LG Aachen, Urteil vom 24.10.2019 - 9 O 44/19
Fundstelle
openJur 2021, 20615
  • Rkr:
Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 80.000 € aus dem Darlehensvertrag mit der Vertragsnummer V ...# zuzüglich vereinbarter Zinsen in Höhe von 4,30% seit dem 01.11.2017 (3440 €) und einen Betrag in Höhe von 42.000 € aus dem Darlehensvertrag mit der Vertragsnummer V 122015.246.114342 zuzüglich vereinbarter Zinsen in Höhe von 4,30% hierauf seit dem 01.12.2017 (1806 €), insgesamt also einen Betrag in Höhe von 127.246 € zuzüglich Zinsen auf 83.440 € seit dem 30.11.2018 und Zinsen auf 43.806 € seit dem 30.12.2018 in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 2611,93 € freizustellen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Widerklage wird abgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. Die Kosten der Nebenintervention fallen dem Streithelfer zur Last.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Gegenstand der Beklagten sind der An- und Verkauf von Immobilien sowie die Vermittlung und Verwaltung von Immobilien. Das Immobilienportfolio besteht aus rund 20 verschiedenen Immobilien, darunter Eigentumswohnungen, Häuser und Verkaufsflächen. Zum Zwecke der Finanzierung der Immobilienkäufe nahm die Beklagte sowohl grundpfandrechtlich besicherte Kreditmittel in Form von Darlehen bei verschiedenen Banken als auch ungesicherte Nachrangdarlehen bei einer Vielzahl von Personen in unterschiedlicher Höhe auf.

Dementsprechend gewährte die Klägerin der Beklagten gemäß Darlehensvertrag vom 03.11.2015 (Bl. 30 f. GA) ein Darlehen über einen Betrag in Höhe von 80.000 € und gemäß Darlehensvertrag vom 15.12.2015 (Bl. 31 f. GA) ein solches über einen Betrag in Höhe von 42.000 €.

Beide Verträge sind mit der Bezeichnung "Darlehensvertrag" überschrieben, die Parteien sind als Darlehensgeberin und Darlehensnehmerin bezeichnet. Ferner ist ausgeführt, dass die Klägerin der Beklagten

"ein Darlehen mit qualifiziertem Rangrücktritt"

gewährt (Bl. 30 bzw. 31 GA).

Beide Verträge enthalten unter Nr. 2 (Bl. 30 bzw. 31 GA) das Folgende:

"Präambel

Dieser Darlehnsvertrag legt die Rechte und Pflichten der nachfolgend benannten Vertragsparteien fest. Insbesondere werden die Darlehenssumme, die Laufzeit und die Verzinsung festgelegt. Durch den qualifizierten Rangrücktritt wird die Gefahr des Eintritts einer Insolvenz reduziert. Nur für den Fall, dass gerade die Rückzahlung der konkreten Darlehenssumme des Darlehensgebers zur Insolvenz führen würde, ist dieser Rückzahlungsanspruch ausgesetzt. Im Einzelnen gelten die nachfolgenden Vertragsregelungen."

Nr. 7 enthält jeweils folgende Regelung (Bl. 30 a bzw. 32 GA):

"Qualifizierter Rangrücktritt

Die Darlehensgeberin tritt mit ihren sämtlichen Zahlungsansprüchen aus dem Darlehensvertrag in den letzten Rang der Insolvenzordnung zurück.

Es gilt insbesondere:

a. Die Geltendmachung des Anspruchs auf Zahlung sowie die Auszahlung selbst ist solange und soweit ausgeschlossen, wie sie einen Grund für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der L2 Verwaltungs-GmbH herbeiführen würde.

b. Zudem tritt die Darlehensgeberin mit ihrer Forderung auf Rückzahlung des Darlehens einschließlich Nebenforderungen und Zinsen im Interesse des Fortbestandes des Gesamtvermögens unwiderruflich hinter sämtliche Forderungen derzeitiger und künftiger Gläubiger zurück, die keinen Rangrücktritt erklärt haben. Die Darlehensgeberin kann demnach eine anteilige Auszahlung der Darlehnsrückzahlung und Zinsen nur in der Höhe verlangen, in der noch Vermögen beim Darlehensnehmer nach Begleichung sämtlicher Forderungen vorhanden ist.

Die Rückzahlung von Darlehenssumme und Zinsen hängt entscheidend von der Bonität des Vertragspartners ab. Hinsichtlich der Risiken und Bonität im Einzelnen wird auf das übergebene Exposé verwiesen."

Nach jeweils Nr. 4 wird die Darlehenssumme nach einem Jahr zuzüglich Zinsen fällig. Die Abwicklung sollte spätestens vier Wochen nach Vertragsende erfolgen. Das Darlehen sollte sich stillschweigend um ein Jahr verlängern, wenn es nicht spätestens einen Monat vor Ende des Vertrages schriftlich gekündigt wird.

Ersteller der von der Beklagten verwendeten Vertragsvorlage soll der Streithelfer sein.

Ferner unterzeichnete die Klägerin jeweils eine Empfangsbestätigung, wonach sie das Exposé mit Stand vom 30.04.2014 erhalten habe (Anl. B3, B4).

In der Zeit von 2015 bis 2016 und 2016 bis 2017 zahlte die Beklagte an die Klägerin Zinsen in Höhe von insgesamt 10.492 €.

Mit Schreiben vom 21.04.2018 (Bl. 33 GA) erklärte die Klägerin gegenüber der Beklagten die Kündigung der beiden Darlehensverträge zum nächstmöglichen Zeitpunkt; die Wirkung der Kündigung trat ein zum 29.11.2018 bzw. 29.12.2018.

Mit Schreiben vom 02.07.2018 (Bl. 36 GA) teilte die Beklagte der Klägerin mit, unter anderem vorhandene Verträge abzuwickeln und die Anlage der Klägerin in den nächsten Jahren geordnet zurückzuführen. Dies werde in spätestens zehn Jahren erfolgt sein. Sie werde der Klägerin deshalb eine Abwicklungsvereinbarung zukommen lassen. Im Nachgang kam eine solche Vereinbarung jedenfalls nicht zustande.

Mit Schreiben vom 24.08.2018 (Bl. 38 GA) bestätigte die Beklagte der Klägerin den Eingang des Kündigungsschreibens. Gleichzeitig übersandte sie ihr (erneut) das Schreiben vom 02.07.2018 und verwies u.a. darauf, alle Darlehen so schnell wie möglich abwickeln zu wollen und die 10-Jahres-Frist aus Sicherheitsgründen "eingebaut" zu haben.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 12.12.2018 (Bl. 34 ff. GA) setzte die Klägerin der Beklagten eine Zahlungsfrist bis zum 30.12.2018. Zahlungen leistete die Beklagte nicht.

Die Klägerin ist aus näher genannten Gründen der Ansicht, dass Nr. 7 des jeweiligen Darlehensvertrages unwirksam sei. Die Regelung sei überraschend und intransparent, ferner stelle sie eine unangemessene Benachteiligung dar.

Mit Schriftsatz vom 15.08.2019, eingegangen bei Gericht am selben Tag (Bl. 72 GA), hat die Beklagte Widerklage erhoben.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen,

1. an sie 80.000 € aus Darlehensvertrag mit der Vertragsnummer V ... zuzüglich vereinbarter Zinsen in Höhe von 4,30% seit dem 01.11.2017 (3440 €) und 42.000 € aus Darlehensvertrag mit der Vertragsnummer V ...# zuzüglich vereinbarter Zinsen in Höhe von 4,30% hierauf seit dem 01.12.2017 (1806 €), insgesamt also 127.246 € zuzüglich Zinsen auf 83.440 € seit dem 30.11.2018 und Zinsen auf 43.806 € seit dem 30.12.2018 in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen;

2. sie von außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 2611,93 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.03.2019 zu befreien.

Die Beklagte und der Streithelfer beantragen,

die Klage abzuweisen.

Widerklagend beantragt die Beklagte,

festzustellen, dass die Klagepartei die Beklagte von den vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten freizustellen hat.

Die Klägerin beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte und der Streithelfer behaupten, dass der Beklagten die Rückführung der Darlehen derzeit nicht möglich sei. Die Beklagte ist der Ansicht, dass die fragliche Klausel wirksam sei; insbesondere deuteten bereits die hohen Zinsen auf ein hohes Ausfallrisiko hin. Ohnehin trage der Darlehensgeber stets das Ausfallrisiko bzw. Insolvenzrisiko des Darlehensnehmers; dies sei dem Darlehen immanent.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist weit überwiegend begründet. Die zulässige Widerklage ist unbegründet.

I.

I)

Die Klage hat weitgehend Erfolg.

1.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte gemäß § 488 Abs. 3 Satz 1 BGB in Verbindung mit Nr. 4 des jeweiligen Vertrages ein Anspruch auf Zahlung des mit dem Klageantrag zu 1 geltend gemachten Betrages zu.

a) Unstreitig haben die Parteien zwei Darlehensverträge geschlossen.

b) Auch ist der jeweilige Rückzahlungsanspruch nach Nr. 4 infolge der Kündigungserklärung fällig.

c) Dem jeweiligen Anspruch steht nicht eine aus Nr. 7 des jeweiligen Vertrages folgende Durchsetzungssperre entgegen.

aa) Die qualifizierten Rangrücktrittsvereinbarung kann grundsätzlich zu einer Durchsetzungssperre führen (vgl. BGH, Urteil vom 05. März 2015 - IX ZR 133/14 -, BGHZ 204, 231-251).

bb) Die jeweils in Nr. 7a der Verträge enthaltene Regelung ist vorliegend jedoch unwirksam.

(1) Die Klausel Nr. 7a stellt eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des § 305 Abs. 1 BGB dar.

Die Beklagte mag dies mit ihren Ausführungen im Schriftsatz vom 15.08.2018 (dort Seite 5 = Bl. 77 GA) in Abrede zu stellen beabsichtigt haben.

Jedoch ist schon aufgrund des von der Beklagten verfolgten Zwecks, nämlich die Finanzierung von Immobilienkäufen, und die zum Zwecke der Finanzierung erfolgte Aufnahme von Nachrangdarlehen bei einer Vielzahl von Personen davon auszugehen, dass die Beklagte die Klausel als vorformulierte Vertragsbedingung eben auch für eine Vielzahl von Verträgen gestellt hat.

(2) Die Inhaltskontrolle nach den § 305 ff BGB ist gemäß § 310 BGB eröffnet.

(3) Bei der Klausel handelt es sich nicht um eine überraschende Klausel, im Sinne von § 305 c BGB.

Eine Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen hat dann überraschenden Charakter, wenn sie von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweicht und dieser mit ihr den Umständen nach vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht. Die Erwartungen des Vertragspartners werden dabei von allgemeinen und von individuellen Begleitumständen des Vertragsschlusses bestimmt. Hierzu zählen der Grad der Abweichung vom dispositiven Gesetzesrecht und die für den Geschäftskreis übliche Gestaltung einerseits, Gang und Inhalt der Vertragsverhandlungen sowie der äußere Zuschnitt des Vertrags andererseits (vgl. BGHZ 84, 109, 112 ff.; BGH, NJW-RR 2014, 937 Rn. 12).

Solche Umstände liegen hier nicht vor.

Gleich unter Nr. 1 des jeweiligen Vertrages ist festgehalten, dass die Klägerin der Beklagten ein Darlehen mit qualifiziertem Rangrücktritt gewährt. Und auch in Nr. 2 findet dieser Erwähnung.

Darüber hinaus umfasst der Vertrag nur zwei Seiten und eingangs der zweiten Seite findet sich zu Nr. 7 eine Überschrift mit der Bezeichnung "Qualifizierter Rangrücktritt". Und schon im ersten Absatz folgt der Hinweis darauf, dass die Klägerin mit ihren Zahlungsansprüchen aus dem Darlehensvertrag in den letzten Rang der Insolvenzordnung zurücktritt.

(4) Nr. 7 a des Vertrages stellt jedoch eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB dar.

(a) Eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB liegt vor, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich Eigeninteressen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen. Zur Beurteilung, ob eine solche unangemessene Benachteiligung vorliegt, bedarf es einer umfassenden Würdigung, die die Art des konkreten Vertrags, die typischen Interessen beider Parteien, die Anschauung der beteiligten Verkehrskreise und die sich aus der Gesamtheit der Rechtsordnung ergebenden Bewertungskriterien einzubeziehen hat (vgl. OLG München, Urteil vom 25. April 2018 - 13 U 2823/17 m.w.N., juris).

(b) Die danach vorzunehmende umfassende Würdigung ergibt eine unangemessene Benachteiligung.

Die Klausel ermöglicht es der Beklagten, Kapital ohne Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht einzusammeln, da ein erlaubnispflichtiges Einlagengeschäft nach § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG mangels eines unbedingt rückzahlbaren Anspruchs nicht gegeben ist. Zugleich dient der qualifizierte Rangrücktritt dem Zweck, dem Eintritt der Überschuldung vorzubeugen. Bei einer formularmäßigen Vereinbarung eines qualifizierten Rangrücktritts wird der durch §§ 32 Abs. 1 Satz 1, 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Fall 2 KWG bewirkte Schutz des Publikums vor Verlusten von Vermögensanlagen ausgehöhlt. Allerdings ist auch zu sehen, dass die Vorschrift des § 39 Abs. 2 InsO eine privatautonome Vereinbarung über den Rangrücktritt von Forderungen gestattet. Mit einer solchen Vereinbarung wird eine von den allgemeinen insolvenzrechtlichen Bestimmungen abweichende Regelung hinsichtlich des Anspruchs auf Darlehensrückzahlung getroffen. Die angemeldeten Forderungen sind gemäß §§ 38, 174 Abs. 1 InsO im Grundsatz gleichrangig und damit gleichmäßig zu befriedigen. Damit weicht die vorliegende Nachrangabrede zum Nachteil der Klägerin von dem gesetzlichen Leitbild der Gläubigergleichbehandlung ab (vgl. OLG München, a.a.O.).

Durch den vereinbarten qualifizierten Nachrang erleidet die Klägerin schwerwiegende Nachteile: Die Forderung tritt nämlich bereits in einer Krise der Darlehensnehmerin vorinsolvenzlich hinter die Forderung anderer Gläubiger zurück. Der Nachrang kann also dazu führen, dass die Rückzahlung des Darlehens infolge der unüberwindbaren wirtschaftlichen Krise der Darlehensnehmerin auf Dauer nicht verlangt werden kann. Solange sich die Darlehensnehmerin in der Krise befindet, kann die Nachrangabrede wegen der den übrigen Gläubigern vermittelten Rechtsposition nicht ohne deren Mitwirkung rechtsgeschäftlich aufgehoben werden. Zugleich wird das selbst dem Gesellschafter in der Krise seines Unternehmens nicht verwehrte außerordentliche Kündigungsrecht des Darlehensgebers gemäß § 490 Abs. 1 BGB beeinträchtigt, weil eine Kündigung nicht mehr zur Folge hat, dass der Rückzahlungsanspruch auch fällig und durchsetzbar wird. Da ein mit einem qualifizierten Rangrücktritt versehenes Darlehen nicht die Insolvenz des Darlehensnehmers auslösen darf, ist der Darlehensgeber auch gehindert, gegen den Darlehensnehmer einen Insolvenzantrag gemäß §§ 13, 14 InsO zu stellen. Damit wird das Nachrangdarlehen einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung angenähert, ohne dass dem Darlehensgeber die einem Gesellschafter bei einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens eröffneten Informationsrechte gemäß § 49 Abs. 3 GmbHG, § 92 Abs. 1 AktG zustehen (vgl. OLG München, a.a.O.).

Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin, wie von der Beklagten angeführt (Bl. 81 GA), besonders hohe Zinsen erwirtschaften konnte. Eine unbillige Klausel kann nicht mit Rücksicht auf besondere "Gewinnchancen" gerechtfertigt werden (vgl. OLG München, a.a.O.).

(5) Gemäß § 306 Abs. 1 BGB bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam.

Anstelle der Regelung in Nr. 7 a tritt die gesetzliche Regelung in §§ 488 Abs. 1 Satz 2 BGB, 490 BGB.

(6) Ein Verstoß der Klausel gegen das Transparenzgebot kann nach Vorstehendem dahinstehen.

d) Auf den Erhalt des Exposés kommt es nicht an. Ebenso wenig entscheidungserheblich ist nach alledem die Frage, ob die Beklagte zur Rückführung des Darlehens derzeit finanziell nicht in der Lage ist.

e) Der Zinsanspruch ergibt sich zum einen aus dem jeweiligen Vertrag und zum anderen aus §§ 286, 288 BGB.

2.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286, 257 BGB Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in mit dem Klageantrag zu 2 geltend gemachter Höhe.

a) Da die Klägerin keine Feststellungsklage erhoben hat, erschließen sich die Ausführungen der Beklagten in der Klageerwiderung (dort Seite 22 = Bl. 94 GA) zum Vorrang der Leistungsklage gegenüber der Feststellungsklage - und damit auch das Bestreiten der Nichtbegleichung der Rechtsanwaltskosten - nicht.

Aufgrund des Begehrens der Klägerin, sie (lediglich) von Rechtsanwaltskosten freizustellen, geht das Bestreiten des Streithelfers im Schriftsatz vom 30.09.2019 (dort Seite 3 = Bl. 164 GA), dass die Klägerin die Rechtsanwaltskosten aufgewandt hat, ins Leere. Im Übrigen ist das Bestreiten der den Anspruch begründenden Umstände verspätet, § 296a ZPO. Der gewährte Schriftsatznachlass diente ausschließlich zur Erwiderung auf neues tatsächliches Vorbringen im Schriftsatz der Klägerin vom 02.09.2019. Anlass zur Wiederöffnung der mündlichen Verhandlung (§ 156 ZPO) bestand insoweit nicht.

Die Beklagte befand sich bei Beauftragung der klägerseitigen Rechtsanwälte hinsichtlich beider Darlehensverträge in Verzug, nämlich aufgrund ernsthafter und endgültiger Erfüllungsverweigerung seitens der Beklagten nach § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB. Denn mit Schreiben vom 02.07.2018, das sie der Klägerin mit Schreiben vom 24.08.2018 erneut übersandt hat, hat die Beklagte zum Ausdruck gebracht, dass sie die Darlehen jedenfalls nicht bei Fälligkeit zurückzahlen werde.

Ein Fall von Nr. 2301 VV-RVG liegt nicht vor. Bei dem anwaltlichen Schreiben vom 12.12.2018 handelt es sich um ein übliches Aufforderungsschreiben. Eben für solche Fälle sieht Nr. 2300 VV-RVG eine 1,3-Gebühr vor.

b) Da es sich bei den Freistellungsansprüchen nicht um Geldschulden im Sinne von § 288 Abs. 1 BGB handelt, besteht ein Zinsanspruch nicht (vgl. Palandt-Grüneberg, BGB., 78. Aufl., § 288 Rn. 6).

3.

Da es auf den tatsachenbezogenen Inhalt des Schriftsatzes der Klägerin vom 02.09.2019 nicht ankam, können sowohl die Frage der Verspätung als auch die der Vertretungsmacht des Rechtsanwalts L3 zur Erstellung dieses Schriftsatzes dahinstehen.

Das Bestreiten der Bevollmächtigung der Kanzlei L3 seitens des Streithelfers mit Schriftsatz vom 30.09.2019 ist aus den bereits unter I) 2. a) genannten Gründen im Übrigen verspätet, § 296a ZPO. In der mündlichen Verhandlung haben die Beklagte und der Streithelfer lediglich die vorstehend in Bezug genommene Bevollmächtigung von Rechtsanwalt L3 bestritten. Die ordnungsgemäße Vertretung der Klägerin im Termin haben die Beklagte und der Streithelfer nicht in Abrede gestellt. Anlass zur Wiederöffnung der mündlichen Verhandlung (§ 156 ZPO) bestand insoweit gleichfalls nicht.

II)

Die Widerklage hat keinen Erfolg.

Da der Klägerin die gegen die Beklagte geltend gemachten Ansprüche nach Vorstehendem zustehen, hat die Beklagte gegen die Klägerin keinen Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 2, 101 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.

Streitwert: bis 140.000 €