AG Bonn, Urteil vom 24.06.2020 - 27 C 14/20
Fundstelle
openJur 2021, 15182
  • Rkr:
Tenor

In

pp

hat das Amtsgericht Bonn im schriftlichen Verfahren mit einer Schriftsatzfrist bis zum 8.06.2020 am 24.06.2020

für Recht erkannt:

1.

Die Klage wird abgewiesen.

2.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagtenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin ist Eigentümerin einer in der Tstraße # - # in ...# gelegenen Wohnung; die Beklagten sind die übrigen Wohnungseigentümer. Mit der Klage wendet sich die Klägerin gegen zwei am 17. Dezember 2019 gefasste Beschlüsse, die folgenden Inhalt haben:

"...

TOP 8

Bauliche Veränderung - Entfernung Heizkörper in Küche und Badezimmer WE L

(Antrag durch den Verwaltungsbeirat)

Die Eheleute L haben ohne Zustimmung der Verwaltung die Heizkörper in ihrer Küche und im Badezimmer entfernt. Hier liegt ein Eingriff in die Gesamtanlage der Zentralheizung vor, der die Interessen der Gemeinschaft berührt und somit die Wiederanbringungsverpflichtung begründet.

Frau F L kritisierte den Beschlussantrag des Verwaltungsbeirates. Auch mit dem Hinweis, dass die Heizkörper laut Teilungserklärung Sondereigentum sind.

Einzelne Miteigentümer sahen in der Entfernung einzelner Heizkörper kein Problem für die Gesamtanlage. Der Verwalter gab zu Protokoll, dass die Heizungsanlage mit allen Leitungen und Heizkörpern eine Einheit bilden, die zudem hydraulisch abgeglichen wurde. Von daher kann durchaus die Entfernung eines oder mehrerer Heizkörper eine negative Auswirkung auf die zentrale Heizungsanlage haben.

Nach einer längeren Aussprache bestand der Verwaltungsbeirat darauf, über den Beschlussantrag abstimmen zu lassen.

Beschlussantrag:

Die Eigentümergemeinschaft fordert die Eheleute E und N L , Tstr. # in ...# C auf, auf eigene Kosten in der Küche sowie im Badezimmer jeweils einen Heizkörper einzubauen und an die Gesamtanlage der Heizung in der Tstr. #, # und # anzuschließen. Der Umbau ist bis zum 15. Februar 2020 auszuführen und durch Vorlage einer Rechnung an die Verwaltung nachzuweisen.

Sollten die Eigentümer bis zum vorgenannten Termin die Heizkörper nicht einbauen, so wird die Verwaltung beauftragt, im Namen und auf Rechnung der Eigentümergemeinschaft Tstr. #, # und # einen Rechtsanwalt, der durch die Verwaltung bestimmt wird, mit der Einleitung einer Klage auf Wiederherstellung des Ursprungszustandes zu beauftragen.

Ja-Stimmen 37

Nein-Stimmen 4

Enthaltungen 13

Damit wurde der Beschlussantrag angenommen. Der Versammlungsleiter verkündete diesen Beschluss.

TOP 9

Bauliche Veränderung - Verlegung von Versorgungsleitungen / Durchbruch Fußboden von Küche WE L in den gemeinschaftlichen Keller

(Antrag durch den Verwaltungsbeirat)

Die Eheleute L haben ohne Zustimmung der Verwaltung Versorgungsleitungen für Frischwasser und Strom von ihrer Küche in die darunter liegende Waschküche geführt, um ihre Waschmaschine zu betreiben. Im Rahmen dieser Maßnahme wurden der Fußboden mit dem Estrich, Dämmplatten, Dampfsperren etc. durchbrochen.

Hier liegt ein Eingriff in das Gemeinschaftseigentum vor, der die Interessen der Gemeinschaft berührt und somit die Wiederherstellungsverpflichtung begründet.

Frau F Ll, die in Vertretung für ihre Mutter erschienen ist, gab zu Protokoll, dass die Arbeiten bereits im Jahr 2013 erfolgt sind und von daher die bauliche Maßnahme verjährt sei.

Beschlussantrag:

Die Eigentümergemeinschaft fordert die Eheleute E und N L , Tstr. # in ...# C auf, auf eigene Kosten die Versorungsleitungen, die von ihrer Küche durch den Fußboden in die darunter liegende Waschküche geführt wurden, zu entfernen und den Durchbruch fachmännisch verschließen zu lassen. Der Umbau ist bis zum 15. Februar 2020 auszuführen. Die Ausführung ist gegenüber der Verwaltung durch Rechnung einer Fachfirma nachzuweisen.

Sollten die Eigentümer bis zum vorgenannten Termin den Umbau nicht vorgenommen und die Ordnungsmäßigkeit der Ausführung gegenüber der Verwaltung durch Rechnung einer Fachfirma nicht nachgewiesen haben, so wird die Verwaltung beauftragt, im Namen und auf Rechnung der Eigentümergemeinschaft Tstr. #, # und # einen Rechtsanwalt, der durch die Verwaltung bestimmt wird, mit der Einleitung einer Klage auf Wiederherstellung des Ursprungszustandes zu beauftragen.

Ja-Stimmen 51

Nein-Stimmen 0

Enthaltungen 3

Damit wurde der Beschlussantrag angenommen. Der Versammlungsleiter verkündete diesen Beschluss."

Die Klägerin ist der Auffassung, die beiden gefassten Beschlüsse entsprächen nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Es lägen auch keine Vorbereitungsbeschlüsse vor, da bereits ein verbindliches Handeln der Klägerin festgelegt würde. Im Übrigen fehle es der Beklagtenseite an der Beschlusskompetenz, da in der Teilungserklärung festgelegt sei, dass die Heizungen im Sondereigentum stünden. Tatsächlich ist in § 2 der Teilungserklärung vom 07. Juli 2003 folgende Regelung getroffen:

"...

2.6. Gegenstand des Sondereigentums sind die zur Raumeinheit gehörenden Räume sowie die zu diesen Räumen gehörenden Bestandteile eines Gebäudes, die verändert, beseitigt oder eingefügt werden können, ohne dass dadurch das gemeinschaftliche Eigentum oder ein auf Sondereigentum beruhendes Recht eines anderen Wohnungs- bzw. Teileigentümers über das nach § 14 zulässige Maß hinaus beeinträchtigt oder die äußere Gestaltung eines Gebäudes verändert wird. Teile eines Gebäudes, die für dessen Bestand und Sicherheit erforderlich sind sowie Anlagen und Einrichtungen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch dienen, insbesondere die Zentralheizungsanlage mit Ausnahme der Heizkörper (s. 2.6.9), sind nicht Gegenstand des Sondereigentums, selbst wenn sie sich im Bereich der im Sondereigentum stehenden Räume befinden.

In Ergänzung und im Rahmen dieser Bestimmung wird festgelegt, dass zum Sondereigentum gehören - soweit vorhanden-:

2.6.1. Der Fußbodenbelag, die Deckenoberfläche und der Putz der im Sondereigentum stehenden Räume, der Fußbodenbelag der Loggien und/oder Balkone,

2.6.2. die nichttragenden Wände innerhalb des Sondereigentums,,

2.6.3. die Wandoberfläche (z. B. Farbe, Tapeten, der Putz und die Wandverkleidung wie z. B. Fliesen) sämtlicher zum Sondereigentum gehörender Räume, auch soweit die putzgerechten Wände nicht zum Sondereigentum gehört,

2.6.4. die Innentüren und die Innenseite der Wohnungseingangstüren der Raumeinheiten,

2.6.5. sämtliche innerhalb der Raumeinheiten befindlichen Einrichtungen und Ausstattungsgegenstände, insbesondere Badezimmereinrichtungen, wie Waschbecken, Armaturen, Spiegel, Badewannen, Duschen, WC, Kücheneinrichtungen wie Spülbecken, Herd, Einbaumöbel, Heizungseinrichtungen wie Heizkörper, Ventile etc., sofern diese nicht im Eigentum Dritter stehen,

2.6.6. die Wasserleitungen ab Anschluss an die gemeinsame Steigleitung,

2.6.7. die Versorgungsleitungen für elektrische Energie ab der Abzweigung von der Hauptleitung zum Sonder- oder Teileigentum,

2.6.7. die Versorgungsleitungen für elektrische Energie ab der Abzweigung von Hauptleitung zum Sonder- oder Teileigentum,

2.6.8. die Entwässerungsleitungen bis zum Anschluss an die gemeinschaftliche Entwässerungsleitung,

2.6.9. die Heizkörper und Radiatoren und die Vor- und Rücklaufleitungen von der Anschlussstelle an die gemeinsame Steig- und Fallleitung,

..."

Die Klägerin meint ferner, dass die geltend gemachten Ansprüche jedenfalls verjährt seien. Die Verwaltung hätte seinerzeit den baulichen Veränderungen zugestimmt und sie in regelmäßigen jährlichen Abständen auch geprüft. Vor diesem Hintergrund läge auch ein Verstoß gegen Treu und Glauben vor.

Die Klägerin beantragt,

1. den in der Versammlung vom 17. 12. 2019 unter TOP 8 gefassten Beschluss (Bauliche Veränderung - Entfernung Heizkörper in Küche und Badezimmer WE L) für ungültig zu erklären,

2. den in der Versammlung vom 17.12.2019 unter TOP 9 gefassten Beschluss (Bauliche Veränderung - Verlegung von Versorgungsleitungen/Durchbruch Fußboden von Küche WE L) in den gemeinschaftlichen Keller) für ungültig zu erklären.

Die Beklagte beantragt

Klageabweisung.

Die Beklagten sind der Auffassung, es handele sich ausschließlich um nicht konstitutive Vorbereitungsbeschlüsse, die mit der Anfechtungsklage nicht anfechtbar seien. Hinsichtlich der Heizungskörper läge auch eine Beschlusskompetenz der WEG vor, da die in der Teilungserklärung getroffene Regelung nichtig sei. Im Übrigen läge auch keine Verjährung vor. Das etwaige Wissen des Verwalters könne nicht allen Eigentümern, auf deren Kenntnis es aus Sicht der Beklagtenseite ankäme, nicht zugerechnet werden. Der Beirat habe erst im Jahr 2019 Kenntnis von den maßgeblichen baulichen Veränderungen erlangt. Im Übrigen seien die Maßnahmen nicht fachgerecht durchgeführt worden; bei der Verlegung der Versorgungsleitungen seien weder die Brandschutzvorschriften noch die statischen Belange hinlänglich berücksichtigt worden.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgebrachten Inhalt der Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Gründe

Die Klage erweist sich als unbegründet.

Die Klägerin ist nicht befugt, die unter TOP 8 und TOP 9 gefassten Beschlüsse derzeit im Wege der Anfechtungsklage zu beanstanden.

Es handelt sich jeweils um nicht konstitutive Vorbereitungsbeschlüsse, die nicht mit der Begründung angefochten werden können, dass der Anspruch materiell nicht bestünde; dies ist gegebenenfalls erst einem nachfolgenden gerichtlichen Verfahren vorbehalten.

Die Beschlüsse sind auch formell nicht zu beanstanden, da sie hinreichend genau bezeichnet sind. Im Hinblick auf den in TOP 8 gefassten Beschluss besteht auch eine Beschlusskompetenz der WEG. Bei der Gas-Heizungsanlage handelt es sich umfassend um wesentliche Bestandteile des Gemeinschaftseigentums, die im Hinblick auf die Vorschriften der §§ 93 und 94 BGB nicht zum Sondereigentum in der Teilungserklärung erklärt werden können. Dies gilt unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, wonach ausnahmsweise nur dann etwas anderes gelten würde, wenn es eine Absperrvorrichtung gäbe, mittels derer die streitgegenständlichen Heizkörper von dem Rest der Anlage abgetrennt werden könnten; hierzu hat die Klägerseite nichts vorgetragen. Die unter § 2.6.9. in der Teilungserklärung getroffene Regelung ist daher nichtig.

Weitergehend sind die in TOP 8 und TOP 9 gefassten Beschlüsse nicht offensichtlich unbegründet. Die Beklagtenseite hat sich gegen die Einrede der Verjährung gewandt und vorgetragen, dass zumindest nicht alle Eigentümer Kenntnis von der baulichen Veränderung hatten. Da es auf die Kenntnis aller Eigentümer ankommt, wird die Frage der Verjährung in einem gegebenenfalls nachfolgenden Verfahren im Hinblick auf die Durchsetzung der von der WEG gefassten Beschlüsse zu prüfen sein. Anhaltspunkte dafür, dass die gefassten Beschlüsse evident gegen Treu und Glauben verstoßen, sind nicht ersichtlich.

Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Klägerseite vom 10.6.2020 gab keine Veranlassung erneut in die mündliche Verhandlung einzutreten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit fußt auf §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

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