Fahrradlieferanten, die Speisen und Getränke an Kunden ausliefern, haben gegen ihren Arbeitgeber einen Anspruch auf Stellung eines internetfähigen Mobiltelefons zur dienstlichen Nutzung, wenn der Arbeitsvertrag nicht wirksam etwas Abweichendes regelt. Der Anspruch folgt aus §§ 611 a, 615 S. 3, 618 BGB i.V.m. dem Arbeitsvertrag. Vor dem Hintergrund der rechtlichen Anerkennung eines tatsächlichen Beschäftigungsanspruchs des Arbeitnehmers kann dieser den Anspruch auf Stellung der zwingend zur Ausübung der Tätigkeit erforderlichen Arbeitsmittel einklagen und kann nicht auf Ansprüche auf Annahmeverzugslohn verwiesen werden.Die Pflicht, ohne finanziellen Ausgleich zwingend notwendige Arbeitmittel von einigem Wert selbst stellen zu müssen, kann durch Allgemeine Geschäftsbedingungen nicht wirksam begründet werden. Eine solche Regelung benachteiligt den Arbeitnehmer nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unangemessen.
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 29. Juni 2020 - 21 Ca 5470/19 - abgeändert und die Beklagte verurteilt, dem Kläger ein internetfähiges Mobilfunkgerät samt Datennutzungsvertrag zur Verfügung zu stellen.
Von den erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger 70 % und die Beklagte 30 % zu tragen. Die Kosten der Berufung hat die Beklagte zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Die Parteien streiten auch in der Berufungsinstanz noch darum, ob die Beklagte dem Kläger zur Ausübung seiner Tätigkeit als Fahrradlieferant ein internetfähiges Mobiltelefon mit einem Datennutzungsvertrag zur Verfügung stellen muss.
Der Kläger ist bei der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin seit dem 7. Februar 2016 als Fahrradlieferant beschäftigt und liefert als solcher Speisen und Getränke für die Beklagte aus, wobei ihm die Einsatzpläne und die Adressen der Restaurants, von denen er eine Lieferung ausfahren soll ebenso wie die Kundenadressen, per A App auf sein Smartphone mitgeteilt werden.
Der Kläger nutzt von Beginn des Arbeitsverhältnisses an für seine Tätigkeit sein eigenes Mobiltelefon.
Der Kläger und die Rechtsvorgängerin der Beklagten schlossen 2017 einen im Rechtstreit von den Parteien als "Pfandvertrag" bezeichneten Vertrag über die Überlassung von Arbeitsmaterialien an den Kläger, bei dem der Kläger die Überlassung bestimmter Gegenstände durch den Arbeitgeber bestätigt hat und die Einbehaltung eines Pfands zur Absicherung der Rückgabe vereinbart wurde. Dort ist ein Mobiltelefon nicht genannt. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten verwendete insoweit einen Mustervertrag. Der Abschluss des Vertrags wurde im Berufungstermin unstreitig gestellt, er wurde aber nur einen Kollegen betreffend zur Akte gereicht. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 47 der Akte Bezug genommen.
Am 19. Januar 2018 schlossen die Rechtsvorgängerin der Beklagten und der Kläger einen bis zum 8. Februar 2019 befristeten schriftlichen Arbeitsvertrag (Bl. 40 der Akte), der in § 2 Abs. 3 Folgendes regelt:
"Dem Arbeitnehmer wird ausschließlich für den Einsatz während der Schichten Equipment von B gestellt, die Art des Equipments ist im Pfandvertrag geregelt. Dafür wird ein Pfand vom Arbeitgeber einbehalten. Das Equipment ist unmittelbar nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zurückzugeben."
§ 16 Abs. 2 lautet:
"Mündliche Nebenabreden bestehen nicht. Änderungen oder Ergänzungen dieses Vertragsverhältnisses bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Dies gilt auch ausdrücklich für die Änderung oder Aufhebung der Schriftformklausel selbst. Ausgeschlossen sind damit insbesondere Vertragsänderungen durch betriebliche Übung."
Unter dem 21. Juni 2018 schlossen die Parteien einen Änderungsvertrag, der insbesondere die Arbeitszeit betrifft. Nach Ziff. VI des Vertrags bleibt der Vertrag vom 19. Januar 2018 im Übrigen unberührt. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 40 der Akte Bezug genommen.
Wegen des erstinstanzlichen Parteivorbringens im Übrigen, ihrer Anträge, des vom Arbeitsgericht festgestellten Sachverhalts und des arbeitsgerichtlichen Verfahrens wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat die Klage mit Urteil vom 29. Juni 2020 insgesamt abgewiesen. Es hat im Hinblick auf die in der Berufungsinstanz noch allein streitige Frage, ob der Kläger für die Ausübung seiner Tätigkeit die Überlassung eines Mobiltelefons mit Datennutzungsvertrag verlangen kann, angenommen, die Parteien hätten zumindest konkludent die Vereinbarung getroffen, dass der Kläger ein Mobiltelefon selbst und auf eigene Kosten stellen müsse, was auch zulässig sei. Der Kläger habe nämlich widerspruchslos die erforderliche App auf sein privates Mobiltelefon heruntergeladen und die Aufträge unter Nutzung seines eigenen Smartphones ausgeführt.
Der Kläger hat gegen das ihm am 9. September 2020 zugestellte Urteil am 7. Oktober 2020 Berufung eingelegt und diese nach rechtzeitig beantragter Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 9. Dezember 2020 am 25. November 2020 begründet.
Er meint, das Arbeitsgericht sei zu Unrecht von einer konkludenten Vereinbarung zwischen ihm und der Beklagten über die Nutzung seines eigenen Smartphones ausgegangen. Auch durch den schriftlichen Arbeitsvertrag sei die Grundregel, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die zur Ausführung der Tätigkeit notwendigen Mittel zur Verfügung zu stellen habe, nicht modifiziert worden. Auf einen bloßen Aufwendungsersatzanspruch müsse er sich nicht verweisen lassen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 29. Juni 2020 - 21 Ca 5470/19 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,
dem Kläger zur ausschließlich dienstlichen Nutzung ein internetfähiges Mobilfunkgerät samt Datennutzungsvertrag zur Verfügung zu stellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt zur Begründung ihres Zurückweisungsantrags das angefochtene arbeitsgerichtliche Urteil. Sie meint, es sei nicht nur das gemeinsame Verständnis der Parteien gewesen, dass der Kläger sein privates Smartphone zur Erbringung der Arbeitsleistung nutzt, die entsprechende Verpflichtung des Klägers ergebe sich auch klar aus § 2 Abs. 3 des Arbeitsvertrags. Das Arbeitsgericht habe die vertragliche Regelung zutreffend nicht einer AGB-Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB unterzogen, diese stelle aber auch keine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB dar. Dies ergebe sich auch daraus, dass der Kläger - unstreitig - bereits vor Beginn seiner Tätigkeit im Besitz eines Smartphones gewesen sei, das die erforderlichen technischen Voraussetzungen erfüllte habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der Berufungsschriftätze und den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 19. Februar 2021 verwiesen.
Die Berufung des Klägers hat Erfolg.
I.
Die Berufung ist gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 und 2 b ArbGG statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 € übersteigt. Sie ist auch im Übrigen zulässig, nämlich form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 517, 519, 520 Abs. 1 und 3 ZPO.
II.
Die Berufung ist begründet.
Dem Kläger steht gegen die Beklagte gem. §§ 611a, 615 S. 3, 618 BGB iVm. dem Arbeitsvertrag vom 7. Februar 2018 in Form des Abänderungsvertrags vom 21. Juni 2018 ein Anspruch darauf zu, dass diese ihm ein Mobiltelefon mit einem Datennutzungsvertrag zur Ausübung seiner Tätigkeit als Fahrradlieferant zur Verfügung stellt.
1. Die für die Erbringung der Arbeitsleistung notwendigen Betriebsmittel hat der Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen (BAG 14. Oktober 2003 -9 AZR 657/02-Juris; BAG 16. Oktober 2007 - 9 AZR 170/07 - BAGE 124, 210-219; BAG 12. April 2011 - 9 AZR 14/10 - Juris). Dies folgt aus §§ 611a, 615 S. 3, 618 BGB. Gem. § 611a BGB schuldet der Arbeitnehmer ausschließlich die vereinbarte Arbeitsleistung, nicht aber die Stellung der hierfür erforderlichen Arbeitsmittel. § 615 S. 3 BGB liegt die Wertung zugrunde, dass der Arbeitgeber das Betriebsrisiko trägt, also das Risiko, dass die Arbeitsleistung aus in der betrieblichen Sphäre liegenden Gründen nicht erbracht werden kann. Zudem liegt § 618 BGB die Prämisse zugrunde, dass der Dienstberechtigte die Vorrichtungen und Gerätschaften zur Verrichtung der Dienste zu beschaffen hat.
2. Der Kläger benötigt für die Erfüllung seiner arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung als Fahrradlieferant zwingend ein internetfähiges Mobiltelefon mit Datennutzungsvertrag. Dies ist zwischen den Parteien unstreitig.
3. Die gesetzliche Regelung, wonach der Arbeitgeber die notwendigen Betriebsmittel zu stellen hat, wurde zwischen den Parteien nicht wirksam abbedungen. Eine von §§ 611a, 615 S. 3, 618 BGB abweichende vertragliche Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien dergestalt, dass der Arbeitnehmer die Betriebsmittel einzubringen hat, ist zwar grundsätzlich zulässig (vgl. etwa Däubler, AGB Kontrolle im Arbeitsrecht, Anhang Rz. 133; Zöll/Kielkowski BB 2012, 2625; Seel MDR 2014, 69), zwischen den Parteien aber nicht wirksam erfolgt.
a) Abzustellen ist insofern auf den Arbeitsvertrag der Parteien vom 7. Februar 2018 in Form des Abänderungsvertrags vom 21. Juni 2018. Es kann dahinstehen, ob in einem zuvor abgeschlossenen, hier nicht vorgelegten Arbeitsvertrag eine Regelung betreffend die Stellung eines Mobiltelefons enthalten war oder ob noch vor dem Abschluss des Vertrags vom 7. Februar 2018 diesbezüglich eine mündliche oder konkludente Vereinbarung der Parteien dergestalt getroffen worden ist, dass der Kläger sein privates Mobiltelefon dienstlich zu nutzen hat. Der Arbeitsvertrag vom 7. Februar 2018 in Form des Abänderungsvertrags vom 21. Juni 2018 stellt das Arbeitsverhältnis der Parteien auf eine neue Rechtsgrundlage und regelt überdies in § 16 Abs. 2, das mündliche Nebenabreden nicht bestehen. Diese Regelung ist nur sinnvoll, wenn sich die Parteien von etwaigen früheren Verhandlungsergebnissen lösen wollten (vgl. BAG 15. Dezember 2016 - 6 AZR 430/15).
b) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Kläger nicht gem. § 2 Abs. 3 des Arbeitsvertrages i.V.m. dem Pfandvertrag aus dem Jahr 2017 verpflichtet, zur Ausübung seiner Tätigkeit sein eigenes internetfähiges Mobiltelefon mit Datennutzungsvertrag dienstlich zu nutzen. Die Klausel ist zwar dahingehend auszulegen, dass der Arbeitnehmer nur diejenigen Arbeitsmittel gestellt erhält, die im Pfandvertrag angegeben sind, also gerade kein internetfähiges Mobiltelefon mit Datennutzungsvertrag. Sie ist jedoch gemäß § 307 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB unwirksam.aa) Bei den Regelungen des dem Arbeitsvertrag vom 7. Februar 2018 in Form des Abänderungsvertrags vom 21. Juni 2018 handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Dies folgt bereits aus dem äußeren Erscheinungsbild der formularmäßigen Vertragsgestaltung (vergl. hierzu BAG 17. April 2019 - 5 AZR 331/18 - NZA 2019, 1050). Ob es sich bei den Regelungen um für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen handelt, § 305 Abs. 1 BGB, bedarf keiner weiteren Aufklärung, denn der Arbeitsvertrag ist ein Verbrauchervertrag iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB (vgl. BAG 27. Juni 2012 - 5 AZR 530/11- NZA 2012, 1147).bb) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei hierbei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die Auslegung von Allgemeine Geschäftsbedingungen ist deshalb in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist der Wortlaut eines Formularvertrags nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAG 19. November 2019 - 7 AZR 582/17 -NZA 2020, 37; BAG 25. August 2010 -10 AZR 275/ 09- BAGE 135,239; BAG 10. Juli 2013 -10 AZR 898/11- AP Nr. 16 zu § 305c BGB).cc) Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe kann § 2 Abs. 3 des Arbeitsvertrags nur so verstanden werden, dass dem Kläger zur Ausübung seiner Tätigkeit ausschließlich diejenigen Gegenstände von der Beklagten gestellt werden, die in dem mit ihm abgeschlossenen Pfandvertrag aufgeführt sind. Dies ergibt sich aus dem insoweit eindeutigen Wortlaut der Klausel, wonach die "Art" des zur Verfügung gestellten Equipments im - zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits bestehenden - Pfandvertrag geregelt ist. Dies deckt sich damit, dass in § 15 des Arbeitsvertrags geregelt ist, dass der Arbeitnehmer dafür verantwortlich ist, dass sich sein Fahrrad - auch dieses ist nicht im Pfandvertrag aufgeführt - in einem verkehrstauglichen Zustand gemäß Straßenverkehrsordnung befindet. Zudem wäre es unter Berücksichtigung der erkennbaren Interessenlage der Beklagten fernliegend, dass der Kläger ein Mobiltelefon gestellt erhält, ohne hierfür ein Pfand hinterlegen zu müssen, während er beispielsweise für eine Halterung am Fahrrad oder eine Mütze ein Pfand hinterlegen muss.dd) § 307 Abs. 3 S. 1 BGB steht einer Inhaltskontrolle von § 2 Abs. 3 des Arbeitsvertrags nicht entgegen. Hiernach gelten § 307 Abs. 1 und 2 BGB nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Die Verpflichtung des Klägers, selbst notwendige Arbeitsmittel, nämlich ein Smartphone mit Datennutzungsvertrag, zu stellen, stellt eine Bestimmung dar, durch die von der gesetzlichen Regelung - §§ 611a, 615 S. 3, 618 BGB - Abweichendes vereinbart wird. Es handelt sich nicht um die Bestimmung der "Hauptleistung", sondern um eine typische Nebenabrede, die das Leistungsversprechen modifiziert und mithin der AGB Kontrolle zu unterwerfen ist (ebenso für eine BYOD-Regelungen Däubler, AGB Kontrolle im Arbeitsrecht, Rz. 133).ee) Nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.(1) Unangemessen ist jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses des Arbeitnehmers, die nicht durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt ist oder durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen wird. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Bei der Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, vom Einzelfall losgelöste Maßstab anzulegen. Abzuwägen sind die Interessen des Verwenders gegenüber den Interessen des typischerweise beteiligten Vertragspartners. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind dabei Art und Gegenstand, Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts zu berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell und unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt (BAG 19. November 2019 - 7 AZR 582/17 - NZA 2020, 37; BAG 25. April 2018 -7 AZR 520/16 -NZA 2018, BAG 23. März 2016 - 7 AZR 828/13 - BAGE 154, 354; BAG 27. Juli 2005 -7 AZR 486/04- BAGE 115,274; BAG 18. Januar 2006 -7 AZR 191/05- AP BGB § 305 Nr. 8; BAG 4. März 2004-8 AZR 196/03-BAGE 110,8).(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. § 307 Abs. 2 BGB konkretisiert insofern § 307 Abs. 1 S. 1 BGB. Liegen die Voraussetzungen des § 307 Abs. 2 BGB vor, wird eine unangemessene Benachteiligung vermutet (BAG 18. Juni 2008 - 7 AZR 245/07 - Juris; BAG 18. Januar 2006 - 7 AZR 191/05 - Juris). Mit dem Begriff der Wesentlichkeit wird klargestellt, dass nicht schon jede beliebige Abweichung eine unangemessene Benachteiligung konstituiert. Entscheidend ist, ob die dispositive gesetzliche Regelung nicht nur auf Zweckmäßigkeitserwägungen beruht, sondern eine Ausprägung des Gerechtigkeitsgebots darstellt (BAG 7. Dezember 2005 - 5 AZR 535/04 - BAGE 116, 267).
(3) So verhält es sich hier.
(a) Die Bestimmung in § 2 Abs. 3 des Arbeitsvertrags iVm. dem Pfandvertrag aus dem Jahr 2017 weicht bezogen auf die nicht gesondert vergütete Verpflichtung des Klägers zur Nutzung seines eigenen Mobiltelefons mit eigenem Datennutzungsvertrag von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung in §§ 611a, 615 S. 3, 618 BGB ab (für BYOD Regelungen ebenso, ohne eine gesetzliche Verortung des Grundsatzes der Stellung von Betriebsmitteln durch den Arbeitgeber in §§ 611a, § 618 BGB anzunehmen, Thüsing/Wurth-Forst, Sozial Media im Betrieb, § 2 Rz. 111; Zöll/Kielkowski BB 2012, 2625; Seel MDR 2014, 69; Wisskirchen/Schiller DB 2015, 1163; Conrad Auer-Reinsdorff/Conrad Handbuch IT und Datenschutzrecht § 37 Rz. 339).
Der Grundgedanke der genannten Vorschriften besteht darin, dass der Arbeitnehmer lediglich die Erbringung seiner Arbeitsleistung schuldet und hierfür vergütet wird, während die Stellung der Betriebsmittel und die hiermit verbundene Kostentragung vom Arbeitgeber zu leisten ist und dieser das Risiko trägt, dass die Arbeitsleistung mangels funktionsfähiger Betriebsmittel nicht erbracht werden kann. Nur was zur selbstverständlichen Einsatzpflicht des Arbeitnehmers bei der Arbeit gehört, wird durch die Vergütungszahlung ausgeglichen (BAG 16. Oktober 2007 - 9 AZR 170/07 - BAGE 124, 210; BAG 12. April 2011 - 9 AZR 14/10 - Juris; BAG 14. Oktober 2003 - 9 AZR 657/02-Juris). Dieser Grundsatz stellt auch eine Ausprägung des Gerechtigkeitsgebots dar - dem Arbeitnehmer sollen keine Pflichten und Risiken auferlegt werden, die durch die Vergütung nicht abgegolten werden. Eine Regelung, die den Arbeitnehmer zur Stellung von Betriebsmitteln verpflichtet, ohne dass er hierfür eine Gegenleistung erhält, ist deshalb mit § 307 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB grds. nicht zu vereinbaren (ebenso Zöll/Kielkowski BB 2012, 2625; Seel MDR 2014, 69; Wisskirchen/Schiller DB 2015, 1163; Conrad Auer-Reinsdorff/Conrad Handbuch IT und Datenschutzrecht § 37 Rz. 339).
(b) Die Regelung in 2 Abs. 3 des Arbeitsvertrags iVm. dem Pfandvertrag aus dem Jahr 2017 bürdet dem Kläger Pflichten und Risiken auf, die nach der gesetzlichen Regelung den Arbeitgeber treffen, ohne hier für eine Kompensation vorzusehen. Die Nutzung eines eigenen Mobiltelefons gehört nicht zur selbstverständlichen Einsatzpflicht des Arbeitnehmers, wie beispielsweise dessen Privatkleidung. Es kann dahinstehen, ob Fälle denkbar sind, bei denen die Verpflichtung zum Einbringen privater Arbeitsmittel eine so geringe Belastung für den Arbeitnehmer darstellt, dass eine unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB ausnahmsweise verneint werden muss. Diese Fallgestaltung ist vorliegend nicht gegeben. Ein Mobiltelefon stellt keinen unerheblichen Vermögenswert dar. Es wird durch den Gebrauch im Rahmen der Erbringung der Arbeitsleistung abgenutzt und es besteht die Gefahr von Beschädigungen und Verlust. Hinzu kommt, dass Fahrradlieferanten als die im Rahmen der Interessenabwägung zu Grunde zulegenden beteiligten Vertragspartner typischerweise keinen Arbeitsverdienst erzielen, bei dem das von ihnen verlangte Vermögensopfer nicht ins Gewicht fiele.
Dagegen kann entgegen der Auffassung der Beklagten nicht eingewendet werden, der Arbeitnehmer besitze "sowieso" ein Mobiltelefon. Auf die Frage, ob dies beim Kläger der Fall ist, kommt es nicht an. Ob die hier typischerweise beteiligten Vertragspartner über ein internetfähiges Mobiltelefon verfügen, kann offenbleiben. Auch wenn man dies annimmt, stellt es eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers dar, diesen Vermögensgegenstand ohne Gegenleistung oder die Regelung eines Aufwendungsersatzes im Interesse des Arbeitgebers einsetzen zu müssen und entgegen § 615 S. 3 BGB das Risiko zu tragen, die Arbeitsleistung nicht erbringen zu können, etwa wenn das Mobiltelefon gestohlen oder beschädigt wird.
Eine unangemessene Benachteiligung gem. § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB ist auch nicht im Hinblick auf die Möglichkeit des Klägers zu verneinen, gemäß § 670 BGB analog einen finanziellen Ausgleich für sein Vermögensopfer erlangen zu können. Dass der durch eine Allgemeine Geschäftsbedingung des Verwenders benachteiligte Vertragspartner die Möglichkeit hat, notfalls im Klagewege Ansprüche gegen diesen durchsetzen zu können, ist kein im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigender Umstand.
4. Dem Kläger steht nach Auffassung der Kammer vor dem Hintergrund der Unwirksamkeit des § 2 Abs. 3 des Arbeitsvertrags ein einklagbarer Anspruch auf Überlassung eines internetfähigen Mobiltelefons zur Ausübung seiner Tätigkeit mit entsprechendem Datennutzungsvertrag zu. Er kann nicht darauf verwiesen werden, dass sich die Beklagte im Annahmeverzug gemäß §§ 615, 295 ff. BGB befindet, solange sie ihm die für die Erbringung der Arbeitsleistung erforderlichen Betriebsmittel nicht zur Verfügung stellt, so dass ihm sein Vergütungsanspruch erhalten bleibt. Dies folgt als Annex daraus, dass dem Arbeitnehmer im bestehenden Arbeitsverhältnis ein Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung zusteht (vgl. hierzu BAG 10. November 1955 - 2 AZR 591/54 - AP BGB § 611 Beschäftigungspflicht Nr. 2, BAG (GS), 27. Februar 1985 - GS 1/84 - AP BGB § 611 Beschäftigungspflicht Nr. 14, BAG 15. Mai 1991 - 5 AZR 271/90 - BAGE 68, 60; BAG 9. April 2014 - 10 AZR 637/13- NZA 2014, 719). Der Beschäftigungsanspruch folgt aus den §§ 611, 613 BGB i. V. m. § 242 BGB und beruht auf der arbeitsvertraglichen Förderungspflicht des Arbeitgebers im Hinblick auf das Beschäftigungsinteresse des Arbeitnehmers unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen der Art. 1 und 2 GG zum Persönlichkeitsschutz (BAG (GS), 27. Februar 1985 - GS 1/84 - AP BGB § 611 Beschäftigungspflicht Nr. 14, BAG 15. Mai 1991 - 5 AZR 271/90 - BAGE 68, 60; BAG 9. April 2014 - 10 AZR 637/13- NZA 2014, 719). Eine einseitige Suspendierung des Arbeitnehmers ohne vertragliche Vereinbarung ist grundsätzlich nicht zulässig. Der Anspruch muss nur dann zurücktreten, wenn überwiegende schutzwerte Interessen des Arbeitgebers entgegenstehen (vgl. BAG, 10. November 1955, 2 AZR 591/54, AP BGB § 611 Beschäftigungspflicht Nr. 2, II. der Gründe, BAG (GS), 27. Februar 1985, GS 1/84, AP BGB § 611 Beschäftigungspflicht Nr. 14, C. I. 2. und 3. der Gründe; BAG 9. April 2014, 10 AZR 637/13, NZA 2014, 719). Der Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung und der damit verbundene Schutz vor einseitiger Freistellung würde entwertet, wenn dem Arbeitnehmer nicht die Möglichkeit eingeräumt würde, die Stellung von Arbeitsmitteln einklagen zu können, ohne die er seiner Arbeitsleistung faktisch nicht erbringen kann. Ebenso wenig kann er darauf verwiesen werden, seine Arbeitsleistung, obwohl er hierzu rechtlich nicht verpflichtet ist, mit eigenen Arbeitsmitteln zu erbringen und finanziellen Ausgleich im Wege des § 670 BGB zu suchen. Damit würde der von § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB bezweckte Schutz völlig entwertet.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 91, 92 ZPO.
IV.
Die Revision ist gem. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen. Die Frage, ob ein Arbeitnehmer einen klagbaren Anspruch auf Überlassung von für die Erbringung seiner Arbeitsleistung erforderlichen Arbeitsmitteln hat oder auf die Möglichkeit verwiesen werden kann, Annahmeverzugslohn einzuklagen, wenn sie ihm nicht zur Verfügung gestellt werden, ist, soweit erkennbar, noch nicht höchstrichterlich entschieden.