BPatG, Beschluss vom 09.03.2005 - 29 W (pat) 295/02
Fundstelle
openJur 2011, 104030
  • Rkr:
Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die für die Waren und Dienstleistungen der Klassen 02, 04, 05, 12, 16, 17, 18, 19, 22, 28, 29, 30, 32, 35, 39, 41, 42 :

Farben, Firnisse, Lacke; Brennstoffe, Kerzen, Dochte; Präparate für die Gesundheitspflege; Papier, Pappe und Waren aus diesen Materialien (soweit in Klasse 16 enthalten); Druckereierzeugnisse; Buchbinderartikel; Photographien; Schreibwaren; Klebstoffe für Papier und Schreibwaren/Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel; Pinsel; Schreibmaschinen und Büroartikel (ausgenommen Möbel); Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Verpackungsmaterial (soweit in Klasse 16 enthalten); Spielkarten; Reise- und Handkoffer; Regen- und Sonnenschirme; Baumaterialien (nicht aus Metall); Dämmstoffe; Putz-/Stuckersatz mit Hanfanteil; Seile, Bindfaden, Netze, Zelte, Planen; Segel, Säcke (soweit in Klasse 22 enthalten); Polsterfüllstoffe (außer aus Kautschuk oder Kunststoffen); Spiele, Spielzeug, Turn- und Sportartikel (soweit in Klasse 28 enthalten); Speiseöle und -fette; Mehle, Brot, feine Backwaren, Konditorwaren, Müsliriegel; Biere, alkoholfreie Getränke, Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken; Werbung, Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung, Büroarbeiten; Veranstaltung von Reisen; Unterhaltung, Verlagstätigkeit; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Waren aus Kunststoffen (soweit in Klasse 17 enthalten); Dichtungs-, Packungs- und Isoliermaterial; Schläuche (nicht aus Metall); Bremsbeläge, Karosserien;

unter der Nummer 395 39 103 im Markenregister am 29.02.1996 veröffentlichten Wortmarke Cannapeaceist Widerspruch eingelegt worden aus der prioritätsälteren Wortmarke Cannaeingetragen am 19.06.1995 für die Waren Klasse 3: Wasch- und Bleichmittel; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel; Seifen; Parfümerien, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer; Zahnputzmittel;

Klasse 5: Pharmazeutische Erzeugnisse; Pflaster, Verbandmaterial; Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke; Herbizide;

Klasse 16: Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Druckereierzeugnisse; Buchbinderartikel; Photographien; Schreibwaren; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel; Pinsel; Schreibmaschinen und Büroartikel (ausgenommen Möbel); Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit es nicht in anderen Klassen enthalten ist; Spielkarten; Drucklettern; Druckstöcke;

Klasse 29: Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild; Fleischextrakte; konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten (Gelees); Konfitüren; Eier, Milch und Milchprodukte; Speiseöle und -fette; Salatsaucen; Lebensmittelkonserven;

Klasse 30: Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Reis, Tapioka, Sago, Kaffee-Ersatzmittel; Mehle und Getreidepräparate, Brot, feine Backwaren und Konditorwaren, Speiseeis; Honig, Melassesirup; Hefe, Backpulver; Salz, Senf; Essig, Saucen (ausgenommen Salatsaucen); Gewürze; Kühleis;

Klasse 32: Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken;

Klasse 34: Alkoholische Getränke (ausgenommen Biere);

Tabak; Raucherartikel; Streichhölzer;

Die Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat den Widerspruch mit Erstbeschluss vom 02.02.1998 und Erinnerungsbeschluss vom 26.08.2002 zurückgewiesen. Trotz teilweise identischer bzw. ähnlicher Waren bestehe keine Verwechslungsgefahr, da die Vergleichszeichen einen ausreichenden Abstand einhielten. "Canna" sei in der jüngeren Marke nicht kollisionsbegründend, da es sich um eine eingliedrige Marke handle, die als phantasievoller Gesamtbegriff anzusehen sei. Ein gedankliches Inverbindungbringen scheide ebenfalls aus, da das als Stammbestandteil in Betracht kommende Element "Canna" wegen seiner normalen Kennzeichnungskraft nicht eigenständig hervortrete.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Widersprechenden vom 23.10.2002 (Bl. 5 d. A.). Er ist der Auffassung, dass aufgrund der Identität der Waren und Dienstleistungen der Abstand zwischen der jüngeren und der älteren Marke zu gering sei. Der beteiligte Verkehr sehe den Bestandteil "Canna" als prägend an. Entgegen der Auffassung der Markenstelle sei die jüngere Marke "Cannapeace" mehrgliedrig, da sie aus dem - nicht beschreibenden - Phantasiebegriff "Canna" und dem englischen Wort "peace" für "Frieden" bestehe, was als "Frieden von Canna" zu verstehen sei. "Peace" sei als Unterscheidungsmerkmal nicht geeignet, da es Bestandteil von mindestens 46 weiteren Marken sei und daher für eine Prägung ausscheide. Der Widerspruchsmarke komme im übrigen in mehreren Klassen eine erhöhte Kennzeichnungskraft zu, da im Zeitraum von 1995 bis 2003 Umsätze in erheblichem - im Schriftsatz vom 07.03.2005 näher spezifizierten - Umfang mit ihr gemacht worden seien.

Der Widersprechende beantragt (sinngemäß), die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 16 vom 02.02.1998 und 26.08.2002 aufzuheben und die Löschung der Marke 395 39 103 anzuordnen.

Der Inhaber der angegriffenen Marke hat keinen Antrag gestellt.

Eine Stellungnahme hat er nicht abgegeben.

II.

Die Beschwerde ist gem. § 66 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 MarkenG zulässig, aber unbegründet und war daher zurückzuweisen. Nach Auffassung des Senats besteht zwischen den Vergleichsmarken keine Gefahr von Verwechslungen im Sinn von § 42 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.

1. Nach der Rechtsprechung des EuGH zu Art. 4 Abs. 1 lit. b MarkenRL, die für die Auslegung der in Umsetzung dieser Richtlinienbestimmung erlassenen Vorschrift des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG von maßgeblicher Bedeutung ist, ist die Frage der Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Zu den dabei maßgebenden Umständen gehören insbesondere der Bekanntheitsgrad der Widerspruchsmarke, die gedankliche Verbindung, die das jüngere Zeichen zu ihr hervorrufen kann, sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen den Marken und zwischen den damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen. Bei der umfassenden Beurteilung ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der Marken auf den Gesamteindruck abzustellen, den diese hervorrufen, wobei insbesondere die sie dominierenden und unterscheidenden Elemente zu berücksichtigen sind. Hierbei kommt es entscheidend darauf an, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher der jeweils in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen wirkt (vgl. EuGH GRUR 1998, 387 - Sabèl/Puma; BGH GRUR 1996, 198 - Springende Raubkatze; GRUR 1996, 200 - Innovadiclophlont). Die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr impliziert auch eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen. So kann ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (EuGH GRUR Int. 1998, 875, 876 f. - Canon; GRUR Int. 2000, 899 - Adidas/Marca Moda; BGH GRUR 2000, 506, 508 - ATTACHE/ TISSERAND; GRUR 2002, 167 - Bit/Bud mwN). Nach diesen Grundsätzen ist vorliegend die Gefahr von Verwechslungen nicht gegeben.

2. Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen sind nach der Rechtsprechung des EuGH und des BGH alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren oder Dienstleistungen kennzeichnen. Zu diesen Faktoren gehören insbesondere deren Art, Verwendungszweck und Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen (EuGH GRUR Int. 1998, 875, 876 f. - Canon; GRUR Int. 1999, 734 - Lloyd; BGH GRUR 1999, 731 - Canon II; WRP 1998, 747, 749 - GARIBALDI; WRP 2000, 1152, 1153 - PAPPAGALLO; WRP 2001, 694, 695 - EVIAN/REVIAN). Auch die maßgeblichen wirtschaftlichen Zusammenhänge, wie Herstellungsstätte und Vertriebswege, Stoffbeschaffenheit und Zweckbestimmung oder Verwendungsweise sind relevante Gesichtspunkte. Ausgehend von der hier maßgeblichen Registerlage sind für die Klassen 5, 16, 29, 30, 32 zum Teil identische und zum Teil sehr ähnliche Waren festzustellen, so dass der Abstand der Vergleichszeichen weit sein muß.

3. Die originäre Kennzeichnungskraft eines Zeichens wird durch seinen anhand des Gesamteindrucks produktbezogen festzustellenden Grad der Eigenart nach Klang, Bild bzw. Form sowie vor allem auch Sinngehalt bestimmt. Ausgangspunkt ist die Vermutung normaler originärer Kennzeichnungskraft, soweit keine Besonderheiten der Zeichengestaltung festgestellt werden können (Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Aufl., § 14 Rn. 337; Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl., § 9 Rn. 288). Die Widerspruchsmarke "Canna" hat normale Kennzeichnungskraft. Der Vortrag des Widersprechenden, dass er die Marke seit 1994 für über 40 Produkte intensiv nutze, ist allenfalls für die Waren "Mehl und Getreidepräparate, Süßgebäck und Lutscher" belegt. Anzeichen für eine gesteigerte Kennzeichnungskraft sind ansonsten nicht gegeben. Das Markenregister weist - außer der Widerspruchsmarke - nur noch eine Eintragung für "Canna" in Alleinstellung und zwei Eintragungen in Verbindung mit einem weiteren Begriff auf. Doch selbst wenn man zugunsten des Widersprechenden insgesamt eine erhöhte Kennzeichnungskraft für die Widerspruchsmarke unterstellt, ist der erforderliche - sehr weite - Abstand zur jüngeren Marke noch eingehalten.

4. 1. Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr besteht nicht, da die Vergleichszeichen klanglich, bildlich und begrifflich bereits aufgrund der erheblich unterschiedlichen Wortlänge nicht verwechselbar sind.

4. 2. Die jüngere Marke ist darüber hinaus nicht mehrgliedrig, sondern als einheitlicher, eigenständiger Gesamtbegriff aufzufassen, der nicht durch "Canna" geprägt wird. Gerade die klangliche Nähe von "Cannapeace=[cannapi:s]" zu "Cannabis", spricht gegen eine Aufspaltung in zwei Wortelemente und bestätigt die Einheitlichkeit des Gesamtbegriffs aufgrund der assoziativen Nähe zu der ähnlich klingenden Droge. Die Grundsätze der Prägung sind im übrigen grundsätzlich nicht auf Einwortmarken übertragbar, da dadurch die Abgrenzung zwischen der unmittelbaren und der mittelbaren Verwechslungsgefahr erschwert und die bewusst hohen Anforderungen an die mittelbare Verwechslungsgefahr umgangen würden (BPatG GRUR 2002, 438, 439 - WISCHMAX/Max). Selbst wenn man aber die Prägetheorie für anwendbar halten und die Trennung in zwei Wortbestandteile vornehmen wollte, sind beide Elemente im Hinblick auf die angemeldeten Waren normal kennzeichnungskräftig, so dass weder das eine noch das andere Wort in der Wortfolge zurücktreten wird. "Canna" ist für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend. Es bezeichnet die Pflanzenfamilie der Cannaceae, die einzige Gattung der mit den Bananen- und Ingwergewächsen verwandten Familie der Blumenrohrgewächse, wohingegen die krautige mit den Nesselgewächsen verwandte Hanfpflanze "Cannabis" zur Familie der Cannabaceae gehört, und mit der erstgenannten Familie nicht zu verwechseln ist (Zander, Handwörterbuch der Pflanzennamen, 17. Auflage, S. 262; Marzell, Wörterbuch der Deutschen Pflanzennamen, 2000, S. 774 u. 775). Das lateinische Wort "Canna" bedeutet dementsprechend "Rohr, Schilf" oder bezeichnet einen Gegenstand aus Rohr (Pons, Wörterbuch für Schule und Studium Latein-Deutsch, 3. Auflage 2003, S. 115). "Peace" ist das zum Grundwortschatz der englischen Sprache gehörende Wort für "Frieden", das aber ebenfalls für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend ist. Damit ist kein Bestandteil allein prägend, vielmehr wird der Gesamteindruck durch gleichgewichtige Elemente bestimmt. Selbst wenn man - wiederum zugunsten des Widersprechenden - unterstellt, dass für die Waren der Klasse 30 "Canna" über eine erhöhte Kennzeichnungskraft verfügte, bliebe der weitere Wortbestandteil "peace" auch in diesem Fall zumindest "mit-"prägend und würde vom Verkehr nicht in der Weise vernachlässigt werden, dass der für den Gesamteindruck so in den Hintergrund tritt, dass er nicht mehr benannt würde. Nach dem Erfahrungssatz, dass der Verkehr Marken regelmäßig in der Form aufnimmt, in der sie ihm entgegentreten, und sie nicht einer analysierenden, zergliedernden, möglichen Bestandteilen und deren Bedeutung nachgehenden Betrachtung unterzieht, tragen deshalb jeweils beide Worte zum Gesamteindruck der Marken bei (BGH GRUR 1999, 735, 736 - MONOFLAM/ POLYFLAM; BGH GRUR 2004, 783, 785 - NEURO-VIBOLEX/ NEURO-FIBRA-FLEX).

4. 2. Eine mittelbare Verwechslungsgefahr durch das gedankliche Inverbindungbringen liegt ebenfalls nicht nahe. Der Tatbestand der gedanklichen Verbindung von Marken stellt eine besondere Fallgruppe innerhalb einer bestehenden Verwechslungsgefahr dar (vgl. EuGH Rs. C-425/98 GRUR Int. 2000, 899 Rn. 34 - Marca Moda/Adidas; EuGH Rs. C-251/95 GRUR 1998, 387, 389 - Sabèl/Puma), die als mittelbare und als Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne anerkannt ist (BGH GRUR 2002, 171 - Marlboro-Dach; Berlit, Das neue Markenrecht, 5. Aufl., S. 96, 100). Ihr Wesen ist es, dass der Unterschied der Marken gesehen wird und sie nicht unmittelbar miteinander verwechselt werden können, jedoch Gemeinsamkeiten aufweisen, die beim Publikum Anlass geben anzunehmen, dass die damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen - bei mittelbarer Verwechslungsgefahr - oder aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen - bei Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne - stammen. Das Publikum unterliegt somit einem Irrtum über die Herkunft und die Qualitätskontrolle des Produkts in Bezug auf die Waren oder Dienstleistungen. Voraussetzung hierfür ist jedoch weiter nach ständiger Rechtsprechung, dass die Marken einen identischen bzw. wesensgleichen Bestandteil mit Hinweischarakter auf den Inhaber der älteren Marke aufweisen, der als gemeinsamer Stammbestandteil erscheint, während die Abweichungen lediglich den Eindruck einer besonderen Einzelproduktkennzeichnung erwecken. Dies ist der Fall, wenn das Publikum an eine bereits bestehende Markenserie mit diesem Bestandteil gewöhnt ist, wenn ein als Firmenkennzeichen der Widerspruchsmarke verwendeter Markenteil in der jüngeren Marke auftritt, wenn es sich um ein besonders charakteristisches Element handelt oder wenn es erhöhte Verkehrsgeltung beanspruchen kann (BGH GRUR 1996, 200 - Innovadiclophlont; BGH GRUR 1999, 587 - Cefallone; BGH GRUR 2000, 886, 887 - Bayer/BeiChem; BGH GRUR 2002, 542 - BIG; Berlit a. a. O.). In dieser Konstellation verbindet das Publikum die Zeichen gedanklich in der Weise, dass es die jüngere Marke als dem Unternehmen des eingeführten älteren Zeichens zugehörig ansieht und somit eine Verwechslung hinsichtlich der wirtschaftlichen Unternehmenszugehörigkeit und damit der Produktherkunftsidentität der Marken entstehen kann. Diese Rechtsprechung beruht auf der im Verkehr bestehenden Übung mancher Unternehmen, sich eines Stammzeichens für ihre Waren zu bedienen und dieses - dabei als solches erkennbar bleibende - Stammzeichen für einzelne Warenarten zu deren Kennzeichnung abzuwandeln. Damit kann dem Versuch einer irrigen Herkunftszurechnung in den Fällen sog. Markenusurpation durch eine jüngere Marke entgegengewirkt werden und die Marke kann ihre Aufgabe als wesentlicher Bestandteil des Systems eines unverfälschten Wettbewerbs erfüllen.

Nicht jede gedankliche Assoziation führt allerdings zur Verwechslung. Es sind strenge Anforderungen zu stellen. Vorliegend kommt allenfalls ein Inverbindungbringen wegen eines Serienzeichens in Betracht. Eine solche wird in ständiger Rechtsprechung nur dann angenommen, wenn die Zeichen in einem Bestandteil übereinstimmen, den der Verkehr als Stamm mehrerer Zeichen eines Unternehmens kennt, d. h. wenn ein Unternehmen mit demselben Wortstamm innerhalb mehrerer Zeichen bereits im Verkehr aufgetreten ist, oder sich der Bestandteil jedenfalls zu einer Serienbildung eignet (BGH GRUR 2002, 542, 544 - BIG; BPatG GRUR 2002, 438 - WISCHMAX/ Max). Grundvoraussetzung für die Annahme eines Serienzeichens am Stammbestandteil ist ein Kennzeichenrecht, und zwar entweder in der Form selbständigen kennzeichenrechtlichen Schutzes des Stammbestandteils als Marke in Alleinstellung oder aber aufgrund eines oder mehrerer Kombinationszeichen (Ingerl/ Rohnke, MarkenG, 2. Aufl., § 14 Rn. 731). Eine entsprechende Serie hat der Widersprechende aber nicht. Im Register ist lediglich zwei Mal "Canna" und einmal "Canna BISS" für ihn eingetragen. Es ist also nicht davon auszugehen, dass das Publikum an eine entsprechende Serie gewöhnt ist. Selbst wenn "Canna" sich für eine Serie eignen sollte, wären in diesem Fall besonders strenge Anforderungen an den notwendigen Hinweischarakter auf eine Serie zu stellen. Der Markenauftritt der älteren Marke unterscheidet sich ausweislich der Angaben in der eidesstattlichen Versicherung des Markeninhabers aber erheblich von der jüngeren Marke. Die ältere Marke tritt als "Canna¨" mit dem Zusatz "eingetragene Marke" in Verbindung mit dem Begriff für das Produkt auf, das es näher bezeichnet, wie z. B. "Canna¨ Bio Hanfkörner", "Canna¨ Lolly", "Canna¨ Cola". Die jüngere Marke präsentiert sich als Gesamtbegriff "Cannapeace", der auf kein konkretes Produkt hinweist und insgesamt den Eindruck eines einheitlichen Phantasiebegriffs hinterlässt.

Auch unter Abwägung der einzelnen eine rechtserhebliche Verwechslungsgefahr begründenden Faktoren ergibt sich daher, dass diese bei identischen und ähnlichen Waren unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke wegen deutlicher Unterschiede zwischen den Vergleichszeichen zu verneinen ist.

Grabrucker Baumgärtner Dr. Mittenberger-Huber Cl

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