VG Stade, Beschluss vom 09.04.2021 - 6 B 292/21
Fundstelle
openJur 2021, 15386
  • Rkr:

Keine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einer Klage gegen die Anordnungen, mitzuteilen, an welche Wirtschaftsakteure Atemschutzmasken geliefert wurden und wie viele Atemschutzmasken sich noch im Lager befinden.

Gründe

Die Antragstellerin begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen zwei gewerbeaufsichtsrechtliche Anordnungen des Antragsgegners. Hilfsweise dazu begehrt sie die Aufhebung der sofortigen Vollziehung dieser Anordnungen. Außerdem begehrt sie die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen zwei Zwangsmittelandrohungen des Antragsgegners.

Die Antragstellerin ist ein Großhandelsunternehmen für Geschenkartikel, Trendartikel und Scherzartikel. Seit April 2020 vertreibt sie unter den Artikelnummern F. und G. Atemschutzmasken, die in China hergestellt wurden. Bei diesen Atemschutz-masken soll es sich nach den Angaben der Antragstellerin um sogenannte Filtrierende Halbmasken, nämliche FFP2-Masken, handeln. Die Antragstellerin stellte am 23. März 2020 durch ihren Prokuristen eine Konformitätserklärung aus, wonach die Atemschutzmasken mit der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 über persönliche Schutzausrüstungen und zur Aufhebung der Richtlinie 89/686/EWG des Rates [im Folgenden: VO (EU) 2016/425] konform seien.

Nachdem sich eine Person mit der Frage an den Antragsgegner gewandt hatte, ob es sich bei der von ihr erworbenen Atemschutzmaske um eine FFP2-Maske handele und ob die Konformitätserklärung der Antragstellerin korrekt sei, eröffnete der Antragsgegner ein Verwaltungsverfahren. In diesem tauschten sich die Antragstellerin und der Antragsgegner zu verschiedenen rechtlichen Fragen, insbesondere der Frage, ob ein ordnungsgemäßes Konformitätsbewertungsverfahren durchgeführt worden ist, aus und versuchten eine einvernehmliche Lösung herbeizuführen, die jedoch ohne Erfolg geblieben ist.

Mit Bescheid vom 15. September 2020 verfügte der Antragsgegner gegenüber der Antragstellerin:

1. Die Bereitstellung der Atemschutzmasken mit den Artikelnummern: F. (GTIN: H.) und G. (GTIN: I.) auf dem Markt wird ab sofort untersagt.

2. Die unverzügliche Rücknahme der Atemschutzmasken mit den Artikelnummern: F. (GTIN: H.) und G. (GTIN: I.) aus dem Handel wird hiermit angeordnet. Die Rücknahme ist mit Frist bis zum 30.09.2020 zu veranlassen. Die ergriffenen Maßnahmen sind dem Staatlichen Gewerbeaufsichtsamt J. mit Frist bis zum 05.10.2020 schriftlich mitzuteilen.

3. Dem Staatlichen Gewerbeaufsichtsamt J. sind schriftlich, unter Nennung der jeweiligen Stückzahlen, bis zum 30.09.2020 alle Wirtschaftsakteure mitzuteilen, an welche die in Nummer 2.) geregelten Atemschutzmasken geliefert wurden.

4. Dem Staatlichen Gewerbeaufsichtsamt J. ist der Verbleib der Atemschutzmasken (Lagerware und aus dem Handel zurückgenommene Ware) mit Frist bis zum 16.11.2020 schriftlich mitzuteilen.

5. Es wird die sofortige Vollziehung der in Nrn. 1) und 2) genannten Regelungen angeordnet.

6. Sofern trotz der in Nr. 1) geregelten Untersagung durch die Störerin eine der dort genannten Artenschutzmasken auf dem Markt bereitgestellt wird, drohe ich der K. die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 5.000,00 Euro an.

Zur Begründung führte der Antragsgegner im Wesentlichen aus:

Die Anordnungen der Nummern 1 und 2 ergingen aufgrund der Artikel 37, 38 und 41 VO (EU) 2016/425 in Verbindung mit Artikel 16 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nummer 765/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über die Vorschriften für die Akkreditierung und Marktüberwachung im Zusammenhang mit der Vermarktung von Produkten und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 339/93 des Rates [im Folgenden: VO (EG) 765/2008]. Bei den Atemschutzmasken handele es sich um persönliche Schutzausrüstung. Das hierfür erforderliche Konformitätsbewertungsverfahren nach Artikel 19 VO (EU) 2016/425 sei nicht durchgeführt worden. Die vorgelegte Konformitätserklärung sei unvollständig. Die EU-Baumusterprüfung, die eine technische Prüfung eines repräsentativen Musters durch eine notifizierte Stelle vorsehe und auch die Prüfung der technischen Unterlagen beinhalte, sei nicht durchgeführt worden. Von der Antragstellerin seien Prüfberichte der L. Ltd. aus China vorgelegt worden, die die Einhaltung der vorgelegten Prüfmuster mit den Anforderungen der Norm EN 149:2001 + A1:2009 belegen sollen. Die Tests seien zu einem nicht unerheblichen Teil von einem anderen Prüflabor, der M. Academy of N., durchgeführt worden. Beide Prüflabore seien keine notifizierten Stellen. Die in EN 149:2001 + A1:2009 aufgeführten Anforderungen zur Kennzeichnung der Atemschutzmasken seien nicht geprüft worden und die danach geforderten Angaben fehlten vollständig. Die vorgelegten Berichte seien kein belastbarer Nachweis für die Einhaltung der Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen. Außerdem habe keine Überwachung während der Serienproduktion stattgefunden. Auf der Verpackung der Atemschutzmasken seien die Angaben „CE0194“, „FFP2“ und „EN 149:2001 + A1:2009“ aufgedruckt. Die Anbringung des CE-Kennzeichens sei nicht zulässig, weil das erforderliche Konformitätsbewertungsverfahren zunächst durchlaufen werden müsste. Zudem liege kein Nachweis dafür vor, dass die notifizierte Stelle, deren Nummer angegeben worden sei, am Konformitätsbewertungsverfahren beteiligt gewesen sei. Auch die Angaben „FFP2“ und „EN 149“ seien nicht zulässig. Sie suggerierten dem Verwender, dass es sich um persönliche Schutzausrüstung handele, die den erhöhten Schutzanforderungen gerecht werde. Die Atemschutzmasken erfüllen daher weder die formellen noch die materiellen Anforderungen, dürften nicht auf dem Markt bereitgestellt werden und seien zurückzunehmen. Maßnahmen zur Herstellung der Konformität seien von der Antragstellerin nicht getroffen worden. Die abgegebene Erklärung der Antragstellerin reiche nicht aus, eine Rücknahme sei durch sie nicht erfolgt. Dem Gesundheitsschutz sei durch die Anordnungen bestmöglich Rechnung getragen worden und der zusätzliche wirtschaftliche Aufwand der Antragstellerin sei abgewogen worden. Es solle verhindert werden, dass die Atemschutzmasken den Endverbraucher erreichten. Dieser könne mittlerweile auf Atemschutzmasken zurückgreifen, die die Anforderungen erfüllten. Es könne nicht hingenommen werden, dass die Atemschutzmasken, für die kein Konformitätsbewertungsverfahren durchgeführt worden sei, weiterhin im Handel verkauft würden. Die CE-Kennzeichnung sei irreführend. Es müsse sichergestellt werden, dass der Endverbraucher nur solche persönliche Schutzausrüstung erhalte, die den Gesundheits- und Sicherheitsanforderungen entspreche. Es sei derzeit auch nicht mehr möglich, die Atemschutzmasken nach § 9 Absatz 2 und 3 der Medizinischen Bedarf Versorgungssicherstellungsverordnung (MedBVSV) bereitzustellen. Eine Prüfung durch die Prüfstellen würde nicht mehr durchgeführt und eine behördliche Bestätigung würde nicht mehr ausgestellt werden. Die Marktüberwachungsbehörden der Länder hätten am 6. August 2020 beschlossen, den Prüfungsgrundsatz für Atemschutzmasken mit Ablauf des 30. September 2020 von der Internetseite zu nehmen. Auch als einfache Mund-Nasen-Bedeckung könnten die Atemschutzmasken der Antragstellerin nicht bereitgestellt werden, weil sie mit dem Aufdruck „KN95“ versehen seien.

Die Anordnungen zu Nummer 3 und 4 ergingen aufgrund des Artikel 8 Absatz 10 VO (EU) 2016/425 in Verbindung mit Artikel 19 Absatz 1 VO (EG) 765/2008. Gemäß Artikel 19 Absatz 1 VO (EG) 765/2008 könnten die Marktüberwachungsbehörden Wirtschaftsakteure verpflichten, die Unterlagen und Informationen zur Verfügung zu stellen, die sie für die Zwecke der Durchführung ihrer Tätigkeit für erforderlich hielten. Ihm, dem Antragsgegner, liege eine Auflistung der von der Antragstellerin mit den Atemschutzmasken belieferten Händler unter Angabe des jeweiligen Lieferbestandes und eine Mitteilung des Lagerbestandes nicht vor. Gemäß Artikel 8 Absatz 10 VO (EU) 2016/425 könne die national zuständige Marktüberwachungsbehörde Wirtschaftsakteure verpflichten, Unterlagen und Informationen zur Verfügung zu stellen, die sie für die Zwecke der Durchführung ihrer Tätigkeiten benötigten. Zur Sicherstellung, dass die nicht konformen Atemschutzmasken der Antragstellerin vom Markt genommen und nicht mehr im europäischen Wirtschaftsraum bereitgestellt würden, würden seitens des Antragsgegners Angaben über Vertriebswege und Liefermengen und Nachweise über den Verbleib der Atemschutzmasken benötigt. Die getroffenen Anordnungen seien geeignet und erforderlich, um die Antragstellerin zur Mitteilung der angeforderten Informationen zu veranlassen. Ein milderes Mittel sei nicht ersichtlich. Das beabsichtigte Mittel sei auch angemessen, da der wirtschaftliche und sonstige Aufwand für die Erfüllung der Maßnahmen als gering angesehen werde.

Die Antragstellerin legte mit Schreiben vom 30. September 2020 Widerspruch gegen den Bescheid vom 15. September 2020 ein und stellte am selben Tag bei dem erkennenden Gericht einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hinsichtlich der Nummern 1 und 2 des Bescheides. Mit Beschluss vom 20. Oktober 2020 (Az.: O.) lehnte das Gericht den Antrag ab. Die Antragstellerin stellte am 21. Oktober 2020 einen Antrag auf Abänderung dieses Beschlusses und fügte diesem Antrag eine eidesstattliche Versicherung des Prokuristen der Antragstellerin zu den wirtschaftlichen Folgen der Verfügung des Antragsgegners bei. Mit Beschluss vom 27. Oktober 2020 (Az.: O.) lehnte das Gericht auch diesen Antrag ab. Das Gericht führte jeweils aus, dass die wirtschaftlichen Interessen der Antragstellerin hinter dem öffentlichen Interesse an dem Gesundheitsschutz der Allgemeinheit zurück zu stehen hätten.

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Gerichts vom 20. Oktober 2020 wies das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 3. November 2020 (Az.: P.) zurück. Zur Begründung führte es aus, dass die Bereitstellungsuntersagung und Rücknahmeanordnung der betreffenden Atemschutzmasken voraussichtlich zu Recht erfolgt seien.

Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Januar 2021 wies der Antragsgegner den Widerspruch der Antragstellerin zurück.

Zur Begründung führte er hinsichtlich der Nummern 3 und 4 des Bescheides vom 15. September 2020 aus, dass sich seine Ermächtigung zum Erlass dieser Verfügungen aus Artikel 13 VO (EU) 2016/425 ergebe. Zudem ergebe sie sich aus § 28 Absatz 2 Satz 1 des Gesetzes über die Bereitstellung von Produkten auf dem Markt (ProdSG). Der Antragsgegner benötige die angeforderten Informationen zur Aufgabenerfüllung. Er habe sein Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Die geregelten Mitteilungspflichten seien zur Aufgabenerfüllung geeignet und erforderlich. Denn ohne die Mitteilungen lägen keine Informationen vor, ob die Rücknahme veranlasst worden sei, welche Wirtschaftsakteure in welchem Umfang beliefert worden seien und „was weiter mit den Atemschutzmasken geschehe“. Er, der Antragsgegner, könne seine Überwachungspflichten aus § 24 Absatz 1 ProdSG ohne diese Informationen nicht erfüllen. Die schriftliche Mitteilung stelle auch einen verhältnismäßig geringen Eingriff dar. Die Mitteilungspflicht sei angemessen, weil das öffentliche Überwachsungsinteresse gegenüber dem Aufwand und Geheimhaltungsinteresse der Antragstellerin überwiege.

Am 2. Februar 2021 ordnete der Antragsgegner die sofortige Vollziehung der Nummern 3 und 4 des Bescheides vom 15. September 2020 an (Absatz 2 des Bescheides vom 2. Februar 2021). Er drohte an, dass ein Zwangsgeld von 5.000,00 Euro festgesetzt werde, wenn die Antragstellerin der Verfügung in Nummer 3 des Bescheides vom 15. September 2020 nicht bis zum 18. Februar 2021 nachkomme (Absatz 3 des Bescheides). Weiter drohte er an, dass ein Zwangsgeld von 2.500,00 Euro festgesetzt werde, wenn die Antragstellerin der Verfügung in Nummer 4 des Bescheides vom 15. September 2020 nicht bis zum 18. Februar 2021 nachkomme (Absatz 4 des Bescheides).

Zur Begründung führte er aus, dass gemäß § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) die Anordnung der sofortigen Vollziehung im öffentlichen Interesse erforderlich sei. Das besondere öffentliche Interesse ergebe sich bereits aus der abstrakten Gesundheitsgefahr, die aus der Verletzung der den ordnungsgemäßen Bereitstellungsprozess betreffenden Vorschriften resultiere. Es sei gerade Sinn und Zweck der Überwachung der Einhaltung maßgeblicher Bestimmungen, mögliche Gesundheitsrisiken zu ermitteln und durch behördliches Handeln umgehend auszuschließen. Die Ermittlungen umfassten dabei insbesondere Angaben zum Verbleib der Atemschutzmasken im Betrieb der Antragstellerin und auf die Lieferkette bezogen. Allein die abstrakte Gefahr reiche schon für die Anordnung der sofortigen Vollziehung aus. Dabei bedürfe es keines konkreten Verdachtes oder gar Nachweises, dass mit den Rechtsverstößen nun tatsächlich z.B. weitere Gesundheitsgefahren einhergingen, sondern es könne im Interesse des Schutzes von so hochrangigen Rechtsgütern wie Leben und Gesundheit der Patientinnen und Patienten sowie Verbraucherinnen und Verbraucher vielmehr nicht hingenommen werden, dass Produkte unter Verletzung von Schutzvorschriften in den Verkehr gebracht würden. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei notwendig, weil sie im öffentlichen Interesse liege. Dabei sei das Eigeninteresse der Antragstellerin am wirtschaftlichen Vorteil ihres Vorhabens gegen das öffentliche Interesse an nachweislich sicheren Atemschutzmasken abzuwägen. Der gesundheitliche Schutz der Bevölkerung stehe dabei weit über rein finanziellen Umsatz- und Gewinninteressen, die im hier vorliegenden Fall wegen Verletzung der wesentlichen Rechtsnormen ohnehin kritisch zu würdigen seien, wenn sich – wie hier – durch schnelle Bereitstellung nicht entsprechend den Anforderungen geprüfter Atemschutzmasken bzw. solcher, für die eine Prüfung nicht nachgewiesen worden sei, auch noch wirtschaftliche Vorteile ergeben hätten. Ferner ergebe sich die Dringlichkeit auch aus einem Wettbewerbsvorteil, der während der Entscheidung über die Rechtsbehelfe gegenüber anderen Wirtschaftsakteuren, die ihren Atemschutzmaskenhandel zu Teil mit erheblichem finanziellen und zeitlichem Aufwand ordnungsgemäß sicherstellten, gegeben sei. Die Güterabwägung zwischen den öffentlichen Interessen und den Interessen der Antragstellerin müsse daher zulasten der Antragstellerin ausgehen. Zudem sei der Aufwand der Antragstellerin zur Erfüllung der Verfügung gering.

Die Androhung des Zwangsmittels stütze sich auf § 70 des Niedersächsischen Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (NVwVG) in Verbindung mit § 64 Absatz 1 und § 65 Absatz 1 Nummer 2 sowie Absatz 2 und 3, § 67 und § 70 des Niedersächsischen Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes (NPOG). Demnach seien Zwangsmittel möglichst schriftlich anzudrohen und eine angemessene Frist zur Erfüllung der Verpflichtung zu setzen. Hier sei die Fristsetzung unter Berücksichtigung des zu erwartenden Aufwandes verhältnismäßig. Ein Zwangsgeld könne auf mindestens 10 und höchstens 100.000 Euro schriftlich festgesetzt werden. Bei der Bemessung sei das wirtschaftliche Interesse des Betroffenen an der Nichtbefolgung des Verwaltungsaktes zu berücksichtigen. Aus diesen Gründen seien Zwangsgelder von 5.000 bzw. 2.500 Euro angemessen, damit diese die wirtschaftlichen Vorteile überstiegen und der Gefahrenlage gerecht würden. Dabei sei zwischen den einzelnen Verstößen differenziert worden und insbesondere für die Zuwiderhandlung gegen Nummer 3 der Verfügung vom 15. September 2020 deswegen die Festsetzung eines höheren Zwangsgeldes angedroht worden, weil die Angaben zur Ermittlung des Umfangs der Gefahrenlage unbedingt benötigt würden.

Mit Kostenfestsetzungsbescheid vom 3. Februar 2021 setzte der Antragsgegner die Kosten des Widerspruchsverfahrens auf 2.614,50 Euro fest.

Die Antragstellerin legte mit Schreiben vom 18. Februar 2021 Widerspruch gegen den „Bescheid vom 2. Februar 2020“ ein.

Ebenfalls am 18. Februar 2021 erhob sie Klage gegen den Bescheid vom 15. September 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Januar 2021 (Az.: Q.). Über diese Klage wurde noch nicht entschieden.

Die Antragstellerin hat am 1. März 2021 den vorliegenden Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt.

Sie meint, die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Nummern 3 und 4 des Bescheides vom 15. September 2020 und die Zwangsgeldandrohungen in dem Schreiben vom 2. Februar 2021 seien rechtswidrig. Die Anordnungen zu den Nummern 3 und 4 seien zunächst auf fehlerhafte Rechtsgrundlagen gestützt worden. Denn weder Artikel 8 Absatz 10 VO (EU) 2016/425, noch Artikel 19 Absatz 1 VO (EG) 765/2008, noch Artikel 13 VO (EU) 2016/425 enthielten unmittelbar anwendbare Ermächtigungsgrundlagen. Ein marktüberwachungsbehördlicher Verwaltungsakt könne nicht unmittelbar auf diese Bestimmungen gestützt werden, vielmehr seien allein die §§ 24 ff. ProdSG anwendbar. Artikel 13 VO (EU) 2016/425 schreibe zwar die Rückverfolgbarkeit auf dem Markt bereitgestellter Produkte vor, regele aber nicht, wie diese Anforderungen erreicht oder umgesetzt werden müssten. Es obliege den Mitgliedstaaten, entsprechende Ermächtigungsgrundlagen zu schaffen. Außerdem spreche der Antragsgegner den verfahrensgegenständlichen Atemschutzmasken die Qualität als Persönliche Schutzausrüstung (PSA) ab, indem er davon ausginge, dass sie die formellen und materiellen Anforderungen an PSA nicht erfüllten. Deswegen könne er seine Verfügungen nicht auf Artikel 10 Absatz 8 und 13 VO (EU) 2016/425 stützen, weil diese nur für PSA gälten.

Überdies seien die Tatbestandsvoraussetzungen der vorzitierten Normen nicht erfüllt.

In Artikel 19 Absatz 1 VO (EG) 765/2008 gehe es ausschließlich um Erforschungsmaßnahmen. Der Antragsgegner bezwecke mit den Anordnungen in Nummern 3 und 4 der Verwaltungsverfügung allerdings nicht die Herausgabe von Informationen zum Zwecke der Durchführung von Erforschungsmaßnahmen in Bezug auf die Merkmale der streitgegenständlichen Atemschutzmasken. Vielmehr gehe es ihm darum sicherzustellen, dass nicht konforme Atemschutzmasken vom Markt genommen bzw. dort nicht mehr bereitgestellt würden.

Nach Artikel 8 Absatz 10 Satz 1 VO (EU) 2016/425 solle der Hersteller der zuständigen nationalen Behörde auf begründetes Verlangen alle Informationen und Unterlagen zur Verfügung stellen, die für den Nachweis der Konformität erforderlich seien. Der Antragsgegner beabsichtigte aber nicht die Überprüfung der Konformität der streitgegenständlichen Atemschutzmasken, sondern wolle sicherstellen, dass die Atemschutzmarken vom Markt genommen worden seien bzw. dort nicht mehr bereitgestellt würden. Sein Verlangen sei nicht begründet. Artikel 8 Absatz 10 Satz 2 VO (EU) 2016/425 verpflichte die Hersteller zur Kooperation mit den Behörden. Die Antragstellerin habe aber kooperiert, da sie ohne Anerkennung einer Rechtspflicht Proben ihrer Atemschutzmasken zur Verfügung gestellt und ihren Lagerbestand gesperrt habe. Darüberhinausgehende Maßnahmen könnten von ihr nicht verlangt werden, weil keine feststehenden Risiken gebe. Die Anordnungen vom 15. September 2020 stützten sich nur auf „formelle Fehler“.

Auf Artikel 13 VO (EU) 2016/425 könne die Anordnung in Nummer 4 des Bescheides vom 15. September 2020 auch deshalb nicht gestützt werden, weil dieser nach seinem eindeutigen Wortlaut keine Verpflichtung enthalte, Auskünfte über den Verbleib von PSA und damit Lagerbeständen und zurückgenommener PSA zu erteilen. Der Verbleib von PSA, die nicht auf dem Markt bereitgestellt werden solle, unterfalle gemäß Artikel 1 VO (EU) 2016/425 nicht dem Anwendungsbereich der Verordnung. Auch die Anordnung unter Nummer 3 des Bescheides vom 15. September 2020 könne nicht auf Artikel 13 VO (EU) 2016/425 gestützt werden, weil sich dieser nach seinem Wortlaut nicht auf die Stückzahl abgegebener PSA erstrecke, sondern nur auf die (namentliche) Benennung des Wirtschaftsakteurs.

Ebenso wie Artikel 19 VO (EG) 765/2008 nur Verpflichtungen der Wirtschaftsakteure in Bezug auf die Mitwirkung an Erforschungsmaßnahmen regele, ermächtige auch § 28 ProdSG die Marktüberwachungsbehörden lediglich zur Durchführung von Risikoerforschungsmaßnahmen. Der Antragsgegner bezwecke mit seinen Anordnungen nicht die Herausgabe von Informationen zum Zwecke der Durchführung von Erforschungsmaßnahmen in Bezug auf die Merkmale der Atemschutzmasken der Antragstellerin. Denn es lägen ihm bereits Proben der Atemschutzmasken vor, die noch nicht labortechnisch überprüft worden seien. Dem Antragsgegner gehe es vielmehr darum, sicherzustellen, dass die nicht konformen Atemschutzmarken vom Markt genommen und dort nicht mehr bereitgestellt werden.

Die Anordnungen seien unverhältnismäßig. Sie seien nicht geeignet. Welches Ziel der Antragsgegner mit den Anordnungen verfolge, sei nicht ersichtlich. Die Anordnungen sollen ausweislich der Verwaltungsverfügung vom 15. September 2020 dazu dienen, sicherzustellen, dass die angeblich nicht konformen Atemschutzmasken vom Markt genommen und nicht mehr im europäischen Wirtschaftsraum bereitgestellt werden. Damit wolle der Antragsgegner den Schutz der Gesundheit und der Sicherheit von Endverbrauchern vor potenziellen Gesundheits- und Sicherheitsrisiken der Atemschutzmasken bezwecken.

Die Anordnungen seien weder geeignet, ein Bereitstellen von Atemschutzmasken zu verhindern, noch einen Schutz vor potenziellen Gefahren zu erreichen. Sie seien auch nicht erforderlich, weil sie nicht das mildeste, gleich effektive Mittel darstellten. Dazu reichten die Nummern 1 und 2 der Verfügung vom 15. September 2020 aus. Wenn ein Hersteller eine bestimmte Ware nicht mehr auf dem Markt bereitstelle und die von ihm zuvor bereitgestellte Ware zurücknehme, sei auf dem Markt keine Ware mehr vorhanden, die bereitgestellt zu werden drohe. Sie, die Antragstellerin, habe die Rücknahme im Januar des Jahres 2021 durchgeführt. Als geringerer Eingriff komme die labortechnische Untersuchung der Atemschutzmasken in Betracht um auszuschließen, dass von ihnen Gefahren ausgehen. Außerdem habe die Antragstellerin den Verbleib ihres Lagerbestandes bereits mitgeteilt: in ihrem Lager befänden sich lediglich noch 280 Stück der betroffenen Atemschutzmasken.

Die Maßnahmen seien nicht angemessen, weil das behördliche Marktüberwachungsinteresse nicht das betroffene Interesse der Antragstellerin überwiege. Insbesondere die Anordnung unter Nummer 3 des Bescheides sei eine eingriffsintensive Maßnahme, weil sie es dem Antragsgegner ermögliche, auf Grundlage der angeforderten Informationen weitere Maßnahmen zu verfolgen. Der Antragsgegner werde sich dann aller Voraussicht nach an alle entsprechenden Wirtschaftsakteure wenden, diese über die „angeblich von den betreffenden Atemschutzmasken ausgehenden Gefahren informieren“ oder gar Bereitstellungsverbote und Rücknahmeanordnungen erlassen. Dadurch würde bei den Kunden der Antragstellerin ein schlechter Eindruck entstehen. Diese könnten die Zusammenarbeit mit der Antragstellerin auch in ihren anderen Geschäftsbereichen beenden. Durch den drohenden Imageverlust würden potenzielle Neukunden abgehalten.

Das behördliche Marktüberwachungsinteresse sei als gering bzw. nicht gegeben einzustufen. Das Fernziel „Gesundheitsschutz“ könne die Anordnungen zu den Nummern 3 und 4 nicht rechtfertigen, da der Antragsgegner keine Risikobewertung für den Einzelfall vorgenommen habe. Er habe den Grad des Risikos nicht ermittelt. Tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass die Anforderungen an Gesundheit und Sicherheit nicht eingehalten würden, lägen nicht vor, vielmehr werde dies trotz eindeutig anderslautender Prüfberichte unterstellt. Jedenfalls im vorliegenden Fall habe der Antragsgegner die Atemschutzmasken einer labortechnischen Prüfung zu unterziehen.

Zu berücksichtigen sei zudem, dass eine (angebliche) Gesundheitsgefahr für Endverbraucher überhaupt nur von den Atemschutzmasken ausgehen könne, die bereits vor der Rücknahme durch die Antragstellerin an Endverbraucher abgegeben worden seien. Die übrigen, zurückgenommenen Atemschutzmasken seien nicht an Endverbraucher abgegeben worden, sodass von ihnen auch keine Gefahr ausgehe. Die bereits abgegebenen Atemschutzmasken dürften aber bereits verbraucht sein. Ein nur unterstelltes, vermutetes Risiko einer Verletzung von Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) könne aber nicht schwerer wiegen als die wirtschaftlichen Interessen der Antragstellerin aus Artikel 12 GG.

Eine Abwägung des Interesses der Antragstellerin an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung überwiege deutlich das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung. Der Antragsgegner begründe die Anordnung der sofortigen Vollziehung alleine mit der abstrakten Gefahr, die grundsätzlich aus der Verletzung der den ordnungsgemäßen Bereitstellungsprozess betreffenden Vorschriften resultiere sowie mit einem angeblichen Wettbewerbsvorteil der Antragstellerin. Die erforderliche Risikoermittlung habe nicht stattgefunden. Ein Gesundheitsschutz nach Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 GG werde nicht erreicht. Auf der anderen Seite beeinträchtigten die Anordnungen die Antragstellerin wirtschaftlich schwer. So würde bei den belieferten Wirtschaftsakteuren und damit bei allen Kunden der Eindruck entstehen, die Atemschutzmasken der Antragstellerin stellten ein Risiko für die Gesundheit dar. Dies sei aber nicht der Fall. Ihre entsprechenden Kunden seien weitestgehend Großabnehmer, die auch andere Artikel wie Geschenkartikel bei ihr bezögen. Sie liefe insoweit Gefahr, dass ein Großteil ihrer Kunden auch in Bezug auf andere Waren ihre Lieferbeziehungen mit ihr nicht fortsetzten oder reduzierten, was mit erheblichen wirtschaftlichen Einbußen, auch in Bezug auf potenzielle Kunden, verbunden wäre.

Insbesondere sei auch mit Blick auf den zeitlichen Geschehensablauf ein Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit nicht ersichtlich. Denn der Antragsgegner habe bereits seit dem 9. Mai 2020 Kenntnis von der angeblichen formellen Nichtkonformität gehabt, die Nummern 3 und 4 aber erst vier Monate später verfügt, nämlich am 15. September 2020. Deren sofortige Vollziehbarkeit habe er erst siebeneinhalb Monate später angeordnet, nämlich am 2. Februar 2021. Sollte er nunmehr weitere Maßnahmen anstreben, auch gegen die belieferten Wirtschaftsakteure, wäre dies mit weiteren Verzögerungen verbunden. Durch ein Wohlverhalten der Antragstellerin, nämlich die Rücknahme der beanstandeten Atemschutzmasken, befänden sich diese auch nicht mehr auf dem Markt. Ein vermeintlicher wettbewerbsrechtlicher Vorteil der Antragstellerin könne eine Eilbedürftigkeit nicht begründen, denn er bestehe gar nicht, da die Antragstellerin seit Ende August 2020 keine der verfahrensgegenständlichen Masken mehr bereitstelle und auch zugesagt habe, dies bis zum Abschluss des Verfahrens zu unterlassen.

Die von dem Antragsgegner mit Bescheid vom 2. Februar 2021 angeordnete sofortige Vollziehbarkeit der Nummern 3 und 4 des Bescheides vom 15. September 2020 sei auch formell rechtswidrig, weil die angeführte Begründung nicht den Anforderungen des § 80 Absatz 3 Satz 1 VwGO genüge. Sie sei nicht einzelfallbezogen. Darauf, ob im konkreten Fall tatsächlich eine abstrakte Gesundheitsgefährdung von den Atemschutzmasken der Antragstellerin ausgehe, ginge der Antragsgegner nicht ein.

Die Zwangsgeldandrohungen seien rechtswidrig, weil es an der sofortigen Vollziehbarkeit die Grundverfügungen der Nummern 3 und 4 des Bescheides vom 15. September 2020 fehle, wenn hinsichtlich dieser die aufschiebende Wirkung der Klage wiederhergestellt werde.

Die Antragstellerin beantragt wörtlich,

die aufgrund der Anordnung der sofortigen Vollziehung des Antragsgegners im Bescheid vom 02.02.21 entfallene aufschiebende Wirkung der am 18.02.21 erhobenen Klage der Antragstellerin gegen die Anordnungen unter den Ziffern 3 und 4 des Bescheides des Antragsgegners vom 15.09.2020 wiederherzustellen,

hilfsweise, die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ziffern 3 und 4 der Verwaltungsverfügung des Antragsgegners vom 15.09.2020 durch Bescheid des Antragsgegners vom 02.02.21 aufzuheben,

die aufschiebende Wirkung des mit Schreiben vom 18.02.21 eingelegten Widerspruchs der Antragstellerin gegen die Zwangsgeldandrohungen in dem Bescheid des Antragsgegners vom 02.02.21 anzuordnen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er verweist auf seine Bescheide und führt ergänzend aus:

Der Einwand der Antragstellerin, dass im Rahmen von § 28 ProdSG nur Risikoerforschungsmaßnahmen zulässig seien und die Nummern 3 und 4 des Bescheides vom 15. September 2020 keine solchen seien, sei unbegründet. Die Befugnisse des § 28 Absatz 2 Satz 1 ProdSG dienten nicht nur der Risikoerforschung, sondern insgesamt der Aufgabenerfüllung. Sie sollen physischen Kontrollen vorgehen. Der Antragsgegner verfolge das Ziel, die Gefahrenlage zu erforschen. Der Umfang der Belieferung von Wirtschaftsakteuren und der Verbleib der Atemschutzmasken sei zur Gefahrenabwehr klärungsbedürftig.

Die Regelungen seien insbesondere verhältnismäßig. Der Überprüfung von Unterlagen und Auskünften gebühre als mildeste Maßnahme Vorrang gegenüber anderen Kontrollmöglichkeiten. Soweit die Antragstellerin ausführe, dass die Regelungen zur Erreichung des Zwecks der Regelungen unter Nummern 1 und 2 des Bescheides vom 15. September 2020 nicht notwendig seien, ließe sie außer Acht, dass die Regelungen unter Nummern 3 und 4 des Bescheides vom 15. September 2020 ihre eignen Ziele verfolgten. Eine fortlaufende Kontrolle sei auch deswegen erforderlich, weil die Antragstellerin zum einen mitgeteilt habe, dass sich nur noch 280 Atemmasken in ihrem Lager befänden, zugleich aber mitgeteilt habe, dass sie Mitte Januar 2021 die Rücknahme weiterer Atemschutzmasken veranlasst habe. Daher sei der Lagerbestand der Antragstellerin fraglich.

Die Regelungen seien angemessen. Etwaige Ersatzvornahmen des Antragsgegners seien noch nicht einmal angedroht worden und daher nicht relevant. Das wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin unterliege gegenüber dem Interesse der Allgemeinheit am Gesundheitsschutz. Die ihr auferlegten Verpflichtungen seien vom Aufwand überschaubar. Ihre Geheimhaltungsinteressen würden unterliegen, weil gesundheitliche Risiken für die Allgemeinheit als höher zu bewerten seien. Ein Eingriff in Artikel 12 GG sei verhältnismäßig und durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls zweckmäßig. Die Eingriffsintensität sei gering.

Auf Angaben zu den Wirtschaftsakteuren sei der Antragsgegner dringend angewiesen. Denn die Antragstellerin habe bisher nicht nachvollziehbar dargestellt, inwieweit sie eine Rücknahme der Atemschutzmasken tatsächlich abwickle. Eine Kundin der Antragstellerin habe dem Antragsgegner am 11. März 2021 mitgeteilt, dass sie vor ca. sechs Wochen mündlich von der Antragstellerin darauf verwiesen worden sei, ca. 20.180 Stück der streitgegenständlichen Atemschutzmasken gegen „konforme FFP2-Atemschutzmasken“ austauschen zu können. Dann habe die Antragstellerin die Annahme der Rücksendung jedoch abgelehnt. Vor diesem Hintergrund sei nicht mehr klar, ob und in welcher Form die Antragstellerin der Rücknahmeaufforderung nachkomme.

Die Antragstellerin weist diesbezüglich daraufhin, dass die versuchte Rücksendung der Atemschutzmasken an sie bereits am 13. August 2020 erfolgt sei. Die Rücknahme der Atemschutzmasken sei von ihr aber erst im Januar 2021 in die Wege geleitet worden.

Am 3. März 2021 hat die Antragstellerin Klage gegen den Kostenfestsetzungsbescheid vom 3. Februar 2021 (Az.: R.) erhoben. Über die Klage wurde noch nicht entschieden.

Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners (BA001) Bezug genommen. Es haben auch die Gerichtsakten der Verfahren O., Q. und R. vorgelegen.

II.

Die Anträge haben keinen Erfolg.

Der Hauptantrag, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Nummern 3 und 4 des Bescheides vom 15. September 2020 wiederherzustellen, ist zulässig.

Statthaft ist der von der Antragstellerin formulierte Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Absatz 5 Satz 1 Alternative 2 VwGO. Er richtet sich dagegen, dass der Antragsgegner am 2. Februar 2021 die sofortige Vollziehung der Pflicht zur Mitteilung der Wirtschaftsakteure, an die Atemschutzmasken geliefert wurden (Nummer 3 des Bescheides vom 15. September 2020) sowie der Pflicht, den Verbleib der Atemschutzmasken mitzuteilen (Nummer 4 des Bescheides vom 15. September 2020). Soweit der Antragsgegner in den Bescheiden vom 15. September 2020 und 21. Januar 2021 jeweils Fristen für die Mitteilungspflichten bestimmte, wäre ein Antrag gegen diese unstatthaft, da sich die Fristen bereits vor Antragstellung durch Zeitablauf erledigt haben.

Der Antrag ist aber nicht begründet.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist formell rechtmäßig. Der Antragsgegner hat in ausreichender Weise gemäß § 80 Absatz 3 Satz 1 VwGO schriftlich begründet, warum er das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung als gegeben erachtet. Das Begründungserfordernis dieser Vorschrift ist erfüllt, wenn die Behörde die Erwägungen offenlegt, die sie im konkreten Fall veranlasst haben, von der Möglichkeit des § 80 Absatz 2 Satz1 Nummer 4 VwGO Gebrauch zu machen. Die Begründung muss einen bestimmten Mindestinhalt aufweisen. Dazu gehört insbesondere, dass sie sich – in aller Regel – nicht lediglich auf eine Wiederholung der den Verwaltungsakt tragenden Gründe, auf eine bloße Wiedergabe des Textes des § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 VwGO oder auf lediglich formelhafte, abstrakte und letztlich inhaltsleere Wendungen, namentlich solche ohne erkennbaren Bezug zu dem konkreten Fall, beschränken darf. Demgegenüber verlangt § 80 Absatz 3 Satz 1 VwGO nicht, dass die für das besondere Vollzugsinteresse angeführten Gründe auch materiell überzeugen, also inhaltlich die getroffene Maßnahme rechtfertigen. Der Antragsgegner führt aus, dass sich das Interesse an der sofortigen Vollziehung aus einer abstrakten Gesundheitsgefahr ergebe, die hier vorliege und die Anordnung der sofortigen Vollziehung rechtfertige. Die Anordnung sei notwendig, weil sie im öffentlichen Interesse liege und die Interessen der Antragstellerin im hier vorliegenden Fall überwiege. Außerdem ergebe sich die Dringlichkeit aus dem Wettbewerbsvorteil, der der Antragstellerin ansonsten entstünde. Diese Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung genügt den formalen Anforderungen des § 80 Absatz 3 Satz 1 VwGO. Sie zeigt, dass sich der Antragsgegner des Ausnahmecharakters der Vollzugsanordnung bewusst ist, und enthält die Erwägungen, die für die Anordnung des Sofortvollzugs maßgeblich waren.

Die aufschiebende Wirkung ist nicht wiederherzustellen. Nach § 80 Absatz 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung von Widerspruch oder Anfechtungsklage wiederherstellen, wenn die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsaktes nicht im überwiegenden öffentlichen Interesse liegt. Das ist dann der Fall, wenn sich der angefochtene Verwaltungsakt nach der im Rahmen des § 80 Absatz 5 Satz 1 VwGO vorzunehmenden summarischen Überprüfung als nicht rechtmäßig darstellt, da an der sofortigen Vollziehung einer rechtswidrigen Verfügung kein überwiegendes öffentliches Interesse anerkannt werden kann. Andererseits ist das überwiegende öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der Verfügung dann anzunehmen, wenn sich diese mit großer Wahrscheinlichkeit als rechtmäßig darstellt und ein besonderes Vollzugsinteresse besteht. Sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache respektive die Rechtmäßigkeit angegriffener behördlicher Maßnahmen offen, insbesondere wenn aufgrund besonderer Dringlichkeit oder Komplexität der Rechtsfragen keine verlässliche Abschätzung der Erfolgsaussichten vorgenommen werden kann, bleiben die gegenläufigen Interessen unter Berücksichtigung der mit einer aufschiebenden Wirkung einerseits bzw. deren Ablehnung andererseits verbundenen Folgen zu gewichten (BVerwG, Beschl. v. 22. März 2010 – 7 VR 1.10 –, juris Rn. 13).

Hier sind die Verfügungen im Bescheid des Antragsgegners vom 15. September 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Januar 2021 voraussichtlich rechtmäßig und ein besonderes Vollzugsinteresse ist tatsächlich gegeben.

Die unter Nummer 3 des Bescheides vom 15. September 2020 getroffene Anordnung, dem Antragsgegner schriftlich alle Wirtschaftsakteure mitzuteilen, an welche die beanstandeten Atemschutzmasken geliefert wurden, findet ihre Rechtsgrundlage in Artikel 19 Absatz 1 Unterabsatz 2 der VO (EG) 765/2008.

Nach Artikel 19 Absatz 1 Unterabsatz 2 VO (EG) 765/2008 können Marktüberwachungsbehörden die Wirtschaftsakteure verpflichten, die Unterlagen und Informationen zur Verfügung zu stellen, die sie für die Zwecke der Durchführung ihrer Tätigkeiten für erforderlich halten. Diese Voraussetzungen sind hier voraussichtlich erfüllt.

Der Verwaltungsakt kann, entgegen den Ausführungen der Antragstellerin, unmittelbar auf Artikel 19 VO (EG) 765/2008 gestützt werden.

Denn ausweislich Artikel 37 VO (EU) 2016/425 gilt Artikel 19 VO (EG) 765/2008 auch für PSA, die von Artikel 2 Absatz 1 VO (EU) 2016/425 erfasst werden. Um solche PSA handelt es sich bei den von der Antragstellerin vertriebenen und von dem Antragsgegner im Bescheid vom 15. September 2020 beanstandeten Atemschutzmasken (vgl. S. 3 des Bescheides vom 15. September 2020, sowie Nds. OVG, Beschl. v. 9. Dezember 2020 – 13 ME 468/20 –, juris Rn. 28 - 30). Denn nach Artikel 2 Absatz 2 VO (EU) 2016/425 gilt diese Verordnung nur für solche persönlichen Schutzausrüstungen nicht, die (a) speziell zur Verwendung durch Streit- oder Ordnungskräfte entworfen wurden, (b) für die Selbstverteidigung entworfen wurden, mit Ausnahme von PSA, die für sportliche Tätigkeiten bestimmt sind, (c) für die private Verwendung als Schutz gegen (i) Witterungseinflüsse, die nicht von extremer Art sind, oder (ii) Feuchtigkeit und Nässe bei der Geschirrreinigung entworfen wurden, (d) ausschließlich zur Verwendung auf Seeschiffen oder Luftfahrzeugen bestimmt sind, die den einschlägigen, in den Mitgliedstaaten geltenden internationalen Verträgen unterliegen, sowie (e) als Kopf-, Gesichts- oder Augenschutz dienen, der von der Regelung Nummer 22 der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa über einheitliche Bedingungen für die Genehmigung der Schutzhelme und ihrer Visiere für Fahrer und Mitfahrer von Krafträdern und Mopeds erfasst ist.

Soweit die Antragstellerin anführt, der Antragsgegner spreche den beanstandeten Atemschutzmasken die Qualität als PSA ab, indem er davon ausgehe, dass die Atemschutzmasken weder die formellen noch die materiellen Anforderungen an PSA erfüllten, kann sie daraus jedenfalls nicht herleiten, dass die Vorschriften über PSA auf ihre Atemschutzmasken nicht anwendbar seien. Denn für die Anwendbarkeit des Artikel 19 VO (EG) 765/2008 gemäß Artikel 37 VO (EU) 2016/425 kommt es nicht auf diese Bewertung an. Vielmehr ist insoweit die Begriffsbestimmung des Artikel 3 Nummer 1 Buchstabe a VO (EU) 2016/425 maßgeblich. Danach ist persönliche Schutzausrüstung (PSA) Ausrüstung, die entworfen und hergestellt wird, um von einer Person als Schutz gegen ein oder mehrere Risiken für ihre Gesundheit oder ihre Sicherheit getragen oder gehalten zu werden. Diese Merkmale erfüllen die betroffenen Atemschutzmasken

Der Antragsgegner ist die gemäß Artikel 19 Absatz 1 Unterabsatz 2 VO (EG) 765/2008 zuständige Marktüberwachungsbehörde und die Antragstellerin ein Wirtschaftsakteur in diesem Sinne (vgl. Artikel 2 Nummern 7 und 18 VO (EG) 765/2008). Der Antragsgegner handelte auch zum Zwecke der Durchführung seiner Tätigkeit, nämlich der Marktüberwachung. Artikel 19 Absatz 1 Unterabsatz 2 VO (EG) 765/2008 ist dabei nicht so zu verstehen, dass sich die Tätigkeit der Marktüberwachungsbehörden allein auf die Überprüfung von Merkmalen von Produkten (von der Antragstellerin als „Erforschungsmaßnahmen“ bezeichnet) erstreckt. Dies ergibt sich nicht aus der systematischen Stellung von Artikel 19 Absatz 1 Unterabsatz 2 VO (EG) 765/2008 nach Artikel 19 Absatz 1 Unterabsatz 1 VO (EG) 765/2008. Denn die Tätigkeiten der Marktüberwachungsbehörden sind nicht allein in Artikel 19 Absatz 1 Unterabsatz 1 VO (EG) 765/2008 festgelegt, sondern finden sich in den allgemeinen Bestimmungen (Artikel 1 und 2) dieser Verordnung. Die „Marktüberwachungsbehörde“ ist gemäß Artikel 2 Nummer 18 VO (EU) 765/2008 eine Behörde eines Mitgliedstaats, die für die Durchführung der Marktüberwachung aufseinem Staatsgebiet zuständig ist. Als Marktüberwachung sind dabei ausweislich Artikel 2 Nummer 17 VO (EG) 765/2008 die von den Behörden durchgeführten Tätigkeiten und von ihnen getroffenen Maßnahmen, durch die sichergestellt werden soll, dass die Produkte mit den Anforderungen der einschlägigen Harmonisierungsrechtsvorschriften der Gemeinschaft übereinstimmen und keine Gefährdung für die Gesundheit, Sicherheit oder andere im öffentlichen Interesse schützenswerte Bereiche darstellen, zu verstehen. Um eine solche Tätigkeit und Maßnahme, die sicherstellt, dass Produkte keine Gefährdung für die Gesundheit und Sicherheit darstellen, handelt es sich aber bei der von dem Antragsgegner unter Nummer 3 des Bescheides vom 15. September 2020 getroffenen Regelung. Denn auch wenn die Antragstellerin die beanstandeten Atemschutzmasken nicht mehr bereitstellt und nach eigenen Angaben die Rücknahme veranlasst hat, kann nicht sicher festgestellt werden, dass sie auch alle beanstandeten Atemschutzmasken tatsächlich zurückgenommen hat und daher von diesen keine Gefahren mehr für die Gesundheit und Sicherheit der Verwenderinnen und Verwender ausgehen.

Die Regelung begegnet gerade auch mit Blick auf die in Artikel 8 Absatz 10 VO (EU) 2016/425 geregelte Mitwirkungs- und Kooperationspflicht des Wirtschaftsakteurs zur Aufklärung keinen rechtlichen Bedenken. Zudem benennen die Wirtschaftsakteure den Marktüberwachungsbehörden gemäß Artikel 13 VO (EU) 2016/425 auf Verlangen diejenigen Wirtschaftsakteure, von denen sie persönliche Schutzausrüstung bezogen und an die sie die persönliche Schutzausrüstung abgegeben haben (vgl. VG Düsseldorf, Beschl. v. 19. Februar 2021 – 3 L 11/21 –, juris Rn. 28).

Da es sich im vorliegenden Fall um eine Ermessensentscheidung des Antragsgegners handelt, überprüft das Gericht diese gemäß § 114 Satz 1 VwGO nur auf das Vorliegen von Ermessensfehlern. Ermessensfehler und Gesichtspunkte, die gegen die Verhältnismäßigkeit der Auskunftserteilung sprechen könnten, liegen nicht vor.

Insbesondere durfte der Antragsgegner die Anordnung für erforderlich halten. Der Antragsgegner hat erkannt, dass ihm Ermessen zusteht und dieses in nicht zu beanstandender Weise ausgeübt. Er ist dabei zutreffend davon ausgegangen, dass der wirtschaftliche und sonstige Aufwand für die Erfüllung der Maßnahme für die Antragstellerin als gering einzustufen ist. Auf dieser Grundlage ist er in seinem Widerspruchsbescheid vom 21. Januar 2021 zu dem nachvollziehbaren Ergebnis gelangt, dass die Interessen der Antragstellerin, sowohl ihre wirtschaftlichen Interessen als auch ihr Geheimhaltungsinteresse gegenüber dem öffentlichen Überwachungsinteresse unterliegen. Die Antragstellerin kann sich in diesem Zusammenhang nicht darauf berufen, dass die Nennung der beteiligten Wirtschaftsakteure dem Antragsgegner ein weiteres Einschreiten gegenüber diesen ermöglicht und möglicherweise das „Image“ der Antragstellerin schädigt. Denn zum einen kann die Antragstellerin das Risiko, dass sich der Antragsgegner direkt an ihre Handelspartner wendet dadurch abmildern, dass sie den Antragsgegner umfassend über alle von ihr unternommenen Rücknahmemaßnahmen informiert. Zum anderen ist die Behauptung der Antragstellerin, die Auskunft sei nicht mehr erforderlich, weil sämtliche von ihr bereitgestellten Atemschutzmasken nunmehr entweder zurückgenommen oder jedenfalls verbraucht sein dürften, noch nicht mal dargelegt und insbesondere nicht durch entsprechende Belege glaubhaft gemacht worden. Deshalb wäre es auch bereits nicht zweckwidrig, wenn der Antragsgegner weitere Maßnahmen ergreifen würde, um eine Gesundheitsgefährdung der Allgemeinheit zu verhindern.

Der Antragsgegner durfte die Anordnung auch für angemessen halten. Es ist für das Gericht auch zum jetzigen Verfahrensstand noch immer nicht nachvollziehbar, inwieweit die Untersagung der Bereitstellung der Atemschutzmasken und die Anordnung, alle Wirtschaftsakteure und den Lagerbestand zu nennen, die Antragstellerin wirtschaftlich bzw. finanziell trifft. Die Antragstellerin hat in diesem Zusammenhang nicht dargelegt, in welchem Ausmaß sie dies treffen würde, sondern lediglich abstrakt einen „möglichen Imageschaden“ angeführt. Den Interessen der Antragstellerin treten der Gesundheitsschutz der gesamten Bevölkerung und der Verbraucherschutz entgegen. Dieser fällt schwerer ins Gewicht. Sollte sich herausstellen, dass die von der Antragstellerin vertriebenen Atemschutzmasken nicht die materiellen Anforderungen erfüllen, die an FFP2-Masken zu stellen sind oder diese Atemschutzmasken auch kein vergleichbares Schutzniveau haben, so wären all diejenigen, die sich diese Atemschutzmasken beschafften und zukünftig beschaffen, nicht in der Weise geschützt, wie dies bei FFP2-Masken zu erwarten ist. Hieran ändert es auch nichts, dass die von der Antragstellerin vorgelegten Prüfberichte nach Auffassung der Antragstellerin bescheinigten, dass die besonderen Anforderungen an FFP2-Masken erfüllt seien und es sich vorliegend nur um formelle Mängel handele. Es ist gerade unklar, ob die Stelle, die dies bescheinigt, derart vertrauenswürdig ist, dass von der Richtigkeit ihrer Prüfung und Ergebnisse ausgegangen werden kann. Und die Annahme der Antragstellerin, alle von ihr vertriebenen beanstandeten Atemschutzmasken seien Einwegprodukte und bereits verbraucht, ist in keiner Weise belegt.

Da der Antragsgegner die Anordnung im Ausgangsbescheid vom 15. September 2020 zu Recht auf Artikel 19 VO (EG) 765/2008 gestützt hat, bedarf es hier keiner Entscheidung, ob das nationale Marktüberwachungsrecht, hier insbesondere § 28 Absatz 2 ProdSG, trotz des grundsätzlichen Anwendungsvorranges des Unionsrechts nach Artikel 288 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union hier noch zur Anwendung gelangt (vgl. hierzu grundsätzlich in einem vergleichbaren Fall Nds. OVG, Beschl. v. 12. Dezember 2019 – 13 ME 320/19 –, juris Rn. 42 ff., Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik, Handlungsanleitung für die Ausführung der Marktüberwachung in Deutschland, LV 36, 5. Aufl. 2018, S. 13 ff.).

Die unter Nummer 4 des Bescheides vom 15. September 2020 getroffene Anordnung, dem Antragsgegner schriftlich den Verbleib der Atemschutzmasken (Lagerware und aus dem Handel zurückgenommene Ware) mitzuteilen, findet ihre Rechtsgrundlage ebenfalls in Artikel 19 Absatz 1 Unterabsatz 2 der VO (EG) 765/2008.

Dessen Voraussetzungen liegen voraussichtlich vor.

Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Das Vorbringen des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin, dem Antragsgegner sei aus den vorangegangenen Gerichtsverfahren bekannt, dass sich nur noch 280 der beanstandeten Atemschutzmasken in dem Lager der Antragstellerin befänden, dürfte insoweit nicht ausreichend sein, da es sich lediglich um einen (inhaltlich nicht erschöpfenden) Vortrag des Prozessbevollmächtigten handelt, nicht aber um eine persönliche Auskunftserteilung der Antragstellerin in der in der Ordnungsverfügung eingeforderten Form. Nur diese kann die von dem Antragsgegner eingeforderten Auskünfte erteilen, da sich diese ausschließlich in ihrem Einfluss- und Kenntnisbereich befinden (vgl. VG Düsseldorf, Beschl. v. 19. Februar 2021 – 3 L 11/21 –, juris Rn). Vor allem ist dem Antragsgegner dahingehend zuzustimmen, dass diese Erklärung bereits im Oktober des Jahres 2020 abgegeben worden ist und sich seither Veränderungen im Lagerbestand ergeben haben können. Die Antragstellerin behauptet auch gerade, dass sie die Rücknahmen im Januar des Jahres 2021 durchgeführt habe, sodass Veränderungen im Lagerbestand der Antragstellerin im Vergleich zum Oktober 2020 sehr wahrscheinlich sind.

Es besteht auch tatsächlich ein besonderes Interesse am sofortigen Vollzug der Maßnahmen. Zur Gewährleistung des Gesundheitsschutzes ist es unabdingbar, dass persönliche Schutzausrüstungen, auf denen die Angaben (CE-Kennzeichnung) unzutreffend sind und die nicht bereitgestellt werden dürfen, aus dem Markt genommen werden und dass der Antragsgegner die erforderlichen Informationen erhält, um das gewährleisten und überwachen zu können. Dies hat der Antragsgegner in seinem Bescheid auch hinreichend zum Ausdruck gebracht, wenn er den Sofortvollzug mit der wirksamen Unterbindung des Verkaufs von nicht konformen Atemschutzmasken begründet. Das öffentliche Interesse an einer effektiven Gefahrenabwehr begründet für sich ein hinreichendes besonderes Interesse an einer sofortigen Vollziehung (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 9. Dezember 2020 – 13 ME 468/20 –, juris Rn. 63 unter Bezugnahme auf Nds. OVG, Beschl. v. 12. Dezember 2019 – 13 ME 320/19 –, juris Rn. 59 m.w.N.).

Der Hilfsantrag, die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ziffern 3 und 4 der Verwaltungsverfügung des Antragsgegners vom 15. September 2020 durch Bescheid des Antragsgegners vom 2. Februar 2021 aufzuheben, hat keinen Erfolg. Ob das Gericht die Anordnung der sofortigen Vollziehung in den Fällen, in denen die Anordnung nicht formell ordnungsgemäß im Sinne von § 80 Absatz 3 VwGO erfolgte, aufzuheben hat (so u.a. Hoppe in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 15. Auflage 2019, § 80 Rn. 98, Nds. OVG, Beschl. v. 17. August 2001 – 11 MA 2457/01 –, juris Rn. 2; a.A. u.a. Gersdorf in: BeckOK VwGO, Posser/Wolff, 56. Edition, Stand: 01.10.2019, § 80 Rn. 112), muss hier nicht entschieden werden. Denn die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit erfolgte formell ordnungsgemäß (s.o.). Sie ist auch nicht aus materiellen Gründen aufzuheben (dazu z.B.: VG Stade, Beschl. v. 18. Januar 2005 – 2 B 2020/04 –, n.v.), weil sie auch materiell ordnungsgemäß erfolgte (s.o.).

Der Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Zwangsgeldandrohungen in dem Bescheid 2. Februar 2021 anzuordnen, hat keinen Erfolg. Er ist zulässig, aber unbegründet. Die Zwangsgeldandrohungen im dritten und vierten Absatz des Bescheides vom 2. Februar 2021 hinsichtlich der Anordnung zu Nummer 3 im Bescheid vom 15. September 2020 in Höhe von 5.000,00 Euro bzw. hinsichtlich der Anordnung zu Nummer 4 in Höhe von 2.500,00 Euro beruhen auf § 70 Absatz 1 NVwVG in Verbindung mit § 64 Absatz 1, § 65 Absatz 1 Nummer 2 sowie Absatz 2 und 3, § 67 und § 70 NPOG und sind voraussichtlich rechtmäßig. Insbesondere ist zwischen den einzelnen Verstößen differenziert worden. Es besteht kein Anlass, in Bezug auf die Zwangsmittelandrohung vom Regelvorrang des Vollziehungsinteresses nach § 70 Absatz 1 NVwVG in Verbindung mit § 64 Absatz 4 Satz 1 NPOG abzusehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Absatz 1 VwGO. Danach trägt der Unterlegene die Kosten des Verfahrens. Hier unterliegt die Antragstellerin.

Die Streitwertfestsetzung erfolgt gemäß § 53 Absatz 2 Nummer 2 und § 52 Absatz 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) unter Berücksichtigung der Nummern 1.5 und 1.7 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Danach ist der mangels Angaben der Antragstellerin anzunehmende Streitwert von 5.000,00 Euro je Anordnung (10.000,00 Euro insgesamt) zu halbieren (10.000/2 = 5.000 Euro). Da die Zwangsgeldandrohung hier nicht zusammen mit dem Erlass den Grundverfügungen erfolgte, ist der Streitwert diesbezüglich entsprechend Satz 2 und Satz 1 Ziffer 1.7.1 des Streitwertkataloges auf die Hälfte des angedrohten Wertes (mithin 5.000 + 2.500 = 7.500/2 = 3.750 Euro) festzusetzen und entsprechend Ziffer 1.5 des Streitwertkataloges nochmals zu halbieren (3.750/2 = 1.875 Euro).

Mithin ergibt sich ein Streitwert von 6.875,00 Euro (= 5.000 + 1.875).