OLG Hamburg, Beschluss vom 05.03.2021 - 2 W 50/20
Fundstelle
openJur 2021, 21688
  • Rkr:
Tenor

1. Auf die Beschwerde der Standesamtsaufsicht wird der Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 9.3.2020 dahingehend abgeändert, dass der Geburtseintrag für das Kind F... F... dahingehend berichtigt wird, dass zwischen dem Vornamen und dem Familiennamen des Kindes der Vatersname „F...“ eingetragen wird. Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

2. Kosten und Auslagen für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben, außergerichtliche Kosten nicht erstattet.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Die Antragsteller sind Eltern des am ....2018 geborenen Beteiligten zu 5.). Sie sind verheiratet und führen den Namen F... als Familiennamen. Die Antragstellerin verfügt über die deutsche Staatsangehörigkeit, der Antragsgegner über die russische Staatsangehörigkeit. Das Kind ist sowohl deutscher als auch russischer Staatsangehöriger.

Durch Anzeige vom 23.10.2018 gegenüber dem Standesamt bestimmten die Eltern den Vornamen des Kindes mit F.... Angaben zum Vatersnamen enthielt die Anzeige nicht.

Beide Eltern führen jeweils neben ihrem Vor- und Familiennamen noch ihren Vatersnamen.

Der Beteiligte zu 5.) wurde am 2.11.2018 mit dem Vornamen F... und dem Geburtsnamen F... in das Geburtsregister eingetragen.

Am 6.12.2018 beantragten die Antragsteller zur Niederschrift auf der Geschäftsstelle des Amtsgerichts, für das Kind im Geburtsregister einen Vatersnamen zwischen dem Vor- und Familiennamen einzufügen. Hinsichtlich der Schreibweise dieses Namens haben die Antragsteller zuletzt beantragt, dass der Namen „F...“ als Vatersname eingetragen wird. Sie stützten ihren Antrag zunächst auf § 48 PStG, weil die Eintragung des Vatersnamens bereits ursprünglich hätte vorgenommen werden müssen, versehentlich aber unterblieben sei. Das Geburtsregister sei daher zu berichtigen. Am 3.12.2019 wählten die Antragsteller durch Erklärung gegenüber dem Standesamt die Anwendung des russischen Rechts auch für den Vatersnamen. Das Standesamt lehnte eine Eintragung des Vatersnamens in das Geburtsregister ab. Die Eltern beantragen nunmehr, das Standesamt gem. § 49 PStG anzuweisen, die Eintragung des Vatersnamen in das Geburtsregister vorzunehmen. Jedenfalls die von ihnen vorgenommene Rechtswahl führe zur Anwendung des russischen Rechts auf den Vatersnamen. Dieser sei daher in das Geburtsregister einzutragen. Die Eintragung des Vatersnamens im Geburtsregister sei deswegen erforderlich, weil eine Übernahme des Vatersnamens in den russischen Pass für das Kind nur möglich sei, wenn ein solcher zuvor im deutschen Geburtsregister eingetragen sei. Die Eintragung des Vatersnamen als zweiter Vorname genüge nicht, weil es sich bei dem Vatersnamen eben um keinen zweiten Vornamen handele.

Das Standesamt ebenso wie die Standesamtsaufsicht treten dem Antrag entgegen. Der Name des Kindes richte sich gem. Art. 10 Abs. 1 EGBGB nach deutschem Recht. Das deutsche Namensrecht kenne aber keinen Vatersnamen. Daran habe die durchgeführte Rechtswahl der Eltern nichts geändert. Die Rechtswahlmöglichkeit des Art. 10 Abs. 3 EGBGB beziehe sich allein auf den Familiennamen, nicht aber auf den Vatersnamen.

Das Amtsgericht hat dem Antrag mit Beschluss vom 9.3.2020, der Standesamtsaufsicht am 18.3.2012 zugestellt, stattgegeben und das Standesamt angewiesen, die begehrte Eintragung des Vatersnamens vorzunehmen. Es könne dahingestellt bleiben, ob die Rechtswahlmöglichkeit des Art. 10 Abs. 3 EGBGB auch den Vatersnamen erfasse. Denn jedenfalls sei die Eintragung vorzunehmen, um eine unzumutbare Härte zu vermeiden. Die russischen Heimatbehörden des Kindes würden sich weigern, den Vatersnamen in den russischen Pass des Kindes aufzunehmen, weil dieser nicht im deutschen Geburtsregister eingetragen sei.

Mit am 16.4.2020 beim Amtsgericht eingegangenem Schriftsatz legt die Standesamtsaufsicht gegen diese Entscheidung des Amtsgerichts Beschwerde ein, der das Amtsgericht nicht abgeholfen hat. Die Standesamtsaufsicht meint, dass eine unzumutbare Härte nicht vorliege. Der Vatersname des Kindes könne ohne weiteres als zweiter Vorname in das Geburtsregister aufgenommen werden. Dann werde er auch in den russischen Pass übertragen. Eine Rechtswahl nach Art. 10 Abs. 3 EGBGB in Bezug auf den Vatersnamen sei nicht möglich. Die Rechtswahlmöglichkeit nach Art. 10 Abs. 3 EGBGB beziehe sich allein auf den Familiennamen. Der Vatersname russischen Rechts sei aber kein Familienname. Er leite sich vom Vornamen des Vaters ab und werde an die nächste Generation nicht weitergegeben. Der Gesetzgeber habe die Rechtswahlmöglichkeit bewusst auf den Familiennamen beschränkt.

Nach Hinweis des Senats auf die bislang mangels öffentlicher Beglaubigung unwirksame Rechtswahl der Antragsteller haben die Antragsteller am 10.2.2021 erneut, nunmehr in öffentlich beglaubigter Form, die Anwendung des russischen Rechts auf die Namensführung des Kindes gewählt.

II.

Die gem. §§ 51 Abs. 1 S. 1, 53 Abs. 2 PStG i.V.m. §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde der Standesamtsaufsicht ist teilweise begründet.

Das Amtsgericht hat zu Recht die Eintragungsfähigkeit des Vatersnamens angenommen (1.). Die Eintragung in das Geburtsregister ist vorliegend aber im Wege der Berichtigung nach § 48 PStG und nicht durch Anweisung nach § 49 PStG vorzunehmen (2.).

1.

Aufgrund der wirksam nach Art. 10 Abs. 3 EGBGB getroffenen Rechtswahl trägt das Kind den Vatersnamen „F...“. Zwar richtet sich das Namensrecht des Kindes im Ausgangspunkt nach deutschem Recht (a.), die Eltern haben aber wirksam die Anwendung des russischen Namensrecht auf den Familiennamen gewählt (b.) und diese Rechtswahl erfasst auch den Vatersnamen nach russischem Recht (c.).

a)

Das Namensrecht des Kindes richtet sich im Ausgangspunkt nach deutschem Recht. Gem. Art. 10 Abs. 1 EGBGB unterliegt der Name einer Person dem Recht des Staates, der die Person angehört. Da das Kind gem. § 4 Abs. 1 S. 1 StAG aufgrund der deutschen Staatsangehörigkeit der Antragstellerin ebenfalls die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, findet auf das Namensrecht des Kindes das deutsche Sachrecht Anwendung. Daran ändert die parallel bestehende russische Staatsangehörigkeit des Kindes nichts, weil gem. Art. 5 Abs. 1 S. 2 EGBGB bei doppelter Staatsangehörigkeit die deutsche Staatsangehörigkeit vorgeht.

Das deutsche Namensrecht kennt keinen Vatersnamen, sondern lediglich den Vor- und Familiennamen einer Person. Dabei enthält das deutsche Namensrecht keine gesetzliche Definition des Vor- noch des Familiennamens (BeckOGK-BGB/Kienemund, Stand 01.08.2020, § 1616 Rn. 19, 26). Inhaltlich beruhen die Regelungen zum Familiennamen auf dem Prinzip, dass sich der vom Kind zum Zeitpunkt seiner Geburt zu führende Familienname (der sogn. Geburtsname, vgl. § 1355 Abs. 6 BGB) von dem Familiennamen seiner Eltern ableitet (§§ 1616, 1617 BGB). Der Familienname wiederum kann durch spätere Heirat des Kindes von einem dann zu bestimmenden Ehenamen als neuem Familiennamen abgelöst werden (vgl. § 1355 BGB). Auch der Ehename kann allerdings nicht frei gewählt werden, sondern leitet sich gem. § 1355 BGB von dem Familiennamen eines der beiden Ehegatten ab. Demgegenüber unterliegt die Bildung des Vornamens einer Person nach deutschem Recht keinen speziellen gesetzlichen Regelungen. Als Ausdruck der Individualität einer jeden Person kann er vielmehr bis zur Grenze der Kindeswohlgefährdung von den Eltern für ihr Kind frei bestimmt werden (Staudinger/Coester, Neubearbeitung 2020, Vorb. zu den §§ 1616 – 1625 Rn. 20). Die von den Antragstellern gewünschte Eintragung eines Vatersnamens des Kindes, der sich vom Vornamen des Kindes ableitet, kennt das deutsche Namensrecht daher nicht. Auch das deutsche Registerrecht sieht einen solchen Namensbestandteil nicht vor, weil § 21 Abs. 3 PStG nur die Eintragung des Vor- und Geburtsnamens des Kindes in das Geburtsregister vorsieht.

b)

Die Eltern haben aber aufgrund ihrer Rechtswahl wirksam das russische Recht als für den Familiennamen maßgebliches Sachrecht gewählt.

Nach Art. 10 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB kann der Inhaber der elterlichen Sorge gegenüber dem Standesamt bestimmen, dass sein Kind den Familiennamen nach dem Recht eines Staates erhalten soll, dem ein Elternteil angehört. Hier haben die Antragsteller gegenüber dem Standesamt erklärt, dass sich der Familienname des Kindes nach russischem Recht richten soll, dem Heimatrecht des Vaters. Diese Rechtswahl haben die Antragsteller wirksam ausgeübt. Sie sind zunächst in rechtlicher Hinsicht Eltern des Kindes und ihnen steht für das Kind auch die elterliche Sorge zu. Da das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat, richtet sich sowohl die Abstammung (Art. 19 Abs. 1 S. 1 bzw. S. 3 EGBGB) als auch die elterliche Sorge (Art. 16 KSÜ) nach deutschem Recht. Danach ist die Antragstellerin Mutter des Kindes, weil sie das Kind geboren hat (§ 1591 BGB) und der Antragsteller ist Vater des Kindes, weil er mit der Mutter zum Zeitpunkt der Geburt verheiratet war (§ 1592 Nr. 1 BGB). Ihnen steht die elterliche Sorge für das Kind gemeinsam zu, weil sie miteinander verheiratet sind (§ 1626 BGB). Soweit sich die Abstammung des Kindes auch nach dem Heimatrecht des Vaters richtet (Art. 19 Abs. 1 S. 2 EGBGB), folgt hieraus nichts anderes, weil auch das russische Recht den Mann dem Kind als Vater zuordnet, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter verheiratet war (Art. 48 des russischen Familiengesetzbuches vom 29.12.195 (folgend russ. FGB, abgedruckt bei Bergmann/Ferid/Lorenz, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, russische Förderation, Stand 20.6.2019). Die Antragsteller haben gegenüber dem Standesamt auch in öffentlich beglaubigter Form bestimmt, dass sich der Familienname einschließlich des Vatersnamen nach russischem Recht richten soll. Diese Rechtswahl ist, anders als noch bis zum Inkrafttreten des Kindschaftsrechts-Reformgesetz vom 16.12.1994 (BGBl. I 2942), auch nach der Geburt des Kindes möglich, setzt nur anders als vor der Geburt die öffentliche Beglaubigung voraus. Eine Rück- oder Weiterverweisung findet im Falle der Rechtswahl nach Art. 10 Abs. 3 EGBGB nicht statt, weil es sich um eine Sachnormverweisung gem. Art. 4 Abs. 2 S. 1 EGBGB handelt (MüKo-BGB/Lipp, 8. Auflage 2020, Art. 10 EGBGB Rn. 147).

c)

Die Wahl des russischen Rechts führt dazu, dass das Kind den Vatersnamen nach russischem Recht trägt (aa), weil sie sich auch auf den Vatersnamen erstreckt (bb).

aa)

Gem. Art. 58 Abs. 1 des russ. FGB hat jedes Kind einen Anspruch auf einen Vornamen, Vatersnamen und Familiennamen. Der Vorname wird dem Kind im Einvernehmen der Eltern gegeben, der Vatersname wird nach dem Vornamen des Vaters verliehen und der Familienname nach dem Familiennamen entweder der Mutter oder des Vaters je nach Wahl der Eltern (Art. 58 russ. FGB). Das russische Namensrecht behandelt damit den Vor- und Familiennamen strukturell dem Vor- und Familiennamen deutschen Rechts gleich. Der Vorname wird individuell gebildet und der Familiennamen des Kindes leitet sich von dem Familiennamen seiner Eltern ab. Anders als das deutsche Recht kennt das russische Namensrecht aber noch den Vatersnamen als vom Vornamen des Vaters abgeleiteten weiteren Namensbestandteil.

bb)

Die Rechtswahl nach Art. 10 Abs. 3 EGBGB erstreckt auch auf den Vatersnamen nach russischem Recht. Art 10 Abs. 3 EGBGB ermöglicht eine Rechtswahl allerdings nicht bezüglich des Namensrechts insgesamt, sondern lediglich in Bezug auf den Familiennamen. Der Begriff des Familiennamens i.S.d. Art. 10 Abs. 3 EGBGB erfasst aber auch den Vatersnamen nach russischem Recht. Diese Frage ist allerdings umstritten. Das OLG Dresden lehnt eine Einbeziehung des Vatersnamen in den Anwendungsbereich des Art. 10 Abs. 3 EGBGB ab (OLG Dresden v. 5.4.2017, 3 W 214/17, StAZ 2018, 155). Bei dem Vatersnamen nach russischem Recht handele es sich schon deswegen nicht um einen Familiennamen i.S.d. Art. 10 Abs. 3 EGBGB, weil sich der Vatersname nicht vom Familiennamen der Eltern, sondern dem Vornamen des Vaters ableite und auch nicht generationsübergreifend weitergegeben werde. Ihm würden daher wesentliche Merkmale eines Familiennamens fehlen (OLG Dresden v. 5.4.2017, 3 W 214/17, StAZ 2018, 155). Die Gegenauffassung sieht auch den Vatersnamen als der Rechtswahl zugänglichen Familiennamen i.S.d. Art. 10 Abs. 3 EGBGB an (Fachausschuss der Standesämter, Stellungnahme Nr. 3566 vom 11./12.11.1999, StAZ 2000, 220, Staudinger/Hausmann, Neubearbeitung 2019, Art. 10 EGBGB Rn. 389). Der Begriff des Familiennamens i.S.d. Art. 10 Abs. 3 EGBGB erfasse all diejenigen Namensbestandteile, die die Zugehörigkeit des Kindes zu seinen Eltern oder zu seiner Familie zum Ausdruck bringen. Dies gelte nach russischem Recht sowohl für den Familiennamen als auch den Vatersnamen.

Der Senat folgt der zweiten Ansicht. Ausgangspunkt ist, dass der in Art. 10 Abs. 3 EGBGB verwendete Begriff des Familiennamens rein kollisionsrechtlich (autonom) zu bestimmen ist (BGH v. 9.5.2018, XII ZB 47/17, StAZ 2018, 280, FamRZ 2018, 1245 Rn. 10). Aus dem Umstand, dass der Familienname deutschen Sachrechts keinen dem Vatersnamen russischen Rechts entsprechenden Namensbestandteil kennt, folgt nicht der Schluss, dass der Vatersname russischen Rechts nicht von Art. 10 Abs. 3 EGBGB erfasst wäre. Ob der in Art. 10 Abs. 3 EGBGB verwendete Begriff des Familiennamens nur den Familiennamen nach deutschem Sachrechtsverständnis erfasst, ist vielmehr durch eine Auslegung dieser Kollisionsnorm gerade erst zu ermitteln. Dies ist aber nicht der Fall. Der Wortlaut der Norm steht der Einordnung des Vatersnamens als Familienname nicht entgegen, er spricht vielmehr für die Einbeziehung auch des Vatersnamens russischen Rechts in den Anwendungsbereich des Art. 10 Abs. 3 EGBGB. Denn nicht nur der Familienname, sondern (auch) der Vatersname russischen Rechts bringt die familiäre Zugehörigkeit des Kindes zu einem bestimmten Mann als seinem Vater zum Ausdruck, kann also durchaus als Name der Familie väterlicherseits und damit als Familienname verstanden werden. Unerheblich ist es dabei, dass sich der Vatersname vom Vornamen des Vaters ableitet und nicht generationsübergreifend weitergegeben wird (a.A. OLG Dresden v. 5.4.2017, 3 W 214/17, StAZ 2018, 155), denn dies ändert an seiner Funktion, die familiäre Verbundenheit auszudrücken, nichts. Die Grenze des Wortlauts der Norm ist erst dann erreicht, wenn man Art. 10 Abs. 3 EGBGB auch auf solche Zwischennamen anwenden wollte, die rein individuell bestimmt werden (vgl. BGH v. 9.5.2018, XII ZB 47/17, StAZ 2018, 280 Rn. 10 zum Nachnamen nach australischem Recht und Fachausschuss Nr. 3774 vom 10.11.2005, StAZ 2006, 152 zum irakischen Recht). Denn dem rein individuell bestimmten Namen fehlt der nach dem Wortlaut des Art. 10 Abs. 3 EGBGB notwendige familiäre Bezug. Demgegenüber ist ein enges Verständnis des Familiennamens nicht angezeigt. Ein solches enges Verständnis lässt sich zunächst aus den Gesetzgebungsmaterialien jedenfalls nicht entnehmen. Der Gesetzgeber hat die Problematik der Vaters- oder generell Zwischennamen nach ausländischem Recht im Anwendungsbereich des Art. 10 Abs. 3 EGBGB vielmehr überhaupt nicht gesehen und Überlegungen hierzu damit auch nicht zum Gegensand seines Gesetzeswillens gemacht (vgl. S. 137 der Gesetzesbegründung zum KindRG v. 13.6.1996, BT-Drks. 13/4899). Der Sinn und Zweck des Art. 10 Abs. 3 EGBGB spricht für eine Einbeziehung des Vatersnamens in den Anwendungsbereich dieser Norm. Art. 10 Abs. 3 EGBGB will dem Kind ermöglichen, seinen Familiennamen nach dem Namensrecht eines beliebigen Heimatrechts seiner Eltern zu bilden. Damit trägt der Gesetzgeber dem schutzwürdigen Interesse der Kinder binationaler Eltern Rechnung, ihre familiäre Verbundenheit namensrechtlich über die freie Wahl eines ihrer Heimatrechte zum Ausdruck bringen zu können. Dieser gesetzliche Sinn und Zweck würde aber verfehlt, wenn Art. 10 Abs. 3 EGBGB nicht alle nach dem gewählten Namensrecht relevanten Namensbestandteile erfassen würde, die nach dem gewählten Recht die familiäre Verbundenheit des Kindes zu seiner Familie ausdrücken. Das Ergebnis der von Art. 10 Abs. 3 EGBGB ermöglichten Rechtswahl bliebe unvollständig, wenn sich wie vorliegend im Ergebnis der Familienname zwar nach russischem Recht richten würde, der daneben nach russischem Recht weitere Vatersname aber nicht bzw. nur als zweiter Vorname getragen werden könnte. Dies berührt auch die schutzwürdigen Belange des Kindes. Aus den Regelungen des russischen Namensrechts ergibt sich, dass das Kind nur dann keinen Vatersnamen trägt, wenn die Mutter zum Zeitpunkt der Geburt weder verheiratet war noch Angaben zum Namen des Vaters im Rahmen der Eintragung in das Geburtenbuch gemacht hat (Art. 58, 51 russ. FGB). Dem Kind das Tragen des Vatersnamens bei Wahl des russischen Namensrechts zu verwehren, setzt ihm in seinem Heimatrechtskreis dem falschen Anschein aus, dass die Mutter zum Zeitpunkt der Geburt weder mit einem Mann verheiratet war noch in der Lage oder Willens war, einen Mann als Vater des Kindes zu benennen. Dies ist geeignet, das Ansehen des Kindes negativ zu beeinflussen, mindestens aber Nachfragen zu provozieren.

Der Vatersname russischen Rechts verstößt auch nicht gegen den Grundsatz des ordre public (Art. 6 EGBGB). Dies wäre nur dann der Fall, wenn der Vatersname russischen Rechts mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Namensrechts offensichtlich unvereinbar wäre. Das ist aber nicht anzunehmen (so auch BGH v. 26.04.2017, XII ZB 177/16, StAZ 2017, 270 Rn. 29 für den Mittelnamen dänischen Rechts). Das deutsche Recht setzt für einen bürgerlichen Namen zwingend einen Namensbestandteil voraus, der mit der Übertragbarkeit auf den Ehegatten und die Kinder die Aufgabe des Familiennamens erfüllen kann und einen anderen Namensteil, der als Vorname die Mitglieder einer Familie und allgemein die Träger des gleichen Familiennamens voneinander unterscheidbar macht (BGH v. 26.04.2017, XII ZB 177/16, StAZ 2017, 270 Rn. 29). Gegen diese Grundsätze des deutschen Namensrechts verstößt der Vatersname russischen Rechts als weitere Namensbestandteil neben dem Vor- und Familiennamen nicht. Auch die aus dem Tragen eines Vatersnamen folgenden Probleme bei der Registerdarstellung vermögen weder einen ordre public Verstoß zu begründen, noch sind sie überhaupt geeignet, der Rechtswahl entgegenzustehen. Denn das Registerrecht hat als dienendes Formalrecht dem Sachrecht zu folgen und nicht umgekehrt (BGH v. 26.04.2017, XII ZB 177/16, StAZ 2017, 270 Rn. 29).

d)

Der Vatersname ist auch in der von den Antragstellern gewünschten Form einzutragen. Gem. Art. 58 Nr. 2 S. 2 Russ. FGB wird der Vatersname nach dem Vornamen des Vaters verliehen. Der Vorname des Antragstellers lautet transliteriert F.... Der Vatersname wird sodann unter Hintanstellung des Suffix „ovič“ an diesen Vornamen gebildet, was dem Antrag entspricht (Himmelreich, Personennamen und Recht in Russland, Namenskundliche Informationen (NI), 2015, 244, 249).

2.

Die Eintragung des Vatersnamens in das Geburtsregister hat allerdings im Wege der Berichtigung nach § 48 PStG und nicht im Wege der Anordnung nach § 49 PStG zu erfolgen. Auf die Beschwerde der Standesamtsaufsicht war der Beschluss des Amtsgerichts daher entsprechend abzuändern.

Denn das Kind trägt nach dem aufgrund der Rechtswahl maßgeblichen russischem Namensrecht den Vatersnamen rückwirkend seit seiner Geburt, so dass der Geburtseintrag unrichtig ist und daher die Eintragung des Vatersnamens im Wege der Berichtigung nach § 48 PStG und nicht durch Anweisung nach § 49 PStG zu erfolgen hat. Zwar wirkt die Rechtswahl als solche nur ex nunc (BeckOGK-BGB/Kroll-Ludwigs, Stand 1.3.2020, Art. 10 EGBGB Rn. 54.1). Ob die aufgrund der Rechtswahl eintretende Namensänderung aber Rückwirkung bezogen auf den Zeitpunkt der Geburt entfaltet, bestimmt sich nach dem aufgrund der Rechtswahl zur Anwendung gelangendem Sachrecht (OLG Hamm v. 2.9.2010,15 Wx 213/10, StAZ 2011, 242 Rn. 18). Wirkt der Namenserwerb nach dem gewählten Sachrecht auf den Zeitpunkt der Geburt zurück, hat dies zur Folge, dass auch der Geburtseintrag von Anfang an unrichtig wird und damit die Eintragung im Wege der Berichtigung (§ 48 PStG) und nicht der Folgebeurkundung (§ 27 PStG) (und im Weigerungsfall auf Anordnung des Gerichts, § 49 PStG) vorzunehmen ist. Vorliegend kommt dem Namenserwerb nach russischem Recht Rückwirkung zu. Art. 58 und Art. 59 des russischen FGB differenzieren zwischen dem Namenserwerb einerseits und der Namensänderung andererseits. Das Kind hat nach Art. 58 Abs. 1 russisches FGB einen Anspruch auf einen Vornamen, Vatersnamen und Familienamen. Die Norm geht ersichtlich davon aus, dass dieser Anspruch als Namenserwerb ab Geburt des Kindes besteht. Demgegenüber sieht Art. 59 russ. FGB verschiedene Möglichkeiten der Eltern vor, den Vor- oder Familiennamen ihres Kindes später zu ändern. Aus dem Zusammenspiel beider Normen folgt, dass das Kind im Rahmen des Namenserwerbs nach Art. 58 russ. FGB die Namen und damit auch den Vatersnamen ab seiner Geburt erwirbt. Die nachträgliche Rechtswahl des russischen Namensrechts führt damit zu einer auf die Geburt des Kindes zurückwirkenden Namensänderung.

Dass die Eltern erstinstanzlich zuletzt keinen Berichtigungsantrag nach § 48 PStG, sondern einen Anordnungsantrag nach § 49 PStG gestellt haben und das Amtsgericht auch keine Berichtigung sondern eine Anordnung nach § 49 PStG ausgesprochen hat, ist unschädlich. Denn entscheidend ist das Rechtschutzbegehren der Antragsteller. Diese begehren aber eine Eintragung des Vatersnamens in das Geburtsregister, gleich ob dies unmittelbar auf Grundlage des § 48 PStG oder durch Anweisung nach § 49 PStG erfolgt. Das Gericht, und damit auch der Senat als Beschwerdegericht, ist befugt, innerhalb dieses Rechtschutzbegehrens der Antragsteller den hierfür registerrechtlich zulässigen Verfahrensweg zu wählen. Auf einen Antrag nach § 49 PStG kann das Gericht daher eine Berichtigung nach § 48 PStG aussprechen, wenn dies dem Rechtschutzziel des Antragstellers entspricht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 81 FamFG. Es entspricht der Billigkeit, keine Kosten zu erheben und die Erstattung außergerichtlicher Kosten nicht anzuordnen.

Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, weil der Senat von der Entscheidung des OLG Dresden ( v. 5.4.2017, 3 W 214/17, StAZ 2018, 155) abweicht.