VG Weimar, Urteil vom 16.02.2021 - 8 K 1115/17
Fundstelle
openJur 2021, 19989
  • Rkr:

Zur Frage des Vorliegens einer unzumutbaren Härte oder eines öffentlichen Interesses hinsichtlich der Erteilung einer Genehmigung zur Umwandlung von Dauergrünland ohne Pflicht zur Neuanlage

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt vom Beklagten eine Genehmigung zur Umwandlung von Dauergrünland in Ackerland.

Die Klägerin ist Inhaberin eines Landwirtschaftsbetriebes. Mit einem Sammelantrag vom 03. Mai 2016 beantragte sie für das Wirtschaftsjahr 2016 landwirtschaftliche Direktzahlungen / Beihilfen (Agrarzahlungen 2016). Am 17. Mai 2016 reichte sie hierzu ergänzend einen Flächen- und Nutzungsnachweis (FNN) ein. Darin enthalten war die Teilfläche 9, die mit 56,6098 ha Silomais bebaut war.

Seit geraumer Zeit verliert die Klägerin oberirdisch Ackerland. Zudem werden zusammenhängende Ackerschläge der Klägerin durchschnitten und hierdurch für diese nur noch eingeschränkt nutzbar. Dies beruht auf folgendem Hintergrund: Die Firma D... GmbH, N..., ... B..., ein Kali-Unternehmen, erzeugt Salzprodukte wie Kaliumchlorid, Magnesiumchiorid, Natriumchlorid und verschiedene Solen. Dabei werden aus Magnesiumchlorid auch verschiedene Edelsolen hergestellt. Zu diesem Zweck werden Salze unter Tage, in einer Tiefe von bis zu 500 m gelöst (Solung) und mittels Rohrleitungen zur Weiterverarbeitung befördert. Diese Solung schreitet unterirdisch von Lagerstätte zu Lagerstätte fort. Hierdurch "wandert" das Solfeld. Als Kompensation für die so eintretenden Verluste von Ackerlandflächen bot die D... GmbH der Klägerin aus dem bisherigen Gründlandfeldblock DETHLIGL45292N01 eine ca. 3,6089 ha große Fläche an.

Die Klägerin nutzte diese Fläche zusammen mit eigenen Flächen (Feldblock AL45292002), um darauf insgesamt 56,6098 ha Silomais im Jahr 2016 anzubauen. Am 23. Juni 2016 stellte sie hierzu bei dem Beklagten ausdrücklich den Antrag auf Umwandlung von ,,sonstigem Dauergrünland" in Ackerland. Dieser Antrag enthielt keine Angaben zu Flächen, auf denen das Ersatz-Grünland angelegt werden soll, was die Klägerin mit der Absicht der Beseitigung einer Industriebrache und dem Vorliegen eines öffentlichen Interesses sowie unzumutbarer Härte - daher Genehmigung des Günlandumbruchs ohne die Anlage von Ersatzgrünland - begründete. Die Klägerin führte außerdem das wandernde Solfeld zur Begründung ihres Antrags an. Ferner würden weitere Flächen durch den Bau von Windenergieanlagen beeinträchtigt bzw. seien ihr solche für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen im Zusammenhang mit dem Bau der Autobahn A38 entzogen worden.

Mit Datum vom 28. Juni 2016 forderte das Landwirtschaftsamt Bad Frankenhausen/Kyffhäuser (LWA) die Klägerin auf, ihren Antrag im Hinblick auf fehlerhafte bzw. unvollständige Angaben zu überarbeiten.

Mit Schreiben vom 10. August 2016 informierte das LWA die Widerspruchsführerin darüber, dass die als Gründe für die Dauergrünlandumwandlung ohne Ersatzflächen beantragte Anerkennung einer unzumutbaren Härte und des öffentlichen Interesses grundsätzlich sehr restriktiv gehandhabt und nicht anerkannt werde, wenn die Nutzung der Fläche als Grünland auf freiwilliger Basis erfolgt sei. Es forderte die Klägerin deshalb auf, Ersatzflächen zu benennen.

Dem widersprach die Klägerin mit Schreiben vom 30. August 2016.

Am 6. September 2016 nahm das LWA eine Vermessung der Referenzkritik vor Ort vor. Dabei wurde festgestellt, dass Teile des Grünlandfeldblocks DETHLIGL45292N01 (sonstiges Dauergrünland) in K... mit einer Ackerkultur bestellt waren. Hierüber informierte das LWA die Klägerin auch.

Mit Bescheid des LWA vom 22. September 2016 wurde der Klägerin die beantragte Genehmigung zur Umwandlung von Dauergrünland sodann versagt. Begründet wurde die Ablehnung damit, dass die Klägerin in ihrem Antrag keine Gründe für die Dauergrünlandumwandlung ohne Ersatzflächen glaubhaft gemacht habe.

Dagegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 14. Oktober 2016 Widerspruch ein.

Mit Bescheid vom 19. Oktober 2016 ordnete das LWA zudem die Rückumwandlung des ungenehmigt umgewandelten Dauergrünlandes durch Wiederansaat gemäß § 22 Direktzahlungen-Durchführungsverordnung (DirektZahlDurchfV) bis zum 15. Mai 2017 an.

Gegen diesen Bescheid legten die Bevollmächtigten der Klägerin mit Schreiben vom 28. Oktober 2016, eingegangen im LWA am 1. November 2016, Widerspruch ein. Eine Information an das LWA über die erfolgte Wiederansaat lag bis dato nicht vor.

Mit Widerspruchsbescheid vom 22. November 2018, zugestellt am 26. November 2018, wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Der Klägerin könne nach der bereits erfolgten Umwandlung von Dauergrünland nachträglich keine Genehmigung erteilt werden. Eine Ermessensentscheidung der Bewilligungsbehörde habe unabhängig vom Ergebnis der Sachverhaltsprüfung nicht mehr ergehen können, da der Umbruch zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits realisiert gewesen sei. Das LWA habe dennoch im Interesse der Klägerin geprüft, ob eine Genehmigung trotz bereits erfolgtem Umbruch der Grünlandfläche möglich sei. Bei der streitgegenständlichen Fläche handele es sich um Dauergrünland im Sinne des Art. 4 Abs. 1 lit. h) der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013. Nach der aktuellen Rechtsprechung sei vorliegend durch den bereits vorgenommenen Maisanbau ein ungenehmigter Umbruch des Dauergrünlandes erfolgt. Einer vom LWA nachträglich erteilten Genehmigung käme keine Rückwirkung zu, da ein ungenehmigter Umbruch nicht nachträglich geheilt werden könne. Einer Genehmigung komme nur dann Rückwirkung zu, wenn dies ausdrücklich normativ geregelt und im Verwaltungsakt bestimmt sei, was sich für den hiesigen Fall nicht konstatieren lasse. Im Übrigen wäre eine solche Rückwirkung auch deshalb nicht möglich, weil anderenfalls auch die ggf. anzulegenden Ersatzflächen rückwirkend als Dauergrünland gelten würden, dies jedoch tatsächlich nicht zutreffe bzw. zutreffen müsse und außerdem ihr Umbruch ggf. rückwirkend nicht sanktionsbewehrt wäre. Für Privatpersonen existierten Entschädigungsregelungen für Flächenentzüge. Ohnehin seien die Voraussetzungen der hier allein in Betracht kommenden Ausnahmevorschrift des § 16 Abs. 3 Satz 4 DirektZahlDurchfG im hiesigen Fall nicht erfüllt. Die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung ohne Pflicht zur Neuanlage von Dauergrünland sei vorliegend nicht zur Vermeidung einer unzumutbaren Härte unter Abwägung der berechtigten Einzelinteressen der Klägerin sowie der Interessen des Natur- und Umweltschutzes erforderlich. Eine Ausnahme sei in einem besonderen Einzelfall möglich, der sich im Grad der Belastung von den zu erwartenden ,,normalen" Belastungen unterscheide. Der Vortrag der Klägerin, sie benötige die Fläche als Ackerfläche und durch deren Nichtnutzung erfahre sie finanzielle Einbußen reiche zur Annahme einer unzumutbaren Härte im vorgenannten Sinne nicht aus. Die Klägerin habe insoweit nicht substantiiert geltend gemacht, dass ihr im Fall des Nichtumbruchs tatsächlich eine Existenzgefährdung drohe. Es fehlten zudem auch detaillierte Ausführungen dazu, warum ihr eine entsprechende Neuanlage von Dauergrünland für die umgebrochene Fläche nicht möglich sein soll bzw. ein öffentliches Interesse daran bestehe, solches nicht anzulegen. Wegen des ungenehmigten Umbruchs von Dauergrünland sei die Klägerin gem. § 22 DirektZahlDurchfV verpflichtet, diese Flächen wieder als Dauergrünland herzustellen.

Am 30. Oktober 2017 hat die Klägerin hiergegen Klage erhoben.

Zur Begründung wiederholt und vertieft sie die Ausführungen aus dem Verwaltungsverfahren. Vorliegend ergebe sich die besondere Härte für die Klägerin daraus, dass sie zuvor den Ackerlandfeldblock AL 45292002 habe bewirtschaften können, den sie allerdings mittlerweile zugunsten des Bodenabbaus der Firma D... GmbH verloren habe. Der Beklagte würdige bei seiner Ermessensentscheidung nicht den Verlust des Ackerlandfeldblocks AL 45292002, sondern halte dies schlechthin für unerheblich. Verwaltungsrechtlich stelle sich aber die Frage, ob auch die öffentliche Verwaltung das Interesse eines Landwirtschaftsbetriebs zu berücksichtigen habe, für verlorengegangenes Ackerland eine Naturalrestitution zu erhalten. Dies sei nach Auffassung der Klägerin zu bejahen. Aus § 16 Abs. 3 Satz 4 Nr. Buchst b) DirektZahIDurchfG ergebe sich schließlich nicht, dass die unzumutbare Härte sich gerade auf die umzuwandelnde Grünlandfläche beziehen müsse. Vielmehr sei die Interpretation der Vorschrift durchaus offen, sodass auch anderweitige Härten Berücksichtigung finden könnten. Der Schaden bestehe hier gerade auch in der Verkleinerung der verbleibenden landwirtschaftlich genutzten Betriebsfläche, weil die nicht einsparbaren Betriebsaufwendungen aus dem Rohertrag eines verkleinerten Restbetriebs erstritten werden müssten. Unter Berücksichtigung dieses Gedankens lasse sich also begründen, dass die ,,unzumutbare Härte" im Sinne des § 16 Abs. 3 Satz 4 Nr. 1 Buchst. b) DirektZah1DurchfG vorliegend in dem Verlust von Ackerland an anderer Stelle liege und dieser Verlust zur Vermeidung der oben beschriebenen Nachteile durch die Umwandlung des bisherigen Grünlandfeldblocks GL 45292N01 anderweitig kompensiert werden könne. Dagegen interpretiere der Ablehnungsbescheid des Beklagten den Begriff der ,,unzumutbaren Härte" zu eng.

Die Klägerin beantragt,

1. den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 22. September 2016 - Az.: 160620580131-DGL.UM - in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Dezember 2016 - Az.: 546/16-003.25-DGL-UM-96 und 546/16-003.25-DGL-UM-97 - zu verpflichten, der Klägerin die mit Antrag vom 23. Juni 2016 begehrte Genehmigung zur Umwandlung der in Anlage 1 zum Bescheid vom 22. September 2016 aufgeführten Fläche zu erteilen

hilfsweise,

den Beklagten zu verpflichten, über den Antrag der Klägerin vom 23. Juni 2016 unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

2. den Bescheid des Beklagten vom 19. Oktober 2016 - Az.: 160620580131-DGL.UM - in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Dezember 2016 - Az.: 546/16-003.25-DGL-UM-96 und 546/16-003.25-DGL-UM-97 - aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte wiederholt und vertieft ebenfalls seine Ausführungen aus dem Verwaltungsverfahren. Es fehle bereits an substantiiertem Vorbringen hinsichtlich einer unzumutbaren Härte auf Seiten der Klägerin. Es liege insbesondere nicht im öffentlichen Interesse, dass die Klägerin Grünland umwandeln könne, ohne eine entsprechende Neuanlage von Dauergrünland.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg. Der Bescheid des LWA vom 22. September 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Dezember 2016 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin somit nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO). Die Klägerin hat daher keinen Anspruch auf die von ihr begehrte Genehmigung zur Umwandlung von Dauergrünland in Ackerland (§ 16 Abs. 3 S. 4 DirektZahlDurchfG).

I.

Die Entscheidung ergeht durch den Berichterstatter als Einzelrichter sowie mit Einverständnis der Beteiligten ohne die Durchführung einer mündlichen Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO).

II.

Die Klage ist in der Sache unbegründet.

1. Die Genehmigungspflicht für die Umwandlung von Dauergrünland ergibt sich aus Artikel 44 Abs. 1 Verordnung (EU) Nr. 639/2014 der Kommission vom 11. März 2014 (ABI. L 181/1) i. V. m. § 16 Absatz 3 DirektZahlDurchfG. Sie gilt für alle landwirtschaftlichen Betriebsinhaber, die für das Jahr, in dem die Umwandlung erfolgen soll (sog. "Umwandlungsjahr") Direktzahlungen beantragen und den Greeningauflagen unterliegen. Die Frage, ob Dauergrünland vorliegt, beantwortet sich allein danach, ob die Fläche zum Zeitpunkt der Antragstellung die Vorgaben des Art. 4 Abs. 1 lit. h) der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 erfüllt und dadurch zunächst grundsätzlich vom Dauergrünlanderhaltungsgebot erfasst wird.

Gem. § 16 Abs. 3 S. 1 DirektZahlDurchfG darf Dauergrünland nur mit Genehmigung umgewandelt werden, wobei eine Genehmigung nach S. 2 erteilt wird, wenn in derselben Region nach Abs. 1 eine andere Fläche mit der entsprechenden Hektarzahl als Dauergrünland angelegt wird (Nr. 3). Abweichend hiervon wird die Genehmigung nach S. 4 ohne Pflicht zur Neuanlage von Dauergrünland erteilt, wenn dies aus Gründen des öffentlichen Interesses (Nr. 1a) oder zur Vermeidung einer unzumutbaren Härte unter Abwägung der berechtigten Einzelinteressen und der Interessen des Natur- und Umweltschutzes (Nr. 1b) erforderlich ist.

Beide Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt, so dass es auf die Frage, ob eine nachträgliche Genehmigung überhaupt möglich ist bzw. dieser eine Rückwirkung zukäme, hier nicht mehr ankommt. Bei der von der Klägerin im Antrag vom 14. November 2014 angeführten Fläche - Teilfläche des Bruttoschlags Nr. 5255 (DETHLIGL45292N01) in der Gemarkung K... - handelt es sich zunächst um Dauergrünland im Sinne des Art. 4 Abs. 1 lit. h) der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013, da diese durch Einsaat oder auf natürliche Weise (Selbstaussaat) zum Anbau von Gras oder anderen Grünfutterpflanzen genutzt wurde und seit mindestens fünf Jahren nicht Bestandteil der Fruchtfolge des landwirtschaftlichen Betriebes war. Bei einem Vor-Ort-Termin am 6. September 2016 bestätigte sich, dass Teile des Grünlandfeldblocks DETHLIGL45292N01 mit der im Sammelantrag von der Klägerin beantragten Ackerkultur-Fläche (Silomais) überdeckt wurden. Der ständigen obergerichtlichen Rechtsprechung folgend, verliert eine Grünlandfläche ihren Dauergrünlandstatus, sobald sie zum Zwecke einer anderweitigen Nutzung erstmals umgebrochen worden ist, d. h. bei einer Umwandlung in Ackerland mit der Neuansaat von Ackerpflanzen (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 27. April 2016 - 10 LB 83/14 -, zit. nach juris).

So liegt der Fall hier. Denn die Klägerin nahm, ohne dass ihr eine etwaige Genehmigung zuvor erteilt worden wäre, auf dem streitgegenständlichen Teil des Grünlandfeldblocks DETHLIGL45292N01 eine Neuansaat von Silomais vor. Eine Ersatzfläche i. S. d. § 16 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 DirektZahlDurchfG hierfür hat die Klägerin jedoch weder in ihrem Antrag benannt noch vorgesehen.

Die Ausnahmevorschrift des § 16 Abs. 3 S. 4 DirektZahlDurchfG ist nicht einschlägig. Die Erteilung einer Genehmigung ohne Pflicht zur Neuanlage von Dauergrünland stellt sich vorliegend weder aus Gründen des öffentlichen Interesses noch zur Vermeidung einer unzumutbaren Härte unter Abwägung der berechtigten Einzelinteressen und der Interessen des Natur- und Umweltschutzes als erforderlich dar.

a) Zunächst sind keine Gründe des öffentlichen Interesses, welche die Erteilung einer Genehmigung ohne Pflicht zur Neuanlage von Dauergrünland erforderlich machen würden, gegeben. Ein öffentliches Interesse nach § 16 Abs. 3 S. 4 Nr. 1a DirektZahlDurchfG liegt vor, wenn im betreffenden Einzelfall die Belange des Gemeinwohls etwaige Individualinteressen überwiegen. Zwar stellt sich die Rekultivierung von Industriefolgelandschaften grundsätzlich als im Interesse der Öffentlichkeit liegend dar. Doch handelt es sich bei der streitgegenständlichen Fläche - dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig - bereits um eine landwirtschaftliche Fläche, deren Aufnahme als Grünlandfeldblock in die Thüringer Referenz im Jahr 2007 erfolgte. Damit wurde sie zu einer beihilfefähigen landwirtschaftlichen Fläche. Seitdem kam es zu regelmäßigen Begutachtungen und Neuvermessungen der betreffenden Fläche. Vorliegend geht es somit nicht um den Aspekt, eine Industriebrache aufwendig zu rekultivieren, sondern um einen Grünlandfeldblock als Ackerland zu nutzen, ohne dafür neues Dauergrünland als Ersatz anzulegen. Der Erhalt von Dauergrünland ist jedoch Bestandteil der dem Klima- und Umweltschutz förderlichen Landbewirtschaftungsmethoden ("Greening"), die über eine eigenständige Zahlung innerhalb der landwirtschaftlichen Direktzahlungen anerkannt werden. Darüber hinaus verweist der Beklagte in diesem Zusammenhang zu Recht darauf, dass es sich um ein relatives Umbruchverbot handelt, welches nur in dem Fall greift, dass die Klägerin Direktzahlungen beziehen möchte, so dass eine Bearbeitung und Nutzung der zugewiesenen Flächen als Ackerflächen nicht per se ausgeschlossen ist (VG Minden, Urteil vom 22. April 2016 - 11 K 1063/15, Rn. 44 -, zit. nach juris). In der Konsequenz liegt es hier im öffentlichen Interesse, Dauergrünland zu erhalten und daher Ersatzgrünland anzusäen.

b) Ferner fehlt es auf Seiten der Klägerin an einer unzumutbaren Härte i. S. d. § 16 Abs. 3 S. 4 Nr. 1b DirektZahlDurchfG. Von einer unzumutbaren Härte kann ausgegangen werden, wenn es sich um einen atypischen Sachverhalt handelt, der erheblich vom gesetzlich vorgesehenen Normalfall abweicht und deshalb Ausnahmeregelungen oder -entscheidungen als gerechtfertigt erscheinen lässt. Die Vorschrift ist damit ersichtlich an vergleichbare Normen aus dem Naturschutzrecht angelehnt (vgl. hierzu etwa OVG Weimar, Urteil vom 15. August 2007 - 1 KO 1127/05, Rn. 48 -, zit. nach juris). Auszugehen ist dabei von der Regel, dass alle genannten Grünlandstandorte wegen ihrer (das gesetzgeberische Motiv bildenden) positiven Wirkung auf den Naturhaushalt und die Tierwelt bzw. die biologische Vielfalt in ihrem derzeitigen Umfang erhalten bleiben sollen (VG Regensburg, Urteil vom 02. Februar 2016 - RN 4 K 14.1705, Rn. 64 m. w. N. -, zit. nach juris). Die im vorliegenden Einzelfall für die Klägerin entstehende Belastung muss also in ihrem Grad die durch die Vorschrift überlicherweise zu erwartende Belastung in unzumutbarer Weise übersteigen.

Grundsätzlich gilt, dass weder der Bau von Windenergieanlagen noch die Durchführung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen per se die Annahme eines atypischen Sachverhalts, welcher Ausnahmegenehmigungen erfordert, rechtfertigt. Zwar könnte das sich stetig verändernde Abbaufeld der D... GmbH einen atypischen Sachverhalt bilden, welcher eine Ausnahmegenehmigung rechtfertigen könnte. Dazu müsste der Betrieb der Klägerin indes durch die Notwendigkeit, an anderer Stelle Ersatzgrünland anzulegen, vorliegend konkret unzumutbar belastet werden. Eine solche unzumutbare, das üblicherweise zu erwartende Maß überschreitende Belastung ist hier für das Gericht aber weder erkennbar noch von der Klägerin dargelegt. Die Klägerin hat insoweit lediglich vorgetragen, sie benötige die Fläche als Ackerfläche wegen der erwähnten Flächenverluste an die D... GmbH. Durch die Nichtnutzung der Fläche als Ackerland erleide sie finanzielle Einbußen. Diese Darlegungen sind für die Annahme einer unzumutbaren Härte im vorgenannten Sinne nicht ausreichend. Eine (unterstellte) Eigentumsbeeinträchtigung der Klägerin und ein Prämienverlust stellen sich per se nicht als eine solche unzumutbare Härte dar. Tatsächlich stellt der klägerische Betrieb seit 2012 Anträge auf Agrarförderung. Nach dem Flächen- und Nutzungsnachweis bewirtschaftete die Klägerin im Jahr 2016 mehr landwirtschaftliche Fläche als noch im Jahr 2012. Auch liegt im Jahr 2016 der Anteil des Ackerlandes an der landwirtschaftlichen Fläche deutlich über dem Ackerlandanteil von 2012. Weshalb vor diesem Hintergrund die Ansaat von Ersatzgrünland nicht zumutbar sein soll, hat die Klägerin nicht hinreichend dargelegt, geschweige denn anhand von nachvollziehbaren Zahlen deutlich gemacht, dass ihr im Fall des Nichtumbruchs wirklich gravierende wirtschaftliche Schwierigkeiten und eine Existenzgefährdung drohen würden (vgl. auch OVG Münster, Beschluss vom 16. Februar 2017 - 12 A 864/16, Rn. 8 -, zit. nach juris).

Soweit die Klägerin zuletzt argumentierte, ihr Schaden bestehe hier gerade auch in der Verkleinerung der verbleibenden landwirtschaftlich genutzten Betriebsfläche, weil die nicht einsparbaren Betriebsaufwendungen aus dem Rohertrag eines verkleinerten Restbetriebs erstritten werden müssten, kann sie hiermit nicht gehört werden. Denn auch dieses Vorbringen ist letztlich unbeziffert geblieben, so dass sich eine unzumutbare Härte im obigen Sinne für die Kammer nicht erkennen lässt.

2. Die Klage ist auch im Hilfsantrag unbegründet, da die Klägerin aus den oben umfassen dargelegten Gründen auch keinen Anspruch auf Neubescheidung des Beklagten hinsichtlich der von ihr begehrten Genehmigung zur Umwandlung von Dauergrünland in Ackerland hat.

3. Schließlich ist auch der Klageantrag zu 2. unbegründet. Der Bescheid des LWA vom 19. Oktober 2016 mit der Verpflichtung zur Wiederansaat ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin ebenfalls nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VWGO). Wegen des von ihr ohne Genehmigung vorgenommenen Umbruchs von Dauergrünland ist die Klägerin gem. § 22 DirektZahlDurchfV verpflichtet, diese Flächen wieder als Dauergrünland herzustellen.

Nach alledem war die Klage abzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,00 € festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG).

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