OLG Köln, Urteil vom 10.06.2020 - 11 U 202/18
Fundstelle
openJur 2021, 19111
  • Rkr:
Verfahrensgang
Tenor

I.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Aachen vom 18.10.2018 (9 O 146/18) wird als unzulässig verworfen, soweit sie sich gegen die Beklagte zu 2) richtet.

II.

Im Übrigen wird auf die Berufung des Klägers das Urteil des Landgerichts Aachen vom 18.10.2018 (9 O 146/18) wie folgt abgeändert:

1.

Die Beklagte zu 1) wird verurteilt,

an den Kläger 21.268,13 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 % seit dem 14.02.2019 Zug um Zug gegen Rückübereignung und Rückgabe des Fahrzeuges VW Touran 1.6 TDI mit der FIN: A zu zahlen.

2.

Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte zu 1) mit der Rücknahme des in Ziff. 1 bezeichneten Gegenstandes seit dem 19.11.2015 im Annahmeverzug befindet.

3.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III.

Die weiter gehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

IV.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben der Kläger zu 29 % und die Beklagte zu 1) zu 71 % zu tragen, mit Ausnahme der Kosten, die durch die Anrufung des örtlich unzuständigen Gerichts entstanden sind; diese fallen dem Kläger zur Last.

Von den Kosten der Berufung hat der Kläger die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2), die Gerichtskosten zu 86 % und die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) zu 72 % zu tragen. Die Beklagte zu 1) trägt die Gerichtskosten zu 14 % und die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 28 %. Im Übrigen findet eine Kostenausgleichung nicht statt.

V.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger sowie die Beklagte zu 1) können die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

VI.

Der Gegenstandswert der Berufung wird auf 74.911,07 € festgesetzt.

(Antrag zu 1: 38.062,17 €, Anträge zu 2) und 4) - nicht berücksichtigte Hilfsanträge: 0 €, Antrag zu 3: 0 € (BGH, Urt. v. 20.06.2017 - XI ZR 109/17 juris Rn. 4); Antrag zu 5: 0 € (§ 4 Hs. 2 ZPO); Antrag zu 6: 36.848,90 €).

VII.

Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Gründe

A.

Der Kläger macht gegenüber den Beklagten Ansprüche auf Schadensersatz bzw. Nacherfüllung im Zusammenhang mit dem Ankauf eines Kraftfahrzeuges geltend.

Er erwarb aufgrund einer Bestellung vom 29.10.2014 bei der Beklagten zu 1), einer unabhängigen Vertragshändlerin der Beklagten zu 2), einen fabrikneuen VW der Marke Touran, Sondermodell CUP, 1,6 l TDI mit einer Motorleistung von 77 KW zum Kaufpreis von 25.827,72 €. Die Auslieferung des Fahrzeuges erfolgte am 05.01.2015, die Erstzulassung alsdann am 22.01.2015.

Die in den Kaufvertrag einbezogenen Neuwagen- Verkaufsbedingungen enthielten in Ziffer IV. 6. zu den Lieferverpflichtungen der Beklagten zu 1) u.a. folgende Regelung:

"6. Konstruktions- oder Formänderungen, Abweichungen im Farbton sowie Änderungen des Lieferumfangs seitens des Herstellers bleiben während der Lieferzeit vorbehalten, sofern die Änderungen oder Abweichungen unter Berücksichtigung der Interessen des Verkäufers für den Käufer zumutbar sind. Sofern der Verkäufer oder der Hersteller zur Bezeichnung der Bestellung oder des bestellten Kaufgegenstandes Zeichen oder Nummern gebraucht, können allein daraus keine Rechte hergeleitet werden."

Der von dem Kläger erworbene VW Touran ist mit einem von der Beklagten zu 2) entwickelten und hergestellten Dieselmotor aus der Motorbaureihe EA189 ausgestattet, welcher für die Abgasnorm Euro 5 zertifiziert und werkseitig mit einer Steuerungssoftware ausgestattet ist, die einen speziellen Modus (sog. Modus 1) für den Prüfstandlauf sowie einen hiervon abweichenden Modus (sog Modus 0) für den Alltagsbetrieb vorsieht und hierdurch im Prüfzyklus verbesserte Stickoxidwerte generiert. Außerhalb des Testbetriebes werden die Schadstoffgrenzwerte für die Abgasnorm Euro 5 nicht eingehalten. Mit dem Bekanntwerden des Sachverhaltes im September 2015 ordnete das Kraftfahrtbundesamt (im Weiteren: KBA) am 15.10.2015 gegenüber der Beklagten zu 2) den Rückruf der Fahrzeuge an und forderte das Unternehmen auf, geeignete Maßnahmen zur Herstellung der Euro 5 Norm zu ergreifen.

Der vertragsgegenständliche VW Touran wird seit Juni 2015 nicht mehr hergestellt; die Beklagte zu 2) hat die Produktion seitdem auf eine neue Baureihe umgestellt. In dieser ist - abgesehen von der Änderung der Software - ein EA 288-Motor verbaut, der mit der Abgasnorm Euro 6 zertifiziert ist und eine Motorleistung von 81 kW bis 140 kW aufweist.

In einem Schreiben vom 21.10.2015 erklärte die Beklagte zu 1) den Verzicht auf die Einrede der Verjährung, soweit eine solche noch nicht eingetreten sei, bis zum 31.12.2016.

Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom gleichen Tage forderte der Kläger die Beklagte zu 1) auf, einen nach aktuellen Vorschriften zulassungsfähigen mangelfreien und vertragsgemäßen Neuwagen bis zum 18.11.2015 zu liefern. Diese Aufforderung wiederholte er dann noch einmal mit Schreiben vom 21.12.2015 unter Fristsetzung bis zum 03.01.2016 und am 24.05.2017 unter Fristsetzung bis zum 06.06.2017.

Die Beklagte zu 1) lehnte ihrerseits mit einem Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 22.12.2015 eine Neulieferung ab.

Die Beklagte zu 2) informierte den Kläger mit Schreiben vom Januar 2017 darüber, dass das KBA am 14.08.2016 für das streitgegenständliche Fahrzeug ein Software-Update freigegeben habe, welches nunmehr zur Verfügung stehe. Mit Schreiben vom 16.08.2017 forderte ihn die Beklagte zu 1) auf, einen Werkstatttermin zur Nachrüstung des Pkw zu vereinbaren. Der Kläger ließ das Software-Update bis heute nicht aufspielen.

Mit Schreiben vom 01.02.2018 teilte der TÜV B dem Kläger nach einer Hauptuntersuchung mit, dass er ihm aufgrund der weiterhin bestehenden Mängel am Abgassystem keine Prüfplakette habe zuteilen dürfen und forderte ihn zur Mängelbehebung und anschließender Nachprüfung auf.

Mit einem gegen den Kläger gerichteten Bescheid des Landkreises C vom 01.10.2018 wurde dieser im Hinblick auf die durch das KBA vom 02.08.2018 erfolgte Mängelfeststellung "bedingt durch manipulierte Software" zum Nachweis der "Mangelbeseitigung" bis zum 11.10.2018 aufgefordert und für den Fall der Nichtbefolgung die Untersagung des Betriebes des Fahrzeuges auf öffentlichen Straßen angedroht. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 04.10.2018 Widerspruch ein.

Daraufhin erfolgte am 28.02.2019 die Stilllegung des Fahrzeugs durch den Kläger bei einer Kilometerleistung von 60.491 km.

Erstinstanzlich hat der Kläger von der Beklagten zu 1) vornehmlich die Nacherfüllung durch Lieferung eines mängelfreien, fabrikneuen typenidentischen Ersatzfahrzeuges aus der aktuellen Serienproduktion des Herstellers Volkswagen AG, die Ausdehnung der Volkswagen Neuwagen-Garantieverlängerung auf das neu zu liefernde Fahrzeug für die Dauer von 36 Monaten sowie die Zahlung einer Nutzungsausfallentschädigung und Schadensersatz begehrt.

Das Landgericht hat in dem angefochtenen Urteil vom 18.10.2018 (Bl. 572 ff d.A.), auf dessen Tatbestand wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und der wechselseitigen Anträge gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen. Hinsichtlich der beanspruchten Nacherfüllung hat die Kammer dies mit der gem. § 275 BGB bestehenden Unmöglichkeit einer entsprechenden Neulieferung begründet. Damit fehle es zugleich auch an der Grundlage für die Feststellung eines Annahmeverzuges der Beklagten und für eine Verlängerung des Garantieschutzes sowie die innerprozessuale Bedingung in Form der von dem Gericht für die Neulieferung zu setzenden Nachfrist, unter welche der Kläger den Schadensersatzanspruch gestellt habe. Der geltend gemachte Nutzungsersatzanspruch scheitere schließlich bereits daran, dass der Kläger weder seinen Nutzungswillen noch die erforderliche Nutzungsmöglichkeit hinreichend dargetan habe.

Mit seiner Berufung macht der Kläger nunmehr zum einen - unter Erweiterung der Klage auf die Beklagte zu 2) - gegenüber beiden Beklagten vornehmlich einen Anspruch auf Rückabwicklung des Vertrages sowie einen Nutzungsausfallschaden geltend, während er den ursprünglich gestellten Antrag auf Neulieferung gegenüber der Beklagten zu 1) nur noch hilfsweise weiterverfolgt.

Der Kläger trägt vor, dass die mit der Berufung vorgenommene Erweiterung der Klage auf die Beklagte zu 2) gem. § 533 ZPO zulässig sei. Insbesondere stützen sich auch die gegenüber dieser geltend gemachten Ansprüche auf den bisherigen Sachvortrag; außerdem sei die Beklagte zu 2) bereits in erster Instanz als Streitverkündete beteiligt gewesen und habe sich in zweiter Instanz nicht nur zur Zulässigkeit, sondern auch zur Begründetheit der Klage geäußert. Die Sachdienlichkeit der Klageänderung ergebe sich überdies aus der gesamtschuldnerischen Haftung der beiden Beklagten. Bei der Annahme der Unzulässigkeit der Parteierweiterung würde er überdies in die Erhebung einer zweiten Klage gedrängt.

In der Sache hafte die Beklagte zu 2) wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung. Hierzu hat er in den Schriftsätzen vom 16.12.2019 (dort S. 6 - 8 = Bl. 779 - 781 d.A.) und 25.02.2020 (Bl. 861 ff d.A.) ergänzend vorgetragen, worauf verwiesen wird.

Wegen der Berechnung des Schadensersatzanspruches verweist der Kläger auf seine Ausführungen im Schriftsatz vom 23.08.2018 (dort S. 11 - 13 = Bl. 482 - 484 d.A.), wobei nunmehr zu den Kosten des Bescheides des Landkreises C auch die Kosten des verwaltungsgerichtlichen Widerspruchsverfahrens und einer etwaigen Widerspruchs- bzw. Untätigkeitsklage hinzukämen.

Das Fahrzeug sei seit der Stilllegung am 28.02.2015 nicht mehr bewegt worden.

Die Anrechnung einer Nutzungsentschädigung für die gefahrenen 60.491 km komme im Verhältnis zu beiden Beklagten nicht in Betracht. Dies folge sowohl aus der Effektivität des europäischen Kfz-Zulassungsrechts als auch aus der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie nach § 475 Abs. 3 BGB. Bei der Berechnung eines solchen Anspruches müsse jedenfalls berücksichtigt werden, dass der Wagen von Beginn an mangelbehaftet gewesen sei.

Dagegen stehe ihm selbst ein Anspruch auf Ersatz eines Nutzungsausfallschadens seit dem 01.03.2018 bis zum 22.01.2020, also für 692 Tage bei einem nach der DAT-Schwacke-Liste sich ergebenden Tagessatz von 50 € zu. Denn nach der Stilllegung des Pkw habe er auf dessen Nutzung verzichten müssen. Insoweit habe seinerseits aber sowohl ein Nutzungswille als auch eine Nutzungsmöglichkeit bestanden. Zum einen bestehe bei wirtschaftlich genutzten Verbrauchsgütern ohnehin eine dahingehende Vermutung. Zum anderen sei zu diesem Punkt aber auch bereits in erster Instanz vorgetragen worden, dass er angesichts seiner Schwerbehinderung zur Aufrechterhaltung seiner Mobilität auf das Fahrzeug angewiesen sei. Seit der Stilllegung des Pkw sei er auf die Hilfe von Freunden und Bekannten angewiesen, um notwendige Einkäufe und Arztbesuche vornehmen zu können. Die Anrechnung eines Mitverschuldens wegen der Dauer des Nutzungsersatzes komme nicht in Betracht, weil es in der Hand der Beklagten gelegen habe, diese Zeitspanne durch die Erfüllung seines Primäranspruches abzukürzen, die im Übrigen aber auch seiner Aufforderung zur Zahlung eines Kostenvorschusses zur Finanzierung eines Ersatzfahrzeuges innerhalb der bis zum 11.12.2019 gesetzten Frist nicht nachgekommen seien.

In dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 16.04.2020 nimmt der Kläger, orientiert an der Aufwandserstattung eines betrieblich genutzten, aber privat geführten Pkw von 0,30 €/km eine Neuberechnung des Nutzungsausfallschadens vor. Daraus ergebe sich nunmehr ein monatlicher Anspruch von 750,00 € und damit auf die gesamte Zeit des Nutzungsausfalls ein solcher in Höhe von 18.000,00 €. Für die Zeit ab dem 01.03.2020 solle nunmehr auf die Geltendmachung eines Nutzungsausfallschadens verzichtet werden.

Darüber hinaus stehe der Wagen seit dem 01.03.2018 auf dem Privatgrundstück des Klägers woraus sich ein Anspruch auf die mittlere Standmiete von 70,00 €/Monat ergebe. Eine Warnpflicht wegen der möglichen Entstehung eines besonders hohen Schadens habe nicht bestanden. Zu der Ersatzbeschaffung eines anderen Fahrzeuges sei er aufgrund seiner Schwerbehinderung und seiner finanziellen Verhältnisse nicht in der Lage gewesen. Für 23 Monate ergebe sich auf diese Weise eine Summe von 1.610,00 €.

Für die Selbstabholung des Touran in der Autostadt der Beklagten zu 2) seien ihm 394,97 € berechnet worden; die Zulassungskosten hätten 56,00 € betragen. Schließlich seien ihm noch Aufwendungen in Höhe von 40,13 € für das Widerspruchsverfahren und 7,80 € für die Außerbetriebsetzung entstanden. Der zur Finanzierung des Fahrzeugs aufgenommene Kredit sei inzwischen zurückbezahlt. Für die Rückzahlung sei allerdings die neuerliche Aufnahme eines Kredites nötig gewesen, der zur Zeit noch bedient werde. Bei der Schadensposition "Rabatt" in Höhe von 9.140,28 € handele es sich um den Einkaufsvorteil des Klägers, der durch den Ankauf über den Einkaufsvermittler D entstanden sei. Dieser habe auf diese Weise den Händlerrabatt von 20 % an den Kläger weiter gegeben. Bei dem Ankauf eines neuen Fahrzeuges könne er allerdings nicht mit dem nochmaligen Erhalt eines solchen Rabattes rechnen, weil er diesen Kauf voraussichtlich bei einem Händler und nicht noch einmal über einen Einkaufsvermittler tätigen werde. Dieser Rabatt müsse zudem als auf Verhandlungen beruhend angenommen werden, auch wenn die Abzüge automatisiert akzeptiert worden seien. Zudem habe sich bei dem Kauf des streitgegenständlichen Fahrzeuges auch der für 2015 beabsichtigte Markenwechsel preismindernd ausgewirkt.

Im Übrigen wiederholt und vertieft der Kläger insbesondere im Hinblick auf den hilfsweise weiterhin geltend gemachten Neulieferungsanspruch gegenüber der Beklagten zu 1) seinen erstinstanzlichen Vortrag.

Der Kläger beantragt,

1.

die Beklagten abändernd und für die Beklagte zu 2) erweiternd, als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 38.062,17 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 % seit dem 01.01.2015 auf 25.827,72 € und auf weitere 12.234,45 € seit Rechtshängigkeit Zug um Zug gegen Rückübereignung und Rückgabe des Fahrzeuges VW Touran 1.6 TDI mit der FIN: E zu zahlen.

2.

abändernd und hilfsweise für den Fall der vollumfänglichen Abweisung des Antrages zu vorstehender Ziff. 1), wird die Beklagte zu 1) verurteilt, an den Kläger an seinen Wohnsitz ein mangelfreies, fabrikneues Fahrzeug Touran der Volkswagen AG aus der aktuellen Produktion mit der Modellbezeichnung "Touran 1.6 TDI 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe DSG" mit zumindest den technischen Merkmalen (sofern aktuell bestellbar) nach Maßgabe der näheren Angaben im Schriftsatz vom 10.03.2020 (dort S. 1 - 4 = Bl. 889 - 890R) zu liefern,

hilfsweise hierzu nach Maßgabe des Web-Konfigurators der Volkswagen AG mit den Ausstattungsmerkmalen unter der Speicherung mit dem Code F (Basismodell Touran Comfortline),

Zugum-Zug gegen Rückübereignung und Rückgabe des Fahrzeuges VW Touran 1,6 TDI mit der FIN: E.

3.

Abändernd wird festgestellt, dass sich die Beklagten zu 1) und 2) mit der Rücknahme des in Ziff. 1 bezeichneten Gegenstandes, und evtl. bedingt im Erfolgsfalle von Ziffer 2), dass sich die Beklagte zu 1) zusätzlich mit der Nachlieferung des in Ziff. 2) bestimmten Austauschfahrzeuges, seit dem 19.11.2015 in Verzug befindet.

4.

Abändernd und evtl. bedingt im Erfolgsfalle von Ziff. 2) wird die Beklagte zu 1) dem Grunde nach verurteilt, zugunsten des Klägers ab dem Zeitpunkt der Auslieferung des in Ziff. 1) genannten Fahrzeugs für 60 Monate solche Leistungen zu erfüllen, als ob für dieses Fahrzeug die "Volkswagen Neuwagen-Garantieverlängerung" entsprechend dem Versicherungsschein der Volkswagen Versicherung AG, GV G vom 26.01.2015 gem. der Anlage K 21 von 2 auf 5 Jahre für den VW Touran mit der FIN: E, vereinbart wurde.

5.

Abändernd, und für die Beklagte zu 2) erweiternd, werden die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, den Kläger von den durch die Beauftragung des Rechtsanwalts H, I, entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.669,69 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit dem 01.01.2016 freizustellen.

6.

Erweiternd wird die Berufungsbeklagte zu 1) und - sowie die Berufungsbeklagte zu 2) unter der innerprozessualen Bedingung der Zulässigkeit der Klageerweiterung im bisherigen Umfang dann als Gesamtschuldner - verurteilt, an den Kläger weitere 36.848,90 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit sowie ab dem 23.01.2020 weitere 50 €/Tag bis zur Neuzulassung eines durch den Kläger beschafften Pkw zu zahlen.

Die Beklagte zu 1) beantragt,

die Berufung als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen.

Die Beklagte zu 2) beantragt,

die Berufung gegen die Beklagte zu 2) als unzulässig, hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen.

Die Beklagten rügen die Unzulässigkeit der in der Berufung vorgenommenen Klageänderung bzw. Parteierweiterung, zu denen sie ihre Zustimmung verweigern. Die Beklagte zu 2) meint, die Verweigerung der Zustimmung sei auch nicht missbräuchlich, weil die gegen die Beklagte zu 1) und gegen die Beklagte zu 2) geführten Klagen jeweils auf unterschiedlichen Streitgegenständen beruhen würden und die Entscheidung, die Beklagte zu 2) in erster Instanz nicht in Anspruch zu nehmen, von dem Kläger bewusst getroffen worden sei. Außerdem werde mit der Berufung ein die geltend gemachten Ansprüche tragender Sachverhalt nicht vorgebracht.

Zur Sache wiederholt und vertieft die Beklagte zu 1) ihr erstinstanzliches Vorbringen insbesondere zur Unmöglichkeit der begehrten Neulieferung sowie deren Unverhältnismäßigkeit im Verhältnis zur angebotenen Nachbesserung durch Aufspielen eines Software-Updates und trägt insbesondere vor, dass sie weder gem. §§ 311, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB, noch gem. § 826 BGB zum Schadensersatz verpflichtet sei. Denn weder habe sie Kenntnis von den Umständen des sog. "Abgasskandals" gehabt noch könne ihr das Verhalten der Beklagten zu 2) zugerechnet werden. Bei Bejahung eines Schadensersatzanspruches müsse sich der Kläger aber jedenfalls die inzwischen gezogenen Nutzungen anrechnen lassen.

Die Beklagte zu 2) tritt auch in der Sache den ihr gegenüber geltend gemachten Ansprüchen entgegen und führt hierzu in den Schriftsätzen vom 21.05.2019 (Bl. 706 ff d.A.) und 13.01.2020 (Bl. 804 ff d.A.) näher aus, worauf verwiesen wird.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

B.

Die Berufung des Klägers ist, soweit sie sich gegen die Beklagte zu 2) richtet, unzulässig und, soweit sie sich gegen die Beklagte zu 1) wendet, zwar zulässig, jedoch nur teilweise begründet.

I.

Die Berufung des Klägers gegen die Beklagte zu 2) ist als unzulässig zu verwerfen. Denn die erst in zweiter Instanz erfolgte Parteierweiterung erweist sich als unwirksam.

Im Berufungsrechtszug ist eine Parteierweiterung auf der Beklagtenseite nur dann zulässig, wenn der neue Beklagte zustimmt oder die Zustimmungsverweigerung rechtsmissbräuchlich und daher unerheblich ist (MüKo/Becker-Eberhard, ZPO, 5. Auflage, § 263 Rn. 84; BGH, Urt. v. 18.03.1997 - XI ZR 34/96, NJW 1997, 2885, 2886).

Vorliegend hat die Beklagte zu 2) der Parteierweiterung ausdrücklich widersprochen. Dieser Widerspruch stellt sich im vorliegenden Fall auch nicht als rechtsmissbräuchlich und damit unerheblich dar.

Von einer solchen Ausnahme könnte ausgegangen werden, wenn der Beklagten zu 2) nach der gesamten Sachlage zuzumuten wäre, in den fortgeschrittenen Prozess einzutreten. In der Regel wird ein Missbrauch nur dann vorliegen, wenn es ersichtlich an jedem schutzwürdigen Interesse für die Weigerung fehlt und der neue Beklagte keine irgendwie geartete Schlechterstellung zu befürchten hat (BGH, Urt. v. 04.10.1985 - V ZR 136/84, NJW-RR 1986, 356). Dies liegt nahe, wenn sich der weitere Beklagte nicht anders als die Altpartei verteidigen kann, ferner bei Kenntnis des Prozessstoffs und wesentlicher Beeinflussung des alten Rechtsstreits (etwa als Vertreter der Altpartei), idR aber nicht schon bei bloßer Möglichkeit hierzu (Musielak/Voit/Foerste, ZPO. 16. Auflage, § 263 Rn. 15; BGH aaO).

Vorliegend wurde die ursprünglich nur gegen die Beklagte zu 1) gerichtete Klage in erster Instanz allein auf gewährleistungsrechtliche Ansprüche gestützt, während ein Anspruch gegen die Beklagte zu 2) ausschließlich aus deliktsrechtlichen Grundsätzen abgeleitet werden könnte. Zwar ergibt sich eine gewisse Überschneidung beider Anspruchsgrundlagen in Form des bei dem Pkw erforderlichen Mangels. Im Übrigen aber unterscheiden sich beide rechtlichen Ansatzpunkte ganz erheblich. Insbesondere die Prüfung eines Anspruches gem. § 826 BGB setzt einen eigehenden Darstellungs- und Prüfungsaufwand in Bezug auf die Sittenwidrigkeit, den Vorsatz, die Zurechnung gem. § 31 BGB sowie die Kausalität voraus, wobei dahinstehen kann, ob der Kläger seiner dahingehenden Darlegungslast im Rahmen des Berufungsverfahrens gerecht geworden ist. Die Entscheidung über die gegen die Beklagte zu 2) gerichtete Klage ist jedenfalls nur auf der Basis eines erheblich erweiterten Sachverhalts, der bislang noch nicht Gegenstand des Rechtsstreits geworden war, möglich und würde daher auch einer gänzlich anderen Verteidigung bedürfen als es die Klage gegen die Beklagte zu 1) erfordert. Darüber hinaus hatte die Beklagte zu 2) zwar über die Streitverkündung Kenntnis von der Klage an sich. Aufgrund des unterbliebenen Streitbeitritts war sie jedoch an dem weiteren Verfahren nicht beteiligt und nahm auf diesen auch keinen unmittelbaren Einfluss. Die Tatsache allein, dass der gegen die Beklagte zu 2) gerichtete Vorwurf inzwischen Gegenstand einer Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten ist, vermag nach Auffassung des Senates an den o.g. Grundsätzen nichts zu ändern, zumal auch in dem Verhältnis zur Beklagten zu 2) inzwischen diverse Sachverhaltsvarianten und Abwandlungen hinsichtlich ihrer Inanspruchnahme gerichtsbekannt sind. Soweit der Kläger für seine Ansicht auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofes (Beschluss vom 20.09.2016 - VIII ZR 247/15, NJW 2017, 491) Bezug nimmt, wurde dort lediglich der auch hier vertretene Ansatz beschrieben, wonach eine Klageerweiterung nicht nach den Grundsätzen der §§ 531, 296 ZPO, sondern nach §§ 533, 263, 264 ZPO zu bewerten ist. Die von dem Kläger herangezogene Entscheidung des OLG Köln vom 12.09.2005 - 16 U 25/05 befasste sich hingegen mit einer vollkommen anders gelagerten Fallgestaltung, bei der es zum einen um eine Erweiterung auf der Klägerseite und zum anderen auch nur darum ging, dass ein von einer Mutter als Prozessstandschafterin begonnener Rechtsstreit über Schadensersatzansprüche ihrer Söhne aus einem Reisevertrag nach deren Volljährigkeit von diesen selbst fortgesetzt werden sollte. Trotz einer gewissen Nähe zwischen der Beklagten zu 2) und der Beklagten zu 1) als deren Vertragshändlerin liegt der entscheidende Unterschied zu dieser Fallgestaltung vorliegend darin, dass bei Zulassung der Parteierweiterung nunmehr zwei gänzlich voneinander abweichende rechtliche Ansprüche zu beurteilen wären.

II.

Der gegen die Beklagte zu 1) gerichtete Berufung stehen demgegenüber keine Zulässigkeitsbedenken entgegen, sie hat in der Sache jedoch nur teilweise Erfolg.

1.

Die Berufung gegen die Beklagte zu 1) ist zulässig, insbesondere bestehen gegen die erst in zweiter Instanz vorgenommene Klageänderung keine rechtliche Bedenken.

An einem ausreichenden Änderungsbegehren würde es fehlen, wenn im Rechtsmittelweg - von Anfang an oder im Verlauf des Rechtsmittelverfahrens - die Klage nur erweitert oder völlig geändert wird. Anderenfalls würden Grund und Zweck des Rechtsmittels, die Beseitigung der Beschwer durch ein (behauptetermaßen) unrichtiges Urteil, aufgegeben (MüKo/Rimmpelspacher, ZPO, 5. Auflage, vor § 511 Rn. 76). Vorliegend sollen aber durch die Klageänderung nicht nur ein neuer, bislang noch nicht streitgegenständlicher Anspruch geltend gemacht, sondern die bisherigen Ansprüche weiter verfolgt werden, allerdings mit der Maßgabe, dass nunmehr zunächst die Rückabwicklung begehrt wird und nur noch hilfsweise die Neulieferung. Eine solche Änderung erweist sich jedoch gem. § 264 Nr. 3 ZPO als privilegiert und unterliegt damit auch nicht den Beschränkungen von § 533 ZPO (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 41. Auflage, § 533 Rn. 1). Denn der Kläger hat zwar nach dem Ablauf der gesetzten Frist zur Nacherfüllung zunächst noch berechtigterweise den Erfüllungsanspruch weiter verfolgt, möchte jetzt aber den Sekundäranspruch geltend machen. Darüber hinaus wird der Nutzungsausfallschaden statt für einen Zeitraum von März bis Juli 2018 nunmehr bis zum 22.01.2020 geltend gemacht.

Ob sich der Klageantrag zu 2) als hinreichend bestimmt darstellt, kann demgegenüber dahinstehen. Denn dieser Antrag ist unter die innerprozessuale Bedingung gestellt, dass der Klageantrag zu 1) vollumfänglich abgewiesen wird. Dies ist jedoch - wie noch darzulegen sein wird - nicht der Fall.

2.

Die gegen die Beklagte zu 1) gerichtete Klage ist jedoch nur teilweise begründet.

a) Klageantrag zu 1)

Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten zu 1) in Bezug auf die mit dem Klageantrag zu 1) geltend gemachten Ansprüche gem. §§ 437 Nr. 3, 281, 433, 434 BGB ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 21.268,13 € zu.

Auf den Kaufvertrag der Parteien sind die Regelungen des BGB in der bis zum 31.12.2017 gültigen Fassung anwendbar, auf die sich die nachfolgenden Ausführungen daher insgesamt beziehen.

aa) Das von dem Kläger erworbene Fahrzeug wies bei Gefahrübergang am 05.01.2015 und auch noch zum Zeitpunkt des Nacherfüllungsverlangens mit Schreiben vom 21.10.2015 jedenfalls einen Mangel i.S.d. § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB auf.

Unstreitig ist im Pkw des Klägers ein von der Beklagten zu 2) produzierter Dieselmotor der Baureihe EA189 verbaut, der für die Abgasnorm Euro 5 zertifiziert und werkseitig mit einer Steuerungssoftware ausgestattet ist, die einen speziellen Modus für den Prüfstandlauf sowie einen hiervon abweichenden Modus für den Alltagsbetrieb vorsieht und hierdurch im Prüfzyklus verbesserte Stickoxidwerte generiert. Außerhalb des Testbetriebes werden die Schadstoffgrenzwerte für die Abgasnorm Euro 5 nicht eingehalten. Damit war der von dem Kläger erworbene VW Touran für die gewöhnliche Verwendung nicht geeignet.

Für die gewöhnliche Verwendung eignet sich ein Kraftfahrzeug grundsätzlich nur dann, wenn es eine Beschaffenheit aufweist, die weder seine (weitere) Zulassung zum Straßenverkehr hindert noch ansonsten seine Gebrauchsfähigkeit aufhebt oder beeinträchtigt (BGH, Urt. v. 29.06. 2016 - VIII ZR 191/15, NJW 2016, 3015 Rn. 40; Urt. v. 26.10. 2016 - VIII ZR 240/15, NJW 2017, 153 Rn. 15; Urt. v. 24.10.2018 - VIII ZR 66/17, ZIP 2018, 2272 Rn. 29). Dem hat das vom Kläger erworbene Fahrzeug bei Gefahrübergang nicht genügt. Denn nach den überzeugenden Ausführungen des Bundesgerichtshofes in seinem Hinweisbeschluss vom 08.01.2019 (VIII ZR 225/17 Rn. 6 - 11, NJW 2019, 1133), auf welche insoweit verwiesen wird, handelt es sich bei der im Fahrzeug des Klägers vorhandenen Einrichtung, die bei erkanntem Prüfstandlauf eine verstärkte Abgasrückführung aktiviert, um eine nach Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl. L 171 vom 29. Juni 2007; nachfolgend: VO 715/2007/EG) unzulässige Abschalteinrichtung.

Infolge der nach Art. 5 Abs. 2 VO 715/2007/EG unzulässiger Weise im Fahrzeug des Klägers installierten Abschalteinrichtung eignete sich das Fahrzeug nicht zur gewöhnlichen Verwendung im Sinne von § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB, weil dessen ungestörter Betrieb durch die gem. § 5 Abs. 1 FZV drohende Betriebsbeschränkung oder -untersagung im öffentlichen Straßenverkehr bei Gefahrübergang zumindest herabgesetzt war. Ein Pkw, der aufgrund seiner Ausrüstung mit einer Software, die einen speziellen Modus für den Prüfstandlauf sowie einen hiervon abweichenden Modus für den Alltagsbetrieb vorsieht und hierdurch im Prüfzyklus verbesserte Stickoxidwerte generiert, weist bereits deshalb einen Sachmangel auf (BGH, aaO Rn. 17 - 22; OLG München, Beschluss vom 23. März 2017 - 3 U 4316/16, juris Rn. 13; OLG Köln, Beschluss vom 27. März 2018 - 18 U 134/17, juris Rn. 11 mwN; OLG Nürnberg, NZV 2018, 315 Rn. 38; ferner OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 31. August 2018 - 25 U 17/18, juris Rn. 53; Witt, NJW 2017, 3681, 3682; Harriehausen, aaO S. 3138). Dies war auch bereits bei Gefahrübergang und nicht erst ab dem Bescheid des KBA vom 14.10.2015 an die Beklagte zu 2) der Fall. Denn auch dann liegt im Ansatz bereits ein Sachverhalt ("Mangelanlage"/Grundmangel) vor, der - gegebenenfalls in Verbindung mit weiteren Umständen (vor allem einer Entscheidung beziehungsweise Äußerung der zuständigen Typgenehmigungsbehörde) - dazu führen kann, dass die Zulassungsbehörde eine Betriebsuntersagung oder -beschränkung nach § 5 Abs. 1 FZV vornimmt, weil das Fahrzeug wegen der gegen Art. 5 Abs. 2 VO 715/2007/EG verstoßenden Abschalteinrichtung nicht dem genehmigten Typ (§ 3 Abs. 1 Satz 2 FZV) entspricht (BGH, aaO Rn. 20). Dass es sich hierbei um eine reale Gefahr handelt, belegt im vorliegenden Fall der Bescheid des Landkreises C vom 01.10.2018, mit welchem dem Kläger im Hinblick auf die durch das KBA vom 02.08.2018 erfolgte Mängelfeststellung "bedingt durch manipulierte Software" zum Nachweis der "Mangelbeseitigung" bis zum 11.10.2018 aufgefordert und für den Fall der Nichtbefolgung die Untersagung des Betriebes des Fahrzeuges auf öffentlichen Straßen angedroht wurde.

Abgesehen davon dürfte aber auch bereits ein Verstoß gegen eine Beschaffenheitsvereinbarung vorliegen, weil der Wagen aus den genannten Gründen die Voraussetzungen über die Einhaltung der Euro-5-Norm, die vorliegend ausdrücklich vereinbart war, nicht eingehalten hat.

bb) Der Kläger hat der Beklagten zu 1) am 21.10.2015 und darüber hinaus noch einmal am 21.12.2015 die nach § 281 Abs. 1 S. 1 BGB erforderliche angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt. Mit der Fristsetzung zur Lieferung eines Neufahrzeuges hat der Kläger in zulässiger Weise seinen Nacherfüllungsanspruch geltend gemacht. Nach § 439 Abs. 1 BGB kann der Käufer als Nacherfüllung nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen.

(1) Dieser Anspruch ist nicht deshalb gem. § 275 Abs. 1 BGB unmöglich geworden, weil - wie die Beklagte zu 1) behauptet - das bei Vertragsabschluss maßgebliche Modell nicht mehr produziert wird und weder vom Verkäufer noch von einem Dritten beschafft werden kann.

Obwohl es sich beim Kauf eines Neufahrzeuges ohne anderslautende Vereinbarung der Vertragsparteien regelmäßig um einen Gattungsschuld i.S.d. § 243 Abs. 1 BGB handelt (vgl. BGH, Urt. v. 17.10.2018 - VIII ZR 212/17, NJW 2019, 80 Rn. 20), dürfte es nach der zutreffenden Ansicht des Bundesgerichtshofes bei der Frage, ob die vom Käufer nach Maßgabe des § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB begehrte Ersatzlieferung unmöglich ist, die Unterscheidung zwischen Stück- und Gattungskauf entgegen einer teilweise vertretenen Ansicht (BeckOK/Faust, BGB, 53. Edition, Stand 01.02.20, § 439 Rn. 47ff mwN) bereits aus Gründen des Verbraucherschutzes nicht maßgeblich sein. Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber des am 01.01.2002 in Kraft getretenen Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts im Rahmen der Nacherfüllung diese Unterscheidung ausdrücklich als verzichtbar angesehen hat (BT-​Drucks. 14/6040, S. 94, 230). Vielmehr ist bei der vom Schuldner vertraglich übernommenen Beschaffungspflicht anzusetzen (BGH, Hinweisbeschluss v. 08.01.2019 - VII ZR 225/17, juris Rn. 31; Urt. v. 17.10.2018 - VIII ZR 212/17, juris Rn. 20), deren Inhalt und Reichweite durch interessengerechte Auslegung des Kaufvertrags zu bestimmen ist (§§ 133, 157 BGB).

Weiter hat der Bundesgerichtshof hierzu in dem Hinweisbeschluss vom 08.01.2019 - VII ZR 225/17, Rn. 32- 36 ausgeführt

"(2) Bei der Bestimmung des Inhalts und der Reichweite der vertraglichen Beschaffungspflicht des Verkäufers dürfte zunächst dem aus den Gesetzesmaterialien hervorgehenden Vorrang des Anspruchs auf Nacherfüllung Rechnung zu tragen sein, der den §§ 437 ff. BGB zugrunde liegt und der einerseits dem Käufer das gewähren will, was dieser vertraglich zu beanspruchen hat, und andererseits dem Verkäufer eine letzte Chance einräumen will , den mit der Rückabwicklung des Vertrags verbundenen wirtschaftlichen Nachteil abzuwenden (vgl. BT-​Drucks. 14/6040, S. 93 ff., 220 f., 230; Senatsurteile vom 23. Februar 2005 - VIII ZR 100/04, BGHZ 162, 219, 226 f.; vom 7. Juni 2006 - VIII ZR 209/05, aaO Rn. 19). Diese gesetzliche Wertung könnte das Berufungsgericht hinsichtlich des hier in Rede stehenden Nachlieferungsverlangens nicht hinreichend berücksichtigt und auf diese Weise vorschnell auf § 275 Abs. 1 BGB zurückgegriffen haben.

(3) Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Pflicht des Verkäufers zur Ersatzbeschaffung nach § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB, wovon auch das Berufungsgericht ausgeht, gleichartige und gleichwertige Sachen erfasst, denn der Anspruch des Käufers auf Ersatzlieferung richtet sich darauf, dass anstelle der ursprünglich gelieferten mangelhaften Kaufsache nunmehr eine mangelfreie, im Übrigen aber gleichartige und - funktionell sowie vertragsmäßig - gleichwertige Sache zu liefern ist (vgl. Senatsurteile vom 7. Juni 2006 - VIII ZR 209/05, aaO Rn. 17 f., 23; vom 15. Juli 2008 - VIII ZR 211/07, BGHZ 177, 224 Rn. 18; vom 17. Oktober 2012 - VIII ZR 226/11, BGHZ 195, 135 Rn. 24; vom 24. Oktober 2018 - VIII ZR 66/17, aaO Rn. 41). Die Ersatzbeschaffung ist damit nicht darauf beschränkt, eine mangelfreie, im Übrigen aber mit dem Kaufgegenstand identische Sache zu liefern.

Für die Frage, ob ein Mangel durch eine gleichartige und gleichwertige Ersatzleistung behoben werden kann, dürfte es somit darauf ankommen, ob die Vertragsbeteiligten die konkrete Leistung nach dem Vertragszweck und ihrem erkennbaren Willen als austauschbar angesehen haben (BGH, Urteil vom 21. November 2017 - X ZR 111/16, NJW 2018, 789 Rn. 8, unter Hinweis auf das Senatsurteil vom 7. Juni 2006 - VIII ZR 209/05, aaO).

(a) Dabei dürfte zu beachten sein, dass beim Kauf eines Neufahrzeugs mit der Produktion und dem Markteintritt eines Nachfolgemodells typischerweise zu rechnen ist. Den Parteien, namentlich dem Fahrzeughändler, ist bei Abschluss des Kaufvertrags in der Regel bewusst, dass der Fahrzeughersteller nach gewisser Zeit einen Modellwechsel vornehmen kann und das bisherige Modell nicht mehr produziert. Am Markt tritt das Nachfolgemodell an die Stelle des nicht mehr aktuellen Vorgängermodells. Nachfolgemodelle sind dabei in der Regel in mancher Hinsicht fortentwickelt, sei es durch die Klassifikation nach neuen europäischen Abgasnormen und Änderungen der Motortechnik, durch Fortschritte bei Sicherheits- und Assistenzsystemen und entsprechenden umfangreicherem Einsatz von Steuerungssoftware, durch Änderung bei Abmessungen, Gewicht, Kraftstoffverbrauch und Formensprache oder etwa durch vermehrten Komfort. Auf diese Weise ersetzt das Nachfolgemodell am Markt seinen Vorgänger und tritt an dessen Stelle.

(b) Diese Gesichtspunkte dürften auch bei der Beurteilung der Austauschbarkeit der Leistung nach einem Modellwechsel Gewicht erlangen. Ein mehr oder weniger großer Änderungsumfang dürfte für die Interessenlage der Vertragsparteien, insbesondere des Verkäufers, in der Regel ohne Belang sein, zumal der Fahrzeughersteller technische oder andere Änderungen auch ohne äußerlich erkennbaren Modellwechsel vornehmen kann. Auch die in der Instanzrechtsprechung teilweise für maßgeblich erachtete Unterscheidung zwischen einem "facelift" und einem Modellwechsel (siehe etwa OLG Jena, aaO S. 572), dürfte insoweit nicht entscheidend sein. Vielmehr steht für den mit einem Anspruch des Käufers auf Ersatzlieferung konfrontierten Verkäufer eines Neuwagens nach einem Modellwechsel - sofern ein Neufahrzeug der nicht mehr aktuellen Modellreihe nicht mehr zu beschaffen ist - im Mittelpunkt, welche Ersatzbeschaffungskosten er für das Nachfolgemodell aufwenden müsste. Die Interessenlage des Verkäufers dürfte in dieser Lage nicht wesentlich anders zu beurteilen sein, als sei das zur Zeit des Abschlusses des Kaufvertrages produzierte Modell noch lieferbar."

Der Senat folgt diesen Ausführungen des Bundesgerichtshofes. Danach ist davon auszugehen, dass die Parteien im vorliegenden Fall nach dem Vertragszweck und dem erkennbaren Parteiwillen grundsätzlich auch ein Nachfolgemodell trotz der von der Beklagten zu 1) aufgezeigten Änderungen als mit dem Vorgängermodell austauschbar angesehen haben. Gegen eine aus Sicht der Parteien bestehende Gleichartigkeit und Gleichwertigkeit beider Fahrzeuge spricht vorliegend auch nicht die vielfach als Argument für die Unmöglichkeit der Nachlieferung herangezogene veränderte Motorisierung des neuen Serienmodells (so: OLG Nürnberg, Urt. v. 15.12.2011 - 13 U 1161/11, juris Rn. 53; OLG Bamberg, Beschlüsse v. 02.08.2017 und 20.09.2017 - 6 U 5/17, juris Rn. 31 und 25; OLG München, Beschluss v. 02.07.2018 - 8 U 1710/17, juris Rn. 27). Denn wie dem Senat aus einer Vielzahl paralleler Fälle gerichtsbekannt ist, konnten aufgrund verschärfter europäischer Abgasnormen Euro5-Motoren nur noch bis zum 31.08.2015 erstzugelassen werden, womit der Typenwechsel wesentlich durch veränderte gesetzliche Vorgaben veranlasst worden sein dürfte. Damit konnte aber ab diesem Zeitpunkt - und folglich auch zum Zeitpunkt des ersten Nacherfüllungsverlangens im vorliegenden Fall - der auf die Veräußerung eines zulassungsfähigen Fahrzeuges gerichtete Vertragszweck ohnehin nur noch mit einem Euro6-Motor erfüllt werden. Es ist auch nicht so, dass gegen die vorgenannte Auffassung spricht, dass dann auch ein aktuelles Modell durch ein älteres Vorgängermodell ausgetauscht werden könnte. Denn während das neue Modell im Kern den Anforderungen des Vorgängermodells entspricht und hiervon nur durch zusätzliche Komponenten abweicht, bleiben die Leistungsmerkmale der Vorgängerserie hinter denen des veräußerten Modells zurück, was eine Vergleichbarkeit aus der Sicht des Käufers ersichtlich ausschließt.

Entgegen der Ansicht der Beklagten zu 1) stellt der VW Touran II im Verhältnis zum Vorgängermodell unter Berücksichtigung der zitierten BGH-Rechtsprechung keine Aliud-Lieferung dar.

Dies ergibt sich zum einen nicht bereits daraus, dass der Kläger durch die Neulieferung gegenüber der vertraglich vereinbarten Leistung ein Mehr erhält, wie der Bundesgerichtshof in seiner aktuellen Entscheidung ausdrücklich ausführt. Denn dies liegt bei der Lieferung eines Nachfolgemodells in der Natur der Sache. Von einem Aliud könnte allenfalls dann ausgegangen werden, wenn die Unterschiede zwischen den beiden Modellen so gravierend wären, dass man eine Austauschbarkeit von dem im Vertrag zum Ausdruck kommenden Parteienwillen nicht mehr als gedeckt ansehen könnte. So ist hier aber nicht. Abgesehen von der - wie dargestellt zwangsläufig notwendigen - Änderung des Motors, bewegen sich die in der Klageerwiderung (dort S. 30 ff. = Bl. 123 ff d.A.) von der Beklagten zu 1) dargestellten Modifikationen hinsichtlich der Motorleistung (85 kw statt 77 kw), der sich daraus ergebenden höheren Geschwindigkeit (190 km/h statt 183 km/h) sowie den Maßen des Fahrzeuges (Länge/Breite/Höhe in mm statt 4397/2.081 nunmehr 4527/2087) im üblichen Rahmen, den man bei der Weiterentwicklung eines Fahrzeuges gemeinhin erwartet. Auch die neue Anordnung des Motors ("Querbaukasten") stellt aus Sicht des Käufers ein technisches Detail dar, welches sich kaum kaufentscheidend auswirken dürfte. Entgegen der Annahme der Beklagten zu 1) wurden bei dem von dem Kläger erworbenen Pkw auch keine Konfigurationen vorgenommen, die bei einem Fahrzeug des neuen Serienmodells nicht zumindest in ähnlicher Weise umgesetzt werden könnte. Dies gilt für die Neuerung im Bereich der Sicherheit und Fahrassistenz ebenso wie für den Bereich des sog. Infotainment. Insgesamt legt die Beklagte zu 1) keine Anhaltspunkte dafür dar, dass der Kläger sich bei einem Vergleich zum Nachfolgemodell ausschließlich für den VW Touran I entschieden hätte. Hinzukommt im vorliegenden Fall, dass der Modellwechsel Mitte des Jahres 2015 nur kurz nach dem Ankauf des Fahrzeuges durch den Kläger Ende Oktober 2014 und ebenfalls nur kurz vor dem Nacherfüllungsverlangen des Klägers Ende Oktober/Anfang November 2015 erfolgte. Bei dem durch den Zeitablauf eintretenden Wertverlust des Altfahrzeuges, der im Falle der Neulieferung bei einem Verbraucher gem. §§ 474 Abs. 5 S. 1, 439 Abs. 4 BGB nicht durch einen Nutzungsersatz auszugleichen ist, handelt es sich ebenso wie bei den Nachteilen, die für den Verkäufer in wirtschaftlicher Hinsicht durch die Lieferung des neuen Modells entstehen, allenfalls um Tatsachen, die im Rahmen der gem. § 439 Abs. 3 BGB vorzunehmenden Abwägung eine Rolle spielen könnten (BGH, Hinweisbeschluss v. 08.01.2019 - VII ZR 225/17, NJW 2019, 1133 Rn. 37).

Schließlich ergibt sich auch aus Ziff. IV. 6. S. 1 der Neuwagen-Verkaufsbedingungen, wonach während der Lieferzeit Konstruktions- oder Formänderungen, Abweichungen im Farbton sowie Änderungen des Lieferumfangs seitens des Herstellers vorbehalten bleiben, sofern die Änderungen oder Abweichungen unter Berücksichtigung der Interessen des Verkäufers für den Käufer zumutbar sind, nicht, dass sich eine Ersatzbeschaffungspflicht durch ein Nachfolgemodell ausgeschlossen wäre. Denn eine in diesem Sinne zu verstehende Regelung würde bei einem wie hier vorliegenden Verbraucherkaufvertrag eine unzulässige Einschränkung der Gewährleistungsrechte gem. § 475 Abs. 1 S. 1 BGB darstellen. Mag sich aus dieser Vertragsklausel allein auch nicht ein Rechtsanspruch des Käufers auf Nachlieferung eines Fahrzeug aus einer neuen Modellreihe ergeben (OLG Bamberg, Beschluss v. 18.12.2017 - 1 U 106/17, juris; OLG Köln, Beschluss v. 16.03.2018 - 16 U 110/17, juris; Heintz, JM 2017, 354, 355), so belegt die Vertragsbestimmung jedoch im vorliegenden Zusammenhang gerade den Willen des Verkäufers, seiner Lieferverpflichtung ggf. auch durch eine Fahrzeug mit veränderten und möglicherweise auch weiter entwickelten Eigenschaften zu erfüllen.

(2) Die von der Beklagten erhobene Einrede der relativen Unverhältnismäßigkeit gem. § 439 Abs. 3 S. 1 BGB greift ebenfalls nicht durch.

Nach dieser Vorschrift kann der Verkäufer die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung unbeschadet des § 275 Abs. 2 und 3 BGB verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist.

Die Einrede ist zulässig, denn die Beklagte zu 1) durfte sie dem Nacherfüllungsanspruch des Klägers auch noch im Rahmen des Rechtsstreits entgegen halten (BGH, Urt. v. 24.10.2018 - VIII ZR 66/17, juris Rn. 57 und Urt. v. 16.10.2013 - VII ZR 273/12, juris, Rn. 17; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 14. Auflage, Teil 1 Rn. 801a).

In der Sache hat die Einrede jedoch keinen Erfolg; denn die Voraussetzungen der relativen Unverhältnismäßigkeit gem. § 439 Abs. 3 S. 1 BGB, auf die sich die Beklagte zu 1) angesichts des vorliegenden Verbraucherkaufvertrages zutreffender Weise allein bezogen hat (vgl. hierzu: EuGH, Urt. v. 16.06. 2011 - C-65/09 und C-87/09, juris; BGH, Urt. v. 21.12.2011 - VIII ZR 70/08, juris Rn. 35 u. § 475 Abs. 4 s. 1 BGB n.F.), liegen nicht vor.

Ob die vom Käufer beanspruchte Art der Nacherfüllung (hier: Ersatzlieferung einer mangelfreien Sache) im Vergleich zu der anderen Variante (hier: Beseitigung des Mangels) wegen der damit verbundenen Aufwendungen für den Verkäufer unverhältnismäßige Kosten verursacht und diesen deshalb unangemessen belastet, entzieht sich einer verallgemeinerungsfähigen Betrachtung und ist aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung und Würdigung aller maßgeblichen Umstände des konkreten Einzelfalls unter Berücksichtigung der in § 439 Abs. 2 BGB genannten Kriterien festzustellen (BGH, Urt. v. 24.10.2018 - VIII ZR 66/17, juris Rn. 76; siehe auch BT-​Drucks. 14/6040, S. 232). Die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen der Norm liegen beim Verkäufer (OLG Braunschweig, Urt. v. 04.02.2003 - 8 W 23/02, NJW 2003, 1053; Reinking/Eggert, aaO Rn. 802).

Dabei handelt es sich bei § 439 Abs. 3 BGB um einen Ausnahmetatbestand, der zum Nachteil des Unternehmers eng auszulegen ist (Reinking/Eggert, aaO Rn. 803).

Als maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage der relativen Unverhältnismäßigkeit einer Neulieferung im Vergleich zur bloßen Nachbesserung wird in der Literatur teilweise auf den Gefahrübergang (MüKo/Westermann, BGB, 8. Auflage, § 439 Rn. 32), den Beginn der Mangelbeseitigung (NK/Ulrich Büdenbender, BGB, 3. Auflage, § 439 Rn. 43) oder aber die letzte mündliche Verhandlung (BeckOGK/Höpfner, BGB, Stand: 01.04.2020, Rn. 163; BeckOK/Faust, BGB, Stand: 01.02.2020, § 439 Rn. 15) abgestellt.

Diesen Meinungen steht allerdings bereits die Systematik des Gesetzes entgegen, welche in § 439 Abs. 1 BGB an dem Nacherfüllungsverlangen des Bestellers ansetzt und nachfolgend auch § 439 Abs. 3 BGB in diesen Kontext stellt. Dieser Ansatz ist auch sachgerecht, weil sich einerseits erst in dem Zeitpunkt, in welchem sich die Nacherfüllungspflicht konkretisiert auch erst die Vor- und Nachteile ihrer verschiedenen Ausführungsvarianten realisieren. Zum anderen darf es nicht allein in der Hand des Verkäufers liegen, auf die Wertverhältnisse des mangelbehafteten Fahrzeuges durch das Hinauszögern der Nacherfüllung Einfluss nehmen zu können (BGH, Urt. v. 24.10.2018 - VIII ZR 66/17, juris Rn. 71).

Daher ist für die gem. § 439 Abs. 3 BGB vorzunehmende Abwägung zutreffender Weise auf den Zeitpunkt des Zugangs des Nacherfüllungsverlangens, bzw. ggf. des Ablaufs der gesetzten Nacherfüllungsfrist abzustellen (BGH, Urt. v. 24.10.2018 - VIII ZR 66/17, Rn. 66 ff; OLG Karlsruhe Urt. v. 25.05.2019 - 13 U 144/17, juris Rn. 76; Erman/Grunewald, BGB, 15. Auflage, § 439, Rn. 17; Pammler in Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, BGB, 8. Auflage, § 439 Rn. 98.1).

Im Streitfall ist daher der Ablauf der zunächst bis zum 18.11.2015 gesetzten Nacherfüllungsfrist maßgebend.

Es kann dahinstehen, ob, wie von der Beklagten zu 1) vorgetragen, die Kosten der Ersatzlieferung eines mangelfreien Pkw mit 13.778,57 € deutlich höher als die Kosten der Nachbesserung sind, die von der Beklagten mit weniger als 100,00 € angegeben werden. Insoweit ist auch nicht weiter der Frage nachzugehen, ob die von der Beklagten zu 1) in ihrem Schriftsatz von 07.11.2017 (dort S. 98 = Bl. 174 d.A.) genannten Kosten zutreffend berechnet worden sind, ob der mit der Entwicklung des Software-​Updates verbundene Aufwand auch im Verhältnis zur Beklagten zu 1) ins Gewicht fällt und ob der mögliche Rückgriffsanspruch der Beklagten zu 1) gegenüber der Beklagten zu 2) gem. § 478 BGB als ein die Kostenlast minderndes Moment zu berücksichtigen ist (dagegen sprechen sich aus: Ball in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, 8. Auflage, § 478 BGB Rn. 29; Kaeding, NJW 2010, 1030, 1033). Denn bei der im Rahmen des § 439 Abs.3 S. 2 BGB anzustellenden Abwägung kommt es nicht allein auf das Kostenverhältnis der beiden Arten der Nacherfüllung an. Vielmehr stellt das Gesetz auf weitere Wertungsgesichtspunkte, wie den Wert der Sache in mangelfreiem Zustand, die Bedeutung des Mangels sowie auf die Frage ab, ob auf die andere Art der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden könnte. Dabei sind diese Wertungsgesichtspunkte im Ergebnis zur Verneinung der Unverhältnismäßigkeit auch in den Fällen geeignet, in denen die Kosten der Nachlieferung diejenigen einer Nachbesserung deutlich übersteigen (BGH, Urt. v. 24.10.2018 - VIII ZR 66/17, juris Rn. 52).

So ist es im vorliegenden Fall.

Dem Wert der Sache in mangelfreiem Zustand (§ 439 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 BGB) ist bei der gebotenen Interessenabwägung im Streitfall kein Gewicht beizumessen. Denn dieser Gesichtspunkt kommt namentlich bei geringwertigen Sachen zum Tragen, bei denen eine Nachbesserung oft mit unverhältnismäßigen Aufwendungen verbunden sein und daher in der Regel nur eine Ersatzlieferung in Betracht kommen wird (BGH, Urt. v. 24.10.2018 - VIII ZR 66/17, juris Rn. 63; BT-​Drucks. 14/6040, S. 232). Vorliegend geht es jedoch um einen hochwertigen Personenkraftwagen. Ebenso wenig spielt eine Rolle, dass der Kläger als Verbraucher gem. §§ 475 Abs. 5 S. 1, 439 Abs. 4 BGB im Falle der Neulieferung nicht zur Zahlung von Nutzungsersatz verpflichtet ist. Nach dem Willen des Gesetzgebers ist nicht zu beanstanden, den Käufer entscheiden zu lassen, auf welche Weise er das Vertragsziel der Lieferung einer mangelfreien Sache erreichen möchte (vgl. BT-​Drucks. 14/6040, S. 231). Dieser Wahlfreiheit würde es entgegenstehen, wenn sich der Käufer die gesetzgeberische, an den europarechtlichen Vorgaben der Verbraucherrichtlinie orientierte, Entscheidung auf den Verzicht eines Nutzungsersatzanspruches im Rahmen des § 439 Abs. 3 BGB entgegenhalten lassen müsste (vgl. auch BGH, Urt. vom 24.10.2018, VIII ZR 66/17, juris Rn. 51). Dies schließt allerdings nicht aus, dieses Moment bei der vorzunehmenden Abwägung in dem Fall zu berücksichtigen, dass das Fahrzeug durch den Käufer besonders intensiv genutzt und damit abgenutzt worden ist (MüKo/S. Lorenz, BGB, 8. Auflage, § 475 Rn. 17; Kaeding, NJW 2010, 1030, 1033). Dies ist bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug jedoch nicht der Fall. Bis zuletzt wies der VW Touran des Klägers lediglich eine Laufleistung von 66.491 km auf. Angesichts einer zu erwartenden Gesamtlaufleistung von 300.000 km wären damit erst ca. 22 % der potentiellen Gesamtnutzungsmöglichkeit des Fahrzeuges erreicht. Da es auch ansonsten keine Hinweise auf eine übermäßige Beanspruchung des Wagens, auf Schäden oder sonstige besondere Abnutzungserscheinungen gibt, kann auch dieser Aspekt im Rahmen der Abwägung nicht für die Annahme einer relativen Unverhältnismäßigkeit herangezogen werden. Gegen eine Unverhältnismäßigkeit spricht in diesem Zusammenhang allerdings die Tatsache, dass die von der Abschaltautomatik betroffenen Fahrzeuge sich nach dem Vortrag beider Beklagten am Markt als wertbeständig erwiesen hätten. Dies würde aber bedeuten, dass es der Beklagten zu 1) - jedenfalls bezogen auf den Zeitpunkt des erstmaligen Neulieferungsverlangens - ohne Schwierigkeiten möglich gewesen sein dürfte, den zurückgenommenen Gebrauchtwagen zügig und abgesehen von der üblichen gebrauchsbedingten Wertminderung ohne zusätzliche Verluste weiter zu veräußern.

Hinzu kommt, dass es sich vorliegend um einen für den Kläger bedeutsamen Mangel handelt. Die Bedeutsamkeit eines Mangels richtet sich dabei nach dem Interesse des Käufers an der beeinträchtigungsfreien Verwendung der Sache (MüKo/Westermann, BGB, 8. Auflage, § 439 Rn. 29). Dieses Interesse war vorliegend jedoch massiv gestört, weil sich die Halter solcher Kraftfahrzeuge, die entgegen zwingender unionsrechtlicher Vorschriften installierte Abschalteinrichtungen aufweisen, wie bereits dargestellt, von dem Gefahrübergang an einer drohenden Betriebsbeschränkung oder -untersagung nach § 5 Abs. 1 FZV ausgesetzt sahen, so lange die erforderlich Nachrüstung noch nicht erfolgt war. Der Mangel gewinnt in diesem Zusammenhang darüber hinaus dadurch an Gewicht, dass der Kläger bis zur Nacherfüllung dem keineswegs fern liegenden Risiko einer Insolvenz der Beklagten zu 1) ausgesetzt war. Denn diese dürfte sich einer Vielzahl vergleichbarer Ansprüche gegenüber gesehen haben, deren Weitergabe an die Beklagte zu 2) keineswegs stets und vollumfänglich binnen kurzer Frist gelingen musste (OLG Köln, Beschluss v. 20.12.2017 - 18 U 122/17, juris Rn. 44). Demgegenüber kommt dem Umstand, dass die Beklagte selbst den Sachmangel weder im Sinne eines Verschuldens zu verantworten hat noch überhaupt von ihm beim Gefahrübergang Kenntnis gehabt haben wird, keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Vielmehr ist im Rahmen der bei der Frage nach der (Un-)Erheblichkeit eines Sachmangels anzustellenden Gesamtabwägung zu berücksichtigen, dass die Beklagte als Vertragshändlerin in einer dauerhaften Vertragsbeziehung zu dem verantwortlichen Hersteller stand und steht, und dass sie damit das Risiko einer Gewährleistungshaftung im Verhältnis zu den Kunden auch für die von ihr nicht zu vertretenden Sachmängel in gewissem Umfang in Kauf genommen hat (OLG Köln, aaO Rn. 45).

Entscheidend gegen die Unverhältnismäßigkeit der geforderten Neulieferung spricht im vorliegenden Fall vor allem die Tatsache, dass auf die andere Art der Nacherfüllung (Software-Update) im November 2015 noch gar nicht zurückgegriffen werden konnte (§ 439 Abs. 3 S. 2 Alt. 3 BGB). Denn zum Zeitpunkt des Ablaufs der gesetzten Nacherfüllungsfrist am 18.11.2015 hatte das KBA gerade erst im Oktober 2015 den Rückruf aller von der Abschalteinrichtung betroffenen Fahrzeuge angeordnet; die Freigabe der durch die Beklagte zu 2) dem KBA im Dezember 2015 vorgestellten Software-Lösung erfolgte erst am 14.08.2016. Durch die Beklagte zu 1) wurde der Kläger schließlich erst mit Schreiben vom 16.08.2017 darüber informiert, dass nunmehr die Möglichkeit zum Aufspielen des Software-Updates bestehe.

Im Hinblick auf die aufgezeigten Umstände des vorliegenden Einzelfalles ergibt die im Rahmen des § 439 Abs. 3 BGB vorzunehmende umfassende Interessenabwägung, dass die Nachlieferung eines neuen Fahrzeuges im Vergleich zu dem Aufspielen des Software-Updates für die Beklagte auch bei deutlich höheren Kosten für die Neulieferung keine unverhältnismäßigen Kosten verursacht und die Beklagte nicht unangemessen belastet, ohne dass es im Ergebnis darauf ankommt, ob dem Kläger auch deshalb eine Nachrüstung nicht zumutbar sein könnte, weil diese wegen evtl. negativer Folgewirkungen nicht ohne erhebliche Nachteile für den Kläger zurückgegriffen werden konnte (§ 439 Abs. 3 S. 2 Alt. 3 BGB).

cc) Das Verschulden, welches für einen großen Schadensersatzanspruch gem. §§ 437 Nr. 3, 281 BGB erforderlich ist, kann sich zum einen auf den Mangel der Kaufsache, zum anderen aber auch auf die unterbliebene Nacherfüllung beziehen (BeckOK/Lorenz, BGB, Stand: 01.02.2020, § 281 Rn. 14). Wenn die Beklagte zu 1) in Bezug auf den Mangel auch selbst nicht schuldhaft gehandelt hat und ihr ein evtl. Verschulden der Beklagten zu 2) auch nicht zugerechnet werden kann, liegt aber jedenfalls ein Verschulden insoweit vor, als sie ihrer Pflicht zur Nacherfüllung nicht nachgekommen ist. Es sind insoweit keine Umstände vorgetragen oder ersichtlich, die die insoweit bestehende Vermutung gem. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB erschüttern könnten.

dd) Dem Anspruch auf einen großen Schadensersatzanspruch gem. §§ 437 Nr. 3, 281 BGB kann zwar ebenso wie demjenigen auf Rücktritt gem. § 281 Abs. 5 BGB die Einrede der Unverhältnismäßigkeit gem. § 439 Abs. 3 BGB aF entgegen gehalten werden, die vorliegend auch bereits in der Klageerwiderung erhoben wurde (BeckOGK/Höpfner, BGB, Stand: 01.04.2020, § 439 Rn. 123). Diesem Einwand stehen aber ebenfalls die zum Neulieferungsanspruch angestellten Erwägungen unter Ziff. B. II. 2. a), bb) (2) entgegen, auf die verwiesen wird.

ee) Ein Ausschluss wegen der Geringfügigkeit des Mangels gem. § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB, welcher beim großen Schadensersatzanspruch gem. § 281 Abs. 5 BGB ebenfalls in Betracht kommt (BeckOK/Faust, BGB, Stand: 01.02.2020, § 437 Rn. 140), ist nicht gegeben.

Die Frage, ob sich ein Mangel als geringfügig darstellt, ist unter umfassender Interessenabwägung auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalls zu beantworten (BGH, Urt. v. 28.05.2014 - VIII ZR 94/13, BGHZ 201, 290 ff Rn. 16; BeckOGK/Looschelders, BGB, Stand: 31.05.2020, $ 323 Rn. 298), wobei in zeitlicher Hinsicht auf den Zeitpunkt der Rücktrittserklärung abzustellen ist (st. Rspr, zuletzt: BGH, Urt. v. 11.12.2019 - VIII ZR 361/18, NJW 2020, 1287 Rn. 48). Anknüpfungspunkt für diese Interessenabwägung ist dabei nach dem Wortlaut des Gesetzes das Ausmaß der Pflichtverletzung. Immer dann, wenn die Pflichtverletzung unerheblich und damit das Leistungsinteresse des Gläubigers im Grunde nicht gestört ist, soll der Rücktritt ausgeschlossen sein. (BGH, Urt. v. 28.05.2014 - VIII ZR 94/13, NJW 2014, 3229 Rn. 33 unter Verweis auf: BT-Drs. 14/6040, 187, zu § 323 BGB-E). Zur Beurteilung dieser Voraussetzungen ist entgegen der Annahme der Beklagten zu 1) nicht nur auf die Kosten der Mängelbeseitigung, sondern gleichermaßen auf das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung (BGH, Urt. v. 26.10.2016 - VIII ZR 240/15, MDR 2016, 1445) sowie darauf abzustellen, ob sich eine mögliche Nachbesserung für den Käufer als zumutbar darstellt (BGH, Urt. v. 26.10.2016 - VIII ZR 240/15, MDR 2016, 1445 Rn. 38). Diese Zumutbarkeit ist insbesondere dann zu verneinen, wenn dem Verkäufer ein arglistiges Verhalten zur Last fällt (BGH, Urt. v. 11.12.2019 - VIII ZR 361/18, NJW 2020, 1287 Rn. 56).

Es ist bereits zweifelhaft, ob die Argumentation der Beklagten zu 1), wonach das Software-Update aufgrund der auf eine Vielzahl betroffener Fahrzeuge umzulegenden Entwicklungskosten zu einem Preis von unter 100,00 € und mit einem zeitlichen Aufwand von ca. 30 Minuten durchgeführt und der Mangel auf diese beseitigt werden könnte, das Ausmaß des Mangels in zutreffender Weise abbildet. Denn die Möglichkeit zur Nachbesserung zu schaffen ist - wie dem Senat aus einer Vielzahl von vergleichbaren Fällen auf der Grundlage des Vortrages der Beklagten zu 2) bekannt ist - nicht nur mit einem Gesamtkostenaufwand von ca. 22,5 Mio €, sondern darüber hinaus auch mit einem ganz erheblichen Entwicklungs- und Abstimmungsaufwand verbunden. Dieser gesamte Aufwand würde aber gleichermaßen entstehen, wenn es nur den Mangel an dem Fahrzeug des Klägers zu beheben gälte. Auch führt die Tatsache, dass das Software-Update zum Zeitpunkt der erstmaligen Geltendmachung des großen Schadensersatzes im Rahmen der Berufungsbegründung am 05.02.2019 vorlag, nicht zur Annahme einer nur geringfügigen Pflichtverletzung. Zum einen war die zum Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses einzuhaltende Euro-5-Norm ausdrücklich als einzuhaltende Beschaffenheit vereinbart. Gegen diese Vereinbarung wurde - wie dargestellt - verstoßen, was bereits die Erheblichkeit des Mangels indiziert (BGH, Urt. v. 06.02.2013 - VII ZR 374/11, NJW 2013, 1365). Auch die sich aus dem Vorhandensein der Abschalteinrichtung ergebende massive Rechtsfolge, die in der Stilllegung des Fahrzeuges bestand, spricht unzweifelhaft dafür, dass das Leistungsinteresse des Klägers nicht nur unwesentlich beeinträchtigt wurde. Daher handelt es sich bei dem Vorhandensein der Abschalteinrichtung und daran anschließend auch bei der unterbliebenen Nacherfüllung um eine ganz erhebliche Pflichtverletzung auch der Beklagten zu 1), die das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien in gravierender Weise erschüttert hat (vgl. auch: OLG Hagen, Urt v. 18.10.2016 - 3 O 66/16 juris, Heintz, JM 2017, 354, 357). Schließlich war dem Kläger die Entgegennahme des Software-Updates als abschließende Nacherfüllung auch wegen des arglistigen Verhaltens der Beklagten zu 2) nicht zumutbar. Dass diese durch den Einbau der Abschaltautomatik die Voraussetzungen einer sittenwidrigen Schädigung erfüllt hat, wurde inzwischen höchstrichterlich entschieden (BGH, Urt. v. 25.05.2020 - VI ZR 252/19). Dabei verkennt der Senat nicht, dass der Arglistvorwurf die Zumutbarkeit der Nachbesserung für einen Käufer grds. nur im Verhältnis zu seinem unmittelbaren Vertragspartner ausschließt (BGH, Beschluss vom 08.12.2006, V ZR 249/05, NJW 2007, 835, 836 f., Rdnr. 12 ff.; BGH Urt. v. 09.01.2008, VIII ZR 210/06, NJW 2008, 1371, 1372 f., Rdnr. 19 f.; MüKo/BGB-Westermann, 7. Auflage 2016, § 440 Rdnr. 8; Staudinger/Matusche-Beckmann, Neubearbeitung 2013, § 440 BGB Rdnr. 25). Im vorliegenden Fall ging das sittenwidrige Verhalten jedoch nicht von der Beklagten zu 1) aus; dieser kann auch das Verhalten der Beklagten zu 2) - wie noch auszuführen sein wird - nicht unmittelbar zugerechnet werden. Bei der im vorliegenden Zusammenhang vorzunehmenden Interessenabwägung ist allerdings zu bedenken, dass die Nachbesserung letztlich gerade durch den Beteiligten maßgeblich gesteuert und über eigene Vertragswerkstätten auch durchgeführt werden soll, der den Käufer in sittenwidriger Weise geschädigt hat. Da bereits aufgrund dieser Umstände die Annahme eines nur geringfügigen Mangel auszuschließen ist, kann offen bleiben, ob sich die Nachrüstung mit dem Software-Update auch deshalb als unzumutbar erweisen könnte, weil sie mit Folgeschäden in Form von erhöhtem Kraftstoffverbrauch, einem höheren Veschleiß oder einer geringeren Leistung des Fahrzeuges verbunden sein könnte.

ff) Ein weitergehender Anspruch des Klägers gegen die Beklagte zu 1) aus §§ 311, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB, 823 Abs. 2 BGB iVm Art 12, 18 Richtlinie Nr. 2007/46/EG und der §§ 4, 6, 25 EG-Fahrzeuggenehmigungsverordnung und § 826 BGB sind hingegen nicht gegeben. Zum einen fehlt es an einem Nachweis für ein schuldhaftes Verhalten der Beklagten zu 1), weil keinerlei Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass dieser das Vorhandensein der Abschaltautomatik zum Zeitpunkt des Gefahrüberganges bekannt war oder hätte bekannt sein müssen. Ob eine Verantwortlichkeit der Beklagten zu 2) aus den genannten rechtlichen Aspekten gegeben ist, muss hier nicht entschieden werden, denn ein Verschulden der Beklagten zu 2) könnte jedenfalls der Beklagten zu 1) nicht zugerechnet werden.

Die Zurechnung des arglistigen Verhaltens Dritter bemisst sich nach den §§ 123 Abs. 2, 166 und 278 BGB (OLG Düsseldorf, Beschluss v. 30.05.2017 - 22 U 52/17, juris Rn. 11-15; OLG Hamm, Beschluss v. 18.05.2017 - 2 U 39/17, juris Rn. 4-6; OLG Hamm Beschluss v. 15.08.2017 - 28 U 65/17, NJW-RR 2018, 180) und setzt damit voraus, dass die Beklagte zu 2) mit Wissen und Wollen der Beklagten zu 1) als deren Erfüllungsgehilfin, Repräsentantin oder Vertrauensperson aufgetreten wäre (OLG Koblenz, Urt. v. 28.09.2017 - 1 U 303/17, NJW-RR 2018, 54 Rn. 26). Diese Zurechnungsvoraussetzungen liegen jedoch nicht vor:

Zum einen ist der Hersteller der Kaufsache generell nicht Erfüllungsgehilfe des Händlers, der die Sache an seine Kunden verkauft (BGH, Urt. v. 02.04.2014 - VIII ZR 46/13 = BGHZ 200, 337ff Rz. 31-32 unter Bezugnahme auf die Schuldrechtsmodernisierungs-Gesetzesbegründung in BT-Drucks. 14/6040, S. 209 f.) Zum anderen sieht der Rechtsverkehr die Beklagte zu 2) aber auch nicht als Repräsentantin oder Vertrauensperson der beklagten Vertragshändlerin an. Beides sind rechtlich unabhängige juristische Personen, die keine gesellschaftsrechtliche oder personelle Verflechtung aufweisen. Die Beklagte zu 1) ist als Vertragshändlerin ein selbständiges Absatzorgan und nicht auf der gleichen Wirtschafsstufe wie die Beklagte zu 2) tätig. Damit verfolgen beide eigenständige Absatz- und Gewinninteressen. Die Beklagte zu 1) selbst trägt die mit dem Absatz der von ihr bei der Beklagten zu 2) bezogenen Waren sowie die mit ihren marktspezifischen Investitionen verbundenen wirtschaftlichen Risiken (OLG Koblenz, Urt. v. 28.09.2017 - 1 U 303/17, NJW-RR 2018, 54, Rn. 35), zumal sie im eigenen Namen und auf eigene Rechnung handelt. Die Beklagte zu 2) ist an Vertragsabschluss und -abwicklung weder unmittelbar beteiligt, noch gibt sie der Beklagten zu 1) bindende Weisungen bei der Vertragsanbahnung (OLG Düsseldorf, Beschluss v. 30.05.2017 - 22 U 52/17, juris Rn. 14). Die Nutzung des Rufs der VW-Marke und der Hersteller-Werbung seitens der Beklagten zu 1) entspricht den im Wirtschaftsleben üblichen Abläufen (OLG Hamm, Beschluss v. 18.05.2017 - 2 U 39/17, juris Rn. 5; Beschluss v. 19.6.2017 - 2 U 74/17, juris Rn. 8). Es handelt sich für den Rechtsverkehr erkennbar um Mittel des Marketings zur Steigerung des Verkaufs, die nicht ernsthaft den Eindruck erwecken können, der Händler sei Teil der Fahrzeugkonzeption und -herstellung oder habe hierauf Einfluss (OLG Koblenz, Urt. v. 28.09.2017 - 1 U 303/17, NJW-RR 2018, 54, Rn. 35). Insgesamt kann von einem durchschnittlichen Fahrzeugkäufer erwartet werden, dass er zwischen Vertragshändler und dem Hersteller unterscheiden kann (OLG Hamm, Beschluss v. 18.05.2017 - 2 U 39/17, juris; OLG Köln, Beschluss v. 06.03.2018 - 16 U 110/17, juris).

gg) In der Höhe steht dem Kläger ein Schadensersatzanspruch von 21.268,14 € zu.

(1) Als Schadensersatz statt der ganzen Leistung kann der Käufer zunächst den Wert der Sache in mangelfreiem Zustand verlangen, und zwar unabhängig davon, ob und zu welchem Preis er die Sache inzwischen weiterveräußert hat (Faust, aaO Rn. 145), Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeuges. Dies wäre vorliegend der Kaufpreis von 25.827,72 €. Zwar war dieser im gegebenen Fall finanziert, woraus sich für den Kläger wegen des Mangels an dem Fahrzeug ggf. eine Einrede gegenüber der Bank gem. § 359 BGB hätte ergeben können (vgl. hierzu: BeckOGK/Rosenkranz, BGB, Stand: 01.01.2020, § 359 Rn. 20). Gegenüber der Beklagten zu 1) hätte dann zum einen ein Anspruch auf Zahlung in Höhe der bislang an die Bank gezahlten Nettokreditraten einschließlich einer evtl. Anzahlung sowie zum anderen ein Anspruch auf Freistellung in Bezug auf die noch verbliebenen Darlehensverpflichtungen bestanden (OLG Hamm, Urt. v. 08.09.2005 - 28 U 60/05, NZV 2006, 421; OLG Naumburg, Urt. v. 12.01.2007 - 10 U 42/06, BeckRS 2007, 65018; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 14. Auflage Rn. 1700). Angesichts der Bedingungen des vorliegenden Darlehensvertrages, die insgesamt nur 36 Raten auswiesen, spricht jedoch alles dafür, dass die sich daraus ergebenden Verpflichtungen inzwischen erfüllt sind. Angesichts dessen hat der Senat keine Bedenken, dem Vortrag des Klägers, die Darlehensraten seien aufgrund einer anderweitigen Kreditfinanzierung vollständig erbracht worden, zu folgen. Die Beklagte ist diesem Vortrag auch nach der mündlichen Verhandlung lediglich "vorsorglich" durch Nichtwissen entgegengetreten, obwohl sie zu diesem Punkt ohne weiteres aus eigener Erkenntnis hätte vortragen können. Die Frage, ob im Rahmen des neuen Darlehensvertrages eine Sicherungsübereignung des Pkw erfolgt ist, ist für die allein in Betracht kommenden kaufrechtlichen Ansprüche ohne Bedeutung.

(2) Ein Anspruch auf den zusätzlich geltend gemachten "Einkaufsrabatt" in Höhe von 9.140,28 € steht dem Kläger allerdings nicht zu. Diesen Betrag könnte er zusätzlich begehren, wenn der tatsächliche Wert des mangelfreien Fahrzeuges den gezahlten Kaufpreis in diesem Umfang überstiegen hätte. Der tatsächliche Wert des Pkw zum Zeitpunkt des Ankaufs und nicht - wie der Kläger hilfsweise annimmt - der für ein Ersatzfahrzeug zu zahlende Preis ist alleiniger Ausgangspunkt für die Schadensberechnung. Dass für ein solches Fahrzeug zum damaligen Zeitpunkt normalerweise ein wesentlich höherer Preis zu zahlen gewesen wäre, ist aber von dem Kläger in keiner Weise dargelegt worden. Eine Wertdifferenz in der hier geltend gemachten Höhe lässt sich auch nicht allein durch einen Verweis auf den damals regulären Listenpreis begründen. Denn dieser stellt bei einem Pkw-Kauf regelmäßig nur die Verhandlungsbasis dar, auf dessen Grundlage letztlich unter Gewährung von mehr oder weniger hohen Rabatten der tatsächliche Kaufpreis ermittelt wird. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die vorliegend gewährte Rabattierung allein auf einem besonderen Verhandlungsgeschick des Klägers beruht und daher anderen Käufern nicht gewährt worden wäre. Dem steht vorliegend bereits entgegen, dass der Pkw über ein Online-Portal erworben wurde, bei dem der Kaufpreis nach bestimmten vorgegebenen Standards und nicht auf der Grundlage individueller Verhandlungen ermittelt wird. Soweit der Kläger ferner darauf abstellt, dass ihm der wahre Wert seines in Zahlung gegebenen Opel Zafira zurückerstattet werden müsste (BGH NJW 1995, 518), so ist weder nachvollziehbar vorgetragen noch ersichtlich, dass dieser Wagen mit einer damaligen Gesamtlaufleistung von über 320.000 km tatsächlich einen größeren Restwert als die angerechneten 150,00 € gehabt haben könnte, der dann tatsächlich in Form eines höheren Rabattes berücksichtigt worden wäre. Wenn der Kläger schließlich seinerseits als Grund für die Rabattierung auf den Modellwechsel hinweist, der für das Jahr 2015 anstand, so spricht dies gerade dafür, dass der tatsächliche Verkehrswert des erworbenen VW Touran der alten Baureihe zum damaligen Zeitpunkt keinen höheren Marktwert als den gezahlten Kaufpreis gehabt hat.

(3) Auch ein Anspruch auf Erstattung der für die Zeit vom Kaufvertragsabschluss bis zum 28.02.2018 angefallenen Darlehenszinsen in Höhe von 1.741,90 € kann der Kläger nicht verlangen. Abgesehen davon, dass der Kläger bei seiner Berechnung von einem Jahreszins von 3,71 % ausgeht, während der Kreditvertrag nur einen effektiven Jahreszins von 1,90 % ausweist, gilt, dass die Vertragskosten und Aufwendungen, die der Käufer im Vertrauen auf die Mangelfreiheit der Sache gemacht hat, grds. nicht vom Schadensersatz statt der Leistung erfasst werden, da die Tatsache, dass der Verkäufer ursprünglich nicht mangelfrei geleistet oder nicht nacherfüllt hat, für sie nicht kausal ist. Die Rentabilitätsvermutung, mit deren Hilfe nach der früheren Rechtslage derartige Kosten ersetzt wurden, ist seit der Schuldrechtsreform obsolet, da die Problematik heute von §§ 437 Nr. 3, 284 BGB geregelt wird (Faust, aaO Rn. 146). Ein Anspruch auf den Ersatz vergeblicher Aufwendungen gem. § 284 BGB kommt aber neben einem Schadensersatz statt der Leistung nicht in Betracht (BeckOK/Lorenz, aaO, § 284 Rn. 5 mwN). Im Übrigen gilt § 284 BGB nur für frustrierte Ansprüche. Kann der Gläubiger aber einen mangelhaften Gegenstand zumindest für eine gewisse Zeit lang nutzen, besteht kein Anspruch auf den Ersatz der dabei entstandenen Kosten (BeckOK/Lorenz, aaO, § 284 Rn. 17).

(4) Leistungen, die für die abgeschlossene Garantieversicherung erbracht wurden, stehen dem Kläger nicht in Höhe der geltend gemacht 779,00 €, sondern nur anteilig für die Zeit ab der Stilllegung des Fahrzeuges zum 28.02.2018, also für eine Zeitraum von ca. 2 Jahren, in Höhe von 311,60 € zu. Denn bis zur Stilllegung wären die entsprechenden Kosten in jedem Fall auch bei einem mangelfreien Fahrzeug entstanden.

(5) Hinsichtlich der für den Wagen erworbenen Winterkompletträder kann der Kläger die Zahlung eines Betrages von 236,64 € statt der geltend gemachten 473,28 € verlangen. Da wie gerichtsbekannt, Winterräder spätestens nach dem Ablauf von 8 - 10 Jahren ausgetauscht werden sollten, diese im vorliegenden Fall durch den Kläger jedoch nach dem Ankauf am 11.12.2014 in den Jahren 2015 - 2018 genutzt werden konnten, ist der wegen der Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs sich ergebende unnötige Aufwand gem. § 287 ZPO auf allenfalls 50 % der Anschaffungskosten zu schätzen.

(6) Die Kosten der Hauptuntersuchung vom 01.02.2018 in Höhe von 99,99 € stellen einen anzurechnenden Schaden dar, den der Kläger gem. § 280 BGB verlangen darf, weil die Plakette nur wegen der mangelbehafteten Abgasanlage nicht erteilt wurde.

(7) Von dem sich dergestalt ergebenen Gesamtschadensersatzanspruch des Klägers in Höhe von 26.475,95 € ist jedoch ein Nutzungsersatzausgleich in Höhe von 5.207,82 € in Abzug zu bringen, so dass ein Zahlungsanspruch von 21.268,13 € verbleibt.

Für den Verbrauchsgüterkauf ist ein solcher Abzug gem. §§ 475 Abs. 3, 439 Abs. 5 BGB ausdrücklich nur für den Fall des Neulieferung, nicht hingegen im Fall des Rücktritts oder des großen Schadensersatzes ausgeschlossen (BGH, Urt. v. 16.09.2009 - VIII ZR 243/08, NJW 2010, 148 Rn. 15). Die Anrechnung eines Nutzungsersatzes wurde durch den Bundesgerichtshof jüngst selbst für einen Anspruch des Käufers gem. § 826 BGB prinzipiell anerkannt (Urt. v. 25.05.2020 - VI ZR 252/19, Rn. 64 ff). Es ist daher nicht ersichtlich, warum dies im Fall eines Rücktritts auf vertraglicher Grundlage anders sein sollte.

Auf der Grundlage einer von dem Senat angenommenen Gesamtfahrleistung des VW Touran von 300.000 km und der bis zur Stilllegung gefahrenen 60.491 km ergibt sich eine Nutzungsersatz in Höhe von 25.827,72 € % 300.000 X 60.491 = 5.207,82 €.

(8) Der Zinsanspruch ist insgesamt erst ab Rechtshängigkeit des mit der Berufung gestellten Zahlungsantrages gem. §§ 291, 288 Abs. 1 BGB begründet. Ein entsprechendes Zahlungsverlangen, aus dem sich ein vorheriger Verzug der Beklagten zu 1) begründet sein könnte, wurde nicht vorgetragen.

b) Die Anträge zu 2) und 4) kommen nicht zum Tragen, weil diese unter die innerprozessualen - und nach dem unter B. II. 2 a) Ausgeführten nicht einschlägigen - Bedingungen einer vollständigen Abweisung des Klageantrages zu 1) bzw. zusätzlich für den Klageantrag zu 4) dem Zuspruch des Klageantrages zu 2) gestellt worden sind.

c) Die Beklagte zu 1) befindet sich überdies gem. §§ 293, 294 BGB im Annahmeverzug, so dass dieser entsprechend dem Klageantrag zu 3) festzustellen ist. Denn der Kläger kann im Hinblick auf §§ 756, 765 ZPO die Feststellung des Annahmeverzugs bereits im Erkenntnisverfahren beanspruchen. Ausreichend war insofern gemäß § 295 S. 1 BGB das wörtliche Rückgabeangebot des Klägers Zugum-Zug gegen die begehrte Nacherfüllung - auf die er wie aufgezeigt einen Anspruch hatte -, weil die Beklagte zu 1) nachfolgend sein Nachlieferungsverlangen abgelehnt hat. Dabei kann es dahinstehen, ob der Kläger zum Zeitpunkt des ersten Aufforderungsschreibens vom 21.10.2015 selbst zur Erfüllung der Rückgabeverpflichtung wegen einer möglicherweise noch gegebenen Sicherungsübereignung durch die finanzierende Bank in der Lage gewesen ist. Denn das Rückgabeangebot wurde spätestens mit den gegen die Beklagte zu 1) gestellten Klageanträgen noch einmal wiederholt. Wie dargelegt geht der Senat für diesen Zeitpunkt von der vollständigen Rückführung des ursprünglichen Darlehens aus. Soweit die Beklagte zu 1) in ihrem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 02.04.2020 die Frage aufwirft, ob aufgrund der von dem Kläger vorgetragenen Umschuldung eine neuerliche Sicherungsübereignung erfolgt ist, liegen hierfür - abgesehen davon, dass es sich hierbei um einen gem. § 296a ZPO neuen, unbeachtlichen Sachvortrag handelt - keinerlei tragfähigen Anhaltspunkte vor.

d) Ein Anspruch auf Ersatz von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten entsprechend dem Klageantrag zu 5) steht dem Kläger nicht zu. Den geltend gemachten Schadensersatzanspruch konnte der Kläger erst nach dem vergeblichen Ablauf der zur Nacherfüllung gesetzten Frist verlangen. Dies geschah aber bereits durch seinen Prozessbevollmächtigten, so dass die insoweit entstandenen Kosten nicht durch die schuldhafte Verletzung der Nacherfüllungspflicht der Beklagten zu 1) verursacht wurden, sondern unabhängig hiervon bereits entstanden waren. Ansatzpunkte für außervertragliche, insbesondere deliktische Ansprüche gegen die Beklagte zu 1) sind - wie bereits dargelegt - nicht ersichtlich.

e) Ein Anspruch auf Zahlung des mit dem Klageantrag zu 6) geltend gemachten weiter gehenden Schadensersatzanspruches besteht nicht

aa) Den Ersatz eines Nutzungsausfallschadens gem. § 437 Nr. 3, 280, 281 BGB, wobei Grundlage eines solchen auf das Erfüllungsinteresse gerichteten Anspruches wiederum die schuldhafte Nichterfüllung des berechtigten Neulieferungsanspruches durch die Beklagte zu 1) wäre (vgl. hierzu: Reinking/Eggert, aaO Rn. 3748, 3759; BGH, Urt. v. 25.05.2020 - VI ZR 252/19 Rn. 70; BGH, Urt. v. 18.01.2011 - VI ZR 325/09, BGHZ 188, 78 Rn. 8-11), kann der Kläger nicht verlangen.

Der Bundesgerichtshof bejaht im Fall des Fortfalls der Nutzungsmöglichkeit eines Kraftfahrzeuges grds. einen solchen Ausfallsschaden, es sei denn, der Wagen wäre bislang ausschließlich zu Freizeitzwecken genutzt worden (zuletzt: BGH, Urt. v. 23.01.2018, VI ZR 57/17, NJW 2018, 1393). Dabei genügt es, wenn die Unbenutzbarkeit des Pkw - wie hier - auf zulassungsrechtlichen Gründen beruht (Reinking/Eggert, aaO Rn. 3771).

Es muss darüber hinaus eine fühlbare Einschränkung eingetreten sein, weil das Fahrzeug mangels einer Alternative tatsächlich gebraucht wurde (BGH aaO). Entgegen der Annahme des Landgerichts ist von einem Nutzungswillen und einer Nutzungsmöglichkeit des Klägers unabhängig von der Frage, ob eine solche grds. zu vermuten ist (so: KG, Urt. v. 11.10.2010 - 12 U 241/07, NJW-RR 2011, 556) auszugehen. Der Beklagte hat im Rahmen der Berufung von der Beklagten unbestritten vorgetragen, dass er den Wagen aufgrund seiner Schwerbehinderung zur Erhaltung seiner Mobilität und für Arztbesuche benötige. Außerdem wird die regelmäßige Nutzung auch durch den Kilometerstand belegt, der eine jährliche Fahrleistung von ca. 20.000 km pro Jahr ausweist. An der fühlbaren Beeinträchtigung vermag die Tatsache, dass ein Familienangehöriger dem Geschädigten ein Fahrzeug kostenlos zur Verfügung stellt, nichts zu ändern (BGH, Urt. v. 17.03.1970 - VI ZR 108/68, NJW 1970, 1120); dies gilt erst recht, wenn dies - wie vorliegend - durch Freunde und Bekannte des Klägers erfolgt. Ein solcher Anspruch besteht darüber hinaus auch im Falle des - mit dem großen Schadensersatz vergleichbaren - Fall des Rücktritts (BGH, Urt. v. 28.11.2007 - VIII ZR 16/07, NJW 2008, 911, 912).

Allerdings trifft den Kläger im vorliegenden Fall an dem entstandenen Schaden ein überwiegendes Mitverschulden i.S.d. § 254 Abs. 2 BGB, welcher zum gänzlichen Ausschluss des Anspruches führt.

Der Geschädigte ist mit Blick auf § 254 Abs. 2 BGB nämlich gehalten, die Schadensbehebung in angemessener Frist durchzuführen (BGH, Urt. v. 14.04.2010 - VIII ZR 145/09, NJW 2010, 2426, 2429; OLG Brandenburg, Urt. v. 30. 8. 2007 - 12 U 60/07, BeckRS 2008, 09567 Rdnr. 5; OLG Naumburg, Urt. v. 19.02.2004 - 4 U 146/03, NJW 2004, 3191) und einen längeren Nutzungsausfall gegebenenfalls durch die Anschaffung eines Interimsfahrzeugs zu überbrücken (BGH, Urt. v. 10.03.2009 - VI ZR 211/08, NJW 2009, 1663 Rn. 10). Sofern die Anschaffung eines Interimsfahrzeuges nicht in Betracht kommt, kann es auch unter dem Gesichtspunkt der Abwendung weiteren Schadens geboten sein, durch Einsatz von eigenen Mitteln oder Aufnahme eines Kredits, ein neues Fahrzeug anzuschaffen; die Finanzierungskosten sind dann im Rahmen des Notwendigen ein Teil des Schadens (OLG Schleswig, Urt. v. 02.10.2015 - 17 U 43715, juris Rn. 55 mwN). Ist auch dies dem Geschädigten aus finanziellen Gründen nicht möglich, dann kommt der Ersatz für einen längeren Zeitraum in Betracht, wenn der Geschädigte den Schädiger zuvor auf seine finanziellen Schwierigkeiten hingewiesen und zu einer Vorschusszahlung zur Vermeidung eines weiter gehenden Schadens aufgefordert hat (OLG Karlsruhe, Urt. vom 02.03.1998 - 10 U 191/97, MDR 1998, 1285). Zwar hat der Kläger von der Beklagten zu 1) unbestritten vorgetragen, dass er weder zu der Anschaffung eines Interimsfahrzeuges noch zur Finanzierung einer solchen Anschaffung in der Lage sei. Allerdings hat er erst mit Schreiben vom 03.12.2019 sowohl die Beklagte zu 1) als auch die Beklagte zu 2) aufgefordert, einen Vorschuss von 25.000,00 € zur Finanzierung eines neuen Pkw bis zum 11.12.2019 zu leisten. Entscheidend ist jedoch, dass für ihn spätestens ab Oktober 2017 erkennbar war, dass ohne Nachrüstung die Stilllegung seines Pkw drohte. Es hätte mithin hinreichend Zeit bestanden, bis Ende Februar 2018 entweder das Software-Update vornehmen zu lassen, wodurch die Stilllegung des Fahrzeuges und damit der gesamte Nutzungsausfall vermieden worden wäre. Die reale Möglichkeit zu einer Nachrüstung seines Fahrzeuges bestand spätestens seit der Aufforderung der Beklagten zu 1) vom 16.08.2017, eine solche vorzunehmen. Eine Nachrüstung seines Pkw war dem Kläger auch zur Schadensminimierung zumutbar. Denn ein Rechtsverlust drohte ihm in diesem Falle nur dann, wenn er die Vornahme des Software-Updates ausdrücklich als Nacherfüllung akzeptiert hätte (BGH, Urt. vom 24.10.2018 - VIII ZR 66/17, NJW 2019, 292 Rn. 52; OLG Nürnberg, Urt. v. 20.02. 2017 - 14 U 199/16, juris). Dies wäre jedoch dann, wenn der anwaltlich vertretene Kläger die Leistung nur als "Notreparatur" hingenommen hätte, um die Stilllegung des Wagens zu vermeiden, eindeutig nicht der Fall gewesen.

bb) Aus den gleichen Gründen scheidet der Ersatz der durch das Widerspruchsverfahren und die Außerbetriebsetzung des Wagens angefallenen Aufwendungen in Höhe von 40,13 € und 7,80 €, aus. Auch diese Kosten wären bei einer Nachrüstung des Fahrzeuges mit dem Software-Update im Jahre 2017 nicht entstanden.

cc) Ferner kann der Kläger auch kein Standgeld für das Abstellen des Pkw auf seinem eigenen Grundstück in Höhe von insgesamt 1.610,00 € verlangen.

Ein solcher Anspruch könnte sich allein aus § 304 BGB ergeben. Dieser ist jedoch auf den Ersatz des tatsächlich entstandenen Mehraufwandes beschränkt, soweit dieser objektiv erforderlich war (BGH, Urt. v. 14.02.1996 - VII ZR 195/94, NJW 1996, 1464). Vorliegend hat der Kläger aber weder dargelegt noch ist ansonsten ersichtlich, dass ihm tatsächliche Lagerkosten entstanden sind.

dd) Schließlich besteht kein Anspruch auf Ersatz der für die Erstzulassung sowie die Selbstabholung des streitgegenständlichen Fahrzeuges entstandenen Kosten in Höhe von 56,00 € und 394,97 €.

Der Käufer ist bei einem auf das positive Interesse ausgerichteten Schadensersatzanspruch so zu stellen, wie er stehen würde, wenn der Verkäufer ordnungsgemäß erfüllt hätte. Hätte die Beklagte zu 1) aber im gegebenen Fall ein mangelfreies Fahrzeug geliefert, wären die Zulassungskosten ohnehin entstanden. Etwas anderes gilt für die Zulassungskosten für den neuen Wagen, die zusätzlich entstehen werden (BGH, Urt. v. 14.04.2010 - VIII ZR 145/09, NJW 2010, 2426 Rn. 33), die aber nicht geltend gemacht werden.

3.

Die im Schriftsatz vom 16.04.2020 gestellten neuen Sachanträge fallen zwar nicht unter § 296a ZPO, sind aber gleichwohl unzulässig, da sie, wie sich aus §§ 261 Abs. 2, 297 ZPO ergibt, spätestens in der letzten mündlichen Verhandlung zu stellen waren (Zöller/Greger, ZPO, 33. Auflage, § 296a Rn. 2a).

Darüber hinaus ist insoweit auch keine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gem. § 156 ZPO angezeigt, insbesondere erweist sich eine solche entgegen der Annahme des Klägers auch nicht aus Gründen des rechtlichen Gehörs als geboten. Dies wäre insbesondere dann der Fall, wenn sich eine Partei bislang aufgrund einer Verletzung der richterlichen Hinweispflicht zu entscheidungserheblichen Punkten nicht äußern oder es offensichtlich ist, dass sich eine Partei in der mündlichen Verhandlung zu einem angesprochenen Punkt nicht abschließend erklären konnte (BGH, Beschluss v. 11.04.2018 - VII ZR 177/17, BauR 2018, 1315 Rn. 8 f.). Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Denn im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat der Senat lediglich die Sach- und Rechtslage erörtert und in diesem Zusammenhang seine vorläufige Rechtsauffassung zu den verschiedenen Problempunkten mitgeteilt. Bis auf die im Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 11.03.2020 genannten Punkte, zu denen sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers bereits abschließend geäußert hat und zu denen auch der Schriftsatz vom 16.04.2020 keine ergänzenden Ausführungen enthält, wurde Anlass für einen ergänzenden Vortrag nicht gesehen. Sofern der Kläger nunmehr beabsichtigt, entgegen den bislang gestellten Berufungsanträgen und entsprechend den ursprünglichen Anträgen in der ersten Instanz nunmehr wieder vorrangig den Neulieferungsanspruch zu verfolgen, hätte er diese Antragsumstellung ohne weiteres noch im Rahmen der mündlichen Verhandlung im Anschluss an die ausführliche Erörterung, die zudem zum Zwecke der Abklärung einer evtl. gütlichen Einigung unterbrochen wurde, vornehmen können. Die Frage der Zulässigkeit der erst in zweiter Instanz vorgenommenen Parteierweiterung stand dem Kläger nicht zuletzt aufgrund des dahingehenden Bestreitens der Beklagten zu 2) erkennbar vor Augen und wurde von diesem daher im Rahmen des Klageantrages zu 6) auch bereits vor der mündlichen Verhandlung berücksichtigt. Daher ist nicht ersichtlich, warum ihm dies in Bezug auf den Klageantrag zu 1) erst im Anschluss an die mündliche Verhandlung möglich gewesen sein soll, zumal er die Parteierweiterung auch weiterhin als zulässig erachtet. Die jetzige Antragstellung liefe außerdem im Ergebnis auf eine nur bedingte - und damit unwirksame (MüKo/Becker-Eberhard, ZPO, 5. Auflage, § 253 Rn. 17) - Parteierweiterung nur für den Fall hinaus, dass der Senat diese als zulässig annähme. Einem Erfüllungsanspruch in Form eines Neulieferungsanspruches dürfte im Übrigen auch nunmehr gem. § 281 Abs. 4 BGB die wirksame Geltendmachung des großen Schadensersatzanspruches entgegenstehen.

4.

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97, 100 ZPO.

Eine Anwendung des § 97 Abs. 2 ZPO, der grds. auch bei einer in zweiter Instanz vorgenommenen Klageänderung in Betracht kommt (BGH, Urt. v. 11.11.2008 - XI ZR 468/07, NZM 2009, 45; OLG Zweibrücken, Urteil vom 07. Januar 1997 - 5 UF 22/96, juris Rn. 18) ist nicht angezeigt. Voraussetzung dafür wäre, dass es gerade das neue Vorbringen ist, das den Ausgang des Prozesses bestimmt (BGH, aaO). Wie sich aus den rechtlichen Ausführungen ergibt, war jedoch der erstinstanzlich geltend gemachte Neulieferungsanspruch, der Grundlage des nunmehr begehrten Schadensersatzes ist, entgegen des erstinstanzlichen Urteils gegeben, so dass der Erfolg des Rechtsmittels nicht allein auf der Klageänderung beruht.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

5.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 543 Abs. 2 ZPO. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern nicht eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Der Senat hat den Fall auf der Grundlage anerkannter Grundsätze sowie der jüngsten Entscheidungen des Bundesgerichtshofes zu den Rechtsfragen des Streitfalles und unter Berücksichtigung tatsächlichen Besonderheiten des vorliegenden Sachverhaltes entschieden.