ArbG München, Endurteil vom 27.07.2020 - 19 Ca 13704/18
Fundstelle
openJur 2021, 17261
  • Rkr:
Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Der Streitwert wird auf 95.000,00 € festgesetzt.

4. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über einen Schmerzensgeldanspruch des Klägers wegen Mobbing.

Der 1963 geborene Kläger war von 01.02.1987 bis 30.06.2019 bei der Beklagten zunächst als Lagerhelfer in B-Stadt und seit 01.05.1993 als Hausordner im Standort in DStadt tätig. Zuletzt war er aufgrund einer Versetzung als Kanalreiniger mit Dienstort EStadt, beschäftigt. Der Kläger ist mit einem Grad der Behinderung vom 40 einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt.

Aufgrund eines Vorfalls am Abend des 02.06.2015 kündigte die Beklagte das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos mit Kündigungsschreiben vom 15.06.2015. Das Arbeitsgericht gab der Kündigungsschutzklage statt (Az. 21 Ca 302/15). Das LAG München stellte zwar u.a. fest, dass der Kläger hinsichtlich des Betretens dienstlicher Räume zur Nachtzeit einen "durchaus auch als erheblich zu wertenden Pflichtverstoß" begangen hat. Gleichwohl wurde die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (LAG München vom 13.10.2016 - 3 Sa137/16).

In der Folgezeit versetzte die Beklagte den Kläger zum 19.03.2017 auf den Dienstposten "Kanalreiniger" in E-Stadt. Auch hiergegen reichte der Kläger Klage ein, welche erstinstanzlich (Az. 21 Ca 135/17) und zweitinstanzlich (Az. 7 Sa 869/17) abgewiesen wurde.

Ebenso wurde die gegen die Abweisung eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde durch das Bundesarbeitsgericht (Az. 10 AZN 785/18) zurückgewiesen.

Im o.g. Verfahren zur Prüfung der Rechtmäßigkeit der Versetzung machte der Kläger im Laufe des Verfahrens zusätzlich einen Schadensersatzanspruch wegen der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch Mobbing geltend. Das Arbeitsgericht München (21 Ca 135/17) wies die Klage ab und das Landesarbeitsgericht München wies die Berufung des Klägers zurück (vgl. Urteil des LAG München vom 18.05.2018 - 7 Sa 869/17, Bl. 254 ff. d.A.).

Im weiteren Kündigungsschutzverfahren bezüglich der außerordentlichen Kündigung der Beklagten mit sozialer Auslauffrist aus krankheitsbedingten Gründen vom 22.11.2018 mit Ablauf des 30.06.2019 schlossen die Parteien am 28.11.2019 vor dem Arbeitsgericht München einen Vergleich dahingehend, dass das Arbeitsverhältnis zum 30.06.2019 gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 75.000,00 € brutto beendet wurde (Az. 13 Ca 12578/18). Das Verfahren wegen Urlaubsabgeltung (Az. 21 Ca 2863/19) wurde mitverglichen.

Bezüglich weiterer Gerichtsverfahren der Parteien wird auf die Auflistung der Beklagten im Schriftsatz vom 25.10.2019 (dort Seite 25, Bl. 239 d.A.) Bezug genommen.

Der Kläger ist der Auffassung, dass ihm gemäß § 253 BGB ein Schmerzensgeld wegen seiner durch die Beklagte erlittenen seelischen Verwundungen sowie der Verletzung seines Persönlichkeitsrechtes und seiner Gesundheit zustehe. Es hätten seitens der Beklagten bzw. von deren Bediensteten massive Mobbingattacken gegen den Kläger stattgefunden. Zwischen den einzelnen Mobbinghandlungen würde ein Fortsetzungszusammenhang bestehen. Die Beklagte handele auch vorsätzlich hinsichtlich dieser Mobbinghandlungen, da es das geplante Ziel der Beklagten gewesen sei, das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis aufzulösen, indem durch fortwährende Verletzungen seines Persönlichkeitsrechts bzw. seiner Gesundheit, dieser veranlasst werden sollte, seinerseits zu kündigen. Die Klage werde ua. auf folgende Vorfälle gestützt:

a) Ab Januar 2014 habe der Kläger keine Stundenabrechnungen mehr erhalten mit der Folge, dass kein Übertrag von Stunden auf den Folgemonat erfolgt sei.

b) Trotz mehrfacher Monierung habe der Kläger und seine Hausordnerkollegen nahezu unleserliche Dienstpläne erhalten, insbesondere seien die Schichten des Klägers in einem dunkel schraffierten Feld angegeben worden. Der Verwaltungsleitung sei bekannt gewesen, dass er Probleme mit seinen Augen habe. Er habe sich der Hilfe von Arbeitskollegen bedienen müssen.

c) Der Kläger habe jeweils in der dritten und vierten Woche unzulässigerweise durchgehend an sieben Tagen arbeiten müssen. So habe der Kläger vom 09.05. bis 15.05.2014 und 05.12. bis 11.12.2014 durchgehend arbeiten müssen.

d) Der Kläger sei von der Weihnachtsfeier am 18.12.2013 ausgeschlossen worden.

Laut Teilnehmerliste sei der Kläger als im Urlaub befindlich aufgeführt worden, obwohl er an diesem Tag keinen Urlaub gehabt habe, sondern einen Untersuchungstermin beim Vertrauensärztlichen Dienst habe wahrnehmen müssen.

e) Zum 01.04.2014 seien dem Kläger seine Zulagen nicht ausbezahlt worden, weil dem Standort E-Stadt angeblich seine Zulagen zu spät übermittelt worden seien. Der Kläger habe seine Vergütung zu spät ausbezahlt erhalten.

f) Als reine Schikanemaßnahme sei es zu sehen, dass der Kläger erstmals im Dezember 2013 zum Dienst an Silvester herangezogen worden sei, obwohl er seit seiner 20jährigen Beschäftigung zur damaligen Zeit noch niemals an Silvester habe arbeiten müssen.

g) Die Beklagte habe die Empfehlung des Vertrauensärztlichen Dienstes vom 13.10.2014 nicht umgesetzt.

h) Am 08.07.2014 sei der Kläger zu einem Gespräch bei seiner Vorgesetzten, Frau K., geladen gewesen. Hintergrund für dieses Gespräch sei seine Anmeldung zum zentralen Sommerfest des Standorts in M-Stadt gewesen. Dem Kläger sei von Frau K. erklärt worden, dass er als Rädelsführer der Hausordner in M-Stadt mit niemanden reden dürfe.

i) Am 16.02.2015 habe der Kläger festgestellt, dass ihm und damit auch den beiden weiteren Hausordnern der Zugang zum PC gesperrt worden sei. Die Zugangsberechtigung sei ihm ohne vorherige Mitteilung entzogen worden.

j) Weder der Kläger noch seine Hausordnerkollegen konnten und durften am Betriebsausflug 2015 teilnehmen. So habe der Kläger erst im Nachhinein vom Betriebsausflug erfahren.

k) Der Kläger sei aufgrund des Vorfalls vom 02.06.2015 unberechtigterweise außerordentlich gekündigt worden. Trotz der für unwirksam erklärten außerordentlichen Kündigung sei der Kläger nicht wieder an seiner bisherigen Arbeitsstelle als Hausordner beschäftigt, sondern zuletzt auf den Dienstposten als Kanalreiniger versetzt worden.

l) Infolge der außerordentlichen Kündigung habe der Kläger am 16.06.2015 bei dem Leiter des Standorts E-Stadt, Herrn Z., ersucht, dass ihm sein Resturlaub 2014 sowie sein Urlaub für 2015 ausbezahlt werde. Dies sei jedoch nicht geschehen, da nach Auskunft des Herrn Z. eine Auszahlung des Urlaubs nicht möglich sei.

m) Die Beklagte habe im Zeitraum 2014 bis 2017 den Urlaubsanspruch des Klägers immer wieder neu und falsch berechnet.

n) Die Beklagte habe den Urlaubsantrag des Klägers vom 17.05.2018 für den Zeitraum vom 20.05.2018 bis 03.07.2018 zu Unrecht verweigert.

o) Es sei immer wieder ausgeführt worden, dass der Kläger aufgrund seiner körperlichen Beeinträchtigungen für den Dienstposten als Kanalreiniger nicht geeignet sei. Erst im Mai 2018 sei der Kläger zu einem betrieblichen Eingliederungsmanagement eingeladen worden. Der Termin vom 18.06.2018 sei von der Beklagten wieder aufgehoben worden. Dem Klägervertreter sei eine Teilnahme daran verweigert worden. Der weitere Termin vom 29.08.2018 sei angesichts der kurzfristigen Einladung vom 23.08.2018 seitens des Klägers abgelehnt worden. Ohnehin sei ein BEM-Gespräch im damaligen Zeitpunkt völlig sinnlos gewesen, da noch nicht bekannt gewesen sei, welche beruflichen Einschränkungen der Kläger aufgrund seiner Behinderung habe. Die vertrauensärztliche Untersuchung habe erst am 27.08.2018 stattgefunden, so dass ein Ergebnis bis 29.08.2018 keinesfalls habe vorliegen können. Dass das BEM-Verfahren beklagtenseits nur vorgetäuscht worden sei, werde auch durch den Umstand bewiesen, dass die Beklagte mit Schreiben vom 22.11.2018 das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger außerordentlichen mit sozialer Auslauffrist zum 30.06.2019 gekündigt habe.

p) Die Beklagte würde das Privatleben des Klägers und seiner Familie ausspionieren. So habe die Beklagte im gerichtlichen Verfahren vor dem Arbeitsgericht München, Kammer Weilheim (Az. 21 Ca 135/17) bezüglich der Erkrankung des Klägers auf ein ua.vom Kläger veranstaltetes Dodge-Ram-Treffen verwiesen. Als Beweis sei hierzu ein Auszug des Facebook-Eintrags des Klägers, ein Artikel auf der Seite www.merkur.de sowie der Facebook-Auftritt des Musikers K. dem Arbeitsgericht München vorgelegt worden. Seit dem Vorfall vom Juni 2015 sei zudem die Familie des Klägers über den Facebook-Account ihrer Ferienwohnungen nicht nur Drohungen, sondern auch massiven Beleidigungen ausgesetzt.

Entgegen der Ansicht der Beklagten habe der Kläger über seine vormalige Prozessbevollmächtigte keine Mobbingklage eingereicht. Es seien nur immer wieder einzelne Mobbingpunkte angesprochen worden, die in das Persönlichkeitsrecht des Klägers in unzulässiger Weise eingegriffen hätten.

Der Kläger beantragt daher:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch 95.000 € zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt

Klageabweisung.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Klage bereits zum Teil unzulässig sei, weil einige der vom Kläger aufgeführten Mobbinghandlungen bereits Gegenstand der rechtskräftigen Entscheidung des LAG München vom 18.05.2018 (Az. 7 Sa 869/17, Bl. 254 ff. d.A.) gewesen seien. Die Klage sei auch insgesamt unbegründet, da sämtliche vom Kläger benannten Umstände weder bei einer isolierten Betrachtungsweise noch im Rahmen der gebotenen Gesamtschau seine Behauptung zu begründen vermögen, dass die Beklagte in Form von sog. Mobbinghandlungen eines seiner Rechtsgüter verletzt habe. Zu den einzelnen Vorwürfen sei wie folgt auszuführen:

a) Der Vorwurf der fehlenden bzw. fehlerhaften Stundenabrechnungen sei angesichts der bereits vorliegenden Gerichtsentscheidungen eine Dreistigkeit. Dass der Kläger ab Januar 2014 keine Stundenabrechnungen mehr bekommen haben soll, werde nach wie vor bestritten. Auch sei zu bestreiten, dass dies zur Folge gehabt habe, dass kein Übertrag von Stunden auf den Folgemonat erfolgt sei.

b) Hinsichtlich der nach Darstellung des Klägers unleserlichen Dienstplänen sei festzuhalten, dass der Kläger genau die Dienstpläne erhalten habe, die auch seinen Kollegen übergeben worden seien. Hierzu sei auf die Entscheidung des LAG München (Az. 7 Sa 869/17) verwiesen, in der bereits zu diesem Vorwurf festgestellt worden sei, dass hierin keine Mobbinghandlung zu sehen sei.

c) Der Kläger habe tatsächlich zu keinem Zeitpunkt an sieben Tagen durchgehend gearbeitet. In der Zeit vom 09.05.2014 bis 15.05.2014 sei der Kläger krank geschrieben gewesen. Auch habe der Kläger am 05.12.2014 frei gehabt.

d) Auch der angebliche vorsätzliche Ausschluss des Klägers von der Weihnachtsfeier 2013 werde bestritten. Die Teilnehmerliste sei diesbezüglich nicht verbindlich gewesen.

e) Auch dass dem Kläger angeblich Zulagen zu spät ausbezahlt worden seien, werde bestritten.

f) Weiterhin werde bestritten, dass der Kläger in 20 Jahren als Hausordner nie Dienst an Silvester geleistet habe. Auch vor 2013 seien regelmäßig Kollegen des Klägers an Silvester zum Dienst eingeteilt gewesen.

g) Die Beklagte sei zu keinem Zeitpunkt verpflichtet gewesen, die Empfehlung des PuVD vom 13.10.2014 umzusetzen.

h) Das Gespräch am 08.07.2014 mit Frau K. habe es nie gegeben. Der vom Kläger benannte Zeuge sei während des angeblichen Personalgesprächs nicht anwesend gewesen.

i) Dass dem Kläger die Zugangsberechtigung zum PC ohne Mitteilung entzogen worden sei, werde bestritten. Daraus könne ohnehin keine gezielte Mobbinghandlung gegen die Person des Klägers abgeleitet werden.

j) Zu bestreiten sei, dass dem Kläger und seinen weiteren Hausordnerkollegen keine Mitteilung über den Betriebsausflug 2015 gemacht worden sei.

k) Bezüglich des Ausspruchs der außerordentlichen Kündigung aufgrund des Vorfalls vom 02.06.2015 sowie die daraufhin folgende Abordnung/Versetzung des Klägers werde auf die Ausführungen des LAG München in der rechtskräftigen Entscheidung vom 18.05.2018 (7 Sa 869/17) Bezug genommen.

l) Dass der Kläger am 16.06.2015 bei Herrn Z. angerufen habe und um die Auszahlung seines Urlaubs ersucht habe, werde bestritten. Ebenfalls werde die seitens des Klägers behauptete Auskunft des Herrn Z., dass eine Auszahlung des Urlaubs nicht möglich sei, bestritten.

m) In der korrigierten Berechnung der Urlaubstage sei kein Mobbing der Beklagten zu erkennen. Die unterschiedlichen Auffassungen der Parteien zur Urlaubsberechnung seien bereits mehrfach in gerichtlichen Verfahren thematisiert worden, ohne dass dies eine entsprechende Berücksichtigung in den gerichtlichen Entscheidungen gefunden hätte.

n) Auch die Ablehnung des Urlaubsantrags des Klägers für den Zeitraum 20.05. bis 03.07.2018 stelle kein Mobbing dar. Zum einen habe der Kläger nicht nachgewiesen, dass er die Tätigkeiten als Kanalreiniger habe ausüben können, zum anderen habe die Beklagte einen dienstlichen Grund gehabt, den Urlaubsantrag abzulehnen. Der Kläger sei in der beantragten Zeit dringend als Kanalreiniger benötigt worden, da am Standort E-Stadt kein anderer Kanalreiniger tätig gewesen sei.

o) Keines der angebotenen BEM-Gespräche habe der Kläger wahrgenommen. Zu bestreiten sei, dass die Beklagte das BEM-Verfahren nur vorgetäuscht habe, um den Kläger zu kündigen. Der Termin vom 18.06.2018 sei auf Wunsch des Klägervertreters wieder aufgehoben worden. Mit Schreiben vom 03.07.2018 sei der Kläger um Mitteilung gebeten worden, ob er beim BEM-Gespräch die Teilnahme eines Vertreters des Inklusionsamtes M-Stadt oder des Integrationsfachdienstes in W-Stadt wünsche. Trotz Fristsetzung habe der Kläger innerhalb der Frist keinen entsprechenden Wunsch geäußert. Erst mit Schreiben vom 24.08.2018 sei dann mitgeteilt worden, dass der Kläger den Termin am 29.08.2018 nicht wahrnehmen werde, da er zu kurzfristig sei und er im Übrigen die Teilnahme des Inklusionsamtes und des Integrationsfachdienstes wünsche. Aufgrund der vertrauensärztlichen Stellungnahme vom 02.10.2018 (vgl. Bl. 235 ff. d.A.) und der Fehlzeiten des Klägers in der Zeit vom 13.10.2016 bis 06.12.2018 habe die Beklagte entschieden, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger aufgrund der vorliegenden negativen Prognose zu beenden.

p) Die Beklagte habe auch nicht das Privatleben des Klägers durchleuchtet. Sowohl der Facebookeintrag des Klägers sowie der des Musikers K. als auch der besagte Zeitungsartikel seien für die Öffentlichkeit zugänglich gewesen.

Bezüglich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Protokolle Bezug genommen, §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 495, 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO.

Gründe

I.

Die Klage ist zulässig.

Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten ist eröffnet, § 2 Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG. Das Arbeitsgericht München ist örtlich zuständig, § 48 Abs. 1 a ArbGG.

Der Klage steht auch die materielle Rechtskraft einer anderen gerichtlichen Entscheidung (hier: Urteil des Landesarbeitsgericht München vom 18.05.2018 - 7 Sa 869/17) nicht entgegen. Die materielle Rechtskraftwirkung (§ 322 Abs. 1 ZPO) verhindert grundsätzlich, dass bei Identität der Parteien und des Sachverhalts die bereits rechtskräftig entschiedene Frage den Gerichten zur erneuten Entscheidung unterbreitet werden kann (ne bis in idem). Eine erneute Klage, deren Streitgegenstand mit dem eines bereits rechtskräftig entschiedenen Rechtsstreits identisch ist, ist deshalb unzulässig (vgl. BGH, Urteil vom 22.10.2013 - XI ZR 42/12, juris).

Der Begriff des Anspruchs in § 322 Abs. 1 ZPO bezeichnet den prozessualen Anspruch im Sinne der Streitgegenstandslehre. Die objektiven Grenzen der Rechtskraft des Entscheidungsgegenstandes werden durch den Streitgegenstand des vorangegangenen Verfahrens bestimmt. Dieser richtet sich nach dem zur Entscheidung gestellten Antrag (Klageziel) und dem zugehörigen Lebenssachverhalt (Klagegrund), aus dem die begehrte Rechtsfolge hergeleitet wird (BAG, Urteil vom 19.01.2010 - 1 ABR 55/08, juris).

Nachdem sich der streitgegenständliche Sachverhalt von dem Sachverhalt, der der Entscheidung des LAG München vom 18.05.2018 zugrundlag, in einigen Punkten unterscheidet, kann nicht von einem identischen Streitgegenstand ausgegangen werden, so dass die Klage zumindest nicht unzulässig ist.

II.

Die Klage ist unbegründet, d.h. der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld nach §§ 823 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB.

1. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist Mobbing kein Rechtsbegriff und damit auch keine mit einer Rechtsnorm vergleichbare selbstständige Anspruchsgrundlage für Ansprüche eines Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber oder gegen Vorgesetzte bzw. Arbeitskollegen. Macht ein Arbeitnehmer konkrete Ansprüche aufgrund von Mobbing geltend, muss jeweils geprüft werden, ob der in Anspruch Genommene in den vom Kläger genannten Einzelfällen arbeitsrechtliche Pflichten, ein absolutes Recht des Arbeitnehmers im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB, ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB verletzt oder eine sittenwidrige Schädigung im Sinne des § 826 BGB begangen hat. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass es Fälle gibt, in welchen die einzelnen, vom Arbeitnehmer dargelegten Handlungen oder Verhaltensweisen seiner Arbeitskollegen, Vorgesetzten oder seines Arbeitgebers für sich allein betrachtet noch keine Rechtsverletzungen darstellen, jedoch die Gesamtschau der einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen zu einer Vertrags- oder Rechtsgutsverletzung führt, weil deren Zusammenfassung aufgrund der ihnen zu Grunde liegenden Systematik und Zielrichtung zu einer Beeinträchtigung eines geschützten Rechtes des Arbeitnehmers führt. Letzteres ist insbesondere dann der Fall, wenn unerwünschte Verhaltensweisen bezwecken oder bewirken, dass die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Würdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Dies entspricht der in § 3 Abs. 3 AGG erfolgten Definition des Begriffes "Belästigung", die eine Benachteiligung im Sinne des § 1 AGG darstellt. Da ein Umfeld grundsätzlich nicht durch ein einmaliges, sondern durch ein fortdauerndes Verhalten geschaffen wird, sind alle Handlungen bzw. Verhaltensweisen, die dem systematischen Prozess der Schaffung eines bestimmten Umfeldes zuzuordnen sind, in die Betrachtung mit einzubeziehen. Demzufolge dürfen einzelne zurückliegende Handlungen/Verhaltensweisen bei der Beurteilung nicht unberücksichtigt gelassen werden (BAG, Urteil vom 28. Oktober 2010 - 8 AZR 546/09, BAG, Urteil vom 14.11.2013 - 8 AZR 813/12, zitiert nach juris).

Nicht jede Konfliktsituation im Betrieb führt zu Persönlichkeitsrechtsverletzungen. Übliche Konfliktsituationen im Betrieb sind nicht geeignet, den Tatbestand einer unerlaubten Handlung zu erfüllen. Auch Überschreitungen des Direktionsrechts des Arbeitgebers oder der Ausspruch einer Kündigung als solche stellen noch kein "Mobbing dar. Solche liegen nur bei fortgesetzten aufeinander aufbauenden und ineinandergreifenden Anfeindungen, Schikanen oder Diskriminierungen vor, die in ihrer Gesamtheit das allg. Persönlichkeitsrecht, die Ehre oder die Gesundheit des AN verletzen (Preis, in Erfurter Kommentar, 20. Auflage, § 611 a BGB Rn. 623).

2. Bei Anwendung dieser Grundsätze ist ein Schmerzensgeldanspruch des Klägers nicht gegeben. Es liegen schon keine Pflichtverletzungen der Beklagten vor. Auch ist ein systematisches Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren des Klägers durch die Beklagte nicht erkennbar. Vielmehr handelt es sich bei den vom Kläger geschilderten einzelnen Vorfällen um im Arbeitsleben normale Konflikte, aus denen sich keine schikanöse Motivation der Beklagten ergibt. Im Einzelnen:

a) Was den Vorwurf der unleserlichen Dienstpläne angeht, bleibt festzuhalten, dass der Kläger und seine Kollegen die gleichen Dienstpläne erhalten haben und bereits das LAG München in seiner Entscheidung vom 18.05.2018 festgestellt hat, dass "allein aus diesem Umstand keine Mobbinghandlung ersichtlich" ist. Es fehlt an jeglichem konkreten Vorbringen des Klägers, dass nur er im Gegensatz zu den anderen Arbeitskollegen dunkle und unleserlich ausgedruckte Dienstpläne erhalten hat.

b) Was den Vorwurf der fehlenden bzw. fehlerhaften Stundenabrechnungen von 2013 bis 2015 bzw. der ungerechten Schichtpläne angeht, fehlt es hinsichtlich der fehlerhaften Stundenabrechnungen und ungerechten Schichtplänen bereits an einem substantiierten Sachvortrag, der erkennen lässt, worin genau die Fehlerhaftigkeit bzw. Ungerechtigkeit liegen soll. Im Übrigen kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass fehlende Stundenabrechnungen das Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzt haben sollen, zumal bereits durch das Arbeitsgericht München im Verfahren (Az: 21 Ca 143/16) für den Zeitraum Januar 2013 bis Mai 2015 festgestellt wurde, dass die Beklage "sämtliche von ihr erstellten Unterlagen zu den Arbeitszeiten des Klägers herausgegeben" hat.

c) Was den mittlerweile zumindest konkretisierten Sachvortrag des Klägers angeht, dass er vom 09.05.bis 15.05.2014 sowie 05.12 bis 11.12.2014 durchgehend an sieben Tagen habe arbeiten müssen, ist nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Beklagten davon auszugehen, dass der Kläger im ersten Zeitraum krankgeschrieben gewesen war und im zweiten Zeitraum am 05.12.2014 wegen Überstundenabbau frei gehabt hat. Eine durchgehende Schichtarbeit von sieben Tagen ist damit bereits nicht feststellbar. Das pauschale Vorbringen des Klägers, dass er jeweils in der dritten und vierten Woche durchgehend an sieben Tage arbeitete, stellt bereits keinen substantiierten Sachvortrag dar (so bereits LAG München, Urteil vom 18.05.2018 - 7 Sa 869/17). Ohnehin kann nicht nachvollzogen werden, warum die Einteilung zu einer siebentägigen Arbeitswoche per se unzulässig sein soll. Das ArbZG sieht dies zumindest nicht vor. Was die fehlende Stunden- bzw. Feiertagsabrechnung angeht, kann auf die Ausführungen unter b) verwiesen werden.

d) Was den weiteren Vorwurf angeht, der Kläger sei von der Weihnachtsfeier 2013 ausgeschlossen worden, belegt die seitens des Klägers vorgelegte Teilnehmerliste, dass nach der Vorstellung des Klägers nicht nur er, sondern auch die anderen Mitarbeiter, die mit "U" in die Liste eingetragen wurden, ausgeschlossen wurden. Zudem bleibt unklar, inwiefern die seitens des Klägers vorgelegte Liste, die Teilnahme verpflichtend ausschließen sollte.

e) Dass dem Kläger seine Zulagen zum 01.04.2014 nicht rechtzeitig ausbezahlt wurden, stellt einen nicht unüblichen Vorgang im Arbeitsleben dar, der für sich genommen nicht auf ein zielgerichtetes Mobbing des Arbeitsgebers schließen lässt.

f) Auch dass der Kläger am 31.12.2013 zum Dienst eingeteilt wurde, stellt keine Mobbinghandlung dar, da nach dem vorgelegten Dienstplan der Beklagten auch im Vorjahr zwei Kollegen zum Dienst eingeteilt waren, mitunter auch der seitens des Klägers für den Umstand benannte Zeuge, dass seit über 20 Jahren keine Hausordner an diesem Tag zum Dienst eingeteilt wurden.

g) Hinsichtlich des Vorwurfs der fehlenden Umsetzung der Empfehlung des Personal- und Vertrauensärztlichen Dienstes vom 13.10.2014 (Anlage K 1, Bl. 57 d.A.) durch die Beklagte, hätte es am Kläger gelegen darzulegen, welche Maßnahmen seitens der Beklagten trotz bestehender Möglichkeit nicht ergriffen wurden und dass hierzu seitens der Beklagten eine Verpflichtung ihm gegenüber bestanden hat.

h) Was den Inhalt des seitens des Klägers behaupteten Personalgesprächs mit Frau K. am 08.07.2014 angeht, hätte der Kläger zunächst dazu vortragen müssen, ob und inwiefern der von ihm benannte Zeuge tatsächlich an diesem Gespräch teilgenommen hat, was von der Beklagten bestritten wird.

i) Was die Vorwürfe des Entzugs der Zugangsberechtigung zum PC sowie der verhinderten Teilnahme am Betriebsausflug 2015 angeht, ist in beiden Fällen festzuhalten, dass nicht nur der Kläger, sondern auch seine Hausordnerkollegen davon betroffen waren, so dass eine zielgerichtete Mobbinghandlung gegen den Kläger nicht gegeben ist.

j) Was die außerordentliche Kündigung aufgrund des Vorfalls vom 02.06.2015 sowie die Abordnung als Küchenhelfer sowie die Versetzung auf den Dienstposten als Kanalreiniger angeht, ist festhalten, dass das LAG München bereits in seiner rechtskräftigen Entscheidung vom 18.05.2018 (Az. 7 Sa 869/17) festgestellt hat, dass die Maßnahmen der Beklagten "keinesfalls als Mobbinghandlungen" anzusehen sind, sondern eine angemessene Reaktion der Beklagten aufgrund der "unverfrorenen Vorgehensweise des Klägers" darstellten. Dieser Einschätzung schließt sich die Kammer vollumfänglich an, zumal der bloße Ausspruch eine Kündigung bzw. die Vornahme einer Versetzung legitime arbeitsrechtliche Maßnahmen sind, die ohne das Hinzutreten besonderer Anhaltspunkte die Annahme einer Mobbinghandlung nicht rechtfertigen.

k) Dass dem Kläger trotz Aufforderung die Auszahlung seines Resturlaubs 2014 und 2015 verweigert wurde, ist nach Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung nicht unüblich, da dies regelmäßig im Rahmen des Kündigungsschutzverfahrens geregelt wird. Insofern ist die erforderliche schikanöse Tendenz des ohnehin bestrittenen Verhaltens der Beklagten nicht feststellbar.

l) Was die korrigierte Berechnung der Urlaubstage zwischen 2014 und 2017 angeht, ist hier von einer üblichen Konfliktsituation im Arbeitsverhältnis auszugehen.

Selbst wenn die Beklagte hier von einem falschen Standpunkt ausgehen sollte, ist hiermit nicht belegt, dass die Ablehnung allein deshalb erfolgte, um den Kläger zu schikanieren.

m) Auch in der angeblich unrechtmäßigen Urlaubsverweigerung für die Zeit vom 20.05.bis 03.07.2018 kann keine gezielte und planmäßige Mobbinghandlung der Beklagten gesehen werden. Unbestritten blieb, dass die Beklagte einen berechtigten dienstlichen Grund hatte, den Urlaubsantrag des Klägers abzulehnen. Zudem räumt der Kläger selbst ein, dass er zu dieser Tätigkeit körperlich gar nicht in der Lage gewesen sei. Eine Urlaubsgewährung scheidet jedoch von vornherein aus, wenn der Arbeitnehmer arbeitsunfähig ist.

n) Der weitere Vorwurf des Klägers, die Beklagte habe das Verfahren zur betrieblichen Wiedereingliederung nur vorgetäuscht, entbehrt jeglicher Grundlage, insbesondere kann dies der Ausspruch der außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist vom 22.11.2018 zum 30.06.2019 nicht beweisen. Fakt ist, dass der Termin vom 18.06.2018 auf Antrag des Klägervertreters in seinem Schreiben vom 12.06.2018 wieder aufgehoben wurde. Auch der weitere Termin vom 29.08.2018 wurde vom Kläger mit Schreiben vom 24.08.2018 abgelehnt, weil er zu kurzfristig sei sowie die Teilnahme des Inklusionsamtes und des Integrationsfachdienstes gewünscht sei, obwohl zuvor ein entsprechender Wunsch trotz Fristsetzung durch die Beklagte nicht geäußert wurde. Schließlich kann auch im Ausspruch der außerordentlichen Kündigung vom 22.11.2018 keine Mobbinghandlung erkannt werden. Auch hier handelt es sich um eine legitime Arbeitgebermaßnahme, die für sich genommen, keine Schikane durch den Arbeitgeber erkennen lässt. Dies gilt vorliegend auch bereits deshalb, da sich die Parteien zwischenzeitlich auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.06.2019 gegen Zahlung einer Abfindung verglichen haben.

o) Die Behauptung des Klägers, die Beklagte würde das Privatleben des Klägers ausspionieren, lässt die Annahme einer Mobbinghandlung bereits deshalb nicht zu, da sowohl der Facebookeintrag des Klägers vom 28.05.2017 als auch der Zeitungsartikel unter www. merkur.de vom 29.12.2016 sowie der Facebookeintrag des Musikers K. vom 23.05.2017 für die Öffentlichkeit zugänglich waren. Der gesamte Vorwurf des Ausspionierens des Klägers erscheint gerade auch vor dem Hintergrund des weiteren Vorbringens des Klägers, seine Familie sei über den Facebook-Account der Ferienwohnungen seiner Ehefrau und Tochter, nicht nur Drohungen, sondern massiven Beleidigungen ausgesetzt, alles andere als plausibel.

3. Nachdem sämtliche vom Kläger gegenüber der Beklagten vorgebrachten Vorwürfe bereits dem Grunde nach nicht einmal ansatzweise den Anschein einer Rechtsgutverletzung des Klägers begründen können, sind sie auch in der gebotenen Gesamtschau nicht geeignet einen Schmerzensgeldanspruch des Klägers zu begründen. Die Klage ist damit insgesamt abzuweisen.

III.

Der Kläger hat als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 Abs. 1 ZPO.

Der Streitwert nach § 61 Abs. 1 ArbGG wurde entsprechend des bezifferten Klageantrags festgesetzt, §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 3 ff. ZPO.

Die Berufung war nicht gesondert zuzulassen, da sie bereits nach § 64 Abs. 2 b) ArbGG eingelegt werden kann.