OLG München, Beschluss vom 09.04.2021 - 2 Ws 240/21
Fundstelle
openJur 2021, 16126
  • Rkr:
Tenor

I. Die sofortige Beschwerde des Verurteilten M. B. vom 9. Februar 2021 gegen den Beschluss der Auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Augsburg beim Amtsgericht Nördlingen vom 28. Januar 2021, Gz.: 2 NöStVK 16/21, wird als unbegründet verworfen.

Die Kosten der Beschwerde trägt der Verurteilte.

Gründe

I.

Mit Urteil des Strafgerichts Rom vom 18.02.2003, rechtskräftig nach Maßgabe des Urteils des Appellationsgerichts Rom vom 10.03.2010 wurde gegen den Verurteilten wegen schweren Raubes, versuchter Erpressung und wegen eines weiteren Falls des schweren Raubes und der schweren räuberischen Erpressung nach italienischem Strafrecht eine Freiheitsstrafe von 2 Jahren 6 Monaten verhängt. Ferner verhängte das Strafgericht Rom mit Urteil vom 15.07.2009, rechtskräftig nach Maßgabe des Appellationsgerichts Rom vom 21.04.2015 wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung zum Zwecke des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 4 Fällen nach italienischem Recht gegen den Beschwerdeführer eine Freiheitsstrafe von 5 Jahren.

Vom 26.07.2018 bis zum 31.10.2018 befand sich der Verurteilte, der seit dem 29.09.2013 in G.-P. wohnhaft ist, in vorläufiger Sicherungshaft. Mit Beschluss des Landgerichts München II vom 07.09.2018 wurde die Vollstreckung der verhängten Freiheitsstrafen von 2 Jahren 6 Monaten und von 5 Jahren aus den Urteilen des Strafgerichts Rom für zulässig erklärt. Dieser Beschluss ist seit dem 01.11.2018 rechtskräftig.

Am 14.11.2018 bewilligte die Staatsanwaltschaft M. II die Übernahme der Vollstreckung der beiden Freiheitsstrafen.

Vom 01.11.2018 bis zum 11.10.2019 wurden zunächst zwei Drittel der gegen den Verurteilten verhängten Freiheitsstrafe von 2 Jahren 6 Monaten vollstreckt. Seit dem 12.10.2019 befindet sich der Verurteilte wegen der zu vollziehenden Freiheitsstrafe von 5 Jahren in Strafhaft. Der Zweidrittelzeitpunkt wird am 09.02.2022 erreicht sein. Am 11.10.2023 wird die Freiheitsstrafe von 5 Jahren, am 10.08.2024 die Freiheitsstrafe aus der Verurteilung zu 2 Jahren 6 Monaten vollzogen sein.

Mit Schriftsatz vom 06.11.2020 beantragte der Verteidiger des Verurteilten, die Reststrafen gem. § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB zur Bewährung auszusetzen. Im Kern trägt der Verteidiger vor, dass der Verurteilte sein Leben - seit seiner Entlassung aus einem in Italien vollzogenen Hausarrest am 17.07.2008 - grundlegend geändert habe. Er habe seinen alten Freundeskreis verlassen und in Italien bis 2013 einen Beherbergungsbetrieb geführt. Am 29.09.2013 sei er nach Garmisch-Partenkirchen gezogen. Dort bewohne er eine Eigentumswohnung seiner Eltern. Der Beschwerdeführer sei in Deutschland verheiratet und arbeite in einer festen Anstellung als Koch. Der Verurteilte habe sich seit 13 Jahren drogen- und straffrei geführt. Die Corona-Beschränkungen hätten dazu geführt, dass bei ihm vorgesehene Vollzugslockerungen derzeit nicht gewährt werden können.

Am 18.12.2020 nahm die Justizvollzugsanstalt K. zum vollzuglichen Verhalten des Verurteilten Stellung. Mit Erklärung vom 26.11.2020 stimmte der Verurteilte einer bedingten Entlassung zu.

Unter dem 25.01.2020 begründete der Verteidiger des Verurteilten seinen Aussetzungsantrag ergänzend und verwies insbesondere darauf, dass die abgeurteilten Taten lange zurückliegen und dass das in Italien verhängte Strafmaß das in Deutschland hierfür zu erwartende Strafmaß deutlich übersteige.

Der Verurteilte wurde am 26.01.2021 im Wege einer Videokonferenz angehört.

Die Auswärtige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Augsburg beim Amtsgericht Nördlingen hat mit Beschluss vom 28.01.2021 eine Reststrafenaussetzung für beide noch zu vollstreckenden Reststrafen abgelehnt. Gegen diese - dem Verteidiger mittels Empfangsbekenntnis am 04.02.2021 zugestellte - Entscheidung richtet sich die sofortige Beschwerde des Verurteilten vom 09.02.2021, eingegangen bei Gericht am selben Tag. Der Verteidiger des Verurteilten hat die sofortige Beschwerde mit gesondertem Schriftsatz vom 09.03.2021 begründet.

Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt mit Vorlagebericht vom 19.03.2021, die sofortige Beschwerde als unbegründet zu verwerfen.

Der Senat nimmt ergänzend Bezug auf die Schriftsätze des Verteidigers vom 06.11.2020, 25.01.2021 und 09.03.2021.

II.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 454 Abs. 3 StPO statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt, §§ 306 Abs. 1, 311 Abs. 2 StPO.

Das im Übrigen zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg. Die Beschwerde ist unbegründet, weil die Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung nicht vorliegen.

1.) Zutreffend geht die Auswärtige Strafvollstreckungskammer davon aus, dass über den Antrag auf Reststrafenbewährung nach § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB zu entscheiden ist. Gem. § 84k Abs. 1 Satz 2 IRG sind die Vorschriften des StGB auf freiheitsentziehende Sanktionen eines ausländischen Gerichts analog anzuwenden. Im Ergebnis zutreffend geht die Strafvollstreckungskammer davon aus, dass der Prüfzeitpunkt nach § 57 Abs. 1 StGB noch nicht erreicht ist.

Zwar sieht § 84k Abs. 1 Satz 3 IRG für die Berechnung des Prüfzeitpunkts nach § 57 Abs. 1 StGB eine partielle Meistbegünstigung des Verurteilten vor. Danach richtet sich der Prüftermin gem § 84k Abs. 1 Satz 2 IRG zunächst nach § 57 StGB. Wäre allerdings bei einer fortwährenden Vollstreckung im Entscheidungsstaat die Prüfung der Reststrafenaussetzung nach dessen Recht vor diesem Zeitpunkt zu treffen gewesen, so sieht § 84k Abs. 1 Satz 3 vor, dass der Prüftermin nach § 57 Abs. 1 StGB vorverlegt wird (Hackner in Schomburg/Lagodny, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, 6. Aufl. 2020, IRG § 84k Rn. 4).

Vorliegend verbleibt es aber bei den gewöhnlichen Prüffristen nach § 84k Abs. 1 Satz 2 IRG, § 57 Abs. 1 und 2 StGB. Laut der Bescheinigung nach Artikel 4 des Rahmenbeschlusses 2008/909/JI (dort unter Buchstabe j), ausgestellt von der Generalstaatsanwaltschaft Rom unter dem 05.06.2017, besteht nach italienischem Recht nur die Möglichkeit eines partiellen Straferlasses. Eine Reststrafenbewährung ist nach italienischem Recht nicht vorgesehen.

2.) Die Beschwerde war zu verwerfen, weil die Voraussetzungen einer bedingten Entlassung nicht vorliegen. Zutreffend geht die Strafvollstreckungskammer davon aus, dass besondere Umstände i.S.v. § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB nicht vorliegen.

Eine Strafaussetzung zur Bewährung nach § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB nach Verbüßung von mindestens der Hälfte der verhängten Freiheitsstrafe ist möglich, wenn zusätzlich zu den Voraussetzungen nach § 57 Abs. 1 StGB, insbesondere der dort verlangten positiven Sozialprognose, bei einer Gesamtwürdigung von Tat, Persönlichkeit der verurteilten Person und ihrer Entwicklung während des Strafvollzugs besondere Umstände anzunehmen sind. Solche besonderen Umstände liegen vor, wenn das Gesamtbild der begangenen Taten und der Persönlichkeit des Verurteilten ihn in seiner Entwicklung deutlich positiv von durchschnittlichen Fällen ähnlicher Art abheben. Das Gesamtbild muss von Milderungsgründen deutlich gekennzeichnet sein, die im Vergleich mit gewöhnlichen, durchschnittlichen, allgemeinen und einfachen Milderungsgründen besonderes Gewicht besitzen und eine Strafaussetzung trotz des erheblichen Unrechts- und Schuldgehalts der Tat als nicht unangebracht und den vom Strafrecht geschützten Interessen nicht zuwiderlaufend erscheinen lassen, wobei zu berücksichtigen ist, dass es sich bei der Vorschrift des § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB um eine Ausnahmevorschrift handelt (OLG München NStZ 2016, 677, beckonline). Je weiter sich die zu verbüßende Freiheitsstrafe von der 2-Jahres-Grenze des § 57 Abs. 2 Nr. 1 StGB entfernt, umso mehr muss sich der zu beurteilende Sachverhalt von vergleichbaren Durchschnittsfällen positiv abheben, damit besondere Umstände im Sinne von § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB bejaht werden können (vgl. OLG München v. 25.8.2009 - 2 Ws 710/09).

Nach Maßgabe der vorgenannten Grundsätze liegen bei dem Beschwerdeführer keine besonderen Umstände im Sinne von § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB vor.

Zwar ist der Beschwerdeführer seit seiner letzten Verurteilung am 15.07.2009 strafrechtlich nicht mehr in Erscheinung getreten. Dieser Umstand reicht für sich gesehen aber nicht aus, um besondere Umstände im Sinne von § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB anzunehmen. Der Beschwerdeführer wurde wegen Betäubungsmitteldelikten aus dem Bereich der organisierten Kriminalität zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren verurteilt, die damit weit über der Zweijahresgrenze liegt.

Ein besonderer Umstand i.S.v. § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB ergibt sich auch nicht daraus, dass das gegen den Beschwerdeführer verhängte Strafmaß in beiden Verfahren nach Ansicht des Beschwerdeführers das im Bundesgebiet übliche Strafmaß übersteigt. Gem. § 54 Abs. 1 Satz 3 IRG ist für die in der Exequaturentscheidung zu bestimmenden Höhe der Sanktion ausschließlich das ausländische Straferkenntnis maßgebend, wobei das Höchstmaß der für die Tat im Inland angedrohten Sanktion nicht überschritten werden darf. Unerheblich für die Entscheidung ist, welche Strafe verhängt worden wäre, wenn die Tat im Bundesgebiet abgeurteilt worden wäre. Aus § 54 Abs. 1 Satz 3 IRG folgt, dass der Vollstreckungsstaat das im Urteilsstaat erkannte Strafniveau zu achten und seinen Vollstreckungsentscheidungen - wie auch für Entscheidungen zur Reststrafenaussetzung - zu Grunde zu legen hat (OLG Hamburg NStZ-RR 2010, 13, beckonline).

Besondere Umstände i.S. § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB sind auch nicht darin zu sehen, dass Vollzugslockerungen, die nach Auffassung des Beschwerdeführers bereits seit Anfang Oktober 2020 möglich wären, infolge der Coronapandemie nicht gewährt wurden. Gem. Art. 13 Abs. 1 BayStVollzG kommen als Lockerung des Vollzugs Außenbeschäftigung, Freigang, Ausführung oder Ausgang in Betracht.

Die Justizvollzugsanstalt K. hat in ihrer Stellungnahme vom 18.12.2020 mitgeteilt, dass der Verurteilte zur Außenbeschäftigung zugelassen werden soll. Dass der Verurteilte nicht bereits ab Anfang Oktober 2020 zur Außenbeschäftigung zugelassen wurde, hat bei dem Verurteilten allenfalls nur zu einer unerheblichen Belastung geführt, da er innerhalb der Gefängnismauern einer Arbeitstätigkeit als Hausarbeiter nachgehen konnte. Die Möglichkeit, in einem Arbeitsbetrieb der Justizvollzugsanstalt außerhalb der Gefängnismauern arbeiten zu dürfen, stellt keine signifikante Erleichterung der Haftbedingungen dar.

Die Voraussetzungen für einen Freigang liegen - unabhängig von den aktuellen Coronabeschränkungen - nicht vor. Unter Freigang ist nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 die regelmäßige Beschäftigung außerhalb der Anstalt ohne Aufsicht eines Vollzugsbediensteten zu verstehen (BeckOK Strafvollzug Bayern/Arloth, 14. Ed. 1.2.2021, BayStVollzG Art. 13 Rn. 7). Dem Beschwerdevorbringen ist nicht zu entnehmen, dass der Verurteilte außerhalb der Justizvollzugsanstalt überhaupt eine Beschäftigungsmöglichkeit hat. Zwar hat der frühere Arbeitgeber des Beschwerdeführers seine Bereitschaft erklärt, diesen im Restaurant A. in G.-P. weiterzubeschäftigen. Da der Verurteilte als Freigänger die Ruhezeiten in der Justizvollzugsanstalt K. zu verbringen hat (BeckOK Strafvollzug Bayern/Arloth, 14. Ed. 1.2.2021, BayStVollzG Art. 13 Rn. 7), kommt wegen der räumlichen Distanz eine Weiterbeschäftigung in G.-P. - unabhängig von den bestehenden Coronabeschränkungen - nicht in Betracht.

Dass dem Verurteilten - möglicherweise ausschließlich wegen des aktuellen Infektionsgeschehens im Zusammenhang mit der Coronapandemie - bislang weder eine Ausführung noch ein Ausgang gewährt wurde, führt nicht zum Vorliegen besonderer Umstände i.S.v. § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB. Die sich daraus ergebenden Belastungen fallen nicht erheblich ins Gewicht, zumal ein Ausgang nach Nr. 8 Abs. 2 VV zu Art. 13 BayStVollzG i.d.R. auf 16 Stunden im Monat begrenzt ist.

Der Senat verweist im Übrigen auf die zutreffenden Ausführungen der Strafvollstreckungskammer in dem angefochtenen Beschluss.

Die sofortige Beschwerde war im Übrigen auch deswegen zu verwerfen, weil das gem. § 454 Abs. 2 Nr. 2 StPO erforderliche Prognosegutachten bislang nicht erholt worden ist. Dieses ist zu erholen, wenn der Verurteilte wegen einer in § 66 Abs. 3 Satz StGB genannten Tat zu einer Strafe von mehr als 2 Jahren verurteilt wurde und wenn die Strafvollstreckungskammer erwägt, die Reststrafe zur Bewährung auszusetzen und nicht auszuschließen ist, dass Gründe der öffentlichen Sicherheit einer vorzeitigen Entlassung entgegenstehen.

Zwar wurde der Beschwerdeführer nicht nach deutschen Strafbestimmungen verurteilt. Gem. § 84 Abs. 2 i.V.m. § 57 Abs. 4 IRG richtet sich die Vollstreckung eines ausländischen Straferkenntnisses aber nach dem deutschen Verfahrensrecht. Es gelten daher - in Verbindung mit § 77 Abs. 1 IRG - die Verfahrensvorschriften der StPO. (Ambos/König/Rackow, Rechtshilferecht in Strafsachen, IRG § 57 Rn. 179, beckonline).

Die entsprechende Anwendung der des § 454 Abs. 2 Nr. 2 StPO führt vorliegend dazu, dass eine Reststrafenbewährung nur auf Grundlage eines Prognosegutachtens erfolgen kann.

Der Beschwerdeführer wurde am 15.07.2009 wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung zum Zwecke des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 4 Fällen nach italienischem Recht zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren verurteilt. Nach den von den italienischen Behörden mitgeteilten Urteilsgründen wären die abgeurteilten Taten nach deutschem Recht als gewerbs- und bandenmäßiges Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu würdigen gewesen, so dass die abgeurteilte Tat nach deutschem Recht gem. § 30a Abs. 1 BtMG im Höchstmaß mit mehr als 10 Jahren bedroht ist.

Gem. § 454 Abs. 2 Nr. 2 StPO i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 66 Abs. 1 Nr. 1b StGB ist eine Reststrafenbewährung in diesen Fällen grundsätzlich erst nach Einholung eines Prognosegutachtens möglich.

Von der Erholung eines Gutachtens kann vorliegend nicht abgesehen werden. Ein Absehen von der Einholung eines Prognosegutachtens ist nur in Ausnahmekonstellationen zulässig, in denen die heranzuziehenden Umstände zweifelsfrei die Beurteilung zulassen, dass von einem Verurteilten praktisch keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit mehr ausgeht (OLG Karlsruhe, NStZ-RR 2000, 315 OLG Köln, StV 2000, 155; OLG Zweibrücken, StV 2003, 683).

Das Gericht muss in der Lage sein, eine Entscheidung auf Grund eigener Sachkunde in Anlehnung an § 244 IV 1 StPO zu treffen. In Betracht kommen daher nur Fälle, in denen die Einholung eines Prognosegutachtens eine Erweiterung der Entscheidungsgrundlage nicht erwarten lässt. Dies setzt voraus, dass im Rahmen der dem Gericht obliegenden Aufklärungspflicht alle übrigen Erkenntnismöglichkeiten zur Schaffung einer hinreichenden Tatsachengrundlage ausgeschöpft worden sind (OLG Zweibrücken NJW 2005, 3439,3440, beckonline).

Vorliegend kann die Strafvollsteckungskammer ihre Prognoseentscheidung nicht alleine aus eigener Sachkunde treffen. Insbesondere ist aus den vorliegenden Unterlagen nicht zu ersehen, wie es zu den abgeurteilten Taten gekommen ist. Der Senat verkennt in diesem Zusammenhang nicht, dass der Verurteilte - ausweislich einer in der JVA durchgeführten Urinkontrolle - nicht mit Drogenkonsum auffällig geworden ist und dass der Beschwerdeführer seit seiner Verurteilung im Jahr 2009 nicht mehr strafrechtlich in Erscheinung getreten ist. Für eine abschließende Beurteilung sind aber die Erkenntnisse aus einem Prognosegutachten erforderlich. Der Verurteilte ist mit Delikten aus dem Bereich der schweren bis schwersten Kriminalität in verschiedenen Deliktsfeldern in Erscheinung getreten. Das Gutachten ist erforderlich um abschätzen zu können, welche kriminogenen und welche protektiven Faktoren bei dem Verurteilten vorliegen.

Die Entscheidung über die Aussetzung der Reststrafe von 2 Jahren 6 Monaten kann im Übrigen entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht isoliert getroffen werden. Nachdem eine Reststrafenaussetzung wegen der verhängten Freiheitsstrafe von 5 Jahren mangels Vorliegen besonderer Umstände nicht möglich ist, ist eine Entscheidung über die Aussetzung der Reststrafe von 2 Jahren 6 Monaten nach § 454b IV StPO erst zu treffen, wenn über die Aussetzung der Vollstreckung der Reste aller Strafen gleichzeitig entschieden werden kann (Schönke/Schröder/Kinzig, StGB, 30. Aufl. 2019, § 57 Rn. 8 m.w.Nachw.).

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 473 Abs. 1 StPO.