LG Kiel, Beschluss vom 15.07.2020 - 1 S 237/18
Fundstelle
openJur 2021, 19412
  • Rkr:
Tenor

1. Die Kammer beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Rendsburg vom 21.09.2018, Az. 45 C 53/18, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil sie einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

Gründe

Die Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.

Im Ergebnis zu Recht hat das Amtsgericht die Klage abgewiesen.

Zwar mag - sofern der Schuldner die Zahlungen aus der Insolvenzmasse getätigt hat - grundsätzlich ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte aus § 812 BGB in Betracht kommen, weil die Zahlungen gemäß §§ 24 Abs. 1, 81 Abs. 1 InsO keine erfüllende Wirkung hinsichtlich der Kaufpreisschuld hatten. Damit konnte die Kaufpreisschuld nicht rechtlicher Grund der Zahlungen sein. Da die Barzahlungen selbst eine Verfügung im Sinne von § 81 InsO darstellten, bedarf es anders als in der vom Amtsgericht zitierten Entscheidung des BGH vom 21.11.2013 - IX ZR 52/13 (NJW 2014, 547, beck-online) für die Rechtsgrundlosigkeit keines Rückgriffs auf die Tilgungsbestimmung. Wurde, wie in der genannten Entscheidung des BGH, eine Zahlung per Überweisung vorgenommen, ist der Zahlungsauftrag des Schuldners an die Bank keine Verfügung und fällt nicht unter § 81 InsO. Die Zahlung ist gleichwohl ohne Rechtsgrund erfolgt, weil die vom Schuldner gleichzeitig abgegebene Tilgungsbestimmung eine verfügungsähnliche Handlung darstellt und nach § 81 Abs. 1 InsO unwirksam ist (BGH, a.a.O.). Vorliegend stellt bereits die Barzahlung an sich eine Verfügung dar. Auf eine Tilgungsbestimmung kommt es nicht an.

Das Urteil stellt sich aber aus anderen Gründen als zutreffend dar.

Einem möglichen Anspruch des Klägers steht ein Gegenanspruch der Beklagten aus §§ 81 Abs. 1 S. 3 InsO, 812 Abs. 1 BGB entgegen. Soweit der Kläger einwendet, die von dem Schuldner gekauften Lebensmittel seien der Masse nicht zugute gekommen, überzeugt dies nicht. Der Schuldner hat die bei der Beklagten gekauften Lebensmittel für das von ihm geführte Restaurant genutzt. Er hat sie verarbeitet und veräußert und dadurch Einnahmen erzielt. Mit diesen Einnahmen hat er erneut Lebensmittel gekauft. Dass der Schuldner die eingenommenen Gelder nicht dem Kläger übergeben hat, ändert nichts. Die Barzahlungen des Schuldners waren dann gemäß §§ 24 Abs. 1, 81 Abs. 1, S. 1 InsO unwirksam, wenn sie mit zur Masse gehörigen Mitteln erfolgt sind. Zählen aber die Barbestände des Restaurants beim Einkauf des Schuldners bei der Beklagten zur Masse und unterfallen § 81 Abs. 1 S. 1 BGB, so müssen auch die dadurch eingenommenen Barbestände die Masse im Sinne von § 81 Abs. 1 S. 3 InsO bereichert haben. Sollten, wie vom Kläger angenommen, die erzielten Einnahmen nicht zur Masse gehören, so würden jedenfalls die mit den Einnahmen getätigten nachfolgenden Einkäufe nicht mehr § 81 Abs. 1 S. 1 InsO unterfallen.

Einem Anspruch des Klägers dürfte schließlich auch § 242 BGB entgegenstehen. Der Kläger war zur Fortführung des Unternehmens verpflichtet (vgl. Beschluss des AG Niebüll, v. 07.10.2014 - 5 IN 108/14 - sowie § 22 Abs. 1 Nr. 2 InsO). Der Betrieb des Schuldners war durch die saisonal bedingten Betriebsferien nicht endgültig eingestellt, sondern nur kurz unterbrochen. Der Kläger war ohne Zustimmung des Insolvenzgerichts nicht berechtigt, den Betrieb stillzulegen. Auch wenn der Schuldner, wie vom Kläger behauptet, nicht hinreichend kooperiert haben sollte, berechtigte dies den Kläger nicht zur faktischen Stilllegung des Betriebs. Zur Fortsetzung des Betriebes war es aber notwendig Lebensmittel einzukaufen. Dies hat der Schuldner getan. Da die Einkäufe objektiven notwendig waren, um den Betrieb fortzuführen, dürfte der Kläger verpflichtet gewesen sein, die Barzahlung des Schuldners gegenüber der Beklagten zu genehmigen (§ 185 Abs. 2 BGB). Bei dieser Sachlage dürfte es gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn sich der Kläger gegenüber der Beklagten, die ihrer Verpflichtung aus dem Kaufvertrag voll nachgekommen ist, auf § 81 Abs. 1 S. 1 InsO beruft.

Da die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, legt das Gericht aus Kostengründen die Rücknahme der Berufung nahe. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen sich vorliegend die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).

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