VG Ansbach, Urteil vom 15.06.2020 - AN 1 K 20.00571
Fundstelle
openJur 2021, 16011
  • Rkr:
Tenor

1.    Die Auswahlentscheidungen vom 19. März 2019 und vom 3. März 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. März 2020 werden aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, über die Bewerbung des Klägers auf den Dienstposten "Leiter des allgemeinen Vollzugsdienstes der Jugendarrestanstalt ..." neu zu entscheiden.

2.    Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst. Insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

3.    Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4.    Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung seiner Bewerbung für die Stelle des Leiters/der Leiterin des Allgemeinen Vollzugsdienstes in der Jugendarrestanstalt ... (Besoldungsgruppe A9 + AZ), welche mit Stellenausschreibung vom 3. Dezember 2018 ausgeschrieben worden war:

"Aufgabenbereich:

- Fachaufsicht und Führung der Bediensteten des Allgemeinen Vollzugsdienstes in der Jugendarrestanstalt

- Koordination des Dienstablaufs in personeller und vollzuglicher Hinsicht

- Überwachung der Sicherheit und Ordnung in diesem Zuständigkeitsbereich

- Mitwirkung bei Beurteilungen für nachgeordnete Bedienstete

- Organisation und Leitung von internen Dienstbesprechungen

- Teilnahme an Konferenzen und übergreifenden Besprechungen

- Personalverwaltung im Hinblick auf Dienstplan, Zeiterfassung und Statistik

- Führung von Krankenrückkehr-, Mitarbeiter- und sonstigen Personalgesprächen

- Verwaltung der Schlüssel für die Jugendarrestanstalt

- Gestaltung des Arrestvollzuges nach Vorgaben der Vollzugsleitung

- sonstige Aufgaben nach Weisung der Anstalts- oder Vollzugsleitung Anforderungsprofil:

Die Wahrnehmung dieses Dienstpostens erfordert eine mehrjährige Diensterfahrung, überdurchschnittliche fachliche Leistung, Eignung und Befähigung, insbesondere in den Bereichen

- Führungs- und Organisationsvermögen

- Belastbarkeit und Zuverlässigkeit

- Informations- und Kommunikationsverhalten

- Motivation/Förderung der Mitarbeiter

- Konfliktbewältigung

- persönliches Engagement und Leistungsbereitschaft

- mündliche und schriftliche Ausdrucksfähigkeit

- Verantwortungsbewusstsein

- Bereitschaft zur Zusammenarbeit

... Bereits gewonnene Erfahrungen auf verschiedenen Dienstposten mit erhöhtem Verantwortungsbereich in der Justizvollzugsanstalt ... sind vorteilhaft. [...]"

Neben dem Kläger bewarben sich der Beigeladene sowie zwei weitere Bewerber.

Der Kläger ist Inspektor im Justizvollzugsdienst (Besoldungsgruppe A9). Seine Beförderung erfolgte mit Wirkung zum ... 2012. Er ist seit 1995 im Vollzugsdienst in der Justizvollzugsanstalt (JVA) ... tätig und ist seit 2007 stellvertretender Leiter des Allgemeinen Vollzugsdienstes der Jugendarrestanstalt. In der aktuellen Beurteilung vom 9. Mai 2017 (Beurteilungszeitraum 1.1.2014 - 31.12.2016) erhielt er ein Gesamturteil von 11 Punkten, der Durchschnittswert der wesentlichen Beurteilungsmerkmale (sog. Superkriterien) betrug 11,25 Punkte. Im Rahmen der sonstigen Verwendungseignung wurde festgestellt, dass er für alle Dienstposten im Jugendarrest geeignet sei. Zur Führungseignung wurde keine Aussage getroffen.

In der vorausgegangenen Beurteilung vom 12. Juni 2014 (Beurteilungszeitraum 1.1.2010 - 31.12.2013) erhielt er ein Gesamturteil von 10 Punkten. Im Rahmen der sonstigen Verwendungseignung wurde festgestellt, dass er für alle Dienstposten seines fachlichen Schwerpunktes geeignet sei. Hinsichtlich der Führungseignung wurde darauf hingewiesen, dass der Beamte gute Führungseigenschaften habe und sich auch für Dienstposten in hervorgehobener Funktion eigne.

Der Beigeladene, notwendig beigeladen mit Beschluss vom 27. März 2020, ist Inspektor im Justizvollzugsdienst mit Amtszulage (Besoldungsgruppe A9 + AZ). Die Beförderung zum Inspektor im Vollzugsdienst (Besoldungsgruppe A9) erfolgte mit Wirkung zum ... 2016, die Beförderung zum Inspektor im Justizvollzugsdienst mit Amtszulage (Besoldungsgruppe A9 + AZ) erfolgte mit Wirkung zum ...2019. Er ist seit 2001 im Vollzugsdienst tätig. Seit ... 2017 ist er dem Leiter des Allgemeinen Vollzugsdienstes der JVA ... unmittelbar als Mitarbeiter zugeteilt. In der aktuellen Beurteilung vom 4. Dezember 2017 (Beurteilungszeitraum 1.1.2014 - 30.6.2017) erhielt er ein Gesamturteil von 11 Punkten, der Durchschnittswert der wesentlichen Beurteilungsmerkmale (sog. Superkriterien) betrug 11,83 Punkte. Im Rahmen der sonstigen Verwendungseignung wurde festgestellt, dass er geeignet sei für Dienstposten als Zentralbeamter, in der Hausverwaltung oder Dienstleistung. Zur Führungseignung wurde keine Aussage getroffen.

In der vorausgegangenen Beurteilung vom 20. August 2014 (Beurteilungszeitraum 1.1.2010 - 31.12.2013) erhielt er ein Gesamturteil von 12 Punkten. Im Rahmen der sonstigen Verwendungseignung wurde festgestellt, dass er für allgemeine Vollzugsdienstaufgaben, Hausdienstleiter, Zentrale, Torwache geeignet sei. Zur Führungseignung wurde keine Aussage getroffen.

Im Auswahlvermerk vom 20. Februar 2019 regte der Leiter der JVA ... nach Gesamtabwägung aller Umstände und insbesondere im Hinblick auf die bei den letzten periodischen Beurteilungen erzielten Gesamtbewertungen und Durchschnittswerte der Superkriterien an, den Beigeladenen baldmöglichst zum Leiter des Allgemeinen Vollzugsdienstes der Jugendarrestanstalt ... zu bestellen.

Das Bayerische Staatsministerium der Justiz teilte daraufhin dem Leiter der JVA ... mit Schreiben vom 7. März 2019 mit, dass beabsichtigt sei, den Beigeladenen als leistungsstärksten und damit geeignetsten Bewerber zum Leiter des Allgemeinen Vollzugsdienstes der Jugendarrestanstalt ... zu bestellen. Die weiteren Bewerber wurden hierüber mit Schreiben der JVA ... vom 14. März 2019, dem Kläger ausgehändigt am 19. März 2019, informiert.

Hiergegen ließ der Kläger mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 28. März 2019 Widerspruch einlegen.

Ebenfalls mit Schriftsatz vom 28. März 2019, per Telefax eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach am selben Tag, ließ der Kläger einen Antrag gemäß § 123 VwGO stellen und beantragen,

Der Antragsgegner wird einstweilen verpflichtet, vorläufig die Besetzung der Stelle "Leiter des Allgemeinen Vollzugsdienstes der Jugendarrestanstalt ..." zu unterlassen, bis über den Widerspruch des Antragstellers vom 28. März 2019 gegen die Nichtberücksichtigung seiner Bewerbung um vorgenannte Stelle rechtskräftig entschieden ist.

Auf Nachfrage der JVA ... teilte das Bayerische Staatsministerium der Justiz mit Schreiben vom 9. April 2019 mit, dass der Freistaat Bayern in dem Verfahren durch die Justizvollzugsanstalt ... als Ausgangsbehörde vertreten werde, weil es sich bei der Auswahlentscheidung um eine Entscheidung der Justizvollzugsanstalt ... handle. Lediglich die Bestellung des Beamten erfolge gemäß Nummer 6 Abs. 1 Satz 2 der Jugendarrestgeschäftsordnung (JAGO) durch das Staatsministerium der Justiz. Der Auswahl habe eine interne Stellenausschreibung mit Zuständigkeit der Anstalt und keine bayernweite Ausschreibung des Dienstpostens zugrunde gelegen.

Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 29. Oktober 2019, Az.: AN 1 E 19.00688, wurde dem Beklagten untersagt, die ausgeschriebene Stelle "Leiter des allgemeinen Vollzugsdienstes der Jugendarrestanstalt ..." zu besetzen, so lange nicht über die Bewerbung des Antragstellers bestandskräftig entschieden ist. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die pauschale Gegenüberstellung der Durchschnittswerte der Superkriterien im Rahmen der Binnendifferenzierung ohne Berücksichtigung der unterschiedlich festgestellten Superkriterien für den Kläger und den Beigeladenen zu einer Fehlerhaftigkeit der Binnendifferenzierung und damit auch der Auswahlentscheidung führe. Setze sich der Durchschnittswert der Superkriterien aus unterschiedlichen Einzelmerkmalen zusammen, könne auf Grund unreflektierter Gegenüberstellung der Durchschnittswerte der Superkriterien keine Aussage darüber getroffen werden, welcher Bewerber die für die Stellenausübung relevanten Kriterien besser erfülle. Es bedürfe vielmehr vor Gegenüberstellung einer Festlegung, welche Kriterien, gegebenenfalls unter Berücksichtigung des fakultativen Anforderungsprofils der Stellenausschreibung, im Rahmen der Binnendifferenzierung im Einzelnen betrachtet werden sollen.

Das durch den Bevollmächtigten des Beigeladenen mit Schriftsatz vom 18. November 2019 eingeleitete Beschwerdeverfahren wurde nach Rücknahme durch den Bevollmächtigten des Beigeladenen mit Schriftsatz vom 22. November 2019 mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 28. November 2019, Az. 3 CE 19.2323, eingestellt.

Mit Vermerk der JVA ... vom 3. März 2020 wurde festgestellt, dass den Bewerbern im Rahmen einer Anhörung anlässlich des Widerspruchsverfahrens am 13. Februar 2020 mitgeteilt worden sei, dass die Auswahlentscheidung vom 20. März 2019 aufgehoben werde. Die Bewerber hätten ihre Bewerbung aufrechterhalten. Der Beigeladene habe mit Schreiben vom 18. Februar 2020 seine Bewerbung dahingehend ergänzt, dass er seit 7. Januar 2019 zusätzlich die Aufgaben der Dienstleiterbereitschaft an Wochenenden und Feiertagen wahrnehme und seit April 2019 das Führungskräfteseminar für Bedienstete der zweiten und dritten Qualifikationsebene absolviere.

Des Weiteren wurde im Vermerk vom 3. März 2020 eine neue Auswahlentscheidung aufgrund neuer Ermessensausübung dahingehend getroffen, dass unter Berücksichtigung des Leistungsgrundsatzes im Vergleich aller Bewerber der Beigeladene der geeignetste Bewerber für den zu besetzenden Dienstposten sei. Es wurde festgestellt, dass zwei weitere Bewerber bereits aufgrund der Beurteilung in einem niedrigeren Statusamt bzw. wegen eines niedrigeren Gesamturteils von vornherein ausschieden. Der Kläger und der Beigeladene seien jeweils in der periodischen Beurteilung 2017 mit einem Gesamturteil von 11 Punkten beurteilt worden und erfüllten beide gleichermaßen das fakultative Anforderungsprofil. Somit sei davon auszugehen, dass beide Bewerber grundsätzlich die Anforderungen der zu besetzenden Stelle erfüllten. Wegen des gleichen Gesamturteils seien die Beurteilungen unter Anlegung gleicher Maßstäbe umfassend inhaltlich auszuwerten und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung vorzunehmen. Entsprechend Art. 16 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 LlbG seien in den Vergleich der Einzelkriterien nur die wesentlichen Beurteilungskriterien (sog. "Superkriterien") einzubeziehen, die für den Bereich des Justizvollzugs fachlicher Schwerpunkt allgemeiner Vollzugsdienst gemäß Art. 16 Abs. 2 Satz 1 LlbG in Nr. 2.6 des Initialschreibens des bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom 25. November 2016 über die Beurteilung von Beamten und Beamtinnen im Justizvollzugsdienst im Jahr 2017 - Gz. F1-2012-VII a-12088/16 - i.V.m. lft. Nr. 1.1 der Anlage 6 festgelegt worden seien.

Die Gegenüberstellung im Rahmen der Binnendifferenzierung ergebe aufgrund der Betrachtung der Durchschnittswerte der Superkriterien einen Vorsprung für den Beigeladenen, weil der Durchschnittswert der Superkriterien beim Beigeladenen 11,83 und beim Kläger 11,25 betrage. Es sei festzustellen, dass die Superkriterien bei den Bewerbern nicht identisch seien, weil der Beigeladene mit und der Kläger ohne Führungsfunktion beurteilt worden seien. Der Beigeladene sei zu Recht mit Führungsfunktion beurteilt worden, da er wegen eines Wechsels in der Dienstleitung der Strafhaftabteilung an rund 170 Arbeitstagen als Dienstplaner eingesetzt gewesen sei. In dieser Zeit sei er gestaltend und alleinverantwortlich für die Diensteinteilung von rund 120 Bediensteten gewesen und somit mit Führungsaufgaben betraut gewesen. Der Kläger hingegen habe zu keinem Zeitpunkt, trotz der Vertretung der Leiterin des allgemeinen Vollzugsdienstes, den Bereich des Jugendarrests gestaltend und alleinverantwortlich geführt, sondern habe nur die verwaltende Vertretung mit sechs nachgeordneten Beamten wahrgenommen. Er sei somit nicht dauerhaft mit Führungsaufgaben betraut gewesen. Die Formulierung im Rahmen der ergänzenden Bemerkung lasse nur den Schluss zu, dass er als Vertreter der Leiterin des allgemeinen Vollzugsdienstes im Jugendarrest deren Aufgaben übernommen habe. Eine Bewertung seiner Leistung im Rahmen der Stellvertretung könne daraus allerdings nicht abgeleitet werden. Eine Differenzierung könne mangels Bewertung in der verbalen Gesamtwürdigung daher nicht vorgenommen werden. Daher seien die Superkriterien der beiden Bewerber erst einmal nicht direkt miteinander vergleichbar, weil sie verschiedene Leistungseigenschaften beträfen. Allerdings stelle der Vergleich der Durchschnittswerte der Superkriterien keine unreflektierte Gegenüberstellung dar, sondern trage vor allem dem Leistungsgrundsatz und dem Prinzip der Bestenauslese Rechnung. Vor der Gegenüberstellung könnten die Einzelkriterien, die im Rahmen der Binnendifferenzierung im Einzelnen betrachtet werden sollten, weder festgelegt noch gewichtet werden, denn alle Kriterien seien gleich wichtig. Auch unter Berücksichtigung des Anforderungsprofils könne dies nicht erfolgen, weil bewusst die Kriterien der Führungsaufgaben nicht als zwingende Voraussetzung gewählt worden seien. Nur so sei gewährleistet gewesen, dass sich möglichst viele Beamte und Beamtinnen bewerben, unabhängig davon, ob sie bereits mit Führungsaufgaben betraut gewesen seien oder nicht. Vielmehr müsse nach dem Prinzip der Bestenauslese der für die Bewerberauswahl maßgebende Leistungsvergleich zwingend anhand aktueller dienstlicher Beurteilungen vorgenommen werden. Der Inhalt dienstlicher Beurteilungen sei immer auf das Statusamt bezogen. Beurteilungen träfen eine Aussage, ob und in welchem Maße der Beamte den Anforderungen gewachsen sei, die mit den Aufgaben seines Amtes und dessen Laufbahn verbunden seien. Beide Bewerber seien mit unterschiedlichen Aufgaben betraut gewesen, sodass sie notwendigerweise hinsichtlich unterschiedlicher Kriterien beurteilt worden seien. Daher seien auch die einzelnen Superkriterien unterschiedlich. Unterschiedliche Aufgaben bedingten in der letzten Konsequenz auch unterschiedliche Superkriterien. Bewusst werde daher der Durchschnittswert der Superkriterien als Grundlage für die Auswahlentscheidung herangezogen, weil sowohl Beamte mit als auch ohne Führungsaufgaben allein anhand der Superkriterien, die für sie gelten, verglichen werden müssten. Nur so könne klargestellt werden, dass keiner der "Kriterienkreise" gewichtiger sei und deshalb vorzuziehen sei, weil sie in ihrer Summe gleich wichtig für die Beurteilung der Leistung eines Beamten seien. Sowohl Bedienstete mit als auch ohne Führungsaufgaben würden daher allein anhand der Superkriterien, die für sie gelten, verglichen. Auf diese Weise werde der Tatsache Rechnung getragen, dass Beamte mit und ohne Führungsaufgaben für die Stellenbesetzung in Betracht kämen. Zugleich werde dadurch der gesetzgeberischen Grundentscheidung in Art. 16 Abs. 2 Satz 2 LlbG Rechnung getragen, die ein Herausgreifen einzelner Beurteilungskriterien bei gleichem Gesamturteil nicht zulasse.

Mit Widerspruchsbescheid der Justizvollzugsanstalt ... vom 10. März 2020, den Bevollmächtigten des Klägers bekanntgegeben am 12. März 2020, wurde die Auswahlentscheidung vom 20. Februar 2019 auf Grund des Widerspruchs vom 28. März 2019 und unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts Ansbach im Beschluss vom 29. Oktober 2019 aufgehoben. Eine neue Auswahlentscheidung wurde auf Grund neuer Ermessensausübung dahingehend getroffen, dass unter Berücksichtigung des Leistungsgrundsatzes im Vergleich aller Bewerber der Beigeladene der geeignetste Bewerber für den zu besetzenden Dienstposten sei. Eine Gebühr für den Widerspruchsbescheid wurde nicht erhoben.

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass unter Berücksichtigung des Leistungsgrundsatzes und auf Grund des besseren Durchschnittswertes der Superkriterien der Beigeladene der geeignetste Bewerber für den zu besetzenden Dienstposten sei. Zwei Bewerber würden im vorliegenden Verfahren bereits wegen einer Beurteilung im niedrigeren Statusamts bzw. eines niedrigeren Gesamturteils in der periodischen Beurteilung des Beurteilungsjahres 2017 von vorneherein ausscheiden. Hinsichtlich der beiden verbleibenden Bewerber seien die zu Grunde gelegten periodischen Beurteilungen untereinander vergleichbar. Einer Vergleichbarkeit der Beurteilungen stehe nicht entgegen, dass die Beurteilung des Beigeladenen einen zusätzlichen Zeitraum bis zum 30. Juni 2017 umfasse. Nach Art. 56 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 LlbG könne eine periodische Beurteilung aus wichtigem Grund zurückgestellt werden. Dieser liege hier gemäß Ziffer 3.3.1 JuBeurteilBek darin, dass der Beigeladene weniger als ein Jahr vor dem allgemeinen Beurteilungsstichtag befördert worden sei. Das vergebene Gesamturteil trotz Beförderung sei nicht zu beanstanden.

Ansonsten wurden weitgehend die Feststellungen im Auswahlvermerk vom 3. März 2020 wiederholt. Ergänzend wurde angemerkt, dass die Stellenbeschreibung ein Zusatzkriterium enthalte, das wiederum nur vor dem Beigeladenen erfüllt würde und damit die Auswahlentscheidung zusätzlich unterstütze. Nach dem Wortlaut der Stellenbeschreibung seien bereits gewonnene Erfahrungen auf verschiedenen Dienstposten mit erhöhtem Verantwortungsbereich vorteilhaft. Der Beigeladene sei bereits in verschiedenen Bereichen der Strafabteilung, u.a. als Beamter in der Zentrale, zumeist im Spätdienst tätig oder leite als Nachtdienstleiter den Dienstablauf in dieser Abteilung. Zudem nehme er seit Januar 2019 an einzelnen Wochenenden die Aufgabe der Dienstleiterbereitschaft wahr. Dieser Dienstposten bringe eine höhere Verantwortung mit sich. Der Kläger sei hingegen seit 1999 ausschließlich im Bereich des Jugendarrestes eingesetzt und habe damit keine Erfahrung auf verschiedenen Dienstposten sammeln können.

Mit Schriftsatz vom 26. März 2020, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach eingegangen über EGVP am selben Tag, ließ der Kläger durch seinen Bevollmächtigten Klage erheben und beantragen,

Die Ablehnung der Bewerbung des Klägers um den Dienstposten "Leiter des allgemeinen Vollzugsdienstes der Jugendarrestanstalt ..." vom 19. März 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. März 2020 wird aufgehoben und der Beklagte verpflichtet, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über die Bewerbung des Klägers auf vorgenannten Dienstposten erneut zu entscheiden.

Mit Schriftsatz gleichen Datums ließ der Kläger einen Antrag gemäß § 123 VwGO einreichen und beantragen,

Der Antragsgegner wird einstweilen verpflichtet, die vorläufige Besetzung der Stelle "Leiter des allgemeinen Vollzugsdienstes der Jugendarrestanstalt ..." zu unterlassen, bis über die Klage des Antragstellers vom 26. März 2020 gegen die Nichtberücksichtigung seiner Bewerbung um vorgenannte Stelle gemäß Widerspruchsbescheid vom 10. März 2020 rechtskräftig entschieden ist.

Zur Begründung trugen die Bevollmächtigten des Klägers vor, dass die ablehnende Bewerbung des Klägers ermessensfehlerhaft sei und den Kläger in seinen Rechten aus Art. 33 Abs. 2 GG verletze, da der Ermessensentscheidung eine unrichtige Sachverhaltsfeststellung zu Grunde liege.

Der Widerspruchsbescheid vom 10. März 2020 verstoße gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 29. Oktober 2019. Entgegen der richterlichen Vorgabe werde in Ziffer 2 des Widerspruchsbescheides eine Auswahlentscheidung vorgenommen, obwohl das Gericht eine Stellenbesetzung als Folge einer Auswahlentscheidung bis zur Rechtskraft der Entscheidung über die Bewerbung des Klägers ausgeschlossen habe. Ziffer 1 des Widerspruchsbescheides hebe die Auswahlentscheidung vom 20. Februar 2019 auf. Über die Bewerbung des Klägers um den Dienstposten sage die Aufhebung nichts. Falls inzident in Ziffer 2 des Widerspruchsbescheides die Bewerbung des Klägers zurückgewiesen worden sein sollte, sei auf Grund der Klage gegen die Nichtberücksichtigung des Klägers keine Bestandskraft eingetreten.

Maßgeblich sei jedoch, dass der Leistungsvergleich, welcher im Widerspruchsbescheid dokumentiert worden sei, sachlich unrichtig sei und den Kläger in seinem Bewerbungsverfahrensanspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG verletze.

Entgegen der Aussage im Widerspruchsbescheid habe der Beigeladene keine Führungsaufgaben wahrgenommen. Auf S. 6 des Widerspruchsbescheides werde ausgeführt, dass der Beizuladende zu Recht mit Führungsfunktion beurteilt worden sei. Er sei an rund 170 Arbeitstagen allein verantwortlich für die Diensteinteilung von rund 120 Bediensteten und somit mit Führungsaufgaben betraut gewesen. Entsprechend der Stellenausschreibung vom 7. Juli 2016 für den "stellvertretenden Dienstleiter" der Männeranstalt sei dies unrichtig. Danach gehöre zu den Aufgaben des stellvertretenden Dienstleiters auch der Aufgabenbereich des Diensteinteilers. Die Dienstplangestaltung als eigenständige Aufgabe werde dort ausdrücklich erwähnt. Gemäß Dienstanweisung Nr. ... sei Herr ... ... zum stellvertretenden Dienstleiter in Verbindung mit der Funktion des Diensteinteilers der Strafabteilung der Justizvollzugsanstalt ... bestellt worden. Nicht der Beigeladene, sondern Herr ... habe die Aufgabe als Dienstplaner wahrgenommen. Wie die vorgelegte Stellenausschreibung beweise, würden Dienstposten jedenfalls intern ausgeschrieben. Dies entspreche auch der Grundaussage des Art. 20 BayBG. An diese Übung müsse sich auch der Beklagte halten. Es sei nicht bekannt, dass Herr ... o.g. Funktionen nicht mehr ausübe. Wäre dem so, hätte die Stelle neu ausgeschrieben werden müssen.

Unrichtig sei auch die Aussage auf S. 6, dass der Kläger nur einer verwaltenden Vertretung von sechs nachgeordneten Beamten nachgekommen sei. Tatsächlich sei der Kläger für zwölf Personen verantwortlich gewesen.

Nicht berücksichtigt würden in dem Widerspruchsbescheid die Aussagen im Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 29. Oktober 2019 zu der Binnendifferenzierung.

Die Aussage auf S. 8 des Widerspruchsbescheides, wonach der Kläger angeblich keine Erfahrungen auf verschiedenen Dienstposten habe sammeln können und die Feststellung der langjährigen Vertretung der Leiterin des allgemeinen Vollzugsdienstes offenbar für die Auswahlentscheidung keine Rolle gespielt habe, sei fast ehrrührig.

Mit Schriftsatz vom 2. April 2020 erklärte der Beklagte sein Einverständnis, bis zum rechtskräftigen Abschluss des gerichtlichen Verfahrens den ausgeschriebenen Dienstposten des Leiters des allgemeinen Vollzugsdienstes der Jugendarrestanstalt ... nicht zu besetzen.

Mit weiterem Schriftsatz der Justizvollzugsanstalt ... vom 14. Mai 2020 beantragte der Beklagte hinsichtlich des einstweiligen Rechtsschutzes, den Antrag abzuweisen und dem Antragsteller die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Hinsichtlich des Hauptsacheverfahrens wurde beantragt,

die Klage abzuweisen und dem Kläger die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Zur Begründung wurde vorgetragen, dass der Antrag gemäß § 123 VwGO sowohl unzulässig als auch unbegründet sei. Der Antrag sei bereits unzulässig, da der Widerspruchsbescheid vom 10. März 2020 und damit die neu getroffene Auswahlentscheidung nicht gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach verstoße. Dieser untersage die Stellenbesetzung, so lange nicht über die Bewerbung des Antragstellers bestandskräftig entschieden sei. Auf Grund der Erhebung des Widerspruchs sei aber zumindest eine neue Auswahlentscheidung zu treffen gewesen und das Widerspruchsverfahren abzuschließen. Erst nach dem Eintritt der Bestandskraft des Widerspruchsbescheides wäre eine Stellenbesetzung möglich gewesen. Der Widerspruchsbescheid sei allerdings durch die Klageerhebung nicht bestandskräftig geworden. Daher sei die Vollziehung der neuen Auswahlentscheidung vom 10. März 2020 und damit die Besetzung der ausgeschriebenen Stelle grundsätzlich ausgeschlossen. Da die Vollziehung ausgeschlossen sei, liege für einen erneuten Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO prinzipiell kein Rechtsschutzbedürfnis vor (Kopp/Schenke, VwGO, § 123 Rn. 22).

Der Antrag sei auch unbegründet, da weder ein Anordnungsgrund noch ein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hätten werden können. Der Antragsteller trage vor, durch Ziffer 2 des Widerspruchsbescheides und die beabsichtigte Übertragung eines Beförderungsdienstpostens an den Mitbewerber in seinen Rechten verletzt zu sein. Eine Besetzung der ausgeschriebenen Stelle sei aber bislang und werde auch bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens nicht vorgenommen, so dass eine Veränderung des bestehenden Zustandes nicht zu befürchten sei. Dem Antragsteller sei es daher auch unter Berücksichtigung seiner Interessen zumutbar, die Hauptsacheentscheidung abzuwarten (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, § 123 Rn. 26).

Ein Anordnungsanspruch sei nicht glaubhaft gemacht worden, da die Auswahlentscheidung vom 10. März 2020 den aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers nicht verletze. Das Auswahlverfahren sei ermessensfehlerfrei, so dass die Bewerbung des Antragstellers nicht berücksichtigt und die Stelle nicht an ihn vergeben werden könne.

Die Ansicht des Antragstellers, dass der Mitbewerber keine Führungsaufgaben wahrgenommen habe, sei bereits ausführlich im Widerspruchsbescheid vom 10. März 2020 widerlegt worden. Der Mitbewerber habe an 170 Arbeitstagen (1/3 der gesamten Arbeitstage) im Beurteilungszeitraum den Dienstposten des Diensteinteilers vertretungsweise begleitet, bevor Herr Inspektor im JVD ... ... am 16. August 2016 durch die Dienstanweisung Nr. ... zum stellvertretenden Dienstleiter in Verbindung mit der Funktion des Diensteinteilers der Strafhaftabteilung bestellt worden sei. Es sei zwar richtig, dass der Bewerber nie offiziell als Diensteinteiler ernannt worden sei, aber darauf komme es nicht an, weil es für das Betrautsein mit Führungsaufgaben und damit für die Beurteilung der Einzelmerkmale des Blocks "Führungserfolg und -verhalten" (Nr. 2.1.3 des Beurteilungsformulars) nur auf das tatsächliche Wahrnehmen von Führungsaufgaben und das tatsächliche Zeigen von Führungsverhalten ankomme. Zudem sei es für die neue Auswahlentscheidung gerade nicht auf die Beurteilung der Führungsaufgaben angekommen, sondern lediglich auf den Vorsprung des Mitbewerbers, der sich durch die Gegenüberstellung der Durchschnittswerte der Superkriterien beider Bewerber ergeben habe. Die Wahrnehmung von Führungsaufgaben sei für die getroffene Auswahlentscheidung nur insofern von Bedeutung, als sich der Durchschnittswert der Superkriterien bei dem Bewerber mit Führungsaufgaben aus anderen Superkriterien berechne.

Die Behauptung des Antragstellers, er sei für 12 Personen verantwortlich gewesen, sei schlichtweg falsch. Nachweislich seien während des gesamten Beurteilungszeitraums insgesamt acht Personen in der Jugendarrestanstalt beschäftigt gewesen. Den Antragsteller und die Leiterin der Jugendarrestanstalt nicht berücksichtigt, ergäben sich daher sechs nachgeordnete Beamte.

Im Rahmen der Auswahlentscheidung gehe die Antragsgegnerin entgegen der Ansicht des Antragstellers sehr wohl auf die sich aufdrängende Frage hinsichtlich der ergänzenden Bemerkung in der Beurteilung des Antragstellers ein. Die Formulierung im Rahmen der ergänzenden Bemerkung lasse nur den Schluss zu, dass der Antragsteller als Vertreter der Leiterin des allgemeinen Vollzugsdienstes im Jugendarrest deren Aufgabe übernommen habe. Eine Bewertung seiner Leistung im Rahmen der Stellvertretung könne daraus allerdings nicht abgeleitet werden. Eine Differenzierung könne in der verbalen Gesamtwürdigung nicht vorgenommen werden. Die Beurteilung des Antragstellers erhalte auch zu Recht nur eine Bewertung des Einzelkriteriums "Führungspotenzial" (Nr. 2.2.5 des Beurteilungsformulars). Dieses Einzelkriterium beziehe sich grundsätzlich nur auf die Eignung und den inneren Antrieb, die unter 2.1.3 genannten Kriterien zu entwickeln bzw. fortzuentwickeln. Das Führungspotenzial als solches werde grundsätzlich bei allen Beamten bewertet. Die Einzelmerkmale des Blocks "Führungserfolg und Verhalten" (Nr. 2.1.3 des Beurteilungsformulars) seien hingegen nur bei Beamten zu bewerten, die im Beurteilungszeitraum tatsächlich Führungsaufgaben ausgeübt hätten. Der Antragsteller sei im Beurteilungszeitraum eben gerade nicht mit Führungsaufgaben betraut gewesen. Er habe zu keinem Zeitpunkt den Bereich des Jugendarrestes über einen längeren Zeitraum gestaltend geführt, sondern habe nur die verwaltende Vertretung im Rahmen der Übernahme von Urlaubs- und Krankheitsvertretungen der Leiterin der Jugendarrestanstalt wahrgenommen. Die verwaltende Vertretung begründe grundsätzlich kein beurteilungsrelevantes Führungsverhalten.

Im Übrigen werde bezüglich der Rechtmäßigkeit der neuen Auswahlentscheidung vollumfänglich auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 10. März 2020 Bezug genommen.

Die Klage sei zwar zulässig, aber unbegründet. Hierzu werde vollumfänglich auf die vorausgegangenen Ausführungen Bezug genommen.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gemäß § 123 VwGO - AN 1 E 20.00570 - nach Antragsrücknahme durch den Bevollmächtigten des Klägers in dessen Namen und Auftrag eingestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Gerichtsakte aus dem Verfahren AN 1 E 19.00688 sowie der beigezogenen Behördenakten und hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlung auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Gründe

I.

Die Klage, mit der der Kläger eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung auf den Dienstposten "Leiter des allgemeinen Vollzugsdienstes der Jugendarrestanstalt ..." begehrt, ist zulässig.

Insoweit wurde das durch den Kläger eingeleitete - fakultative - Widerspruchverfahrens gemäß § 54 Abs. 2 BeamtStG, Art. 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 AGVwGO durchgeführt und mit Widerspruchsbescheid vom 10. März 2020 abgeschlossen.

Auch besteht noch ein Rechtsschutzinteresse für die Klage auf Neuentscheidung über die Bewerbung des Klägers vom 20. Dezember 2018. Das Rechtsschutzbedürfnis besteht, solange es der zuständigen Behörde möglich ist, dem Rechtsschutz suchenden Bewerber die begehrte Stelle zu übertragen. Erst wenn der Bewerbung des unterlegenen Bewerbers nicht mehr entsprochen werden kann, erledigt sich dessen Bewerbung (Baßlsperger in: Weiß/Niedermaier/ Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, § 54 BeamtStG Rn. 193).

Der ausgeschriebene Dienstposten "Leiter des allgemeinen Vollzugsdienstes der Jugendarrestanstalt ..." wurde bisher noch nicht besetzt. Auch hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 2. April 2020 mitgeteilt, dass von einer Besetzung des ausgeschriebenen Dienstpostens bis zum rechtskräftigen Abschluss des gerichtlichen Verfahrens abgesehen wird.

II.

Die Klage ist auch begründet, da der Kläger einen Anspruch auf erneute Entscheidung über seine Bewerbung hat, § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO. Die nach Aufhebung der Auswahlentscheidung vom 20. Februar 2019 (Gegenstand des vorhergehenden gerichtlichen Eilverfahrens gemäß § 123 VwGO - AN 1 E 19.00688) ergangene Auswahlentscheidung vom 3. März 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. März 2020 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinem Bewerbungsverfahrensanspruch gemäß Art. 33 Abs. 2 GG. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der behördlichen Auswahlentscheidung ist nach Aufhebung der ersten Auswahlentscheidung nicht die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der ersten (aufgehobenen), sondern der zweiten Auswahlentscheidung (BVerwG, B.v. 29.4.2016 - 1 WB 27/15 - juris Rn. 18; U.v. 4.11.2010 - 2 C 16/09 - BVerwGE 138, 102-122 Rn. 58).

1. Dabei bestehen bereits Zweifel an der formellen Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung.

a) Das Ergebnis der erneuten Auswahlentscheidung wurde dem Kläger in Form des Widerspruchsbescheides der JVA ... vom 10. März 2020, anlässlich des Widerspruches des Bevollmächtigten des Klägers vom 28. März 2019 gegen die Auswahlentscheidung vom 20. Februar 2019, mitgeteilt. Der Kläger wurde damit ausreichend in die Lage versetzt, sachgerecht darüber zu befinden, ob Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen seinen Bewerbungsverfahrensanspruch gegeben sind und er deshalb gegen die Entscheidung des Dienstherrn um gerichtlichen (Eil-)Rechtsschutz nachsuchen will (BVerwG, U.v. 30.8.2018 - 2 C 10/17 - juris Rn. 11; BVerwG, U.v. 4.11.2010 - 2 C 16/09 - juris Rn. 25), insbesondere da die wesentlichen Erwägungen aus dem Auswahlvermerk im Widerspruchsbescheid dargestellt worden sind.

b) Allerdings wurde sowohl der Auswahlvermerk als auch der dessen Inhalt dem Kläger bekanntgebende Widerspruchsbescheid durch den Leiter der Justizvollzugsanstalt ... erstellt. Insoweit dürfte es sich nicht um die für die Auswahlentscheidung zuständige Stelle handeln.

Die Zuständigkeit für die Auswahlentscheidung richtet sich nach der Zuständigkeit für die Ernennung der Beamten. Gemäß Art. 18 Abs. 1 Satz 4 des Bayerischen Beamtengesetzes (BayBG) vom 29. Juli 2008 in der Fassung vom 23. Dezember 2019 werden die Beamten und Beamtinnen des Staates, die nicht unter Art. 18 Abs. 1 Satz 1 und 2 BayBG fallen, durch die jeweils zuständigen Mitglieder der Staatsregierung ernannt. Die Ausübung dieser Befugnisse können innerhalb der obersten Dienstbehörde oder durch Rechtsverordnung auf andere Behörden übertragen werden.

Der streitgegenständliche Dienstposten der Leiterin/des Leiters des allgemeinen Vollzugsdienstes der Jugendarrestanstalt ... unterfällt der grundsätzlichen Zuständigkeit der Bayerischen Staatsministeriums der Justiz, da er der Fachlaufbahn Justiz und dort dem fachlichen Schwerpunkt "Allgemeiner Vollzugsdienst" (Art. 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 des Gesetzes über die Leistungslaufbahn und die Fachlaufbahnen der bayerischen Beamten und Beamtinnen - LlbG - vom 5. August 2010, zuletzt geändert durch Gesetz vom 24. Juli 2020; § 1 Nr. 2 der Verordnung über fachliche Schwerpunkte in der Fachlaufbahn Justiz - FachV-J - vom 8. September 2014, zuletzt geändert durch Verordnung vom 8. Mai 2018) zugeordnet ist.

Das Bayerische Staatsministerium der Justiz hat von der Möglichkeit der Delegation der Ernennungszuständigkeit durch die Verordnung über dienstrechtliche Zuständigkeiten im Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz (StMJ-Zuständigkeitsverordnung Dienstrecht - ZustV-JM) vom 27. Juli 1999, zuletzt geändert durch Verordnung vom 23. August 2018, Gebrauch gemacht. § 1 ZustV-JM enthält jedoch keine ausdrückliche Regelung für die Bediensteten der Justizvollzugsanstalten, sodass es bei der Ernennungszuständigkeit des Bayerischen Staatsministeriums für Justiz verbleibt (vgl. hierzu auch HessVGH, B.v. 28.8.1995 - 1 TG 1608/95 - juris Rn. 11 ff.).

Soweit das Bayerische Staatsministerium der Justiz in seinem Schreiben vom 9. April 2019 an die JVA Nürnberg (vorgelegt mit dem Besetzungsvorgang) davon ausgeht, dass eine Zuständigkeit des Justizvollzugsanstalt Nürnberg gegeben sei, da die Ausschreibung des streitgegenständlichen Dienstpostens nicht bayernweit erfolgt sei, und dass der ausgewählte Bewerber lediglich durch das Bayerische Staatsministerium der Justiz gemäß Nr. 6 Abs. 1 Satz 2 der Jugendarrestgeschäftsordnung (JAGO) vom 18. Juni 1979 Az.: 4411 - VII a - 2457/78, zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 14. November 1991, bestellt werde, erachtet dies die Kammer für nicht zutreffend. Insbesondere kann in der Regelung der Nr. 6 Abs. 1 Satz 2 JAGO keine Delegation der Zuständigkeit gesehen werden, da die Bekanntmachung nicht den Anforderungen des Art. 18 Abs. 1 Satz 4, 2. HS BayBG ("durch Rechtsverordnung auf eine andere Behörde") entspricht. Art und Umfang der Stellenausschreibung vermögen nach Überzeugung der Kammer ebenfalls keine Zuständigkeitsänderung zu begründen, insbesondere da sich aus Art. 20 BayBG keine allgemeine Verpflichtung zur Stellenausschreibung ergibt (Zängl in: Weiß/Niedermaier/ Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Art. 20 BayBG Rn. 4).

Aber selbst wenn man das Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz als Hinweis darauf, dass es sich vorliegend nicht um eine Beförderungskonkurrenz, sondern lediglich um eine Umsetzung als rein innerbehördliche Maßnahme im Rahmen der Organisationsgewalt des Dienstherrn handeln sollte, bewertet, steht dieser Auffassung wohl entgegen, dass der streitgegenständliche Dienstposten nach Einlassung des Beklagten mit Schriftsatz vom 10. April 2019 im Verfahren AN 1 E 19.00688 dem Statusamt A9 + AZ zugeordnet ist und es sich damit zumindest für den Kläger um einen Beförderungsdienstposten handelt. Für mögliche Bewerber, die bisher noch nicht in der Jugendarrestanstalt ... tätig gewesen sind, dürfte es an der Behördenidentität fehlen, da das Gesetz über den Vollzug des Jugendarrestes (Bayerisches Jugendarrestvollzugsgesetz - BayJAVollzG) vom 26. Juni 2018, zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. Juli 2020, von einer Trennung von Jugendarrest und Strafvollzug ausgeht.

Im Gegensatz zur ersten - zwischenzeitlich aufgehobenen - Auswahlentscheidung vom 7. März 2019 wurde nach Aktenlage die Auswahlentscheidung vom 3. März 2020 dem Bayerische Staatsministerium der Justiz nicht vorgelegt, sodass dieses sich die Überlegungen des Leiters der Justizvollzugsanstalt ... nicht zu eigen machen konnte.

2. Jedenfalls ist die Auswahlentscheidung materiellrechtlich fehlerhaft, da der Grundsatz der Bestenauslese gemäß Art. 33 Abs. 2 GG nicht ausreichend berücksichtigt wurde.

a) Art. 33 Abs. 2 GG gewährt jedem Deutschen ein grundrechtsgleiches Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Daraus folgt der Anspruch eines Beförderungsbewerbers auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung (BVerwG, U.v. 4.11.2010 - 2 C 16/09 - IÖD 2011, 14; U.v. 25.2.2010 - 2 C 22/09 - ZBR 2011, 37; BVerfG, B.v. 29.7.2003 - 2 BvR 311/03 - BayVBl 2004, 17). Die Geltung dieses Grundsatzes wird nach Art. 33 Abs. 2 GG unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistet. Die Vorschrift dient zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung des öffentlichen Dienstes; dessen fachliches Niveau und rechtliche Integrität sollen gerade durch die ungeschmälerte Anwendung des Bestenauslesegrundsatzes gewährleistet werden. Zum anderen trägt Art. 33 Abs. 2 GG dem berechtigten Interesse der Beamten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen dadurch Rechnung, dass er grundrechtsgleiche Rechte auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl begründet. Art. 33 Abs. 2 GG gibt somit die entscheidenden Beurteilungsgesichtspunkte für die Bewerberauswahl zur Besetzung von öffentlichen Ämtern abschließend vor. Die von Art. 33 Abs. 2 GG erfassten Auswahlentscheidungen können grundsätzlich nur auf Gesichtspunkte gestützt werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber betreffen. Anderen Gesichtspunkten darf nur Bedeutung beigemessen werden, wenn sich aus dem Vergleich anhand von unmittelbar leistungsbezogenen Gesichtspunkten kein Vorsprung von Bewerbern ergibt. Belange, die nicht im Leistungsgrundsatz verankert sind, können bei der Besetzung öffentlicher Ämter nur Berücksichtigung finden, wenn ihnen ebenfalls Verfassungsrang eingeräumt ist (BVerfG, B.v. 11.5.2011 - 2 BvR 764/11; BVerwG, U.v. 4.11.2010 - 2 C 16/09 - a.a.O.; U.v. 17.8.2005 - 2 C 37/04 - BVerwGE 124, 99; U.v. 28.10.2004 - 2 C 23/03 - BVerw-GE 122, 147).

Der ausgeschriebene Dienstposten stellt für den Kläger einen höherwertigen Dienstposten dar, da der Dienstposten der Besoldungsgruppe A9 + AZ zugeordnet ist. Insoweit gilt grundsätzlich der Grundsatz der Bestenauslese.

Keine Auswirkung ergeben sich aus der mit Wirkung zum ... 2019 erfolgten Beförderung des Beigeladenen zum Inspektor im Justizvollzugsdienst (Besoldungsstufe A9 + AZ), aufgrund derer der Beigeladene für die allein maßgebliche, zweite Auswahlentscheidung vom 3. März 2020 grundsätzlich als Versetzungsbewerber gilt.

Zwischen Beförderungsbewerbern und Versetzungs-/Umsetzungsbewerbern besteht grundsätzlich kein Konkurrenzverhältnis. Aus der Organisationsfreiheit des Dienstherrn folgt sein Recht, zwischen Umsetzung, Versetzung und Beförderung zu wählen. Die Ausübung dieses Rechts steht im pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn. Nur dann, wenn sich der Dienstherr für ein Auswahlverfahren entschließt, an dem Beförderungs- und Umsetzungs-/Versetzungsbewerber unterschiedslos teilnehmen, legt er sich auf ein an den Maßstäben des Art. 33 Abs. 2 GG ausgerichtetes Auswahlverfahren nach dem Prinzip der Bestenauslese fest. Schreibt der Dienstherr eine Stelle in dieser Weise aus, hat er seine Organisationsfreiheit durch Wahl und Ausgestaltung des Besetzungsverfahrens beschränkt mit der Folge, dass auch Um-/Versetzungsbewer-ber am Leistungsgrundsatz zu messen sind. Nur in diesem Fall muss sich der Dienstherr an dem von ihm gewählten Modell der Bestenauslese auch bezüglich der Umsetzungs-/Ver-setzungsbewerber festhalten lassen (BayVGH, B.v. 29.9.2015 - 3 CE 15.1604 - juris Rn. 22 unter Verweis auf BVerwG, U.v. 25.11.2004 - 2 C 17/03 - BVerwGE 122, 237 - juris Rn. 15,18).

Die Stellenausschreibung vom 3. Dezember 2018 enthält keinen Hinweis darauf, dass Beförderungs- und Versetzungs-/Umsetzungsbewerber bei der Besetzung des Dienstpostens unterschiedlich behandelt werden sollen. So wird in der Ausschreibung weder darauf hingewiesen, dass Umsetzungen/Versetzungen vorrangig durchgeführt werden sollen, noch, dass Versetzungs-/Umsetzungsbewerber und Beförderungsbewerber nicht in Konkurrenz zu einander stehen. Vielmehr wird pauschal darauf verwiesen, dass die Wahrnehmung des Dienstpostens neben einer mehrjährigen Erfahrung eine überdurchschnittliche Leistung, Eignung und Befähigung erfordert. Damit legte sich der Beklagte eindeutig darauf fest, dass die Auswahlentscheidung ausschließlich an Leistungsgesichtspunkten orientiert sein soll. Der Beklagte hat diese Festlegung konsequent auch der Auswahlentscheidung zugrunde gelegt.

b) Allerdings entspricht die streitgegenständliche Auswahlentscheidung nicht den Anforderungen, die sich aus dem Leistungsgrundsatz ergeben.

aa) Die Auswahlentscheidung darf nur auf Gesichtspunkte gestützt werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber betreffen. Allerdings kann über die Eignung des Bewerberfeldes in einem gestuften Auswahlverfahren befunden werden (BVerwG, B.v. 20.6.2013 - 2 VR 1/13 - juris). Bewerber, welche die allgemeinen Ernennungsbedingungen oder die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllen oder die aus sonstigen Eignungsgründen für die Ämtervergabe nicht in Betracht kommen, können in einer ersten Auswahl ausgeschlossen und müssen somit nicht mehr in den Leistungsvergleich einbezogen werden (BVerwG, B.v. 20.06.2013, a.a.O., Rn. 23; BVerwG, B.v. 6.4.2006 - 2 VR 2.05 - juris Rn. 7; BayVGH, B.v. 22.11.2016 - 3 CE 16.1912 - juris Rn. 20). Dies gilt grundsätzlich auch für Bewerber, die zwingende Vorgaben eines rechtmäßigen Anforderungsprofils nicht erfüllen (BVerwG, B.v. 20.6.2013, a.a.O., Rn. 23).

Soweit der Beklagte in der Stellenausschreibung ein konstitutives Anforderungsprofil in Form einer mehrjährigen Diensterfahrung festgelegt hat, geht der Antragsgegner selbst davon aus, dass der Kläger und der Beigeladene dieses Anforderungsprofil erfüllen, da beide Bewerber in den Leistungsvergleich einbezogen worden sind.

Im Übrigen hat der Antragsgegner Führungserfahrung gerade nicht als konstitutives Anforderungsprofil bestimmt. Auch wenn in der Stellenausschreibung überdurchschnittliche fachliche Leistungen, Eignung und Befähigung in Einzelkriterien, die in den dienstlichen Beurteilungen ausschließlich bei Beamten in einer Führungsaufgabe bewertet werden, fordert, so ergibt sich hieraus nicht ausreichend deutlich, dass fehlende Führungserfahrung ein Ausschlusskriterium sein soll. Die in der Stellenausschreibung stichpunktartig aufgezählten Einzelkriterien ergeben sich vielmehr vollumfänglich aus den Formularen für die periodischen Beurteilungen und enthalten damit keinen neuen, von der Beurteilung abgekoppelten Maßstab, der als konstitutives Anforderungsprofil bewertet werden könnte (BayVGH, B.v. 16.9.2011 - 3 CE 11.1132 - juris Rn. 26 f.).

Vielmehr informieren die genannten Einzelkriterien den Bewerber über den Dienstposten und die auf ihn zukommenden Aufgaben und können ggf. dazu dienen, einen Beurteilungsrückstand aufzuholen (BayVGH, B.v. 16.9.2011 - 3 CE 11.1132 - juris Rn. 26.). Diese Bewertung ist auch aufgrund der Einlassung des Beklagten in der Klageerwiderung vom 14. Mai 2020 naheliegend, wonach für die Auswahlentscheidung nicht die Beurteilung von Führungsaufgaben maßgeblich sein sollte, da die Wahrnehmung von Führungsaufgaben nur für die Definition der Superkriterien im Rahmen der zu berücksichtigenden dienstlichen Beurteilungen relevant gewesen sei.

Gleiches gilt für den Hinweis, dass bereits gewonnene Erfahrungen auf verschiedenen Dienstposten mit erhöhtem Verantwortungsbereich in der Justizvollzugsanstalt von Vorteil sind.

bb) Nach der Feststellung, dass bzw. welche Bewerber ein bestehendes konstitutives Anforderungsprofil erfüllen, ist die Auswahl für die Besetzung eines Beförderungsdienstpostens unter mehreren Bewerbern in erster Linie auf aktuelle dienstliche Beurteilungen zu stützen (BVerwG, B.v. 20.6.2013, a.a.O., Rn. 21; BayVGH, B.v. 22.1.2018 - 3 CE 17.2440 - juris Rn. 20; B.v. 8.4.2015 - 3 CE 14.1733 - juris Rn. 28). Maßgeblich hierfür ist primär das abschließende Gesamturteil der Beurteilung, das durch Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist (BVerwG, B.v. 22.11.2012 - 2 VR 5/12 - juris Rn. 25). Sind die Bewerber mit dem gleichen Gesamturteil bewertet worden, muss der Dienstherr die Beurteilungen unter Anlegung gleicher Maßstäbe umfassend inhaltlich auswerten und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung zur Kenntnis nehmen (BVerwG, B.v. 19.12.2014 - 2 VR 1.14 - juris Rn. 35).

Dieser Leistungsvergleich erweist sich vorliegend als fehlerhaft. Zwar wurde durch den Beklagten zutreffend festgestellt, dass sich aufgrund des Vergleiches der Gesamturteile der periodischen Beurteilungen 2017 ein Gleichstand der Bewerber, die jeweils 11 Punkte in der Besoldungsgruppe A9 erreicht haben, ergeben hat. Allerdings stellt sich die im Anschluss gemäß Art. 16 Abs. 2 LlbG vorgenommene Binnendifferenzierung anhand des Vergleichs der Durchschnittswerte aus den sog. Superkriterien als fehlerhaft dar.

Sind die Bewerber mit dem gleichen Gesamturteil bewertet worden, muss der Dienstherr die Beurteilungen unter Anlegung gleicher Maßstäbe umfassend inhaltlich auswerten und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung zur Kenntnis nehmen. Insofern bestimmt Art. 16 Abs. 2 Satz 1 LlbG, dass die in der Beurteilung enthaltenen Einzelkriterien gegenüberzustellen sind (Binnendifferenzierung). In den Vergleich der Einzelkriterien sind allerdings nur die wesentlichen Beurteilungskriterien (sog. "Superkriterien") einzubeziehen (Art. 16 Abs. 2 Satz 2 LlbG), die sich nach Art. 16 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. Art. 58 Abs. 3 LlbG bestimmen, wobei die obersten Dienstbehörden gemäß Art. 16 Abs. 2 Satz 4 LlbG hiervon abweichend für bestimmte Verwaltungsbereiche oder Aufgabenfelder aus den gemäß Art. 58 Abs. 3 und 6 Satz 2 und 3 LlbG vorgesehenen Beurteilungskriterien weitere oder andere Kriterien sowie anderweitige Differenzierungen bei den zugrunde liegenden Gruppen festlegen können (BayVGH, B.v. 6.2.2017 - 3 CE 17.184 - juris Rn. 3).

Der Beklagte hat nach der Feststellung, dass der Kläger und der Beigeladene in den aktuellen periodischen Beurteilungen mit dem gleichen Gesamturteil bewertet worden sind, die Durchschnittswerte der Superkriterien gegenüber gestellt und daraus geschlossen, dass der Beigeladene mit einem Durchschnitt von 11,83 Punkten bei den Superkriterien gegenüber dem Antragsteller mit einem Durchschnittswert von 11,25 Punkten bei den Superkriterien als der leis-tungsstärkste und damit geeignetste Bewerber anzusehen ist.

Die Kammer hat sich bereits im Verfahren des Eilrechtschutzes zu der Auswahlentscheidung vom 20. Februar 2019 (VG Ansbach, B.v. 29.10.2020 - AN 1 E 19.00688) ausführlich mit dieser Gegenüberstellung der Durchschnittswerte der Superkriterien auseinandergesetzt und ausgeführt:

"Bei diesem Vorgehen fehlt es nach Auffassung der Kammer an einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit den maßgeblichen Einzelkriterien, die ggf. auch anhand des fakultativen Anforderungsprofils in der Stellenausschreibung näher zu betrachten sind. Auch wenn der Durchschnittswert der Superkriterien durchaus ein Indiz dafür sein kann, dass der Bewerber mit dem höheren Durchschnittswert der leistungsstärkste Bewerber sein könnte, so entbindet die Betrachtung des Durchschnittswertes nicht von einem Vergleich der Einzelkriterien.

Hätte sich der Antragsgegner näher mit den Einzelkriterien auseinandergesetzt, so wäre aufgefallen, dass die Superkriterien bei dem Antragsteller und dem Beigeladenen nicht identisch und damit erst einmal nicht vergleichbar sind, da der Antragsteller als Beamter ohne Führungsfunktion, der Beigeladene aber als Beamter mit Führungsfunktion beurteilt worden waren. Denn der Antragsgegner hat für Beamte im Allgemeinen Vollzugsdienst der 2. Qualifikationsebene mit Führungsfunktion als Superkriterien "Organisation", "Informations- und Kommunikationsverhalten", "Anleitung und Aufsicht", "Motivation und Förderung der MA", "Konfliktbewältigung" und "Führungspotential" festgelegt, für Beamte ohne Führungsfunktion dagegen die Superkriterien "Arbeitseinsatz", "Zusammenarbeit mit Kollegen", "Umgang mit Gefangenen" und "Fachkenntnisse" (vgl. Nr. 2.6 des Initialschreibens des Bayerischen Staatsministeriums vom 25.11.2016 über die Beurteilung von Beamten und Beamtinnen im Justizvollzugsdienst im Jahr 2017 - Gz. F1 - 2012-VII a-12088/16 - i.V.m. Lfd. Nr. 1.1 der Anlage 6). Setzt sich der Durchschnittswert der Superkriterien aus unterschiedlichen Einzelmerkmalen zusammen, so kann nach Auffassung der Kammer aufgrund unreflektierter Gegenüberstellung des Durchschnittswertes der Superkriterien keine Aussage darüber getroffen werden, welcher Bewerber die für die Stellenausübung relevanten Kriterien besser erfüllt. Es bedarf vielmehr vor Gegenüberstellung einer Festlegung, welche Kriterien, ggf. unter Berücksichtigung des fakultativen Anforderungsprofils der Stellenausschreibung, im Rahmen der Binnendifferenzierung im Einzelnen betrachtet werden sollen. Orientiert sich der Antragsgegner an den für Leitungsfunktionen relevanten Superkriterien, was aufgrund der eingeschränkten gerichtlichen Überprüfbarkeit der Auswahlentscheidung unter Berücksichtigung der Regelung des Art. 16 Abs. 2 Satz 4 LlbG grundsätzlich nicht zu beanstanden wäre, so müssten die Bewerber auch jeweils hinsichtlich dieser Kriterien verglichen werden. Der Antragsgegner müsste insoweit überlegen, welchen Schluss er daraus ziehen wolle, dass die Beurteilung des Antragstellers lediglich eine Bewertung des Einzelkriteriums "Führungspotential" enthält, nicht aber der sonstigen Superkriterien bei Führungsfunktionen. Insoweit weist das Gericht auf die sich aufdrängende Frage hin, weshalb der Antragsteller als langjährige Vertreter der Leiterin des allgemeinen Vollzugsdienstes in der Jugendarrestanstalt nicht hinsichtlich der Einzelmerkmale "Führungserfolg und -verhalten" (Nr. 2.1.3 des Beurteilungsformulars) beurteilt worden ist, obwohl im Rahmen der Ergänzenden Bemerkungen (Nr. 3 des Beurteilungsformulars) festgestellt ist, dass der Antragsteller als Stellvertreter der Leiterin des Allgemeinen Vollzugsdienstes im Jugendarrest deren Aufgaben und Pflichten eigenverantwortlich als Entscheidungsträger übernommen hat. Hinzukommt, dass das fakultative Anforderungsprofil mit den Anforderungen an "Belastbarkeit und Zuverlässigkeit", "persönliches Engagement und Leistungsbereitschaft", "mündliche und schriftliche Ausdrucksfähigkeit", und "Bereitschaft zur Zusammenarbeit" durchaus auch Beurteilungskriterien enthält, die bei beiden Bewerbern beurteilt worden sind.

Die Fehlerhaftigkeit der Binnendifferenzierung führt damit zur Fehlerhaftigkeit der Auswahlentscheidung insgesamt. Die fehlerhafte Betätigung des Auswahlermessens war potentiell kausal für das Auswahlergebnis. Es erscheint nicht als ausgeschlossen, dass der Antragsteller im Rahmen der erneut durchzuführenden Auswahlentscheidung den Vorzug vor dem Beigeladenen erhalten wird, da für das Gericht nicht absehbar ist, wie der Antragsgegner damit umgehen wird, dass der Antragsteller und der Beigeladene hinsichtlich unterschiedlicher Superkriterien beurteilt worden sind."

In der weiteren Auswahlentscheidung im Widerspruchsbescheid vom 10. März 2020 aufgrund des Auswahlvermerkes vom 3. März 2020 stellte der Beklagte jedoch erneut die Durchschnittswerte aus den Superkriterien gegenüber und entnahm daraus einen Leistungsvorsprung des Beigeladenen. Zwar setzte sich der Beklagte mit der fehlenden Vergleichbarkeit der Superkriterien auseinander, rechtfertigte im Folgenden aber nur die Ursachen der unterschiedlichen Superkriterien und stellte fest, dass die durch das Bayerische Staatsministerium der Justiz für die im Justizvollzug tätigen Beamten aufgestellten Superkriterien jeweils gleich wichtig seien, sodass eine Gewichtung der Superkriterien nicht möglich sei. Auch sei auf das Kriterium der bisher bereits ausgeübten Führungsaufgabe bewusst verzichtet worden, um möglichst vielen Interessenten eine Bewerbung zu ermöglichen.

Mit diesen Überlegungen verkennt der Beklagte die Wertung des Art. 16 Abs. 2 Satz 2 und 3 LlbG, wonach in den Vergleich der Einzelkriterien nur die wesentlichen Beurteilungskriterien, also die sog. Superkriterien, einzubeziehen sind. Insoweit legt Art. 16 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 LlbG bei einer Führungsfunktion die Superkriterien "Führungserfolg" und Führungspotential" fest, während sich aus Art. 16 Abs. 2 Satz 3 Nr. 4 LlbG bei Beamten mit einer sachbearbeitenden Funktion, die für Führungsaufgaben in Frage kommen, die Superkriterien "Fachkenntnis", "Entscheidungsfreude" und "Führungspotential" ergeben, wobei die oberste Dienstbehörde gemäß Art. 16 Abs. 2 Satz 4 LlbG ggf. andere oder weitere Kriterien festlegen kann. Anknüpfungspunkt für die Binnendifferenzierung und damit für die Gewichtung der Einzelmerkmale sind dabei aber immer die Aussagekraft und Bedeutung der jeweiligen Einzelmerkmale für die Besetzung des höherwertigen Dienstpostens. Demnach ist für die Stellenbesetzung auf die Anforderungen des konkreten Amtes abzustellen und nach den Funktionen des zu besetzenden Dienstpostens zu differenzieren (Conrad in: Weiß/Niermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Art. 16 LlbG Rn. 34, 36; vgl. auch BayVGH, B.v. 25.6.2013 - 3 CE 13.300 - juris Rn. 35 wonach auf die Kriterien, die generell auf dem ausgeschriebenen Dienstposten erfüllt werden müssen, abzustellen ist).

Entsprechend sind für die vorliegende Stellenbesetzungsentscheidung die Superkriterien, die für den zu besetzenden Dienstposten "Leiterin/Leiter des allgemeinen Vollzugsdienstes der Jugendarrestanstalt ..." bestehen, maßgeblich. Dass es sich dabei um eine Führungsfunktion handelt, dürfte insoweit zwischen den Beteiligten unstrittig sein, sodass sich die maßgeblichen Superkriterien entweder aus Art. 16 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 LlbG oder aber aus der Festlegung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz für Beamte im Justizvollzugsdienst mit Führungsaufgaben (vgl. Nr. 2.6 des Initialschreibens des Bayerischen Staatsministeriums vom 25.11.2016 über die Beurteilung von Beamten und Beamtinnen im Justizvollzugsdienst im Jahr 2017 - Gz. F1 - 2012-VII a-12088/16 - i.V.m. Lfd. Nr. 1.1 der Anlage 6) ergeben. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die durch das Bayerische Staatsministerium der Justiz festgelegten Superkriterien für Beamte mit Führungsfunktion, nämlich "Organisation", "Informations- und Kommunikationsverhalten", "Anleitung und Aufsicht", "Motivation und Förderung der MA" und "Konfliktbewältigung", nach Ziff. 2.4.4. der JuBeurteilBek nur bei Beamten und Beamtinnen, die im Beurteilungszeitraum Führungsaufgaben ausgeübt haben, gewürdigt werden und lediglich das Superkriterium "Führungspotential" bei allen Mitarbeitern im Justizvollzugsdienst bewertet wird. Insoweit kann eine Binnendifferenzierung, insbesondere da Führungserfahrung nicht als konstitutives Anforderungsprofil festgelegt worden ist, nach Überzeugung der Kammer entsprechend der Wertung des Art. 16 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 LlbG auch nur anhand dieses einzelnen, übereinstimmend bewerteten Superkriteriums erfolgen. Ansonsten müsste sich der Beklagte den Vorwurf eines widersprüchlichen Verhaltens gefallen lassen, wenn er einerseits betont, Führungserfahrung nicht als Bewerbungsvoraussetzung anzusehen, um möglichst vielen Interessenten eine Bewerbung zu ermöglichen, andererseits aber einen Leistungsvorsprung eines einzelnen Bewerbers aus den Einzelmerkmalen herleitet, die gerade nur bei Bewerbern mit Führungserfahrung beurteilt werden.

Da das Kriterium "Führungspotential" sowohl bei dem Beigeladenen als auch bei dem Antragsteller jeweils mit 12 Punkten bewertet worden ist, ist auch im Rahmen der Binnendifferenzierung anhand der Superkriterien insoweit von einem Gleichstand der Bewerber auszugehen.

Da der Beklagte im Rahmen der Binnendifferenzierung anhand der Superkriterien zu einem Leistungsvorsprung des Beigeladenen gekommen ist, fehlt eine weitere Auseinandersetzung mit den Beurteilungen der Bewerber sowie ggf. leistungsbezogenen und leistungsunabhängigen Hilfskriterien. Wegen des dem Beklagten bei der Auswertung einer Beurteilung eingeräumten Beurteilungsspielraums bzw. Auswahlermessen ist es dem Gericht untersagt, diesbezüglich eigene Überlegungen anzustellen. Um die Qualifikation und die Kompetenz der Bewerber einzustufen, ist allein der Dienstherr berufen (BayVGH, B.v. 24.4.2017 - 3 CE 17.434 - juris Rn. 53; OVG NRW, B.v. 20.3.2009 - 6 B 3/09 - juris Rn. 7, 9).

cc) Für eine erneut anstehende Auswahlentscheidung weist das Gericht auf Folgendes hin:

(1) Bei einem Gleichstand nach Binnendifferenzierung anhand der Superkriterien muss der Beklagte unter Berücksichtigung des Art. 16 Abs. 2 LlbG die dienstliche Beurteilung nicht hinsichtlich aller weiteren Einzelmerkmale ausschöpfen. Denn mit Festlegung der sog. Superkriterien hat der Beklagte gerade eine Entscheidung über die Wichtigkeit bestimmter Einzelkriterien für einen Dienstposten getroffen. Es entspricht einer willkürfreien, sachgerechten Handhabung für Dienstposten mit Führungsverantwortung, regelmäßig bestimmte, gleichbleibende Einzelmerkmale für besonders wichtig anzusehen, wenn sich aus der Dienstpostenbeschreibung keine spezifischen Anforderungen ergeben. Der Beklagte muss deshalb auch nicht hiervon abweichend alle Einzelmerkmale der jeweiligen dienstlichen Beurteilungen vergleichend in den Blick nehmen (BayVGH, B.v. 9.5.2014 - 3 CE 14.286 - juris Rn. 24). Ergeben sich jedoch aus dem beschreibenden Anforderungsprofil besonders bedeutsame Beurteilungsmerkmale, sind die dort erzielten Ergebnisse im Rahmen der Binnendifferenzierung zu berücksichtigen (BayVGH, B.v. 5.9.2019 - 6 CE 19.1508 - juris Rn. 22)

Bieten bei gleichlautenden Gesamturteilen auch die Beurteilungen der Einzelmerkmale keinen Ansatzpunkt für einen Qualifikationsunterschied, sind zunächst weitere unmittelbar leistungsbezogene Kriterien wie beispielsweise die jeweiligen Vorbeurteilungen sowie gegebenenfalls die darin enthaltenen Aussagen zu den Einzelmerkmalen der Leistungsbeurteilung und sich eine möglicherweise abzeichnende Leistungsentwicklung der Bewerber vergleichend zu berücksichtigen, sofern sie für den aktuellen Leistungsvergleich noch Aussagekraft besitzen. Sogenannte leistungsferne Hilfskriterien - wie etwa Dienst- und Lebensalter oder die "Stehzeit" in einem bestimmten Statusamt - können erst dann zum Tragen kommen, wenn sich gemessen an den Kriterien der Bestenauslese (Eignung, Befähigung und fachliche Leistung) zwischen den Bewerbern kein beachtlicher Qualifikationsunterschied ergibt (BayVGH, B.v. 5.9.2019 - 6 CE 19.1508 - juris Rn. 14 mit Verweis auf BVerwG, U.v. 21.8.2003 - 2 C 14.02 - juris Rn. 22 f.; NdsOVG, B.v. 3.1.2017 - 5 ME 157/16 - juris Rn. 27; OVG NW, B.v. 8.8.2016 - 6 B 646/16 - juris; VG Bayreuth, B.v. 23.5.2019 - B 5 E 19.168 - juris Rn. 48 mit Verweis auf BVerwG, U.v. 30.6.2011 - 2 C 19/10 - BVerwGE 140, 83/87 f.; OVG Bremen, B.v. 14.10.2015 - 2 B 158/15 - juris Rn. 43; B.v. 22.9.2016 - 2 B 123/16 - juris Rn. 55). Insoweit ist ggf. auch eine Auseinandersetzung mit Art. 29 BayJAVollzG möglich bzw. erforderlich, wonach die Bediensteten für die erzieherische Gestaltung des Vollzugs geeignet und qualifiziert sein müssen.

(2) Für eine erneut anstehende Auswahlentscheidung weist das Gericht auf bestehende Bedenken hinsichtlich der Verwertbarkeit der noch aktuellen periodischen Beurteilungen 2017 hin. Zwar sind die Beurteilungen grundsätzlich untereinander vergleichbar und auch ausreichend aktuell, allerdings dürfte jedenfalls die Beurteilung des Beigeladenen einer inhaltlichen Überprüfung nicht standhalten.

Periodischen Beurteilungen sind in der Regel untereinander vergleichbar, wenn die Beurteilungen im gleichen Statusamt erzielt worden sind und sich die Beurteilungszeiträume entsprechen (BayVGH, B.v. 10.2.2017 - 3 CE 16.2288 - juris Rn. 20). Eine höchstmögliche Vergleichbarkeit wird grundsätzlich durch einen gemeinsamen Stichtag und einen gleichen Beurteilungszeitraum erreicht (BayVGH, B.v. 14.8.2015 - 3 CE 15.993 - juris Rn 23).

Die Kammer hat bereits im Beschluss vom 29. Oktober 2019 (AN 1 E 19.00688) darauf hingewiesen, dass die Vergleichbarkeit der Beurteilungen nicht bereits deshalb fehlt, da die Beurteilung des Beigeladenen über den regulären Beurteilungszeitraum vom 1. Januar 2014 bis 31. Dezember 2016 hinaus zusätzlich den Zeitraum bis zum 30. Juni 2017 umfasst. Insoweit wird auf die Ausführungen im Beschluss vom 29. Oktober 2019 verwiesen.

Auch waren die Beurteilungen des Klägers und des Beigeladenen hinreichend aktuell, sodass es keiner Anlassbeurteilungen bedurfte. Nach der st. Rspr. des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes (BayVGH, B.v 27.10.2016 - 3 CE 16.1457 - juris Rn. 45; B.v. 28.10.2013 - 3 CE 13.1518 - juris Rn. 30) ist regelmäßig davon auszugehen, dass der Dienstherr inzident zum Ausdruck bringt, dass aus seiner Sicht zwischenzeitlich keine relevanten Veränderungen erfolgt oder signifikante Entwicklungen eingetreten sind, wenn er vorliegende dienstliche Beurteilungen bei seiner Auswahlentscheidung berücksichtigt hat. Durch Verzicht auf Anlassbeurteilungen für den Kläger und den Beigeladenen hat der Beklagte deren Beurteilung 2017 nach wie vor als aktuell anerkannt, auch wenn zwischenzeitlich der nachfolgende Beurteilungszeitraum zum 31. Dezember 2019 abgelaufen ist. Der Gesetzgeber hat in Art. 56 Abs. 4 Satz 1 LlbG festgelegt, dass eine periodische Beurteilung, die als Grundlage für die Übertragung höherwertiger Dienstposten nach Art. 16 Abs. 1 LlbG oder bei Beförderungen nach Art. 17 Abs. 7 LlbG herangezogen wird, grundsätzlich auch bis zu dem in Verwaltungsvorschriften festzulegenden einheitlichen Verwendungsbeginn der nächstfolgenden regulären periodischen Beurteilung zu verwenden ist (BayVGH, B.v 27.10.2016 - 3 CE 16.1457 - juris Rn. 46). Der einheitliche Verwendungsbeginn gemäß Art. 56 Abs. 4 Satz 1 LlbG und Nr. 3.6.6 JuBeurteilBek für die periodische Beurteilung 2020 dürfte entsprechend der Festlegung für die periodischen Beurteilungen 2017 in Nr. 3.5 des JMS vom 25. November 2016, Gz.: F 1 2012 - VII a - 12088/16 im Dezember 2020 liegen.

Ebenfalls war aufgrund der Beförderung des Beigeladenen in das Statusamt A9 + AZ mit Wirkung zum ...2019 vor einer erneuten Auswahlentscheidung nicht die Erstellung einer Anlassbeurteilung erforderlich. Eine Ausnahme von der Verwendbarkeit einer periodischen Beurteilung bis zum festgelegten einheitlichen Verwendungsbeginn ist nur gerechtfertigt, wenn sich die Situation des Bewerbers seit der letzten Beurteilung relevant bzw. erheblich (so ausdrücklich Art. 56 Abs. 4 Satz 2 LlbG) verändert hat. Allein der Umstand, dass in einer Anlassbeurteilung neue Ereignisse berücksichtigen werden können, rechtfertigt keine neue Beurteilung. Andernfalls liefe das vom Gesetzgeber gewollte Regelbeurteilungssystem leer, das die Aufgabe hat, den Leistungsstand von Beamten im Interesse von deren größtmöglicher Vergleichbarkeit zu bestimmten Stichtagen abzubilden, nicht aber, Veränderungen im Leistungsbild gleichsam tagesgenau abzubilden (BayVGH, B.v. 27.10.2016, a.a.O. Rn 47 unter Verweis auf BVerwG, B.v. 10.5.2016 - 2 VR 2/15 -, BVerwGE 155, 152-161 Rn. 23; BayVGH, B.v. 3.2.2015 - 3 CE 14.2848 - juris Rn. 29; B.v. 8.3.2010 - 3 CE 09.3208 - juris Rn. 17; VGH BW, B.v. 17.6.2016 - 4 S 585/16 - juris Rn. 8). Nach neuer Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann die Notwendigkeit entstehen, die Beurteilungsgrundlage im Hinblick auf eine zu treffende Auswahlentscheidung zu aktualisieren, wenn der Beamte nach dem Beurteilungsstichtag der letzten Regelbeurteilung während eines erheblichen Zeitraums wesentlich andere Aufgaben wahrgenommen hat (BVerwG, U.v. 9.5.2019 - 2 C 1/18 - juris Rn. 37 ff.). Ein "erheblicher Zeitraum" liegt nur dann vor, wenn die anderen Aufgaben während des (deutlich) überwiegenden Teils, d.h. zu zwei Dritteln, des Beurteilungszeitraums wahrgenommen wurden (BVerwG, U.v. 9.5.2019 a.a.O. - juris Rn. 49). Bei einer "wesentlich anderen Tätigkeit" muss es sich um eine Tätigkeit handeln, die jedenfalls einem anderen (regelmäßig höheren) Statusamt zuzuordnen ist. Offenkundig genügt hierfür mangels hinreichender Leistungs- und Beurteilungsrelevanz nicht jeder bloße Wechsel der Geschäftsaufgabe oder jede bloße Veränderung des konkreten Tätigkeitsbereichs (BVerwG, U.v. 9.5.2019 a.a.O., Rn. 51 f.; vgl. hierzu auch BayVGH, B.v. 5.11.2019 - 3 CE 19.1896 - juris Rn. 16).

Der Einsatzbereich des Beigeladenen hat sich aufgrund der Beförderung in das Statusamt A9 + AZ nicht verändert. Darüber hinaus hatte der Beigeladene das neue Statusamt zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung fünf Monate inne, sodass es an einem "erheblichen Zeitraum" fehlt und entsprechend Ziff. 3.3.1, 2. Spiegelstrich JuBeurteilBek eine Beurteilung ohnehin erst nach einem Jahr erfolgen sollte.

Soweit der Beigeladene mit Schreiben vom 18. Februar 2020 auch zusätzliche Tätigkeiten (Aufgaben der Dienstleiterbereitschaft an Wochenenden und Feiertagen; Teilnahme am Führungskräfteseminar) in das Auswahlverfahren eingebracht hat, so handelt es sich nicht um wesentlich andere Aufgaben, sondern um Tätigkeiten, die einem Bediensteten des allgemeinen Justizvollzugsdienstes im Statusamt A9 übertragen werden können.

Eine Vergleichbarkeit der Beurteilung besteht auch, obwohl der Beigeladene mit Führungsfunktion, der Kläger ohne Führungsfunktion beurteilt worden ist. Anknüpfungspunkt für die Beurteilung ist das Statusamt, nicht das funktionale Amt bzw. die konkrete Tätigkeit (OVG NRW, U.v. 20.11.2002 - 6 A 5645/00 - juris Rn.; BayVGH, U.v. 8.4.1987 - 3 B 86.01404 - juris; Bodanowitz in: Schnellenbach/Bodanowitz, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und der Richter, Rn. 81, 255, 292). Der Kläger und der Beigeladene waren zum Beurteilungsstichtag für die periodische Beurteilung 2017 derselben Besoldungsgruppe und damit einer Vergleichsgruppe zugeordnet (vgl. Ziffern 1 und 2.3 des JMS vom 25. November 2016 - F1 - 2012 - VIIa - 12088/16). Dafür, dass die Wahrnehmung bestimmter Funktionen - hier von Führungsaufgaben - derart im Vordergrund steht, dass eine gesonderte Vergleichsgruppe hätte gebildet werden können (vgl. Art. 58 Abs. 2 Satz 2 LlbG), ist nichts ersichtlich. Insbesondere geht auch das JMS vom 25. November 2016 (a.a.O.) davon aus, dass eine weitere Differenzierung der Vergleichsgruppen aufgrund bestimmter Funktionen über den fachlichen Schwerpunkt hinaus nicht erfolgen soll.

Hinsichtlich der Frage, ob die zugrunde gelegten Beurteilungen der Bewerber an materiellen Fehlern, die auf das Auswahlergebnis durchschlagen würden, leiden, hat die Kammer bereits im Beschluss vom 29. Oktober 2019 (AN 1 E 19.00688) auf das Begründungserfordernis zur Plausibilisierung des Gesamturteils hingewiesen.

Dienstliche Beurteilungen sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes aufgrund der Beurteilungsermächtigung des Dienstherrn nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle zugänglich. Die verwaltungs-gerichtliche Kontrolle von Beurteilungen beschränkt sich auf die Prüfung, ob und inwieweit der Beurteiler einen unrichtigen und unvollständigen Sachverhalt zugrunde gelegt hat, ob er den gesetzlichen Rahmen oder anzuwendende Begriffe verkannt hat, ob er allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat oder ob das vorgeschriebene Verfahren eingehalten ist (BayVGH, B.v. 2.12.2015 - 3 CE 15.2122 - juris Rn. 25 m.w.N.). Soweit der Dienstherr Richtlinien für die Abfassung der dienstlichen Beurteilung erlassen hat, ist vom Gericht zudem zu prüfen, ob diese Richtlinien eingehalten sind und ob die Richtlinien mit den normativen Regelungen über die dienstliche Beurteilung im Einklang stehen (BVerwG, U.v. 21.3.2007 - 2 C 2.06 - juris Rn. 7; U.v. 19.12.2002 - 2 C 31/01 - juris und U.v. 30.4.1981 - 2 C 8/79 - juris).

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Urteil vom 27. Mai 2019 (BayVGH, U.v. 27.5.2019 - 3 BV 17.69 - juris Rn. 14 mit Hinweis auf BVerwG, U.v. 2.3.2017 - 2 C 51.16 - juris Rn. 11; U.v. 17.9.2015 - 2 C 27.14 - juris Rn. 30; BayVGH, U.v. 10.5.2016 - 6 BV 14.1885 - juris Rn. 12 ff.; BayVGH, B.v. 5.10.2017 - 6 B 17.1026 - juris Rn. 31) darauf hingewiesen, dass gemäß Art. 59 Abs. 2 LlbG bei der Bildung des Gesamturteils der periodischen Beurteilung die bei den Einzelmerkmalen vergebenen Wertungen unter Berücksichtigung ihrer an den Erfordernissen des Amtes und der Funktion zu messenden Bedeutung in einer Gesamtschau zu bewerten und zu gewichten sind. Die für die Bildung des Gesamturteils wesentlichen Gründe sind in den ergänzenden Bemerkungen darzulegen. Dabei ist es Sache des Dienstherrn festzulegen, welches Gewicht er den einzelnen Merkmalen einer dienstlichen Beurteilung zumessen will. Das abschließende Gesamturteil darf sich nicht auf die Bildung des arithmetischen Mittels aus den einzelnen Leistungsmerkmalen beschränken. Vielmehr kommt im Gesamturteil die unterschiedliche Bedeutung der Einzelbewertungen durch ihre entsprechende Gewichtung zum Ausdruck. Das abschließende Gesamturteil ist danach durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen bestenauswahlbezogenen Gesichtspunkte zu bilden. Dabei sind die Anforderungen an die Begründung für das Gesamturteil umso geringer, je einheitlicher das Leistungsbild bei den Einzelbeurteilungen ist. Gänzlich entbehrlich ist eine Begründung für das Gesamturteil jedoch nur dann, wenn im konkreten Fall eine andere Note nicht in Betracht kommt, weil sich die vergebene Note - vergleichbar einer Ermessensreduzierung auf Null - geradezu aufdrängt. In der Regel bedarf es einer gesonderten Begründung des Gesamturteils, um erkennbar zu machen, wie es aus den Einzelbewertungen hergeleitet wird. Nur so kann das Gesamturteil nachvollzogen und einer gerichtlichen Überprüfung zugeführt werden, insbesondere nachdem es im Ermessen des Dienstherrn steht, welches Gewicht er einzelnen Merkmalen beimessen will. Die Gewichtung bedarf schon deshalb in der Regel einer Begründung, weil nur so die Einhaltung gleicher Maßstäbe gewährleistet werden kann.

Die periodische Beurteilung 2017 des Klägers enthält Einzelbewertungen zwischen 10 und 12 Punkten (dreimal 10 Punkte, 13 mal 11 Punkte, viermal 12 Punkte), die Superkriterien sind mit dreimal 11 Punkten und einmal 12 Punkten bewertet. Die ergänzenden Bemerkungen stellen die Fähigkeiten des Klägers dar und deren Einsetzbarkeit im Rahmen seiner Aufgaben, enthalten aber keine Aussage über die Gewichtung der einzelnen Merkmale. Allerdings dürfte aufgrund des besonderen Gewichts der Superkriterien und der überwiegenden Beurteilung der Einzelkriterien mit 11 Punkten vorliegend eine Begründung unter Berücksichtigung der vorgenannten Rechtsprechung noch entbehrlich sein, da sich das Gesamturteil von 11 Punkten geradezu aufdrängt.

Die periodische Beurteilung 2017 des Beigeladenen enthält Einzelbewertungen zwischen 10 und 13 Punkten (einmal 10 Punkte, 13 mal 11 Punkte, neunmal 12 Punkte, einmal 13 Punkte), die Superkriterien sind mit einmal 11 Punkten und fünfmal 12 Punkten bewertet. Die ergänzenden Bemerkungen setzen sich mit den übernommenen Aufgaben und der Teilnahme an Fortbildung auseinander. Lediglich in der Aussage, dass die hohe Belastungsfähigkeit (mit 13 Punkten bewertet) besonders bemerkenswert sei, kann möglicherweise eine Art Gewichtung gesehen werden. Dies sowie der bei den Superkriterien erreichte Durchschnittswert von 11,83, der näher bei 12 als bei 11 Punkten liegt, macht unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen bestenauswahlbezogenen Gesichtspunkte zwingend erforderlich (BayVGH, U.v. 27.5.2019 - 3 BV 17.69 - juris Rn. 17). Damit ist zumindest hinsichtlich der Beurteilung des Beigeladenen von einem Verstoß gegen Art. 59 Abs. 2 LlbG auszugehen. Sollte es trotz des derzeit laufenden Beurteilungsverfahren 2020 zu einer erneuten Befassung mit der Beurteilung 2017 des Beigeladenen kommen, wäre bei der Festlegung des Gesamturteils insbesondere die Beförderung des Beigeladenen im Jahr 2016 in den Blick zu nehmen. Insoweit wird auf die Ausführungen im Beschluss vom 29. Oktober 2019 verwiesen.

Mangels Entscheidungsrelevanz lässt die Kammer offen, ob der Kläger wegen der wahrgenommenen Stellvertretung der bisherigen Leiterin des allgemeinen Vollzugsdienstes der Jugendarrestanstalt ... als Beamter mit Führungsfunktion hätte beurteilt werden müssen. Insoweit verkennt die Kammer nicht, dass die Zuordnung von Führungsfunktionen sich regelmäßig aus der Organisation einer Behörde ergibt und damit in das Organisationsermessen des Dienstherrn fällt. Dabei ist maßgeblich, ob der jeweilige Beamte tatsächlich Führungsaufgaben ausübt. Der Beklagte hat sich im Widerspruchsbescheid ausführlich damit auseinandergesetzt weshalb der Kläger bisher keine Führungsfunktion ausübt. Allerdings weist die Kammer erneut daraufhin, dass die ergänzende Bemerkung in der Beurteilung 2017, dass der Kläger als Stellvertreter der Leiterin des Allgemeinen Vollzugsdienstes im Jugendarrest deren Aufgaben und Pflichten eigenverantwortlich als Entscheidungsträger übernimmt, zu den Darstellungen im Widerspruchsbescheid durchaus widersprüchlich erscheint, da die Formulierung in der Beurteilung nach Auffassung der Kammer nicht nur eine Aufgabenübernahme im Vertretungsfall nahelegt, sondern ausdrücklich die Eigenverantwortung betont.

3. Die Rechtswidrigkeit der Auswahlentscheidung vom 20. Oktober 2010 verletzt auch die Rechte des Klägers. Der aus Art. 33 Abs. 2 GG folgende Bewerbungsverfahrensanspruch gibt jedem Bewerber ein Recht darauf, dass der Dienstherr seine Bewerbung nur aus Gründen zurückweist, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind (BVerwG, B.v. 25.9.2012 - 1 WB 44/11 -, juris Rn. 52 unter Verweis auf BVerwG, U.v. 4.11.2010 - 2 C 16.09 - BVerwGE 138, 102, Rn. 21, und U.v. 30.6.2011 - 2 C 19.10 - BVerwGE 140, 83, Rn. 14). Der Kläger hat deshalb einen Anspruch auf erneute Entscheidung über seine Bewerbung, § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Gründe, die Berufung nach § 124 a Abs. 1 VwGO zuzulassen, liegen nicht vor.

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