VG Halle, Urteil vom 24.06.2015 - 6 A 241/12
Fundstelle
openJur 2021, 20705
  • Rkr:
Rubrum

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In der Verwaltungsrechtssache

des Herrn Dr. A.,

A-Straße, A-Stadt,

Klägers,

Proz.-Bev.: Rechtsanwälte B.,

B-Straße, B-Stadt, - -

g e g e n

die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, vertreten durch den Rektor,

Universitätsplatz 10, 06108 Halle (Saale),

Beklagte,

Proz.-Bev.: Rechtsanwälte C.,

C-Straße, A-Stadt, - -

Streitgegenstand: Hochschulrecht

hat das Verwaltungsgericht Halle - 6. Kammer - auf die mündliche Verhandlung vom

24. Juni 2015 durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht ..., die Richterin am Verwaltungsgericht ... und die Richterin am Verwaltungsgericht ... sowie die ehrenamtlichen Richterin ... und ehrenamtlichen Richter ... für Recht erkannt:

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen den Entzug seines akademischen Grades eines "Dr. phil." durch die beklagte Universität.

Dieser war ihm durch die Philosophische Fakultät der Beklagten aufgrund seiner Dissertation und der am 18. Dezember 2003 abgelegten mündlichen Prüfung am 28. April 2004 mit dem Gesamtprädikat "cum laude" verliehen worden. Die von ihm eingereichte, 404 Seiten umfassende schriftliche Arbeit aus dem Fach Soziologie mit dem Thema "Das Sanierungsgebiet Hemshof in Ludwigshafen am Rhein – Eine Bilanz von 30 Jahren baulicher Erneuerung und sozialer Veränderung -" (als elektron. Dokument im Internet abrufbar unter "sundoc.bibliothek.uni-halle.de/diss-online/03/06H158/prom") war von Herrn Prof. Dr. H. S. als Erstgutachter und Frau Prof. Dr. U. R. als Zweitgutachterin jeweils mit "cum laude" bewertet und durch den Promotionsausschuss der Fakultät für Geschichte, Philosophie und Sozialwissenschaften der Beklagten am 25. November 2003 als Dissertation angenommen worden. In seinem im Juli 2003 unter Beifügung der Dissertation gestellten Antrag auf Eröffnung des Promotionsverfahrens erklärte der zeitgleich als Leiter des Dezernates Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule bei der Stadt Lepzig in einem Arbeitsverhältnis stehende Kläger, er stelle den Antrag "in Kenntnis der Bestimmungen über die Voraussetzungen und Verfahrensfragen zur Promotion" und habe die wissenschaftliche Arbeit an keiner anderen wissenschaftlichen Einrichtung zur Erlangung eines akademischen Grades eingereicht. Die Dissertation enthält im Anhang "Dokumente" die Erklärung "Ich versichere hiermit, die vorliegende Dissertation selbständig verfasst und keine anderen als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel verwendet zu haben."

Am 29. Mai 2011 erhielt der Dekan der Philosophischen Fakultät I eine mit dem Pseudonym "Hari Seldon" unterzeichnete E-Mail, in der Plagiatsvorwürfe gegen den Kläger hinsichtlich seiner Dissertation erhoben wurden. Beigefügt war dieser eine 25 Seiten umfassende synoptische Gegenüberstellung von Teilen der Arbeit des Klägers mit Auszügen aus im Einzelnen benannten Literaturstellen einschließlich Angaben zur Art und Weise der festgestellten Textübernahmen sowie zu Form und Umfang bzw. Fehlen ihrer Kenntlichmachung als Zitate in der Dissertation des Klägers.

Der Dekan lud daraufhin den Promotionsausschuss zu einer außerplanmäßigen Sitzung am 8. Juni 2011 und setzte auch den Kläger mit E-Mail vom 1. Juni 2011 darüber in Kenntnis. Die beiden Gutachter der Dissertation gaben auf Anforderung des Dekans jeweils eine schriftliche Stellungnahme ab.

Der Promotionsausschuss beschloss in der Sitzung eine nähere Prüfung der gesamten Dissertation unter Hinzuziehung von Fachleuten, worüber der Dekan den Kläger am 10. Juni 2011 informierte. Dieser antwortete am gleichen Tag, er könne nicht nachvollziehen, worauf sich die Vorwürfe gründeten. Seine intensiven Forschungen zu dem Thema stammten aus seiner Zeit als Stadtforscher und Stadtentwicklungsplaner in den 1980er Jahren. Als mit einer entsprechenden Studie in den Jahren 1970 bis 1982 beauftragter wissenschaftlicher Mitarbeiter der Stadt Ludwigshafen habe er Zugang zu einschlägigem Datenmaterial gehabt. Die Aufarbeitung von Material von Wohnungsbaugesellschaften, Melderegistern oder Sanierungsbehörden sei Kernarbeit gewesen und der zentrale Teil der Dissertation. Die Daten bis zum Jahr 2000 habe er durch Kontakte zu alten Kollegen nacharbeiten können. Seine Arbeit sei eine Fleißarbeit und habe mit seiner aktuellen Tätigkeit nichts zu tun.

In der Folgezeit wurden gutachterliche Stellungnahmen zu den Plagiatsvorwürfen von drei Professoren unterschiedlicher Fachbereiche eingeholt; auch die beiden Gutachter äußerten sich erneut schriftlich.

Nach weiterer Beratung der Mitglieder des Promotionsausschusses am 5. Oktober 2011 – an dieser nahmen auch der Rektor der Beklagten, Prof. Dr. S., und Prof. Dr. St. von der juristischen und wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät als "beratende Mitglieder" zur "Erweiterung des Promotionsausschuss" sowie die Justiziarin und der Pressesprecher der Beklagten "zum Informationsaustausch" teil - gab dessen Vorsitzender dem Kläger mit Schreiben vom 17. Oktober 2011, zugestellt am 20. Oktober 2011, den Sachverhalt bekannt. Aus diesem sei das Fazit zu ziehen, dass es sich sowohl bei den in der anonymen Mail bezeichneten als auch den weiteren, auf der Internetplattform "vroniplag" identifizierten Textpassagen um Plagiate handele. Dies gelte auch für die Abbildungen und Tabellen ohne spezifischen Herkunftsnachweis. Die Mitglieder des Promotionsausschusses beschlossen sodann neben der Einladung des Klägers unter Mitteilung der bestehenden Tendenz zur Aberkennung des Doktortitels einstimmig ein "weiteres Verfahren nach der Promotionsordnung", das – entsprechend dem Abstimmungsergebnis 7:1 - als "Täuschung" und nicht mit der Variante "Irrtümliche Annahme der Dissertation" begründet werden solle. Dem Kläger werde Gelegenheit zur mündlichen oder schriftlichen Stellungnahme gegeben, für die ihm eine Frist von vier Wochen nach Zustellung zur Verfügung stehe.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 7. November 2011 kündigte der Kläger eine Einlassung zur Sache im Rahmen einer mündlichen Anhörung an und beantragte vorherige Akteneinsicht. Mit weiterem Schriftsatz vom 30. Januar 2012 trug der Kläger im Wesentlichen vor, einer Entziehung sei die Promotionsordnung der Philosophischen Fakultäten I-III der Beklagten in der Fassung vom 9. Februar 2011 zugrunde zu legen. Diese sehe in ihrem § 2 Abs. 2 jedoch entgegen der Verfahrensweise der Beklagten in der Sitzung des Promotionsausschusses vom 5. Oktober 2011 weder eine Erweiterung um "beratende Mitglieder" noch die Anwesenheit von Personen "zum Informationsaustausch" vor. Soweit Beratungsergebnisse auf Beiträgen dieser Personen basierten, seien sie nicht verwertbar. Zudem halte er auch bestimmte Vorgehensweisen des Dekans nach Erhalt der anonymen E-Mail, insbesondere im Zusammenhang mit der Information und Einholung von Stellungnahmen der beiden Gutachter seiner Dissertation sowie der um gutachterliche Stellungnahme gebetenen Professoren für bedenklich.

Als Rechtsgrundlage der Entziehung komme ausschließlich § 20 Abs. 1, 2 der Promotionsordnung in Betracht, so dass eine Täuschung vorliegen müsse. Die Beratung beruhe zudem auf einer falschen Grundlage, weil die in der vorgenannten Sitzung des Promotionsausschusses alternativ zur Abstimmung gestellte Tatbestandsvariante "irrtümliche Annahme (der Dissertation)" von vornherein ausscheide.

Hinsichtlich der Frage, ob er den Doktorgrad danach "durch Täuschung erworben habe", sei die gesetzlich nicht fixierte Definition eines Plagiates als "Aneignen fremder geistiger Leistungen" maßgeblich. Darin liege regelmäßig auch eine Urheberrechtsverletzung. Der somit erforderliche "Fremdbezug" fehle jedoch, soweit die Beklagte Inhalte aus der Veröffentlichung "20 Jahre bauliche Erneuerung und sozialer Wandlung im Sanierungsgebiet Hemshof" in den "Informationen zur Stadtentwicklung Ludwigshafen 9/91" als Plagiate werte. Denn er – der Kläger – sei selbst "wesentlicher Autor" dieses Beitrags und habe gerade keinen "fremden" Text als eigenständige Leistung dargestellt. Angesichts des Amtsermittlungsgrundsatzes treffe ihn auch nicht die Pflicht, seine Autorenschaft belegen zu müssen. Zudem habe er auf Anregung der Zweitgutachterin zumindest im Rahmen der Abgabe der Doktorarbeit darauf hingewiesen, dass ihm dieser Beitrag als eine Verwertungsbasis zur Verfügung gestanden und er ihn in ein Gesamtwerk integriert habe.

Mit der Verwendung von eingeleiteten, aber nicht durchgehend kenntlich gemachten Zitaten ("Nach Krautter …) habe er lediglich handwerkliche Defizite offenbart. Er zitiere aber die Quelle und lege offen, dass fremdes Gedankengut verwendet werde. Es seien offensichtlich gerade diese handwerklichen Schwächen gewesen – die er einräume -, wegen derer die Gutachter eine Bewertung nur mit "cum laude" vorgenommen hätten.

Dass eine Handlung – wie die Beklagte formuliere – einer Täuschung lediglich "gleichkomme", reiche nach § 20 Abs. 2 PromO ohnehin nicht aus. Ein vorsätzliches Handeln sei gänzlich auszuschließen, da er die benutzten Quellen ausnahmslos im Literaturverzeichnis aufgeführt habe. Als extern Promovierender habe er weder eine universitätsinterne Betreuung und Überarbeitung noch ein Lektorat seiner Doktorarbeit gehabt und sei auch mit den universitätsintern bestehenden, notwendigen wissenschaftlichen Standards nicht vertraut gewesen. Diese Einwände griffen auch durch, falls die Beklagte die Entziehung auf § 48 VwVfG stützen wollte.

Am 31. Januar 2012 erfolgte die mündliche Anhörung des Klägers vor dem Promotionsausschuss. Zur Entstehung seiner Arbeit trug der Kläger vor, der größte Teil sei in den Jahren 1983 bis 1985 aus seiner Arbeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter für Stadtentwicklung in Ludwigshafen durch Archivarbeiten etc. erstellt worden; dies sei der Kern der Arbeit. Jede Karte, Tabelle und Grafik sei nur von ihm selbst recherchiert und aufgearbeitet worden; den Gutachtern sei dies bekannt gewesen. Der zweite Teil der Arbeit sei in den Folgejahren entstanden. Als Anfang der 1990er Jahre auf politischen Druck hin einige Informationen hätten veröffentlicht werden müssen, sei die Broschüre "20 Jahre bauliche Erneuerung und sozialer Wandel im Sanierungsgebiet Hemshof" entstanden. In diese seien Teile seiner bis dahin unveröffentlichten Arbeit eingeflossen; an der Veröffentlichung seien auch andere Personen mitbeteiligt gewesen. Dem sei ein dritter Teil zur Erläuterung des Datenmaterials vorangestellt worden. Er sei bereits in den 1970er Jahren und auch nicht langjährig "akademisch sozialisiert" worden, sondern vielmehr ein "Mann der Praxis". Die spätere Zweitgutachterin habe ihn gefragt, ob er bei ihr promovieren wolle, und den Kontakt zum späteren Erstgutachter hergestellt. Dieser habe ihm nach Erhalt der Arbeit erklärt, dass er sie für "spannend" halte, aber noch einiges daran gemacht werden müsse. Auf seinen Einwand, dass er beruflich zu beansprucht sei, habe Prof. S. erklärt, dass er ohne eine Überarbeitung nur ein "cum laude" erhalten könne, was ihm selbst akzeptabel erschienen sei. Weiterhin äußerte der Kläger, er sei "entsetzt" über die Unterstellung einer Täuschung; er wisse selbst, dass er seine Arbeit hätte "gründlicher lektorieren" müssen und wünsche eine "saubere Aufklärung". Er habe im Vorfeld alles mit Frau Prof. Dr. R. besprochen. Die akademischen Grundlagen habe er schon gekannt, aber gegen Ende der Arbeit Zeitprobleme gehabt.

Auf Nachfrage zu der von ihm im Rahmen einer Pressekonferenz getätigten Äußerung, die Broschüre sei in einem Team erstellt worden, führte der Kläger aus, der Text stamme von ihm; Kollegen hätten ihn auf der Grundlage seiner eigenen Arbeiten unterstützt und darüber hinaus auch weitere Daten verwendet sowie nach seinen Vorgaben Karten gezeichnet und Tabellen zu Daten erstellt, die er selbst gesammelt habe. Er habe keine Täuschungsabsicht gehabt. Seine Erklärung über die Eigenständigkeit der Arbeit sei ihm damals richtig erschienen. Er habe die Quellen angegeben, ein Literaturverzeichnis und andere Verzeichnisse erstellt und in gutem Glauben mehrere Seiten aus Büchern im Text übernommen; er hätte die Zitate besser kenntlich machen müssen, habe aber seinerzeit den mehrfachen Hinweis auf "Auszüge" für korrekt gehalten. Er wolle noch Belege dafür einreichen, dass er bei der Erstellung der Broschüre der "einzige Wissensträger" gewesen sei.

Mit Schriftsatz vom 19. März 2012 erklärte der Kläger, dass für seine diesbezügliche Autorenschaft keine weiteren Belege beigebracht werden könnten; er sei aber bereit, dies an Eides statt zu versichern.

Daraufhin beschloss der Promotionsausschuss der Beklagten in seiner Sitzung vom 19. März 2012 nach mündlicher Anhörung des Erstgutachters und der Zweitgutachterin einstimmig, dass dem Kläger "gemäß § 20 (2) der Promotionsordnung aufgrund des Vorliegens einer Täuschung der Doktorgrad zu entziehen" und der Beschluss dem Fakultätsrat "zum Vollzug" vorzulegen sei. Dieser nahm in einer Sitzung am 18. April 2012 die "Empfehlung an".

Sodann entzog die Beklagte dem Kläger mit förmlichem Bescheid vom 23. Mai 2012 den ihm verliehenen Doktorgrad und stellte fest, dass er gemäß § 52 VwVfG LSA zur Herausgabe der Urkunde unter der Bedingung des Eintritts der Bestandskraft der Entziehung verpflichtet sei. Zur Begründung führte sie aus: Gemäß § 20 Satz 2 des Hochschulgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt – HSG LSA - könne die Hochschule, die den Doktorgrad verliehen habe, über die Entziehung entscheiden, die nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Regelung möglich sei, wenn sich nachträglich herausstelle, dass der Titel durch Täuschung erworben worden sei oder wenn wesentliche Voraussetzungen für die Verleihung irrigerweise als gegeben angenommen worden seien. Zuständig sei gemäß § 77 Abs. 2 Ziff. 6 HSG iVm. § 20 Abs. 2 der im Amtsblatt Nr. 3 vom 22. März 2011 veröffentlichten, einschlägigen Promotionsordnung der Promotionsausschuss. Dieser sei nach Prüfung der Unterlagen und durchgeführter Anhörung zu dem Schluss gekommen, dass beide Alternativen des § 20 Satz 1 Nr. 1 HSG LSA vorlägen und der Kläger die Täuschung zumindest billigend in Kauf genommen habe. Entgegen der von ihm abgegebenen Erklärung nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 der seinerzeit geltenden Promotionsordnung seien wesentliche Teile der Dissertation nicht als selbständige Leistung des Klägers anzusehen. Das Interesse daran, dass niemand einen durch Täuschung erworbenen akademischen Grad behalten könne, gehe eventuellen beruflichen Nachteilen vor. Sie stütze sich dabei auf die Rechtsprechung verschiedener Verwaltungsgerichte. Der Kläger habe in quantitativ erheblichem Umfang fremde Texte ohne Kennzeichnung verwendet oder nur mit der sich von der Quelle distanzierenden Anmerkung "folgt in Auszügen" versehen. Dadurch habe der Leser eigene Textproduktion und Fremdtextübernahme nicht unterscheiden und das Ausmaß der Letzteren nicht erkennen können. Es handele sich bei den entsprechenden Fußnoten um ein sog. "verschärftes Bauernopfer", das eine eigenständige Formulierung suggeriere, obwohl der Kläger seitenweise abgeschrieben und komplette Passagen im Wesentlichen unverändert übernommen habe. Die beiden Gutachter der Arbeit sähen diese Vorgehensweise ebenfalls als Täuschung an. Die gelegentliche, leichte Veränderung des übernommenen Textes deute zudem daraufhin, dass der Kläger wissentlich gehandelt habe.

Die Einlassung des Klägers, er habe als "Mann der Praxis" keine ausreichende Kenntnis über die Anforderungen an eine wissenschaftliche Zitierweise gehabt und sein Vorgehen für ausreichend erachtet, sei nicht glaubwürdig, da entsprechende Grundfähigkeiten schon während des Studiums erworben würden. Zudem gebe der Kläger selbst an, jahrelang als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Stadt Ludwigshafen beschäftigt gewesen zu sein. Auch habe er durch ordnungsgemäße Zitierweise an anderen Stellen seiner Dissertation belegt, dass er in der Lage sei, Fremdtextpassagen ordnungsgemäß zu kennzeichnen. Wer unterschiedliche Zitierweisen selektiv verwende, wisse, was er tue. Seine Methode durchziehe die Arbeit. Soweit er einwende, beide Gutachter hätten von der Verwertung der Broschüre aus der Ludwigshafener Schriftenreihe 9/91 gewusst und dem zugestimmt, sei dies angesichts deren Einlassungen vor dem Promotionsausschuss schon nicht belegbar. Dies sei aber auch unerheblich, weil es auf eine Täuschung der Ausschussmitglieder als der entscheidungserheblichen Personen im Promotionsverfahren ankomme. Es sei auch nicht Aufgabe der Gutachter, als Lektoren tätig zu werden. Der Doktorand trage die Verantwortung für die wissenschaftliche Redlichkeit seiner Arbeit allein. Die Behauptung des Klägers, er habe die Broschüre, aus der wesentliche Textpassagen, Abbildungen und Tabellen übernommen wurden, mitverfasst, wenn nicht gar federführend erstellt, führe zu keinem anderen Ergebnis. Zum einen enthalte diese keinen Verweis auf ihre Verfasser; der Kläger habe selbst erklärt, dass es Mitautoren gebe und trotz ausreichender Fristsetzung keine Belege dafür erbringen können, dass er die Broschüre allein erstellt habe. Zum anderen würden die festgestellten Verstöße, die substantielle und signifikante Teile der Arbeit beträfen, auch für sich gesehen zu keiner anderen Entscheidung des Promotionsausschusses führen. Eine Kenntnis des heute bekannten Sachverhaltes hätte die Gutachter zu einer Nichtannahme der Dissertation veranlasst. Der Kläger habe auch gebilligt, dass die Gutachter das Ausmaß der Übernahme von Texten anderer Urheber nicht bemerkt und die Passagen als seine eigene Leistung gewertet hätten. Die Täuschung sei kausal, da der Promotionsausschuss irrigerweise von der Eigenständigkeit der Leistung als wesentlicher Voraussetzung für die Verleihung des akademischen Grades ausgegangen sei.

Der Entziehung des Doktorgrades stünden auch keine Verfahrensmängel entgegen.

Der Kläger erhob hiergegen am 25. Juni 2012 mit der Begründung Widerspruch, es bestehe keine hinreichende Ermächtigungsgrundlage. Die Beklagte habe nicht auf die Bestimmungen des HSG LSA abstellen dürfen, sondern ausschließlich auf § 48 VwVfG. Allenfalls könne § 20 Abs. 2 der Promotionsordnung angewendet werden, der jedoch keine Ermächtigung des Fakultätsrats enthalte. Zudem hätte die Beklagte ihm vor der Entscheidung über den Entzug seines Doktorgrades das Ergebnis der Anhörung der beiden Gutachter zugänglich machen müssen. Der Bescheid sei auch materiell rechtswidrig. Er werde mit seiner Einlassung, er sei "der alleinige inhaltliche Autor" der Broschüre, nicht gehört. Die Mitarbeit Dritter habe sich auf Zuarbeiten beschränkt, die nichts mit dem Inhalt des Werkes zu tun hätten. Die Annahme eines Selbstplagiats scheide schon tatbestandlich aus. Alle übrigen Schwächen der Arbeit stellten "handwerkliche Mängel" dar. Die ausnahmslose Offenlegung aller verwendeten Quellen spreche sowohl gegen die Täuschungstauglichkeit seiner Vorgehensweise als auch gegen einen entsprechenden Vorsatz. Kein tatsächlich Täuschender lege im Rahmen einer Doktorarbeit die Quellen offen und eröffne damit dem Leser die Möglichkeit der Überprüfung.

Die Beklagte wies den Widerspruch nach entsprechendem Beschluss des Promotionsausschusses mit Widerspruchsbescheid vom 11. September 2012 als unbegründet zurück.

Der Kläger hat daraufhin am 10. Oktober 2012 Klage erhoben, zu deren Begründung er sein bisheriges Vorbringen vertieft und ergänzend vorträgt:

Aufgrund der angefochtenen Bescheide stehe fest, dass der Promotionsausschuss beschlossen habe, ihm gemäß § 20 Abs. 2 der Promotionsordnung iVm. § 20 Abs. 2 HSG LSA aufgrund des Vorliegens einer Täuschung den Doktorgrad zu entziehen. Diese Regelungen enthielten dafür jedoch keine ausreichende Grundlage. § 20 HSG LSA, auf den § 20 Abs. 1 PromO evtl. hinweise, beziehe sich ausdrücklich auf den Fall des Widerrufs eines rechtmäßigen Verwaltungsaktes zur Abgrenzung vom allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht. Die "regelungsengere" Vorschrift des § 20 Abs. 2 PromO sehe anders § 20 Abs. 1 Ziffer 1 HSG LSA die Entziehung nur im Falle des Erwerbs durch Täuschung vor, nicht aber für den Fall, dass seinerzeit wesentliche Verleihungsvoraussetzungen irriger Weise als gegeben angenommen worden seien. § 20 Abs. 1 Ziffer 1 HSG LSA iVm. § 20 Abs. 1 PromO scheide jedoch ebenso wie die §§ 48, 49 VwVfG iVm. § 1 Abs. 1 VwVfG LSA als Rechtsgrundlage aus, weil sie in den Bescheiden nicht benannt und somit auch nicht zur Anwendung gekommen seien.

Der bestätigende Beschluss des Fakultätsrates begründe einen Rechtsfehler, da dessen Tätigwerden von der Promotionsordnung nicht vorgesehen sei und die Zuständigkeit für die Entziehung ausschließlich beim Promotionsausschuss liege.

Die Entscheidung sei auch materiell rechtswidrig, da er seinen Doktorgrad entgegen den Voraussetzungen für eine Entziehung nach § 20 Abs. 2 PromO nicht durch Täuschung erworben habe. Abzustellen sei insoweit allein auf die vorgelegte Arbeit. Es könne schon nicht von einem Plagiat ausgegangen werden, weil er für die Dissertation seine eigene Schrift zur Hemshof-Sanierung verwendet habe. Dass er deren Autor sei, habe er im Rahmen der Anhörung kenntlich gemacht. Ungeachtet der Ausführungen des Widerspruchsbescheides zur "inhaltlichen Mitautorenschaft" sei das Werk nicht "fremd" im Sinne des Plagiatsbegriffs. "Alles, was tragend" sei, stamme von ihm. Er habe Texte und Tabellenköpfe erstellt und dann Aufträge erteilt, nach seinen Angabe Grafiken zu fertigen und Tabellen auszuwerten. Er habe die Form der Arbeit und die Verwendung der Schrift telefonisch mit Frau Prof. Dr. R. abgesprochen.

Den übrigen Plagiatsverwürfen sei entgegen zu halten, dass er die Verwendung einer jeden Quelle im Anhang seiner Dissertation eindeutig offen gelegt habe. Hinsichtlich des theoretischen Teils habe er auch nicht den Anspruch erhoben, Verfasser zu sein; vielmehr sei "kein Gedanke von [ihm] darin". Das einzig Neue sei die Empirie gewesen; dieses Datenmaterial hätte es ohne ihn nicht gegeben. Er habe in der theoretischen Einführung der Arbeit zum Teil seitenweise zitiert und dabei möglicherweise handwerkliche Fehler gemacht. Jedoch habe er durchweg nicht versäumt, darauf hinzuweisen, aus welcher Quelle die Zitate stammten. Dies hätte der Promotionsausschuss im Rahmen seiner Ermessensausübung würdigen müssen. Gleichwohl sei insbesondere nicht beachtet worden, dass er die wörtlichen Übernahmen der Unterkapitel 1.4.1 und 1.4.2 jeweils bereits in der Überschrift durch eine Fußnote offen gelegt habe. Damit sei für jedermann ersichtlich gewesen, dass es sich um Fremdtexte handele. Auf Seite 3 sowie unter Buchst. c) seines Bescheides stelle die Beklagte fest, dass ein weiterer Fremdtextkomplex eine kurze Passage (S. 359) enthalte, die durch die anonyme Email mit dem "Handbuch der örtlichen Sozialplanung" in Verbindung gebracht werde, obwohl er auf der vorhergehenden Seite in der Fußnote 53 auf die S. 1307 dieser Quelle verwiesen und damit wiederum offen zitiert habe. Dies gelte auch für das Zitat des Textes von Horst Krautter auf den Seiten 34-36 seiner Arbeit. Die Einleitung der Passage sei "sicherlich keine glückliche". Mit ihr und der angefügten Fußnote 7 habe er jedoch kenntlich gemacht, dass der nachfolgende Text nicht von ihm stamme. Insoweit sei unerheblich, ob der Leser dieser Ausführungen ein Plagiat erwarte; maßgeblich sei allein, ob er damit habe täuschen wollen.

Seine Zitierweise zeige deutlich, dass ihm kein – auch kein bedingter - Täuschungsvorsatz unterstellt werden könne. Denn der Täuschende lege Wert darauf, dass sein Handeln nicht wahrgenommen werde; bei einem – wie hier – offenkundigen Vorgang, liege schon begrifflich keine Täuschung vor. Die Fälle, die bislang Gegenstand der Rechtsprechung gewesen seien, unterschieden sich von seinem erheblich, weil die Betreffenden aus anderen Werken abgeschrieben und deren Zitation vollständig unterlassen hätten, so dass die Täuschung quasi erst durch Zufall offen gelegt worden sei.

Er gehe davon aus, dass er etwaige Zitiermängel hätte abstellen können, wenn seine Arbeit im Zeitpunkt der Verleihung des Doktorgrades ausreichend geprüft und er darauf hingewiesen worden wäre. Dies sei aber nicht der Fall gewesen. Da die Offenkundigkeit seiner Verwendung von Fremdtexten nicht in die Entziehungsentscheidung eingeflossen sei, müsse ein Ermessensfehlgebrauch angenommen werden. Auch habe die Beklagte sich offenbar zunächst von einem falschen Sachverhalt leiten lassen und die Inhalte des § 16 PromO fehlerhaft unter den § 20 Abs. 2 PromO subsumiert, indem sie die Ausschussmitglieder nicht nur über das Vorliegen einer Täuschung, sondern auch über das Vorliegen einer "irrigen Annahme" habe abstimmen lassen, obwohl Letzteres die Entziehung des Doktorgrades nach dieser Vorschrift nicht zulasse.

Da Gegenstand des Entziehungsverfahrens nicht die Frage sein könne, ob die Dissertation aus heutiger Sicht die seinerzeit vorgenommene Bewertung rechtfertige, dürfe der Promotionsausschuss die Arbeit nicht selbst neu bewerten und ihm sodann den Doktorgrad über den Umweg der Annahme einer Täuschung entziehen. Dies ließen aber die in einer Sitzung im Jahr 2012 geäußerten Zweifel des Rektors daran, ob seine Dissertation den wissenschaftlichen Anforderungen entspreche, befürchten.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 23. Mai 2012 und deren Widerspruchsbescheid vom 11. September 2012 aufzuheben,

sowie

die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie erwidert:

Unabhängig davon, dass der Ausgangsbescheid § 20 Abs. 1 HSG LSA angebe, hänge die Geltung der Ermächtigungsgrundlage nicht von deren ausdrücklicher Benennung ab. Der Promotionsausschuss habe die Entziehung des Doktorgrades des Klägers als zuständiges Gremium beschlossen; die zusätzliche "Bestätigung" der Entscheidung durch den Fakultätsrat stelle die Rechtmäßigkeit des Verfahrens nicht in Frage. Die Frage, ob der Kläger Autor einer der verwendeten Schriften sei, müsse nach den für das Verwaltungsverfahren geltenden Regeln für die Tatsachenfeststellung beurteilt werden; ein Verstoß gegen diese sei weder ersichtlich noch vorgetragen.

Selbst wenn der Kläger den Beitrag allein verfasst hätte, läge eine Täuschung vor. In einer Dissertation gehe es nicht darum, ob jemand irgendwann einmal eine eigenständige geistige Leistung erbracht habe, die er darin "wieder aufbereite", sondern ob die Dissertation in sich eine eigenständige Leistung darstelle. Bei wissenschaftlicher Betrachtungsweise täusche der Doktorand auch dann, wenn er durch fehlerhaftes Zitieren früherer eigener Werke insoweit einen Irrtum errege bzw. unterhalte. Im Übrigen stellten die vom Kläger angesprochenen Passagen nur die "CA. des Eisbergs" dar. Aufgrund der anderen Plagiate, die nicht aus der Broschüre "Hemshofsanierung" stammmten, habe sich ein Gesamtbild ergeben. Diese Textübernahmen seien auch für sich genommen erheblich. Es seien gerade die wiederkehrenden Zitiermängel, die auf eine Methode schließen ließen.

Auch die Nennung einer Quelle im Anhang oder an einer anderen Stelle der Arbeit lasse den Täuschungsvorsatz nicht entfallen. Denn es komme darauf an, ob die Gutachter und der Promotionsausschuss an der jeweiligen konkreten Textstelle über die Autorenschaft getäuscht wurden. Entgegen der Auffassung des Klägers habe sie die Formulierung "Text folgt in Auszügen" sowie die mit Fußnoten versehenen Überschriften nicht übersehen wie schon die Bescheidbegründungen zeigten. Der Kläger verkenne vielmehr den Kern der Vorwürfe. Es werde bemängelt, dass er zum einen das Ausmaß der Fremdtextübernahme nicht offen gelegt und zum anderen den Eindruck vermittelt habe, über etwas zu schreiben bzw. eigenständige Formulierungen zu verwenden, anstatt wortwörtlich abzuschreiben; man könne nicht erkennen, was eigener und was fremder Text sei. Seine Formulierung im Zusammenhang mit dem Text von Horst Krautter suggeriere, dass er dessen Fremderkenntnis in eigenen Worten schildere. Der Täuschungsvorsatz des Klägers ergebe sich bereits aus dem Umfang und der Art der Verstöße, die auf ein planmäßiges Handeln schließen ließen, so dass sich der Kläger auch nicht auf bloße "handwerkliche Fehler" bei Anwendung der Zitierregeln berufen könne, zumal er an anderen Stellen belegt habe, dass er durchaus in der Lage sei, "handwerklich korrekt" zu arbeiten.

Die Ermessensausübung sei ein wichtiger Erörterungspunkt gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.

Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 23. Mai 2012 ist in der Gestalt, die er durch deren Widerspruchsbescheid vom 11. September 2012 erhalten hat, rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO -.

Maßgeblich für die Rechtmäßigkeit der Entziehung des Hochschulgrades ist mangels anderweitiger Festlegungen im Hochschulrecht als dem einschlägigen Fachrecht die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (vgl. VG Regensburg, Urteil vom 31. Juli 2014 - RO 9 K 13.1442 -, zit. nach juris Rdn. 28 mwN.; VG Düsseldorf, Urteil vom 20. März 2014 – 15 K 2271/13 -, zit. nach juris Rdn. 40; VG Karlsruhe, Urteil vom 4. März 2013 – 7 K 3335/11 -, zit. nach juris Rdn. 28), d.h. hier insbesondere die Vorgaben des Hochschulgesetzes für das Land Sachsen-Anhalt in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Dezember 2010 – HSG LSA – sowie die auf der Grundlage des § 18 Abs. 7 HSG LSA erlassene Promotionsordnung der Philosophischen Fakultäten I, II und III der beklagten Universität vom 9. Februar 2011 - PromO -.

Die angefochtene Verfügung ist entgegen der Auffassung des Klägers formell rechtmäßig.

Der ihr zugrunde liegende Beschluss ist durch den Promotionsausschuss der Fakultät I der beklagten Universität als zuständigem Gremium gefasst worden, das dem Kläger im April 2004 den akademischen Grad eines "Dr. phil." verliehen hatte. Denn gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 HSG LSA entscheidet diejenige Hochschule, die den Hochschulgrad verliehen hat, auch über dessen Entziehung; hochschulintern ist diese Aufgabe durch § 20 Abs. 2 Satz 1 PromO dem Promotionsausschuss zugewiesen.

Den in der letztgenannten Vorschrift geregelten Anforderungen an das Verwaltungsverfahren ist ebenfalls genügt worden. Danach hat die Entziehung im Beschlusswege zu erfolgen; dabei ist gemäß deren Satz 2 dem Inhaber des Doktorgrades vor der Beschlussfassung Gelegenheit zur Stellungnahme zur Sache innerhalb von vier Wochen zu geben. Nach Satz 3 der Regelung ist der Beschluss mit Gründen zu versehen und dem Betroffenen zusammen mit einer Rechtsbehelfsbelehrung schriftlich mitzuteilen. Der Kläger, der durch den Dekan bereits am dritten Tag nach dem Eingang der anonymen Email über die Vorwürfe informiert worden war, hat sich im "Anhörverfahren nach der Promotionsordnung der Philosophischen Fakultät" mit anwaltlichem Schreiben vom 30. Januar 2012 umfangreich schriftlich zur Sache geäußert und ist zudem am 31. Januar 2012 vor dem Promotionsausschuss auch mündlich angehört worden. Der am 19. März 2012 einstimmig gefasste Beschluss der Mitglieder des Promotionsausschusses ist dem Kläger sodann in der äußeren Form eines förmlichen, mit Gründen und Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bescheides bekannt gegeben worden.

Dass sich der Fakultätsrat, dem die Entscheidung – wie es in dem Beschluss des Promotionsausschusses heißt – "zum Vollzug" vorgelegt werden sollte, diese offenbar lediglich als "Empfehlung" gewertet und sich seinerseits – möglicherweise als actus contrarius zur Verleihung von Hochschulgraden (§ 77 Abs. 2 Nr. 6 HSG) veranlasst gesehen hat, über deren Annahme zu beschließen, ist unerheblich. Eine rechtlich nicht erforderliche Zustimmung eines Gremiums zu der Entscheidung einer anderen hierzu berufenen Stelle vermag weder einen Zuständigkeits- noch einen Formmangel zu begründen, wenn Letztere – wie hier – verfahrensfehlerfrei entschieden hat.

Die Entscheidung begegnet auch in materieller Hinsicht keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

Rechtsgrundlage der Entziehung des akademischen Grades des Klägers ist § 20 Abs. 2 Satz 1 PromO, den die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden ausdrücklich als solche benannt hat. Danach kann, soweit in den gesetzlichen Bestimmungen, auf deren Geltung der Abs. 1 der Regelung deklaratorisch hinweist, nichts anderes vorgesehen ist, der Doktorgrad durch Beschluss des Promotionsausschusses entzogen werden, wenn sich herausstellt, dass er durch Täuschung erworben wurde. Diese Voraussetzungen sind hier entgegen der Ansicht des Klägers erfüllt. Der Anwendung des § 20 Abs. 2 Satz 1 PromO stehen vorrangige gesetzliche Bestimmungen nicht entgegen; vielmehr steht die Regelung nahezu wortgleich in Einklang mit den Vorgaben des HSG LSA. Denn dieses sieht in seinem § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 1. Alternative ausdrücklich vor, dass der von einer Hochschule des Landes Sachsen-Anhalt verliehene Hochschulgrad unbeschadet der im Verwaltungsverfahrensrecht getroffenen Regelungen zum Widerruf eines rechtmäßigen Verwaltungsaktes (u.a.) dann entzogen werden kann, wenn sich nachträglich herausstellt, dass er durch Täuschung erworben worden ist. Der Einwand des Klägers aus dem Widerspruchsverfahren, wonach die Beklagte ausschließlich auf § 48 VwVfG abstellen müsse, geht schon deshalb fehl, weil die hochschulrechtlichen Vorschriften den Bestimmungen des allgemeinen Verwaltungsverfahrensrechts als spezialgesetzliche Regelungen vorgehen. Soweit der Kläger nunmehr im Klageverfahren vorträgt, § 20 HSG LSA betreffe nur den Widerruf rechtmäßiger Verwaltungsakte zwecks Abgrenzung vom allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht, kann dem nicht gefolgt werden. Die Regelung lässt eine derartige Einschränkung nicht erkennen. Zudem erklärt der Landesgesetzgeber die allgemeinen Widerrufsregelungen lediglich "unbeschadet", d.h. neben den spezielleren Regelungen des Hochschulrechts, für anwendbar. Ohnehin dürfte ein Widerruf im Wesentlichen nur in den - hier nicht einschlägigen – Fallgruppen des § 20 Abs. 1 Nr. 3 HSG in Betracht kommen, bei denen der Grund für die Entziehung des akademischen Grades darin besteht, dass dieser zwar seinerzeit rechtsfehlerfrei verliehen worden ist, sein Inhaber sich aber durch späteres Verhalten nach dem Abschluss des Promotionsverfahrens als unwürdig erwiesen hat, ihn auch zu führen.

Der Kläger hat entgegen seiner eigenen Wertung bei der Erstellung seiner Dissertation getäuscht. Zwar mag es sein, dass er die Arbeit in Einklang mit der in ihrem Anhang enthaltenen Erklärung aus Juli 2003 in dem Sinne selbständig verfasst hat, dass weitere Personen bei ihrer Erstellung nicht eingebunden waren, und er dabei ausschließlich die angegebenen Quellen und Hilfsmittel verwandt hat. Jedoch hat er in erheblichem Umfang Teile seiner Arbeit durch wörtliche oder geringfügig abgewandelte Übernahmen aus Werken Dritter entlehnt, ohne dies hinreichend kenntlich zu machen, und sie dadurch als eigene Leistung ausgegeben.

Die Feststellung, wie viele Fremdstellen in einer Prüfungsarbeit ohne ausreichende Kennzeichnung übernommen wurden, und die rechtliche Einordnung des festgestellten Sachverhalts unter den Begriff der "Täuschung" erfordern keine besonderen Fachkenntnisse auf dem einschlägigen Gebiet der Wissenschaft und setzen keine prüfungsspezifischen Wertungen im Rahmen eines prüfungsrechtlichen Bewertungsspielraums voraus (vgl. VG Augsburg, Urteil vom 24. April 2009 – Au 3 K 09.10 -, zit. nach juris Rdn. 41; VG Schwerin, Urteil vom 9. April 2013 – 3 A 354/12 -, zit. nach juris Rdn. 29; Beschluss der Kammer vom 1. Juli 2014 – 6 A 18/14 HAL -, S. 3 d.BA). Sie sind daher einer vollumfänglichen Prüfung durch die Kammer zugänglich.

Der Promotionsausschuss hat seiner Entscheidung zutreffend zugrunde gelegt, dass die Dissertation des Klägers jedenfalls Plagiate unterschiedlichen Umfangs aus den folgenden Werken enthält:

1. Feldmann u.a., Handbuch der örtlichen Sozialplanung, 1986

2. Stadtentwicklung und Städtebau in Deutschland – Ein Überblick, Bericht des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung, 2000

3. Stadterneuerung im Land Brandenburg, Ministerium für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr [Hrsg.], 11/1997

4. Krautter, Horst, Neue Wege zur privaten Finanzierung von Stadterneuerungsaufgaben, in: Das Rathaus 7/1992 S. 414 ff.

5. 20 Jahre Bauliche Erneuerung und Sozialer Wandel im Sanierungsgebiet Hemshof, Amt für Stadtentwicklung der Stadt Ludwigshafen am Rhein [Hrsg.], Informationen zur Stadtentwicklung Ludwigshafen, 9/1991

Der Vortrag des Klägers, er habe sämtliche Quellen, einschließlich der vorgenannten, in seinem Literaturverzeichnis bzw. im Anhang seiner Arbeit aufgeführt, trifft zwar ganz überwiegend zu; ausgenommen hiervon ist nur das in der Begründung des Bescheides ebenfalls angesprochene Werk "Stadtflucht – Instrumente zur Erhaltung der städtischen Wohnfunktion und zur Steuerung von Stadt-Umland-Wanderungen" von H. Heuer und R. Schäfer aus dem Jahr 1978, das allerdings in der Fußnote 44 auf Seite 327 (ordnungsgemäß) zitiert worden ist. Entgegen der Auffassung des Klägers lässt dieser Einwand die Plagiatsvorwürfe aber nicht entfallen. Denn der Leser eines wissenschaftlichen Werks erwartet über eine bloße Quellenaufzählung hinaus, dass wörtliche Übernahmen bei den jeweiligen Textstellen als Zitate oder auf andere geeignete Weise deutlich gemacht werden (vgl. VG Freiburg, Urteil vom 23. Mai 2012 – 1 K 58/12 -, zit. nach juris Rdn. 38 mwN.).

1. Die Beklagte beanstandet daher zu Recht die Übernahme einer kurzen Passage aus dem "Handbuch der örtlichen Sozialplanung" (dort S. 1305) auf S. 359 der Arbeit ohne jeden Hinweis darauf, dass es sich um ein Zitat handelt. Der hiergegen gerichtete Einwand des Klägers, er habe auf der vorhergehenden Seite in der Fußnote 53 auf eine andere Seite dieser Quelle verwiesen, nämlich auf die S. 1307, und somit "offen" zitiert, trägt nicht. Denn ein Zitat an anderer Stelle lässt den Leser gleichwohl in Unkenntnis darüber, dass der konkrete Gedankengang nicht vom Kläger herrührt.

2. Der mit Ziffer 1.4.1 als "Überblick" zu Ziffer 1.4. "Stadtentwicklung und Stadterneuerung" bezeichnete Teil des Kapitels "Untersuchungsansatz", der die Seiten 12 bis 21 der Dissertation umfasst, stellt sich als umfassendes Plagiat der vorzitierten Veröffentlichung des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung aus dem Jahr 2000 dar. Der Kläger kann sich nicht erfolgreich darauf zurückziehen, dass er die Überschrift zu Ziffer 1.4. mit der Fußnote 3 ("Text folgt in Auszügen dem hervorragenden Überblick in: Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung BBR – Stadtentwicklung und Städtebau in Deutschland. Ein Überblick, Bonn 2000") versehen hat. Denn diese lässt aufgrund der Formulierung erwarten, dass sich zum einen das nachfolgende Kapitel lediglich inhaltlich den dort vertretenen Gedankengängen anschließt ("folgt") und dies zum anderen nur einzelne Passagen ("in Auszügen") eines ansonsten inhaltlich dem Kläger zuzurechnenden Textes betrifft. Stattdessen ist der Text des gesamten Unterkapitels 1.4.1 über knapp 9 Seiten ohne jegliche eigene Gedankenführung der Quelle 4 entnommen. Die Übernahme erfolgte bis auf vereinzelte geringfügige Umformulierungen (max. 3 Worte am Stück, ein Mal ein Halbsatz) wortwörtlich unter Beibehaltung von Gliederung und Überschriften. Die entsprechenden Seiten 12 bis 21 ( S. 15 enthält eine aus der gleichen Quelle entnommene Grafik, die allerdings mit vollständigem Zitat einschließlich Seitenzahlangabe versehen wurde) unterscheiden sich von den Seiten 45 bis 53 des Originaltextes nur insoweit, als nur wenige Sätze umfassende Passagen ausgelassen werden, die ausschließlich die – für das Thema der Dissertation unerheblichen - Entwicklungen auf dem Gebiet der ehemaligen DDR zum Gegenstand haben. Ohne klare Kenntlichmachung als Zitat erweckt der Kläger somit durch den Verweis auf das fremde Werk lediglich in einer Fußnote den Eindruck, er habe dessen Aussagen als Teil der eigenen Argumentation verarbeitet, anstatt deutlich zu machen, dass es sich um eine reine Wiedergabe der bereits erbrachten gedanklichen Leistung anderer handelt (vgl. VG Freiburg, aaO., Rdn. 39).

3. Ähnlich verhält es sich mit dem Unterkapitel 1.4.2 "Stadterneuerung", das der Veröffentlichung des Ministeriums für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr des Landes Brandenburg entnommen ist. Die an der Kapitelüberschrift angebrachte Fußnote 4 ("Text folgt in Auszügen aus: Land Brandenburg, Ministerium ...") lässt aufgrund ihrer Formulierung zwar den Eindruck zu, dass das Kapital Textübernahmen enthalten könnte, die Angabe "in Auszügen" weist diese aber unmissverständlich als Anleihen im Kontext eines im Übrigen eigenständigen Text des Klägers aus. Dies führt beim Leser zwangsläufig zu der Annahme, dass die Fremdtextübernahme sich auf eher kleinere Textanteile – nämlich Auszüge - beschränkt und es sich gerade nicht um eine nahezu umfassende Übernahme des Fremdtextes handelt. Letzteres ist hier aber der Fall. Denn das verwendete Heft umfasst nur 31 Seiten, von denen fünf Seiten auf das Impressum, Grußwort etc. entfallen, während sich Text und Grafiken auf die Seiten 4 -29 beschränken. Hiervon hat der Kläger die Seiten 4 und 5, eine Passage der Seite 12 sowie die Seiten 14, 15, 17-28 bis auf wenige Absätze vollständig und nahezu wortgleich übernommen. Der Text folgt somit entgegen den Angaben des Klägers in der Fußnote gerade nicht nur "auszugsweise", sondern vielmehr bis auf geringfügige Ausnahmen unmittelbar aus der Quelle; die Broschüre ist gewissermaßen Bestandteil der Dissertation. Es fehlen im Wesentlichen nur Ausführungen, die konkrete Beispielsfälle im Land Brandenburg (S. 7 bis 13) sowie den Denkmalschutz betreffen (S. 16). Ein ordnungsgemäßes Zitat, d.h. an konkreter Stelle und mit einer Seitenangabe, hat der Kläger allein an der Grafik 3 auf S. 26 der Arbeit angebracht.

4. Ferner hat der Kläger unter Ziffer 1.5 seiner Arbeit sowohl den Text des letzten Absatzes der Seite 34 als auch die nachfolgende Passage, die sich über die Seite 35 bis Seite 36, 1. Absatz erstreckt, abgesehen von drei geringfügigen Modifizierungen, einem Satzzeichen und einem offenbaren (Ab-)Schreibfehler wortwörtlich der Veröffentlichung von Prof. Horst Krautter aus dem Jahr 1992 entnommen. Zwar hat der Kläger den ersten und zweiten betroffenen Absatz jeweils mit der Formulierung "nach Krautter ..." eingeleitet, so dass die fehlende Seitenangabe und Kenntlichmachung einer wörtlichen und nicht nur sinngemäßen Übernahme der darin enthaltenen Aussagen insoweit eine Wertung als "handwerklichen Fehler" beim Zitieren noch rechtfertigen könnte. Allerdings gilt dies auch nur für die beiden unmittelbar mit dem Zusatz versehenen Absätze. Denn anhand der Formulierung der gesamten Passage wird für den Leser in keiner Weise deutlich, dass auch die sich an diese anschließenden Ausführungen (bezüglich der "globalen Vorgaben", die sich herausgebildet hätten, sowie die nachfolgende Aufzählung der "allgemeinen Grundsätze") ebenfalls von dem fremden Autor herrühren könnten, geschweige denn, dass sie – wie tatsächlich der Fall - inklusive der verwendeten Aufzählungszeichen und Nummerierung "eins zu eins" dessen Veröffentlichung entsprechen.

5. Soweit – unstreitig – erhebliche Teile der klägerischen Arbeit Bestandteil der vorzitierten Veröffentlichung der Stadt Ludwigshafen zum Thema "20 Jahre Bauliche Erneuerung und Sozialer Wandel im Sanierungsgebiet Hemshof" aus dem Jahr 1991 sind, kann der Plagiatsvorwurf entgegen der von der Beklagten im Rahmen der schriftlichen Klageerwiderung vertretenen Auffassung nicht darauf gestützt werden, dass die im Promotionsverfahren vorgelegte Arbeit kein "eigenständiges" Werk darstelle, weil der wesentliche Teile der Dissertation ausmachende Broschüreninhalt bereits Bestandteil dieser früheren Veröffentlichung war. Denn § 8 Abs. 3 PromO bzw. § 7 Abs. 3 der Promotionsordnung in der seinerzeit geltenden Fassung – PromO a.F. - stellt – worauf der Kläger zutreffend hinweist - ausdrücklich klar, dass auch eine bereits veröffentlichte Arbeit als Dissertation eingereicht werden kann; ein diesbezügliches Hindernis besteht nach dem Satz 1 der Regelung nur, wenn die Abhandlung bereits in einer anderen akademischen oder staatlichen Prüfung vorgelegt wurde. Dies ist hier jedoch unstreitig nicht der Fall.

Allerdings genügt der Umstand, dass der Kläger die Broschüre nicht allein verfasst hat, gleichwohl für die Annahme eines Plagiats. Ob er dabei – wie er nunmehr im Klageverfahren betont – ausschließlich von ihm herrührendes Material in seiner Doktorarbeit verwendet hat und - wie im Widerspruchsverfahren vorgetragen - der "alleinige inhaltliche Autor" ist, weil sich die Mitarbeit Dritter auf bloße Zuarbeiten beschränkt habe, oder aber die Broschüre – wie der Kläger im Anhörungsverfahren noch erklärt hatte - lediglich von ihm mitverfasst wurde, wobei er aber federführend und als "einziger Wissensträger" tätig gewesen sei, während die Kollegen ihn unterstützten sowie nach seien Vorgaben Karten und Tabellen erstellt hätten, bedarf keiner abschließenden Beurteilung durch die Kammer. Denn jedenfalls hat er die Broschüre auch nach eigenem Vorbringen nicht - wie von § 8 Abs. 5 PromO, § 7 Abs. 5 PromO a.F. gefordert - "selbständig" verfasst. Eine über die übliche Betreuung durch eine Hochschullehrerin oder einen Hochschullehrer oder eine rein sprachliche Korrektur hinausgehende Mitwirkung Dritter ist danach unzulässig. Nachdem er in der mündlichen Verhandlung zunächst erklärt hatte, er habe die Broschüre unter Verwendung seiner früheren Erhebungen in den 1980er Jahren allein erstellt, hat er dies auf weitere Nachfragen dahingehend relativiert, dass "alles, was tragend ist" von ihm sei und er anderen Mitarbeitern "Aufträge" bezüglich der Fertigung von Grafiken und Tabellen, deren Köpfe er vorgefertigt habe, und zur Datenauswertung erteilt habe. Vor diesem Hintergrund bedarf auch der Verweis der Beklagten auf einen in der Leipziger Volkszeitung vom 26. Juli 2011 erschienenen Artikel, demzufolge der Kläger im Rahmen einer Pressekonferenz erklärt habe, die Broschüre sei in einem Team von vier Kollegen entstanden, ohne die jeweiligen einzelnen Autoren einzeln zu kennzeichnen, keiner weiteren Sachaufklärung. Überdies hat der Kläger im Schreiben vom 19. März 2012 gegenüber der Beklagten selbst erklärt, er könne keine Belege für die von ihm behauptete Autorenschaft beibringen, obgleich ihm eigens zu diesem Zweck auf eigenen Wunsch eine Verlängerung seiner Stellungnahmefrist eingeräumt worden war. Die Promotionsordnung der beklagten Universität schließt zwar die Verwendung von wissenschaftlichen Gemeinschaftsarbeiten als Dissertation nicht grundsätzlich aus. Dies gilt aber nur für einen eigenständigen, klar abgrenzbaren und mit dem Namen der Bewerberin oder des Bewerbers gekennzeichneten Anteil daran und bedarf zudem der Anerkennung sowie eines besonderen Antrags des Doktoranden, § 8 Abs. 3 Satz 2 PromO, § 7 Abs. 2 PromO a.F.. Vor diesem Hintergrund hätte der Kläger aus der Broschüre wie bei jeder gänzlich fremden Quelle auch ordnungsgemäß zitieren müssen und nicht deren Inhalte über erhebliche Passagen als ausschließlich eigene Leistung ohne Offenlegung der Entnahmequelle darstellen dürfen.

Hinsichtlich der somit festgestellten Plagiate steht zur Überzeugung der Kammer auch fest, dass der Kläger zumindest bedingt vorsätzlich gehandelt hat. Soweit er einen Täuschungsvorsatz mit "handwerklichen Fehlern bei der Zitation" in Abrede stellen will, weil ihm als mit den universitären Gepflogenheiten und wissenschaftlichen Anforderungen nicht hinreichend vertrautem und beruflich stark beanspruchtem "Mann der Praxis" die erforderlichen Kenntnisse über die Erstellung einer wissenschaftlichen Arbeit gefehlt hätten, vermag er sich damit nicht zu entlasten. Ihm ist lediglich insoweit beizupflichten, als dass im Rahmen des § 20 Abs. 2 PromO, § 20 Abs. 2 Nr. 1, 1. Alt. HSG LSA ein rein fahrlässiges Verhalten die Entziehung des Hochschulgrades nicht rechtfertigt. Allein, dass sich ein Doktorand, so er die erforderlichen Grundlagen des wissenschaftlichen Arbeitens nicht ohnehin bereits im Studium verinnerlicht hat, unproblematisch durch entsprechende Literatur oder Beratungsgespräche hätte sachkundig machen können und müssen, reicht somit nicht aus. Vielmehr muss er bei der Erstellung seiner Arbeit zumindest billigend in Kauf genommen haben, dass die Gutachter und das zur Verleihung berufene Gremium einem Irrtum darüber unterliegen würden, dass die nicht zureichend gekennzeichneten Übernahmen inhaltlich oder zumindest hinsichtlich der Formulierung von dem Doktoranden selbst stammen. Dies hat der Promotionsausschuss im Fall des Klägers in nicht zu beanstandender Weise bejaht. Schon angesichts des beruflichen Werdegangs des Klägers, insbesondere seiner langjährigen Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter und seinen zahlreichen Veröffentlichungen, muss davon ausgegangen werden, dass ihm die Anforderungen an eine korrekte Zitierweise, wenn auch möglicherweise nicht bezüglich aller formalen Feinheiten, jedoch zumindest soweit vertraut ist, dass die wortwörtliche Übernahme von Fremdtexten einer ausdrücklichen Kenntlichmachung, insbesondere hinsichtlich ihres Umfangs, bedarf. Dafür, dass dies erst recht im Rahmen einer Arbeit gilt, die dem Erwerb eines akademischen Grades dient, genügt letztlich auch eine "Parallelwertung in der Laiensphäre". Denn es entspricht dem nicht nur im universitären Bereich, sondern auch in der Gesamtgesellschaft verbreiteten Verständnis der Bedeutung eines Doktortitels, dass mit seinem Erwerb eine besondere eigene Leistung verbunden ist. § 18 Abs. 3 HSG LSA bestimmt im Einklang damit ausdrücklich, dass der Doktorand oder die Doktorandin mit der Dissertation die Fähigkeit nachweist, durch selbständige wissenschaftliche Arbeit Ergebnisse zu erzielen, welche die Entwicklung des Wissenschaftszweiges, seiner Theorien und Methoden fördern. Bei einer solche Arbeit kommt derartigen Zitiermängeln im Hinblick auf Täuschungseignung und -vorsatz ein weit höheres Gewicht zu als etwa bei einer Bachelor- oder Seminararbeit oder gar einem schulischen Referat, die regelmäßig keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse erwarten lassen und daher in geringerem Maße geeignet sind, "sich mit fremden Federn zu schmücken" (vgl. VG Schwerin, aaO., Rdn. 36). Entscheidend ist hier, dass der konkreten Arbeitsweise des Klägers in der Gesamtschau ein wenigstens bedingter Täuschungswille entnommen werden kann.

Es ist zwar grundsätzlich denkbar, vereinzelte fehlerhafte Zitierungen als bloße Bagatellverstöße gegen die Maßstäbe wissenschaftlichen Arbeiten außer Acht zu lassen (vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 4. März 2013, aaO., Rdn. 81). Der Plagiatsvorwurf trifft den Kläger – wie dargestellt – aber nicht nur punktuell, sondern zieht sich wiederkehrend und verschiedene Fremdquellen betreffend durch seine Arbeit. Auch der Umstand, dass der Kläger gerade im Zusammenhang mit umfangreichen und wortwörtlichen Fremdtextübernahmen - insbesondere mit den Fußnoten 3 und 4 in den Unterkapiteln 1.4.1 und 1.4.2 – undeutliche bzw. irreführende und im Rahmen wissenschaftlichen Arbeitens gänzlich unübliche Zitierweisen verwendet hat, während er an anderen Stellen beanstandungsfreie Quellenangaben vorgenommen hat – so hat er etwa dem Aufsatz von Horst Krautter entnommene Textteile auf Seite 60 seiner Arbeit in der Fußnote 18 mit der Angabe "aus: Krautter 1992, a.a.o. S. 415" korrekt als Fremdleistung gekennzeichnet -, weist auf ein planmäßiges Vorgehen hin, mit dem ein entsprechender Irrtum des Promotionsausschusses über den Grad der geistigen Eigenleistung des Klägers zumindest billigend in Kauf genommen wurde. Soweit der Kläger hiergegen einwenden will, er habe "offen" gearbeitet, so dass schon begrifflich keine Täuschung vorliege, jedenfalls aber ein wie auch immer gearteter Täuschungsvorsatz von vornherein auszuschließen sei, ist dem entgegen zu halten, dass er in der Fußnote 3 die das Auffinden des (81 Seiten umfassenden) Ursprungstextes erheblich erleichternde Angabe der Seitenzahlen unterlassen hat, obwohl er dies bei anderen Zitaten, hinter denen sich keine seitenweise Textübernahme verbirgt - z.B. bei der erwähnten Grafik oder den korrekten Zitaten in Fn. 5. und 6 – regelmäßig korrekt gehandhabt hat. Für ein vorsätzliches Handeln spricht überdies, dass er hinsichtlich der Broschüre dem Leser – und damit jedenfalls auch dem Promotionsausschuss – sowohl den Umfang der Verwendung als auch seine behauptete "inhaltliche" Autoreneigenschaft verschweigt, obgleich er vorgibt, er habe sich aufgrund dessen berechtigt gesehen, deren Inhalte zum Gegenstand der Dissertation zu machen. Gleichwohl hat er die Veröffentlichung weder in den Literaturangaben mit einer auf ihn selbst verweisenden Autorenangabe versehen noch in der Arbeit selbst an den jeweiligen Textstellen und Grafiken auf sie als Quelle verwiesen hat.

Der Kläger kann dem auch nicht erfolgreich entgegen halten, die Plagiate hätten verhindert werden können, wenn er von den Gutachtern auf die bestehenden handwerklichen Mängel seiner Zitierweise hingewiesen worden wäre. Ihm ist allerdings darin zuzustimmen, dass nicht recht nachvollziehbar ist, warum dies nicht geschehen bzw. in den Gutachten nicht nachhaltig zur Sprache gekommen ist. Jedoch lassen Fragen der Tiefe und Qualität der Begutachtung den Umstand, dass der Kläger selbst die Verantwortung für den Inhalt seiner Arbeit trägt und auch nur er mit seiner Arbeitsweise eine Täuschungshandlung vorgenommen hat, ebenso wenig entfallen wie die vom Kläger erhobene und von den Gutachtern – insbesondere von Frau Prof. Dr. R. - nachhaltig in Abrede gestellte Behauptung, dass überhaupt eine Doktorandenbetreuung während der Abfassung der Dissertation erfolgt sei. Dass Erst- und Zweitgutachter die erheblichen Plagiate nicht schon bei der Annahme und bei der Bewertung der schriftlichen Dissertation entdeckt haben, begründet jedenfalls keinen Vertrauensschutz, der den Doktoranden berechtigt, die elementaren Grundlagen wissenschaftlicher Arbeitstechnik missachten zu dürfen (vg. VG Freiburg, aaO., Rdn. 51 mwN.).

Durch diese sowohl quantitativ als auch qualitativ erhebliche Täuschung des Klägers ist jedenfalls bei dem Promotionsausschuss auch ein Irrtum über die Zuordnung der Fremdtextpassagen und damit den Grad der Eigenständigkeit der geistigen Leistung des Klägers erregt worden, der für die Verleihung des Doktorgrades ursächlich war. Denn den Stellungnahmen der beiden Gutachter lässt sich entnehmen, dass sie die Arbeit in Kenntnis der Fremdtextübernahmen schon nicht angenommen hätten. Inwieweit sich den Gutachtern angesichts der Offenlegung der Quellenangaben sowie aufgrund der ersichtlich mangelhaften Zitierweise als solcher – insbesondere im Zusammenhang mit den Fußnoten 3 und 4 - die Täuschung hätte aufdrängen müssen, ist daher auch insoweit unerheblich.

Soweit die Beklagte im Rahmen des Ausgangsbescheides darüber hinaus auch Textübernahmen des Klägers zur "Historischen Entwicklung des Hemshofes" aus der Veröffentlichung des Stadtplanungsamtes Ludwigshafen "Hemshofsanierung, Beiträge zur Stadtplanung 2" aus dem Jahr 1972 als Plagiat beanstandet hat, dürfte die diesbezügliche Vorgehensweise des Klägers wohl noch als "handwerklicher" Zitierfehler vernachlässigungsfähig sein, zumindest aber nicht von einem Täuschungsvorsatz getragen sein. Er benennt am Ende der jeweils (beinahe) wortwörtlichen Übernahme (S. 38, 65 der Arbeit) lediglich den Titel der Broschüre; eine eindeutige Kenntlichmachung hätte z.B. die Verwendung von Anführungszeichen und eine Angabe der Fundstelle innerhalb dieser Veröffentlichung erfordert. Allerdings enthält die Broschüre selbst keine Seitenzahlen und überdies nur wenig Text, so dass das Auffinden der (wörtlich) zitierten Passagen keinerlei Mühe bereitet.

Einer ähnlichen Wertung unterliegt die seitens der Beklagten beanstandete Textstelle auf S. 327 der Dissertation, die nach Auffassung der Beklagten "Ähnlichkeiten" mit einer Passage aus dem Buch von Heuer/Schäfer, Stadtflucht – Instrumente zur Erhaltung der städtischen Wohnfunktion und zur Steuerung von Stadt-Umland-Wanderungen, 1978, habe, das der Kläger in der Fußnote 44 zitiert hat. Der Beklagten ist zwar zuzugeben, dass das Fehlen einer Seitenangabe einen Zitierfehler darstellt. Angesichts des Umfangs des mehr als 300 Seiten starken Werks ist eine genauere Fundstellenangabe durch Nennung der betreffenden Seitenzahl zwingend erforderlich. Eine Täuschung vermag die Kammer in diesem Mangel aber nicht zu erkennen. Denn der Kläger hat durch die Fußnote deutlich gemacht, dass er sich des Gedankengutes Dritter bedient hat, und es liegt keine wörtliche Übernahme vor, so dass der Leser auch nicht über die Eigenständigkeit der Formulierung und der damit verbundenen Bearbeitung und Bewertung des Fremdtextes getäuscht wird.

Angesichts der Geringfügigkeit dieser Passagen im Hinblick auf die Gesamtbeanstandungen stellt dies die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Promotionsausschusses, insbesondere seiner Ermessensausübung, nicht in Frage. Dies zeigt sich auch darin, dass die in der Sachverhaltsdarstellung des Bescheides enthaltenen Ausführungen zu diesen beiden Komplexen in der materiellen Begründung der Entscheidung wie auch in der Klageerwiderung keine Erwähnung finden.

Vor diesem Hintergrund hat der Promotionsausschuss der Beklagten sein Ermessen auch im Übrigen in nicht zu beanstandender Weise ausgeübt. Durchgreifende Abwägungsdefizite sind weder ersichtlich noch geltend gemacht. Dass die Beklagte im Rahmen ihres Bescheides davon ausgegangen ist, der Kläger hätte die Broschüre aus dem Jahr 1991 auch im Falle einer alleinigen Autorenschaft des Klägers aufgrund der früheren Veröffentlichung nicht verwenden dürfen, ist insoweit letztlich unerheblich. Denn sie hat im Klageverfahren ausdrücklich klargestellt, dass für ihre Entscheidung das sich ergebende Gesamtbild maßgeblich gewesen sei. Die übrigen Plagiate seien auch für sich genommen erheblich gewesen; das Ausmaß der nicht offen gelegten Fremdtextübernahmen und die Wiederholungen dieser Vorgehensweise hätten den Promotionsausschluss auf ein planmäßiges Handeln des Klägers schließen lassen. Dieser hat ausweislich der Bescheidbegründung auch das private Interesse des Klägers in seine Überlegungen eingestellt. Soweit der Kläger einwendet, dass in der Sitzung des Ausschusses am 5. Oktober 2011 auch das Vorliegen des Alternativtatbestandes des § 20 Abs. 1 Nr. 1 HSG LSA zur Abstimmung gestellt worden sei, vermag dies die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung schon deshalb nicht in Frage zu stellen, weil es sich dabei nicht um den dieser Entscheidung zugrunde liegenden Beschluss handelt. Dieser wurde erst am 19. März 2012 und ausschließlich mit dem Inhalt, den Doktorgrad des Klägers wegen Vorliegens einer Täuschung zu entziehen, gefasst.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO iVm. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung – ZPO -.