LAG Hamm, Beschluss vom 09.03.2021 - 7 TaBV 27/19
Fundstelle
openJur 2021, 17780
  • Rkr:
Verfahrensgang

Der Wohnbereich eines Seniorenzentrums kann eine "Station" im Sinne der Vorbemerkungen zu den Leitenden Beschäftigten in der Pflege nach der Anlage 1 - Entgeltordnung - des TVöD-B darstellen (Anschluss an BAG, Beschluss v. 29.01.2020, 4 ABR 8/18)

Tenor

1. Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Dortmund vom 05.12.2018 - 9 BV 58/18 - wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

A.

Die Beteiligten streiten über die zutreffende Eingruppierung einer stellvertretenden Wohnbereichsleitung in einem Seniorenzentrum.

Die antragstellende Arbeitgeberin betreibt mit zahlreichen Beschäftigten unter anderem mehrere Seniorenheime in E. Sie ist Mitglied des kommunalen Arbeitgeberverbandes und wendet jedenfalls aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarungen auf ihre Arbeitsverhältnisse den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) für den Dienstleistungsbereich Pflege- und Betreuungseinrichtungen (TVöD-B) an. Seit dem 01.01.2017 richtet sich die Eingruppierung der Beschäftigten nach der für den Pflegebereich maßgeblichen P-Tabelle. Der Beteiligte zu 2. ist der bei der Arbeitgeberin gewählte Betriebsrat.

Das von der Arbeitgeberin betriebene Seniorenzentrum "Haus U" ist ausweislich eines von der Arbeitgeberin vorgelegten Organigramms in der Art und Weise aufgestellt, dass - soweit für das vorliegende Beschlussverfahren von Interesse - unterhalb der Heimleitung die Pflegedienstleitung besteht, der wiederum als nächste Ebene die Pflege zugeordnet ist, die ihrerseits in insgesamt fünf Wohnbereiche aufgeteilt ist. Wegen des Organigramms wird auf den Ausdruck Bl. 91 d.A. Bezug genommen.

Einer der Wohnbereiche trägt die Bezeichnung "Wohnbereich H", für den die Arbeitgeberin beabsichtigt, im Wege der Versetzung eine neue stellvertretende Wohnbereichsleiterin einzusetzen. Die Arbeitgeberin folgt in ihren Einrichtungen dem Prinzip der Bezugspflege; das bedeutet für den Wohnbereich, dass es sich innerhalb des Wohnbereichs um einen weitestgehend festen Stamm von Pflegekräften handelt, beispielsweise wohnbereichsbezogene Dienstpläne von der Wohnbereichsleitung vorbereitet werden, Meldungen zur Arbeitsunfähigkeit bei der Wohnbereichsleitung erfolgen und bei Personalausfall in erster Linie durch die Wohnbereichsleitungen ein Ersatz gesucht wird. Der Bezug der Dienstpläne zum Wohnbereich wird auch daran deutlich, dass beispielsweise eine Einigungsstelle bei fehlender Einigung über einen Dienstplan eingeschaltet worden ist, die sich allein mit der Aufstellung eines Dienstplanes für einen Wohnbereich befasst hat.

Die von einer stellvertretenden Wohnbereichsleitung wahrzunehmenden Aufgaben sind in einer Stellenbeschreibung niedergelegt. Zwischen den Beteiligten ist hierzu nicht im Streit, dass die Stellenbeschreibungen exakt die Tätigkeiten wiedergeben, die tatsächlich verrichtet werden. Nach der Stellenbeschreibung für die stellvertretende Wohnbereichsleitung (Pflegefachkraft) (Kopie Bl. 259 ff. d.A.) hat sie unter anderem zu gewährleisten:

- ...

- Umsetzung zeitgemäßer und sachgerechter Personalentwicklung und Personalführung nach den Vorgaben des Trägers,

- Fachgerechte und motivierende Anleitung für die ihr unterstellten Mitarbeiterinnen,

- Förderung der größtmöglichen Arbeitszufriedenheit im pflegerischen Team durch zweckmäßige Personaleinsatzplanung und Arbeitsablaufgestaltung unter Berücksichtigung der betrieblichen Belange,

- Koordination des Wohnbereichsgeschehens mit anderen Leistungsbereichen der Einrichtung, konstruktive Unterstützung ihrer Vorgesetzten und des Trägers der Einrichtung,

- ..."

Im "Aufgabenbild" ist unter anderem festgehalten, dass die stellvertretende Wohnbereichsleitung die Aufgaben der Wohnbereichsleitung bei Abwesenheit und nach Absprache entsprechend der Stellenbeschreibung übernimmt.

In der Stellenbeschreibung für eine Wohnbereichsleitung wiederum ist unter "Aufgabenbild" unter anderem aufgeführt:

- Sicherstellung der Organisation des Wohnbereichs

- Mitarbeiterinnenführung

- ...

- Kontrolle der Arbeitsleistung

- ..."

Unter "Bewohnerinnenbezogene Aufgaben" im Unterpunkt "Pflege" ist unter anderem festgehalten, dass die Wohnbereichsleitung für die Anordnung und Koordination der Arbeitsorganisation bei allen pflegerischen und betreuenden Maßnahmen zuständig ist. Unter "Personalbezogene Aufgaben" heißt es unter anderem:

- ...

- Organisation der Dienste, ggf. anfordern von Vertretungskräften, Sitzwachen und Besuchsdiensten

- Koordinieren und Planen des Personaleinsatzes (Arbeits-, Dienst- und Urlaubspläne) im Rahmen des Wohnbereichs, wobei sich die Wohnbereichsleitungen den betrieblichen Erfordernissen des Wohnbereichs ebenso wie an fachlicher Qualifikation und persönlicher Eignung der Mitarbeiterinnen orientiert;

- Gegebenenfalls Teilnahme an Personalauswahlgesprächen

- Einhalten und Kontrollieren der Arbeitszeit der Mitarbeiterinnen."

Daneben gibt es unter der Überschrift "wohnbereichsinterne Aufgaben" unter anderem folgendes:

- Sichern wirtschaftlicher Verwendung von Pflegematerialien und Arbeitsmitteln

- Sicherstellung der Instandhaltung von Arbeitsmitteln, Einrichtungen und Ausstattungen

- ...

- Sicherstellung der Anforderung des Verpflegungsbedarfs nach wirtschaftlichen und qualitativen Gesichtspunkten

- ..."

Auf die Kopie Bl. 67 ff. d.A. wird Bezug genommen.

Zwischen den Beteiligten des vorliegenden Verfahrens ist unstreitig, dass die Bezeichnung "stellvertretende Wohnbereichsleitung" keine sporadische Vertretung der Wohnbereichsleitung meint, sondern dass es sich um eine ständige Vertretung in der Form handelt, dass beispielsweise im Schichtsystem täglich die Aufgaben der Wohnbereichsleitung auch von der stellvertretenden Wohnbereichsleitung wahrgenommen werden.

Mit Schreiben vom 14.06.2018 wandte sich die Arbeitgeberin an den Betriebsrat mit dem Ansinnen, der Mitarbeiterin F mit Wirkung zum 01.07.2018 im Wohnbereich H die Aufgaben einer stellvertretenden Wohnbereichsleitung zu übertragen. Es entwickelte sich zunächst ein Schriftverkehr zwischen den Beteiligten, der letztendlich dazu führte, dass die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 03.08.2018 mitteilte, es sei beabsichtigt, die Mitarbeiterin nach der Entgeltgruppe P 10 TVöD-B einzugruppieren. Zur Begründung wies sie darauf hin, dass sie diese Eingruppierung für zutreffend erachte, da es sich bei der Wohnbereichsleitung im Tarifsinne um die unterste Leitungsebene handele. Dem widersprach der Betriebsrat im Wesentlichen mit der Begründung, er halte die Wohnbereichsleitung für eine "Stationsleitung" im Sinne der tariflichen Vorschriften mit der Folge, dass die stellvertretende Wohnbereichsleitung als stellvertretende Stationsleitung einzugruppieren sei.

Soweit für das vorliegende Verfahren von Interesse, lauten die maßgeblichen Tätigkeitsmerkmale im Teil B der Anlage 1 - Entgeltordnung (VKA) zum TVöD/VKA wie folgt:

XI.

Beschäftigte in Gesundheitsberufen

...

2. Leitende Beschäftigte in der Pflege

Vorbemerkungen

1. Die Tarifvertragsparteien legen dem Aufbau der Tätigkeitsmerkmale für Leitungskräfte in der Pflege folgende regelmäßige Organisationsstrukturen zugrunde:

a) Die Gruppen- bzw. Teamleitung stellte die unterste Leitungsebene dar. Einer Gruppen- bzw. einer Teamleitung sind in der Regel nicht mehr als neun Beschäftigte unterstellt.

b) Die Station ist die kleinste organisatorische Einheit. Einer Stationsleitung sind in der Regel nicht mehr als 12 Beschäftigte unterstellt.

c) Ein Bereich bzw. eine Abteilung umfasst in der Regel mehrere Stationen. Einer Bereichs- bzw. Abteilungsleitung sind in der Regel nicht mehr als 48 Beschäftigte unterstellt.

Die Beschäftigten müssen fachlich unterstellt sein.

2. Soweit für vergleichbare organisatorische Einheiten von den vorstehenden Bezeichnungen abweichende Bezeichnungen verwandt werden, ist dies unbeachtlich.

...

Entgeltgruppe P 10

1. Beschäftigte als Gruppenleiterinnen oder Gruppenleiter oder als Teamleiterinnen oder Teamleiter

2. Beschäftigte als ständige Vertreterinnen oder Vertreter von Gruppenleiterinnen oder Gruppenleitern bzw. von Teamleiter/innen oder Teamleitern der Entgeltgruppe P 11 Fallgruppe 1.

Entgeltgruppe P 11

1. ...

2. Beschäftigte als ständige Vertreterinnen oder Vertreter von Stationsleiterinnen oder Stationsleitern"

Da der Betriebsrat endgültig die in Aussicht genommene Eingruppierung verweigert, verfolgt die Arbeitgeberin mit dem vorliegenden, beim Arbeitsgericht Dortmund am 16.08.2018 eingegangenen Antrag auf Einleitung eines arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens ihr Anliegen weiter und begehrt die Ersetzung der Zustimmung zur Eingruppierung der stellvertretenden Wohnbereichsleiterin Frau F in die Entgeltgruppe P 10 TVöD-B.

Die Arbeitgeberin hat vorgetragen:

Bereits aus dem zur Gerichtsakte gereichten Organigramm ergebe sich, dass es sich bei den Wohnbereichsleitungen im Haus U um die unterste Leitungsebene handele und damit die tariflichen Begriffe der "Team-/Gruppenleitung" erfüllt seien. Es handele sich um Führungskräfte, die ein Team oder eine Gruppe führen und sicherstellen, dass die Ziele des Teams/der Gruppe innerhalb der Rahmenorganisation erreicht werden. Damit sei die Wohnbereichsleitung als solche, da sie eine "große Gruppe" führe, zutreffend in die Entgeltgruppe P 11 einzugruppieren mit der zwingenden Folge, dass die stellvertretende Wohnbereichsleitung wie dem Betriebsrat mitgeteilt in die Entgeltgruppe P 10 einzugruppieren sei. Es handele sich beim Wohnbereich nicht um eine Station im Sinne der tariflichen Vorschrift. Eine Station verlange eine organisatorische Gesamtzuständigkeit, die nicht gegeben sei. Der Schwerpunkt der Wohnbereichsleitung liege im pflegerischen Bereich insoweit, als dass sie für die Sicherstellung einer optimalen Pflege und Betreuung der Bewohner und Bewohnerinnen verantwortlich sei. Im Bereich des Personalmanagements beträfen die Kompetenzen ausschließlich das Team. Alle weitergehenden personellen Einzelheiten, wie Reaktion bei dienstlichen Verfehlungen, Probezeitgespräche und die Zeugniserteilung, fielen in die Zuständigkeit der Pflegedienst- oder Heimleitung. Die Wohnbereichsleitung hätte insoweit nur unterstützende Funktionen. Eine disziplinarische Personalführung liege nicht vor.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zur Eingruppierung der stellvertretenden Wohnbereichsleitung, Frau F, in die Entgeltgruppe P 10, Stufe 2 TVöD-B (VKA) zu ersetzen.

Der Betriebsrat hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Er hat vorgetragen:

Beim Wohnbereich "H" handele es sich um eine Station und nicht lediglich um eine Zusammenfassung eines Teams oder einer Gruppe von Beschäftigten. Die Abgrenzung zur Station liege darin, dass es sich bei einer Station um eine "kleinste organisatorische Einheit" - so der Tarifwortlaut - handele. Die Organisationseinheit sei dadurch gekennzeichnet, dass sie auf eine unbestimmte Dauer oder jedenfalls für einen nicht unerheblichen Zeitraum eingerichtet sei und ihren Zweck mit eigener Ausstattung, eigenen Sachmitteln, Räumen und zugewiesenem Personal erfülle. Genau diese Merkmale träfen auf den Wohnbereich zu: Es handele sich um eine räumlich abgeschlossene Einheit, bei der die Wohnbereichsleitung für eine abgrenzbare Gruppe von Mitarbeitern bzw. Mitarbeiterinnen zuständig sei, wie sich eindeutig aus den zugewiesenen Aufgaben der Stellenbeschreibung der stellvertretenden Wohnbereichsleitung und der Wohnbereichsleitung ergebe. Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin sei eine disziplinarische Verantwortung im Tarifsinne nicht erforderlich. Auch auf die Anzahl der im Wohnbereich beschäftigten Mitarbeiterinnen komme es nach dem Wortlaut des Tarifvertrages für die Annahme einer "Station" nicht an.

Durch Beschluss vom 05.12.2018, verkündet am 11.02.2019, und dem Vertreter der Arbeitgeberin am 11.02.2019 zugestellt, hat das Arbeitsgericht Dortmund den Antrag der Arbeitgeberin abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass es sich bei der Wohnbereichsleitung im Tarifsinne um eine Stationsleitung handele, da der Wohnbereich bei der Arbeitgeberin die kleinste organisatorische Einheit darstelle. Demzufolge sei die stellvertretende Wohnbereichsleitung als ständige Vertreterin einer Stationsleitung im Sinne der Entgeltgruppe P 11 Ziffer 2 TVöD einzugruppieren.

Wegen der Einzelheiten der angegriffenen Entscheidung wird auf den erstinstanzlichen Beschluss Bl. 99 ff. d.A. Bezug genommen.

Hiergegen wendet sich die Arbeitgeberin mit der vorliegenden, beim Landesarbeitsgericht vorab per Telefax am 11.03.2019 eingegangenen und nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis zum 13.05.2019 mit Schriftsatz vom 09.05.2019, am gleichen Tage vorab per Telefax eingegangen, begründeten Beschwerde.

Sie trägt vor:

Das Arbeitsgericht habe verkannt, dass den im Tarifvertrag vorangestellten Beschreibungen der Hierarchieebenen bei der Abgrenzung der Leitungsebene die größere Bedeutung zukomme. Die Organisationshoheit der Arbeitgeberin bedeute zugleich, dass sie es in der Hand habe, im Rahmen ihrer Organisation Leitungsebenen einzuziehen oder auch nicht. Dementsprechend hätten die Tarifvertragsparteien den Schwerpunkt nicht auf die Anzahl der jeweils unterstellten Beschäftigten, sondern auf die hierarchische Struktur gelegt.

Daher verfüge das Haus U nicht über alle drei im Tarifvertrag beschriebenen Leitungsebenen. Die Wohnbereichsleitung sei die unterste Leitungsebene und damit eine Gruppen- bzw. Teamleitung Dabei sei nicht zu verkennen, dass die Leitungsfunktion eben auch auf der untersten Leitungsebene eine wichtige Rolle spiele, die auch eingruppierungsrelevant sei. Allein der Umstand, dass jemand "leite", mache den Wohnbereich allerdings nicht zu einer Station. Dementsprechend ließen sich alle von der Wohnbereichsleitung bzw. der stellvertretenden Wohnbereichsleitung wahrgenommenen Aufgaben eben auch einer Gruppen-/Teamleitung zuordnen, so die Verantwortung für Planung, Organisation, Anweisung, Koordination und Kontrolle in einem abgrenzbaren Bereich, namentlich die Sicherstellung der Organisation des Wohnbereichs, die Mitarbeiterinnenführung, die Sicherstellung und Kontrolle der fachlichen Pflege und Betreuung, die Steuerung der Pflegeprozesse und die Kontrolle der Arbeitsleistung.

Das Arbeitsgericht habe in der angegriffenen Entscheidung nicht hinreichend gewürdigt, dass die Pflegedienstleistung Dienst- und Urlaubspläne für das Pflegepersonal überprüfe und genehmige und sämtliche Abläufe im gesamten Pflegebereich kontrolliere. Eine "Gesamtverantwortung" der Wohnbereichsleitung für den Wohnbereich gebe es damit nicht. Die Arbeit der Wohnbereiche und damit auch die Arbeit der Wohnbereichsleitung werde engmaschig von der Pflegedienstleitung gesteuert und überwacht, wie sich aus der Stellenbeschreibung der Pflegedienstleitung ergebe. Darüber hinaus sei die Wohnbereichsleitung - wie sich aus der Stellenbeschreibung ergebe - durchaus in der aktiven täglichen Versorgung der Bewohnerinnen tätig.

Nachdem die Beteiligten auf Anregung des Gerichts während des laufenden Verfahrens zunächst die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 29.01.2020 - 4 ABR 8/18 - abgewartet haben, trägt die Arbeitgeberin ergänzend vor:

Den tariflichen Regelungen sei nicht zu entnehmen, dass die kleinste organisatorische Einheit zugleich auch die unterste Leitungsebene darstellen müsse. Teamleitung im Tarifsinne bedeute nicht ausschließlich das Führen von Menschen. Es verbleibe dabei, dass die vom Arbeitgeber eingerichtete und vorgegebene Organisationsstruktur das einzig taugliche Abgrenzungskriterium sei.

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 29.01.2020 - 4 ABR 8/18 - sei nicht geeignet, eine andere Bewertung zu rechtfertigen. Das Bundesarbeitsgericht habe seine Entscheidung im Bereich der Krankenhäuser erlassen (TVöD-K), nicht der Pflege- und Betreuungseinrichtungen (TVöD-B). Wenn auch der Wortlaut der tariflichen Eingruppierungsregelungen identisch sei, gebiete sich doch die Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse in den verschiedenen Sparten. Der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts lag ein kommunales Krankenhaus mit drei Standorten und über 2.000 Arbeitnehmerinnen zugrunde, wohingegen die Arbeitgeberin an acht Standorten kommunale Seniorenheime mit insgesamt 800 Beschäftigten unterhalte. Der Stationsbegriff, den das Bundesarbeitsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, sei nicht unreflektiert auf den Pflege- und Betreuungsbereich zu übertragen. Im Krankenhaus gebe es Stationen, wie z.B. Innere Medizin, Allgemeinchirurgie, Unfallchirurgie usw., die eine erhebliche organisatorische Selbstständigkeit aufweisen, ja allein aufgrund der unterschiedlichen Fragestellungen aufweisen müssten. Zudem habe das kommunale Krankenhaus in dem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall offensichtlich vier Leitungsebenen in den Pflegebereich eingezogen, die Arbeitgeberin hier indessen lediglich zwei. Daran zeige sich wiederum, dass maßgeblich für die Eingruppierung das Organisationskonzept der Arbeitgeberin sei. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf habe diese Rechtsauffassung der Arbeitgeberin in einem Urteil vom 03.09.2019 zum Aktenzeichen 5 Sa 145/19 ausdrücklich bestätigt, indem es entschieden habe, dass der Tarifvertrag voraussetze, dass die Organisationsstruktur, also die Einteilung der Einrichtung mit Gruppen, Stationen und Bereiche, dem jeweiligen Träger obliege und er damit bestimme, welche Gruppen, Stationen und Bereiche er einrichte. Dies sei die Vorgabe für die Eingruppierung des jeweiligen Leiters/der jeweiligen Leiterin.

Die Arbeitgeberin beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Dortmund vom 05.12.2018 - 9 BV 58/18 - aufzuheben und die vom Antragsgegner verweigerte Zustimmung zur Eingruppierung der stellvertretenden Wohnbereichsleiterin, Frau F, in die Entgeltgruppe P 10, Stufe 2 TVöD-B zu ersetzen.

Der Betriebsrat beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er verteidigt die angegriffene Entscheidung als zutreffend und sieht sich in seiner Auffassung zum Stationsbegriff durch die genannte Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zum Aktenzeichen 4 ABR 8/18 bestätigt.

Wegen der weiteren Einzelheiten im Vorbringen der Beteiligten wird ergänzend auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Terminsprotokolle Bezug genommen.

B.

I. Die Beschwerde der Arbeitgeberin ist zulässig, insbesondere statthaft gemäß § 87 Abs. 1 ArbGG und form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden gemäß § 87 Abs. 2 i.V.m. §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 520 ZPO.

II. Die Beschwerde der Arbeitgeberin ist nicht begründet, da das Arbeitsgericht die verweigerte Zustimmung des Betriebsrates zur Umgruppierung (s. hierzu unten 1. b)) zu Recht nicht ersetzt hat.

1. Der Antrag der Arbeitgeberin ist zulässig.

a) Die Arbeitgeberin verfolgt ihr Begehren zu Recht im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren nach den §§ 2 a, 80 Abs. 1 ArbGG. Zwischen den Beteiligten ist eine betriebsverfassungsrechtliche Angelegenheit nach § 2 a Abs. 1 Nr. 1 ArbGG streitig, nämlich die zutreffende Eingruppierung der stellvertretenden Wohnbereichsleitung im Haus U im Wohnbereich "H". Damit verbunden ist die Berechtigung der Zustimmungsverweigerung nach § 99 Abs. 2 BetrVG.

b) Allerdings beschreibt die Arbeitgeberin ihr Begehren unzutreffend als Ersetzung der Zustimmung zur Eingruppierung. Es handelt sich hingegen um eine Umgruppierung im Sinne des § 99 Abs. 1 BetrVG, da die betreffende Arbeitnehmerin bereits zuvor tätig war und einer anderen Vergütungsgruppe zugeordnet war. Kommt es dann im Rahmen eines Stellenwechsels zu einer anderen Tätigkeit, handelt es sich im Sinne des § 99 Abs. 1 BetrVG um eine Umgruppierung. In diesem Sinne war der arbeitgeberseitige Antrag auszulegen.

c) An dieser Stelle kam es für das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates nach § 99 BetrVG nicht darauf an, aus welchem Rechtsgrund die von den Beteiligten herangezogenen Eingruppierungsvorschriften anzuwenden sind; maßgeblich ist insoweit allein, dass die Arbeitgeberin - streitlos - im Betrieb ein bestimmtes System der Eingruppierung zur Anwendung bringt, hier die Regelungen des Tarifwerkes für den Öffentlichen Dienst, Betreuungs- und Pflegeeinrichtungen, Entgelttabelle "P" (vgl. LAG Hamm, Beschluss vom 21.02.2014, 13 TaBV 40/13; Fitting, BetrVG 30. Aufl., § 99 Rdnr. 79 c m. zahlreichen N.).

2. Der Zustimmungsersetzungsantrag der Arbeitgeberin gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG ist nicht begründet.

a) Vorauszuschicken ist, dass es im vorliegenden Fall der Zustimmung des Betriebsrates zu der beabsichtigten Ein-/Umgruppierung der betroffenen Mitarbeiterin gemäß § 99 BetrVG bedurfte, da im Unternehmen der Arbeitgeberin mehr als 20 zum Betriebsrat wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt sind (§ 99 Abs. 1 BetrVG) und die geplante Maßnahme eine Ein-/Umgruppierung im Sinne des § 99 Abs. 1 BetrVG darstellt. Hierbei handelt es sich nämlich um die konkrete Einreihung einer Arbeitnehmerin in ein kollektives Entgeltschema, wobei es nicht darauf ankommt, ob sich dieses aus einer tariflichen, betriebsverfassungsrechtlichen oder einseitig von der Arbeitgeberin erlassenen Lohn- oder Gehaltsordnung ergibt (Richardi, BetrVG/Thüsing, § 99 Rdnr. 67 bis Rdnr. 69 m. zahlreichen N.), hier in die Systematik des TVöD (Betreuungs- und Pflegeeinrichtungen).

b) Die Zustimmung des Betriebsrates zur beabsichtigten Umgruppierung gilt auch nicht etwa deshalb nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt, weil sie unbeachtlich wäre. Abgesehen davon, dass bei einer solchen Konstellation eine entsprechende Feststellung - auch ohne Antrag der Arbeitgeberin - durch das Gericht zu treffen wäre (vgl. BAG, Beschlüsse vom 18.10.1988, 1 ABR 33/87 und vom 13.05.2014, 1 ABR 9/12), liegt eine unbeachtliche Zustimmungsverweigerung durch den Betriebsrat nicht vor, da die Mitteilung über die Zustimmungsverweigerung des Betriebsrates nach jeweils ordnungsgemäßer Einleitung des Verfahrens gemäß § 99 Abs. 1 BetrVG form- und fristgerecht erfolgt ist, § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG.

aa) Die Arbeitgeberin hat den Betriebsrat vollständig und umfassend - zwischen den Beteiligten auch nicht im Streit - über die beabsichtigte Versetzung der Mitarbeiterin als stellvertretende Wohnbereichsleitung für den Wohnbereich "H" unterrichtet. Sie hat hierbei den konkreten Arbeitsplatz beschrieben und insbesondere - worauf es vorliegend ankommt - die aus ihrer Sicht zutreffende Vergütungsgruppe des tariflichen Eingruppierungswerkes beschrieben. Während des Verfahrens über die Unterrichtung des Betriebsrates ist es - ebenso durch die vorgelegten Unterlagen dokumentiert - zu einer Revision der arbeitgeberseitigen Entscheidung insoweit gekommen, als dass sie von der ursprünglich in Aussicht genommenen Entgeltgruppe P 9 zuletzt die Entgeltgruppe P 10 favorisierte und auch dies ausführlich und umfassend dargestellt hat.

bb) Der Betriebsrat hat die Zustimmungsverweigerung hinreichend begründet, indem er geltend gemacht hat, dass nach seiner Auffassung die Beschäftigte einen Anspruch auf die Einstufung in die Entgeltgruppe P 11 des tariflichen Regelungswerkes hat. Damit haben die vom Betriebsrat angegebenen Gründe einen Bezug zum Katalog des § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG (Verstoß gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag) und lassen es damit jedenfalls als möglich erscheinen, dass einer der in § 99 Abs. 2 BetrVG geregelten Zustimmungsverweigerungsgründe vorliegt (Fitting aaO., § 99 Rdnr. 262 m.w.N.).

Höhere Anforderungen an die gemäß § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG zu erklärende Zustimmungsverweigerung sind nach der aktuellen, zutreffenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht zu stellen (ständige Rechtsprechung, vgl. nur BAG, Beschluss vom 06.08.2002, 1 ABR 49/01).

c) Der Betriebsrat hat die Zustimmung zur begehrten Umgruppierung der stellvertretenden Wohnbereichsleitung im Wohnbereich "H" zu Recht verweigert, da sie tarifgerecht jedenfalls nicht in die Entgeltgruppe P 10 TVöD-B einzugruppieren ist.

aa) Streitgegenstand des Zustimmungsersetzungsverfahrens wegen Ein-/Umgruppierung im Sinne des § 99 Abs. 4 BetrVG ist allerdings allein die Frage, ob die Zustimmung zu einer bestimmten, beantragten Eingruppierung zu ersetzen war. Die weitere - mögliche - Frage, welche andere, konkret zutreffende Eingruppierung anzunehmen ist, falls sich die von der Arbeitgeberin beabsichtigte Eingruppierung als nicht richtig erweist, ist grundsätzlich nicht zu entscheiden (st. Rspr., vgl. nur BAG, Beschlüsse vom 15.05.1990, 1 ABR 6/89 Rdnr. 16 und vom 06.11.1990, 1 ABR 71/89 Rdnr. 15 sowie Fitting aaO. § 99 Rdnr. 277, 277 d).

bb) Jedoch erweist sich bei der Eingruppierung der stellvertretenden Wohnbereichsleitung im Wohnbereich "H", dass sie zutreffend in die Vergütungsgruppe P 11 TVöD-B einzugruppieren ist mit der Folge, dass die von der Arbeitgeberin in Aussicht genommene Vergütungsgruppe P 10 nicht in Betracht kommt. Das hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt.

(1) Der Ausgangspunkt der Eingruppierung der stellvertretenden Wohnbereichsleitung ist zutreffend und nach übereinstimmendem Verständnis auf der Grundlage des § 12 TVöD-B (VKA) die Anlage 1 - Entgeltordnung (VKA) mit ihren Tätigkeitsmerkmalen. Maßgeblich ist danach allein, ob die stellvertretende Wohnbereichsleitung im Sinne der Entgeltgruppe P 10 Ziff. 2 eine ständige Vertreterin einer Gruppen- oder Teamleiterin der Entgeltgruppe P 11 Fallgruppe 1 ist oder aber in der Entgeltgruppe P 11 als (dortige Ziffer 2) Beschäftigte als ständige Vertreterin von Stationsleiterinnen "einzugruppieren" ist. Damit hängt die zutreffende Vergütungsgruppe für die stellvertretende Wohnbereichsleitung allein davon ab, ob es sich bei dem Wohnbereich "H" im Haus U um eine Station oder um eine Gruppe/ein Team handelt.

Auch hierzu legen die Beteiligten zutreffend die Vorbemerkung zu den Leitenden Beschäftigten in der Pflege zugrunde, die die Gruppen- bzw. Teamleitung als die unterste Leitungsebene beschreibt, die Station hingegen als kleinste organisatorische Einheit. Weiterer Ausgangspunkt ist - ebenso nicht im Streit - der Umstand, dass die stellvertretende Wohnbereichsleitung eine Leitungsfunktion im Sinne der zitierten Vorbemerkung zu den Leitenden Beschäftigten in der Pflege ausübt, sei es als stellvertretende Gruppen-/Team- oder aber als stellvertretende Stationsleitung.

Vorauszuschicken ist schließlich, dass zwischen den Beteiligten ebenso nicht umstritten ist, dass die stellvertretende Wohnbereichsleitung im Sinne der Anlage 1 (Entgeltordnung (VKA) - grundsätzliche Eingruppierungsregelungen (Vorbemerkungen) Nr. 10) als ständige Vertreterin der Wohnbereichsleitung tätig ist, da sie nicht lediglich Vertreterin in Urlaubs- und sonstigen Abwesenheitsfällen ist, sondern beispielsweise im Schichtsystem in ihrer Schicht die Funktion der Wohnbereichsleitung jeweils übernimmt. Damit steht auch zugleich fest, dass für die Beschreibung der von der stellvertretenden Wohnbereichsleitung zu leistenden Tätigkeiten zugleich auf die der Wohnbereichsleitung zugewiesenen Tätigkeiten abgestellt werden muss.

(2) Bei den maßgeblichen Tätigkeiten der stellvertretenden Wohnbereichsleitung konnte die Beschwerdekammer mit den Beteiligten die im Verfahren vorgelegten Stellenbeschreibungen der stellvertretenden Wohnbereichsleitung wie auch der Wohnbereichsleitung zugrunde legen (vgl. auch LAG Hamm, Beschluss vom 10.12.2013, 7 TaBV 78/13 juris Rdnr. 98). Wenn auch eine Stellenbeschreibung nicht grundsätzlich zwingend die in der täglichen Praxis tatsächlich zu verrichtenden Tätigkeiten wiedergibt (BAG, Urteil vom 13.11.2013, 4 AZR 53/12 Rdnr. 18; Beschluss vom 18.11.2015, 4 ABR 24/14 Rdnr. 20), so ist eine Stellenbeschreibung in den Fällen geeignet, in denen sie die tatsächlich auszuübenden Tätigkeiten ausreichend wiedergibt (so ausdrücklich BAG, Urteil vom 16.11.2011, 4 AZR 773/09 Rdnr. 23). So liegt der Fall hier. Nicht nur, dass die Beteiligten des vorliegenden Beschlussverfahrens davon ausgehen; auch zeigt die detaillierte Beschreibung der einzelnen Tätigkeiten und des Aufgabenspektrums unter Berücksichtigung des Zwecks der Stelle, der Hauptaufgabe, der Ausbildungsanforderungen wie auch des Fachwissens, dass die Stellenbeschreibungen die Tätigkeitsbilder der stellvertretenden wie auch der Wohnbereichsleitung zutreffend wiedergeben.

(3) Auf Basis der so feststellbaren Tätigkeiten ist gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 TVöD-B/VKA für die Bewertung der auszuübenden Tätigkeit als Arbeitsvorgang die Leitungsfunktion zugrunde zu legen. Bei allen zugewiesenen Tätigkeiten handelt es sich um einen einheitlichen Arbeitsvorgang, da die Eingruppierung von einem Funktionsmerkmal abhängig ist und eine Funktion stets einen einheitlichen Arbeitsvorgang darstellt (BAG vom 16.05.2019, 6 AZR 93/18 und vom 15.02.1984, 4 AZR 264/82). Zwar weist die Arbeitgeberin darauf hin, dass ausweislich der Stellenbeschreibung auch für die stellvertretende Wohnbereichsleitung pflegende Tätigkeiten in Betracht kommen. Hierbei geht die Beschwerdekammer mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts indessen davon aus, dass alle Tätigkeiten der stellvertretenden Wohnbereichsleitung dem Arbeitsergebnis des gesamten Wohnbereichs dienen. Pflegende Tätigkeiten gehören daher als Zusammenhangsarbeiten zur einheitlich zu bewertenden Leitungstätigkeit (BAG, Urteil vom 15.02.2006, 4 AZR 66/05 Rdnr. 14 sowie vom 29.01.2020, 4 ABR 8/18 Rdnr. 31 m.w.N.).

(4) Der Wohnbereich "H" stellt im Sinne der tariflichen "Vorbemerkung" zu den Leitenden Beschäftigten der Pflege (unter XI. "Beschäftigte in Gesundheitsberufen") dort unter Ziffer 1 b eine Station dar, da es sich um die kleinste organisatorische Einheit handelt.

(a) Bei Ausfüllung des tariflichen Begriffs "Station" ist die Organisationsstruktur zugrunde zu legen, die die Arbeitgeberin für den maßgeblichen Betrieb vorgibt. Hiervon geht die Beschwerdekammer mit der Arbeitgeberin, die in diesem Zusammenhang insbesondere auf das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf zu 5 Sa 145/19 hingewiesen hat, aus. Auch der Betriebsrat selbst legt die vorgegebene Organisationsstruktur zugrunde.

(b) Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin bedeutet dies allerdings nicht, dass sie bei Schaffung von zwei hierarchischen Ebenen damit quasi im Wege einer Automatik die unterste Leitungsebene als Gruppe/Team organisiert hat. Denn nach den bereits zitierten Vorbemerkungen zur Eingruppierung der Leitenden Beschäftigten in der Pflege, dort unter Ziffer 2., kommt es auf die Bezeichnung der organisatorischen Einheit nicht an; mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (4 ABR 8/18 aaO., dort Rdnr. 38) ist für die Bestimmung der zutreffenden Eingruppierung allein die auszuübende Tätigkeit maßgeblich. Die Bezeichnung der Tätigkeit - im Falle der Entscheidung des BAG aaO. "Teamleitung" - ist eingruppierungsrechtlich für sich genommen unerheblich.

(c) Der Tarifvertrag beschreibt selbst nicht näher, was unter einer Station bzw. einer Stationsleitung zu verstehen ist. Die Beschwerdekammer folgt insoweit der bereits genannten Entscheidung des 4. Senats des Bundesarbeitsgerichts zu 4 ABR 8/18, wonach sich der Begriff der Station im Wesentlichen von den zugewiesenen Leitungsaufgaben her bestimmt (BAG aaO. Rdnr. 19 ff.). Danach wird eine Station im Tarifsinne geleitet, wenn in der Kranken-, Alten- und Kinderkrankenpflege die pflegerischen Aufgaben koordiniert werden und die Pflegeübergaben und die Pflegedokumentation für den Bereich durchgeführt werden. Die Dienstplangestaltung wie auch die Personalführung gehört ebenso zur Aufgabe wie die Mitwirkung einer Personalentwicklung, der praktischen Ausbildung von Nachwuchskräften sowie die Zuständigkeit für die Qualitätssicherung. Stationsleitungen kontrollieren die Einhaltung der Pflegestandards und der rechtlichen Vorgaben und führen Mitarbeiterschulungen durch.

Soweit die Arbeitgeberin im Verfahren darauf hingewiesen hat, dass die Wohnbereichsleitung eine disziplinarische Verantwortlichkeit nicht innehat, so gehört dies nicht zur Stationsleitung im Tarifsinne (ausführlich BAG aaO. Rndr. 22).

Gleicht man nun diese Voraussetzungen mit den der Wohnbereichsleitung - und damit auch der stellvertretenden Wohnbereichsleitung - zugewiesenen Tätigkeiten und Aufgaben ab, so ergibt sich folgendes Bild: Die Personalplanung wird durch die Wohnbereichsleitung erstellt. Sämtliche den fachlich- pflegerischen Bereich betreffende Arbeitsanweisungen erfolgen durch die Wohnbereichsleitung. Die Organisation der Dienste einschließlich der Aufstellung der Dienstpläne, damit verbunden die Koordination und Planung des Personaleinsatzes für den Wohnbereich, Einhalten und Kontrollieren der Arbeitszeit der Mitarbeiterinnen sowie der Arbeitsausführung und die Mitwirkung bei der Beurteilung und Bewertung von Mitarbeiterinnen gehören ebenso dazu. Im Rahmen der Qualitätssicherung werden Einhaltung, Kontrolle und Überwachung der Pflegestandards, die Umsetzung des Pflegekonzeptes sowie die Überwachung und Kontrolle der fachgerechten Pflege, Betreuung und Behandlung der Bewohner erwartet.

Im Übrigen verweist die Beschwerdekammer zur Vermeidung von Wiederholungen zu den wahrgenommenen Aufgaben auf die zutreffenden Ausführungen in der angegriffenen Entscheidung auf Bl. 10 des angegriffenen Beschlusses, Bl. 108 d.A., vgl. § 69 Abs. 2 ArbGG.

Soweit die Arbeitgeberin darauf hingewiesen hat, dass letztendlich beispielsweise die Genehmigung des Dienstplanes, der von der Wohnbereichsleitung erstellt ist, der Pflegedienstleitung obliegt, was gegen die Annahme einer organisatorischen Einheit beim Wohnbereich spreche, so darf nicht verkannt werden, dass nach der zutreffenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts aaO. zu 4 ABR 8/18 unter Rdnr. 22 am Ende eine Übertragung der organisatorischen Gesamtzuständigkeit nicht Voraussetzung für die Annahme einer Stationsleitung im Tarifsinne ist.

Gestützt wird die Annahme einer Stationsleitung und damit einer Station in Bezug auf den Wohnbereich auch dadurch, dass - vom Betriebsrat unbestritten dargelegt - bei Unstimmigkeiten über den Dienstplan im Rahmen eines Einigungsstellenverfahrens nach § 87 Abs. 2 BetrVG allein ein wohnbereichsbezogener Dienstplan auf dem Prüfstand gestanden hat. Ebenso der Umstand, dass es bei Personalausfällen bzw. -engpässen zunächst Aufgabe innerhalb des Wohnbereichs ist, einen Ausgleich zu schaffen, und erst dann, wenn eine Abhilfe innerhalb des Wohnbereichs nicht möglich ist, auf die Pflegedienstleitung zurückgegriffen wird, spricht im Rahmen der Sicherstellung der Organisation der Dienste für die wohnbereichsbezogene Organisation.

(d) Soweit die Arbeitgeberin im Beschwerdeverfahren darauf hingewiesen hat, dass die vom Bundesarbeitsgericht zu 4 ABR 8/18 entwickelten Grundsätze zur Station bzw. Stationsleitung auf den vorliegenden Sachverhalt nicht übertragbar seien, da es im Falle des Bundesarbeitsgerichts um ein großes Krankenhaus ging, vorliegend indessen um Einrichtungen zur Betreuung von alten und pflegebedürften Menschen, so folgt die Beschwerdekammer dem nicht. Denn die tariflichen Begriffe sowohl für den Krankenhausbereich (TVöD-K) wie auch für den hier betroffenen Bereich der Betreuungs- und Pflegeeinrichtungen (TVöD-B) verwenden zu den Leitenden Beschäftigten in der Pflege, dort unter "Vorbemerkungen", identische Begrifflichkeiten. Genau diesen Umstand hat das Bundesarbeitsgericht auch in der zitierten Entscheidung zum Anlass genommen, bei Überprüfung des Begriffs der Stationsleitung sich eben nicht nur auf den Bereich der Krankenpflege zu beziehen, sondern ausdrücklich die Kranken-, Alten- und Kinderkrankenpflege beschrieben hat (BAG 4 ABR 8/18 aaO., Rdnr. 22 am Anfang). Es mag sein, dass Stationen im Klinikbereich andere Dimensionen und noch weitergehende organisatorische Anforderungen aufweisen; das hat allerdings die Tarifvertragsparteien nicht dazu bewogen, den im Bereich des TVöD-K verwendeten Begriffs der Station bzw. Stationsleitung im Bereich des TVöD-B anders zu beschreiben; im Gegenteil: die Tarifvertragsparteien haben identische Begriffe verwendet.

(e) Soweit erstinstanzlich auch indiziell auf die Anzahl der fachlich unterstellten Beschäftigten abgestellt worden ist, kam es hierauf abschließend nicht an. Allerdings darf nicht verkannt werden, dass die Tarifvertragsparteien ausdrücklich in den Vorbemerkungen zu den Leitenden Beschäftigten in der Pflege formuliert haben, dass einer Stationsleitung in der Regel nicht mehr als 12 Beschäftigte unterstellt sind. Damit geben die Tarifvertragsparteien (und zwar durch Verwendung des Begriffs "in der Regel") keine definitorische Beschreibung ab, die sich unmittelbar anhand der Anzahl der Beschäftigten ableiten lässt. Allerdings zeigt sich hieran auch, dass die Tarifvertragsparteien bestimmte Dimensionen einer Station ihrem Verständnis zugrunde gelegt haben. In den konkreten Eingruppierungsvorschriften (z.B. zur Entgeltgruppe P 13) sprechen die Tarifvertragsparteien dann allerdings wieder von "großen Stationen", was wiederum für die Auffassung der Arbeitgeberin spricht, dass die Anzahl der fachlich unterstellten Mitarbeiter jedenfalls keinen zwingenden Rückschluss auf die organisatorische Einheit einer Station zulässt. Wie dargelegt, kam es auf diese Fragen allerdings nicht entscheidend an.

Nach alledem ist die Wohnbereichsleitung des Wohnbereichs H im Tarifsinne eine "Stationsleitung" mit der Folge, dass die stellvertretende Wohnbereichsleitung im Sinne der Entgeltgruppe P 11 Ziffer 2 eine "Beschäftigte als ständige Vertreterin einer Stationsleiterin" einzugruppieren ist.

Die Beschwerde der Arbeitgeberin konnte daher keinen Erfolg haben.

III. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde kam nicht in Betracht (§§ 92 Abs. 2 Satz 1, 72 Abs. 2 ArbGG). Soweit die Arbeitgeberin sich im vorliegenden Verfahren unter anderem auf die Entscheidung des LAG Schleswig-Holstein vom 30.01.2018, 2 TaBV 19/17 berufen hat und die vorliegende Entscheidung möglicherwiese hiervon abweicht, ist festzuhalten, dass jene Entscheidung des LAG Schleswig-Holstein durch den Beschluss des 4. Senats vom 29.01.2020, 4 ABR 8/18, aufgehoben wurde und die Beschwerdekammer in den grundlegenden Rechtsfragen eben dieser Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gefolgt ist. Die konkrete tatsächliche Ausgestaltung, die die Anwendung der Regelungen zur Eingruppierung trägt, hat lediglich für die beteiligte Arbeitgeberin Bedeutung.