Niedersächsisches OVG, Urteil vom 25.03.2021 - 1 LB 171/18
Fundstelle
openJur 2021, 16847
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 4 A 4096/17

1. Einem Gebührenbescheid ist vorbehaltlich einer abweichenden gesetzlichen Bestimmung die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entstehung der Gebührenschuld zugrunde zu legen.

2. In Niedersachsen entsteht die Gebührenschuld gemäß § 6 Abs. 1 NVwKostG auch bei antragsgebundenen Amtshandlungen grundsätzlich mit deren Beendigung. Ändert sich das anzuwendende Recht zwischen Antragstellung und Beendigung der Amtshandlung, ist daher grundsätzlich das bei Beendigung der Amtshandlung geltende Recht maßgeblich. Gegen eine damit verbundene unechte Rückwirkung bestehen jedenfalls dann keine verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn die nach Antragstellung erfolgte Rechtsänderung maßvoll erfolgt und nicht auf einer Einführung neuer Gebührentatbestände beruht.

3. Die Gebührenregelungen in Nr. 9.1 der Anlage 1 KOVerm 2017 i.V. mit Tabelle 9, Abschnitte A und B, sind hinreichend bestimmt.

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - Einzelrichter der 4. Kammer - vom 5. Februar 2018 geändert und die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Verpflichtung zur Zahlung von Vermessungsgebühren; die Beteiligten streiten über deren berechtigte Höhe.

Im März 2017 verkaufte der Kläger zwei Teilflächen aus einem in seinem Eigentum stehenden Grundstück. Im notariellen Kaufvertrag bevollmächtigte er den Notar, die Vermessung in Auftrag zu geben, und verpflichtete sich, deren Kosten zu tragen. Unter dem 17. März 2017 erteilte der Notar für den Kläger einen inhaltlich nicht beschränkten Vermessungsauftrag. Der Beklagte führte die Vermessung vor Ort in Anwesenheit des Klägers durch und setzte in der Örtlichkeit neue Grenzmarken. Die Ergebnisse der Liegenschaftsvermessung wurden im Liegenschaftskataster eingetragen; der entsprechende Bescheid ist bestandskräftig.

Mit dem angegriffenen Bescheid vom 18. April 2017 setzte der Beklagte Vermessungskosten in Höhe von insgesamt 2.343,61 EUR brutto gegen den Kläger fest. Die wesentlichen Kostenpositionen entfielen auf die Vermessung vor Ort mit einem Betrag von 830 EUR netto und die Auswertung der Vermessung mit einem Betrag von 635 EUR netto.

Mit seiner gegen diesen Bescheid gerichteten Klage hat der Kläger vorgetragen, er sei nicht bereit, Gebühren in der festgesetzten Höhe zu zahlen. Vor Abschluss des Kaufvertrags habe er sich bei dem Katasteramt über die Höhe der anfallenden Gebühren erkundigt. Man habe ihm mitgeteilt, dass aufgrund einer zuvor durchgeführten Flurbereinigung eine kostengünstigere „Computervermessung“ erfolgen könne. Die Vermessung vor Ort sei deshalb nicht erforderlich gewesen.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid des beklagten Amtes vom 18. April 2017 aufzuheben, soweit er eine Gebühr von mehr als 1.200 EUR festsetzt.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Eine Vermessung ohne örtliche Arbeiten (Sonderung), deren Kosten 1.146,56 EUR betragen hätten, sei nicht möglich gewesen, weil das Grundstück des Klägers nicht in demjenigen Teil des Flurbereinigungsgebiets gelegen habe, für den durch Neuvermessung bereits ein aktuelles Zahlenwerk vorgelegen habe. Daher habe eine Zerlegungsvermessung vor Ort erfolgen müssen. Der erteilte Auftrag habe keine Einschränkung enthalten, dass allein eine Sonderung gewünscht gewesen sei.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit dem angegriffenen Urteil vom 5. Februar 2018 stattgegeben und den Leistungsbescheid im beantragten Umfang aufgehoben. Zwar habe der Beklagte zu Recht eine Zerlegungsvermessung durchgeführt, da ausreichende Daten für eine bloße Sonderung nicht vorgelegen hätten. Die Gebührenerhebung sei aber teilweise rechtswidrig, weil Tabelle 9 des Gebührenverzeichnisses zur Kostenordnung für das amtliche Vermessungswesen vom 25. März 2017 nicht hinreichend bestimmt sei. Dort sei eine Gebühr vorgesehen, deren Höhe von der Anzahl der festgestellten und neuen Grenzpunkte bzw. der Anzahl der neu gebildeten Flurstücke abhängig sei. Soweit dort eine Gebührenstaffel aufgeführt sei, bleibe deren Inhalt unklar. Es komme in Betracht, eine Grundgebühr für den ersten bzw. die ersten beiden Grenzpunkte bzw. das erste Flurstück anzusetzen und für die weiteren Grenzpunkte bzw. Flurstücke Aufschläge zu addieren, wie dies der Beklagte getan habe. Ebenso in Betracht komme aber auch eine Lesart, nach der die Gesamtzahl der Grenzpunkte bzw. Flurstücke mit dem in der dazu passenden Zeile der Tabelle aufgeführten Betrag zu multiplizieren sei. Dementsprechend sei die Gebührenforderung um 830 EUR zzgl. 635 EUR = 1.465 EUR zzgl. Umsatzsteuer zu hoch angesetzt.

Mit der vom Senat mit Beschluss vom 17. Dezember 2018 zugelassenen Berufung trägt der Beklagte vor, das Verwaltungsgericht habe es versäumt, die maßgeblichen Bestimmungen nicht nur ihrem Wortlaut nach zu betrachten, sondern auch nach den üblichen Auslegungsregeln auszulegen. Die Auslegungsbedürftigkeit nehme einer Regelung nicht die Bestimmtheit. Die Auslegung ergebe, dass die vom Verwaltungsgericht beanstandeten Bestimmungen so anzuwenden seien, wie er dies in langjähriger Praxis und auch in diesem Fall getan habe. Tragendes Prinzip der Tabelle 9 sei die Rabattierung größerer Leistungs- und Datenmengen. Daher seien unterschiedliche Mengenbereiche festgesetzt, die in Abschnitt A eine einheitliche Gebühr in Höhe von 540 EUR für die Grenzpunkte 1 und 2 sowie weitere Gebühren in Höhe von 145 EUR für den 3. bis 6. Grenzpunkt, und zwar hier „je Grenzpunkt“ vorsähen. Daraus ergebe sich, dass bei vier Grenzpunkten 540 EUR zzgl. weiterer 290 EUR (2 x 145 EUR) = 830 EUR angefallen seien. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Vorschrift könne auch so verstanden werden, dass entweder für den ersten und zweiten Grenzpunkt jeweils 540 EUR oder aber für jeden der vier Grenzpunkte 145 EUR zu veranschlagen seien, sei mit der Formulierung der Vorschrift - diese verwende Ordinalzahlen - unvereinbar. Für Abschnitt B gelte im Ergebnis nichts Anderes. Hier sei für das erste Flurstück ein Betrag in Höhe von 480 EUR zu zahlen; für die Flurstücke 2 und 3 je 155 EUR. Auch daraus ergebe sich eindeutig, dass bei hier zwei Flurstücken 635 EUR geschuldet seien. Er, der Beklagte, habe zudem die Kostenordnung von 2017 und nicht die bis zum 31. März 2017 und damit bei Antragstellung noch geltende Kostenordnung für das amtliche Vermessungswesen vom 22. Mai 2012 (Nds. GVBl. S. 141) angewandt, weil § 6 NVwKostG die Entstehung der Gebührenschuld regele und dieser Zeitpunkt maßgeblich sei. Der Unterschied betrage insofern rund 300 EUR.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - Einzelrichter der 4. Kammer - vom 5. Februar 2018 zum Aktenzeichen 4 A 4096/17 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

und verteidigt das angegriffene Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge verwiesen.

Gründe

Die zulässige Berufung, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist begründet.

Der Leistungsbescheid vom 18. April 2017 ist rechtmäßig, sodass das Verwaltungsgericht der Klage zu Unrecht stattgegeben hat.

Rechtsgrundlage für den Leistungsbescheid ist § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 3 NVwKostG i.V. mit den Regelungen der Kostenordnung über das amtliche Vermessungswesen vom 25. März 2017 (Nds. GVBl. S. 68, ber. S. 162 - KOVerm 2017). Gemäß § 1 Abs. 1 KOVerm 2017 erhebt unter anderem die Vermessungs- und Katasterbehörde für Amtshandlungen und Leistungen im amtlichen Vermessungswesen Gebühren. Die Gebührentatbestände und die Höhe der Gebühren ergeben sich insbesondere aus dem Gebührenverzeichnis der Anlage 1. Die bei der Liegenschaftsvermessung anfallenden Gebühren folgen aus Nr. 9 der Anlage 1 i.V. mit der Tabelle 9. Für die Zerlegung eines Grundstücks vorgesehen ist eine hier nicht in Streit stehende Grundgebühr zzgl. Gebühren nach der Tabelle 9, Abschnitte A und B.

Die vorstehenden Regelungen sind in der zum Zeitpunkt der Entstehung der Gebührenschuld geltenden Fassung anzuwenden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 7.9.2010 - 3 B 46.10 -, NVwZ-RR 2011, 3 = juris Rn. 4 f.; Urt. v. 20.10.2016 - 7 C 6.15 -, NVwZ 2017, 485 = juris Rn. 13 zum außer Kraft getretenen § 11 VwKostG des Bundes). Entstanden ist die Gebührenschuld gemäß § 6 Abs. 1 NVwKostG mit der Beendigung der Amtshandlung, hier im April 2017. Zu diesem Zeitpunkt war die Kostenordnung für das amtliche Vermessungswesen vom 25. März 2017, die am 1. April 2017 in Kraft getreten war, anzuwenden.

Nicht maßgeblich ist der Zeitpunkt der Antragstellung. Im Unterschied zur Rechtslage in einigen anderen Ländern (vgl. nur § 11 Abs. 1 GebG NRW, § 3 LGebG BW, wie in Niedersachsen aber im Grundsatz Art. 11 BayKG und § 4 Abs. 1 BGebG) unterscheidet § 6 Abs. 1 NVwKostG nicht zwischen der Gebührenerhebung bei antragsgebundenen und nicht antragsgebundenen Amtshandlungen, sodass es in beiden Fällen auf den Zeitpunkt der Beendigung der Amtshandlung ankommt. Für den Bürger wirft das die Schwierigkeit auf, dass er im Zeitpunkt der Antragstellung nicht sicher vorhersehen kann, in welcher Höhe er später zur Zahlung von Gebühren heranzogen wird. Mit höherrangigem Recht ist dies aber jedenfalls in den Fällen vereinbar, in denen nicht erstmals eine Gebührenpflicht für eine Amtshandlung vorgesehen wird, sondern - wie hier - nur bestehende Gebührentatbestände maßvoll erhöht werden.

Die Erhöhung einer Gebühr mit Wirkung auch für ein bereits durch Stellung eines Antrags begonnenes Verwaltungsverfahren (vgl. § 1 Abs. 1 Nds. VwVfG i.V. mit § 22 VwVfG) stellt sich als eine unechte Rückwirkung dar, deren Verfassungsmäßigkeit in diesem Fall an Art. 2 Abs. 1 GG i.V. mit Art. 20 Abs. 3 GG zu messen ist. Kennzeichnend für eine unechte Rückwirkung ist, dass eine Rechtsnorm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition beeinträchtigt oder gar entwertet. Dies ist etwa dann der Fall, wenn belastende Rechtsfolgen einer Norm erst nach ihrer Verkündung eintreten, tatbestandlich aber von einem bereits ins Werk gesetzten Sachverhalt ausgelöst werden („tatbestandliche Rückanknüpfung“). Dies ist verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig. Allerdings können sich aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip Grenzen der Zulässigkeit ergeben. Diese Grenzen sind erst überschritten, wenn die vom Normgeber angeordnete unechte Rückwirkung zur Erreichung des Normzwecks nicht geeignet oder erforderlich ist oder wenn das Vertrauens des Einzelnen auf die Fortgeltung der Rechtslage das Gemeinwohlinteresse des Normgebers an der Rechtsänderung ausnahmsweise überwiegt (vgl. BVerfG, Urt. v. 10.4.2018 - 1 BvR 1236/11 -, BVerfGE 148, 217 = juris Rn. 136; Beschl. v. 10.10.2012 - 1 BvL 6/07 -, BVerfGE 132, 302 = juris Rn. 43; Beschl. v. 2.5.2012 - 2 BvL 5/10 -, BVerfGE 131, 20 = juris Rn. 66, 73 f., m. w. N.). Für das Gewicht des Vertrauensschutzes kommt es auf die betroffenen, in der Regel grundrechtsgeschützten Rechtsgüter und die Intensität der Nachteile an. Danach anzunehmende Bedenken können gegebenenfalls durch Übergangsvorschriften ausgeräumt werden (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 23.9.2020 - 2 KN 378/19 -, juris Rn. 27).

Gemessen daran bestehen keine Bedenken, die ab dem 1. April 2017 geltende Neufassung der Kostenordnung für das amtliche Vermessungswesen auch auf Verwaltungsverfahren anzuwenden, die durch eine Antragstellung vor diesem Zeitpunkt bereits in Lauf gesetzt worden sind. Ein schutzwürdiges Vertrauen darauf, dass sich die Gebührenhöhe während des Verfahrens nicht ändert, besteht jedenfalls dann nicht, wenn die Änderung maßvoll erfolgt und nicht auf einer Einführung neuer Gebührentatbestände beruht.

Die Gebote der Rechtstaatlichkeit und des Vertrauensschutzes erfordern es in der Regel, dass ein Bürger im Vorfeld der Stellung eines Antrags auf Einleitung eines Verwaltungsverfahrens erkennen kann, ob und gegebenenfalls welche Gebühren auf ihn zukommen werden. Das setzt voraus, dass die Gebührenschuld bereits zu diesem Zeitpunkt zumindest dem Grunde nach gesetzlich bestimmt ist. Hinsichtlich der Gebührenhöhe ist dagegen ein weniger strenger Maßstab anzuwenden; es genügt, dass der Bürger übersehen kann, in welcher Größenordnung Gebühren anfallen. Dies folgt bereits daraus, dass der für eine Amtshandlung erforderliche Aufwand, der für die Gebührenkalkulation im Einzelfall bestimmend sein kann, in vielen Fällen nicht genau vorherzusehen ist. Auch steht nicht stets bereits zu Verfahrensbeginn fest, welche Gebührentatbestände im Einzelnen verwirklicht sein werden. Schließlich setzt § 3 Abs. 2 NVwKostG der zulässigen Gebührenhöhe einen relativ eng begrenzen Rahmen (Kostendeckungsprinzip, Äquivalenzprinzip). Schon deshalb ist es verfassungsrechtlich nicht geboten, dass die Höhe einer Gebühr nach Euro und Cent bereits zu Beginn des Verwaltungsverfahrens feststeht.

Nach diesen Maßstäben ist es nicht zu beanstanden, dass der Verordnungsgeber die Neufassung der Kostenordnung für das amtliche Vermessungswesen vom 25. März 2017 ohne Übergangsregelung mit Wirkung auch für laufende Verwaltungsverfahren in Kraft gesetzt hat. Ein schutzwürdiges Vertrauen bestand nicht, weil der Kläger mit einer Änderung der Rechtslage rechnen musste. Dabei kommt es nicht auf seine subjektiven Vorstellungen und seine individuelle Situation an, sondern darauf, ob die bisherige Regelung bei objektiver Betrachtung geeignet war, ein Vertrauen auf ihren Fortbestand zu begründen (BVerwG, Urt. v. 22.3.2001 - 2 CN 1.00 -, NVwZ-RR 2001, 1215 = juris Rn. 33; Beschl. v. 30.4.2003 - 6 C 6.02 -, BVerwGE 118, 128 = juris Rn. 64). Das ist nicht der Fall. Der Vorgängerfassung aus dem Jahr 2012 ist nichts zu entnehmen, das ein über die von § 6 Abs. 1 NVwKostG gezogenen Grenzen hinausgehendes Vertrauen begründen konnte. Auch entspricht es der Lebenserfahrung, dass Gebühren im Rahmen der allgemeinen Preissteigerung oder im Interesse einer sachgerechteren Orientierung an den Vorgaben des § 3 Abs. 2 NVwKostG in regelmäßigen Abständen angepasst werden. Über eine solche Anpassung, die hier nach einer Geltung der Vorgängerfassung aus dem Jahr 2012 über fünf Jahre eine Erhöhung von rund 10 % bewirkt, geht die Neuregelung nicht hinaus.

Hat der Beklagte daher zu Recht die Kostenordnung für das amtliche Vermessungswesen vom 25. März 2017 herangezogen, sind deren Regelungen hinreichend bestimmt. Im Bereich des Gebühren- und Beitragsrechts fordert das Bestimmtheitsgebot eine dem jeweiligen Zusammenhang angemessene Regelungsdichte, die eine willkürliche Handhabung durch die Behörden ausschließt. Der Gebührenschuldner muss die Höhe der zu erwartenden Gebührenlast anhand der normativen Festlegungen im Wesentlichen abschätzen können (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.10.2018 - 3 B 2.18 -, juris Rn. 25 m.w.N.). Dabei stellt das Bestimmtheitsgebot nur Mindestanforderungen; es handelt sich nicht um ein Optimierungsgebot in dem Sinne, dass die bestmögliche Bestimmtheit geschuldet ist. Ausreichend, aber auch erforderlich ist es deshalb, dass sich der Regelungsgehalt einer Norm mit Hilfe der juristischen Auslegungsmethoden zuverlässig ermitteln lässt (vgl. Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20 VII Rn. 61 <Stand der Bearbeitung: November 2006>). Das ist hinsichtlich der hier zur Prüfung stehenden Regelungen der Kostenordnung für das amtliche Vermessungswesen uneingeschränkt der Fall.

Nr. 9.1 der Anlage 1 KOVerm 2017 sieht vor, dass im Fall der Zerlegung eines Grundstücks für die Vorbereitung sowie Durchführung und Auswertung örtlicher Arbeiten Gebühren in Höhe von 200 EUR zzgl. Gebühren nach Tabelle 9, Abschnitte A und B anfallen.

Abschnitt A enthält die Gebühr für festgestellte und neue Grenzpunkte einschließlich Abmarkung. Bei einem Bodenwert von - wie hier - bis 7,50 EUR/qm fallen „bis 2 Grenzpunkte“ 540 EUR an (Spalte 1, Zeile 1), für den „3. bis 6. Grenzpunkt, je Grenzpunkt“ 145 EUR (Spalte 1, Zeile 2). Zu Missverständnissen im Sinne der Überlegungen des Verwaltungsgerichts gibt diese Bestimmung keinen Anlass. Schon dem Wortlaut ist eindeutig zu entnehmen, dass für den ersten und zweiten Grenzpunkt gemeinsam (ebenso wie für nur einen Grenzpunkt) 540 EUR zu veranschlagen sind. Das gilt auch unter Berücksichtigung der Spaltenüberschrift, die „Anzahl der festgestellten und neuen Grenzpunkte“ lautet. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts, dass eine Auslegung gleichermaßen möglich sei, die für den ersten und zweiten Grenzpunkt jeweils 540 EUR ansetzt, sind schon mit dem Wortlaut der Vorschrift („bis 2 Grenzpunkte“) kaum vereinbar. Jedenfalls aber ergibt die systematische Auslegung, dass dieses Verständnis unzutreffend ist. Denn die weiteren Zeilen enthalten den Zusatz „je Grenzpunkt“, der in der ersten Zeile fehlt.

Unzutreffend ist auch die Überlegung des Verwaltungsgerichts, die Vorschrift könne so zu lesen sein, dass bei vier Grenzpunkten je Grenzpunkt 145 EUR anfallen, also allein Spalte 1, Zeile 2 Anwendung findet. Das Verwaltungsgericht lässt außer Acht, dass es nach dem eindeutigen Wortlaut auf den „3. bis 6. Grenzpunkt, je Grenzpunkt“ und nicht auf eine Spanne von „3 bis 6 Grenzpunkten, je Grenzpunkt“ ankommt. Hinzu kommt, dass nach der vom Verwaltungsgericht dargestellten Auslegung drei Grenzpunkte mit 435 EUR billiger festzustellen wären als ein oder zwei Grenzpunkte mit 540 EUR. Dass dies mit Blick auf § 3 Abs. 2 NVwKostG nicht richtig sein kann, liegt auf der Hand.

Für die Regelungen in Abschnitt B gilt Vergleichbares. Als Gebühr für neu gebildete Flurstücke fällt bei einem Bodenwert von bis 7,50 EUR/qm für das „1. Flurstück“ eine Gebühr von 480 EUR (Spalte 1, Zeile 1), für das „2. bis 3. Flurstück, je Flurstück“ eine Gebühr von 155 EUR an. Auch hier ist offensichtlich, dass das erste Flurstück mit einem vergleichsweise hohen Betrag von 480 EUR zu Buche schlägt, während im Sinne einer degressiven Staffelung weitere neu gebildete Flurstücke rabattiert werden. Für das zweite (und dritte) Flurstück ist demnach ein Betrag von (jeweils) 155 EUR hinzuzusetzen. Auch hier berücksichtigt das Verwaltungsgericht nicht, dass der Normgeber Ordnungszahlen verwendet, die eine Reihenfolge erstellen und dadurch einen eindeutigen Inhalt vorgeben.

Auf der Grundlage der normativ hinreichend bestimmten Vorgaben ist die konkrete Gebührenberechnung durch den Beklagten nicht zu beanstanden. Die in erster Instanz geäußerte und im Berufungsverfahren nicht wiederholte Auffassung des Klägers, es habe eine preiswertere Sonderung ohne Arbeiten vor Ort durchgeführt werden müssen, trifft nicht zu. Der Beklagte hat nachvollziehbar erläutert, dass die dafür erforderlichen Computerdaten für das Grundstück des Klägers nicht vorgelegen hätten. Gegenteilige Gesichtspunkte sind weder dargetan noch ersichtlich. Etwaige telefonische Auskünfte gegenüber dem Kläger, eine Sonderung komme in Frage, begründeten auch hinsichtlich der Gebührenerhebung keinen Vertrauensschutz. Insofern fehlt es jedenfalls an der erforderlichen Schriftform (§ 1 Abs. 1 Nds. VwVfG i.V. mit § 38 Abs. 1 Satz 1 VwVfG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V. mit § 708 Nr. 10, § 709 Satz 2, § 711 Satz 1 und 2 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.