Thüringer LSG, Urteil vom 30.04.2021 - L 1 U 577/20
Fundstelle
openJur 2021, 21115
  • Rkr:

1. Gesundheitsschäden aufgrund einer ärztlichen Behandlung sind auch dann mittelbare Unfallfolgen, wenn die Heilbehandlung zwar objektiv der Behebung eines nicht durch das Unfallereignis bedingten Leidens dient, der Verletzte aufgrund des Verhaltens eines Durchgangsarztes jedoch den Eindruck haben durfte, die Behandlung solle zur Behebung der durch einen Arbeitsunfall verursachten Gesundheitsschäden durchgeführt werden.

2. Befindet sich ein Versicherter nach einem Arbeitsunfall durchgehend in durchgangsärztlicher Behandlung, so entfällt eine Einstandspflicht nach § 11 Abs. 1 SGB 7 nur, wenn der Abbruch der durchgangsärztlichen Behandlung durch die Berufsgenossenschaft bewiesen wird.

3. Auch die Prüfung des Ursachenzusammenhangs zwischen einer Gesundheitsstörung und einer der nach § 11 Abs. 1 SGB 7 tatbestandlichen Maßnahme erfolgt nach der Theorie der wesentlichen Bedingung (vgl. BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 31/11 R = UV-Recht Aktuell 2012, 993).

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 12. März 2020 abgeändert, soweit es die Beklagte verpflichtet, der Klägerin Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu bewilligen. Insoweit wird die Klage abgewiesen.

Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 12. März 2020 zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass der Tenor des Urteils des Sozialgerichts Nordhausen vom 12. März 2020 wie folgt neu gefasst wird:

Der Bescheid der Beklagten vom 7. März 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Juni 2016 wird abgeändert und die Beklagte verpflichtet, als weitere Folge des Arbeitsunfalles vom 31. Januar 2014 eine Arthrofibrose des rechten Kniegelenks mit daraus resultierender fast kompletter Versteifung des rechten Kniegelenks, leichtem Spitzfuß und Einschränkungen der Beweglichkeit des rechten unteren Sprunggelenks, schmerzhafte Bewegungseinschränkung mit Schmerzsyndrom, einer Schwellneigung des rechten Beins und einer Gangstörung, festzustellen.

Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob als weitere Folge eines von der Beklagten als Arbeitsunfall anerkannten Ereignisses vom 31. Januar 2014 eine Arthrofibrose des rechten Kniegelenks anzuerkennen ist.

An diesem Tag rutschte die Klägerin beim Betreten ihrer Arbeitsstätte im Küchengang aus und fiel auf das rechte Bein. Der am gleichen Tag aufgesuchte Durchgangsarzt, der sachverständige Zeuge K, diagnostizierte eine Fibulaköpfchenfraktur rechts. Diese wurde in der Folgezeit konservativ behandelt. Der Durchgangsarzt verordnete am 3. Februar 2014 zu Lasten der Beklagten ein Cellarcare Genucast Größe L. Ein auf Veranlassung des Durchgangsarztes erstelltes MRT vom 7. März 2014 erbrachte den Nachweis einer dizlozierten Fibulaköpfchenfraktur mit deutlich begleitendem Knochenmarködem, einer Ruptur des lateralen Kollateralbandes mit Einblutung in die angrenzenden Weichteilstrukturen und eine oberflächliche Rissbildung im Hinterhorn des Innenmeniskus. Eine weitere Vorstellung beim Durchgangarzt erfolgte am 17. März 2014. Der Beratungsarzt der Beklagten L führte in einer Stellungnahme vom 23. April 2014 aus, dass ein geschlossener unverschobener Bruch des rechten Wadenbeinkopfes mit einer gedeckten Zusammenhangstrennung des äußeren Knieseitenbandes rechts und mit umschriebenen Einblutungen in den Weichmantel an der Außenrückseite des rechten Kniegelenks als Unfallfolge anzuerkennen seien. Mit einer Beendigung des Heilverfahrens Ende April 2014 sei zu rechnen. Am gleichen Tage erfolgte eine Arthroskopie des rechten Kniegelenks durch den sachverständigen Zeugen K. Diese erfolgte nicht zu Lasten der Beklagten, sondern der gesetzlichen Krankenversicherung der Klägerin. Vorgenommen wurde eine Plica Resektion und Knorpelglättung. Mit Bescheid vom 4. Juni 2014 übernahm die Beklagte die Zuzahlungen zu den ärztlichen Verordnungen vom 17. April 2014 und die Fahrtkosten zum arthroskopischen Eingriff am 23. April 2014. Zu Lasten der Beklagten erfolgte im Zeitraum vom 19. Juni bis 16. August 2014 eine berufsgenossenschaftliche stationäre Weiterbehandlung (BGSW). Nach Beendigung dieser Maßnahme verordnete ein weiterer Durchgangsarzt zu Lasten der Beklagten Schmerztabletten. In der Folgezeit stellte sich die Klägerin wegen weiterhin vorhandener Beschwerden im rechten Kniegelenk bei verschiedenen Durchgangsärzten vor. Auf Anforderung der Beklagten erstattete daraufhin der sachverständige Zeuge K am 10. Oktober 2014 einen Bericht. Darin führte er aus, dass er aufgrund der durchgeführten konservativen Therapie nach der Fibulaköpfchenfraktur vom 31. Januar 2014 und wegen des Nichterreichens des Behandlungszieles bis April 2014 von einem Kniebinnenschaden ausgegangen sei. Aus diesem Grund sei eine Arthroskopie des rechten Kniegelenks durchgeführt worden. Ein unfallbedingter Befund habe sich dabei nicht ergeben. Die Arthroskopie sei zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erfolgt. Die weiterhin bestehenden Beschwerden stünden in einem Zusammenhang mit dem Unfallereignis vom 31. Januar 2014. Im Auftrag der Beklagten erstellte der Unfallchirurg St am 30. November 2014 ein Gutachten. Darin riet er von weiteren operativen Eingriffen im Bereich des rechten Kniegelenks ab. Einen unfallbedingten Schaden als Ergebnis des Unfallereignisses vom 31. Januar 2014 sehe er nicht. Zumindest sei dieser nicht für das aktuelle ausgeprägte Bewegungsdefizit verantwortlich zu machen. Die unfallbedingte Fibulafraktur sei komplett zur Ausheilung gebracht worden. Am 2. Januar 2015 erfolgte durch den sachverständigen Zeugen K eine arthroskopische Arthrolyse und postoperativ der Einsatz einer CPM-Schiene mit Schmerzkatheder rechts. Ausweislich des Operationsberichts bestand die Indikation zur Operation wegen einer Arthrofibrose des rechten Kniegelenks. Daran schloss sich vom 5. Januar bis 7. Februar 2015 eine BGSW an.

Im Auftrag der Beklagten erstellten die Orthopäden und Unfallchirurgen M und Sch am 2. Oktober 2015 ein Zusammenhangsgutachten. Darin führen diese aus, dass die Innenmeniskopathie sowie die Veränderung in Form einer Plica mediopatellaris sowie des Knorpelschadens an der medialen Femurkondyle keine Folgen des Unfallereignisses vom 31. Januar 2014 darstellten. Sowohl die Wadenbeinfraktur als auch die Zusammenhangstrennung des Außenseitenbandes rechts seien zwischenzeitlich folgenlos verheilt. Ursache der aktuellen Bewegungseinschränkungen des rechten Kniegelenks sei das klinische Bild einer Arthrofibrose. Diese trete nach operativen Interventionen und seltener nach Traumatisierung des Gelenkbinnenraumes auf. Die Klägerin habe nach erstmaliger operativer Intervention im April 2014 eine ausgeprägte Kniegelenkssteife entwickelt. Die Arthrofibrose sei rechtlich wesentlich den Unfallfolgen bzw. deren Behandlung zuzurechnen. Betreffend der Behandlung sei dies seitens des medizinischen Sachverständigen nicht abschließend zu entscheiden. Ohne Zweifel seien bei der Operation im April 2014 auch unfallunabhängige Pathologien behandelt worden. Dieser Einschätzung widersprach der Beratungsarzt der Beklagten in einer Stellungnahme vom 1. Dezember 2014. Vor einer endgültigen Beurteilung müsse der Operationsbericht vom 23. April 2014 beigezogen werden. Dies erfolgte anschließend. In einer weiteren beratungsärztlichen Stellungnahme vom 16. Februar 2016 führte L aus, dass nach dem Operationsbericht vom 23. April 2014 ein unfallbedingter Kniebinnenschaden auszuschließen sei. Dem ausführlichen Operationsbericht ließen sich keinerlei Verletzungszeichen oder Residuen einer stattgehabten Verletzung entnehmen. Die unfallbedingte Behandlung der Versicherten sei am 17. April 2014 vom Durchgangsarzt beendet worden.

Daraufhin erkannte die Beklagte mit Bescheid vom 7. März 2016 das Ereignis vom 31. Januar 2014 als Arbeitsunfall mit der Folge einer Fraktur des rechten Wadenbeinköpfchens und einer Ruptur des Außenseitenbandes am rechten Kniegelenk unter folgenloser Ausheilung an. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit habe bis zum 17. April 2014 bestanden. Ein Anspruch auf Verletztengeld über diesen Tag hinaus bestehe nicht. Unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit habe ebenfalls bis zum 17. April 2014 bestanden. Für die danach erfolgende Behandlung könne eine Entschädigung nicht gewährt werden. Die Texturstörung am Innenmeniskus rechts, eine überentwickelte Schleimhautfalte im rechten Kniebinnenraum, ein Knorpelschaden am inneren Oberschenkelgelenkkörper und die Arthrofibrose im Bereich des rechten Kniegelenks seien nicht Folgen des Arbeitsunfalls. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Im Widerspruchsverfahren holte die Beklagte eine weitere beratungsärztliche Stellungnahme von L vom 26. April 2016 ein. Darin führte dieser aus, dass in den Operationen am 23. April 2014 und 2. Januar 2015 unfallfremde Veränderungen behandelt worden seien. Die Arthrofibrose habe sich erst nach dem operativen Eingriff am 23. April 2014 entwickelt. Da dort ausschließlich unfallfremde Veränderungen therapeutisch angegangen worden seien, bestehe kein Unfallzusammenhang. Durchgeführt worden sei allenfalls eine Übertherapie, durch die jedoch kein Schaden entstanden sei. Gestützt hierauf wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 14. Juni 2016 den Widerspruch der Klägerin zurück. Eine Zurechnung der Folgen der Operation am 23. April 2014 nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 und 3 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) als sogenannte mittelbare Unfallfolge scheide aus. Denn der behandelnde Durchgangsarzt habe das Heilverfahren zu Lasten der Unfallkasse am 17. April 2014 abgebrochen. Dies sei dem Krankenblatt eindeutig zu entnehmen. Die Einverständniserklärung zur Operation sei von der Klägerin in Kenntnis davon unterschrieben worden, dass Kostenträger die gesetzliche Krankenkasse sei. Auch auf dem ausgestellten Rezept für Clexane sei als Kostenträger die Krankenkasse eingetragen gewesen. Die Weiterverordnung von Physiotherapie sei zu Lasten der Krankenkasse erfolgt. Es könne daher nicht davon ausgegangen werden, dass zum Zeitpunkt der Durchführung der Operation am 23. April 2014 auch nur der Rechtsschein einer Behandlung zu Lasten der Unfallkasse erweckt worden sei.

Hiergegen hat die Klägerin vor dem Sozialgericht Nordhausen Klage erhoben. Auf Antrag der Klägerin hat das Sozialgericht nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) den Unfallchirurgen K1 mit der Erstellung eines Zusammenhangsgutachtens beauftragt. Dieser führt in seinem Gutachten vom 9. Januar 2018 aus, dass bei der Klägerin eine rechtsseitige Kniesteife vorliege, welche synonym auch als Arthrofibrose bezeichnet werde. Als Risikofaktoren seien ein Gelenktrauma, arthroskopische Operationen und langfristige Ruhigstellungen gesichert. Alle drei geschilderten Risikofaktoren fänden sich im Fall der Klägerin wieder. Im Umkehrschluss könne davon ausgegangen werden, dass es ohne das Unfallereignis nicht zu diesem lokalen Gewebetrauma gekommen wäre. Der Eingriff vom 23. April 2014 sei zur Behandlung der Unfallfolgen vom 31. Januar 2014 durchgeführt worden. Diesen Ausführungen widersprach der Beratungsarzt der Beklagten L in einer Stellungnahme vom 20. Februar 2018. K1 unterstelle lediglich, dass die Arthrofibrose des rechten Kniegelenks sich bereits bis Mitte März 2014 entwickelt habe. Zum damaligen Zeitpunkt sei jedoch nur eine deutlich eingeschränkte Kniefunktion festgestellt worden. Eine solche könne zahlreiche Ursachen haben. Bei der Operation am 23. April 2014 seien ausschließlich unfallfremde Veränderungen angegangen worden. Insbesondere der ausgeprägte Knorpelschaden am inneren Oberschenkelgelenkkörper sei als ursächlich zu betrachten. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 3. Juli 2019 führte K1 sodann aus, dass er an seiner Einschätzung eines Zusammenhangs zwischen der Kniegelenksarthrofibrose und dem Arbeitsunfall vom 31. Januar 2014 als hinreichend wahrscheinlich festhalte.

Sodann hat das Sozialgericht den Unfallchirurgen N mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dieser führt in seinem Gutachten vom 17. Dezember 2018 aus, dass als Erstschadensbild klinisch und auch röntgenologisch eine unvollständige Fraktur im Wadenbeinköpfchen vollbeweislich gesichert sei. Bei der am 23. April 2014 durchgeführten Arthroskopie des rechten Kniegelenks habe sich der präoperative Verdacht einer Innenmeniskusschädigung nicht bestätigt. Zentrale behandelte Problematik sei eine verdickte Schleimhautfalte (Plica mediopatellaris) gewesen, die zu einem drittgradigen Knorpelschaden an der inneren Oberschenkelrolle geführt habe. Im Rahmen der Arthroskopie am 23. April 2014 seien keinerlei Verletzungsfolgen im Gelenkinneren nachzuweisen gewesen. Es seien daher nur unfallunabhängige Gesundheitsschäden behandelt worden. Die Schleimhautfalte sei ein Relikt aus der früheren embryonalen bzw. fetalen Entwicklung und habe zunächst keinen Krankheitswert. Es seien auch keinerlei Verwachsungen im Gelenkinnern auch nur andeutungsweise beschrieben worden. Daraus sei sicher zu schlussfolgern, dass das Krankheitsbild der Arthrofibrose zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorgelegen habe. Somit sei ausgeschlossen, dass sich dieses im Rahmen der Ruhigstellung des Kniegelenks mittels Orthese nach dem Unfallereignis vom 31. Januar 2014 entwickelt habe. Bei der zweiten Arthroskopie am 2. Januar 2015 seien intraoperativ Verwachsungen im Gelenkinneren entfernt worden. Damit habe gesichert eine sogenannte Arthrofibrose vorgelegen. Für die Entstehung einer Arthrofibrose bedürfe es eines Anstoßes, den eine Wunde setze. Da die Arthrofibrose zum Zeitpunkt der ersten Arthroskopie noch nicht vorhanden gewesen sei, werde ersichtlich, dass durch die erste Arthroskopie die Arthrofibrose ihren Ausgang genommen habe. Hier sei auch auf die bei der ersten Arthroskopie durchgeführten Therapiemaßnahmen, insbesondere der durchgeführten Knorpelchirurgie, abzustellen. Ob die erste Arthroskopie im Zusammenhang mit der Behandlung der Verletzungsfolgen vom 31. Januar 2014 gestanden habe, sei vor dem Hintergrund des § 11 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII letztlich eine juristische Frage. Dass der Operateur expliziert seine Auffassung dokumentiert habe, der nach dem MRT vermutete isolierte Meniskusschaden sei degenerativer Genese und daher solle die Arthroskopie zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erfolgen, sei in der Rückschau absolut nachvollziehbar. Sofern die Arthroskopie vom 23. April 2014 als Unfallfolge eingestuft werde, liege als weitere Folge der Arthrofibrose eine Versteifung des rechten Kniegelenks vor, die nach Schönberger/Mehrtens/Valentin mit 30 v. H. zu bewerten sei. Es liege zudem ein außergewöhnliches Schmerzsyndrom in Form einer CRPS vor. Dies sei einer Schmerzbegutachtung vorbehalten.

Daraufhin wurde im Verfahren eine Verordnung des Durchgangsarztes vom 16. Mai 2014 hinsichtlich des Hilfsmittels Genucast rechts beigezogen, die zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erfolgt ist. Beigezogen wurden des Weiteren die Krankenblattunterlagen des Durchgangsarztes K vom 31. Januar bis 23. April 2014. Dort findet sich unter dem 17. April 2014 folgender Eintrag: "Ausführliche Beratung, Fibularköpfchenfraktur ausgeheilt, jetzt liegt der VD auf ein IM-Schaden vor. Da Unfallereignis ungeeignet für einen isolierten IM-Schaden, am ehesten degenerative Genese, Beendigung der BG Behandlung mit heutigem Tag, WB zu Lasten der KK, Indikation zur ASK rechtes Knie gesehen, ausführliche Beratung, Abschluss BG".

In der mündlichen Verhandlung vom 12. September 2019 führte die Klägerin zum Inhalt des Aufklärungsgespräches am 17. April 2014 aus: "Ich habe mit K über die Operation gesprochen, mit niemand anders, etwa eine Woche vorher. K hatte einen MRT-Befund, worauf nach seiner Auffassung ein Innenmeniskusschaden zu sehen war. Er hat mir gesagt, dass eine Arthroskopie durchzuführen ist, um meine anhaltenden Beschwerden zu klären und zu beseitigen. K hat mir auch gesagt, dass möglicherweise die Krankenkasse die Operation bezahlt. Es könne sein, dass die Krankenkasse die Kosten trägt oder die BG. Mir kam es zum damaligen Zeitpunkt nur darauf an, dass ich wieder laufen konnte, weil meine Beschwerden so erheblich waren. Ich habe mir zu dieser Äußerung keine weiteren Gedanken gemacht".

In einer schriftlichen Stellungnahme vom 13. November 2019 führte der sachverständige Zeuge K aus, dass er die Klägerin in einem Aufklärungsgespräch über die Risiken einer Arthroskopie aufgeklärt und Vermerke auf dem Aufklärungsbogen zugefügt habe. An den genauen Wortlaut des Aufklärungsgespräches könne er sich allerdings nicht mehr erinnern.

Mit Urteil vom 12. März 2020 hat das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 7. März 2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14. Juni 2016 aufgehoben und die Beklagte unter Anerkennung einer Arthrofibrose des rechten Kniegelenks als Unfallfolge mit daraus resultierender fast kompletter Versteifung des rechten Kniegelenks, leichtem Spitzfuß und Einschränkungen der Beweglichkeit des rechten unteren Sprunggelenks, schmerzhafte Bewegungseinschränkung mit Schmerzsyndrom, einer Schwellneigung des rechten Beins und einer Gangstörung verpflichtet, der Klägerin deswegen Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu bewilligen. Nach den Ausführungen des Sachverständigen N sei die Arthrofibrose auf die am 23. April 2014 durchgeführte Arthroskopie zurückzuführen. Die Arthrofibrose sei als mittelbare Unfallfolge nach § 11 Abs. 1 Nr. 3 SGB VII festzustellen. Aufgrund der ärztlichen Beratung und Aufklärung und den sonstigen Umständen habe die Klägerin davon ausgehen können, dass es sich bei der Arthroskopie am 23. April 2014 noch um eine vom Beklagten angeordnete Heilmaßnahme im Rahmen der Unfallbehandlung bzw. der Aufklärung der Unfallfolgen handelte. Weder durch den Akteninhalt noch durch die ergänzende Befragung von K sei gesichert, ob der Klägerin aufgrund der Beratung und Aufklärung vor der Arthroskopie habe klar sein müssen, dass die berufsgenossenschaftliche Behandlung abgeschlossen gewesen sei. Die Eintragungen im Krankblatt belegten nicht den tatsächlichen Inhalt des maßgebenden Beratungsgesprächs vor der Arthroskopie. Den Ausführungen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht sei zu folgen. Danach habe zum Zeitpunkt der Beratung für die Klägerin noch nicht festgestanden, was tatsächliche Ursache ihrer Beschwerden gewesen sei. Aus Sicht der Klägerin sei es letztlich darum gegangen, zu klären, was tatsächlich ihre anhaltenden Beschwerden verursache. Die Klägerin verfüge nicht über spezielle Kenntnisse der Kostenträgerschaft. Es sei daher im Rahmen einer berufsgenossenschaftlichen Behandlung zu fordern, dass dem Patienten unmissverständlich mitgeteilt werde, dass die Behandlung zu Lasten der Berufsgenossenschaft abgeschlossen sei und die beabsichtigten weiteren Behandlungen ausschließlich dazu dienten, unfallunabhängige Erkrankungen zu behandeln. Ein solcher Gesprächsinhalt sei aber nicht festgestellt.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Entscheidend sei, ob die Klägerin aufgrund der ärztlichen Beratung und Aufklärung und den sonstigen Umständen habe davon ausgehen können, dass es sich bei der Arthroskopie vom 23. April 2014 noch um eine von der Beklagten angeordnete Heilmaßnahme im Rahmen der Unfallbehandlung handeln konnte. Feststehe zwar, dass es ein Beratungsgespräch gegeben habe. Der genaue Inhalt dieses Gesprächs sei jedoch nicht belegt. Die Klägerin habe in ihrer Anhörung vor dem Sozialgericht nur ausgeführt, dass es ihr damals nicht darauf angekommen sei, wer Kostenträger sei. Ihr Ziel sei es gewesen, dass ihre erheblichen Beschwerden beseitigt würden. Entscheidend sei dabei, ob der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung durch seine Leistungserbringer dem Versicherten den Eindruck vermittle, es solle eine Maßnahme durch ihn durchgeführt werden. Maßgeblich sei, was gegenüber dem Versicherten verlautbart worden sei. Der Klägerin sei klar gewesen, dass die Arthroskopie und auch die Weiterbehandlung zu Lasten der Krankenkasse erfolgen solle. Auf dem ausgestellten Rezept für Clexane sei als Kostenträger die Krankenkasse eingetragen gewesen. Bei der Einlösung des Rezepts habe die Klägerin eine Zuzahlung von 10 Euro leisten müssen. Die Weiterverordnung von Physiotherapie sei zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse erfolgt. Die Befragung der Klägerin durch das Sozialgericht am 12. September 2019 stütze die Entscheidung des Sozialgerichts gerade nicht. Eine Zurechnung nach § 11 SGB VII sei daher ausgeschlossen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 12. März 2020 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Entscheidend sei nicht, was auf Formularen über die durchgeführte Beratung anschließend niedergelegt worden sei, sondern das, was tatsächlich gesagt worden sei. Insoweit sei gerade nicht bewiesen, dass die Klägerin ihre Einverständniserklärung in die Arthroskopie in Kenntnis einer Kostenträgerschaft der gesetzlichen Krankenkasse unterschrieben habe. Ein Laie sei mit den Feinheiten des nicht unkomplizierten Sozialrechtsystems überfordert, insbesondere, wenn es um den Wechsel von Kostenträgerschaften gehe. Auch der Sachverständige N gehe davon aus, dass ohne das Unfallereignis niemand auf die Idee gekommen wäre, eine Arthroskopie durchzuführen. K habe am 10. Oktober 2014 einen Zusammenhang zwischen Unfallereignis und jetzigem Gesundheitsschaden bejaht.

Der Senat hat im Rahmen eines Erörterungstermins durch den Berichterstatter Beweis erhoben durch Einvernahme des sachverständigen Zeugen K. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass nach der Beweisaufnahme vom 22. März 2021 nicht nachgewiesen sei, dass sie vor Durchführung der Arthroskopie am 23. April 2014 vom Durchgangsarzt darauf hingewiesen worden sei, dass die Behandlung zu Lasten der Beklagten abgebrochen und nunmehr zu Lasten ihrer gesetzlichen Krankenversicherung der ... durchgeführt werde. Der gehörte Zeuge K habe sich an den genauen Wortlaut des Aufklärungsgespräches verständlicherweise nicht erinnern können. Nur klare Auskünfte seien geeignet, den von der Beklagten begründeten Anschein ihrer Zuständigkeit zu zerstören. Allein, dass auf zwei am 17. April 2014 ausgestellten ärztlichen Verordnungen als Kostenträger die ... im Gegensatz zur bisherigen Kostenträgerschaft durch die Unfallkasse angegeben gewesen sei, reiche nicht aus, um von einer Kenntnisnahme durch die Klägerin in dem erforderlichen Umfang auszugehen. Die Klägerin habe keine Veranlassung gehabt, die Verordnungen gleichsam im "Kleingedruckten" zu untersuchen. Außerdem habe die Beklagte die geleisteten Zuzahlungen ohne Probleme erstattet. Sie habe auch nach dem 23. April 2014 noch erhebliche Leistungen zum Beispiel im Rahmen der Umschulung der Klägerin erbracht. Bis März 2016 habe die Beklagte ihre Zuständigkeit nicht in Frage gestellt. Angesichts ihres gesamten Verhaltens habe die Beklagte einen Anschein im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII gesetzt.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände davon auszugehen sei, dass die Klägerin vor der Durchführung der Arthroskopie am 23. April 2014 Kenntnis davon erlangt hat, dass diese zu Lasten ihrer gesetzlichen Krankenversicherung, der ..., durchgeführt wird.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt.

Die Gerichtsakte und der beigezogene Verwaltungsvorgang sind Gegenstand der Beratung gewesen.

Gründe

Im Einverständnis der Beteiligten konnte der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig (§§ 143, 151 SGG) und hat nur in dem tenoriertem Umfang Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom 7. März 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Juni 2016 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin insoweit in ihren Rechten (§ 54 SGG), als sie Anspruch auf Feststellung weiterer Unfallfolgen hat. Die Beklagte hat in dem angegriffenen Bescheid das Ereignis vom 31. Januar 2014 als Arbeitsunfall mit der Folge einer Fraktur des rechten Wadenbeinköpfchens und einer Ruptur des Außenseitenbandes am rechten Kniegelenk anerkannt und unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit bis zum 17. April 2014 und einen Anspruch auf Verletztengeld bis zu diesem Tag bejaht. Darüber hinaus hat das Sozialgericht zu Recht die bei der Klägerin vorliegende Arthrofibrose im Bereich des rechten Kniegelenkes mit daraus resultierender fast kompletter Versteifung des rechten Kniegelenkes, leichtem Spitzfuß und Einschränkungen der Beweglichkeit des rechten unteren Sprunggelenkes, schmerzhafte Bewegungseinschränkung mit Schmerzsyndrom, einer Schwellneigung des rechten Beines und einer Gangstörung als (mittelbare) Unfallfolge festgestellt. Soweit das Sozialgericht die Beklagte verpflichtet hat, der Klägerin deswegen Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu bewilligen, hat die Berufung hingegen Erfolg. Denn ein solcher Antrag ist zu unbestimmt und wäre nicht vollstreckungsfähig, sodass er schon deshalb unzulässig ist.

Entgegen dem angefochtenen Urteil war der Bescheid vom 7. März 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Juni 2016 durch das Sozialgericht allerdings nicht aufzuheben, sondern lediglich abzuändern. Mit diesem Bescheid hat die Beklagte das Ereignis vom 31. Januar 2014 als Arbeitsunfall und eine Fraktur des rechten Wadenbeinköpfchens und eine Ruptur des Außenseitenbandes am rechten Kniegelenk als Unfallfolge anerkannt. Das Begehren der Klägerin ist daher entgegen der ihm vom Sozialgericht anscheinend nahegelegten Antragstellung nicht auf Aufhebung dieses Bescheides, sondern auf dessen Abänderung im Sinne der Feststellung weiterer Unfallfolgen (u. a. Arthrofibrose) gerichtet. Der Tenor ist entsprechend klarzustellen.

Richtige Klageart für die Feststellung weiterer Unfallfolgen ist die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG und § 55 Abs. 1, 3 SGG.

Im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung gibt es unterschiedliche Beweisanforderungen. Für die äußerlich fassbaren und feststellbaren Voraussetzungen "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung zur Zeit des Unfallereignisses", "Unfallereignis" und "Gesundheitsschaden" wird eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit gefordert, die vorliegt, wenn kein vernünftiger die Lebensverhältnisse klar überschauender Mensch noch zweifelt (Vollbeweis). Vermutungen, Annahmen, Hypothesen und sonstige Unterstellungen reichen daher ebenso wenig aus wie eine (möglicherweise hohe) Wahrscheinlichkeit. Hinreichende Wahrscheinlichkeit wird von der ständigen Rechtsprechung für die Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs zwischen Unfallereignis und Gesundheitserstschaden (haftungsbegründende Kausalität) sowie dem Gesundheitserstschaden und der Unfallfolge im Sinne eines länger andauernden Gesundheitsschadens (haftungsausfüllende Kausalität) für ausreichend erachtet (vgl. BSG, Urteil vom 20. März 2007 - B 2 U 27/06 R, zitiert nach Juris). Hinreichende Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände diejenigen so stark überwiegen, die für den Ursachenzusammenhang sprechen, dass darauf eine richterliche Überzeugung gegründet werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 31. Januar 2012 - B 2 U 2/11 R, BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R, beide zitiert nach Juris).

Ausgehend hiervon steht zur Überzeugung des Senats fest, dass weitere Unfallfolgen und insbesondere eine Arthrofibrose im rechten Kniegelenk nicht als unmittelbare Folgen aus dem Ereignis vom 31. Januar 2014 festgestellt werden können.

Aus dem Sachverständigengutachten des Orthopäden und Unfallchirurgen N vom 17. Dezember 2018 ergibt sich, dass bei der Klägerin als unmittelbare Folge des Unfallereignisses vom 31. Januar 2014 eine Fraktur des Wadenbeinköpfchens, ein Riss des äußeren Seitenbandes und eine Zerrung des äußeren Kniescheibenzügels festzustellen ist. N hat seine insoweitigen Feststellungen nachvollziehbar damit begründet, dass sich aus den unmittelbar nach dem Unfallereignis vom 31. Januar 2014 erhobenen Befunden eine Konturunterbrechung an der Rück- und Außenseite des Wadenbeinköpfchens ergibt. Diese wurde konservativ behandelt. Eine Kernspintomographie des rechten Kniegelenkes vom 7. März 2014 erbrachte darüber hinausgehend den Nachweis einer Zerreißung des äußeren Seitenbandes und Dehnung des äußeren Kniescheibenzügels am rechten Kniegelenk. Darüber hinausgehende Unfallfolgen konnten nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden. Soweit N in seinem Gutachten vom 17. Dezember 2018 darauf hinweist, dass dem kernspintomographischen Befund vom 7. März 2014 noch Texturstörungen im Hinterhornbereich des Innenmeniskus, jedoch ohne Rissbildung, zu entnehmen gewesen seien, hat er zugleich darauf hingewiesen, dass sich bei der später durchgeführten Arthroskopie am 23. April 2014 keinerlei Risse im Bereich des Innenmeniskus darstellten. Seine Ausführungen stehen insoweit auch im Einklang mit den Darlegungen des sachverständigen Zeugen K in seiner Vernehmung vor dem Berichterstatter des Senats am 22. März 2021. Dort hat er ausgeführt, dass aus seiner Sicht vor der Arthroskopie am 23. April 2014 der Verdacht auf eine Meniskusläsion und einen Knorpelschaden bestanden habe. Daher sei es sein Ziel gewesen, eine Meniskussanierung vorzunehmen, um einen Therapieerfolg zu erzielen. Dies hat sich ausweislich des OP-Berichtes vom 23. April 2014 nicht bestätigt. Behandelt wurden vielmehr nach den Angaben des sachverständigen Zeugen K und den Darlegungen im OP-Bericht vom 23. April 2014 eine Schleimhautfalte und ein Knorpelschaden. Im Einklang hiermit führt der Sachverständige N in seinem Gutachten vom 17. Dezember 2018 aus, dass eine verdickte Schleimhautfalte bei der Arthroskopie am 23. April 2014 behandelt worden sei, welche bereits zu einem drittgradigen Knorpelschaden an der inneren Oberschenkelrolle geführt habe. Die Schleimhautfalte sei entfernt, und Knorpelanteile im geschädigten Bezirk abgetragen worden. Sowohl die Schleimhautfalte als auch die Knorpelschäden an der rechten inneren Oberschenkelrolle sind nicht als Folgen des Arbeitsunfalles vom 31. Januar 2014 einzuordnen. Die bei der Klägerin entfernte Schleimhautfalte sei als Relikt aus der früheren embryonalen beziehungsweise fetalen Entwicklung anzusehen. Wenn die Schleimhautfalte symptomatisch im Sinne von schmerzbestimmend werde, führe dies zu arthroskopisch nachweisbaren Veränderungen am inneren Anteil des Oberschenkelknochens. Aufgrund dessen steht fest, dass weder die Entfernung der Schleimhautfalte noch die Behandlung der drittgradigen Knorpelschädigungen an der inneren Oberschenkelrolle in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Unfallereignis vom 31. Januar 2014 standen.

Die bei der Klägerin ab 2015 gesichert vorliegende Arthrofibrose kann ebenfalls nicht als direkte Folge des Arbeitsunfalles vom 31. Januar 2014 anerkannt werden. Nach den Ausführungen des Sachverständigen N ist das Vorliegen einer Arthrofibrose erst seit der zweiten Arthroskopie am 2. Januar 2015 gesichert. Aus dem OP-Bericht ergibt sich insoweit, dass sich zum damaligen Zeitpunkt intraoperativ Verwachsungen im Gelenkinneren zeigten, welche anschließend entfernt wurden. Bei der Arthroskopie am 23. April 2014 lag jedoch noch keine Arthrofibrose vor. Nach den Ausführungen des Sachverständigen N sind unter dem Krankheitsbild der "Arthrofibrose" intraartikuläre Briden (Verwachsungen) zu verstehen, die kausal für Bewegungseinschränkungen sind. Entsprechend den Darlegungen des Sachverständigen N bedarf die Arthrofibrose eines Anstoßes im Sinne einer Wunde. Ob insoweit die Wadenbeinköpfchenfraktur am 31. Januar 2014 geeignet gewesen wäre, eine Arthrofibrose im rechten Kniegelenk der Klägerin auszulösen, kann im Ergebnis dahinstehen. Denn der Sachverständige N hat überzeugend dargelegt, dass im Rahmen der ersten Arthroskopie am 23. April 2014 ausweislich des OP-Berichtes keinerlei Verwachsungen im Gelenkinneren auch nur andeutungsweise beschrieben wurden. Daraus hat er nachvollziehbar den Schluss gezogen, dass sich die Arthrofibrose nach der Arthroskopie am 23. April 2014 entwickelt haben muss. Insoweit ist auch den Ausführungen des Sachverständigen K1 in seinem Gutachten vom 9. Januar 2018 in Verbindung mit der ergänzenden Stellungnahme vom 3. Juli 2018 nicht zu folgen, dass eine längerfristige Ruhestellung über vier Wochen auch zu einer Arthrofibrose führen könne. Es kann dahinstehen, ob der Ausgangspunkt der Feststellungen von K1 bereits überzeugend ist (N hat insoweit in seinem Gutachten vom 17. Dezember 2018 hierzu kritisch angemerkt, dass das Wadenbeinköpfchen und das äußere Seitenband nicht im Gelenkinneren liegen). Denn eine Arthrofibrose zum Zeitpunkt der Arthroskopie am 23. April 2014 lässt sich bereits nicht feststellen. Daraus hat N nachvollziehbar den Schluss gezogen, dass sich die Arthrofibrose nicht aus der Ruhigstellung des Kniegelenkes mittels Orthese bis April 2014 entwickelt haben kann.

Ein direkter Zusammenhang zwischen der Arthrofibrose und den damit einhergehenden weiteren Einschränkungen im Bereich des rechten Kniegelenkes und dem Unfallereignis vom 31. Januar 2014 kann daher nicht mit der erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit festgestellt werden.

Die Klägerin kann die Feststellung der Arthrofibrose am rechten Kniegelenk und der damit verbundenen Bewegungseinschränkungen jedoch als mittelbare Unfallfolge nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 beziehungsweise Nr. 3 SGB VII beanspruchen. Diese Prüfung ist nicht etwa deshalb obsolet, weil die Beklagte im Bescheid vom 4. Juni 2014 die Zuzahlungen zu den ärztlichen Verordnungen vom 17. April 2014 und die Fahrtkosten zum arthroskopischen Eingriff am 23. April 2014 übernommen hat. Der Verfügungssatz dieses Bescheides beschränkt sich aus der Sicht eines verständigen, objektiven Erklärungsempfängers allein auf die Übernahme der Fahrtkosten bzw. der Zuzahlungen. Nur die konkrete Regelung des Verwaltungsakts (Verfügungs- oder Entscheidungssatz) ist der Bindungswirkung zugänglich; die Begründung des Verwaltungsakts und deren einzelne Elemente nehmen an seiner Bindungswirkung grundsätzlich nicht teil. Bei der Auslegung von Verfügungssätzen i. S. des § 31 SGB X ist vom Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten auszugehen, wobei alle Zusammenhänge zu berücksichtigen sind, die die Behörde nach ihrem wirklichen Willen (§ 133 BGB) erkennbar in ihre Entscheidung einbezogen hat (BSG, Urteil vom 26. November 2019 - B 2 U 29/17 R -, nach Juris). Der Verfügungssatz dieses Bescheides beschränkt sich aus der Sicht eines verständigen, objektiven Erklärungsempfängers allein auf die Übernahme der Fahrtkosten bzw. der Zuzahlungen. Weitere Ausführungen in der Begründung des Bescheides finden sich nicht. Als bindende Regelungen zu Unfallfolgen bzw. eine nachträgliche Einbeziehung der Arthroskopie vom 23. April 2014 in ihren Verantwortungsbereich kann dies nicht verstanden werden. Dementsprechend hat die Beklagte auch hinsichtlich der Anerkennung eines Arbeitsunfalles und der Unfallfolgen am 7. März 2016 einen Verwaltungsakt erlassen.

Unerheblich ist insoweit, dass am 23. April 2014 objektiv keine Unfallfolge behandelt wurde. Denn auch objektiv nicht durch den Arbeitsunfall bedingte Heilbehandlungen können den Tatbestand des § 11 Abs. 1 Nr. 1, 3 SGB VII auslösen. § 11 Abs. 1 Nr. 1 und 3 SGB VII setzt nicht voraus, dass bei der Heilbehandlungsmaßnahme ein "Unfall" vorliegt, sodass auch Gesundheitsstörungen ohne neues Unfallereignis erfasst werden. § 11 SGB VII stellt eine spezielle Zurechnungsnorm dar, die Gesundheitsschäden auch dann einem anerkannten Versicherungsfall zurechnet, wenn sie etwa durch die Durchführung einer berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung oder durch eine Untersuchung zur Aufklärung des Sachverhalts wesentlich verursacht wurden (vgl. BSG, Urteil vom 6. September 2018 - B 2 U 16/17 R, zitiert nach Juris). Aber auch diese gesetzliche Zurechnung setzt voraus, dass die Erfüllung des jeweiligen Tatbestands des § 11 SGB VII durch das (behauptete oder anerkannte) Unfallereignis notwendig bedingt war (vgl. BSG, Urteil vom 5. Juli 2011 - B 2 U 17/10 R, zitiert nach Juris).

Die Durchführung einer Heilbehandlung im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII ist zu bejahen, wenn der Unfallversicherungsträger dem Versicherten einen Anspruch auf eine bestimmte Heilbehandlungsmaßnahme nach den §§ 26 ff. SGB VII - nicht notwendig durch Verwaltungsakt in Schriftform - bewilligt oder ihn durch seine Organe oder Leistungserbringer zur Teilnahme an einer solchen diagnostischen oder therapeutischen Maßnahme aufgefordert hat und der Versicherte an der Maßnahme des Trägers den Anordnungen der Ärzte folgend teilnimmt. Die gesetzliche Zurechnung beruht nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 5. Juli 2011 a. a. O.) auf der (grundsätzlich auch mitwirkungspflichtigen) Teilnahme des Versicherten an einer vom Unfallversicherungsträger oder diesem zurechenbar bewilligten oder angesetzten Maßnahme. Es kommt rechtlich nicht darauf an, ob die Heilbehandlungsmaßnahme durch den Träger objektiv rechtmäßig war oder ob objektiv ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung (§ 26 Abs. 5 S 1 SGB VII) über die Bewilligung eines Anspruchs auf diese Heilbehandlung bestand. Nicht notwendig ist deshalb, dass objektiv, d. h. aus der nachträglichen Sicht eines fachkundigen Beobachters, die Voraussetzungen eines Versicherungsfalls oder einer Unfallfolge im engeren Sinne wirklich vorlagen. Auch objektiv nicht durch den Arbeitsunfall bedingte Heilbehandlungen können die Tatbestände des § 11 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII oder § 11 Abs. 1 Nr. 3 SGB VII auslösen.

Eine Heilbehandlung im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII ist deshalb zu bejahen, wenn ein D-Arzt der gesetzlichen Unfallversicherung in dieser Funktion zur Behandlung einer von ihm als unfallbedingt eingeschätzten Gesundheitsbeeinträchtigung ohne weiteren Kontakt zum Unfallversicherungsträger tätig wird oder dem Versicherten gegenüber eindeutig und klar erklärt, dass es sich bei dem ärztlichen Eingriff um eine Heilbehandlungsmaßnahme zu Lasten der gesetzlichen Unfallversicherung aufgrund eines Arbeitsunfalls handelt. Denn der D-Arzt hat gemäß § 27 Abs. 1 des Vertrags nach § 34 Abs. 3 SGB VII unter Berücksichtigung von Art oder Schwere der Verletzung zu beurteilen und zu entscheiden, ob eine allgemeine Heilbehandlung oder eine besondere Heilbehandlung erforderlich ist. Leitet er eine besondere Heilbehandlung ein, so führt er die Behandlung durch. Dem D-Arzt kommt damit an dieser Stelle die Funktion eines Amtswalters des Unfallversicherungsträgers zu, der für den Versicherungsträger verbindlich den Behandlungs- und Untersuchungsanspruch des Versicherten konkretisiert, und für dessen Fehler der Versicherungsträger ggf. zu haften hat (vgl. BGH, Urteil vom 29. November 2016, VI ZR 208/15, zitiert nach Juris; Hüwe, jurisPR-MedizinR 4/2017 Anm. 3). Bei den Zurechnungstatbeständen des § 11 SGB VII muss sich der Unfallversicherungsträger daher das Handeln des D-Arztes grundsätzlich zurechnen lassen (vgl. BSG vom 5. Juli 2011 a.a.O.).

Gemessen an diesen Grundsätzen stellt sich die Durchführung der Arthroskopie am 23. April 2014 aus Sicht der Klägerin bei verständiger Würdigung der objektiven Gegebenheiten als ein der Beklagten zuzurechnendes Verhalten dar. Nach dem Unfallereignis vom 31. Januar 2014 bis zum Aufklärungsgespräch am 17. April 2014 befand sich die Klägerin ausschließlich in durchgangsärztlicher Behandlung. Dies wird durch den gesamten Akteninhalt belegt und war für die Klägerin jederzeit erkennbar. Beispielhaft ist nur darauf hinzuweisen, dass der Durchgangsarzt K am 3. Februar 2014 Heilhilfsmittel zu Lasten der Beklagten verordnete. Als Kostenträger auf der der Klägerin ausgehändigten Verordnung ist die Beklagte zu entnehmen.

Hinsichtlich der Durchführung der Arthroskopie am 23. April 2014 ist der Eintritt einer Zäsur nicht nachgewiesen. Aus dem gesamten Akteninhalt ergibt sich, dass der Durchgangsarzt und im Termin vor dem Berichterstatter am 22. März 2021 gehörte sachverständige Zeuge K zwar, objektiv gesehen, die Arthroskopie zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung der Klägerin - der AOK Plus - durchgeführt hat. Dies bestätigt beispielsweise der Befundbericht von K vom 19. Mai 2014 gegenüber der Beklagten, worin er ausdrücklich ausführt, dass die berufsgenossenschaftliche Behandlung am 17. April 2014 abgeschlossen wurde. Des Weiteren ergibt sich aus dem Krankenblatteintrag unter dem 17. April 2014, dass der Durchgangsarzt K die berufsgenossenschaftliche Behandlung mit diesem Tage, an welchem das Aufklärungsgespräch zur geplanten Arthroskopie stattfand, beendete und ausdrücklich vermerkte, dass die Weiterbehandlung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erfolgen sollte. Folglich hat der Durchgangsarzt K auch die Durchführung der Arthroskopie mit der ... abgerechnet. Dies wird durch den geltend gemachten Erstattungsanspruch der ... gegenüber der Beklagten belegt. Der sachverständige Zeuge K hat auch in der Vernehmung vor dem Berichterstatter des Senats am 22. März 2021 bestätigt, dass er diesen Eintrag in das Krankenblatt auf dem Computer so vorgenommen hat. Soweit er ausgeführt hat, dass sein Eintrag nicht im Sinne einer Kausalitätsbewertung zu verstehen ist, stellt dies nicht in Frage, dass die berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung objektiv am 17. April 2014 beendet worden ist. Die endgültige Entscheidung darüber, welche Unfallfolgen festzustellen sind, beziehungsweise, ob ein Arbeitsunfall überhaupt anerkannt wird, obliegt allein der Beklagten und ist nicht Aufgabe des Durchgangsarztes. Dieser hat nur abzuwägen, ob die berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung nach seinem aktuellen Kenntnisstand noch fortzusetzen ist oder nicht. Dies hat der sachverständige Zeuge K am 17. April 2014 verneint. Insoweit hat er auch in der Vernehmung ausgeführt, dass die berufsgenossenschaftliche Behandlung von ihm dann beendet wird, wenn er der Meinung ist, dass der aktuelle Gesundheitsschaden eher degenerativer Natur ist. Die spätere Wiederaufnahme der durchgangsärztlichen Behandlung ändert daran nichts.

Die Klägerin konnte die Beendigung der berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung subjektiv jedoch nicht erkennen. Nach der Rechtsprechung des BSG (BSG, Urteil vom 6. September 2018 - B 2 U 16/17 R, zitiert nach Juris) kann der Durchgangsarzt durch sein dem Unfallversicherungsträger zurechenbares Handeln den Tatbestand des § 11 Abs. 1 Nr. 1 beziehungsweise Nr. 3 SGB VII eröffnen, wenn ein an Treu und Glauben orientierter Versicherter die Erklärungen und Verhaltensweisen des Durchgangsarztes als Aufforderung zur Teilnahme an einer vom Unfallversicherungsträger gewollten Maßnahme verstehen durfte. Dabei genügt es nach der Rechtsprechung des BSG in der Regel zum Beispiel nicht, dass ein oder mehrere abweichende ärztliche Auffassungen hinsichtlich der Fortsetzung der berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung existieren und dem Versicherten bekannt sind, um den durch einen Durchgangsarzt gesetzten Anschein einer durchzuführenden Maßnahme zur Behandlung einer Unfallfolge zu beseitigen (BSG, Urteil vom 6. September 2018, B 2 U 16/17 R zitiert nach Juris). Abzustellen ist vielmehr darauf, ob die Klägerin zum Zeitpunkt der Durchführung der Arthroskopie am 23. April 2014 nach Treu und Glauben davon ausgehen durfte, an einer berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung oder Aufklärungsmaßnahme teilzunehmen. Grundsätzlich trägt die Klägerin hierfür die Beweislast. Vorliegend ist jedoch zu beachten, dass bis zur Durchführung der Arthroskopie bzw. dem Aufklärungsgespräch hierfür ununterbrochen eine durchgangsärztliche Behandlung stattgefunden hat. Hat ein Versicherter durchgehend an einer durchgangsärztlichen Behandlung teilgenommen, so entfällt die Zurechnung der weiteren Heilbehandlung nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 beziehungsweise Nr. 3 SGB VII nur dann, wenn bewiesen wird, dass der Versicherte den Abbruch der berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung erkennen konnte (vgl. BSG, Urteil vom 4. September 2007 - B 2 U 28/06 R -, zitiert nach Juris). Weil vom Unfallereignis am 31. Januar 2014 bis Anfang April 2014 alle Heilbehandlungen vom Durchgangsarzt zu Lasten der Beklagten veranlasst worden sind, muss diese nachweisen, dass hinsichtlich der Arthroskopie am 23. April 2014 ein Wechsel der Kostenträgerschaft, den die Klägerin erkennen konnte, stattgefunden hat. Dieser Beweis ist erst dann erbracht, wenn der Senat nach § 286 ZPO die volle Überzeugung gewonnen hat, dass die Klägerin die Beendigung der berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung erkennen konnte. Dieser Beweis ist auch geführt bei einer Häufung von Anzeichen, die auf einen Wechsel der Kostenträgerschaft hindeuten, wobei unerheblich ist, ob diese Indizien bei isolierter Betrachtung jeweils allein ausreichen. Ausschlaggebend ist vielmehr eine Gesamtwürdigung aller Tatsachen und Beweise. Dabei bedarf es zur Führung des Nachweises keiner mathematisch lückenlosen Gewissheit. Es reicht vielmehr die Feststellung von Indizien aus, die bei lebensnaher Zusammenschau und praktisch vernünftiger Gewichtung die Bildung der richterlichen Überzeugung ermöglichen. Erforderlich, aber auch ausreichend, ist ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit, der verbleibenden Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (vgl. BSG, Urteil vom 31. Januar 2012 - B 2 U 2/11 R -, zitiert nach Juris). Diese Beurteilung obliegt tatrichterlicher Würdigung im Rahmen der Grundsätze freier Beweiswürdigung.

Nach einer Gesamtwürdigung aller Umstände hat die Beklagte diesen Beweis nicht erbracht. Zunächst kann vollbeweislich nicht gesichert festgestellt werden, dass der sachverständige Zeuge K als Durchgangsarzt die Klägerin im Rahmen des Aufklärungsgesprä-ches am 17. April 2014 ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass die Arthroskopie am 23. April 2014 nicht der Behandlung einer Unfallfolge dient und die berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung beendet ist. Der sachverständige Zeuge K hat insoweit in seiner Vernehmung vor dem Berichterstatter des Senats am 22. März 2021 ausgeführt, dass er sich an den genauen Wortlaut des Aufklärungsgespräches nicht mehr erinnern kann. Dies entspricht seiner schriftlichen Stellungnahme gegenüber dem Sozialgericht Nordhausen vom 13. November 2019. Es ist für den Senat mehr als nachvollziehbar, dass sich weder der sachverständige Zeuge noch die Klägerin nach so langer Zeit an Einzelheiten des Gesprächs bzw. dessen genauen Wortlaut erinnern können. Im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller Umstände kann der Senat auch nicht die Überzeugung gewinnen, dass die Klägerin bei Durchführung der Arthroskopie am 23. April 2014 aufgrund sonstiger Umstände nicht mehr davon ausgehen konnte, dass sie an einer von der Beklagten als Unfallversicherungsträger gewollten Maßnahme teilnimmt. Es gibt keine ausreichenden gewichtigen Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin erkennen konnte, dass die berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung beendet ist. Der Nachweis einer Kenntnis der Kostenträgerschaft der ... kann auf äußere Umstände im Sinne von Indizien gestützt werden, aus denen sich eine entsprechende Kenntnis ableiten lässt. Maßgeblich ist, ob stichhaltige Gründe für eine Kenntnisnahmemöglichkeit der Klägerin sprechen. Zwar ist auf dem von der Klägerin unterschriebenen Aufklärungsbogen zur Arthroskopie als auch auf zwei Verordnungen des Durchgangsarztes vom gleichen Tage die ... als gesetzliche Krankenversicherung der Klägerin bzw. Kostenträger angegeben. Diese Unterlagen sind der Klägerin ausgehändigt worden. Der sachverständige Zeuge K hat hinsichtlich des Aufklärungsbogens ausgeführt, dass grundsätzlich jeder Patient den Aufklärungsbogen erhält und sich mit diesem in den Wartebereich begibt und ihn dort ausfüllt. Es war daher der Klägerin grundsätzlich vor der Unterschrift auf dem Aufklärungsbogen möglich, den Aufdruck ... zu erkennen. Zugleich ist aber zu bedenken, dass die Klägerin weder aus dem Aufdruck noch der bezüglich der beiden Verordnungen zu leistenden Zuzahlungen sich der zwingende Schluss auf eine Beendigung der durchgangsärztlichen Behandlung ergab. Auch aus den Angaben der Klägerin selbst, dass im Aufklärungsgespräch am 17. April 2014 ein Wechsel der Kostenträgerschaft thematisiert worden ist, lässt sich nicht herleiten, dass sich ein solcher ihr aufdrängen musste. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vom 12. September 2019 vor dem Sozialgericht Nordhausen - nochmals bestätigt im Erörterungstermin vom 22. März 2021 gegenüber dem Berichterstatter des Senats - dargelegt, dass der sachverständige Zeuge K ihr gesagt habe, dass möglicherweise die Krankenkasse die Operation bezahlt. Wörtlich hat die Klägerin ausgeführt "K hat mir auch gesagt, dass möglicherweise die Krankenkasse die Operation bezahlt. Es könne sein, dass die Krankenkasse die Kosten trägt oder die BG". Mit dieser alternativen Angabe des Kostenträgers lässt sich nicht nur ein direkter Hinweis des Zeugen, dass die Klägerin von einer Kostenträgerschaft der gesetzlichen Krankenversicherung unterrichtet worden ist, nicht sichern, sondern ein solcher musste aus Sicht der Klägerin auch nicht als naheliegend angesehen werden. Denn der genaue Inhalt des Hinweises bleibt offen. Die Klägerin hatte aus ihrer Sicht verständlicherweise auch keine Veranlassung weiter nachzufragen. Unter Beachtung der Grundsätze von Treu und Glauben ist daher nicht gesichert, dass die Klägerin vor Durchführung der Arthroskopie am 23. April 2014, davon ausgehen musste, dass die gesetzliche Krankenversicherung Kostenträger der Maßnahme und die berufsgenossenschaftliche Behandlung beendet ist.

Die Arthrofibrose ist auch im Sinne der hinreichenden Wahrscheinlichkeit auf die am 23. April 2014 durchgeführte Arthroskopie zurückzuführen. Auch die Prüfung des Ursachenzusammenhangs zwischen einer Gesundheitsstörung und einer der nach § 11 Abs. 1 SGB VII tatbestandlichen Maßnahme erfolgt nach der Theorie der wesentlichen Bedingung (vgl. BSG, Urteil vom 15. Mai 2012 - B 2 U 31/11 R, zitiert nach Juris). Dabei ist auf einer ersten Prüfungsstufe zu fragen, ob der Versicherungsfall eine naturwissenschaftlich-philosophische Bedingung für den Eintritt der Gesundheitsstörung ist. Dabei ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nach den einschlägigen Erfahrungssätzen gegebenenfalls neben anderen konkret festgestellten unversicherten (Wirk-) Ursachen nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele. Wenn festzustellen ist, dass der Versicherungsfall eine (von möglicherweise vielen) Bedingungen für den Erfolg ist, ist auf der ersten Prüfungsstufe weiter zu fragen, ob es für den Eintritt des Erfolgs noch andere Ursachen im Sinne der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie gibt; das können Bedingungen aus dem nicht versicherten Lebensbereich, wie z. B. Vorerkrankungen, Anlagen, nicht versicherte Betätigungen oder Verhaltensweisen sein (vgl. BSG Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R, zitiert nach Juris). Erst wenn sowohl der Versicherungsfall als auch andere Umstände als Ursachen des Gesundheitsschadens feststehen, ist auf einer zweiten Prüfungsstufe rechtlich wertend zu entscheiden, welche der positiv festzustellenden adäquaten Ursachen für die Gesundheitsstörung die rechtlich "Wesentliche" ist. Dabei ist zu prüfen, ob die Einwirkung rechtlich unter Würdigung auch aller auf der ersten Stufe festgestellten, weiteren mitwirkenden unversicherten Ursachen die Realisierung einer in den Schutzbereich des jeweils erfüllten Versicherungstatbestandes fallenden Gefahr ist. Bei dieser reinen Rechtsfrage nach der "Wesentlichkeit" der versicherten Verrichtung für den Erfolg der Einwirkung muss entschieden werden, ob sich durch das versicherte Handeln ein Risiko verwirklicht hat, gegen das der jeweils erfüllte Versicherungstatbestand gerade Schutz gewähren soll. Die Wesentlichkeit der Ursache ist eigenständig nach Maßgabe des Schutzzwecks der jeweils begründeten Versicherung zu beurteilen.

Ausgehend von diesen Grundsätzen sind die Arthrofibrose und die damit einhergehenden vom Sozialgericht festgestellten Folgen sowohl objektiv als auch im Rechtssinne wesentlich verursacht durch den der Beklagten zurechenbaren operativen Eingriff am 23. April 2014. Dr. Neumann legt in seinem Gutachten vom 17. Dezember 2018 eingehend dar, dass die Arthrofibrose bei Durchführung der Arthroskopie am 23. April 2014 nicht vorlag, hingegen seit der zweiten Arthroskopie am 2. Januar 2015 gesichert ist. Daraus zieht N die Schlussfolgerung, dass die Arthroskopie am 23. April 2014 und insbesondere die in diesem Zusammenhang erfolgte Knorpelabtragung zur Entstehung einer größeren Wundfläche geführt hat, welche die Arthrofibrose verursachte. Soweit N hinsichtlich der Auswirkungen eines außergewöhnlichen Schmerzsyndroms eine neuropsychiatrische Begutachtung mit dem Schwerpunkt Schmerz für erforderlich hält, betrifft dies die Frage der Höhe der MdE. Dies ist aber nicht Gegenstand dieses Verfahrens.

Es handelt sich hierbei auch um sog. mittelbare Unfallfolgen im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII. Danach sind Folgen eines Versicherungsfalls auch Gesundheitsschäden infolge der Durchführung einer Heilbehandlung. Normale Folgen einer (geglückten) Operation, wie beispielsweise Narben oder typischerweise verbleibende funktionelle Einschränkungen, unterfallen dabei nicht dem Anwendungsbereich dieser Norm, weil § 11 SGB VII eine gesonderte, zusätzliche Zurechnungsnorm darstellt und dem entsprechend jene Gesundheitsschäden, die einer normalen Behandlung entsprechen und ohnehin nur der entsprechenden originären Zurechnungsnorm (dem hier nicht einschlägigen § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII) unterfallen, nicht erfasst (Schutzzweck der Norm). § 11 SGB VII bezieht sich somit nur auf Gesundheitsschäden, die nicht wesentlich durch den behandelten Gesundheitsschaden, sondern durch einen Schädigungstatbestand des § 11 SGB VII verursacht werden (vgl. BSG, Urteil vom 5. Juli 2011 - B 2 U 17/10 R, Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 17. November 2016 - L 10 U 2980/13, zitiert nach Juris). Als Folge der am 23. April 2014 erfolgten Operation, sind - wie dargelegt - Folgen aufgetreten, die über das Ergebnis einer erfolgreichen Operation im Bereich des rechten Kniegelenkes im negativen Sinne hinausgehen.

Die Klägerin kann deswegen nicht in allgemeiner Form die Bewilligung von weiteren Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung beanspruchen. Denn einen konkreten Antrag auf die Gewährung einer bestimmten Leistung (z. B. Verletztengeld/rente, Erstattung von Zuzahlungen), über den die Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid (inzident) eine Entscheidung getroffen hat, hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 12. März 2020 nicht gestellt. Soweit die Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung für die darüber hinaus behandelten Beschwerden im Bereich des rechten Kniegelenkes abgelehnt hat, liegt hierin nach objektiver Sicht des Empfängerhorizonts keine gerichtlich überprüfbare Entscheidung durch die Beklagte, sondern lediglich der klarstellende, allgemeine Hinweis, dass mangels Vorliegens von Unfallfolgen ein Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen der Arthrofibrose nicht besteht. Nach Rechtskraft dieser Entscheidung ist erstmals ein Verwaltungsverfahren durchzuführen, welche konkreten Leistungen die Klägerin wegen der über die bisherige Bescheidlage hinausgehend festgestellten mittelbaren Unfallfolgen beanspruchen kann.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 SGG nicht vorliegen.