OLG Köln, Urteil vom 16.04.2021 - 19 U 53/20
Fundstelle
openJur 2021, 17926
  • Rkr:
Verfahrensgang
Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 24.03.2020 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Aachen (8 O 430/19) einschließlich des ihm ab dem 25.02.2020 zugrundeliegenden Verfahrens aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Gericht des ersten Rechtszugs, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens vorbehalten bleibt, zurückverwiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Auf der Grundlage der verbindlichen Bestellung vom 27.03.2014 (K1 = Bl. 22 GA) erwarb der Kläger von der A GmbH in B den streitgegenständlichen Pkw Mercedes Benz E 220 CDI zum Preis von 31.450 €. In ihm verbaut ist ein Dieselmotor des Typs OM 651. Er ist der Schadstoffklasse Euro 5 zugeordnet. Herstellerin und Entwicklerin des Fahrzeugs ist die Beklagte.

Der Kläger leistete am 28.03.2014 eine Anzahlung in Höhe von 8.144 €. Den restlichen Kaufpreis finanzierte er durch ein Darlehen der C AG (Vertragsnummer 6xxxxxx0). Die monatlichen Raten, beginnend am 30.04.2014, betrugen 300 €, die Schlussrate am 30.03.2019 belief sich auf 8.721,43 €. Der Gesamtbetrag des aufgenommenen Darlehens inkl. Zinsen (3.416,29 €) betrug 26.721,43 €. Zum Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeugs am 04.04.2014 betrug die Laufleistung 26.450 km, am 19.02.2020 betrug sie 143.676 km.

Im weiteren Verlauf nahm die Beklagte sog. freiwillige Kundendienstmaßnahmen an Fahrzeugen des betroffenen Motortyps vor (Software-Update), der Kläger ließ eine solche Maßnahme am streitgegenständlichen Pkw nicht durchführen.

Mit der Klageschrift forderte der Kläger die Beklagte zur Rücknahme des Fahrzeugs auf.

Der Kläger hat behauptet, dass in dem Fahrzeug unzulässige Abschalteinrichtungen verbaut seien, und zwar zum einen in Form eines sog. Thermofensters und zum anderen in Form einer Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung. Das Thermofenster reduziere zu Beginn der Warmlaufphase und bei einstelligen positiven Außentemperaturen die Wirkweise der Abgasrückführung. Hierdurch komme es zu einem Anstieg der Stickoxidemissionen. Die Abschalteinrichtung arbeite länger als dies i. S. d. Art. 5 Abs. 2 S. 2 Lit. b) VO 715/2007/EG erforderlich sei. Die Beklagte, so seine Ansicht, sei hinsichtlich der Zulässigkeit der Einrichtung darlegungs- und beweisbelastet. Die "Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung" bewirke, dass bei der für die Typenzulassung notwendigen Prüfung im Labor eine niedrigere Kühlmitteltemperatur und auch eine andere Abgasreinigungsstrategie angewendet werde. Dies betreffe auch die hier streitgegenständliche E-Klasse. Die Kühlsteuerung werde außerhalb der Bedingungen des NEFZ abgeschaltet, das Fahrzeug verfüge aber über eine Steuerung, die die Bedingungen des NEFZ erkenne. Die Beklagte habe durch ihren Vorstand Kenntnis von dem Einbau der Abschaltvorrichtungen gehabt. Der Kläger hat ferner behauptet, dass er das Fahrzeug bei Kenntnis von den vermeintlich unzulässigen Abschaltvorrichtungen nicht erworben hätte. Der Kläger war der Ansicht, dass die Beklagte, die aus Gewinnstreben gehandelt habe, ihn sittenwidrig geschädigt habe. Sie hätte ihn über die vermeintliche Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs aufklären müssen.

Der Kläger hat mit dem Klageantrag zu 1 ursprünglich beantragt, die Beklagte zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 22.386,31 € nebst Zinsen i. H. v. 4.218,38 € sowie weiteren Zinsen i. H. v. 4% pro Jahr aus 34.866,29 € seit dem 01.11.2019 zu verurteilen, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs. Mit Schriftsatz vom 17.02.2020, eingegangen bei Gericht am 17.02.2020 (Bl. 307 GA), hat der Kläger den Wert der abzuziehenden Nutzungsentschädigung aktualisiert und gleichzeitig den begehrten Zinsbetrag erhöht. Im Übrigen hat er den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Der Kläger hat daraufhin beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 21.433,89 € sowie Zinsen i. H. v. 4.663,70 € nebst weiterer Zinsen aus 34.866,85 € i. H. v. 4% pro Jahr seit dem 25.02.2020 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs Mercedes-Benz E 220 CDI mit der Fahrzeugidentifikationsnummer Wxxxxxxxxxxxxxxx5;

2. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme des in Ziff. 1 genannten Fahrzeugs zwei Wochen nach Rechtshängigkeit in Annahmeverzug befindet.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte war der Ansicht, dass der Kläger aufgrund einer Abtretung etwaiger Rückabwicklungsansprüche an die C AG nicht aktivlegitimiert sei. Sie hat behauptet, dass die dem Fahrzeug erteilte EG-Typengenehmigung uneingeschränkt wirksam sei. Das klägerische Fahrzeug halte zudem die Abgaswerte der einschlägigen Euro-Norm 5 ein. Es gebe in dem Fahrzeug keine Warmlaufphase, bei der die Abgasrückführung bis zum Erreichen einer bestimmten Betriebstemperatur deaktiviert sei. Die Kühlmitteltemperaturregelung sei im Straßenbetrieb und auf dem Prüfstand aktiviert. Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass aus dem unterstellten Vorhandensein unzulässiger Abschalteinrichtungen aufgrund eines Thermofensters und einer Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung nicht zwingend folge, dass die Beklagte beim Inverkehrbringen der Motoren mit einer solchen Software auch vorsätzlich im Hinblick auf eine sittenwidrige Schädigung im Sinne von § 826 BGB gehandelt habe. Der Einsatz des Thermofensters sei gerechtfertigt zum Motor- und Bauteilschutz - jedenfalls handele es sich mit Blick auf Art. 5 Abs. 2 VO 2007/715/EG insoweit um eine vertretbare Auffassung auch der Beklagten. Ein Handeln unter vertretbarer Auslegung des Gesetzes könne aber nicht als besonders verwerfliches Verhalten angesehen werden. Hinsichtlich der Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung sei eine Tatsachengrundlage für die Behauptung des Klägers, dass diese im streitgegenständlichen Fahrzeug zum Einsatz komme, nicht ersichtlich. Überdies habe der Kläger nicht erläutert, wie der Prüfstand durch die Software erkannt würde. Jedenfalls fehle es auch insoweit an der Darlegung eines Schädigungsvorsatzes der Beklagten. Mangels Schädigungsvorsatzes scheide auch ein Anspruch nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 263 StGB bzw. § 831 BGB aus. Einem Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Art. 5 Abs. 2 S. 1, 2 lit. a) VO 715/2007/EG, der Richtlinie 2007/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 05.09.2007 zur Schaffung eines Rahmens für die Genehmigung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge (ABl. L 263 vom 09.10.2007, S. 1 - Rahmenrichtlinie) oder den Bestimmungen der diese Richtlinie in nationales Recht umsetzenden EG-Fahrzeuggenehmigungsverordnung (EG-FGV) vom 03.02.2011 (BGBl. 2011, S. 126), namentlich deren § 6 Abs. 1 und § 27 Abs. 1, stehe entgegen, dass es diesen Vorschriften am Schutzgesetzcharakter fehle. Dementsprechend sei auch die Klage auf Feststellung des Annahmeverzugs unbegründet.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Zur Begründung ist er der Ansicht, dass sein Vortrag, dass in einem Fahrzeug eine temperaturabhängige Steuerung der Abgasrückführung zur Anwendung komme, zur Darlegung der Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs ausreichend sei. Auch auf Vermutungen basierender Vortrag sei mangels eigener Sachkunde zu berücksichtigen. Derselbe Maßstab gelte für die Darlegungsanforderungen betreffend den Vorsatz. Der Kläger behauptet, dass das Fahrzeug über unzulässige Abschalteinrichtungen verfüge, nämlich in Form eines Thermofensters und einer Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung. Letztere sei unzulässig, da es sich um eine unmittelbare Prüfstanderkennung handele. Ferner ergäben sich Anhaltspunkte hierauf aus dem Rückruf durch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) betreffend andere Modelle sowie Fahrzeuge aus der Modellreihe E-Klasse. Ohne die Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung halte das streitgegenständliche Fahrzeug die Grenzwerte im NEFZ nicht ein. Es erkenne den Prüfstand bzw. die Vorbereitung auf eine Prüfung im NEFZ, in Abhängigkeit davon werde die Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung aktiviert. Die volle Kühlung des zurückgeführten Abgases laufe fast ausschließlich auf dem Prüfstand, da die erforderlichen Bedingungen im Normalbetrieb nicht zu erwarten seien, nämlich, dass sich die Umgebungstemperatur in einem Zeitraum von mindestens 6 Stunden nicht um mehr als 3 °C verändert. Die Verwendung, so seine Ansicht, sei unzulässig gemäß Art. 5 Abs. 2 S. 1 VO (EG) 715/2007, da die Beklagte nicht substantiiert zu den Voraussetzungen einer ausnahmsweisen Zulässigkeit vorgetragen habe, jedenfalls aber, weil es sich hier um eine Prüfstanderkennung handele. Er ist der Ansicht, dass sich die Sittenwidrigkeit aus der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen und der Einhaltung der Grenzwerte nur auf dem Prüfstand ergebe, ferner aus einer Täuschung der im Gewinninteresse handelnden Beklagten im Genehmigungsverfahren und einer Verletzung der Mitteilungspflicht gemäß Art. 3 Nr. 9 VO (EG) 692/2008.

Mit dem Berufungsantrag zu 1 hat der Kläger zunächst beantragt, die Beklagte u.a. zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 21.433,33 € nebst Zinsen sowie Deliktszinsen zu verurteilen (Berufungsbegründung, Bl. 425 GA). Zunächst mit Schriftsatz vom 05.11.2020, eingegangen bei Gericht am selben Tag (Bl. 584 GA), hat der Kläger den Berufungsantrag zu 1 auf einen Betrag in Höhe von 20.304,90 € nebst Zinsen ermäßigt, Deliktszinsen hat er nicht mehr geltend gemacht. Nachfolgend hat der Kläger den Berufungsantrag zu 1 noch mehrfach ermäßigt, zuletzt mit Schriftsatz vom 18.03.2021, eingegangen bei Gericht am 18.03.2021 (Bl. 830 GA).

Der Kläger beantragt nunmehr,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 20.010,58 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs Mercedes-Benz E 220 CDI mit der Fahrzeugidentifikationsnummer Wxxxxxxxxxxxxxxx5;

2. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme des in Ziff. 1 genannten Fahrzeugs zwei Wochen nach Rechtshängigkeit in Annahmeverzug befindet;

3. festzustellen, dass der Rechtsstreit im Übrigen erledigt ist; hilfsweise,

das Urteil aufzuheben und das Verfahren an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

II.

Die zulässige Berufung ist begründet und gibt Anlass zu einer Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache nach § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO.

A)

Das angegriffene Urteil leidet an einem wesentlichen Mangel in Gestalt einer Gehörsverletzung i.S.v. Art. 103 Abs. 1 GG, weil die Einholung eines klägerseits angebotenen Sachverständigengutachtens zur Frage einer prüfstandoptimierten Abschalteinrichtung bei dem Motor des streitgegenständlichen Fahrzeugs unterblieben ist.

I.

Ob dem Kläger gegen die Beklagte insbesondere nach §§ 826, 31 BGB der mit dem Berufungsantrag zu 1 geltend gemachte Schadensersatzanspruch zusteht, hängt ab von dem Ergebnis einer Beweisaufnahme - in Gestalt der Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage, ob es sich bei der Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung im streitgegenständlichen Fahrzeug um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt.

Eine abschließende Entscheidung, wie vom OLG Naumburg in dem vom Kläger auf Seite 18 seines Schriftsatzes vom 05.11.2020 (Bl. 601 GA) zitierten Urteil vom 18.09.2020 (8 U 8/20 = Bl. 627 ff GA) getroffen, kommt hier nicht in Betracht. In dem dortigen Fall, der einen Mercedes-Benz des Typs GLK 220 CDI zum Gegenstand hatte, hat das Kraftfahrtbundesamt (KBA) einen verpflichteten Rückruf angeordnet, weil es davon ausging, dass in dem Fahrzeugmodell eine unzulässige Abschalteinrichtung in Gestalt der verbauten Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung zum Einsatz gekommen war (vgl. Bl. 631 f GA). Darüber hinaus hatte die Beklagte in dem dortigen Verfahren offenbar auch selbst vorgetragen, dass der weitere Betrieb des Fahrzeugs nur nach Aufspielen eines Software-Updates zulässig sei (vgl. Bl. 632 GA). Beides ist hier nicht der Fall.

1.

Sämtliche in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen setzen voraus, dass das streitgegenständliche Fahrzeug über eine unzulässige Abgassteuerung verfügt.

Eine solche liegt vor, wenn in dem Fahrzeug eine Software verbaut ist, die erkennt, ob sich das Fahrzeug in einem Prüfzyklus zur Ermittlung der Emissionswerte befindet, und in diesem Fall in einen Modus schaltet, bei dem verstärkt Abgase in den Motor zurückgelangen und sich so der Ausstoß an Stickoxiden (NOx-Werte) verringert. Im normalen Fahrbetrieb hingegen aktiviert eine solche Software einen anderen Modus, bei dem eine Abgasrückführung nur in geringerem Umfang stattfindet; sie ermittelt also aufgrund technischer Parameter die betreffende Betriebsart des Fahrzeugs - Prüfstandlauf oder Echtbetrieb - und aktiviert oder deaktiviert dementsprechend die Abgasrückführung, was unmittelbar die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems beeinträchtigt (BGH, Beschluss vom 08.01.2019 - VIII ZR 225/17 -, Rn. 12, juris).

Eine unzulässige Abgassteuerung kann hier in Form einer Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung vorliegen, wenn diese in dem streitgegenständlichen Fahrzeug bewirkt, dass auf dem Prüfstand eine niedrigere Kühlmitteltemperatur und eine andere Abgasreinigungsstrategie angewendet wird als im realen Straßenbetrieb, und zwar dahingehend, dass Kühlflüssigkeit des Fahrzeugs auf dem Prüfstand ungeachtet der Versottungsrisiken so stark gekühlt wird, dass aufgrund der verminderten Verbrennungstemperatur so wenig Stickoxide entstehen, dass das Fahrzeug die geltenden Grenzwerte einhält, wobei ein dauerhaftes Beibehalten dieses Zustands innerhalb kürzester Zeit zu einer Versottung und einem Zusetzen des Abgasrückführungspfades und seiner Bestandteile führen würde.

a) Dass das Fahrzeug des Klägers über eine Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung verfügt, räumt die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 17.02.2020 (dort Seite 6 = Bl. 294 GA) ein, indem sie darauf verweist, dass diese sowohl im Straßenbetrieb als auch auf dem Prüfstand aktiv sei. In Abrede stellt sie lediglich, dass sie bewirkt, dass auf dem Prüfstand eine andere Abgasreinigungsstrategie bzw. Emissionskontrollstrategie angewendet wird als im realen Straßenbetrieb unter gleichen Betriebsbedingungen.

b) Der Vortrag des Klägers zur Eigenschaft als unzulässig ist entgegen der landgerichtlichen Ansicht schlüssig und aufgrund des Bestreitens der Beklagten beweisbedürftig.

aa) Ein Sachvortrag zur Begründung eines Klageanspruches ist schlüssig und damit als Prozessstoff erheblich, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das mit der Klage geltend gemachte Recht als in der Person des Klägers entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten ist nur dann erforderlich, wenn diese für die Rechtsfolgen von Bedeutung sind. Das Gericht muss in der Lage sein, auf Grund des tatsächlichen Vorbringens zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltend gemachten Anspruchs vorliegen. Eine Beweisaufnahme zu einem bestrittenen erheblichen Vorbringen darf nicht abgelehnt werden, wenn die Behauptung konkret genug ist, um eine Stellungnahme des Gegners zu ermöglichen und die Erheblichkeit des Vorbringens zu beurteilen. Für den Umfang der Darlegungslast ist der Grad der Wahrscheinlichkeit der Sachverhaltsschilderung ohne Bedeutung (vgl. BGH, Beschluss vom 26.03.2019 - VI ZR 163/17; BGH, Urteil vom 20.09.2002 - V ZR 170/01, juris).

Der Kläger ist deshalb grundsätzlich nicht daran gehindert, Tatsachen zu behaupten, über die er keine genauen Kenntnisse hat, die er aber nach Lage der Dinge für wahrscheinlich hält. Auch die Einführung vermuteter Tatsachen muss jedenfalls dann zulässig sein, wenn die vortragende Partei mangels Sachkunde und Einblick in bestimmte Prozesse - wie etwa Produktionsabläufe bei der gegnerischen Partei - keine sichere Kenntnis von Einzeltatsachen haben kann (vgl. BGH, Urteil vom 07.02.2019 - III ZR 498/16, juris). Demgegenüber liegt ein wegen Rechtsmissbrauchs unzulässiger Vortrag vor, wenn eine Behauptung ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhaltes willkürlich "aufs Geratewohl" bzw. "ins Blaue hinein" aufgestellt wird. Bei der Annahme eines solchen missbräuchlichen Verhaltens ist jedoch Zurückhaltung geboten. Der Vorwurf einer Behauptung "aufs Geratewohl" bzw. "ins Blaue hinein" ist daher in der Regel nur bei Fehlen jeglicher tatsächlichen Anhaltspunkte gerechtfertigt (vgl. BGH, Urteil vom 07.02.2019 - III ZR 498/16, juris). Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebotes, die im Prozessrecht keine Stütze hat, verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30.07.1996 - 1 BvR 634/94, juris).

In den Fällen behaupteter Abgasmanipulationssoftware steht der Erheblichkeit eines Klägervorbringens unter Berücksichtigung des Vorstehenden nicht entgegen, dass der Kläger die genaue Funktionsweise der Motorsteuerungssoftware - mangels Einblicks in die Prozesse und Produktionsabläufe des Herstellers - nicht detailliert beschreiben kann. Prozessual ist es zunächst zulässig, als Partei eigenen Vortrag hierzu auf Vermutungen zu stützen (vgl. Urteil des Senats vom 06.09.2019 - 19 U 51/19, juris). Allerdings bedarf es konkreter Anhaltspunkte für den Einbau einer Manipulationssoftware in den streitgegenständlichen Motorentyp. Ein Ausreichen des alleinigen Vortrags, im Falle anderer Motorentypen sei auf andere Art und Weise manipuliert worden, hätte letztendlich zur Folge, dass ein behauptetes Fehlverhalten bezüglich eines Motorentyps zu einem Generalverdacht für alle übrigen denkbaren Fälle führte, ohne dass weitergehende konkrete Anhaltspunkte dargelegt werden müssten. Dies wäre mit den dargestellten Maßstäben der Rechtsprechung nicht vereinbar (vgl. Senat, a.a.O., OLG Köln, Urteile vom 12.12.2019 - 28 U 50/19, vom 04.09.2019 - 26 U 64/18, und vom 11.04.2019 - 3 U 67/18 sowie Beschluss vom 19.02.2019 - 4 U 175/18 und Urteil vom 09.01.2019 - 28 U 36/18).

Konkrete Anhaltspunkte für die Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung sind jedenfalls nicht erst dann gegeben, wenn das Kraftfahrt-Bundesamt bezüglich des konkreten Fahrzeugtyps eine Rückrufaktion angeordnet hat (BGH, Beschluss vom 28.01.2020, Az.: VIII ZR 57/19, abrufbar unter juris).

bb) Vorliegend ergeben sich konkrete Anhaltspunkte vor allem aus der allgemein zugänglichen und damit offenkundigen (§ 291 ZPO) medialen Berichterstattung.

So hat das Magazin Spiegel-Online unter dem 19.05.2019 auf einen Bericht der Zeitung "Bild am Sonntag" Bezug genommen, wonach bei Fahrzeugen des Typs GLK 220 CDI, die zwischen 2012 und 2015 gebaut wurden, eine sogenannte "Kühlmittel-Sollwert-Temperaturregelung" zur Manipulation von Abgastests verwendet worden sei. Nach eigenen Informationen des Magazins halte die Temperaturregelung den Kühlmittelkreislauf künstlich kälter und verzögere die Aufwärmung des Motoröls. In der Folge blieben die Stickoxidwerte auf dem Prüfstand auf einem niedrigeren Niveau und unterhalb des gesetzlichen Grenzwertes. Nach dem weiter zitierten Bericht der "Bild am Sonntag" habe die Beklagte bestätigt, dass die - von ihr als legal bezeichnete - Funktion bei Modellen mit den Motoren OM 651 und OM 642 (unter anderem C-, E- und S-Klasse) verwendet worden sei. Die Einschätzung als legal teile das Kraftfahrtbundesamt aber offenbar nicht, denn laut "Bild am Sonntag" stehe ein amtlicher Rückruf von rund 60.000 GLK 220 CDI bevor. Zudem drohten Zwangsmaßnahmen gegen weitere Modelle mit der Software.

Tatsächlich hat das Kraftfahrtbundesamt am 21.06.2019 für die Fahrzeuge Mercedes Benz GLK 220 CDI, EURO 5, mit dem Motor vom Typ OM 651, welche im Zeitraum von 2012 bis 2015 produziert wurden, den verpflichtenden Rückruf angeordnet und seine Ermittlungen auf weitere Modelle ausgeweitet.

Da, wie vom Kläger in seiner Replik vom 05.02.2020 (dort Seite 5 = Bl. 120 GA) vorgetragen, das streitgegenständliche Fahrzeug im gleichen Zeitraum produziert wurde, wie das vom Rückruf betroffene Fahrzeug, es ebenfalls der Abgasnorm EURO 5 unterfällt und in ihm ebenfalls ein Motor vom Typ OM 651 verbaut ist, hat der Kläger ausreichende Anhaltspunkte für das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung in seinem Fahrzeug dargelegt. Dass diese Thematik, wie von der Beklagten in ihrer Berufungserwiderung (dort Seite 15 = Bl. 531 GA) geltend gemacht, von den Medien im Nachgang nicht mehr aufgegriffen worden sein mag, ändert nichts an dieser Einschätzung. Denn jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass die Berichte überholt oder unzutreffend sein könnten, eine inhaltliche Auseinandersetzung mit ihnen nimmt die Beklagte nicht vor. Auf den von der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 18.03.2021 (dort Seite 42 = Bl. 876 GA) in Bezug genommenen Bericht des BR vom 10.02.2021 kommt es nach Vorstehendem nicht an. Im Übrigen geht es, anders als dort von ihr moniert, insoweit nicht um eine Ersetzung substantiierten Vortrags, sondern um die Darlegung ausreichender Indizien für die Annahme, dass in dem Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut ist.

Die angeführten Umstände stellen hinreichend gewichtige Indizien für die Existenz einer manipulativen und unzulässigen Abgasrückführung im Motor des streitgegenständlichen Fahrzeugs dar und veranlassen die Einholung eines Sachverständigengutachtens, von einem Vortrag "ins Blaue hinein" kann keine Rede sein. Dem steht nicht entgegen, dass es am Vortrag technischer Anhaltspunkte fehlt, wie sie sich etwa aus einem Privatgutachten ergeben könnten. Würde man zur Substantiierung von einem Fahrzeugeigentümer, der regelmäßig kein KFZ-Sachverständiger ist und über keine weitergehenden Motoreninformationen verfügt, konkrete Darlegungen von Stickoxidemissionswerten zu dem Motorentyp, der Abgasnorm, dem Hubraum, der Motorleistung und dem Produktionszeitraum des jeweils betroffenen Fahrzeuges erwarten, würde dies die dargestellten Anforderungen an berücksichtigungsfähigen Vortrag überspannen. Es obliegt den Parteien des Zivilprozesses nicht, zunächst sachverständige Hilfe einzuholen, um etwas prozessual zulässig behaupten oder bestreiten zu können. Vielmehr geht die ZPO im Grundsatz davon aus, dass der gerichtlich bestellte Sachverständige eine Erstbegutachtung vornimmt. Auch die Tatsache, dass sich aus der allgemein zugänglichen medialen Berichterstattung unaufgeklärte Verdachtsmomente ergeben, kann Anhaltspunkt für das Vorbringen von Sachvortrag sein, dessen Richtigkeit lediglich vermutet wird.

Zu einer abweichenden Beurteilung veranlassen auch nicht die Ausführungen der Beklagten im Schriftsatz vom 18.03.2021 (dort Seite 23 ff = Bl. 857 ff GA) dazu, weshalb es sich bei der Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung nicht um eine unzulässige Abschalteinrichtung handeln soll. Die Beurteilung obliegt dem erstinstanzlich einzuholenden Sachverständigengutachten, auf einen Rückruf kommt es nicht an (vgl. vorstehend).

c) Bezüglich Abschalteinrichtungen i.S.d. Defeat Devices kann allein von deren Existenz zwangslos auch auf einen arglistigen Schädigungsvorsatz der Beklagten geschlossen werden, ohne dass es weitergehender Darlegungen des Fahrzeugeigentümers bedürfen würde. Der Einsatz eines Defeat Devices ist nämlich zweifelsohne eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne des Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) 715/2007. Das Inverkehrbringen eines Defeat Devices kann allein den Zweck haben, öffentliche Stellen sowie eine Vielzahl potenzieller Kunden über die Abgasrückführung von Fahrzeugen zu täuschen. Eine technische Rechtfertigung des Einbaus eines Defeat Devices ist nicht ersichtlich. Der einzig denkbare Zweck einer solchen Täuschung ist eine Kostensenkung und damit einhergehend eine Gewinnmaximierung sowie ein Wettbewerbsvorteil gegenüber Konkurrenten. Es erscheint lebensfremd, dass ein Fahrzeug- oder Motorenhersteller die rechtlichen Risiken eines Defeat Devices mit Blick auf die Zulassung der Fahrzeuge sowie auf eine mögliche strafrechtliche Verfolgung eingeht, ohne dass er sich hiervon einen wirtschaftlichen Nutzen verspricht (vgl. Senatsurteile vom 04.10.2019 - 19 U 98/19, vom 06.09.2019 - 19 U 51/19, und vom 05.07.2019 - 19 U 50/19, sowie Senatsbeschluss vom 27.09.2019 - 19 U 150/19, alle abrufbar unter www.NRWE.de). Daher trägt die Darlegung eines Defeat Devices (im beschriebenen Sinne) auch die Darlegung einer Sittenwidrigkeit und eines arglistigen Schädigungsvorsatzes.

d) Zu einer anderen Beurteilung veranlasst auch nicht von der Beklagten in Bezug genommene Entscheidung des Senats mit Beschluss vom 10.06.2020 (19 U 11/20).

Anders als im hiesigen Fall hatte der dortige Kläger keine konkreten Anhaltspunkte für das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung dargelegt, die eine entsprechende Vermutung nahelegen würden. Der Kläger hatte schlicht eine Abschalteinrichtung beschrieben, wie sie in der Öffentlichkeit im Zusammenhang mit Motoren des Typs EA 189 der Volkswagen AG bekannt ist. Zudem hatte er noch nicht einmal vorgetragen, welcher Motorentyp (mit welcher Euro-Norm) in das dort streitgegenständliche Fahrzeug eingebaut wurde (vgl. a. a. O., Rn. 33, juris).

2.

Die unterbliebene Beweisaufnahme zur Frage einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Zusammenhang mit der Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung ist auch entscheidungserheblich.

a) Der Kläger wäre aktivlegitimiert.

Dies ist zwischen den Parteien mittlerweile unstreitig (vgl. Protokoll über die mündliche Verhandlung vor dem Senat vom 26.03.2021, dort Seite 2 = Bl. 945R GA).

b) Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte ergäbe sich nicht alternativ bereits im Zusammenhang mit dem Vorhandensein eines sog. Thermofensters.

aa) Ein Anspruch folgt nicht aus § 826 BGB.

Ob der Vortrag des Klägers zum Vorhandensein einer vermeintlich unzulässigen Abschalteinrichtung im Zusammenhang mit dem Thermofenster hinreichend konkret ist vor allem im Hinblick darauf, dass ihm der Einblick in die Prozesse und Produktionsabläufe der Beklagten als Herstellerin des Fahrzeugs und des Motors fehlen mag (vgl. hierzu das vom Kläger zitierte Urteil des Senats vom 06.09.2019 - 19 U 51/19; juris, das allerdings den Vorwurf einer Manipulation durch Einbau einer Software, welche erkennt, ob sich das Fahrzeug auf einem Prüfstand befindet oder nicht, zum Gegenstand hatte), kann dahinstehen. Ebenfalls dahinstehen kann, ob die Einrichtung eines Thermofensters mit den vorgetragenen Eigenschaften den gesetzlichen Vorgaben entspricht oder/und als unzulässige Abschalteinrichtung bewertet werden kann. Denn jedenfalls kann der erforderliche zurechenbare Schädigungsvorsatz der möglicherweise verantwortlichen Personen nicht festgestellt werden.

Für den Schädigungsvorsatz nach § 826 BGB genügt grundsätzlich bedingter Vorsatz hinsichtlich der für möglich erachteten Schadensfolgen, wobei nicht der konkrete Kausalverlauf, wohl aber Art und Richtung des Schadens vom Vorsatz umfasst sein muss (vgl. BGH, Urteil vom 13.09.2004 - II ZR 276/02, juris, Rn. 38; Urteil vom 28.06.2016 - VI ZR 536/15, juris, Rn. 25 f.). Spätestens im Zeitpunkt des Schadenseintritts muss der Schädiger die Schadensfolgen vorausgesehen und die Schädigung im Sinne direkten Vorsatzes gewollt oder im Sinne bedingten Vorsatzes zumindest billigend in Kauf genommen haben (BGH, Urteil vom 28.06.2016 - VI ZR 536/15, juris, Rn. 25 f.; Sprau in: Palandt, Kommentar zum BGB, 79. Auflage, § 826 BGB, Rn. 11). Dagegen reicht es nicht aus, wenn die relevanten Tatumstände lediglich objektiv erkennbar waren und der Handelnde sie hätte kennen können oder müssen. Solange darauf vertraut wird, der als möglich vorausgesehene oder voraussehbare Erfolg werde nicht eintreten, liegt lediglich Fahrlässigkeit, ggf. bewusste Fahrlässigkeit vor, wogegen Vorsatz erst angenommen werden kann, wenn um der Erreichung des Zieles willen die Gefahr des wenn auch unerwünschten Erfolgseintritts einkalkuliert und in Kauf genommen wird (BGH, Urteil vom 20.11.2012 - VI ZR 268/11, NJW-RR 2013, 550, juris, Rn. 32).

Für den Schädigungsvorsatz ist der Anspruchsteller darlegungs- und beweisbelastet. Insoweit hat der Kläger unzureichend vorgetragen.

Betreffend das Thermofenster mag der Europäische Gerichtshof mit seinem Urteil vom 17.12.2020 (C-693/18) entschieden haben, dass der Einbau einer Abschalteinrichtung, die die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems verringert, grundsätzlich - objektiv - unzulässig nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) 715/2007 ist, wenn er nicht gerechtfertigt werden kann. Gleichwohl kann dies nicht als eigenständige sittenwidrige Täuschungshandlung der Beklagten angesehen werden, weil nicht eindeutig von einer Unzulässigkeit einer temperaturabhängigen Abgasrückführung ausgegangen werden kann (vgl. Senat, Urteil vom 03.07.2020 - 19 U 9/20 -, juris). Bei einem Thermofenster kann vor dem Hintergrund der kontrovers beurteilten Frage, ob (und gegebenenfalls welche) thermischen Fenster unzulässige Abschalteinrichtungen darstellen, allein von der Darlegung eines Thermofensters nicht belastbar auf eine von einem entsprechenden Vorsatz getragene arglistige und sittenwidrige Schädigungshandlung des Fahrzeug- bzw. Motorenherstellers geschlossen werden (vgl. u.a. Senat, Urteil vom 05.06.2020 - 19 U 211/19 - juris).

Nähere Anhaltspunkte legt der Kläger nicht dar, auch nicht unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundesgerichtshofs mit Beschluss vom 19.01.2021 (VI ZR 433/19, juris). Zwar leistet der Kläger im Schriftsatz vom 05.02.2020 (dort Seite 16 = Bl. 131 GA) wortlautidentischen Vortrag wie der Kläger im dortigen Rechtsstreit ("Kennfeldsteuerung"). Dass sich aus der von der Beklagten im Antragsbogen aus dem Typengenehmigungsverfahren gemachten Angabe "kennfeldgesteuert" eine Verschleierung ergeben könnte, erscheint jedoch zweifelhaft. Sollten sich hieraus die behaupteten Unklarheiten im Typengenehmigungsverfahren ergeben haben, ist fraglich, weshalb dort offenbar nicht um Aufklärung gebeten wurde. Überdies mag es sich auch um eine schlicht unkonkrete Angabe handeln. Aufgrund dessen ergibt sich hieraus kein ausreichendes Indiz für einen Schädigungsvorsatz.

bb) Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte nach §§ 823 Abs. 2 BGB i. V. m. 263 StGB bzw. §§ 823 Abs. 2 BGB i. V. m. Art. 5 Abs. 2 S. 1, 2 a) VO 715/2007/EG bzw. § 831 BGB besteht gleichfalls nicht.

Auch insoweit fehlt es aus den vorgenannten Gründen an der Darlegung eines Schädigungsvorsatzes der Beklagten; allein aus der Existenz eines thermischen Fensters kann nicht auf ein entsprechendes subjektives Element geschlossen werden.

c) Die übrigen Voraussetzungen einer Haftung der Beklagten gegenüber dem Kläger gemäß den §§ 826, 31 BGB nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Urteil vom 25.05.2020 - VI ZR 252/19, juris) sowie des Senats (vgl. u.a. Senatsurteile vom, vom 05.07.2019 - 19 U 50/19, vom 06.09.2019 - 19 U 51/19, vom 04.10.2019 - 19 U 98/19, vom 06.03.2020 - 19 U 155/19, vom 13.03.2020 - 19 U 193/19, vom 29.05.2020 - 19 U 184/19, vom 29.05.2020 - 19 U 247/19, vom 05.06.2019 - 19 U 222/19 und vom 19.06.2020 - 19 U 273/19 sowie Senatsbeschlüsse vom 27.09.2019 - 19 U 150/19 und 06.03.2020 - 19 U 214/19, jeweils juris) wären erfüllt.

2.

Von dem klägerseits zurückverlangten Kaufpreis wäre - entsprechend der Laufleistung des in Rede stehenden Fahrzeuges im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung - eine Nutzungsentschädigung in Abzug zu bringen, deren Höhe auf der Grundlage von § 287 ZPO zu schätzen wäre.

II.

Gemäß den §§ 291, 288 Abs. 1 BGB könnte der Kläger die beantragten Prozesszinsen verlangen.

III.

Den ursprünglich auch im Rahmen der Berufung geltend gemachten Anspruch auf Zahlung von Deliktszinsen nach § 849 BGB verfolgt der Kläger ausweislich seines mit Schriftsatz vom 05.11.2020 (Bl. 584 GA) geänderten Berufungsantrags nicht weiter.

IV.

Falls eine Haftung der Beklagten gegenüber dem Kläger nach den §§ 826, 31 BGB gegeben sein sollte, könnte der Kläger auch die Feststellung eines Annahmeverzuges zwei Wochen nach Rechtshängigkeit verlangen.

V.

Die Folgen der vom Kläger abgegebenen Erledigungserklärung hängen ebenfalls vom Ausgang des Rechtsstreits im Übrigen ab.

B)

Die übrigen Voraussetzungen für eine Zurückverweisung gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO liegen ebenfalls vor.

Die Prozessbevollmächtigte des Klägers hat die Zurückverweisung beantragt.

Der Senat hält in Ausübung seines Ermessens eine Zurückverweisung der Sache anstelle einer Selbstentscheidung für vorzugswürdig. Als maßgeblicher Gesichtspunkt dieser Ermessensentscheidung ist die Prozessökonomie zu erwägen und als Alternative zur Zurückverweisung in Betracht zu ziehen, selbst gemäß § 538 Abs. 1 ZPO in der Sache zu entscheiden (vgl. BGH, Urteil vom 30.03.2001 - V ZR 461/9, juris). Im Hinblick auf die erforderliche weitere Sachaufklärung spricht aus Sicht des Senates nichts dafür, dass diese mit Blick auf die Prozessökonomie günstiger seitens des Senates vorgenommen werden könnte als durch das Landgericht. Insoweit ist nicht ersichtlich, aus welchem Grund die noch nicht begonnene und daher von Grund auf durchzuführende Beweisaufnahme vor dem Landgericht mehr Zeit in Anspruch nehmen oder umständlicher sein sollte. Nicht ohne Belang ist insoweit auch, dass den Parteien im Falle der Selbstentscheidung durch den Senat eine Tatsacheninstanz genommen würde.

C)

Weil die erstinstanzlich getroffenen Feststellungen unvollständig sind, bedarf es auch einer Aufhebung des zugrundeliegenden Verfahrens ab dem 25.02.2020.

III.

Die Kostenentscheidung bleibt dem erstinstanzlichen Schlussurteil vorbehalten.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit erfolgt im Hinblick auf die §§ 775 Nr. 1, 776 ZPO (vgl. OLG München NZM 2002, 1032).

Der Streitwert wird wie folgt festgesetzt (§§ 47, 48 GKG, § 3 ZPO):

bis 05.11.2020: bis 30.000 €

danach: bis 22.000 €

IV.

Für eine Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Bislang höchstrichterlich geklärte Rechtsfragen grundsätzlicher Natur, die über den vorliegenden Fall hinaus von Interesse sein könnten, haben sich nicht gestellt und waren nicht zu entscheiden.