OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 06.04.2021 - OVG 3 S 14/21
Fundstelle
openJur 2021, 14740
  • Rkr:
Tenor

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 27. Januar 2021 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Beschwerde tragen die Antragsteller.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Beschwerdevorbringen, das gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO den Umfang der Prüfung des Oberverwaltungsgerichts bestimmt, rechtfertigt es nicht, den angefochtenen Beschluss aufzuheben oder zu ändern, mit dem das Verwaltungsgericht es abgelehnt hat, den Antragsgegner zu verpflichten, dem Sohn der Antragsteller vorläufig eine Beurlaubung für den Schulbesuch im Ausland im Schuljahr 2021/2022 zu gewähren.

Die Antragsteller haben auch unter Berücksichtigung der Beschwerdebegründung einen Anordnungsanspruch nicht dargelegt und glaubhaft gemacht. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht darauf verwiesen, dass dem Begehren die Regelung des § 4 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung über den Bildungsgang in der gymnasialen Oberstufe und über die Abiturprüfung (Gymnasiale-Oberstufe-Verordnung - GOSTV) entgegensteht. Danach ist im letzten Schuljahr der Qualifikationsphase eine Beurlaubung für einen Schulbesuch im Ausland unzulässig. Der Sohn der Antragsteller besucht gegenwärtig die elfte Jahrgangsstufe des Gymnasiums und befände sich daher im kommenden Schuljahr 2021/2022 im zweiten und letzten Jahr der Qualifikationsphase (§ 24 Abs. 2 Satz 1 BbgSchulG).

Die Beschwerde zeigt keine Gesichtspunkte auf, die die Wirksamkeit der Verordnungsbestimmung in Frage stellen. Der pauschale Verweis auf "Grundrechte, insbesondere Art. 1, 2, 3 und 12 GG" leistet dies nicht.

Mit der Bestimmung des § 4 GOSTV gestaltet der Verordnungsgeber die durch § 44 Abs. 2 Satz 2 BbgSchulG eröffnete Möglichkeit näher aus, Schülerinnen und Schüler für einen Schulbesuch im Ausland vorübergehend vom Unterricht zu beurlauben, und regelt in Abs. 2 und 3 insbesondere Folgefragen für die Fortsetzung des Schullaufbahn in der gymnasialen Oberstufe und die Abiturprüfung, die sich aus einem Auslandsschulbesuch ergeben. Sie findet eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage in § 24 Abs. 4, § 60 Abs. 4 sowie § 61 Abs. 3 BbgSchulG. Der in § 4 Abs. 1 Satz 2 GOSTV vorgegebene Ausschluss lässt sich aus der Bedeutung des letzten, in der Regel zweiten Schuljahres der Qualifikationsphase rechtfertigen, da dieses Schuljahr der Abiturprüfung vorangeht und somit maßgebliche Grundlage für die Zulassung zur Abiturprüfung und deren Durchführung ist (vgl. § 1 Abs. 3 GOSTV). Sie führt mit der Regelung des § 4 Abs. 2 Satz 1 GOSTV, nach der die Schullaufbahn nach Rückkehr von einem Auslandsschulbesuch in der Regel in der Jahrgangsstufe fortgesetzt wird, die der zuletzt abgeschlossenen Jahrgangsstufe folgt, zu dem Effekt, dass der Abiturprüfung grundsätzlich eine durchgehende Qualifikationsphase vorangeht und somit eine kontinuierliche Wahrnehmung der für die Ermittlung der Gesamtqualifikation nach § 30 GOSTV maßgeblichen Kurse ermöglicht wird.

Aus dem Beschwerdevorbringen der Antragsteller ergeben sich auch keine Anhaltspunkte, aus welchen Gründen hier entgegen dem eindeutigen Wortlaut des § 4 Abs. 1 Satz 2 GOSTV eine Beurlaubung für die zwölfte Jahrgangsstufe geboten sein sollte. Auch § 44 Abs. 2 Satz 2 BbgSchulG räumt den Schülerinnen und Schülern keinen Anspruch auf eine Beurlaubung zum Auslandsschulbesuch ein. Vielmehr stellt diese, wie sich aus den weiter angeführten "besonderen Gründen" ergibt, eine Ausnahme von der aus dem Schulverhältnis folgenden Verpflichtung zur Unterrichtsteilnahme in der Schule dar, in die der Schüler bzw. die Schülerin aufgenommen wurde (§ 44 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 BbgSchulG). Der Umstand, dass der für den Sohn der Antragsteller für das laufende Schuljahr 2020/2021 geplante Schulbesuch in den USA gescheitert ist, liegt außerhalb der Einflusssphäre des Antragsgegners, da nach dem Vorbringen in der Antragsschrift der Stornierung das Einreiseverbot der USA voranging. Auch deshalb ist nicht ersichtlich, weshalb der Antragsgegner gehalten sein sollte, die für § 4 Abs. 1 Satz 2 GOSTV sprechenden Gesichtspunkte gegenüber dem Wunsch eines Schülers, den Schulbesuch mit einem Auslandsaufenthalt zu verknüpfen - so verständlich er auch sein mag -, zurückzustellen.

Ebenso wenig ist die in der E-Mail des Schulleiters des M...-Gymnasiums vom 2. Oktober 2020 enthaltene Information "aus dem MBJS, dass der Auslandsaufenthalt von M... im kommenden Jahr eine coronabedingte Sonderbearbeitung inkl. Genehmigung erfährt", geeignet einen Anspruch auf Gewährung der Beurlaubung zu begründen. Die Wertung des Verwaltungsgerichts, dass dem eine bindende Zusicherung im Sinne des § 1 Abs. 1 VwVfGBbg i.V.m. § 38 Abs. 1 VwVfG nicht entnommen werden kann, stellt die Beschwerde nicht durchgreifend in Frage. Die Antragsteller wenden sich allein gegen den Verweis auf die fehlende Zuständigkeit des Schulleiters nach Nr. 8 der Verwaltungsvorschriften über die Organisation der Schulen in inneren und äußeren Schulangelegenheiten (VV-Schulbetrieb - VVSchulB), leisten aber keine Auseinandersetzung mit dem weiteren tragenden Argument des Verwaltungsgerichts, dass sich der E-Mail keine Zusicherung, mithin eine mit erkennbarem Rechtsbindungswillen abgegebene Erklärung, einen bestimmten Verwaltungsakt erlassen zu werden (vgl. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 38 Rn. 2 ff.; Schröder, in: Schoch/Schneider, VwVfG, Stand: Juli 2020, § 38 Rn. 13 ff.), entnehmen lässt. Damit aber fehlt es auch einer tragfähigen Grundlage für das geltend gemachte "ganz erhebliche Vertrauen", abgesehen davon, dass nicht ersichtlich ist, inwiefern die Antragsteller gerade auf der Grundlage dieser Mitteilung maßgebliche Dispositionen getroffen haben wollen.

Die Beschwerde zeigt schließlich eine gleichheitswidrige Behandlung ihres Beurlaubungsantrags durch den Antragsgegner nicht auf. Der Hinweis auf Entscheidungen des Landes Berlin ist untauglich, da es insoweit allein darauf ankommt, ob die jeweilige Behörde in ihrem Zuständigkeitsbereich gleichmäßig verfährt. Soweit die Antragsteller erneut anführen, in vergleichbaren Fällen sei eine Erlaubnis zum Auslandsschulbesuch erteilt worden, fehlt es auch nach dem Beschwerdevorbringen an der erforderlichen Substantiierung und Glaubhaftmachung.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

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