VG Ansbach, Beschluss vom 18.03.2021 - AN 17 S 21.50044
Fundstelle
openJur 2021, 14708
  • Rkr:
Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich mit einem dritten Eilantrag gegen eine asylrechtliche Abschiebungsandrohung nach Griechenland.

Der 1990 geborene Antragsteller wurde am 3. Oktober 2018 in Griechenland als Flüchtling anerkannt. In Deutschland stellte er am 21. September 2020 einen weiteren Asylantrag, der mit Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 8. Oktober 2020 unter Ablehnung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG, Anordnung einer Abschiebungsandrohung mit Fristsetzung von einer Woche - in erster Linie - nach Griechenland und eines Einreise- und Aufenthaltsverbots als unzulässig gem. § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG abgelehnt wurde.

Hiergegen erhob der Antragsteller Klage (AN 17 K 20.50343), über die noch nicht entschieden wurde und stellte einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO (AN 17 S 20.50342). Dieser wurde mit der in Griechenland herrschenden Lage für anerkannt Schutzbedürftige begründet und mit Beschluss der Einzelrichterin vom 30. Oktober 2020 abgelehnt.

Mit Schriftsatz vom 16. November 2020 stellte der Antragsteller einen Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO (AN 17 S 20.50370) und begründete diesen mit der Betroffenheit von Griechenland mit dem Covid-19-Virus. Mit Beschluss der Einzelrichterin vom 23. November 2020 wurde dieser Antrag ebenfalls abgelehnt.

Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 9. Februar 2021 stellte der Antragsteller erneut einen Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO und beantragte,

unter Abänderung der Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 30. Oktober 2020 und 23. November 2020 die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 8. Oktober 2020 anzuordnen.

Zur Begründung wurde auf Urteile des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 21. Januar 2021 (11 A 1564/20.A und 11 A 2982/20.A) und deren Begründung verwiesen.

Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 11. Februar 2021,

den Antrag abzulehnen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogene Behördenakte und die Gerichtsakte Bezug genommen.

II.

Der erneute Antrag nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO auf Abänderung der Gerichtsentscheidungen vom 30. Oktober 2020 und 23. November 2020 und Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung im Bescheid vom 8. Oktober 2020 ist abzulehnen.

Der Antrag ist bereits unzulässig, weil mit ihm keine veränderten Umstände geltend gemacht werden (§ 80 Abs. 7 Satz 2 Alt. 1 VwGO). Dies wäre gegeben, wenn sich der Antragsteller auf eine Änderung der für den Fall maßgebliche Sach- oder Rechtslage berufen würde (Kopp/ Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019 § 80 Rn. 197). Auch wenn dies nicht nur eine Änderung der Sach- und Rechtslage im engeren Sinn umfasst, sondern auch eine Änderung der Rechtsprechung ausreichend sein kann, greift dies hier nicht ein. Dies ist nur dann der Fall, wenn sich die Rechtsprechung im Instanzenzug geändert bzw. neu gebildet hat, also entweder das Ausgangsgerichts selbst oder das übergeordnete Oberverwaltungsgericht (für Bayern also der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, vgl. Art. 1 Abs. 1 AGVwGO) oder das Bundesverwaltungsgericht nunmehr anders entscheidet oder sich Vorgaben durch den Europäischen Gerichtshof oder das Bundesverfassungsgericht maßgeblich geändert haben (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, a.a.O. Rn. 197 "höchstrichterliche Rspr" bzw. Rn. 198 für Entscheidungen des EuGH). Die von der Bewertung des Verwaltungsgerichts Ansbach abweichende Lagebewertung eines außerbayerischen Oberverwaltungsgerichts, begründet die Zulässigkeit des Antrags nach § 80 Abs. 7 VwGO hingegen nicht.

Es liegt auch kein Fall von ohne Verschulden im vorausgegangenen Verfahren nicht geltend gemachter Umstände (§ 80 Abs. 7 Satz 2 Alt. 2 VwGO) vor.

Das erkennende Gericht hält an seiner Rechtsprechung hinsichtlich der Rückführung von in Griechenland international anerkennten jungen, gesunden und arbeitsfähigen Männern auch inhaltlich fest, so dass der Antrag überdies unbegründet ist und die Entscheidungen vom 30. Oktober 2020 und 23. November 2020 vom Gericht auch nicht von Amts wegen nach § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO abgeändert werden. Weder die fortschreitende Infektionslage in Griechenland - zum heutigen Tag werden von der Johns Hopkins Universität 227.247 Fälle von Corona-Infektionen, davon 93.764 Genesene und 7.252 Tote gemeldet -, noch die Folgen der Coronalage in Griechenland - mit Lockdown, derzeit angeordnet bis 22. März 2021, Ausgangssperre, Maskenpflicht u.ä., vgl. Einreise- und Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amtes vom heutigen Tag, www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/griechenland-node/griechenlandsicherheit/211534), die mit denen in Deutschland vergleichbar sind - führen nach Ansicht des erkennenden Gerichts im Ergebnis zu einer abweichenden Entscheidung.

Das erkennende Gericht hält auch unter Berücksichtigung der vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen herangezogenen und weiterer neuerer Erkenntnisquellen an seiner bisherigen Lagebewertung fest (bereits VG Ansbach, B.v. 4.2.2020 - AN 17 E 21.50027). Die Auskünfte des Auswärtigen Amtes vom 21. August 2020 (an das VG Bayreuth), vom 15. Oktober 2020 (an das VG Schleswig) und vom 26. November 2020 (an das VG Magdeburg) sowie die Stellungnahme der Europäischen Kommission, EURES, Leben und Arbeiten in Griechenland, Arbeitsmarktinformationen Griechenland von Juli 2020, das Fact Sheet Greece des UNHCR von November 2020 sowie neuere Presseberichte (Gerd Höhler, Corona wirft Griechenland weit zurück vom 25.12.2020; Wölfl, Adelheid, Anerkannte Flüchtlinge auf griechischem Festland obdachlos) zeigen schwierige Bedingungen für anerkannt Schutzberechtigte auf, aber noch keine unmenschliche Lage, in der bei zumutbarer Eigeninitiative und mit Hilfe der zahlreichen in Griechenland tätigen Hilfsorganisationen die Grundbedürfnisse "Brot, Bett, Seife" nicht befriedigt werden könnten. Gesunden und auch sonst in ihrer Lebensführung nicht eingeschränkten Männern ist vorübergehend auch ein Unterkommen in informellen Strukturen (leerstehende Häuser, bei Bekannten, etc.) oder Obdachlosenunterkünften zumutbar. Besondere individuelle Belange wurden für den Antragsteller nicht geltend gemacht und sind nicht ersichtlich.

Der Antrag bleibt damit erfolglos.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 83b AsylG.

Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.