (vgl. hierzu OVG Hamburg, Beschl. v. 15.1.2021, 1 Bs 237/20, juris Rn. 33).

2. Der Antrag ist jedoch unbegründet.

Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung hierfür ist, dass die Antragstellerin glaubhaft macht (vgl. § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO), dass die Voraussetzungen eines entsprechenden materiellen Anspruchs vorliegen (Anordnungsanspruch) und sie dringend auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung angewiesen ist (Anordnungsgrund).

Im vorliegenden Fall hat die Antragstellerin das Bestehen eines Anordnungsanspruchs nicht glaubhaft gemacht. Es ist schon nicht mit der für die begehrte Vorwegnahme der Hauptsache erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit ersichtlich, dass sie einen Anspruch auf volle Beschulung im Präsenzunterricht hat. Ein solcher Anspruch folgt weder aus Verfassungsrecht (unten a) noch aus dem einfachen Recht (unten b). Besteht aber schon kein subjektives öffentliches Recht, so stellt sich die Frage nach der Rechtmäßigkeit seiner „Beschränkung“ nicht. Selbst wenn unabhängig davon zugunsten der Antragstellerin die Existenz eines einfachgesetzlichen Rechts auf Durchführung von ungehindertem Präsenzunterricht unterstellt würde, so wäre dessen vorübergehende Beschränkung durch die Einführung des Wechselunterrichts jedenfalls rechtmäßig (unten c).

a) Es besteht kein verfassungsrechtlicher Leistungsanspruch der Antragstellerin auf den von ihr begehrten Präsenzunterricht. Ein solcher folgt insbesondere nicht aus einem (Grund-)Recht auf Bildung.

Das Bundesverfassungsgericht hat bisher offengelassen, ob ein – im Grundgesetz nicht ausdrücklich geregeltes – verfassungsrechtliches „Recht auf Bildung“ existiert, insbesondere, ob ein solches aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Schülerin oder des Schülers gemäß Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG folgt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 22.6.1977, 1 BvR 799/76, BVerfGE 45, 400, juris Rn. 65; Beschl. v. 27.11.2017, 1 BvR 1555/14, NVwZ 2018, 728, juris Rn. 25; vgl. zum Ganzen auch Rux, Schulrecht, 6. Aufl. 2018, Rn. 184 ff.). Anerkannt ist lediglich ein aus Art. 2 Abs. 1, 3 Abs. 1, 12 Abs. 1 GG folgendes Teilhaberecht auf gleichen Zugang zu den tatsächlich vorhandenen schulischen Bildungseinrichtungen (vgl. z.B. Robbers, in: von Mangoldt/Klein/Starck, GG, 7. Aufl. 2018, Art. 7 Rn. 31; Rux, a.a.O., Rn. 190, jeweils m.w.N.). Eine Beeinträchtigung des Rechts der Antragstellerin auf gleiche Teilhabe an dem derzeit von der Antragsgegnerin (in Form des Wechselunterrichts) zur Verfügung gestellten schulischen Angebot liegt jedoch nicht vor.

Das Bundesverwaltungsgericht hat zwar aus Art. 2 Abs. 1 GG ein Recht auf Bildung abgeleitet (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.11.1974, VII C 12.74, BVerwGE 47, 201, juris Rn. 20; BVerwG, Urt. v. 5.6.1997, 5 C 4.96, BVerwGE 105, 44, juris Rn. 13; Beschl. v. 24.7.2020, 6 BN 3.19, juris Rn. 7). In dieses Recht wird z.B. durch eine Nichtversetzung eingegriffen (vgl. BVerwG, Beschluss v. 14.7.1978, VII C 11.76, BVerwGE 56, 155, juris Rn. 13). Auch das Bundesverwaltungsgericht versteht das Recht auf Bildung jedoch im Regelfall nicht als Leistungsgrundrecht (vgl. auch Rux, a.a.O., Rn. 186). Insbesondere folgt aus dem Recht auf Bildung kein Anspruch auf eine den Wünschen der Schülerinnen und Schüler entsprechende Schule (vgl. BVerwG, Beschl. v. 23.1.1975, VII B 26.74, Buchholz 421, Kultur- und Schulwesen Nr. 41, juris Rn. 7), auf ein bestimmtes Bildungsangebot (Rux, a.a.O., Rn. 194) oder eine bestimmte zeitliche Gestaltung des Unterrichts (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.11.1974, a.a.O.). Das Recht ist vielmehr von vornherein nicht auf mehr als einen Minimalstandard der Bildungseinrichtungen gerichtet (vgl. BVerwG, Beschl. v. 2.7.1979, 7 B 139.79, DÖV 1979, 911, juris Rn. 6; vgl. auch Rux, a.a.O., Rn. 195). Ein Verschaffungsanspruch kann daraus deshalb nur folgen, wenn der Staat seine Pflicht zur Einrichtung eines ausreichenden Schulsystems evident verletzt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 27.11.2017, 1 BvR 1555/14, NVwZ 2018, 728, juris Rn. 25) und das vorhandene Bildungsangebot die Untergrenze des zu gewährenden Minimums unterschreitet. Im Übrigen beschränkt sich die Leistungsdimension des „Rechts auf Bildung“ auf die Teilhabe an den vorhandenen Bildungseinrichtungen und -angeboten unter gleichen und zumutbaren Bedingungen (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 12.6.2020, 13 B 779/20.NE, juris Rn. 55; Beschl. v. 22.1.2021, 13 B 53/21.NE, juris Rn. 28; VGH München, Beschl. v. 3.7.2020, 20 NE 20.1443, juris Rn. 29; VGH Kassel, Beschl. v. 24.3.2021, 8 B 470/21.N, juris Rn. 38 f.; OVG Magdeburg, Beschl. v. 8.6.2018, 3 M 178/18, NVwZ-RR 2018, 694, juris Rn. 22).

Eine solche Unterschreitung des nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verfassungsrechtlich gebotenen Minimums ist im vorliegenden Fall nicht ersichtlich (vgl. für Hessen ebenso VGH Kassel, a.a.O., Rn. 39): Derzeit wird durchgehend Unterrichtsstoff vermittelt, auch wenn nur die Hälfte des Unterrichts in Präsenz stattfindet und die in der „Distanzphase“ zu bearbeitenden Wochenpläne im Stoffumfang hinter dem vollen Präsenzunterricht zurückbleiben. Der Hybridunterricht soll zudem nur vorübergehend, nämlich für die Dauer eines bestimmten Pandemiegeschehens, erteilt werden; es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Antragsgegnerin beabsichtigt, den (uneingeschränkten) Präsenzunterricht auf Dauer durch Wechselunterricht zu ersetzen.

b) Auch aus dem Hamburgischen Schulgesetz ergibt sich kein Anspruch der Antragstellerin auf eine Beschulung im vollen Präsenzunterricht.

Nach § 1 Satz 1 HmbSG hat jeder junge Mensch das Recht auf eine seinen Fähigkeiten und Neigungen entsprechende Bildung und Erziehung. Das Recht auf schulische Bildung und Erziehung wird gemäß § 1 Satz 3 HmbSG durch ein Schulwesen gewährleistet, das nach Maßgabe des Hamburgischen Schulgesetzes einzurichten und zu unterhalten ist. Aus dem Recht auf schulische Bildung ergeben sich gemäß § 1 Satz 4 HmbSG individuelle Ansprüche, wenn sie nach Voraussetzungen und Inhalt in diesem Gesetz oder aufgrund dieses Gesetzes bestimmt sind.

Nach dem Willen des Gesetzgebers (Bü-Drs. 15/5553, S. 35) konkretisieren die beiden zuletzt genannten Sätze des § 1 HmbSG – im Einklang mit dem oben dargestellten verfassungsrechtlichen Befund – die Rechtsqualität des Rechts auf Bildung und Erziehung: Das Recht auf schulische Bildung enthalte verfassungsrechtlich ein aus Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG folgendes subjektives öffentliches Recht auf gleichen Zugang zu den vorhandenen öffentlichen Bildungseinrichtungen. Die Bezugnahme auf das nach Maßgabe dieses Gesetzes einzurichtende und zu unterhaltende Schulwesen und der letzte Satz des § 1 HmbSG machten deutlich, dass individuelle Ansprüche sich nur insoweit ergäben, als die Anspruchsvoraussetzungen im Hamburgischen Schulgesetz oder aufgrund dieses Gesetzes im Einzelnen normiert seien.

Daraus folgt, dass auch der aus § 1 Satz 1 HmbSG folgende Bildungsanspruch zunächst grundsätzlich auf die Teilnahme an dem vorhandenen Schulwesen beschränkt ist (vgl. auch OVG Hamburg, Beschl. v. 8.8.2011, 1 Bs 137/11, NordÖR 2011, 561, juris Rn. 8). Eine besondere Bestimmung im Sinne von § 1 Satz 4 HmbSG, aus der sich der hier geltend gemachte, über diesen Teilhabeanspruch hinausgehende (Verschaffungs-)Anspruch auf Beschulung im vollen Präsenzunterricht ergäbe, enthält das Hamburgische Schulgesetz nicht:

aa) Ein solcher Anspruch folgt zunächst nicht bereits aus dem Umstand, dass der (historische) Gesetzgeber – dem erst seit kurzem das Phänomen des Distanzunterrichts in Pandemiezeiten vor Augen steht – bei Erlass zahlreicher Regelungen (z. B. §§ 2, 3, § 28 Abs. 2, § 37 Abs. 1 Satz 1 und §§ 41 Abs. 1 Satz 1, 41a Satz 1 HmbSG) des Hamburgischen Schulgesetzes mit Begriffen wie „Schulbesuch“, „Unterricht“, „Schulpflicht“ u.ä. unausgesprochen die Normalvorstellung verband, die Schule werde als Ort aufgesucht und der Unterricht dort in Präsenz durchgeführt.

Denn zum einen hat der Gesetzgeber mit der durch Gesetz vom 21. Januar 2021 (HmbGVBl. 2021, S. 45) eingefügten Vorschrift des § 98c HmbSG nunmehr ausdrücklich geregelt, dass der Unterricht und die sonstigen pflichtgemäßen Schulveranstaltungen auch in Form eines gleichzeitigen Informationsaustausches zur Bild- und Tonübertragung zwischen der Schule und der Wohnung der Schülerinnen und Schüler oder einem anderen geeigneten Lernort erfolgen können, wenn einzelnen oder mehreren Schülerinnen oder Schülern die Teilnahme am Präsenzunterricht in der Schule aus wichtigem Grund nicht möglich oder die Beschulung bei Abwesenheit von Teilgruppen nur in Form eines Wechsel- oder Hybridunterrichts organisierbar ist (Fern-, Wechsel- oder Hybridunterricht). Wichtige Gründe liegen nach § 98c Abs. 1 Satz 2 HmbSG insbesondere zur Sicherstellung des Gesundheits-, Infektions- und Seuchenschutzes vor. Gemäß § 98c Abs. 1 Satz 3 HmbSG gilt die Regelung der Schulpflicht in § 28 Abs. 2 HmbSG entsprechend für den Fern-, Wechsel- oder Hybridunterricht. Diese Regelung zeigt, dass das Hamburgische Schulgesetz nicht zwingend voraussetzt, dass Unterricht stets in Präsenzform zu erteilen ist.

Zum anderen kommt es unabhängig davon für die Frage, ob ein Individualanspruch der Antragstellerin auf Durchführung eines vollen Präsenzunterrichts besteht, nicht darauf an, ob dem Gesetzgeber bei Erlass bestimmter Vorschriften eine Regelerwartung von der Durchführung des Unterrichts als Präsenzveranstaltung zugrunde lag. Nach § 1 Satz 4 HmbSG ist vielmehr allein maßgeblich, ob er darüber hinaus in einer bestimmten Vorschrift auch ein subjektives öffentliches Recht von Schülerinnen und Schülern begründen wollte, von der Antragsgegnerin die Erteilung des Unterrichts ausschließlich in Präsenzform verlangen zu können. Eine solche Vorschrift enthält das Hamburgische Schulgesetz nicht (hierzu sogleich).

bb) Ein Recht auf die Erteilung von Präsenzunterricht lässt sich nicht aus den Regelungen der §§ 2, 3 HmbSG zum Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schulen herleiten.

Diese Vorschriften konkretisieren zwar nach dem Willen des Gesetzgebers das in § 1 Satz 1 HmbSG als Grundsatz- und Zielformulierung festgelegte Recht auf schulische Bildung weiter (vgl. Bü-Drs. 15/5553, S. 35). Sie regeln jedoch keinen konkreten Anspruch auf Erteilung eines ununterbrochenen vollen Präsenzunterrichts. Ein solcher Anspruch folgt insbesondere nicht aus § 3 Abs. 1 Satz 1 HmbSG, wonach das Schulwesen so zu gestalten ist, dass die gemeinsame Erziehung und das gemeinsame Lernen von Kindern und Jugendlichen in größtmöglichem Ausmaß verwirklicht werden können. Mit dem Begriff des „gemeinsamen“ Lernens ist nicht voller Präsenzunterricht gemeint. Denn gesetzgeberisches Ziel der Regelung ist die Verwirklichung der gesellschafts- und sozialpolitischen Leitvorstellung einer – auch im vorübergehenden Wechselunterricht möglichen – integrativen Beschulung aller Kinder und Jugendlichen ohne persönliche Trennung bestimmter Schülergruppen von anderen (vgl. Bü-Drs. 15/5553, S. 35: Präzisierung und Differenzierung des bisherigen Begriffs der „Gemeinschaftsschule“). Gesetzeszweck ist also die möglichst weitgehende Gewährleistung einer Lerngemeinschaft, nicht einer gemeinsamen physischen Anwesenheit an einem Lernort. Dieses Ziel einer möglichst weitgehenden gemeinschaftlichen und koedukativen Beschulung zeigt sich systematisch auch an der Regelung von Ausnahmen, insbesondere in § 3 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 HmbSG, die eine Differenzierung zur besseren Förderung Einzelner vorsehen (vgl. auch Bü-Drs. 15/5553, a.a.O.).

cc) Der Anspruch auf Präsenzunterricht folgt auch nicht aus § 13 Abs. 1 HmbSG.

Danach haben Schülerinnen und Schüler von der Vorschulklasse bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres Anspruch auf eine umfassende Bildung und Betreuung in der Zeit von 8 bis 16 Uhr an jedem Schultag. Der Anspruch wird durch den Besuch einer Ganztagsschule oder einer Schule in Verbindung mit der Inanspruchnahme von Leistungen von Trägern der Jugendhilfe, mit denen die Schule kooperiert, erfüllt. § 13 Abs. 3 HmbSG sieht außerdem das Recht der Schülerinnen und Schüler vor, über den in § 13 Abs. 1 HmbSG vorgesehenen zeitlichen Umfang hinaus Betreuungsleistungen zwischen 6 und 8 Uhr sowie 16 und 18 Uhr an jedem Schultag und in den Schulferien in Anspruch zu nehmen.

Die Norm regelt jedoch keinen Anspruch auf eine bestimmte Form der Unterrichtserteilung: Ein solcher Anspruch lässt sich bereits dem Wortlaut nicht entnehmen, der keine Aussagen zur Art und Weise der Unterrichtserteilung enthält. Die Gesetzgebungsgeschichte ergibt überdies, dass mit der Vorschrift ein Recht auf Betreuung begründet werden sollte. Nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers begründet § 13 HmbSG ein „subjektives öffentliches Recht auf Betreuung im Zeitfenster von 6 Uhr bis 18 Uhr“ (Bü-Drs. 20/3642, S. 10; Hervorhebung hinzugefügt). Auf dieses Recht bezieht sich auch die Regelung der Erfüllung des Anspruchs gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 HmbSG. Nach den Gesetzgebungsmaterialien kann das „Recht auf Betreuung [...] grundsätzlich gleichwertig entweder durch ein schulisches Angebot (Ganztagsschule nach Rahmenkonzept, GTS) oder die Kooperation mit einem Träger der Jugendhilfe (GBS) bewirkt werden“ (Bü-Drs. 20/3642, a.a.O.; Hervorhebung hinzugefügt). Auch die systematische Auslegung zeigt, dass § 13 Abs. 1 HmbSG über den Betreuungsanspruch hinaus keinen Anspruch auf eine bestimmte Unterrichtsdauer oder -form regelt. Betreuungsangebot und Unterrichtszeit werden bereits in § 13 Abs. 1 Satz 3 HmbSG begrifflich unterschieden. Die Unterrichtszeit an Grundschulen ist in § 14 Abs. 1 Satz 3 HmbSG geregelt und ist kürzer als der in § 13 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 HmbSG geregelte Betreuungszeitraum.

Die Durchsetzung des aus § 13 Abs. 1 und 3 HmbSG folgenden subjektiven öffentlichen Rechts auf ganztägige Betreuung – die die Antragsgegnerin gemäß Ziff. 1 des Musterhygieneplans, wenngleich in eingeschränktem Umfang, auch im Wechselunterrichtsmodell weiter anbietet – ist im vorliegenden Fall nicht Streitgegenstand. Die Antragsgegnerin begehrt ausdrücklich, die Antragsgegnerin möge sie „nicht nur betreuen, sondern beschulen“, also die Erteilung von Präsenzunterricht.

dd) Ein Anspruch auf Präsenzbeschulung folgt auch nicht aus § 14 Abs. 1 Satz 3 HmbSG. Danach beträgt die Unterrichtszeit in der Grundschule fünf Zeitstunden an fünf Wochentagen. Die Vorschrift enthält jedoch zum einen keine Aussage dazu, dass der Unterricht zwingend in Präsenz stattzufinden hat; zum anderen lässt sich ihr über die objektive Regelung der Unterrichtszeiten hinaus nicht entnehmen, dass sie im Sinne von § 1 Satz 4 HmbSG einen entsprechenden Anspruch der Schülerinnen und Schüler begründen soll. Es handelt sich um eine schulorganisatorische Regelung, die ein subjektives öffentliches Recht nicht begründet.

ee) Das geltend gemachte Recht folgt schließlich auch nicht aus den Regelungen zur Schulpflicht in § 28 Abs. 2, § 37 Abs. 1 Satz 1 und §§ 41 Abs. 1 Satz 1, 41a Satz 1 HmbSG. Nach § 28 Abs. 2 HmbSG sind die Schülerinnen und Schüler verpflichtet, regelmäßig am Unterricht und an den pflichtmäßigen Schulveranstaltungen teilzunehmen. Nach § 37 Abs. 1 Satz 1 HmbSG ist, wer in der Freien und Hansestadt Hamburg einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, in Hamburg zum Schulbesuch verpflichtet. Die Sorgeberechtigten sind gemäß § 41 Abs. 1 Satz 1 HmbSG dafür verantwortlich, dass die Schulpflichtigen am Unterricht und an den Unterrichtsveranstaltungen der Schule teilnehmen. Nach § 41a Satz 1 HmbSG können Kinder und Jugendliche, die der Schulpflicht nicht nachkommen, der Schule zwangsweise zugeführt werden.

Diese Vorschriften regeln zum einen bereits ihrem Wortlaut nach lediglich Pflichten der Schülerinnen und Schüler bzw. der Sorgeberechtigten. Auch ihnen lässt sich nicht im Sinne des § 1 Satz 4 HmbSG entnehmen, dass der Gesetzgeber zugleich einen durchsetzbaren individuellen Anspruch von Schülerinnen und Schülern auf die Durchführung von Präsenzunterricht bestimmen wollte. Zum anderen ergibt sich aus § 98c Abs. 1 Satz 3 HmbSG, dass sich der Begriff der Schulpflicht nach dem Verständnis des Gesetzgebers nicht ausschließlich auf den Besuch von Präsenzveranstaltungen beziehen soll. Denn nach dieser Regelung gilt § 28 Abs. 2 HmbSG entsprechend für den Fern-, Wechsel- oder Hybridunterricht.

c) Unabhängig von dem Vorstehenden wäre, selbst wenn zugunsten der Antragstellerin die Existenz eines einfachgesetzlichen Rechts aus dem Hamburgischen Schulgesetz auf die grundsätzliche Durchführung von Präsenzunterricht unterstellt würde, dessen vorübergehende Beschränkung durch die Einführung des Wechselunterrichts rechtmäßig.

aa) Rechtsgrundlage des in Ziff. 1 des Musterhygieneplans angeordneten Wechselunterrichts ist § 23 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EindämmungsVO. Danach kann in dem Musterhygieneplan die Präsenzpflicht vorübergehend aufgehoben und durch andere schulische Angebote ersetzt werden. Die Ermächtigung zur Anordnung „anderer schulischer Angebote“ an Stelle der Präsenzpflicht macht deutlich, dass der Verordnungsgeber eine Rechtsgrundlage für die Anordnung von Unterrichtsformen schaffen wollte, bei denen die Schülerinnen und Schüler nicht physisch anwesend sind.

bb) § 23 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EindämmungsVO kann sich seinerseits auf eine hinreichende Rechtsgrundlage stützen.

(1) Allerdings folgt im vorliegenden Fall zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats nichts aus dem mit Wirkung ab dem 23. April 2021 durch Art. 1 des Vierten Gesetzes zur Fortgeltung der die epidemische Lage von nationaler Tragweite betreffenden Regelungen (BGBl. I 802) in das Infektionsschutzgesetz eingefügten § 28b Abs. 3 Satz 2 IfSG. Danach ist, wenn in einer kreisfreien Stadt (als solche gilt Hamburg gemäß § 28a Abs. 3 Satz 3 IfSG) an drei aufeinander folgenden Tagen die Sieben-Tage-Inzidenz den Schwellenwert von 100 überschreitet, die Durchführung von Präsenzunterricht ab dem übernächsten Tag für allgemeinbildende und berufsbildende Schulen, Hochschulen, außerschulische Einrichtungen der Erwachsenenbildung und ähnliche Einrichtungen nur in Form von Wechselunterricht zulässig. Maßgeblich sind insoweit die vom Robert Koch-Institut (RKI) veröffentlichten Inzidenzen (vgl. § 28b Abs. 1 Satz 1 und 2 IfSG). Die auf der Webseite des RKI (www.rki.de/covid-19-inzidenzen) veröffentlichte Sieben-Tage-Inzidenz liegt in Hamburg jedoch seit dem 28. April 2021 durchgehend unter 100 (Werte vom 28.4.-7.5.2021: 95,3, 88,5, 93,3, 89,9, 91,6, 91,9, 90,0, 86,0, 78,1, 78,1).

(2) § 23 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EindämmungsVO findet seine Rechtsgrundlage indes in §§ 32 Satz 1, 28 Abs. 1 Satz 1, 28a Abs. 1 Nr. 16 IfSG.

Die Landesregierungen werden nach § 32 Satz 1 IfSG ermächtigt, unter den Voraussetzungen, die für Maßnahmen nach den §§ 28, 28a und 29 bis 31 IfSG maßgebend sind, auch durch Rechtsverordnungen entsprechende Gebote und Verbote zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten zu erlassen. Dass der Verordnungsgeber die Einführung des Hybridunterrichts hier nicht selbst angeordnet, sondern stattdessen eine entsprechende Ermächtigungsgrundlage für die Behörde für Schule und Berufsbildung bzw. die Schulen geschaffen hat, begegnet keinen Bedenken. Nach § 32 Satz 2 IfSG könnte der Senat sogar die Verordnungsermächtigung weiter übertragen.

Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG trifft, werden Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt, die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen, insbesondere die in § 28a Abs. 1 und in den §§ 29 bis 31 IfSG genannten, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG sind aufgrund der gegenwärtigen Corona-Pandemie weiterhin erfüllt. Die Vorschrift ermöglicht Regelungen gegenüber einzelnen wie mehreren Personen. Vorrangige Adressaten sind zwar die in § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG benannten Personengruppen, bei denen feststeht oder der Verdacht besteht, dass sie Träger von Krankheitserregern sind, die bei Menschen eine Infektion oder eine übertragbare Krankheit im Sinne von § 2 Nr. 1 bis Nr. 3 IfSG verursachen können. Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG können aber auch sonstige Dritte Adressaten von Maßnahmen sein (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 21.7.2020, 5 Bs 86/20, juris Rn. 11 m.w.N.).

Nach § 28a Abs. 1 Nr. 16 IfSG können notwendige Schutzmaßnahmen im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 IfSG zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) für die Dauer der Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IfSG durch den Deutschen Bundestag insbesondere die Schließung von Schulen, die Gemeinschaftseinrichtungen gemäß § 33 Nr. 3 IfSG sind, sein. Daraus folgt, dass der parlamentarische Gesetzgeber als Minus zur Schulschließung auch die Umstellung auf den Hybridunterricht unter Aufrechterhaltung eines eingeschränkten Unterrichtsangebots als mögliche notwendige Schutzmaßnahme ansieht.

(a) Der Deutsche Bundestag hat mit Beschluss vom 4. März 2021 (Bekanntmachung vom 26.3.2021, BGBl. I 397) festgestellt, dass die epidemische Lage von nationaler Tragweite aufgrund der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2, die er erstmalig am 25. März 2020 und deren Fortbestehen er am 18. November 2020 festgestellt hatte, weiter fortbesteht.

(b) Der beschließende Senat teilt nicht die von der Antragstellerin in der Beschwerde angeführten Bedenken an der Vereinbarkeit der §§ 28, 28a IfSG mit dem Parlamentsvorbehalt und dem Bestimmtheitsgebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG, wonach Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Verordnungsermächtigung im Gesetz bestimmt werden müssen. Der 5. Senat des OVG Hamburg hat bereits vor Inkrafttreten des § 28a IfSG zu § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG im Zusammenhang mit Betriebsschließungen ausgeführt (OVG Hamburg, Beschl. v. 18.11.2020, 5 Bs 209/20, juris Rn. 13 ff.):

„Die Verordnungsermächtigung nach § 32 Sätze 1, 2 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG verstößt nach Auffassung des Senats nicht gegen höherrangiges Recht, insbesondere nicht gegen das Bestimmtheitsgebot aus Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG, den Parlamentsvorbehalt bzw. das Wesentlichkeitsprinzip.

Der Vorbehalt des Gesetzes verlangt im Hinblick auf Rechtsstaatsprinzip und Demokratiegebot, dass der Gesetzgeber in grundlegenden normativen Bereichen alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen hat und nicht dem Handeln und der Entscheidungsmacht der Exekutive überlassen darf. Dabei betrifft die Normierungspflicht nicht nur die Frage, ob ein bestimmter Gegenstand überhaupt gesetzlich geregelt sein muss, sondern auch, wie weit diese Regelungen im Einzelnen zu gehen haben. Inwieweit es einer Regelung durch den parlamentarischen Gesetzgeber bedarf, hängt vom jeweiligen Sachbereich und der Eigenart des betroffenen Regelungsgegenstands ab. Auch Gesetze, die zu Rechtsverordnungen und Satzungen ermächtigen, können den Voraussetzungen des Gesetzesvorbehalts genügen, die wesentlichen Entscheidungen müssen aber durch den parlamentarischen Gesetzgeber selbst erfolgen. Das Erfordernis der hinreichenden Bestimmtheit der Ermächtigungsgrundlage bei Delegation einer Entscheidung auf den Verordnungsgeber aus Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG, wonach Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung im Gesetz bestimmt werden müssen, stellt insoweit eine notwendige Ergänzung und Konkretisierung des Gesetzesvorbehalts und des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung dar. Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG führt als eine Ausprägung des allgemeinen Gesetzesvorbehalts den staatlichen Eingriff durch die Exekutive nachvollziehbar auf eine parlamentarische Willensäußerung zurück. Eine Ermächtigung darf daher nicht so unbestimmt sein, dass nicht mehr vorausgesehen werden kann, in welchen Fällen und mit welcher Tendenz von ihr Gebrauch gemacht werden wird und welchen Inhalt die auf Grund der Ermächtigung erlassenen Verordnungen haben können (vgl. BVerfG, Urt. v. 19.9.2018, 2 BvF 1/15 u.a., juris Rn. 198 ff.; Beschl. v. 21.9.2016, 2 BvL 1/15, juris Rn. 54 ff.).

a) Nach diesen Maßstäben kann ein Verstoß von § 32 Satz 1 und 2 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG gegen das Bestimmtheitsgebot aus Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG nicht festgestellt werden.

§ 28 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 IfSG enthält keine unzulässige Globalermächtigung für den Verordnungsgeber. Zwar ist die Regelung als offene Generalklausel ausgestaltet, um den Infektionsschutzbehörden bzw. über den Verweis in § 32 Satz 1 IfSG dem Verordnungsgeber ein möglichst breites Spektrum an geeigneten Schutzmaßnahmen zu eröffnen (BVerwG, Urt. v. 22.3.2012, 3 C 16.11, juris Rn. 24). Denn der Gesetzgeber ist bei Erlass der Regelung davon ausgegangen, dass sich die Fülle der Schutzmaßnahmen, die bei einem Ausbruch einer übertragbaren Krankheit in Frage kommen können, nicht von vornherein übersehen lässt. Allerdings hat er unter anderem bereits mit der nur beispielhaften Aufzählung in § 28 Abs. 1 Satz 2 IfSG, wonach unter den Voraussetzungen von Satz 1 Veranstaltungen und sonstige Ansammlungen von Menschen beschränkt oder verboten und Badeanstalten oder in § 33 genannte Gemeinschaftseinrichtungen oder Teile davon geschlossen werden können, deutlich gemacht, dass in Konkretisierung der mit der Generalklausel eröffneten Handlungsmöglichkeiten auch weitreichende Maßnahmen gegenüber der Allgemeinheit in Betracht kommen. Denn § 28 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 und Satz 2 IfSG stehen nach dem Willen des Gesetzgebers nicht in einem Spezialitätenverhältnis; vielmehr können alle notwendigen Schutzmaßnahmen auf die Generalklausel des § 28 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 IfSG gestützt werden.

Dass nach Inhalt und Zweck der Ermächtigung in § 28 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 IfSG grundsätzlich auch Betriebsschließungen als eine mögliche Schutzmaßnahme verordnet werden können, ist vor diesem Hintergrund nicht zweifelhaft. Denn Betriebe mit Publikumsverkehr – wie auch Fitnessstudios – ähneln den in Satz 2 der Vorschrift ausdrücklich genannten Veranstaltungen und sonstigen Zusammenkünften insoweit, als dass sie ebenso wie diese Anziehungspunkte für Menschen an einem begrenzten Ort sind und damit ein besonderes Risiko für die Weiterverbreitung einer von Mensch zu Mensch übertragbaren Krankheit darstellen.

Schließlich hat der Parlamentsgesetzgeber auch das Ausmaß der dem Verordnungsgeber erteilten Rechtsmacht bestimmt. Diese beschränkt sich auf „notwendige Schutzmaßnahmen“. Innerhalb des dem Verordnungsgeber hierdurch zuwachsenden Regelungsermessens ist damit eine Normierung zulässig, soweit und solange diese zur Verhinderung der (Weiter-)Verbreitung einer übertragbaren Krankheit geboten ist und gegenüber den davon Betroffenen nicht unverhältnismäßig wirkt (BVerwG, Urt. v. 22.3.2012, a.a.O.).

b) § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG dürfte auch dem Parlamentsvorbehalt („Wesentlichkeitstheorie“) genügen. Der im Rechtsstaatsprinzip und im Demokratiegebot wurzelnde Parlamentsvorbehalt gebietet, dass in grundlegenden normativen Bereichen, insbesondere im Bereich der Grundrechtsausübung, die wesentlichen Entscheidungen vom Gesetzgeber selbst getroffen werden. Wann es einer Regelung durch den parlamentarischen Gesetzgeber bedarf, lässt sich nur mit Blick auf den jeweiligen Sachbereich und die Eigenart des betroffenen Regelungsgegenstandes beurteilen. Die verfassungsrechtlichen Wertungskriterien sind dabei den tragenden Prinzipien des Grundgesetzes, insbesondere den dort verbürgten Grundrechten zu entnehmen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 1.4.2014, 2 BvF 1/12, juris Rn. 101 ff; Urt. v. 24.9.2003, 2 BvR 1436/02, juris Rn. 67 f.). Der Vorbehalt des Gesetzes erschöpft sich nicht in der Forderung nach einer gesetzlichen Grundlage für Grundrechtseingriffe. Er verlangt vielmehr auch, dass alle wesentlichen Fragen vom Gesetzgeber selbst entschieden und nicht anderen Normgebern überlassen werden, soweit sie gesetzlicher Regelung zugänglich sind. Wie weit der Gesetzgeber die für den jeweils geschützten Lebensbereich wesentlichen Leitlinien selbst bestimmen muss, lässt sich dabei nur mit Blick auf den Sachbereich und die Eigenart des Regelungsgegenstandes beurteilen. Aus der Zusammenschau mit dem Bestimmtheitsgrundsatz ergibt sich, dass die gesetzliche Regelung desto detaillierter ausfallen muss, je intensiver die Auswirkungen auf die Grundrechtsausübung der Betroffenen sind. Die erforderlichen Vorgaben müssen sich dabei nicht ohne weiteres aus dem Wortlaut des Gesetzes ergeben; vielmehr genügt es, dass sie sich mit Hilfe allgemeiner Auslegungsgrundsätze erschließen lassen, insbesondere aus dem Zweck, dem Sinnzusammenhang und der Vorgeschichte der Regelung (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12, juris Rn. 182).

Nach diesen Maßstäben begegnet es auch unter Berücksichtigung der erheblichen Eingriffsintensität keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, dass die Regelung des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG als offene Generalklausel ausgestaltet ist. Regelungsziel ist es, den Infektionsschutzbehörden bzw. über den Verweis in § 32 Satz 1 IfSG dem Verordnungsgeber ein möglichst breites Spektrum an geeigneten Schutzmaßnahmen zu eröffnen. Denn die Bandbreite an Schutzmaßnahmen, die bei Auftreten einer übertragbaren Krankheit in Frage kommen können, lässt sich im Vorfeld nicht abschließend bestimmen. Der Sinn gefahrenabwehrrechtlicher Generalklauseln besteht gerade darin, auf kaum bzw. schwer vorhersehbare – in diesem Sinne atypische, weil nicht abschließend in typisierenden Standardbefugnissen abbildbare – Gefahrenlagen reagieren zu können. Das behördliche Ermessen wird dadurch beschränkt, dass es sich um „notwendige“ Schutzmaßnahmen handeln muss, nämlich Maßnahmen, die zur Verhinderung der (Weiter-)Verbreitung der Krankheit geboten sind, so dass dem Ermessen durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz von vornherein Grenzen gesetzt sind.“

Diese Ausführungen macht sich der beschließende Senat für den vorliegenden Kontext zu eigen. Vor diesem Hintergrund geht er auch nicht davon aus, dass sich diese Rechtslage durch die Ergänzung des Infektionsschutzgesetzes durch den neuen § 28a IfSG in dem Sinne verschlechtert hätte, dass es nunmehr keine hinreichende gesetzliche Grundlage für die betreffenden Landesverordnungen mehr gäbe (ebenso OVG Hamburg, Beschl. v. 2.2.2021, 5 Bs 217/20, juris Rn. 7).

cc) Die Anordnung des Wechselunterrichts gemäß § 23 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EindämmungsVO ist entgegen der mit der Beschwerde vorgetragenen Ansicht der Antragstellerin auch eine notwendige – d.h. im konkreten Fall verhältnismäßige (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 23.4.2021, 13 MN 212/21, juris Rn. 47) und insoweit ermessensfehlerfrei angeordnete – Schutzmaßnahme. Sie dient einem legitimen Zweck und ist im Bündel mit anderen Schutzmaßnahmen ein geeigneter, erforderlicher und angemessener Baustein zur Eindämmung des derzeitigen Infektionsgeschehens.

(1) Sie dient einem legitimen Zweck, der gesetzlich durch § 28a Abs. 3 IfSG konkretisiert wird:

Gemäß § 28a Abs. 3 Satz 1 IfSG sind Entscheidungen über Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) nach § 28a Abs. 1 Satz 1 IfSG i.V.m. § 28 Abs. 1 IfSG, nach § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 IfSG und den §§ 29 bis 32 IfSG insbesondere an dem Schutz von Leben und Gesundheit und der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems auszurichten; dabei sind absehbare Änderungen des Infektionsgeschehens durch ansteckendere, das Gesundheitssystem stärker belastende Virusvarianten zu berücksichtigen. Die Schutzmaßnahmen sollen unter Berücksichtigung des jeweiligen Infektionsgeschehens regional bezogen auf die Ebene der Landkreise, Bezirke oder kreisfreien Städte an den Schwellenwerten nach Maßgabe des § 28a Abs. 3 Satz 4 bis 12 IfSG ausgerichtet werden, soweit Infektionsgeschehen innerhalb eines Landes nicht regional übergreifend oder gleichgelagert sind (§ 28a Abs. 3 Satz 2 IfSG). Maßstab für die zu ergreifenden Schutzmaßnahmen ist insbesondere die Anzahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 je 100 000 Einwohnern innerhalb von sieben Tagen (§ 28a Abs. 3 Satz 4 IfSG). Bei Überschreitung eines Schwellenwertes von über 50 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen sind umfassende Schutzmaßnahmen zu ergreifen, die eine effektive Eindämmung des Infektionsgeschehens erwarten lassen (§ 28a Abs. 3 Satz 5 IfSG). Schutzmaßnahmen nach § 28a Abs. 1 Satz 1 IfSG i.V.m. § 28 Abs. 1 IfSG, nach § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 IfSG und den §§ 29 bis 31 IfSG können gemäß § 28a Abs. 6 Satz 1 IfSG auch kumulativ angeordnet werden, soweit und solange es für eine wirksame Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) erforderlich ist.

Das Abstellen des Gesetzgebers auf die Sieben-Tage-Inzidenz als geeigneten Indikator für das Infektionsgeschehen stellt jedenfalls nach der summarischen Prüfung im Eilverfahren keine klar ersichtliche Überschreitung seiner Einschätzungsprärogative dar (vgl. hierzu im Zusammenhang mit § 28b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 IfSG näher BVerfG, Beschl. v. 5.5.2021, 1 BvR 781/21 u.a., Rn. 40 – abrufbar unter www.bundesverfassungsgericht.de).

Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt in Hamburg wie ausgeführt deutlich über 50 (Stand 7.5.2021: 78,1), auch wenn sie in den vergangenen Tagen in Hamburg unter 100 gefallen ist. Somit ist die Schwelle zur höchsten Maßnahmenstufe gemäß § 28a Abs. 3 Satz 5 IfSG, die das Ergreifen umfassender Schutzmaßnahmen zur effektiven Eindämmung des Infektionsgeschehens vorsieht, nach wie vor ganz erheblich überschritten. Auch das RKI schätzt aufgrund der anhaltend hohen Fallzahlen die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland insgesamt nach wie vor als sehr hoch ein (vgl. „Täglicher Lagebericht des RKI zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19)“, Stand: 6.5.2021, abrufbar auf der Webseite des RKI).

(2) Die Anordnung des Wechselunterrichts ist zur Eindämmung des Infektionsgeschehens auch geeignet. Eine Maßnahme ist bereits dann geeignet, wenn durch sie die Erreichung des legitimen Ziels gefördert wird; die Möglichkeit der Zweckerreichung genügt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.4.1997, 2 BvL 45/92, BVerfGE 96, 10, juris Rn. 61; Beschl. v. 5.5.2021, 1 BvR 781/21 u.a., Rn. 36 – abrufbar unter www.bundesverfassungsgericht.de).

Die Antragsgegnerin besitzt einen Einschätzungsspielraum bei der Beurteilung der tatsächlichen Verhältnisse, der etwa erforderlichen Prognosen und der Wahl der Mittel, um das Ziel der Eindämmung des Infektionsgeschehens zu erreichen (vgl. BVerfG, Urt. v. 5.11.2019, 1 BvL 7/16, BVerfGE 152, 68, juris Rn. 166). Angesichts der im fachwissenschaftlichen Diskurs im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie auftretenden Ungewissheiten überschreitet sie diesen Spielraum nicht, wenn sie bei mehreren vertretbaren Auffassungen einer den Vorzug gibt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 13.05.2020, 1 BvR 1021/20, juris Rn. 10; OVG Hamburg, Beschl. v. 15.1.2021, 1 Bs 237/20, juris Rn. 69) und zur Gefahrenabwehr bereits tätig wird, bevor die Tatsachengrundlage in der Wissenschaft als gesichert angesehen wird (VGH München, Beschl. v. 15.2.2021, 20 NE 21/411, juris Rn. 28; vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 5.5.2021, a.a.O.). Eine Überschreitung dieses Einschätzungsspielraums liegt im vorliegenden Fall nicht vor:

Der Wechselunterricht mit halbierten Klassen reduziert Sozialkontakte von Schülerinnen und Schülern sowie Lehrerinnen und Lehrern und so die Übertragungsmöglichkeiten von SARS-CoV-2. Soweit die Antragstellerin dagegen unter Bezugnahme auf mehrere Studien, wissenschaftliche Stellungnahmen und Artikel vorträgt, die Schulen seien keine „Treiber der Pandemie“ und nur in geringem Maße am Infektionsgeschehen beteiligt, so legt sie damit nicht dar, dass die Bewertung der Maßnahmeneignung durch die Antragsgegnerin nicht mehr von deren Einschätzungsspielraum gedeckt ist. Zu einem Konzept umfassender Schutzmaßnahmen zur effektiven Eindämmung des Infektionsgeschehens trägt die Reduzierung von Sozialkontakten auch in solchen Einrichtungen bei, die nicht in herausgehobener, sondern nur in sonstiger Weise am Infektionsgeschehen beteiligt sind (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 19.4.2021, OVG 3 S 26/21, juris Rn. 7; VGH Kassel, Beschl. v. 24.3.2021, 8 B 470/21, juris Rn. 45). Es ist weder dargelegt worden noch sonst ersichtlich, dass die Antragsgegnerin nicht in zumindest vertretbarer Weise davon ausgehen durfte, dass Schulen auch am Infektionsgeschehen beteiligt sind und Einschränkungen des Präsenzunterrichts zu einer Eindämmung des Pandemiegeschehens beitragen können (vgl. auch OVG Münster, Beschl. v. 11.3.2021, 13 B 250/21.NE, juris Rn. 17 ff.). Vielmehr hat insbesondere das gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1 IfSG zur Erstellung von Richtlinien, Empfehlungen, Merkblättern und sonstigen Informationen berufene RKI in einem im April 2021 veröffentlichten Beitrag zur „Epidemiologie von COVID-19 im Schulsetting“ zusammenfassend ausgeführt (Epidemiologisches Bulletin 13/2021, 1.4.2021, S. 34 f., abrufbar auf der Webseite des RKI www.rki.de):

„Zusammenfassend legen die vorgestellten Daten und die genannten obigen Studien nahe, dass SuS eher nicht als „Motor“ eine größere Rolle spielen, aber dass die Häufigkeit in einer engen Beziehung zur Inzidenz in der Gesamtbevölkerung steht. Auftretende Ausbrüche sind im Regelfall im beobachteten Zeitraum klein und etwa die Hälfte beschränkt sich auf die Jahrgänge oder Klassen. Die Ausbruchsgröße scheint eher unabhängig von der dominierenden Altersgruppe zu sein, bezogen auf die Zahl der SuS in den Altersgruppen ist aber das Risiko, in einen Ausbruch involviert zu sein, bei den 6- bis 10-Jährigen am kleinsten. Hilfreich ist die Erkenntnis, dass LuL eine vielleicht wichtigere Rolle zu spielen scheinen als die SuS, v. a. im Vergleich zu der jüngsten Altersgruppe. Daher sollten etwaige Maßnahmen (Schließungen/Wiedereröffnungen) unbedingt in den Kontext der regionalen Gesamtinzidenz in der Bevölkerung gesetzt werden, und in der Reihenfolge nach Altersgruppen priorisiert erfolgen. Für ältere Altersgruppen erscheinen die möglichen Beschulungsmodelle mit Reduktion der SuS im Präsenzunterricht (z. B. Wechselunterricht, Hybridunterricht) eine gute Option, um die räumliche Distanz zwischen Anwesenden sowie die Gesamtzahl potenziell exponierter Personen zu reduzieren.

Die Variante B.1.1.7 und andere VOC stellen neue Herausforderungen dar. Die bisherige Datengrundlage zu Altersunterschieden in Suszeptibilität und Übertragbarkeit bei der neuen Variante im Vergleich zu anderen Varianten ist zwar noch limitiert, allerdings weisen die bisherigen Daten darauf hin, dass mindestens die VOC B.1.1.7 leichter übertragbar ist. Diese leichtere Übertragbarkeit scheint auf alle Altersgruppen zuzutreffen, inklusive Kinder und Jugendliche. Das könnte bei einer Ausbreitung ansteckungsfähigerer Varianten bedeuten, dass Schulen einen größeren Beitrag zum Infektionsgeschehen spielen könnten, was wiederum bei den Überlegungen zu Öffnungen berücksichtigt werden sollte.“

Nach diesen plausiblen Ausführungen sind die Schulen zwar nicht in größerem Umfang, aber jedenfalls auch am derzeitigen Infektionsgeschehen beteiligt und kann die Reduktion des Präsenzunterrichts, insbesondere im Hinblick auf die potenziell höhere Übertragbarkeit von Virusvarianten, eine Maßnahme zur Reduzierung von Infektionsmöglichkeiten sein.

(3) Die Anordnung des Hybridunterrichts ist zur Eindämmung des Infektionsgeschehens auch erforderlich. Die Erforderlichkeit, bei deren Beurteilung die Antragsgegnerin ebenfalls einen Einschätzungsspielraum besitzt, ist erst dann zu verneinen, wenn ein gleich wirksames, die betroffenen Rechte weniger beeinträchtigendes Mittel zur Verfügung steht, um den verfolgten Zweck zu erreichen. Mildere Mittel als der Wechselunterricht mit der gleichen Wirksamkeit bei der Eindämmung des Infektionsgeschehens liegen nach den Erkenntnismöglichkeiten des vorliegenden Eilverfahrens jedenfalls nicht auf der Hand. Die Antragsgegnerin verlässt insbesondere ihren Einschätzungsspielraum nicht, wenn sie zum derzeitigen Zeitpunkt die Reduzierung von Sozialkontakten zwischen Schulangehörigen als wirksameres Mittel bei der Pandemieeindämmung ansieht als Hygienemaßnahmen und Testungen im vollen Präsenzunterricht (vgl. auch OVG Schleswig, Beschl. 3 MR 14/21 v. 11.3.2021, juris Rn. 18).

(4) Die Anordnung des Wechselunterrichts ist schließlich auch angemessen.

Die Beschränkungen betreffen zunächst ein – hier unterstelltes – einfachgesetzliches Recht auf Beschulung im Präsenzunterricht. Der beschließende Senat berücksichtigt in der Abwägung zugunsten der Antragstellerin zudem die teilweise erheblichen Auswirkungen der Homeschooling-Situation auf die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) der davon betroffenen Schülerinnen und Schüler und ihrer Familien (so BVerfG, Beschl. v. 9.6.2020, 1 BvR 1230/20, NVwZ 2020, 1040, juris Rn. 17; vgl. OVG Schleswig, Beschl. 3 MR 14/21, v. 11.3.2021, juris Rn. 19) und auf deren psychisches Wohlbefinden (auf die sich auch die Antragstellerin, insbesondere unter Bezugnahme auf die anschaulichen Schilderungen in der eidesstattlichen Versicherung ihrer Mutter vom 15. April 2021, beruft), obgleich diese Belastungen lediglich mittelbare Folge der Einschränkung des Präsenzunterrichtsangebots sind. Die Intensität der Beeinträchtigung beider Rechte wird indes durch den vorübergehenden Charakter der Maßnahme verringert, die von vornherein nur zur Eindämmung der gegenwärtigen Pandemielage gelten soll (vgl. auch VGH München, Beschl. v. 15.2.2021, 20 NE 21/411, juris Rn. 23). Außerdem werden die Beeinträchtigungen weiter durch die Distanz-Beschulung anhand eines Wochenarbeitsplans und durch das Notbetreuungsangebot der Schule abgemildert, auch wenn diese Angebote in Intensität und Umfang hinter einem vollen Präsenzunterricht zurückbleiben.

Die so gewichteten Beeinträchtigungen werden unter Berücksichtigung des aktuell zwar im Vergleich zu den vorangehenden Wochen abgeschwächten, aber immer noch sehr hohen Infektionsgeschehens von den gravierenden Folgen einer Infektion mit SARS-Co-2 für Leib und Leben (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) zahlreicher schwer erkrankter Personen überwogen (vgl. im Ergebnis auch BVerfG, a.a.O., Rn. 19; OVG Schleswig, Beschl. v. 13.11.2020, 3 MR 61/20, juris Rn. 42). In diesem Zusammenhang fällt nicht ausschlaggebend ins Gewicht, dass junge Menschen nach derzeitigen Erkenntnissen nach wie vor zu den weniger durch eine COVID-19-Erkrankung gefährdeten Personengruppen gehören, obgleich auch bei ihnen schwere Verläufe der Erkrankung vorkommen. Denn Zielrichtung der Eindämmungsmaßnahmen ist die Verlangsamung der Ausbreitung der Corona-Pandemie und nicht allein der Schutz der betroffenen Schülerinnen und Schüler. Zur Erreichung dieses Ziels darf die Antragsgegnerin Regelungen treffen, die auch den vermutlich gesünderen und weniger gefährdeten Menschen in gewissem Umfang Freiheitsbeschränkungen abverlangen, um stärker gefährdete Menschen zu schützen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 13.05.2020, 1 BvR 1021/20, juris Rn. 9).

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 und 2 GKG. Der hiernach für das Hauptsacheverfahren festzusetzende Auffangwert von 5.000 EUR war im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht zu reduzieren, da der Antrag auf eine Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet ist.