Schleswig-Holsteinisches OVG, Beschluss vom 14.12.2020 - 5 LA 124/19
Fundstelle
openJur 2021, 15133
  • Rkr:

Das Bestehen einer Verknüpfung zwischen den in § 3 Abs. 1 Nr. 1 und § 3b AsylG genannten Verfolgungsgründen und der Strafverfolgung oder Bestrafung im Sinne von § 3a Abs. 2 Nr. 5 AsylG kann nicht allein deshalb als gegeben angesehen werden, weil Strafverfolgung oder Bestrafung an die Verweigerung des Militärdienstes anknüpfen (EuGH, Urteil vom 19. November 2020 - C-238/19 -, juris Rn. 61).

Tenor

Die Anträge des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 13. Kammer, Einzelrichter - vom 8. Januar 2018 und auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für dieses Verfahren werden abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Gründe

Das Vorbringen des Klägers, das den Prüfungsumfang für das Oberverwaltungsgericht bestimmt (§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG), rechtfertigt die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) nicht. Grundsätzliche Bedeutung weist eine Rechtsstreitigkeit dann auf, wenn sie eine rechtliche oder tatsächliche Frage aufwirft, die für die Berufungsinstanz entscheidungserheblich ist und im Sinne der Rechtseinheit einer Klärung bedarf. Um diese Bedeutung darzulegen, hat der Zulassungsantragsteller die für fallübergreifend gehaltene Frage zu formulieren sowie näher zu begründen, weshalb sie eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat und ein allgemeines Interesse an ihrer Klärung besteht. Zudem ist darzustellen, dass sie entscheidungserheblich und ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist (vgl. OVG Schleswig, Beschluss vom 18. Januar 2019 - 2 LA 75/18 -, Rn. 1, juris).

Gemessen an diesen Maßstäben haben die aufgeworfenen Fragen des Klägers,

ob männlichen syrischen Staatsangehörigen im wehrpflichtigen Alter und/oder Reservisten bei illegaler Ausreise im Falle der Rückkehr nach Syrien, allein wegen des Wehrdienstentzuges Strafmaßnamen drohen, die an eine auch nur unterstellte, feindliche politische Gesinnung anknüpfen und

ob eine drohende Bestrafung wegen Wehrdienstentziehung zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft führt, weil sie an die in § 3b AsylG genannten Verfolgungsgründe anknüpft,

keine grundsätzliche Bedeutung mehr, weil diese Fragen in der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts geklärt sind. Mit Urteilen vom 4. Mai 2018- 2 LB 17/18, 2 LB 46/18, 2 LB 18/18 - hat der 2. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts entschieden, dass es nicht beachtlich wahrscheinlich ist, dass Wehrdienst- bzw. Militärdienstentziehern vom syrischen Regime eine regimefeindliche Haltung unterstellt wird und ihnen daher in Anknüpfung an die in § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG genannten Gründe eine relevante Verfolgung droht (vgl. Urteil vom 4. Mai 2018 - 2 LB 17/18 - LS 5 und Rn. 127, juris; siehe auch Urteile vom 8. November 2018 - 2 LB 16/18, 2 LB 31/18, 2 LB 50/18 -, jeweils bei juris). Dieser Rechtsprechung hat sich der erkennende Senat angeschlossen (vgl. Senatsurteil vom 19. Juni 2019 - 5 LB 24/19 -, Rn. 44 ff., juris, und vom 26. September 2019 - 5 LB 38/19 -, Rn. 53 und 67 ff., juris).

Darüber hinaus folgt aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, dass das Bestehen einer Verknüpfung zwischen den in § 3 Abs. 1 Nr. 1 und § 3b AsylG genannten Verfolgungsgründen und der Strafverfolgung oder Bestrafung im Sinne von § 3a Abs. 2 Nr. 5 AsylG nicht allein deshalb als gegeben angesehen werden kann, weil Strafverfolgung oder Bestrafung an die Verweigerung des Militärdienstes anknüpfen (EuGH, Urteil vom 19. November 2020 - C-238/19 -, juris Rn. 61). Aus der Aussage, dass für einen solchen Zusammenhang allerdings eine starke Vermutung spricht (EuGH, a.a.O.), ergibt sich im Hinblick auf die mit dem Zulassungsantrag aufgeworfenen Fragen kein weiterer allgemeiner Klärungsbedarf.

Dem Kläger war Prozesskostenhilfe nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO zu versagen, weil er seine Angaben über seine aktuellen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht innerhalb der von dem Gericht gesetzten Frist glaubhaft gemacht hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).