BPatG, Beschluss vom 23.02.2005 - 32 W (pat) 223/03
Fundstelle
openJur 2011, 104245
  • Rkr:
Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Wortfolge DANCE POINT ist am 13. Juni 2002 beim Deutschen Patent- und Markenamt zur Eintragung als Marke für die Dienstleistungen in Klasse 41 Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitätenangemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 41 hat die Anmeldung zunächst in einem Zwischenbescheid vom 19. Februar 2003 als unmittelbar beschreibende Angabe (Hinweis auf einen Ort, an dem die beanspruchten, in Zusammenhang mit Tanz stehenden Dienstleistungen angeboten werden) beanstandet. Die Angabe sei nicht unterscheidungskräftig und freihaltebedürftig (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG). Mit Beschluss einer Beamtin des gehobenen Dienstes vom 8. Mai 2003 ist die Anmeldung sodann zurückgewiesen worden.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie beantragt (sinngemäß), den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 8. Mai 2003 aufzuheben und die angemeldete Marke in das Markenregister einzutragen.

Sie - die Anmelderin - betreibe ein Tanzstudio, in dem Kurse in verschiedenen Stilrichtungen des Tanzes angeboten würden, und sie trete mit ihren Akteuren bei Unterhaltungs- und kulturellen Veranstaltungen auf, u.a. auch im Fernsehen. Ihrer Ansicht nach verfügt die angemeldete Bezeichnung wegen des zweiten Wortbestandteils POINT, der nicht nur den Ort, die Stelle oder den Platz bezeichne, an denen die Dienstleistungen angeboten würden, sondern auch schlichtweg mit "Punkt" übersetzt werde, über das ausreichende - geringe - Maß an Unterscheidungskraft. DANCE POINT sei "kein bekannter Ausdruck der Sprache" und deshalb auch nicht freihaltebedürftig. Ähnliche Bezeichnungen seien als Marken in Deutschland für Dienstleistungen der Klasse 41 registriert worden. Durch die bundesweiten Auftritte unter dieser Bezeichnung bei Musikveranstaltungen im Fernsehen habe die Bezeichnung DANCE POINT in dieser Branche Bekanntheit erlangt, so dass ihr ein unterscheidungskräftiger Charakter zukomme.

Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig, jedoch in der Sache nicht begründet, weil die als Marke beanspruchte Bezeichnung für die betreffenden Dienstleistungen von Hause aus nicht über die erforderliche Unterscheidungskraft verfügt (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) und nicht ausreichend dargelegt worden ist, dass sie sich infolge Benutzung im Verkehr durchgesetzt hat (§ 8 Abs. 3 MarkenG).

Unterscheidungskraft i.S.d. genannten Vorschrift ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der so gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Die Prüfung, ob das erforderliche, aber auch ausreichende Mindestmaß an Unterscheidungskraft vorliegt, muss - seitens der Markenstelle ebenso wie in der Beschwerdeinstanz - streng, vollständig, eingehend und umfassend sein (vgl. EuGH GRUR 2003, 604 - Libertel, Rdn. 59; GRUR 2004, 674 - KPN Postkantoor, Rdn. 123). Kann einer Wortmarke ein für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und/oder handelt es sich um ein gebräuchliches Wort (bzw. eine Wortfolge) der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so entbehrt diese jeglicher Unterscheidungseignung und damit jeglicher Unterscheidungskraft (st. Rspr.; vgl. BGH BlPMZ 2004, 30 - Cityservice).

Die Wörter "DANCE" und "POINT" gehören zum Grundwortschatz der englischen Sprache; ihr Verständnis bereitet dem deutschen Verkehr keine Schwierigkeiten. Es trifft zwar zu, dass die wörtliche Übersetzung von point "Punkt" lautet, jedoch kommen diesem Begriff gerade in Verbindung mit dem Angebot von Waren und Dienstleistungen auch die Bedeutungen "Platz, Ort, Stelle" (des Verkaufs, der Erbringung der Dienstleistungen usw.) zu. Weiterhin ist richtig, wenn die Anmelderin darauf hinweist, es dürfe nicht allein auf den Sinngehalt der Einzelwörter abgestellt werden, sondern auf die Gesamtbedeutung der angemeldeten Wortfolge. Gerade diese ergibt aber vorliegend den sachbezogenen Hinweis auf einen Ort, eine Stelle, wo Tanzausbildung oder Tanzveranstaltungen stattfinden (vgl. EuGH, a.a.O., Postkantoor, Rdn. 100). Eine Tanzschule oder ein Tanzstudio mit "DANCE POINT" zu bezeichnen, liegt daher nicht fern. Der Verkehr wird nicht in entscheidungserheblichem Umfang annehmen, nur ein (einziger) Betrieb verwende diesen Namen zur Kennzeichnung seiner Dienstleistungen.

Sämtliche beanspruchten Dienstleistungen können einen Bezug zum Tanz haben. Es macht Sinn, von der "Erziehung" von (jungen) Ballettschülern/-schülerinnen (Eleven) zu sprechen. Berufstänzer erhalten eine "Ausbildung". Tanz (vor allem Gesellschaftstanz) ist ein Unterhaltungsangebot, und zwar sowohl für die Tanzenden selbst als auch für die Zuschauer. Tanz wird auch in einem "sportlichen" Rahmen betrieben; entsprechende Wettbewerbe finden an vielen Orten statt. Bestimmte Formen des Tanzes erfüllen zudem "kulturelle" Ansprüche (z.B. klassisches oder modernes Ballett, Ausdruckstanz).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft ist das Verständnis des mit den jeweiligen Dienstleistungen angesprochenen Verkehrs. Da diese sich vorliegend sowohl an (junge) Leute richten, welche eine Tanzausbildung erstreben, als auch an breite allgemeine Publikumskreise (Teilnehmer ebenso wie Zuschauer bei betreffenden Tanzveranstaltungen), fehlt der angemeldeten Bezeichnung in allen in Betracht kommenden Publikumskreisen von Hause aus (unabhängig von jeder Benutzung) das erforderliche Mindestmaß an betriebskennzeichnender Hinweiskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

Aus der Schutzgewährung für andere, vermeintlich ähnlich gebildete deutsche Marken vermag die Anmelderin ebenfalls keinen Anspruch auf Registrierung der vorliegend angemeldeten Bezeichnung abzuleiten. Inländische Voreintragungen - selbst identischer Marken - führen weder für sich, noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer anspruchsbegründenden Selbstbindung derjenigen Stellen, welche über die Schutzgewährung zu befinden haben. Die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke stellt keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage dar (vgl. z.B. BGH GRUR 1989, 420 - KSÜD; BPatGE 32, 5 - CREATION GROSS).

Ob es sich bei DANCE POINT zusätzlich auch um eine die Dienstleistungen glatt beschreibende Angabe (generischer Begriff) i.S.v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG handelt, kann - da letztlich nicht entscheidungserheblich - dahingestellt bleiben.

Die Anmelderin hat nicht in ausreichendem Maße dargelegt, dass die Voraussetzungen für eine Durchsetzung der angemeldeten Marke im Verkehr (gem. § 8 Abs. 3 MarkenG) gegeben sein könnten. Bloße Behauptungen ersetzen nicht die insoweit erforderlichen konkreten Angaben (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl., § 8 Rdn. 521). Im Übrigen würde eine etwaige Bekanntheit der Anmelderin und ihrer Marke für Tanzdienstleistungen bei Fernsehanstalten und sonstigen Ausrichtern von Unterhaltungsveranstaltungen für die Annahme einer Durchsetzung im Verkehr nicht ausreichen, da - wie oben dargelegt - beteiligter Verkehr vor allem die an einer Tanzausbildung Interessierten sowie allgemeine Publikumskreise sind. Der Senat sieht deshalb keine Möglichkeit, den angefochtenen Beschluss ohne abschließende Sachentscheidung aufzuheben und an die Markenstelle gem. § 70 Abs. 3 MarkenG zurückzuverweisen.

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