SG Köln, Urteil vom 26.10.2018 - S 27 P 45/17
Fundstelle
openJur 2021, 20073
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • nachfolgend: Az. L
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Tatbestand

Die Klage richtet sich gegen einen Feststellungsbescheid.

Die Klägerin betreibt in X ein Altenzentrum. Das Datum der Erstinbetriebnahme der Einrichtung war der 01.05.1983. Es besteht ein Versorgungsvertrag nach § 72 Sozialgesetzbuch 11. Teil - SGB XI -.

Im November 2016 wurde von der Klägerin ein Antrag auf Feststellung der anerkennungsfähigen Aufwendungen gestellt. Der Feststellungsbescheid zum 01.07.2016 erging unter dem 09.11.2016. In dem Bescheid wurde im Rahmen der anerkannten Finanzierungsaufwendungen kein Eigenkapital berücksichtigt. Der Klägerin wurde mitgeteilt, die von ihr beantragte Berücksichtigung von Eigenkapital für die Maßnahme aus 1983 sei nicht möglich. Die Möglichkeit der Anerkennung von Eigenkapital sei erst mit dem Landespflegegesetz Nordrhein-Westfalen - PfG NRW - vom 19.03.1996 eingeführt worden. Für Maßnahmen davor sei eine Anerkennung von Eigenkapital nicht vorgesehen. Auch in der Vergangenheit sei keine Berücksichtigung einer entsprechenden Eigenkapitalverzinsung erfolgt. Eine nachträgliche Anerkennung der Verzinsung für dieses Eigenkapital sehe die Verordnung zur Ausführung des Alten- und Pflegegesetzes Nordrhein-Westfalen - APG DVO NRW - nicht vor. Ebenfalls im November 2016 wurde von der Klägerin ein Antrag auf Festsetzung gestellt. Der entsprechende Bescheid erging unter dem 10.11.2016.

Gegen den Bescheid über die Feststellung der anerkennungsfähigen Investitionsaufwendungen erhob die Klägerin Widerspruch und wandte sich dagegen, dass das zu verzinsende Eigenkapital nicht anerkannt worden war. Sie führte aus, insgesamt seien im Jahr der Erstinbetriebnahme 1.140.616,47 Euro Eigenkapital eingesetzt worden. Eine zeitliche Einschränkung dahingehend, auf welches Eigenkapital aus welcher Zeit Zinsen berechnet werden könnten, ergebe sich aus der APG DVO NRW nicht. Dabei sei es unerheblich, dass die Finanzierung von Eigenkapitalzinsen formell erst zum 19.03.1996 in das PfG NRW aufgenommen worden sei. Auch gegen den Festsetzungsbescheid erhob die Klägerin Widerspruch und machte geltend, der Bescheid sei rechtswidrig, soweit die Festsetzung auf dem gesondert angegriffenen Feststellungsbescheid beruhe.

Die Widersprüche wurden mit Widerspruchsbescheid vom 01.02.2017 zurückgewiesen. In der Begründung wurde ausgeführt, erst mit § 2 Abs. 2 der Verordnung über die gesonderte Berechnung nicht geförderter Investitionsaufwendungen von vollstationären Pflegeeinrichtungen sowie Einrichtungen der Tages-, Nacht- und Kurzzeitpflege nach dem Landespflegegesetz - GesBerVO NRW - in der Fassung 1996 seien in Nordrhein-Westfalen als Grundlage für die gesonderte Berechnung auch die Zinsen für die mit eigenem Kapital des Einrichtungsträgers finanzierten Neuaufwendungen nach dem 30.06.1996 zur Herstellung und Anschaffung abschreibungsfähiger Anlagegüter refinanziert worden. Grundlage für die gesonderte Berechnung der vor dem 01.07.1996 errichteten Pflegeeinrichtungen seien nach § 2 Abs. 1 GesBerVO NRW die zwischen dem überörtlichen Träger der Sozialhilfe und dem Träger der Pflegeeinrichtung bereits vereinbarten Aufwendungen für Bau- und Einrichtungskosten gewesen. Eine Regelung, die eine rückwirkende Verzinsung vorgesehen habe, sei bis zum Außerkrafttreten der GesBerVO NRW zum 01.11.2014 nicht getroffen worden. In der APG DVO NRW sei keine Regelung getroffen worden, die eine Verzinsung bislang unverzinst eingebrachter Eigenmittel vorsehe. Die Klägerin habe ihre damalige Investitionsentscheidung ohne eine Verzinsung der Eigenmittel getroffen. Insofern könne auch kein Vertrauensschutz begründet worden sein.

Bereits zum 01.10.2016 erging wegen einer Änderung im Bereich der Aufteilung in Einzel- und Doppelzimmer ein weiterer Feststellungsbescheid. Dieser datiert auf den 14.12.2016.

Gegen die Zurückweisung des Widerspruchs gegen den Feststellungsbescheid vom 09.11.2016 hat die Klägerin am 28.02.2017 Klage erhoben. Gegen die Zurückweisung des Widerspruchs gegen den Festsetzungsbescheid wurde von der Klägerin ebenfalls Klage erhoben (Sozialgericht Köln, Az. S 9 P 51/17).

Die Klägerin vertritt die Auffassung, es sei nicht richtig, dass das von ihr aufgewendete Eigenkapital keiner Eigenkapitalverzinsung zugeführt werden könne, weil zum Zeitpunkt der Einbringung keine Eigenkapitalverzinsung vorgesehen gewesen sei. Die Aufwendungen für Eigenkapital seien bei der Feststellung der anerkennungsfähigen Aufwendungen zu berücksichtigen, um hierdurch eine Möglichkeit der Berücksichtigung der fiktiven Eigenkapitalverzinsung im Rahmen der Festsetzung der anerkennungsfähigen Investitionskosten zu schaffen. Die Klägerin beantragt,

den Beklagten unter Abänderung der Bescheide vom 09.11.2016 und vom 14.12.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.02.2017 zu verurteilen, die anerkennungsfähigen Aufwendungen für die Einrichtung Altenzentrum X, S-Straße, X, unter Berücksichtigung von Eigenkapital nach der APG DVO NRW, hilfsweise unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts, neu zu bescheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, eine gesetzliche Grundlage für eine rückwirkende Anerkennung der Eigenkapitalverzinsung sei nicht gegeben.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten sowie auf die Gerichtsakte verwiesen. Sie waren Gegenstand der Verhandlung und Entscheidung.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Die Klägerin ist durch die Feststellungsbescheide vom 09.11.2016 und 14.12.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.02.2017 nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -. Die der Klägerin von dem Beklagten erteilten Feststellungsbescheide sind nach Auffassung der Kammer nicht zu beanstanden.

Die Einrichtung, deren Trägerin die Klägerin ist, ist 1983 erstmals in Betrieb genommen worden, also vor rund 35 Jahren. Nach der GesBerVO in der Fassung von 1996 waren Grundlage für die gesonderte Berechnung für die vor dem 01.07.1996 bestehenden oder im Bau befindlichen Pflegeeinrichtungen die zwischen dem überörtlichen Träger der Sozialhilfe und dem Träger der Pflegeeinrichtung bereits vereinbarten Aufwendungen für die Bau- und Einrichtungskosten. Die in der GesBerVO vorgesehenen Regelungen fanden also keine Anwendung. Dabei blieb es letztlich bis zum Außerkrafttreten der Verordnung im Jahre 2014. Bis zum Außerkrafttreten der GesBerVO ist das von der Klägerin eingesetzte Eigenkapital also nicht verzinst worden.

Im Jahr 2014 ist das APG NRW in Kraft getreten. Nach § 10 Abs. 1 APG NRW ist Grundlage der Finanzierung von stationären Pflegeeinrichtungen die Ermittlung der betriebsnotwendigen Aufwendungen im Sinne des § 82 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3 SGB XI durch den zuständigen überörtlichen Träger der Sozialhilfe. Das nähere ist durch eine Rechtsverordnung zu regeln (§ 10 Abs. 10 APG NRW). Die entsprechende Regelung ist in der APG DVO NRW getroffen worden. § 5 Abs. 1 APG DVO NRW bestimmt, dass als Finanzierungsaufwendungen Aufwendungen für Fremdkapitaldarlehen und Zinsen für Eigenkapital anerkennungsfähig sind, wenn und soweit die Darlehen beziehungsweise das Eigenkapital zur Finanzierung von tatsächlich erbrachten und als betriebsnotwendig anerkannten Aufwendungen nach §§ 2 bis 4 und 6 eingesetzt wurde. Nach § 5 Abs. 2 APG DVO NRW können Darlehen und Eigenkapital zur Finanzierung sonstiger Anlagegüter höchstens in Höhe des nach § 4 Abs. 2 festgestellten Gesamtbetrages anerkannt werden.

Vertrauensschutzregelungen finden sich in § 10 Abs. 7 APG NRW, wonach für stationäre Pflegeeinrichtungen einheitliche Anforderungen an die Anerkennungsfähigkeit von Aufwendungen gelten, es sei denn, in der Vergangenheit sind abweichende Angemessenheitsgrenzen und Verteilzeiträume anerkannt worden, sowie in § 2 APG DVO NRW. Für Aufwendungen, die vor Inkrafttreten der APG DVO NRW erfolgten, gelten nach § 2 Abs. 4 die Angemessenheitsgrenzen gemäß Anlage 1. In der Vergangenheit anerkannte Überschreitungen der Angemessenheitsgrenzen gelten fort, soweit sie durch tatsächliche, belegbare Aufwendungen begründet waren. Wurde im Rahmen der erstmaligen Festsetzung der anerkennungsfähigen Aufwendungen oder zu einem späteren Zeitpunkt für Aufwendungen nach Abs. 1 von der zuständigen Behörde auf der Grundlage des jeweils geltenden Rechts ein kürzerer Zeitraum zur linearen Verteilung der Aufwendungen festgelegt, so ist dieser weiterhin zugrunde zu legen (§ 2 Abs. 6 APG DVO NRW). Eine Regelung, wie mit bislang unverzinst eingebrachten Eigenmitteln zu verfahren ist, findet sich dort nicht. Eine solche Regelung wäre aber, sollten diese Mittel erstmals zu verzinsen sein, erforderlich gewesen. Nach Auffassung der Kammer hat eine Verzinsung von vor Jahren eingesetztem bislang nicht verzinstem Eigenkapital daher weiterhin nicht zu erfolgen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -.

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