LG Bielefeld, Urteil vom 26.01.2021 - 15 O 26/19
Fundstelle
openJur 2021, 16337
  • Rkr:
Tenor

Es wird festgestellt, dass der Beklagte der Klägerin nicht untersagen lassen kann, im geschäftlichen Verkehr mit dem Verbraucher im Fernabsatz betreffend Elektro- und/oder Elektronikartikeln und/oder Multimediaartikel und/oder Uhren und/oder Haushaltsgeräte Angebote zu veröffentlichen und/oder zu unterhalten, und/oder zur Abgabe von Angeboten aufzufordern,

bei denen der Verbraucher nicht vor Abgabe von dessen Vertragserklärung in klarer und verständlicher Weise informiert wird über den Inhalt der Garantie, einschließlich einer bei Kauf der Ware vom Hersteller angebotenen Garantie, und alle wesentlichen Angaben, die für die geltend gemachten Garantie erforderlich sind, insbesondere die Dauer und den räumlichen Geltungsbereich des Garantieschutzes sowie Namen und Anschriften des Garantiegebers und ohne gleichzeitig auf die gesetzlichen Rechte des Verbrauchers hinzuweisen sowie darauf, dass diese durch die Garantie nicht eingeschränkt werden,

gemäß Rechtsberühmung nach Anlage K 2.

Es wird außerdem festgestellt, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, an den Beklagten 865,00 € zu bezahlen, wie in der Rechtsberühmung vom 23.07.2019 behauptet (Anlage K 5; Kostenerstattungsanspruch die Erstellung eines Abschlussschreibens).

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt den Beklagten im Wege der negativen Feststellungsklage in Anspruch.

Die Klägerin betreibt einen Fachmarkt für Kommunikationselektronik. Ihre Waren verkauft sie sowohl stationär als auch über ihren Internetshop G. sowie auf der Handelsplattform ebay.de. Am 20.03.2019 bot die Klägerin auf der Handelsplattform Ebay folgende Artikel an:

- Apple 15 Zoll-Notebook MacBook Pro 13;

- Samsung Einbauwäschetrockner DV80M5210IW;

- Fitbit Smartwatches Versa.

Für diese Artikel bestehen unstreitig Herstellergarantien, ohne dass die Klägerin explizit über das Bestehen sowie die Bedingungen dieser Garantien aufgeklärt hätte. Im Einzelnen wird insoweit auf die Anlage B 6 Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 20.03.2019 wurde die Klägerin von dem Beklagten abgemahnt und zu der Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert. Dort finden sich u.a. folgende Erklärungen:

"Die Unterlassungserklärung liegt in Anlage vorformuliert bei. Zur Abgabe der unterschriebenen und datierten Unterlassungserklärung setzen wir Ihnen eine Frist bis zum 29.03.2019."

"Nach fruchtlosem Ablauf der Frist müssen Sie damit rechnen, dass wir unter anderem den Unterlassungsanspruch gerichtlich durchsetzen werden. Wir müssten die Sache hierzu einer Rechtsanwaltskanzlei übertragen."

Im Einzelnen wird auf das Abmahnschreiben vom 20.03.2019 (Anlage K 1; Bl. 23 d.eA.) Bezug genommen. Dieser Abmahnung legte der Beklagte den Entwurf einer strafbewehrten Unterlassungserklärung bei, auf dessen Inhalt im Einzelnen Bezug genommen wird (im Einzelnen Anlage K 2; Bl. 40 d.eA.). Die Klägerin kam dem Begehren des Beklagten nicht nach, sondern erhob unter dem 01.04.2019 die hier vorliegende negative Feststellungsklage.

Mit einem bereits zuvor eingeleiteten und bei dem Landgericht Bielefeld unter 10 O 17/19 geführten einstweiligen Verfügungsverfahren hatte der jetzige Beklagte die Klägerin im Wege der einstweiligen Verfügung auf Unterlassung des Bewerbens von diversen Artikeln unter unzureichender Information und Werbung mit Garantieangaben in Anspruch nehmen wollen. Im Rahmen der zu 10 O 17/19 durchgeführten mündlichen Verhandlung kam es am 17.05.2019 zu der Verkündung eines Anerkenntnisurteils, in dem sich die jetzige Klägerin bei Vermeidung von durch das Gericht festzusetzenden Ordnungsmittel verpflichtete, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr mit dem Verbraucher im Fernabsatz betreffend Elektro- und/oder Elektronikartikel und/oder Multimediaartikel und/oder Haushaltsgeräte und/oder Uhren Angebote zu veröffentlichen und/oder zu unterhalten und/oder zur Abgabe von Angeboten aufzufordern, bei denen der Verbrauchern nicht vor Abgabe von dessen Vertragserklärung in klarer und verständlicher Weise informiert wird über den Inhalt einer bei Kauf der Ware vom Hersteller angebotenen Garantie, und alle wesentlichen Angaben, die für die Geltendmachung der Garantie erforderlich sind, insbesondere die Dauer und den räumlichen Geltungsbereich des Garantieschutzes sowie Namen und Anschrift des Garantiegebers, und ohne gleichzeitig auf die gesetzlichen Rechte des Verbrauchers hinzuweisen sowie darauf, dass diese durch die Garantie nicht eingeschränkt werden wie sodann nachfolgend wiedergegeben hinsichtlich des beworbenen Apple-Notebooks, des Samsung Wäschetrockners und der Fitbit Smartwatches Versa. Im Einzelnen wird auf den Inhalt des Anerkenntnisurteils vom 17.05.2019 (Bl. 91 d. eA.) sowie den Inhalt der beigezogenen Akten Landgericht Bielefeld 10 O 17/19 Bezug genommen.

Mit Abschlussschreiben vom 23.07.2019 (im Einzelnen Anlage K 5; Bl. 892 d.eA.) ließ der Beklagte die Klägerin zur Abgabe einer Abschlusserklärung in Bezug auf die einstweilige Verfügung des Landgerichts vom 17.05.2019 auffordern. Darin wird die Erstattung von Kosten i.H.v. 865,00 € (netto) geltend gemacht.

Mit ihrer negativen Feststellungsklage wendet sich die Klägerin gegen die Abmahnung und das Verlangen nach einer strafbewehrten Unterlassungserklärung (Anlagen K 1 und K 2). Sie sieht darin eine Rechtsberühmung des Beklagten für ein Recht, das ihm tatsächlich nicht zusteht. Ihrer Auffassung nach besteht eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit dadurch, dass sich der Beklagte eines bestimmten, ihm nicht zustehenden Rechts gegen die Klägerin berühmt. Mit dem erstrebten Urteil solle die Gefahr beseitigt werden.

Die Klägerin ist außerdem der Auffassung, dass sich die Abmahnung des Beklagten als rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG darstellt. Er habe breit gestreut Abmahnungen der hier vorliegenden Art ausgesprochen und systematisch den Abschluss sehr weit gefasster Unterlassungsverträge durch Übersendung entsprechend vorformulierter Vertragsformulare provoziert. Diese Abmahnaktivitäten habe er allerdings nicht gegenüber seinen eigenen Mitgliedern praktiziert, sondern deren Verhalten, soweit es mit den anderweitigen beanstandeten Verhalten von Nichtmitgliedern entspricht, planmäßig geduldet. Letzten Endes sei das Verhalten des Beklagten durch das Motiv geprägt, Vertragsstrafen zu generieren. Bereits nach dem Vorbringen des Beklagten stehe fest, dass er seine eigenen Mitglieder privilegiere, indem er ein zunächst gestuftes Mahnsystem etabliert hat, das seinen Mitgliedern (anders als dies gegenüber Nichtmitgliedern der Fall ist) über eine längere Zeit hinweg ein abmahnwürdiges Verhalten zubillige, bevor diesen gegenüber vorgegangen wird.

Die Rechtsmissbräuchlichkeit des Vorgehens des Beklagten dokumentiere sich auch darin, dass er typischerweise Mitglieder nur als passive Mitglieder aufnehme. Damit werde dokumentiert, dass der Beklagte Mitglieder lediglich dazu rekrutiere, eine Klagebefugnis konstruieren zu können, auch wenn diese Mitglieder überhaupt nicht die typischen Teilhaberrechte im Rahmen eines Vereins hätten. Das führe im Ergebnis dazu, dass die überragende Mehrheit seiner Mitglieder vom Stimmrecht ausgeschlossen sei und keinen Einfluss auf die wirtschaftlichen Aktivitäten des beklagten Vereins nehmen könne.

Im Übrigen ist die Klägerin der Auffassung, dass der Beklagte nicht aktivlegitimiert ist. Die insoweit von diesem vorgelegten Listen Anlagen B 7a bis B 7d führten bei einer stichprobenartigen Überprüfung dazu, dass nahezu keines der dort genannten Mitglieder zu der Klägerin in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis stehe. Es trete hinzu, dass der Beklagte nicht über eine hinreichende Anzahl von Mitgliedern verfüge, die wie die Klägerin Notebooks, Smartwatches oder Wäschetrockner anbieten. Nahezu alle von dem Beklagten benannten Händler würden ihre Waren auf Onlineverkaufsbörsen vertreiben, wobei unter diesen Mitgliedern ein Großteil sei, die von völlig wirtschaftlich untergeordneter Bedeutung auf den Onlineplattformen Waren anbieten würden. Diese Plattformen wiederum seien für den Beklagten die Grundlage, um seine Mitglieder zu "rekrutieren".

Die Klägerin ist außerdem der Auffassung, dass der Beklagte Produktgruppen gebildet hat, die nicht mehr von der Kernbereichslehre des BGH umfasst sind, was dazu führt, dass das von ihm verfolgte Unterlassungsbegehren zu allgemein und zu weit gefasst ist.

Entgegen dem Vorbringen des Beklagten werbe die Klägerin nicht mit den Garantien der Hersteller. Bereits aus diesem Grund bestehe kein Anlass, den Kaufinteressenten über die nähere Ausgestaltung dieser Garantien aufzuklären.

Im Übrigen sei nicht nachzuvollziehen, weshalb es für die Aufforderung zur Abgabe einer Abschlusserklärung die der Zuhilfenahme anwaltlicher Unterstützung bedurft hatte. Dies widerspreche dem von dem Beklagten für sich behaupteten Organisationsgrad.

Die Klägerin beantragt,

festzustellen, dass der Beklagte der Klägerin nicht untersagen lassen kann, im geschäftlichen Verkehr mit dem Verbraucher im Fernabsatz betreffend Elektro- und/oder Elektronikartikeln und/oder Multimediaartikel und/oder Uhren und/oder Haushaltsgeräte Angebote zu veröffentlichen und/oder zu unterhalten, und/oder zur Abgabe von Angeboten aufzufordern, bei denen der Verbraucher nicht vor Abgabe von dessen Vertragserklärung in klarer und verständlicher Weise informiert wird über den Inhalt der Garantie, einschließlich einer bei Kauf der Ware vom Hersteller angebotenen Garantie, und alle wesentlichen Angaben, die für die Geltendmachung der Garantie erforderlich sind, insbesondere die Dauer und den räumlichen Geltungsbereich des Garantieschutzes sowie Namen und Anschrift des Garantiegebers, und ohne gleichzeitig auf die gesetzlichen Rechte des Verbrauchers hinzuweisen sowie darauf, dass diese durch die Garantie nicht eingeschränkt werden,

gemäß Rechtsberühmung nach Anlage K 2;

festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, an den Beklagten € 865,00 zu bezahlen, wie in der Rechtsberühmung vom 23.07.2019 behauptet (Anlage K 5; Kostenerstattungsanspruch für die Erstellung eines Abschlussschreibens).

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er sieht sich aktivlegitimiert, die Rechte seiner ca. 2600 unmittelbaren Mitglieder wahrzunehmen. Für die von ihm hier aufgegriffenen Produktgruppen legt er mit seiner Klageerwiderung teilanonymisierte Mitgliederlisten vor, auf deren Inhalt im Einzelnen Bezug genommen wird (Anlagen+ B 7a bis B 7b). Der Beklagte ist der Auffassung, dass die Klägerin über das Bestehen und die Ausgestaltung der Herstellergarantien der streitgegenständlichen, von ihr beworbenen Artikel hätte informieren müssen.

Mit seiner Abmahnung vom 20.03.2019 habe er der Klägerin ausdrücklich anheimgestellt, auch eine anderweitige Formulierung für eine strafbewehrte Unterlassungserklärung zu wählen. Die von ihm gewählten Branchengruppen seien insoweit nachvollziehbar und einschlägig. Des Weiteren ist der Beklagte der Auffassung, dass die von ihm gewählten Produktgruppen nicht zu weit gefasst seien.

Entgegen dem Vorbringen der Klägerin dulde der Beklagte keineswegs planmäßig Verstöße einzelner seiner Mitglieder. Vielmehr entspreche es seiner satzungsmäßigen Aufgabe, seine eigenen Mitglieder zu schützen und zu informieren sowie zu einem rechtskonformen Verhalten anzuhalten. Dies geschehe bereits seit 2011 mittels eines regelmäßig erscheinenden Informationsdienstes in Form entsprechender Newsletter. Diese Informationsdienste seien im Übrigen auch im Mitglieder-Login-Bereich jederzeit abrufbar. Dort gebe es auch entsprechende Informationen für den Umgang mit Herstellergarantien.

Die Kosten für das Abschlussschreiben an die Klägerin vom 23.07.2019 (im Einzelnen Anlage K 5) seien entgegen der Auffassung der Klägerin erstattungsfähig, da der Beklagte weder über eine Rechtsabteilung verfüge, noch sich als Fachverband darstelle, der eine fachspezifische Branche vertrete.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze einschließlich der beigefügten Anlagen Bezug genommen.

Gründe

1.

Die von der Klägerin erhobene negative Feststellungsklage ist zulässig.

1.1.

Die Klägerin hat ein schützenswertes Interesse daran, die Rechtmäßigkeit der von dem Beklagten in dem Unterlassungsbegehren zum Ausdruck kommenden Rechtsberühmung klären zu lassen, § 256 Abs. 1 ZPO.

Insoweit lässt der Text der von dem Beklagten entworfenen strafbewehrten Unterlassungserklärung (Anlage K 2) in Verbindung mit dem Abmahnschreiben (Anlage K 1) keinen Zweifel daran, dass der Beklagte zur Vermeidung weiterer rechtlicher Schritte die unterzeichnete Rücksendung der Unterlassungserklärung erwartet. Dem steht nicht entgegen, dass der Beklagte gfls. auch eine gleichwertige andersartig formulierte strafbewehrte Unterlassungserklärung akzeptiert hätte. Denn aus dem Abmahnschreiben vom 20.03.2019 und dem beigefügten Textvorschlag ergibt sich dies nicht. Die dort gewählten und als zwingend zu empfindenden Formulierungen können, insbesondere auch von einem rechtsunkundigen Adressaten, nur so verstanden werden, dass weitere rechtliche Schritte nur mittels Unterzeichnung und Rücksendung des beigefügten Entwurfs abgewendet werden können. Deutlicher kann im Ergebnis eine Rechtsberühmung nicht vorgebracht werden.

1.2.

In gleicher Weise besteht ein Feststellungsinteresse der Klägerin daran, ob sie zu der Zahlung der gegen sie geltend gemachten Anwaltskosten für das Abschlussschreiben verpflichtet ist.

2.

In der Sache fehlt es bereits nach dem beiderseitigen Vorbringen der Parteien an einer Anspruchsberechtigung des Beklagten in Bezug auf sein Unterlassungsbegehren.

2.1.

Es lässt sich, selbst nach seinem eigenen Vorbringen, nicht feststellen, dass der Beklagte gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG über eine erhebliche Zahl von Mitgliedern verfügt, die Waren gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt wie die Klägerin vertreiben.

In Betracht kommen insoweit nur Unternehmen aus dem Kreis der Mitbewerber auf dem relevanten Markt, die nach Anzahl und/oder Größe, Marktbedeutung oder wirtschaftlichem Gewicht in der Weise durch den Beklagten repräsentativ vertreten sind, dass ein missbräuchliches Vorgehen des Beklagten ausgeschlossen werden kann. Dabei muss auch eine Gewichtung dahingehend erfolgen, dass Mitgliedern mit stationären Ladengeschäften, die schon länger am Markt tätig sind, größeres Gewicht zukommt als Mitgliedern mit kleinen Onlineshops.

Der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat einen diesen Anforderungen entsprechenden Mitgliederbestand nicht zur Überzeugung des Gerichts darzulegen vermocht. Die vorgelegten und teilanonymisierten Mitgliederlisten vermögen keinen Aufschluss zu erbringen. Das Vorbringen des Beklagten verhält sich stattdessen im Allgemeinen. Es hätte vielmehr einer detaillierten und spezifizierten Darlegung bedurft, inwieweit dem wirtschaftlichen Wirken der entsprechenden Mitglieder aus den streitgegenständlichen Branchenbereichen erhebliche Bedeutung zukommt. Insbesondere mit dem wiederholten Einwand der Klägerin, sie unterhalte im Gegensatz zu vielen der Beklagtenmitglieder zusätzlich zu ihren Online-Shops auch ein Ladenlokal, setzt sich der Beklagte nicht einmal ansatzweise auseinander. Auch soweit die Klägerin namentlich Mitglieder des Beklagten benennt, ist der Beklagte offensichtlich außer Stande, in den Schriftsätzen seiner Bevollmächtigten vom 20.11.2019 (Bl. 1602 d.eA.) und vom 29.05.2020 (Bl. 1966 d.eA.) im Einzelnen vorzutragen, ob diese Mitglieder von ihrem Geschäftsaufkommen eine entsprechende Bedeutung aufweisen und auch im stationären Handel tätig sind. Im Schriftsatz vom 20.11.2019 erschöpft sich das Vorbringen in der Überreichung einer Vielzahl von Screenshots (Anlagen B 7 e - B 7 h), ohne dass weitergehende Erläuterungen zu diesen Mitgliedern gegeben werden. Es drängt sich der Eindruck auf, dass dem Beklagten weder konkret bekannt ist, welchen Umfang die geschäftlichen Aktivitäten dieser Mitglieder im Einzelnen haben, noch dass er sich insoweit im Einzelnen kundig gemacht hätte. Dies gilt auf für das Vorbringen in dem Schriftsatz vom 29.05.2020, der zwar eine numerische Zusammenfassung der Anzahl der Mitglieder in den einzelnen von dem Beklagten aufgerufenen Geschäftsbereichen beinhaltet, allerdings jede qualitativ konkrete Angabe zu den einzelnen Mitgliedern vermissen lässt. Die zahlreichen von den Beklagtenbevollmächtigten zitierten Gerichtsentscheidungen lassen jegliche Einordnung vermissen, inwieweit diese auf einen Sachverhalt beruhen, der dem hier zu beurteilenden Lebenssachverhalt vergleichbar sind. Auch die allgemein gehaltenen Ausführungen in der Klageerwiderung stellen keinen geordneten Sachvortrag dar, so dass zwecks Vermeidung eines unzulässigen Ausforschungsbeweises die insoweit benannte Zeugin Hanane Spayou nicht zu hören war.

2.2.

Im Übrigen geht die Kammer nach dem beiderseitigen Vorbringen der Parteien von einem rechtsmissbräuchlichen Verhalten des Beklagten aus (§ 8 Abs. 4 UWG). Der Beklagte behandelt seine eigenen Mitglieder hinsichtlich tatsächlicher oder vermeintlicher Verstöße nicht in gleicher Weise wie Nichtmitglieder. Dem entsprechenden Vorbringen der Klägerin, die insbesondere mit dem Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 02.09.2019 (Bl. 1001 ff. d.eA.) beispielhaft einige Mitglieder des Beklagten und deren Umgang mit ihrer Information über die Garantiebedingungen aufzeigt, ist der Beklagte zu keinem Zeitpunkt substantiiert entgegengetreten. Dies geschieht auch nicht auf breiteres detailliertes Vorbringen der Klägerin mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigen vom 29.10.2019 hin (dort Seite 3; Bl. 1501 d.eA.). Die Darlegung des Beklagten, wie er im Einzelnen seinen Informationsdienst gegenüber den Mitgliedern gestaltet, reicht nicht. Insoweit ist bereits zweifelhaft, ob diese Informationen die Mitglieder überhaupt erreichen, diese tatsächlich im Login-Bereich nachlesen bzw. die ihnen übermittelten E-Mails zur Kenntnis nehmen. Sicherlich ist von dem Beklagten keine systematische Überprüfung aller seiner Mitglieder zu verlangen. Allerdings fällt hier auf, dass offensichtlich nicht einmal vorgetragen werden kann, dass und wie der Beklagte gegen die von ihm im Rahmen dieses Rechtsstreits von der Klägerin namentlich bezeichneten Mitglieder vorgegangen worden ist. Der Beklagte bezieht sich insoweit in dem Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 20.11.2019 (Bl. 1602 d.eA.) auf das Zeugnis der Frau Hanane Spayou, ohne diesen Vortrag weiter zu erläutern. Dem Beweisantritt war nicht nachzugehen, weil dies auf einen Ausforschungsbeweis hinaus gelaufen wäre. Im Übrigen lässt es der Beklagte nur bei der Vorlage zweier Abmahn-E-Mails gegen die Mitglieder Piatkowski (Anlage B 40) und Aslan (Anlage B 41) sowie bei auszugsweisen Zitaten mehrerer Gerichtsentscheidungen, bei denen nicht zu erkennen ist, welche Mitglieder betroffen sind, bewenden. Dieser Vortrag genügt nicht, um ein gezieltes Einwirken des Beklagten auf seine Mitglieder feststellen.

2.3.

Letzten Endes steht dem Beklagten ohnehin kein Anspruch auf Aufgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung wie sie sich in der Anlage K 2 darstellt zu. Beanstandet wird dort die Präsentation und Bewerbung eines Apple MacBook Pro, einer Fitbit Smartwatch sowie eines Samsung Einbauwäschetrockners. Demgegenüber ist die begehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung ersichtlich zu weit gefasst. Dies spricht dafür, dass sich der Beklagte ohne entsprechende Anhaltspunkte und Verstöße seitens der Klägerin durch eine weite sprachliche Fassung der in der Unterlassungserklärung bezeichneten Produktgruppen mit einer in der Sache deutlich erweiterten Anspruchsgrundlage für eine Vertragsstrafe bevorraten will:

Während das MacBook noch unter Multimedia subsumiert werden kann, gibt es insoweit keinen Anlass, auch noch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung bezüglich Elektro- und Elektronikartikel zu verlangen. Die Fitbit Smartwatch ist ebenso eher dem Bereich Multimedia und Computer zuzuordnen. Smartwatches haben die Besonderheit, dass die Darstellung der Uhrzeit sowie sonstige Zeitmessfunktionen nur eine Möglichkeit von vielen ist. Darüber hinaus sind Smartwatches typischerweise mit den Funktionen von Smartphones und deren Apps verknüpft und lassen sich ähnlich bedienen. Sie sind ersichtlich nicht dem Bereich Uhrenhandel zuzurechnen. Einbauwäschetrockner fallen landläufig unter den Begriff der Haushaltsgroßgeräte. Sie stattdessen erweiternd unter sämtliche Haushaltsgeräte oder auch Elektro- und Elektronikartikel zu fassen, ist zu weitgehend.

2.4.

Der mit der Abmahnung sowie dem angedienten Entwurf einer strafbewehrten Unterlassungserklärung geltend gemachte Anspruch steht dem Beklagten weder aus § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 UWG, § 3a UWG bzw. § 5a Abs. 2, Abs. 4 UWG i.V.m. § 312d Abs. 1, Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 EGBGB noch einem anderen Rechtsgrund zu.

Es ist kein Verstoß gegen Lauterkeitsvorschriften, insbesondere kein Verstoß gegen Informationspflichten über die Garantie festzustellen. Augenscheinlich hebt die Klägerin weder das Bestehen einer Garantie werbend hervor noch erwähnt sie diese überhaupt. Sie ist nicht gehalten, im Rahmen der Anbahnung eines Fernabsatzvertrages auf das etwaige Bestehen einer gesonderten Herstellergarantie hinzuweisen und sodann die Voraussetzungen über diese Garantie und ihre Ausgestaltung mitzuteilen.

3.

Dem Beklagten steht auch kein Anspruch für die durch die Aufforderung zu einer Abschlusserklärung entstandenen Anwaltsgebühren zu. Insoweit handelt es sich um ein standardisiertes Schreiben, das, insbesondere im Hinblick auf den von dem Beklagten vorgetragenen Organisationsgrad, keinesfalls der Zuhilfenahme eines Anwalts bedürfte.

4.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 709 ZPO.

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