LG Hamburg, Urteil vom 21.08.2020 - 306 S 6/20
Fundstelle
openJur 2021, 16403
  • Rkr:
Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 29.11.2019, Az. 7 C 93/19, abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 19,26 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 15.03.2016 zu zahlen.

Die Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 70,20 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 03.05.2016 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 66 Prozent und die Beklagte zu 34 Prozent zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede der Parteien kann die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

5. Gegen dieses Urteil steht der Beklagten das Rechtsmittel der Revision zu.

Gründe

A

Das klagende Kfz-Sachverständigenbüro nimmt die Beklagte aus (behauptetem) abgetretenen Recht auf Ersatz restlicher Sachverständigenkosten wegen eines Verkehrsunfalles vom 16.01.2016 in Anspruch. Bei unstrittig voller Haftung der Beklagten als Haftpflichtversicherer des unfallverursachenden Fahrzeuges dem Grunde nach besteht Streit noch über die Wirksamkeit der Abtretung sowie die Höhe der ersatzfähigen Sachverständigenkosten.

Die vorsteuerabzugsberechtigte Geschädigte beauftragte die Klägerin am 22.01.2016 mit der Erstellung eines Schadensgutachtens. Dem Auftrag liegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (Anlage K5) sowie die Honorartabelle der Klägerin „Entgelte für Schadengutachten“ (Anlage K4) zugrunde.

In der Honorartabelle werden Fahrkosten anteilig pro Kilometer mit 0,75 EUR, Fotokosten pro Farbbild für Originale mit 1,80 EUR sowie für Duplikate mit 1,00 EUR und ferner pauschal Schreibkosten / Kopien mit 18,00 EUR und Porto- Druck- und Telefonkosten mit 8,00 EUR ausgewiesen.

Das Auftragsformular zur Gutachtenerstellung (Anlage K3) enthält darüber hinaus die folgende (Abtretungs-) Klausel:

„[...] Weiter trete ich meinen Schadenersatzanspruch auf Erstattung der Gutachterkosten gegen den Unfallgegner und dessen Versicherungsgesellschaft an die [Klägerin] ab. Meine persönliche Haftung für die Gutachterkosten bleibt trotz dieser Abtretung bestehen. Die Abtretung erfolgt nicht an Erfüllung statt. Die Kosten für das Gutachten werden nach der derzeit geltenden Honorartabelle der [Klägerin] berechnet. “

Die Klägerin stellte der Geschädigten für das schriftliche, 10 maschinenschriftliche Seiten umfassende Schadensgutachten vom 25.01.2016 (Anlage K1), das unfallbedingte Reparaturkosten in Höhe von 2.513,51 EUR (netto) ausweist, nebst Lichtbildanlage mit 8 Lichtbildern (Anlage K 16) sowie zwei Duplikaten einen Betrag in Höhe von 517,40 EUR (netto) in Rechnung. Der Betrag setzt sich nach der ebenfalls auf den 25.01.2016 datierenden Rechnung (Anlage K2) wie folgt zusammen:

Grundhonorar433,00 EURSchreibkosten / Kopien18,00 EURPorto- Druck und Telefonkosten8,00 EURLichtbilder zum Original14,40 EURLichtbilder zum Duplikat8,00 EURFahrtkostenersatz (48 x 0,75 EUR)36,00 EURDie Beklagte zahlte hierauf mit Schreiben vom 04.02.2016 (Anlage K6) einen Betrag in Höhe von 461,34 EUR (netto). Weitere Zahlungen erfolgten trotz Mahnung der Klägerin vom 04.03.2016 mit Fristsetzung bis zum 14.03.2016 (Anlage K7) sowie erneuter Zahlungsaufforderung durch ihre Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 19.04.2016 (Anlage K8) mit Fristsetzung bis zum 03.05.2016 nicht.

Das Amtsgericht hat die auf Zahlung von restlichen Sachverständigenkosten gerichtete Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Gericht im Wesentlichen ausgeführt, die Abtretungsklausel verstoße gegen das Transparenzgebot mit der Folge, dass die Klägerin insoweit nicht aktivlegitimiert sei. Ein durchschnittlicher Unfallgeschädigter erkenne insbesondere nicht, dass er nach der Abtretung seines Anspruchs die Gutachterkosten gemäß § 273 Absatz 1 BGB nur Zug-um-Zug gegen Rückabtretung erfüllen müsse.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlichen Anträge vollen Umfangs weiter.

Die Klägerin beantragt:

1. Die Beklagte wird unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils des Amtsgerichts Hamburg vom 29.11.2019, Az. 7 C 93/19, verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 56,06 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.03.2016 zu bezahlen.

2. Die Beklagte wird ferner verurteilt, an die Klägerin außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 70,20 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.05.2016 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Mit Zustimmung der Parteien ist die Durchführung des schriftlichen Verfahrens angeordnet worden. Dabei ist als Zeitpunkt, der dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht, der 30.06.2020 bestimmt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird ergänzend auf das wechselseitige Vorbringen der Parteien nebst den zur Akte gereichten Anlagen ebenso wie auf die Hinweise der Kammer vom 21.02.2020 (Bl. 272 f. d. A.) und vom 16.04.2020 (Bl. 240 d. A.) Bezug genommen und verwiesen.

B

I.

Die zulässige Berufung hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet und war daher zurückzuweisen.

1.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht einen Anspruch auf Zahlung weiterer Sachverständigenkosten in Höhe von 19,26 EUR gemäß § 7 Absatz 1 StVG, § 115 Absatz 1 Nummer 1 VVG. Dieser Erstattungsbetrag ergibt sich rechnerisch ausgehend von den im Streitfall erforderlichen Sachverständigenkosten in Höhe von 480,60 EUR abzgl. vorgerichtlich durch die Beklagte bereits gezahlter 461,34 EUR (§ 362 Absatz 1 BGB).

a)

Die Klägerin ist aktivlegitimiert.

Die dem Streitfall zugrundeliegende Abtretungsklausel benachteiligt die Beklagte nicht unangemessen gemäß § 307 Absatz 1 Satz 1 BGB. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot aus § 307 Absatz 1 Satz 2 BGB liegt nicht vor.

aa)

Ausgehend von den Verständnismöglichkeiten des typischerweise bei Verträgen der geregelten Art zu erwartenden Durchschnittskunden kann sich eine unangemessene Benachteiligung des Vertragsgegners im Sinne des § 307 Absatz 1 Satz 1 BGB daraus ergeben, dass eine Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

Der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet, die Rechte und Pflichten seiner Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Er muss einerseits die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschreiben, dass für ihn keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Der Vertragspartner soll andererseits ohne fremde Hilfe möglichst klar und einfach seine Rechte und Pflichten feststellen können, damit er die rechtliche Tragweite der Vertragsbedingungen bei Vertragsschluss hinreichend erfassen kann und nicht von der Durchsetzung seiner Rechte abgehalten wird.

Der Vertragspartner soll unter anderem davor geschützt werden, infolge falscher Vorstellungen über die angebotene Leistung zu einem unangemessenen Vertragsabschluss verleitet zu werden. Die eindeutige und durchschaubare Vermittlung der mit einem beabsichtigten Vertragsschluss verbundenen Rechte und Pflichten ist Voraussetzung für eine informierte Sachentscheidung. Die Klausel muss deshalb nicht nur in ihrer Formulierung verständlich sein, sondern auch die mit ihr verbundenen wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen soweit wie möglich verdeutlichen (zuletzt BGH, Urteil vom 18.02.2020, Az.: VI ZR 135/19 m. w. N.).

bb)

Diesen Anforderungen wird die Klausel im Streitfall gerecht (wie hier im Ergebnis Landgericht Augsburg, Urteil vom 30.03.2020, Az.: 472 S 3228/19; Landgericht Nürnberg-Fürth, Urteil vom 29.01.2020, Az.: 8 S 4747/19; a. A. Landgericht Traunstein, Urteil vom 26.09.2019, Az.: 5 S 2590/19; sämtlich n. v.).

Die Klägerin war weder nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen noch aus einem anderen Rechtsgrund gehalten, formularmäßig auf die sich bereits unmittelbar aus dem Gesetz nach § 273 Absatz 1 BGB ergebenden Rechte hinzuweisen, die sich nach der erfüllungshalber erfolgten Abtretung für den Fall der persönlichen Inanspruchnahme des (geschädigten) Auftraggebers als Zedenten durch den Auftragnehmer als Zessionar ergeben.

Insbesondere ergibt sich eine solche Obliegenheit nicht aus dem Täuschungs- (bzw. Verschleierungs-) und Vollständigkeitsgebot als Ausprägungen der gebotenen Transparenz (im Einzelnen hierzu sowie zum Folgenden Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, 6. Auflage, § 307 BGB, Rn. 267 ff.; Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 12. Auflage, § 307 BGB, Rn. 342 f. jew. m. w. N.).

Eine unangemessene Benachteiligung läge in diesen Fallgestaltungen (erst) in der vom Verwender zurechenbar geschaffenen Gefahr einer Behinderung seines Vertragspartners bei der effektiven Wahrnehmung seiner Rechte, sofern und soweit er davon abgehalten wird, bereits im Vorfeld zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung unter Bezugnahme auf die Klausel Ansprüche des Verwenders abzuwehren oder von der Geltendmachung ihm zustehender Rechte abgeschreckt wird.

Die Kammer hat in ihrer Verfügung vom 21.02.2020 bereits darauf hingewiesen, dass sich der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen etwaige Missverständnisse oder Fehldeutungen aufgrund der ihn treffenden Formulierungsverantwortung jedoch nur zurechnen lassen muss, wenn er – anders als hier – die Gefahr solcher Fehldeutungen durch eine unklare oder mehrdeutige Klauselgestaltung selbst hervorgerufen oder verstärkt hat.

Demgegenüber ist der Verwender nicht gehalten, seinem Vertragspartner von sich aus rechtlich zu belehren oder umfassend über dessen Rechtsposition aufzuklären.

Das Transparenzgebot verpflichtet den Verwender gerade nicht dazu, „jede Klausel gleichsam mit einem umfassenden Kommentar zu versehen“ (BGH, Urteil vom 10.07.1990, Az.: XI ZR 275/89; s. a. Wendland, in: Staudinger, BGB, 2019, § 307 BGB, Rn. 199 zum Folgenden). Es besteht keine allgemeine Belehrungspflicht über das Gesetz oder das sonstige objektive Recht oder gängige Rechtsbegriffe (BGH, Urteil vom 14.05.1996, Az.: XI ZR 257/94 [zum Freigabeanspruch bei nicht-akzessorischen Sicherheiten]; vom 07.12.2010, Az.: XI ZR 3/10 [rechtliche Einordnung der Zahlungspflicht des Kunden]).

Das Gericht hat weiter bereits darauf hingewiesen, dass sich die für die Sachentscheidung erheblichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse grundlegend von denen der seitens der Beklagten angeführten Urteile unterscheiden.

Der Entscheidung des BGH vom 17.07.2018 (Az.: VI ZR 274/17) lag folgende Klausel zugrunde:

„Zur Sicherung des Sachverständigenhonorars [...] trete ich meinen Anspruch auf Erstattung des Sachverständigenhonorars [...] erfüllungshalber an den Sachverständigen ab [...] Durch diese Abtretung werden die Ansprüche des Sachverständigen aus diesem Vertrag gegen mich nicht berührt. Diese können [...] zu jeder Zeit gegen mich geltend gemacht werden. Im Gegenzug verzichtet der Sachverständige dann jedoch Zug um Zug gegen Erfüllung auf die Rechte aus der Abtretung gegenüber den Anspruchsgegnern [...].“

Insoweit führte der Bundesgerichtshof aus, dass die Klausel gerade wegen des Begriffs des Verzichts in einem zur Unwirksamkeit der Klausel gemäß § 307 Absatz 1 Satz 1 und 2 BGB führenden Maß Verwirrung stifte. Von einem durchschnittlichen Unfallgeschädigten könne auch nicht das Verständnis erwartet werden, wonach mit dieser Formulierung an sich die Verpflichtung zur Rückabtretung der Schadensersatzforderung an den Geschädigten gemeint sei.

Auch in seiner Entscheidung vom 18.02.2020 (Az.: VI ZR 135/19) verhält sich der Bundesgerichtshof nicht zu der hier entscheidungserheblichen Frage, ob der Verwender von sich aus die Regelung des § 273 Absatz 1 BGB formularmäßig abzubilden habe, sondern stellt vielmehr sinngemäß heraus, dass eine in Anlehnung an das Regelungsregime nach § 273 Absatz 1 BGB in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene vertragliche Regelung nach Maßgabe der obigen Grundsätze jedenfalls klar und verständlich sein müsse.

Hinzu kommt, dass die Unwirksamkeit der Abtretung in den bisher vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fällen auch nur aus der weiteren – auf den Streitfall ebenfalls nicht übertragbaren – Erwägung folgte, wonach der unwirksame Bestandteil der Klausel – im Ergebnis trotz (Ab-) Spaltbarkeit nach dem blue pencil-Test – in einem unmittelbaren inhaltlichen Zusammenhang zur Forderungsabtretung selbst gestanden habe.

cc)

Sonstige zur Unwirksamkeit der Klausel führende begründete Bedenken werden von der Beklagten nicht angeführt. Solche sind auch amtswegig nicht ersichtlich. Insbesondere liegt auch kein Verstoß gegen das Transparenzgebot mit der Formulierung vor, der zufolge die Abtretung „nicht an Erfüllung statt“ erfolge.

Im Ergebnis kommt es daher auch nicht mehr entscheidungserheblich darauf an, ob die Beklagte im Individualprozess als am Vertragsschluss unbeteiligte Dritte vom personalen Schutzbereich des AGB-Rechts – etwa bei der begründeten Gefahr doppelter Inanspruchnahme – betroffen ist (näher Wendland, in: Staudinger, a. a. O., § 307 BGB, Rn. 142 ff).

b)

Der Höhe nach kann die Klägerin nach den allgemein schadensersatzrechtlichen Grundsätzen der §§ 249 ff. BGB in der Konkretisierung, die diese durch die Rechtsprechung erfahren haben, nur einen Betrag in Höhe von 502,20 EUR und mithin nicht sämtliche Kostenpositionen aus ihrer Rechnung vom 25.01.2016 (Anlage K 2) von der Beklagten ersetzt verlangen.

aa)

Der Geschädigte kann vom Schädiger nach § 249 Absatz 2 Satz 1 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und notwendig erscheinen.

Er ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Allerdings ist bei der Beurteilung, welcher Herstellungsaufwand erforderlich ist, auch Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insb. auf seine Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen.

Auch ist der Geschädigte grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Markts verpflichtet, um einen möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen. Dabei verbleibt für ihn allerdings das Risiko, dass er ohne nähere Erkundigungen einen Sachverständigen beauftragt, der sich später im Prozess als zu teuer erweist. Aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot ergibt sich auch eine Obliegenheit zu einer gewissen Plausibilitätskontrolle der vom Sachverständigen bei Vertragsabschluss geforderten bzw. später berechneten Preise.

Verlangt der Sachverständige bei Vertragsabschluss Preise, die – für den Geschädigten erkennbar – deutlich überhöht sind, kann sich die Beauftragung dieses Sachverständigen als nicht erforderlich im Sinne von § 249 Absatz 2 Satz 1 BGB erweisen. Der Geschädigte kann dann nur Ersatz der für die Erstattung des Gutachtens tatsächlich erforderlichen Kosten verlangen, deren Höhe der Tatrichter gemäß § 287 ZPO zu bemessen hat.

Im Fall einer Preisvereinbarung kann der Geschädigte Ersatz in Höhe der vereinbarten Preise nur verlangen, wenn diese für ihn bei seiner Plausibilitätskontrolle beim Abschluss der Vereinbarung nicht erkennbar deutlich überhöht waren (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 29. 10. 2019, Az.: VI ZR 104/19 mit umfangreichen Nachweisen).

Bei der Frage, wann von erkennbar überhöhten Preisen auszugehen ist, ist keine Gesamtbetrachtung, sondern auf die jeweiligen Einzelpositionen abzustellen, die der Sachverständige veranschlagt hat (vgl. zur gebotenen Einzelbetrachtung BGH, Urteil vom 24.10.2017, Az.: VI ZR 61/17; vom 22.07.2014, Az.: IV ZR 357/13).

bb)

Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist das von der Klägerin veranschlagte Grundhonorar in Höhe von 433,00 EUR nicht zu beanstanden. Auf die – im Streitfall fehlende Indizwirkung in Ermangelung einer Zahlung – kommt es nicht mehr entscheidungserheblich an.

Ausgehend von dem im Privatgutachten ermittelten Schaden in Höhe von 2.513,51 EUR liegt der insoweit in Rechnung gestellte Betrag für die Geschädigte nicht erkennbar deutlich über den (Vergleichs-) Beträgen, die sich nach dem HB-V-Korridor der BVSK-Honorarbefragung in der bis zum 14.11.2018 geltenden Fassung ergeben (423,00 bis 461,00 EUR) und die das Gericht in Ausübung seines ihm nach § 287 ZPO zukommenden Schätzungsermessens zugrunde legt.

cc)

Nebenkosten kann die Klägerin nur in Höhe von 47,60 EUR beanspruchen.

(1)

Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, der auch die Kammer folgt, hat sich dem Geschädigten im Rahmen der gebotenen Plausibilitätskontrolle zu erschließen, dass mit den vereinbarten Nebenkosten nur der tatsächliche Aufwand des Geschädigten für die Erstellung dieser Positionen bezahlt werden soll.

Der Sachverständige hat mit der angebotenen Preisvereinbarung, in der er neben einem pauschalen Grundhonorar zusätzlich bestimmte Nebenkosten fordert, für einen verständigen, wirtschaftlich denkenden Geschädigten zum Ausdruck gebracht, dass seine fachliche Sachverständigentätigkeit der Begutachtung und Auswertung mit dem Grundhonorar abgegolten sein soll und daneben lediglich tatsächlich angefallene Aufwendungen verlangt werden (BGH, Urteil vom 24.10.2017, Az.: VI ZR 61/17).

Zur Schätzung der Höhe der erforderlichen Nebenkosten, die der Geschädigte nach der gebotenen Plausibilitätskontrolle als angemessen bewerten kann, sind grundsätzlich – ungeachtet der Unterschiede zwischen der privatrechtlichen Beauftragung und der gerichtlichen Bestellung eines Sachverständigen – die Regelungen des JVEG heranzuziehen.

Die hier in Rede stehenden Nebenkosten wie Foto-, Schreib- und Kommunikationskosten fallen nicht nur bei der Arbeit von Kfz-Sachverständigen, sondern auch als Kosten für Nebentätigkeiten bei anderen Betrieben und Selbständigen an, beispielsweise bei Sachverständigen jeder Fachrichtung, bei Rechtsanwälten, Notaren, Detekteien, Übersetzern, Architekten und Ingenieuren. Sie sind daher nicht ausschließlich einer bestimmten Branche zuzuordnen mit der Folge, dass es für die Schätzung der objektiv erforderlichen Nebenkosten auch nicht zwingend einer Grundlage bedarf, die sich alleine auf Angaben aus dem Bereich der Kfz-Sachverständigen stützt (so ausdrücklich BGH, Urteil vom 24.10.2017, Az.: VI ZR 61/17).

Dies gilt insbesondere auch für die Kostenposition Fahrtkosten, deren nach § 287 ZPO erstattungsfähige Höhe sich ebenfalls nach dem JVEG bemisst.

Dabei verkennt die Kammer nicht, dass vom LG Saarbrücken in seinem Urteil vom 19.12.2014 (Az.: 13 S 41/13) mit Billigung durch die höchstrichterliche Rechtsprechung als Orientierungshilfe zur Ausübung des richterlichen Schätzungsermessens sog. Autokostentabellen (u. a. des ADAC) herangezogen wurden und entsprechend ein Betrag von 0,70 EUR pro Kilometer als noch erforderlich geschätzt wurde.

Schon mit der Festsetzung der Aufwandspauschale von 0,30 EUR pro gefahrenem Kilometer für sämtliche gerichtlich bestellte Sachverständige (vgl. § 5 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 JVEG) sowie für Rechtsanwälte (vgl. Nummer 7003 VV RVG) hat der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, dass er eine solche Entschädigung des tatsächlich entstandenen Aufwandes für ausreichend erachtet und damit (vgl. Nr. 7003 VV RVG) „Anschaffungs-, Unterhaltungs- und Betriebskosten sowie die Abnutzung des Kraftfahrzeugs abgegolten" sind (vgl. BT-Drs. 15/1971, S. 180 [zu § 5 JVEG, dort unter Verweis auf Nr. 7003 VV RVG] sowie S. 232 [zu Nr. 7003 VV RVG].

Diese Wertung legt die Kammer ihrer Schätzung ebenfalls zugrunde. Dass sich der Gesetzgeber ausweislich der Begründung daneben auch an der entsprechenden Kilometerpauschale der Wegstreckenentschädigung für Beamte und an der steuerlichen Anerkennung bei der Benutzung privater Kraftfahrzeuge orientiert hat, steht dem nicht entgegen.

Hinzu kommt, dass der Fahrtkostensatz in Höhe von 0,30 EUR pro Kilometer für Rechtsanwälte (Nummer 7003 VV RVG) auch selbst nach dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Justizkosten- und des Rechtsanwaltsvergütungsrechts vom 31.07.2020 (Kostenrechtsänderungsgesetz 2021 – KostRÄG 2021) nur eine maßvolle Erhöhung auf 0,42 EUR pro Kilometer erfahren soll.

(2)

Hieraus folgt für den Streitfall:

Die Kosten für die Anfertigung von Lichtbildern sind nicht bereits mit dem Grundhonorar abgegolten. Die von der Klägerin tatsächlich berechneten Kosten für die Fertigung von 8 Lichtbildern sind auch nicht deutlich erkennbar überhöht. Nach § 12 Absatz 1 Nummer 2 JVEG können für den Erstsatz ein Betrag von 2,00 EUR pro Lichtbild (im Streitfall: 1,80 EUR / gesamt: 14,40 EUR) und für den Zweitsatz und jeden weiteren ein solcher von 0,50 EUR (im Streitfall: 1,00 EUR / gesamt: 8,00 EUR) verlangt werden. Zwar sind hiernach die nach der Honorartabelle der Klägerin vereinbarten Kosten je „Farbbild für Duplikat(e)“ deutlich übersetzt. Die Klägerin macht jedoch insoweit nicht die vereinbarten Kosten (16,00 EUR), sondern Kosten lediglich in Höhe von 8,00 EUR geltend, so dass dieser Betrag keiner Kürzung unterfällt.

Demgegenüber stehen der Klägerin Fahrkosten in Höhe von 0,75 EUR pro Kilometer nicht in voller Höhe, sondern lediglich mit 0,30 EUR pro Kilometer zu, woraus sich im Streitfall ein Fahrkostensatz bei einer angegebenen Fahrtstrecke von 48 Kilometern – der Behauptung, der Sachverständige habe seine Fahrt nicht von seiner Niederlassung in Dresden D. aus begonnen, ist die Beklagte nicht entgegengetreten – von 14,40 EUR ergibt.

Weiter sind auch die in Ansatz gebrachten Pauschalen für Schreibkosten / Kopien in Höhe von 18,00 EUR sowie für Porto- Druck und Telefonkosten in Höhe von 8,00 EUR nicht in vollem Umfang erstattungsfähig: bei diesen Aufwendungen handelt es sich – obschon sie im Rahmen eines Geschäftsbetriebs angefallen sind – um Gemein- und Mühewaltungskosten des täglichen Lebens, mit denen ein Erwachsener üblicherweise im Leben konfrontiert ist und deren Höhe er typischerweise auch ohne besondere Sachkunde abschätzen kann. Er kann allein deshalb erkennen, dass die vom Sachverständigen berechneten Beträge den tatsächlich erforderlichen Aufwand deutlich übersteigen. Unter Heranziehung der JVEG-Abrechnungssätze ergibt eine Schätzung im Anwendungsbereich von § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 JVEG (0,90 Euro je angefangene 1.000 Anschläge) bei gemittelten 1.200 Anschlägen pro Seite im Streitfall für 10 Textseiten einen erstattungsfähigen Betrag für Schreibkosten / Kopien in Höhe von 10,80 EUR.

Ein weitergehender Betrag für Porto- Druck und Telefonkosten kann nicht verlangt werden, weil diesbezüglich keine im Einzelnen substantiiert dargelegten Aufwendungen, die über den vorstehenden Umfang sowie die Abgeltung über das Grundhonorar hinausgehen, aufgezeigt worden sind.

2.

Der zuerkannte Anspruch auf Verzugszinsen folgt aus §§ 286, 288 BGB.

3.

Die Klägerin hat auch Anspruch auf Schadensersatz hinsichtlich der auf die Zahlung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten gerichteten Nebenforderung bei einem Gegenstandswert bis zu 500,00 EUR in voller Höhe sowie Verzugszinsen nach §§ 286, 288 BGB

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Absatz 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nummer 10, 711 Satz 1 und 2 ZPO.

III.

Die Revision war für die Beklagte zuzulassen.

Gemäß § 543 Absatz 2 ZPO ist die Revision zuzulassen, wenn die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert. Die Instanzrechtsprechung zur Wirksamkeit der Abtretungsvereinbarungen ist uneinheitlich. Ob die bisher ergangenen Urteile des VI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes zur Wirksamkeit von Abtretungsklauseln auch auf den hier streitgegenständlichen Fall zu übertragen sind, ist eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung.