VG Göttingen, Urteil vom 02.12.2020 - 3 A 175/18
Fundstelle
openJur 2021, 20000
  • Rkr:
Tatbestand

Der Kläger begehrt mit seiner Klage seine (rückwirkende) Beförderung und Schadensersatz wegen Nichtbeförderung.

Der Kläger steht im Statusamt eines Technischen Fernmeldebetriebsinspektors (Besoldungsgruppe A 9 VZ) im Dienst der Beklagten, deren Dienstherrenbefugnisse von dem Postnachfolgeunternehmen C. wahrgenommen werden. In der Zeit vom 15. September 2011 bis 31. Mai 2012 war er dem F. (G.), Servicecenter H., organisatorisch zugeordnet. In der Zeit vom 01. Juni 2012 bis 22. September 2013 erfolgte seine Zuordnung zur G. -GmbH in I.. In der Zeit vom 23. September 2013 bis 30. September 2014 war der Kläger bei J. Business Projects als Projektmanager für das Projekt Field Service DTTS eingesetzt. Sämtliche Dienstposten, auf denen der Kläger hier beschäftigt war, sind mit A 9 VZ bewertet gewesen. In der Zeit vom 01. Oktober 2014 bis 31. Mai 2015 war der Kläger als Fachkraft Technik beim Field Service Nord unterwertig auf einem Dienstposten beschäftigt, der mit A 8 bewertet worden war.

Der Kläger wurde in diesem Zeitraum wie folgt beurteilt:

- Mit Beurteilung vom 19. September 2014 für den Beurteilungszeitraum 01. Juni 2011 bis 31. Oktober 2013 durch die Beurteiler K. und L. mit der Gesamtnote “gut +“. Grundlage dieser Beurteilung waren Stellungnahmen der Mitarbeiter M. und N.. Herr M. beurteilte die Leistungen des Klägers in der Zeit vom 01. Juni 2012 bis 31. Oktober 2013 in vier Leistungsmerkmalen mit “sehr gut“, in zwei weiteren mit “gut“. Das disziplinarische Führungsverhältnis zum Kläger bestand indes nur bis zum 22. September 2013. Der Mitarbeiter N. beurteilte die Leistungen des Klägers in der Zeit vom 15. September 2011 bis 31. Mai 2012 in fünf Leistungsmerkmalen mit “teilweise bewährt“ und einmal mit “rundum zufriedenstellend“.

- Mit Beurteilung vom 22. Januar 2016 erneut für den Beurteilungszeitraum 01. Juni 2011 bis 31. Oktober 2013 durch die Beurteiler O. und P. mit der Gesamtnote “gut ++“. Der Beurteilung lagen erneut und unverändert die Stellungnahmen der Mitarbeiter M. und N. zugrunde. Zudem holte die Beklagte eine Stellungnahme des für die Zeit vom 23. September bis 31. Oktober 2013 disziplinarvorgesetzten Mitarbeiters Q. ein. Dieser bewertete die Leistungen des Klägers in sechs Leistungsmerkmalen mit „rundum zufriedenstellend“.

- Mit Beurteilung vom 22. März 2016 für den Beurteilungszeitraum 01. November 2013 bis 31. Mai 2015 durch die Beurteilerinnen R. und S. mit der Gesamtnote “rundum zufriedenstellend +“.

Hierbei holten die Beurteilerinnen Beurteilungsbeiträge der Mitarbeiter T. vom 25. September 2015 für den Zeitraum 01. November 2013 bis 30. September 2014 und U. vom 17. Juli 2015 für die Zeit vom 01. Oktober 2014 bis 31. Mai 2015 ein. Herr T. bewertete die Leistungen des Klägers in der Zeit vom 01. November 2013 bis 30. September 2014 in sechs Leistungsmerkmalen übereinstimmend mit “rundum zufriedenstellend“. Herr U. beurteilte die klägerischen Leistungen im Zeitraum 01. Oktober 2014 bis 31. Mai 2015 in drei Leistungsmerkmalen mit “rundum zufriedenstellend“, in einem mit “teilweise bewährt“ und in zweien mit “gut“.

Herr T. gewann seine Erkenntnisse durch nicht aktenkundige Einholung einer telefonischen Auskunft des Disponenten des Klägers. Herr U., der keinen Kontakt zu der täglichen Arbeit des Klägers hatte, beteiligte aktenkundig niemanden an seiner Kenntnisgewinnung.

- Mit Beurteilung vom 17. Mai 2018 erneut für den Beurteilungszeitraum 01. November 2013 bis 31. Mai 2015 durch die Beurteilerinnen R. und V. mit der Gesamtnote “rundum zufriedenstellend +“. Neue Beurteilungsbeiträge wurden hierbei nicht eingeholt. Anders als die vorangegangene Beurteilung für diesen Zeitraum enthält diese Beurteilung Ausführungen zum Zustandekommen des Gesamturteils und zum Leistungsabfall des Klägers gegenüber der Vorbeurteilung.

Wegen der Einzelheiten der Beurteilungen und der Stellungnahmen/Beurteilungsbeiträge wird auf die jeweiligen Dokumente verwiesen.

Gegen diese Beurteilungen ging der Kläger wie folgt gerichtlich vor:

- Gegen die Beurteilung vom 19. September 2014 erhob der Kläger nach erfolglosem Widerspruchsverfahren am 03. März 2015 Klage (1 A 85/15). Nachdem sich die Beteiligten darauf geeinigt hatten, dass die Beurteilung des Klägers aufgehoben und er neu beurteilt werden würde, ist das Verfahren nach Abgabe von Erledigungserklärungen mit Beschluss vom 03. September 2015 eingestellt worden. Gegen die anschließende Neubeurteilung vom 22. Januar 2016 ist der Kläger bisher nicht gesondert vorgegangen.

- Gegen die Beurteilung vom 22. März 2016 erhob der Kläger nach erfolglosem Widerspruchsverfahren am 08. März 2017 Klage (1 A 43/17). Nachdem die Beklagte mitgeteilt hatte, eine neue dienstliche Beurteilung für den Kläger erstellten zu wollen, haben die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt; durch Beschluss vom 06. Juli 2017 ist es eingestellt worden.

- Gegen die Beurteilung vom 17. Mai 2018 erhob der Kläger nach erfolglosem Widerspruchsverfahren am 27. August 2018 erneut Klage (3 A 326/18). Über diese Klage ist heute ebenfalls verhandelt worden. Nachdem das Gericht mehrere rechtliche Bedenken erhoben hatte, hat die Beklagte die Beurteilung aufgehoben und angekündigt, eine neue Beurteilung für den Kläger zu erstellen. Das Verfahren ist übereinstimmend für erledigt erklärt und eingestellt worden.

Diese Beurteilungen sind Grundlage diverser Beförderungsentscheidungen der Beklagten gewesen. Im Einzelnen gab es folgende Entscheidungen mit den dargestellten anschließenden gerichtlichen Verfahren.

- Mit Auswahlentscheidung vom 01. Dezember 2014 teilte die Beklagte dem Kläger mit, er könne bei der Beförderungsrunde 2014 nicht berücksichtigt werden. Befördert werden könnten nur Mitarbeiter, die mindestens mit der Gesamtnote “Sehr gut Basis“ beurteilt worden wären. Dieser Mitteilung lag die Beurteilung vom 19. September 2014 mit der Note “gut +“ zugrunde.Hiergegen legte der Kläger am 12. Dezember 2014 Widerspruch ein und suchte am selben Tage um einstweiligen gerichtlichen Rechtsschutz nach (1 B 261/14). Mit Beschluss vom 20.04.2015 untersagte die 1. Kammer des erkennenden Gerichts der Beklagten im Wege der einstweiligen Anordnung, die vorläufig freigehaltene Planstelle der Besoldungsgruppe A 9 VZ + Z in der Einheit „Vivento VBS“ mit der Beigeladenen zu besetzen, bis über die Stellenbesetzung eine erneute Auswahlentscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts getroffen worden sei. Zur Begründung führte die Kammer unter anderem aus, die Stellungnahme des Mitarbeiters N. unterliege rechtlichen Bedenken. So befinde er sich mit dem Kläger in einer Konkurrenzsituation, es sei nicht ersichtlich, woher er, Herr N., ab dem 17. November 2011 seine Erkenntnisse über den Kläger gewonnen habe und sein Beurteilungsbeitrag sei nicht plausibel. Die Benotung lasse sich nicht aus der wörtlichen Leistungsbeschreibung ableiten.

Die hiergegen von der Beklagten eingelegte Beschwerde wies das Nds. Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 17. Juli 2015 (5 ME 99/15) zurück. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, die der Auswahlentscheidung zugrundeliegende Beurteilung beruhe auf einer unvollständigen Tatsachengrundlage. Unter anderem rügte auch das OVG, dass der Beurteilungsbeitrag des Mitarbeiters N. kritisch gewürdigt werden müsse, weil er in Konkurrenz zum Kläger stehe. Den rechtlichen Bedenken an der Beurteilung der Leistungen des Klägers ab dem 17. November 2011 schloss sich das OVG ebenso an, wie den Bedenken der Vorinstanz im Hinblick auf die Plausibilität der Beurteilung, weil die schriftliche Leistungsbeschreibung des Klägers nicht zu der vergebenen Note passe (Beschluss des VG, BA S. 9f.; Beschluss des OVG, BA S. 14). Wegen der Einzelheiten wird auf die genannten Beschlüsse Bezug genommen.

- Nach Neubeurteilung vom 22. Januar 2016 mit der Gesamtnote “gut ++“ teilte die Beklagte dem Kläger mit Auswahlentscheidung vom 30.06.2016 erneut mit, er könne für die Beförderungsrunde 2014 nicht berücksichtigt werden.

Hiergegen legte der Kläger am 14. Juli 2016 Widerspruch ein und suchte am selben Tage um vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz nach (1 B 180/16). Dem Antrag gab die 1. Kammer des erkennenden Gerichts mit Beschluss vom 19. Mai 2017 wegen Rechtsmängeln der der Auswahlentscheidung zugrundeliegenden Beurteilung statt. Im Wesentlichen führte sie aus, der Beurteilungsbeitrag des Mitarbeiters Q. unterliege rechtlichen Bedenken, weil nicht erkennbar sei, dass seine Erkenntnisse über den Kläger auf eigener Anschauung beruhten, er gegenüber den Beurteilern jedenfalls nicht kenntlich gemacht habe, woher er seine Erkenntnisse bezogen habe. Erneut wurde der Beurteilungsbeitrag des Mitarbeiters N. für rechtlich bedenklich erachtet. Erneut rügte das Gericht, der Beitrag sei nicht plausibel, weil zwischen der textlichen Beschreibung der klägerischen Leistungen und der vergebenen Note eine nicht erklärliche Diskrepanz bestehe. Dies falle insbesondere im Vergleich zu einer von Herrn N. ebenfalls eingeschätzten Mitarbeiterin auf, die textlich ähnliche Leistungsbeschreibungen, aber eine deutlich bessere Note erhalten habe. Wiederum erneut beanstandete die Kammer auch, dass nicht erkennbar sei, worauf die Einschätzungen des Mitarbeiters N. in der Zeit vom 17. November 2011 bis 01. März 2012 beruhten. In dieser nicht unerheblichen Zeitspanne sei bewertbare Arbeit nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Klägers nicht angefallen. Schließlich gebe es Anhaltspunkte dafür, dass der Mitarbeiter N. gegenüber dem Kläger nicht unvoreingenommen sei.Über eine erneute Auswahlentscheidung für die Beförderungsrunde 2014 oder eine Bescheidung des Widerspruchs vom 14. Juli 2016 ist nichts aktenkundig.

- Mit Auswahlentscheidung vom 26. Juni 2015 teilte die Beklagte dem Kläger mit, er könne bei der Beförderungsgrunde 2015 nicht berücksichtigt werden. Hiergegen legte der Kläger am 13. Juli 2015 Widerspruch ein und suchte am selben Tage um vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz nach (1 B 230/15). Nach außergerichtlicher Einigung der Beteiligten darauf, dass die Auswahlentscheidung aufgehoben und über die Beförderung neu entschieden werde, ist das Verfahren nach Abgabe übereinstimmender Erledigungserklärungen mit Beschluss vom 03. September 2015 eingestellt worden.

- Nach Neubeurteilung vom 22. Januar 2016 mit der Gesamtnote “Gut ++“ teilte die Beklagte dem Kläger mit weiterer Auswahlentscheidung vom 30. Juni 2016 für die Beförderungsrunde 2015 mit, er könne in dieser Beförderungsrunde nicht berücksichtigt werden. Zwar könnten Mitarbeiter mit der Note “Gut ++“ befördert werden, jedoch gebe es nicht für alle derart beurteilten Mitarbeiter Beförderungsplanstellen. Eine Feinausschärfung habe ergeben, dass der Kläger nicht befördert werden könne. Nachprüfbare Unterlagen über die Art und Weise der Feinausschärfung können dem Gericht von der Beklagten nicht vorgelegt werden.Hiergegen legte der Kläger am 14. Juli 2016 Widerspruch ein und suchte am selben Tage um vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz nach (1 B 179/16). Da die Beklagte in diesem Verfahren mitgeteilt hatte, sie halte für den Kläger bis zum Ausgang des Hauptsacheverfahrens eine Planstelle frei, erklärten die Beteiligten nach entsprechender gerichtlicher Hinweisverfügung den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt. Mit Beschluss vom 18. Juli 2017 stellte die 1. Kammer des erkennenden Gerichts das Verfahren ein. Über den Widerspruch vom 14. Juli 2016 ist, soweit ersichtlich, bisher nicht entschieden worden.

- Mit Auswahlentscheidung vom 03. Juli 2017 teilte die Beklagte dem Kläger unter Zugrundelegung der Beurteilung vom 22. März 2016 mit der Gesamtnote “rundum zufriedenstellend“ mit, er könne für die Beförderungsrunde 2017 nicht berücksichtigt werden. Hiergegen legte der Kläger am 14. Juli 2017 Widerspruch ein und suchte am 17. Juli 2017 um vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz nach (1 B 241/17). Nachdem die Beklagte erneut erklärt hatte, sie werde den Kläger neu beurteilen und eine neue Auswahlentscheidung treffen ist das Verfahren nach übereinstimmender Erledigungserklärung mit Beschluss vom 04. Dezember 2017 eingestellt worden. Über eine erneute Auswahlentscheidung für die Beförderungsrunde 2017 ist nichts aktenkundig.

Im Ergebnis gibt es für die Beförderungsrunden 2014, 2015 und 2017 keine abschließende Entscheidung der Beklagten. Sämtliche zugrundeliegenden Beurteilungen unterliegen bis heute (s. das Sitzungsprotokoll zum Verfahren 3 A 326/18 mit der Aufhebung der für die Beförderungsrunde 2017 getroffenen Auswahlentscheidung) rechtlichen Bedenken. Die Beklagte erklärt die Nichtentscheidung damit, sie habe den Ausgang dieses und des heute eingestellten Verfahrens 3 A 326/18 abwarten wollen.

Am 22. März 2018 hat der Kläger Klage erhoben mit dem Ziel, nach Aufhebung der Auswahlentscheidungen vom 01. Dezember 2014, 26. Juni 2015, 30. Juni 2016, 30. Juni 2016 und 03. Juli 2017, ihn nach A 9 VZ + Z zu befördern und ihn im Wege des Schadensersatzes besoldungs- und versorgungsrechtlich so zu stellen, als wäre eine Beförderung zum 01. Dezember 2014 erfolgt.

Zur Begründung dieser Klage führt der Kläger an, alle seine Beurteilungen seien bisher rechtswidrig gewesen. Seit 2014, spätestens aber 2015 habe er einen Anspruch auf Beförderung.

Der Kläger beantragt,

die Bescheide (Beförderungsmitteilungen) der Beklagten vom

01.12.2014 (Beförderungsrunde 2014 – erster Durchgang),

26.06.2015 (Beförderungsrunde 2015 – erster Durchgang),

30.06.2016 (Beförderungsrunde 2014 – zweiter Durchgang),

30.06.2016 (Beförderungsrunde 2015 – zweiter Durchgang) und

03.07.2017 (Beförderungsrunde 2017)

aufzuheben und die Beklagte

a.) zu verpflichten, den Kläger in ein Amt der Besoldungsgruppe A 9 VZ + Zzu befördern,

b.) Den Kläger im Wege des Schadensersatzes dienst-, besoldungs- undversorgungsrechtlich so zu stellen, als sei er bereits am 1. Dezember 2014hilfsweise zu einem späteren Zeitpunkt in ein Amt der Besoldungsgruppe A 9 VZ + Z befördert worden,

hilfsweise,

die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 1. Dezember 2014, 26.06.2015, 30.06.2016, 30.06.2016 und 03.07.2017 zu verpflichten, über die Beförderungsauswahl des Klägers in den Beförderungsrunden 2014, 2015 und 2017 neu zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält dem klägerischen Vorbringen entgegen, die Klage sei unzulässig, soweit sie Bescheide betreffe, die aufgehoben worden seien. Im Übrigen sei die Klage unbegründet, weil eine schuldhafte Pflichtverletzung ihrerseits nicht vorliege und der Kläger einen Schaden nicht dargelegt habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Gleichzeitig wird auf die Gerichtsakten zu den Verfahren 1 A 85/15, 1 A 43/17, 1 B 261/14, 1 B 230/15, 1 B 179/16, 1 B 180/16 sowie 1 B 241/17 Bezug genommen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Gründe

Die Klage ist als Allgemeine Leistungsklage zulässig. Insbesondere ist sie in Ansehung von § 126 Abs. 2 Bundesbeamtengesetz vom 05.02.2009 – BBG – (BGBl. I S. 160) statthaft.

Gemäß § 126 Abs. 3 BBG ist vor allen Klagen der Bundesbeamten, also auch des Klägers und für die Allgemeine Leistungsklage, ein Vorverfahren nach den Vorschriften des 8. Abschnitts der Verwaltungsgerichtsordnung durchzuführen.

Ausdrücklich hat der Kläger ein solches Vorverfahren in Bezug auf den mit dem Hauptantrag zu b) verfolgten Schadensersatzanspruch wegen rechtswidrig unterlassener Beförderung bei der Beklagten nicht eingeleitet. Seine gegen die abschlägigen Beförderungsmitteilungen erhobenen Widersprüche vom 12. Dezember 2014, 13. Juli 2015, 14. Juli 2016 (2x) und 14. Juli 2017 bezogen sich ausdrücklich – nur – auf eine erstrebte Beförderung in den jeweiligen Beförderungsrunden. Die Kammer hat erwogen, den Widerspruch dahingehend auszulegen, dass damit (hilfsweise) auch ein etwaiger Schadensersatzanspruch wegen unterlassener Beförderung geltend gemacht wird. Hierfür spricht die auch dem Prozessbevollmächtigten des Klägers bekannte Regelung in § 49 Abs. 2 Satz 2 Bundeshaushaltsordnung - BHO -. Danach kann eine Beförderung rückwirkend nur bis drei Monate in die Vergangenheit erfolgen. Jedenfalls auf die im Jahre 2016 erhobenen Widersprüche die zweiten Entscheidungen der Beklagten für die Beförderungsrunden 2014 und 2015 betreffend, liegt auf der Hand, dass der Kläger sein Rechtsschutzziel nur durch eine Kombination aus dem Beförderungsbegehren einerseits und dem Schadensersatzbegehren andererseits erreichen kann. Dennoch scheidet eine solche Auslegung hier aus. Nach der von der Kammer geteilten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 30.10.2013 -2 C 23/12-, juris Rn. 24) ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dass der Beamte in der Begründung des Widerspruchs deutlich macht, er verlange hilfsweise Schadensersatz. Auch in der Begründung der Widersprüche ist jedoch ein solches Begehren nicht zum Ausdruck gekommen. Daran muss sich der anwaltlich, also rechtskundig vertretene Kläger festhalten lassen. Ein Widerspruchsverfahren in Bezug auf den mit der Klage verfolgten Schadensersatzanspruch hat damit nicht stattgefunden, bzw. findet nicht statt, da über die Widersprüche noch nicht abschließend entschieden worden ist.

Dennoch führt dies nicht zur Unzulässigkeit der Klage, weil das Widerspruchsverfahren entbehrlich gewesen ist.

Auch in beamtenrechtlichen Angelegenheiten dient das Widerspruchsverfahren der Selbstkontrolle der Verwaltung, dem individuellen Rechtsschutz und der Entlastung der Verwaltungsgerichte. Sind diese Ziele vor der Klageerhebung schon auf andere Weise erreicht worden oder können sie nicht mehr erreicht werden, ist ein Widerspruchsverfahren sinnlos. Seine Durchführung würde einen sachlich nicht zu rechtfertigenden Formalismus darstellen, der die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes unnötig verzögert. Die Entbehrlichkeit des Widerspruchsverfahrens in diesen Fällen stellt eine weitere, gesetzlich nicht ausdrücklich geregelte Ausnahme dar, die sich aus Sinn und Zweck der § 126 Abs. 3 BRRG, §§ 68 f. VwGO ergibt (BVerwG, a.a.O. Rn. 35 f. unter Hinweis auf die st.Rspr. des Gerichts; vgl. zuletzt Urteil vom 15. September 2010 - BVerwG 8 C 21.09 - BVerwGE 138, 1 = Buchholz 310 § 68 VwGO Nr. 48 <jeweils Rn. 24 f.>). Die genannte Entscheidung kann als Zusammenfassung der - vom Berufungsgericht kritisch dargestellten - Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verstanden werden. Das Widerspruchsverfahren kann seinen Zweck nicht mehr erreichen, wenn feststeht, dass der Widerspruch unabhängig von der Begründung keinen Erfolg haben würde. Daher wird es regelmäßig nicht entbehrlich sein, wenn Ausgangs- und Widerspruchsbehörde nicht identisch sind oder gar unterschiedlichen Rechtsträgern angehören (Urteil vom 21. September 2010 a.a.O. Rn. 26). Auch wird das Widerspruchsverfahren regelmäßig durchzuführen sein, wenn die Widerspruchsbehörde einen Ermessens- oder Beurteilungsspielraum wahrzunehmen hat. In diesen Fällen geht deren Nachprüfung inhaltlich über die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung hinaus (§ 114 Satz 1 VwGO). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.

Das Widerspruchsverfahren ist nach dieser von der Kammer geteilten Rechtsprechung jedoch auch entbehrlich, wenn der Betroffene Klage erhoben hat, ohne dass ihm die Beklagte hierzu Anlass gegeben hat und sie sich im Klageverfahren vorbehaltlos zur Sache einlässt (BVerwG, a.a.O. Rn. 38). So verhält es sich hier, wo sich die Beklagte inhaltlich zur Schadensersatzklage eingelassen hat, ohne das Fehlen eines Widerspruchsverfahrens geltend zu machen. Ein entsprechender Einwand ist erst in der mündlichen Verhandlung nach entsprechendem rechtlichen Hinweis des Gerichts erhoben worden; dies ist zu spät. Auf die Frage, ob ein entsprechender Einwand in Anbetracht der Tatsache treuwidrig gewesen wäre, dass die Beklagte über die gegen die Auswahlentscheidungen erhobenen Widersprüche bis heute nicht entschieden hat, und selbiges auch in Bezug auf den Schadensersatzanspruch zu erwarten gewesen wäre, braucht in Anbetracht dessen nicht entschieden zu werden.

Die auch sonst zulässige Klage ist sowohl mit dem Hauptantrag zu a.) wie mit dem Hauptantrag zu b.) begründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch darauf zu, im Wege des Schadensersatzanspruchs dienst- besoldungs- und versorgungsrechtlich so gestellt zu werden, als sei er bereits zum 1. Dezember 2014 in ein Amt der Besoldungsgruppe A 9 VZ + Z befördert worden. Soweit § 49 Abs. 2 Satz 2 BHO das zulässt, hat er einen entsprechenden Beförderungsanspruch.

Ein Beamter kann von seinem Dienstherrn Ersatz des ihm durch die Nichtbeförderung entstandenen Schadens verlangen, wenn der Dienstherr bei der Vergabe eines Beförderungsamtes den aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Bewerbungsverfahrensanspruch des Beamten auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl schuldhaft verletzt hat, wenn diese Rechtsverletzung für die Nichtbeförderung des Beamten kausal war und wenn der Beamte es nicht schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden. Rechtsgrundlage dieses unabhängig vom Schadensersatzanspruch aus Amtshaftung (§ 839 Abs. 1 Satz 1 BGB, Art. 34 Satz 1 GG) bestehenden Anspruchs ist das Beamtenverhältnis; eines Rückgriffs auf die Verletzung der Fürsorgepflicht bedarf es nicht (BVerfG, Kammerbeschluss vom 13. Januar 2010 - 2 BvR 811/09 - BayVBI 2010, 303; BVerwG, Urteile vom 25. August 1988 - BVerwG 2 C 51.86 - BVerwGE 80, 123 <124> = Buchholz 237.7 § 7 NWLBG Nr. 5 S. 2 f.; vom 28. Mai 1998 - BVerwG 2 C 29.97 - BVerwGE 107, 29 <31> = Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 40 S. 3; vom 1. April 2004 - BVerwG 2 C 26.03 - Buchholz 237.8 § 10 RhPLBG Nr. 1; vom 17. August 2005 - BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <101 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32 S. 28 f. und vom 31. März 2010 - BVerwG 2 A 2.09 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 48 Rn. 15; vom 26.01.2012 -2 A 7/09-, juris Rn. 15 vom 15.06.2018 -2 C 19/17-, juris Rn. 9 f.; OVG Lüneburg, Urteil vom 10.2.2015 -5 LB 105/14-, juris Rn. 36).

Für die Haftung des Dienstherrn auf Schadensersatz wegen Verletzung von Pflichten aus dem allgemeinen Beamtenverhältnis gilt der allgemeine, objektiv-abstrakte Verschuldensmaßstab des bürgerlichen Rechts. Danach handelt fahrlässig, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (Urteil vom 17. August 2005 a.a.O. S. 104). Von den für die Auswahlentscheidung verantwortlichen Beamten muss verlangt werden, dass sie die Sach- und Rechtslage unter Heranziehung aller ihnen zu Gebote stehenden Hilfsmittel gewissenhaft prüfen und sich auf Grund vernünftiger Überlegungen eine Rechtsauffassung bilden. Dazu gehören auch die Auswertung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und die ernsthafte Auseinandersetzung mit der Frage, ob ggf. aus politischen Gründen gewünschte Personalentscheidungen auch am Maßstab der relevanten Rechtsnormen Bestand haben (BVerwG, Urteil vom 26.01.2012, a.a.O. Rn. 39; vom 15.06.2018, a.a.O. Rn. 19; OVG Lüneburg, Urteil vom 10.2.15, a.a.O. Rn. 50).

Eine schuldhafte Amtspflichtverletzung der Beklagten liegt vor.

Aus dem beamtenrechtlichen Dienst- und Treueverhältnis und dem aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Bewerbungsverfahrensanspruch des Beamten auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl folgt für die Beklagte als Dienstherr, dass sie rechtmäßig und zeitnah sowohl über die dienstliche Beurteilung ihrer Beamtinnen und Beamten als auch über deren Beförderung also berufliches Fortkommen entscheiden muss. Gegen diese Pflicht hat die Beklagte verstoßen.

Seit der ersten aktenkundigen Beurteilung des Klägers vom 19. September 2014 bis auf den heutigen Tag leiden die Beurteilungen des Klägers unter den im Tatbestand dargelegten Rechtsmängeln, die von der Beklagten im Wesentlichen eingeräumt werden. Daraus folgend, gibt es bisher keine den Kläger betreffende rechtmäßige Auswahlentscheidung der Beklagten in den Beförderungsrunden 2014, 2015 und 2017. Seit der ersten gerichtlichen Befassung mit den Beurteilungen des Klägers hat das Gericht hinsichtlich der Beurteilungen für den Beurteilungszeitraum 01. Juni 2011 bis 31. Oktober 2013 im Wesentlichen gerügt, dass insbesondere die Stellungnahmen (Beurteilungsbeiträge) des Mitarbeiters N. der Beklagten rechtlichen Bedenken begegnen. Diese betreffen sowohl die Frage, ob der Mitarbeiter im gesamten von ihm eingeschätzten Beurteilungszeitraum vom 15. September 2011 bis 31. Mai 2012 Einblick in die Tätigkeit des Klägers gehabt hat, als auch den Umstand, dass sein Beurteilungsbeitrag wegen Diskrepanz zwischen textlicher Beschreibung der klägerischen Leistung und Benotung nicht plausibel ist, als auch die mehrfache Feststellung, dass sein Beurteilungsbeitrag wegen einer bestehenden konkurrentenrechtlichen Wettbewerbssituation kritisch zu würdigen und die Frage einer Befangenheit nicht fernliege (Ein solcher Gedanke wird durch das mit Schriftsatz der Beklagten vom 30. November 2020 vorgelegte „Memo Herr A.“ des Mitarbeits N. jedenfalls nicht entkräftet). All diesen Bedenken ist die Beklagte bisher nicht effektiv nachgegangen. Ihr Einwand, sie habe erst den Ausgang dieses und des Verfahrens 3 A 326/18 abwarten wollen, missachtet den Bewerbungsverfahrensanspruch des Klägers, der auf rechtmäßige und auch zeitnahe Entscheidung gerichtet ist, und ist zudem nicht schlüssig. Die letzte gerichtliche Eilentscheidung in den Sachen des Klägers datiert auf den 19. Mai 2017 (Beschluss im Verfahren 1 B 180/16). Die vorliegende Klage ist am 22. März 2018 eingegangen. Gleichwohl hat die Beklagte die bei ihr vom Kläger anhängig gemachten Widersprüche vom 14. Juli 2016 (Beförderungsrunden 2014 und 2015) sowie vom 14. Juli 2017 (Beförderungsrunde 2017) auch in der Zwischenzeit, in der ein Gerichtsverfahren nicht anhängig war, nicht bearbeitet. Mittlerweile erscheint es nahezu ausgeschlossen, dass ein Beurteiler oder ein Mitarbeiter, der eine Stellungnahme zu einer Beurteilung zu schreiben hat, in der Lage sein wird, sich an Vorgänge aus dem Jahr 2011 (Beginn der streitbefangenen Beurteilungszeiträume) zu erinnern.

Diese Rechtsverletzung ist der Beklagten als schuldhaft zuzurechnen. Wenn nicht bedingter Vorsatz unterstellt wird, so hat die Beklagte doch zumindest grob fahrlässig dadurch gehandelt, dass sie die mehrfach vom erkennenden Gericht und vom OVG Lüneburg dezidiert aufgezeigten (vgl. die in den jeweiligen gerichtlichen Eilverfahren ergangenen Beschlüsse und Hinweisverfügungen) Rechtsmängel der Beurteilungen des Klägers und damit einhergehend der ihn betreffenden Auswahlentscheidungen, nicht abgestellt hat. Insbesondere gilt dies für die nach wie vor fehlende Plausibilisierung der Stellungnahme des Mitarbeiters N., die durch eine deutliche Diskrepanz zwischen textlicher Beschreibung und Benotung auffällt. Die Beklagte macht in diesem Zusammenhang erfolglos das Spruchkörperprivileg für sich geltend. Sie will damit offenbar sagen, dass ihre entsprechende Beurteilungspraxis von anderen Gerichten, vor allem solchen in anderen Bundesländern, für rechtmäßig gehalten wird, weshalb sie auch in Bezug auf den Kläger nicht schuldhaft handeln könne. Damit verkennt sie, dass in Bezug auf den Kläger individualisierte, die Beklagte bindende Gerichtsentscheidungen und Prozesserklärungen ihrerseits vorliegen. Dadurch liegen verbindliche Vorgaben dazu vor, welche Rechtsmängel der Auswahlentscheidungen und Beurteilungen abzustellen sind.

Die Pflichtverletzung ist auch kausal für die unterbliebene Beförderung des Klägers.

Ein Schadensersatzanspruch wegen rechtswidrig unterlassener Beförderung kann nur begründet sein, wenn dem Beamten ohne den Rechtsverstoß das angestrebte Amt voraussichtlich übertragen worden wäre (BVerwG, Urteil vom 26.01.2012, a.a.O Rn. 42 ff.; Urteil vom 11. Februar 2009 - BVerwG 2 A 7.06 - Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 44, bestätigt durch BVerfG, Kammerbeschluss vom 13. Januar 2010 - 2 BvR 811.09 - BayVBl 2010, 303). Erforderlich ist ein adäquat kausaler Zusammenhang zwischen der Rechtsverletzung und dem Schaden, d.h. der Nichtbeförderung. Ob ein solcher Zusammenhang gegeben ist, hängt von allen Umständen des konkreten Falles ab. Das Gericht hat demgemäß den hypothetischen Kausalverlauf zu ermitteln, den das Auswahlverfahren ohne den Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG voraussichtlich genommen hätte (ebenso BVerwG, U. v. 15.06.2018, juris Rn. 21). Es muss ermitteln, welche Handlungsalternativen der Dienstherr erwogen und warum er sich für den konkret eingeschlagenen fehlerhaften Weg entschieden hat. Es muss beurteilen, welchem Bewerber der Dienstherr den Vorzug gegeben hätte, wenn er eine rechtmäßige Alternative verfolgt hätte. Allerdings ist die Darlegung und Ermittlung eines derartigen hypothetischen Kausalverlaufs desto schwieriger, je fehlerhafter das Auswahlverfahren im konkreten Fall gewesen ist. Denn auch wenn es häufig möglich sein wird, einzelne Rechtsfehler eines Auswahlverfahrens hinwegzudenken, um den hypothetischen Kausalverlauf bei rechtmäßigem Verhalten des Dienstherrn nachzuzeichnen, werden hinreichende Anhaltspunkte für eine derartige Betrachtung häufig fehlen, wenn - wie im vorliegenden Fall - das Auswahlverfahren durch eine Vielzahl miteinander verschränkter Rechtsfehler gekennzeichnet ist.

Schwierig, wenn nicht vielfach unmöglich, kann die Ermittlung des hypothetischen Kausalverlaufs auch dann sein, wenn der Dienstherr zu seiner Aufklärung nichts beiträgt, vor allem, wenn ihm dies möglich wäre, etwa durch umfassende Aktenvorlage (Urteil vom 21. August 2003 - BVerwG 2 C 14.02 - BVerwGE 118, 370 <379>). Denn unter diesen Umständen ist das Fehlen einer tragfähigen Entscheidungsgrundlage auf die Verwaltungspraxis oder das Verhalten des Dienstherrn im Prozess zurückzuführen und kann dem Beamten nicht angelastet werden. Dies gilt in gleichem Maße, wenn Unterlagen zwar vorgelegt werden, ihnen aber nicht zu entnehmen ist, dass der Dienstherr eine rechtmäßige Handlungsalternative verfolgt hat.

So liegt der Fall hier.

Die Beklagte hat über einen Zeitraum von mittlerweile sechs Jahren verschiedene Rechtsfehler ihrer Beurteilungen des Klägers nicht abgestellt. Den vorgelegten sog. Personalakten ist nicht zu entnehmen, dass die Beklagte eine rechtmäßige Handlungsalternative verfolgt hat. Sie hat vielmehr bekundet, die derzeit anhängigen gerichtlichen Verfahren abwarten zu wollen. Sie hat zudem die für die Beförderungsrunde 2015 durchgeführte Feinausschärfung nicht dokumentiert, so dass sie einer gerichtlichen Überprüfung nicht zugänglich ist. Dies soll nach Aussage des Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung in der Vergangenheit durchgehend so gewesen sein. Dieses Verhalten der Beklagten kann dem Kläger nicht angelastet werden.

In einem solchen Fall kann das Gericht Beweiserleichterungen bis hin zur Beweislastumkehr zu Gunsten des Klägers erwägen oder der Situation bei seiner Prognose eines möglichen Erfolgs des Klägers bei rechtmäßigem Verhalten des Dienstherrn Rechnung tragen. Ein Anspruch auf Schadensersatz wird hierbei schon dann regelmäßig in Betracht kommen, wenn der unterlegene Kandidat bei einer Entscheidung nach leistungsbezogenen Auswahlkriterien zumindest reelle Beförderungschancen gehabt hätte, wenn also seine Beförderung ohne den schuldhaften Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG nach Lage der Dinge ernsthaft möglich gewesen wäre (BVerwG, Urteil vom 26.01.2012, a.a.O. Rn. 45; Urteil vom 17. August 2005 a.a.O. S. 109 f.; ebenso Urteil vom 23. November 1995 - BVerwG 2 A 1.94 - Schütz BeamtR ES/B III 8 Nr. 10). Dies schließt die Möglichkeit ein, dass in Einzelfällen nicht nur ein, sondern mehrere unterlegene Kandidaten einen Anspruch auf Schadensersatz wegen rechtswidrig unterbliebener Beförderung geltend machen können, wenn sie die ernsthafte Möglichkeit einer für sie positiven Auswahlentscheidung darlegen können (ebenso OVG Lüneburg, Urteil vom 10.2.15, juris Rn. 53-55)

Bisher ist der Kläger für den Beurteilungszeitraum 01. Juni 2011 bis 31. Oktober 2013, der für die Beförderungsrunden 2014 und 2015 maßgeblich ist, mit “gut ++“ beurteilt. Ausweislich der von der Beklagten vorgelegten Beförderungsliste 2014 mit dem Einweisungsdatum in die Planstelle; 01.10.2014, ist der letzte beförderte Beamte mit “sehr gut Basis“ beurteilt worden. Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Kläger bei rechtmäßiger Beurteilung eine entsprechend bessere Note bekommen hätte. Der Notensprung beträgt nämlich nur eine Stufe. Selbst wenn, wie die Beklagte ohne nähere Angaben meint, es auf das Konkurrenzverhältnis zum nächsten beförderten Techniker ankommen sollte, ist die Differenz nur zwei Notenstufen, da dieser mit “sehr gut +“ beurteilt ist. Auch insoweit kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Kläger im Rahmen der Beförderungsrunde 2014 zum 01. Oktober 2014 befördert worden wäre.

Zu Unrecht macht die Beklagte dagegen zum einen geltend, die Beurteilerinnen hätten sich dahingehend geäußert, sie glaubten auch für den Fall der Fehlerbehebung nicht an eine Notenverbesserung. Abgesehen davon, dass sie diese Äußerung, wäre sie getroffen worden, in eine gefährliche Nähe zur Befangenheit bringt, ist sie durch nichts, vor allem nicht durch rechtmäßige Stellungnahmen untermauert.

Zum anderen dringt die Beklagte auch nicht mit dem Argument durch, der Kläger habe nicht befördert werden können, weil er die sechsmonatige Probezeit, die nach Abschnitt 3 c der Beförderungsrichtlinien für die bei der W. AG beschäftigten Beamtinnen und Beamten vom 01.09.2014 erforderlich sei, nicht absolviert habe. Dazu hat der Hessische VGH überzeugend ausgeführt, dass ein solches Erfordernis weder auf die einschlägigen laufbahnrechtlichen Vorschriften noch auf die „Beförderungsrichtlinien für die bei der W. AG beschäftigten Beamtinnen und Beamten vom 1. September 2014" in der Fassung vom 28. März 2017 (im Folgenden: Beförderungsrichtlinien) gestützt werden könne. Laufbahnrechtlich gelten für bei einem Postnachfolgeunternehmen beschäftigte Beamte gemäß § 1 Abs. 1 PostLV die Regelungen der Bundeslaufbahnverordnung (BLV). § 32 BLV benenne mit seinen Nummern 1 bis 3 die Voraussetzungen einer Beförderung und bestimme in Nr. 2, dass ein Beamter befördert werden könne, wenn im Fall der Übertragung einer höherwertigen Funktion die Eignung in einer Erprobungszeit nachgewiesen wurde. Diese Regelung betreffe wie bereits die höherrangige Norm des § 22 Abs. 2 BBG Fälle, in denen die Auslese für ein Beförderungsamt auf die (dann bereits dem Leistungsgrundsatz unterliegende) Auswahl unter den Bewerbern um einen Dienstposten, dessen Wertigkeit dem von den Bewerbern angestrebten Statusamt entspreche, vorverlagert worden sei. Die Regelung der Nr. 3 c) der Beförderungsrichtlinien entspreche in ihrem Wortlaut und Verständnis § 32 Nr. 2 BLV. Danach würden in das Auswahlverfahren für eine Beförderung nur Beamte einbezogen, die „im Fall der Übertragung einer höherwertigen Funktion ihre oder seine Eignung in einer Erprobungszeit von mindestens sechs Monaten nachgewiesen hätten". Liege – wie hier - kein Fall des § 32 Nr. 2 BLV bzw. von Nr. 3 c) der Beurteilungsrichtlinien vor, könnten Beförderungen ohne vorhergehende Erprobung erfolgen, wenn nur die Voraussetzungen des § 32 Nr. 1 und 3 BLV erfüllt seien. Nach einer solchen Beförderung sei dem Beamten ein dem neuen Statusamt angemessener Dienstposten zu übertragen, wenn er nicht schon einen solchen Dienstposten innehatte und weiter auf diesem eingesetzt werden soll (Beschluss vom 23.06.2020 -1 B 2822/19-, juris Rn. 37 mit Verweis auf OVG NRW, Beschluss vom 5. Mai 2020 - 1 B 202/20 - juris Rn. 12 ff.).

Zum gleichen Ergebnis gelangt man, wenn man mit dem OVG Bremen die Beförderungslisten der Beklagten nicht für verwertbar hielte. Das Gericht hat hierzu in seinem Beschluss vom 12.11.2018 -2 B 167/18-, juris Rn. 9 ausgeführt:

„Das ergibt sich allerdings noch nicht daraus, dass der Antragsteller lediglich auf Platz 272 der Beförderungsrangliste geführt wird und er danach eine um fünf Notenstufen bessere dienstliche Beurteilung benötigt, um auch nur die für eine Beförderung erforderliche Gesamtnote „hervorragend +“ zu erhalten. Die Beförderungsliste kann nicht für die Ermittlung der Erfolgsaussichten des Antragstellers bei erneuter Auswahlentscheidung herangezogen werden, weil nicht nur seine eigene dienstliche Beurteilung aufgrund eines Begründungsdefizits fehlerbehaftet ist. Die dem Gericht vorliegenden Beurteilungen der sechs Beigeladenen sind ebenfalls mangelhaft begründet, weil sie zum einen ebenfalls keine individuelle Begründung zur Umsetzung der Noten der Einzelkriterien in das Gesamturteil enthalten und es sich ihnen zum anderen nicht entnehmen lässt, in welcher Weise die Beurteiler die Höherwertigkeit der Arbeitsposten konkret berücksichtigt haben (vgl. dazu bereits Beschluss des Senats vom 04.08.2017 - 2 B 70/17 -). Diese Begründungsfehler betreffen jedenfalls eine Vielzahl der für den streitgegenständlichen Beurteilungszeitraum erstellten dienstlichen Beurteilungen der bei der W. beschäftigten Beamtinnen und Beamten (vgl. z.B. OVG NW, Beschluss vom 23.10.2018 - 1 B 666/18 -; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24.09.2018 - OVG 10 S 47.18 - und vom 27.06.2018 - OVG 10 S 83.17 -; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 27.02.2018 - 1 B 809/17 -; HambOVG, Beschluss vom 13.02.2018 - 5 Bs 268/17 -; NdsOVG, Beschluss vom 01.12.2017 - 5 ME 80/17 -, sämtlich juris). Die große Anzahl der hierzu ergangenen Entscheidungen und die Gleichartigkeit der danach aufgezeigten Begründungsfehler rechtfertigen die Annahme struktureller Defizite bei der Umsetzung des Beurteilungssystems der W., weil es regelmäßig sowohl an der wegen der unterschiedlichen Bewertungsskalen bei den Einzelmerkmalen bzw. dem Gesamturteil sowie der weiteren Auffächerung des Gesamturteils in drei Ausprägungsgrade erforderlichen einzelfallbezogenen, substantiellen textlichen Begründung des Gesamturteils als auch an einer nachvollziehbaren Begründung des Gesamturteils in den Fällen der Wahrnehmung einer höherwertigen Tätigkeit fehlt (so OVG NW, Beschluss vom 23.10.2018 - 1 B 666/18 -, Rn. 19, juris). Das rechtfertigt die Annahme, dass jedenfalls ein großer Teil der dienstlichen Beurteilungen der Mitbewerber fehlerbehaftet ist. Die auf dieser Grundlage erstellte Beförderungsrangliste scheidet daher als Maßstab für die Erfolgsaussichten des Antragstellers, bei fehlerfreier Auswahlentscheidung möglicherweise befördert werden zu können, aus.“

Es fehlte dann an jeglichem Anhaltspunkt, ob der Kläger bei rechtmäßiger Beurteilung befördert worden wäre. Die Nichterweislich geht in diesem Fall zu Lasten der Beklagten. Insoweit folgt die Kammer der Rechtsprechung des Nds. Oberverwaltungsgerichts, das in seinem Urteil vom 10.02.2015, a.a.O. Rn. 56 ausgeführt hat:

„Nach Maßgabe dieser Grundsätze kann im vorliegenden Einzelfall eine mit Blick auf das Ergebnis hinreichend sichere Ermittlung des hypothetischen Kausalverlaufs nicht mehr erfolgen. Der Senat kann den hypothetischen Kausalverlauf weder dahingehend ermitteln, dass der Kläger auf einen der Anfang des Jahres 20.. im Rahmen des Dienstpostenkonzeptes für Stellen der Besoldungsgruppe A 11 ausgeschriebenen Dienstposten befördert worden wäre, wenn die Polizeidirektion C. und die Polizeiinspektion G. seinen Bewerbungsverfahrensanspruch nicht verletzt hätten, noch dass es ausgeschlossen erscheint, dass der Kläger sich in der Konkurrenz mit den anderen Bewerbern durchgesetzt hätte. Die sich daraus ergebende Unerweislichkeit des hypothetischen Kausalverlaufs geht zu Lasten des Beklagten (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.1.2012, a. a. O., Rn 44 f.; OVG NRW, Urteil vom 20.6.2013 - 1 A 1/11 -, juris Rn 51 und Rn 59 ff.; Nds. OVG, Beschluss vom 30.6.2014 - 5 LA 51/14 -)].“

Der Schadensersatzanspruch des Klägers ist schließlich auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass er es versäumt hätte, Primärrechtsschutz gegen die rechtswidrigen Handlungen der Beklagten zu suchen.

Nach dem Rechtsgedanken des § 839 Abs. 3 BGB kann ein zu Unrecht nicht beförderter Beamter Schadensersatz für diese Verletzung seines aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Bewerbungsverfahrensanspruchs verlangen, wenn er sich bemüht hat, den eingetretenen Schaden dadurch abzuwenden, dass er um gerichtlichen Rechtsschutz gegen die bevorstehende Personalentscheidung nachgesucht hat (BVerwG, Urteile vom 15.06.2018 -2 C 19/17, juris Rn. 25.; 26.01.2012, a.a.O., Rn. 48; vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - BVerwGE 138, 102 <109 ff.>, stRspr; ebenso OVG Lüneburg, Urteil vom 10.2.15, a.a.O. Rn. 73).

In seinem Urteil vom 15.06.2018 führt das BVerwG weiter überzeugend aus (Rn. 24 ff.):

„Die Vorschrift ist zugleich Ausdruck des Grundsatzes, dass der Primärrechtsschutz Vorrang vor dem Sekundärrechtsschutz hat. Bei rechtswidrigem Handeln des Staates soll der verwaltungsgerichtliche Rechtsschutz im Vordergrund stehen. Dem Betroffenen soll die von der Rechtsordnung missbilligte Wahlmöglichkeit genommen werden, entweder den rechtswidrigen Hoheitsakt mit ordentlichen Rechtsschutzmitteln anzugreifen oder aber ihn hinzunehmen und zu liquidieren, d.h. untätig zu bleiben und sich den Schaden finanziell abgelten zu lassen (BGH, Urteil vom 15. November 1990 - III ZR 302/89 - BGHZ 113, 17 <22>; vgl. auch Wöstmann, in: Staudinger, BGB <2013>, § 839 Rn. 335; Papier/Shirvani, a.a.O. § 839 Rn. 330). Der für rechtmäßige hoheitliche Eingriffe geltende Grundsatz "Dulde und liquidiere" gilt nicht im Bereich der Haftung für rechtswidrige Eingriffe (vgl. Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, 6. Aufl. 2013, S. 94). Soweit der Rechtsgedanke des § 839 Abs. 3 BGB auch im öffentlichen Recht Anwendung findet, gilt daher ebenfalls: es gibt kein "Dulde und liquidiere". Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben soll nur derjenige Schadensersatz erhalten, der sich in gehörigem und ihm zumutbarem Maß für seine eigenen Belange eingesetzt und damit den Schaden abzuwenden versucht hat (vgl. BGH, Urteile vom 29. März 1971 - III ZR 98/69 - BGHZ 56, 57 <63> und vom 4. Juli 2013 - III ZR 201/12 - BGHZ 197, 375 Rn. 22; BVerwG, Beschlüsse vom 6. Juni 2014 a.a.O. Rn. 12 und vom 3. November 2014 a.a.O. Rn. 7). Rechtsmittel im Sinne von § 839 Abs. 3 BGB sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die der Senat teilt, alle Rechtsbehelfe, die sich gegen eine Amtspflichtverletzung richten und sowohl deren Beseitigung oder Berichtigung als auch die Abwendung oder Verringerung des Schadens zum Ziel haben und herbeizuführen geeignet sind (vgl. bereits BGH, Urteil vom 21. März 1963 - III ZR 8/62 - VersR 1963, 849 <851> unter Berufung auf das Urteil vom 9. Juli 1958 - V ZR 5/57 - BGHZ 28, 104 <106>). Der Begriff des Rechtsmittels ist nicht auf die in den Verfahrensvorschriften vorgesehenen Behelfe beschränkt, sondern umfasst auch andere, rechtlich mögliche und geeignete - förmliche oder formlose - Rechtsbehelfe (z.B. Gegenvorstellungen, Erinnerungen an die Erledigung eines Antrags, Beschwerden und Dienstaufsichtsbeschwerden), ist also in einem weiten Sinn zu verstehen (vgl. nur BGH, Urteile vom 4. Juni 2009 - III ZR 144/05 - BGHZ 181, 199 Rn. 25 und vom 4. Juli 2013 - III ZR 201/12 - BGHZ 197, 375 Rn. 18 m.w.N.; s. auch: Wöstmann, in: Staudinger, BGB <2013>, § 839 Rn. 337 ff., 341). Maßgeblich für die Einordnung einer Handlung als Rechtsbehelf in diesem Sinne ist es, ob sie potentiell geeignet ist, den bevorstehenden Schadenseintritt noch abzuwenden. Der Rechtsbehelf muss sich unmittelbar gegen die schädigende Amtshandlung oder Unterlassung selbst richten und ihre Beseitigung beziehungsweise Vornahme bezwecken und ermöglichen (BGH, Urteil vom 16. Oktober 2008 - III ZR 15/08 - WM 2009, 86 Rn. 24).Rechtsmittel in diesem Sinne, die der Durchsetzung des Anspruches auf Beförderung dienen, sind zuvörderst, aber nicht nur die Rechtsbehelfe des verwaltungsgerichtlichen Primärrechtsschutzes gegen bevorstehende Ernennungen. Um solchen Primärrechtsschutz gegen die im Jahre 2009 oder später vorgenommenen Beförderungen von einem Statusamt der Besoldungsgruppe A 8 BBesO in ein solches der Besoldungsgruppe A 9 BBesO hat der Kläger nicht nachgesucht. Unterlassener Primärrechtsschutz steht sekundärem beamtenrechtlichen Schadensersatz vorliegend indes deshalb nicht entgegen, weil an die zum Beförderungsstichtag am 1. März 2009 nicht berücksichtigten Beamten keine Konkurrentenmitteilungen versandt worden sind. Ebenso wenig sind die betroffenen Beamten auf anderem individuellen Weg über ihre Nichtbeförderung unterrichtet worden. Unabhängig davon liegt der relevante Zeitpunkt für die Beförderungen im Jahre 2009 vor dem Urteil des Senats zur Gewährung wirkungsvollen Primärrechtsschutzes in Fällen der Rechtsschutzverhinderung bei der Beamtenernennung (BVerwG, Urteil vom 4. November 2010 - 2 C 16.09 - BVerwGE 138, 102 Rn. 31, 59), sodass nach der Ernennung der ausgewählten Beamten ein dagegen gerichtetes Primärrechtsschutzgesuch des Klägers nicht aussichtsreich, jedenfalls aber nicht zumutbar gewesen wäre.“

Gemessen hieran, hat der Kläger um Primärrechtsschutz nachgesucht und sein Schadensersatzanspruch ist nicht nach dem Rechtsgedanken des § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen. Zwar hat er eine Untätigkeitsklage gegen die von der Beklagten bisher unterlassenen abschließenden Entscheidungen zu den Auswahlverfahren 2014, 2015 und 2017 nicht erhoben. Dies war zur Wahrung seines Anspruchs aus § 839 Abs. 1 BGB indes auch nicht erforderlich.

Vielmehr hat der Kläger dem Erfordernis, Primärrechtsschutz zu suchen dadurch genüge getan, dass er hat gegen sämtliche Auswahlentscheidungen der Beklagten, insbesondere auch gegen diejenige vom 30. Juni 2016, die Beförderungsrunde 2014 betreffend, Widerspruch eingelegt und um vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz nachgesucht hat. In allen Fällen sind Ernennungen aufgrund gerichtlicher Entscheidungen in diesen Verfahren oder aufgrund von Erklärungen der Beklagten bisher nicht erfolgt. Dem Kläger kann nicht vorgehalten werden, er habe sich nicht gegen die Untätigkeit der Beklagten gewehrt, die bis heute über seine Widersprüche vom 14. Juli 2016, die Beförderungsrunden 2014 und 2015 betreffend und 14. Juli 2017, die Beförderungsrunde 2017 betreffend, entschieden hat. Ihm stand und steht insoweit der Weg der Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO offen. Allerdings wird in der zivilrechtlichen Kommentarliteratur auch die Untätigkeitsklage als Primärrechtsmittel angesprochen (Papier/Shirvani, Müko, 8. Aufl. § 839 Rn. 391;683 Dörr in beck-online.GROSSKOMMENTAR, Rn. 683; Hager in Staudinger/Wöstmann, BGB, § 839 Rn. 339). Indes steht dies im Zusammenhang mit der Geltendmachung eines Verzögerungsschadens, der durch eine Untätigkeit der Behörde eintritt. Ein solcher Verzögerungsschaden könnte hier etwa ein geltend gemachter Zinsanspruch bei rechtswidrig unterlassener Beförderung sein. Diesen Schaden macht der Kläger aber nicht geltend. Der von ihm geltend gemachte Schaden betrifft den Grundanspruch auf Beförderung. Der Primärrechtsschutz gegen für rechtswidrig gehaltene Beförderungsentscheidungen ist mit dem kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungswiderspruch, bzw. einer entsprechenden Klage oder einem entsprechenden einstweiligen Rechtsschutzantrag zu erreichen. Derartige Widersprüche hat der Kläger gegen sämtliche hier im Streit befindliche Auswahlentscheidungen erhoben.

Hinzu kommt, dass § 75 VwGO dem Bürger ein Rechtsmittel an die Hand geben will, das trotz Untätigkeit der Behörde ohne Vorverfahren eine Sachentscheidung ermöglicht. Wie sich aus der systematischen Stellung der Vorschrift im 8. Abschnitt der VwGO ergibt, handelt es sich bei der Untätigkeitsklage um keine eigenständige Klageart, sondern eine Unterart der Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage, die den Bürger vor unbegründeter Untätigkeit der Verwaltung schützen soll (Kopp/Schenke, VwGO, 26. Aufl. § 75 Rn. 1). Sie dient damit der Sicherstellung der Rechtsschutzgarantie aus Art. 19 Abs. 4 GG. Eine derartige, den Bürger in dessen Rechtsschutzinteresse vom Erfordernis eines Vorverfahrens entlastende Vorschrift, kann von ihrem Sinn und Zweck her nicht gegen ihn anspruchsausschließend verwendet werden, wenn ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen Schaden und Rechtsschutz, wie hier, fehlt.

Da die Klage Erfolg hat, hat die Beklagte gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 VwGO i.V.m. 708 Nr. 11, 709 ZPO.