LAG Hamm, Urteil vom 01.10.2020 - 11 Sa 1361/19
Fundstelle
openJur 2021, 14442
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 2 Ca 1412/18
Tenor

Auf die Berufung der Beklagen wird das Urteil des Arbeitsgerichts Siegen vom 23.07.2019 - 2 Ca 1412/18 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Stufenzuordnung bei der tariflichen Eingruppierung.

Der 1982 geborene Kläger ist seit dem 01.03.2016 bei der Beklagten als Sozialarbeiter beschäftigt.

Der Kläger studierte von 2013 bis zum Sommer 2015 Soziale Arbeit. Während dieser Zeit arbeitete er vom 15.05.2013 bis 29.02.2016 neben dem Studium bei der Evangelischen Jugendhilfe G GmbH im Bereich der stationären Jugendhilfe. Am 27.07.2015 beendete der Kläger sein Studium der Sozialen Arbeit mit der Bachelor-Prüfung. Zu der Tätigkeit des Klägers bei der Evangelischen Jugendhilfe G GmbH heißt es in dem dazu ausgestellten Zeugnis vom 29.02.2016 auszugsweise:

Herr F... hat in dieser Zeit unterschiedliche Arbeitsfelder kennengelernt, wie z.B. die Inobhutnahme X. Diese bietet 4 Plätze für Jugendliche im Alter zwischen 16 und 17 Jahren, die bisher nicht oder nur unzureichend an den vorherigen Jugendhilfemaßnahmen mitgewirkt haben und wenig Motivation an der Entwicklung von Perspektiven zeigen. Die Kernarbeitszeiten liegen von abends 18 Uhr bis am nächsten Morgen um 9 Uhr. Tagsüber findet für die jungen Menschen keine Betreuung statt.

Die pädagogische Arbeit ist geprägt davon, sich mit jungen Menschen auseinanderzusetzen, die sehr besondere Verhaltensweisen zeigen und in der Regel oppositionell und wenig mitwirkend agieren. In diesem Zusammenhang eine freundliche, wertschätzende und deeskalierende Pädagogik umzusetzen, ist die fachliche Herausforderung, der Herr F... gut gerecht wurde. Herr F... führte eigenverantwortlich seinen Dienst mit den damit verbundenen Anforderungen durch.

Desweiteren wurde Herr F... in unterschiedlichen Regelwohngruppen als Springer eingesetzt. ...

...

Neben kontinuierlichen Aufgabenstellungen als pädagogische Fachkraft in einer Wohngruppe, wie die umfassende Versorgung und Begleitung, ergaben sich für Herrn F... folgende Aufgaben:

● Mitwirkung bei der Hilfe- und Erziehungsplanung

● Gewährleistung der Einhaltung von Terminen und Absprachen

● Verantwortung für die Kassenführung sowie für das Taschen- und Bekleidungsgeld der jungen Menschen

● Kennenlernen und Umsetzung der pädagogischen Rahmenbedingungen

● Führung der täglichen Dokumentation

● Teilnahme Fallbesprechungen

● Co-Betreuung von Jugendlichen

● Zusammenarbeit mit Kinder- und Jugendpsychiatrien bzw. Psychologen, Jugendämter, Schulen

● Regelmäßige Teilnahme an Supervision

● Teilnahme an Fortbildung

...

Wegen des weiteren Inhalts des Zeugnisses vom 29.02.2016 wird auf die zur Akte gereichte Kopie Bezug genommen (Bl. 32, 33 GA).

Zum 01.03.2016 wurde der Kläger von der Beklagten eingestellt. Die Beklagte bezeichnete die Tätigkeit des Klägers bei der Evangelischen Jugendhilfe G GmbH als vorteilhaft für die Einstellung. Bei der Beklagten ist der Kläger als Mitarbeiter im allgemeinen Sozialdienst des Jugendamtes und als Fallmanager im Rahmen der Inobhutnahme tätig. Zu dieser Arbeitstätigkeit gehört eine sozialpädagogische Analyse eines Sachverhalts. Auf dieser Grundlage wird die Hilfeplanung erstellt. Bei der Durchführung der Hilfeplanung wird der freie Träger eingeschaltet. Es gibt Überschneidungen zwischen der Vortätigkeit und der Tätigkeit bei der Beklagten. Bei der Beklagten kommen folgende Aufgaben hinzu:

Einleitung, Gewährung und Steuerung von Hilfen zur Erziehung und Hilfen für junge Volljährige sowie Eingliederungshilfen für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche

Schutz von Kindern und Jugendlichen in Gefährdungssituationen

Erstscreening, Clearing und Steuerung von Hilfen zur Erziehung für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge

Beratung bei Trennung und Scheidung zur Entwicklung einvernehmlicher Lösungen bei der elterlichen Sorge und bei Umgangsregelungen

Schriftliche und mündliche Stellungnahmen in den Verfahren vor dem Familiengericht.

Im aktuellen Arbeitsvertrag vom 23.06.2017 heißt es auszugsweise:

§ 2

Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach der durchgeschriebenen Fassung des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD) für den Dienstleistungsbereich Verwaltung (TVöD-V) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung einschließlich des Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (§ 1 Abs. 2 TVÜ-VKA). Außerdem finden die im Bereich des Arbeitgebers jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung.

...

§ 4

Herr F... ist in der Entgeltgruppe S 14 TVöD eingruppiert.

...

Bei der Einstellung ab dem 01.03.2016 wurde der Kläger der Stufe 1 zugeordnet. Dies entspricht nach den tarifvertraglichen Vorgaben der Vergütung für Mitarbeiter ohne einschlägige Berufserfahrung. Nach einem Jahr Beschäftigungsdauer erfolgte eine Höherstufung des Klägers in die Entgeltgruppe S 14, Stufe 2. Entsprechend wird der Kläger zurzeit vergütet. Die Differenz zwischen der Vergütungsgruppe S 14, Stufe 2 und der begehrten Vergütungsgruppe S 14, Stufe 3 beträgt 268,28 €. Der Kläger forderte die Beklagte zunächst außergerichtlich zur Änderung der Stufe auf. Die Beklagte lehnte dies ab. Der Kläger verfolgt den Anspruch gerichtlich weiter.

Der Kläger hat behauptet, bei seiner Tätigkeit für die Evangelische Jugendhilfe G GmbH habe es sich um eine Dreiviertel-Stelle bis volle Stelle gehandelt. Er sei dort in einer Inobhutnahmegruppe und in einer Regelwohngruppe tätig gewesen und habe dort eigenverantwortlich gearbeitet. Er habe dabei an der Hilfe- und Erziehungsplanung mitgewirkt und mit Ämtern und Behörden eng zusammen gearbeitet. Der Kläger hat Bezug genommen auf das Zeugnis der Evangelischen Jugendhilfe G GmbH (s.o. / Bl. 32-33 GA). Zudem sei ihm diese Tätigkeit als Berufsanerkennungsjahr anerkannt worden. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, bereits vor seiner Einstellung bei der Beklagten habe er ausreichend Berufserfahrung gesammelt, sodass die Eingruppierung in die Stufe 1 falsch gewesen sei. Stattdessen hätte er in die Entgeltgruppe S 14 mit der Stufe 2 eingestellt werden müssen. Nach weiterer zweijähriger Tätigkeit hätte er sodann in die Entgeltgruppe 3 eingruppiert werden müssen. Die Arbeit bei der Evangelischen Jugendhilfe G GmbH sei nicht als Ausbildungszeit zu werten, da er die Arbeit parallel zum Studium ausgeführt habe. Auch wenn es keine ausdrückliche Anerkennungsregelung bei der Beklagten gebe, sei sein Anerkennungsjahr mit einem Berufseinmündungsjahr bei der Beklagten vergleichbar bzw. mindestens gleichwertig. Die im Rahmen der früheren Tätigkeit erworbenen Kenntnisse und Erfahrungen seien auch für die ausgeübte Tätigkeit erforderlich. Die Überschneidungen zwischen der Vortätigkeit und der Tätigkeit bei der Beklagten seien erheblich. Auch sei seine Berufserfahrung ein wesentliches Einstellungskriterium gewesen. Zumindest hätte die Berufserfahrung im Rahmen des Ermessens berücksichtigt werden müssen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, den Kläger rückwirkend ab März 2018 in die Entgeltgruppe S 14 Stufe 3 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst Sozial- und Erziehungsdienst einzugruppieren und entsprechend zu vergüten.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, dass bei der Tätigkeit für die Evangelische Jugendhilfe G GmbH das Personal ohne berufsqualifizierenden Abschluss auf den Personalschlüssel allenfalls hälftig angerechnet werde. Sie hat den Umfang und den Inhalt der Vortätigkeit sowie die Anerkennung als Berufsanerkennungsjahr mit Nichtwissen bestritten. Bei der Vortätigkeit des Klägers habe es sich nicht um gleiche bzw. gleichartige Tätigkeiten gehandelt. Jetzt, bei seiner Arbeit für die Stadt, arbeite der Kläger sozusagen "auf der anderen Seite" und nehme zusätzliche Aufgaben wahr. Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, der Kläger sei bei seiner Einstellung zu Recht in die Stufe 1 der Entgeltgruppe S 14 eingestuft worden. Der in § 16 Abs. 2 TVöD verwendete Begriff "Berufserfahrung" setze voraus, dass die Erfahrung grundsätzlich nach einem Berufsabschluss erworben werden müsse. Ausbildungszeiten schieden als Zeiten der Berufserfahrung aus. Zum Zeitpunkt seiner Einstellung des Klägers habe der Abschlusszeitpunkt des Studiums noch keine zwölf Monate zurückgelegen. Der Kläger sei während des Studiums auch nicht als Sozialarbeiter tätig gewesen sondern lediglich als Mitarbeiter. Auch im Hinblick auf das Ermessen sei seine Vortätigkeit nicht berücksichtigungsfähig. Einzige Ausnahme sei die Vereinbarung der Tarifparteien in der Protokollerklärung zu § 16 Abs. 2 TVöD (VKA): Danach gelte grundsätzlich ein Praktikum des öffentlichen Dienstes (TVPöD) als Erwerb einschlägiger Berufserfahrung, soweit dieses im konkreten Aufgabenbereich der neuen Tätigkeit gelegen habe. Auf dieser Grundlage seien die sog. Berufsanerkennungsjahre der anderen Mitarbeiter im Allgemeinen Sozialdienst der Beklagten gearbeitet anerkannt worden. Sie seien zudem auch bereits mehr als ein Jahr nach ihrem berufsqualifizierendem Abschluss als Fachkraft Soziale Arbeit tätig gewesen. Für die Tätigkeit des Klägers bei der Evangelischen Jugendhilfe G GmbH als freiem Träger der Jugendhilfe gebe es eine solche Anerkennungsregel nicht. Zudem habe es sich bei der Tätigkeit um eine reine Ausbildungszeit gehandelt. Desweiteren stünde dem Kläger ein Anspruch auf Höherstufung - von Stufe 2 auf Stufe 3 - erst nach drei Jahren zu. Auch sei die Ausschlussfrist gemäß § 37 TVöD einschlägig.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 23.07.2019 zu einem überwiegenden Teil stattgegeben und hat entschieden:

1. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger rückwirkend ab März 2019 in die Entgeltgruppe S14 Stufe 3 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst Sozial- und Erziehungsdienst einzugruppieren und entsprechend zu vergüten.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 1/3 und die Beklagte zu 2/3.

4. Der Streitwert wird auf 3.219,36 € festgesetzt.

Eine einschlägige Berufserfahrung im Sinne von §§ 16 Abs.2 Satz2 TVöD-AT (VKA), 52 Abs.2 Satz 2 TVöD-BT-B TVöD (VKA) sei im Hinblick auf die Tätigkeit des Klägers für die Evangelische Jugendhilfe G GmbH bis zum 29.02.2016 zu bejahen. Der Begriff "einschlägige Berufserfahrung" sei auslegungsbedürftig. Dabei sei die Protokollerklärung zu § 52 Abs. 2 Satz 3 TVöD-BT-B zu berücksichtigen, wonach ein Berufspraktikum im Sinne des Tarifvertrags für Praktikantinnen/Praktikanten des öffentlichen Dienstes vom 27.10.2009 grundsätzlich als Erwerb einschlägiger Berufserfahrung gelte. Nach ihrem Sinn und Zweck sei diese Vorschrift auf den vorliegenden Fall zu übertragen. Der Kläger habe mehr als zwei Jahre bei der Evangelischen Jugendhilfe G GmbH gearbeitet und dort dieselben Aufgaben ausgeführt, die er nach dem Abschluss seiner Ausbildung durchführe. Beklagtenseits nicht wirksam bestritten habe der Kläger diese Zeit als Berufsanerkennungsjahr anerkannt erhalten. Unter Zugrundelegung der Maßstäbe des Aufgabenzuschnitts und des Wertigkeitsniveaus stelle die Tätigkeit des Klägers bei der Evangelischen Jugendhilfe G GmbH eine gleichartige Tätigkeit dar. Auch sei die Berufserfahrung ein wesentliches Einstellungskriterium gewesen. Im Hinblick auf die einschlägige Berufserfahrung hätte der Kläger bei seiner Einstellung der Stufe 2 zugeordnet werden müssen. Dann wäre der Kläger folglich ab März 2019 in die Stufe 3 einzugruppieren gewesen (in Stufe 2 nach 3 Jahren in Stufe 1). Der Kläger habe die Beklagte mit Schreiben vom 16.10.2018 zur Änderung der Eingruppierung aufgefordert. Die Ausschlussfrist nach § 37 TVöD sei gewahrt.

Das Urteil des Arbeitsgerichts ist der Beklagten am 15.08.2019 zugestellt worden. Die Beklagte am 27.08.2019 Berufung eingelegt und die Berufung 02.10.2019 begründet.

Die Beklagte wendet ein, das Arbeitsgericht habe den Begriff der einschlägigen Berufserfahrung unzutreffend ausgelegt. Die Protokollnotiz zu § 16 Abs. 2.1 TVöD bzw. § 52 Abs. 2 Satz 3 TVöD-BT-B besage nicht, dass auch Ausbildungszeiten für die einschlägige Berufserfahrung ausreichend seien. Die einzige Ausnahme, die der Tarifvertrag mit der Protokollnotiz bei dem Erwerb der einschlägigen Berufserfahrung mache, sei diejenige des Berufspraktikums im öffentlichen Dienst nach dem TVPöD. Ein solches Berufspraktikum habe der Kläger unstreitig nicht absolviert. Das Arbeitsgericht habe verkannt, dass der Kläger den überwiegenden Teil der Tätigkeit für die Evangelischen Jugendhilfe G GmbH vor Abschluss seiner Ausbildung erbracht habe und damit ohne vollumfängliche theoretische Fachkenntnisse des Sozialarbeiters mit abgeschlossenem Studium. Die Tätigkeit des Klägers bei der Evangelischen Jugendhilfe G GmbH sei deshalb nicht mit dem Berufspraktikum im Sinne des TVPöD im Nachgang zu dem erworbenen Studienabschluss vergleichbar. Die Ausnahmeregelung nach der Protokollnotiz sei eng auszulegen. Die von dem Kläger für die Evangelische Jugendhilfe G GmbH ausgeübte Tätigkeit sei nicht gleichwertig zu der jetzigen Tätigkeit des Klägers bei der Stadt als Sozialarbeiter der Eingruppierung S 14. Das Arbeitsgericht habe insoweit die Anforderung an die Einschlägigkeit der Berufserfahrung im Tarifsinne verkannt (BAG 27.03.2014 - 6 AZR 571/12 - ZTR 2014, 475). Die persönliche Qualifikation, über die der Kläger bei seiner vorangegangenen Tätigkeit ganz überwiegend (noch) nicht verfügt habe, sei Voraussetzung für die Annahme einer eingruppierungsrechtlichen Gleichwertigkeit der zuvor ausgeübten Tätigkeit, bei welcher der Kläger zudem nur einen Teilausschnitt im Rahmen von Maßnahmen zur Hilfeplanung auf Seiten eines freien Trägers der Jugendhilfe kennengelernt habe. Das reiche nicht aus, um eine "einschlägige Berufserfahrung" zu erwerben. Eine Einstufung in die Stufe 3 ab dem 01.03.2019 könne der Kläger nicht beanspruchen.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Siegen vom 23.07.2019 - Az.: 2 Ca 1412/19 - die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts. Die tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen des Arbeitsgerichts seien zutreffend und fehlerfrei. Bei seiner Tätigkeit für die Evangelischen Jugendhilfe G GmbH habe es sich nicht um eine Berufsausbildung sondern um eine Berufstätigkeit neben dem seinerzeit absolvierten Studium gehandelt. Die dortige Tätigkeit sei vor und nach Abschluss des Bachelors identisch gewesen. Die Anforderung der einschlägigen Berufserfahrung sei deshalb zu bejahen. Der außerordentliche Wert seiner Tätigkeit für die Evangelischen Jugendhilfe G GmbH sei ihm von der Beklagten im Rahmen seiner Einstellung ausdrücklich bestätigt worden. Inzwischen habe er erfahren, dass die Kollegin M., die in gleicher Weise bei der Beklagten beschäftigt sei und die in gleicher Weise wie er zuvor bei der Evangelischen Jugendhilfe G GmbH als pädagogische Mitarbeiterin gearbeitet gehabt habe, im Hinblick auf die vorangegangene Tätigkeit bei ihrer Einstellung von der Beklagten in der Entgeltgruppe S 14 Stufe 2 eingruppiert worden sei. Für diese Ungleichbehandlung gebe es keine sachlichen Gründe.

Die Beklagte repliziert, dem Kläger sei nicht anlässlich seiner Einstellung gesagt worden, seine vorherige Berufserfahrung sei einschlägig. Diese Behauptung entbehre jeglicher Grundlage (weitere Einzelheiten zum damaligen Einstellungsverfahren: S. 2, 3 des Schriftsatzes vom 10.03.2020, Bl. 110, 111 GA). Der Kläger sei seinerzeit mündlich informiert worden, dass die Eingruppierung in S 14 Stufe 1 erfolgen werde. Die Mitarbeiterin M. habe - anders als der Kläger - nach ihrem Examen vom 17.01.2013 und ihrer staatlichen Anerkennung als Sozialarbeiterin mit Wirkung zum 01.07.2013 bis zur Einstellung bei der Stadt zum 01.07.2014 ein Jahr als Pädagogische Fachkraft in der Erziehungshilfe gearbeitet. Diese Tätigkeit als Fachkraft der Sozialen Arbeit werde auf die Stufenlaufzeit angerechnet.

In der mündlichen Berufungsverhandlung hat die einvernehmlich informatorisch angehörte Mitarbeiterin T. der Beklagten erklärt, der Kläger habe seine staatliche Anerkennung als Sozialarbeiter nach dreimonatiger Tätigkeit für die Stadt auf seinen Antrag hin im Hinblick auf die dreimonatige Tätigkeit bei der Stadt von der Hochschule in U erhalten, dabei habe die Tätigkeit bei der Evangelischen Jugendhilfe G GmbH keine Rolle gespielt (weitere Einzelheiten: Sitzungsprotokoll vom 01.10.2020, Bl. 127 - 129 GA).

Der Sach- und Streitstand ist entsprechend § 313 Abs. 2 ZPO in seinem wesentlichen Inhalt dargestellt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das Vorbringen der Parteien in den gewechselten Schriftsätzen nebst Anlagen sowie auf die gerichtlichen Sitzungsprotokolle verwiesen.

Gründe

A. Die Berufung der beklagten Stadt ist nach §§ 8 Abs.2, 64 Abs. 1, Abs. 2 ArbGG statthaft und zulässig. Die Berufung ist form- und fristgerecht entsprechend den Anforderungen der §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO eingelegt und begründet worden.

B. Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Der Kläger kann nicht beanspruchen, mit Wirkung ab dem 01.03.2019 nach der Stufe 3 der Entgeltgruppe S 14 TVöD VKA bezahlt zu werden. Entgegen der Argumentation des Klägers und entgegen der Entscheidung des Arbeitsgerichts ist es nicht zu beanstanden, dass der Kläger bei seiner Einstellung ab dem 01.03.2016 der Stufe 1 der Entgeltgruppe S 14 TVöD VKA zugeordnet worden ist. Bei seiner Einstellung verfügte der Kläger nicht über die für die Zuerkennung der Stufe 2 erforderliche einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr. Die vorausgegangene Tätigkeit des Klägers für die Evangelische Jugendhilfe G GmbH erfüllt nicht die Voraussetzungen, die nach den tarifvertraglichen Regeln einschließlich der Protokollerklärung und nach den Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung an das Einstufungsmerkmal der "einschlägigen Berufserfahrung von mindestens einem Jahr" zu stellen sind. Das Klagebegehren ist unbegründet. Das Urteil des Arbeitsgerichts war entsprechend abzuändern und die Klage war insgesamt abzuweisen.

I. Der unbezifferte Klageantrag ist als Feststellungsantrag gemäß § 256 Abs. 1 ZPO auszulegen. Der Feststellungsantrag ist zulässig. Es ist anerkannt, dass der Streit über die Vergütung nach einer bestimmten Entgeltgruppe wie auch der Streit über die Vergütung nach einer bestimmten Stufe einer Entgeltgruppe zulässigerweise mit einem Feststellungsantrag nach § 256 Abs. 1 ZPO ausgetragen werden kann, wenn zu diesen Fragen - wie hier hinsichtlich der Stufe - Streit zwischen den Arbeitsvertragsparteien besteht und die gerichtliche Entscheidung geeignet ist, den Streit zwischen den Parteien zu klären (BAG 18.04.2012 - 4 AZR 441/10 - AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 323; BAG 09.12.2009 - 4 AZR 495/08 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Arzt mwN; Schaub-Treber, Arbeitsrechts-Handbuch, 18.Aufl. 2019, § 65 Rn. 2 - 4 = S. 718, 719 mwN).

II. Das Feststellungsbegehren ist unbegründet. Der Kläger erfüllte bei seiner Einstelllung durch die Beklagte nicht das für eine höhere Stufenzuordnung erforderliche Tatbestandsmerkmal der einschlägigen Berufserfahrung von mindestens einem Jahr.

1. Die einschlägigen tarifvertraglichen Regeln finden aufgrund der Vereinbarung in § 2 des Arbeitsvertrags auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung.

2. Für die Streitentscheidung sind die nachstehenden tarifvertraglichen Regelungen heranzuziehen:

a) TVöD-BT-B VKA:

§ 52 Entgelt der Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst

(1) ...

(2) Anstelle des § 16 VKA gilt folgendes:

Die Entgeltgruppen S 2 bis S 18 umfassen sechs Stufen. Bei Einstellung werden die Beschäftigten der Stufe 1 zugeordnet, sofern keine einschlägige Berufserfahrung vorliegt. Verfügt die/der Beschäftigte über eine Berufserfahrung von mindestens einem Jahr, erfolgt die Einstellung in die Stufe 2; ...

Protokollerklärung zu Absatz 2 Satz 3:

Ein Berufspraktikum nach dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVPöD) vom 27. Oktober 2009 gilt grundsätzlich als Erwerb einschlägiger Berufserfahrung.

b) TVPöD vom 27. Oktober 2009:

§ 1 Geltungsbereich

(1) Dieser Tarifvertrag gilt für Praktikantinnen / Praktikanten für den Beruf

a) der Sozialarbeiterin/des Sozialarbeiters, der Sozialpädagogin/des Sozialpädagogen ... während der praktischen Tätigkeit, die nach Abschluss des Fachhochschulstudiums der staatlichen Anerkennung als Sozialarbeiter/-in ... vorauszugehen hat.

b) ...

e) ...

die in einem Praktikantenverhältnis zu einem Arbeitgeber stehen, dessen Beschäftigte unter den Geltungsbereich des TVöD fallen.

(2) ...

c) Entgeltordnung VKA Teil B XXIV:

Entgeltgruppe S 11b

Sozialarbeiterinnen/Sozialarbeiter und ... mit staatlicher Anerkennung sowie ... mit jeweils entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Beschäftigte ...

Entgeltgruppe S 12

Sozialarbeiterinnen/Sozialarbeiter ... mit staatlicher Anerkennung ... mit jeweils entsprechender Tätigkeit ... mit schwierigen Tätigkeiten.

...

Entgeltgruppe S 14

Sozialarbeiterinnen/Sozialarbeiter ... mit staatlicher Anerkennung mit jeweils entsprechender Tätigkeit, die Entscheidungen zur Vermeidung der Gefährdung des Kindeswohls treffen und in Zusammenarbeit mit dem Familiengericht bzw. dem Vormundschaftsgericht Maßnahmen einleiten, welche zur Gefahrenabwehr erforderlich sind, oder mit gleichwertigen Tätigkeiten, die für die Entscheidung zur zwangsweisen Unterbringung von Menschen mit psychischen Krankheiten erforderlich sind (z.B. sozialpsychiatrischer Dienst der örtlichen Stellen der Städte, Gemeinden und Landkreise).

(Hierzu Protokollerklärungen Nrn. 13, 14, und 15)

...

...

Protokollerklärungen:

...

...

14. Das Treffen von Entscheidungen zur Vermeidung der Gefährdung des Kindeswohls und die Einleitung von Maßnahmen in Zusammenarbeit mit dem Familiengericht bzw. Vormundschaftsgericht, welche zur Gefahrenabwehr erforderlich sind, sind im Allgemeinen Sozialen Dienst bei Tätigkeiten im Rahmen der Fallverantwortung bei

- Hilfen zur Erziehung nach § 27 SGB VIII

- der Hilfeplanung nach § 36 SGB VIII

- der Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen (§ 50 SGB VIII)

- der Mitwirkung in Verfahren vor den Familiengerichten (§ 50 SGB VIII)

einschließlich der damit im Zusammenhang stehenden Tätigkeiten erfüllt.

Die Durchführung der Hilfen nach den getroffenen Entscheidungen (z. B. Erziehung in einer Tagesgruppe, ...) fällt nicht unter Entgeltgruppe S 14. ...

3. Im Rechtsstreit um die zutreffende Stufenzuordnung trägt der klagende Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast für die Tatbestandsvoraussetzungen der von ihm eingeforderten höheren Stufenzuordnung.

4. Unter Anwendung dieser Bestimmungen und Grundsätze ergibt sich, dass bei der Einstellung des Klägers zum 01.03.2016 die Voraussetzung einer einschlägigen Berufserfahrung von mindestens einem Jahr nicht erfüllt war und die von der Beklagten seinerzeit vorgenommene Zuordnung des Klägers zur Stufe 1 der Entgeltgruppe S 14 nicht zu beanstanden ist.

a) Eine Zuerkennung einer einschlägigen Berufserfahrung von mindestens einem Jahr ist nicht nach der Protokollerklärung Nr. 1 zu Abs. 2 Satz 2 des § 52 TVöD-BT-B (s.o.) gerechtfertigt. Der Kläger hatte vor seiner Einstellung durch die Beklagte kein Berufspraktikum im Sinne des TVPöD absolviert. Der Kläger weist keine der Einstellung vorausgegangene einjährige Tätigkeit nach Abschluss seines Fachhochschulstudiums auf. Er absolvierte sein Bachelorexamen am 27.07.2015, die Einstellung erfolgte bereits zum 01.03.2016, eine Dauer von einem Jahr nach Abschluss des Fachhochschulstudiums war zum Zeitpunkt der Einstellung nicht erreicht. Unabhängig davon greifen der TVPöD und die Protokollerklärung zu Abs. 2 Satz 2 des § 52 TVöD-BT-B aber bereits deshalb nicht ein, weil die Tätigkeit des Klägers bei einem freien Träger der Jugendhilfe, der Evangelischen Jugendhilfe G GmbH, und damit nicht bei einem Arbeitgeber absolviert worden ist, dessen Beschäftigte unter den Geltungsbereich des TVöD fallen.

b) Der Kläger erfüllt die unabhängig von der Protokollerklärung maßgeblichen Voraussetzungen des Tatbestandsmerkmals der einschlägigen Berufserfahrung von mindestens einem Jahr gemäß § 52 Abs. 2 Satz 3 TVöD-BT-B VKA nicht.

Die Kammer folgt dabei den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung judizierten Grundsätzen. Danach handelt es sich bei der vorangegangenen Tätigkeit nur dann um eine einschlägige Berufserfahrung, wenn mit der neuen Tätigkeit die frühere Tätigkeit im Wesentlichen unverändert fortgesetzt wird oder die frühere und die darauf folgend Tätigkeit zumindest gleichartig sind. Das setzt grundsätzlich voraus, dass der Beschäftigte die Berufserfahrung in einer Tätigkeit erlangt hat, die in ihrer eigruppierungsrechtlichen Wertigkeit der Tätigkeit entspricht, die er nach seiner Einstellung auszuüben hat (BAG 27.03.2014 - 6 AZR 571/12 - Rn. 17, AP TV-L § 16 Nr. 6; BAG 20.09.2012 - 6 AZR 211/11 - Rn. 19, 23, ZTR 2013, 35). Voraussetzung ist, dass die Vorbeschäftigung qualitativ im Wesentlichen die inhaltliche Breite der aktuellen Beschäftigung abdeckte (BAG 03.07.20014 - 6 AZR 1088/12 - OS 1 u. Rn. 17, AP TV-L § 16 Nr. 8). Diese Anforderungen implizieren, dass Zeiten in niedriger bewerteten Tätigkeiten keine einschlägige Berufserfahrung im Tarifsinne vermitteln können (BAG 24.10.2013 - 6 AZR 964/11 - Rn. 20, AP TV-L § 16 Nr. 4; Groeger-Spelge, Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst, 3. Auflage 2020, Rn. 24.16, 24.17, 24.18 = S. 867, 868). Eine in einer unterwertigen Tätigkeit erworbene Berufserfahrung ist mithin nicht einschlägig im Sinne von S§ 52 Abs. 2 Satz 3 TVöD-BT-B VKA, § 16 Abs. 1 Satz 1 und 2 TVöD VKA (Bepler-Dannenberg, TVöD, § 52 TVöD-BT-B Rn. 25 - 29 [März 2020]; Groeger-Spelge, Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst, 3. Auflage 2020, aaO; Breier u.a., TVöD, § 16 (VKA) Rn. 29 - 34.1; Breier u.a., 97.AL 08/2020, 4.2.3.1 Einschlägige Berufserfahrung Rn. 35 - 37; Bredemeier-Neffke-Pielok, TVöD / TV-L, 5. Aufl. 2017, § 16 (VKA) TVöD Rn. 7).

Nach dem unterbreiteten Lebenssachverhalt kann nicht festgestellt werden, dass die Tätigkeit des Klägers für die Evangelische Jugendhilfe G GmbH im vorgenannten Sinne gleichartig und eingruppierungsrechtlich gleichwertig zu der seit dem 01.03.2016 für die Beklagte verrichteten Tätigkeit war. Die Entgeltgruppen für Sozialarbeiter in der EntgO VKA Teil B. XXIV. (s.o.) beginnen mit der Entgeltgruppe S 11b als Gruppe für den Sozialarbeiter mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit. Für den Sozialarbeiter mit entsprechender und schwieriger Tätigkeit gilt die Entgeltgruppe S 12. Die Entgeltgruppe S 14 betrifft den sogenannten Sozialarbeiter mit Garantenstellung (Breier u.a., TVöD VKA Eingruppierung in der Praxis, EntgO (VKA) Teil B XXIV Rn. 182 [5/2018]). Dabei bildet die Entgeltgruppe S 14 keine Aufbaugruppe zu den Entgeltgruppen S 11b und S 12 (Breier u.a., TVöD VKA Eingruppierung in der Praxis, EntgO (VKA) Teil B XXIV Rn. 199 [5/2018]). Die höheren Anforderungen der Entgeltgruppe S 14 erfordern "Treffen von Entscheidungen zur Vermeidung der Gefährdung des Kindeswohls" sowie - kumulativ dazu - "Einleitung von Maßnahmen in Zusammenarbeit mit dem Familiengericht bzw. Vormundschaftsgericht" (Breier u.a., TVöD VKA Eingruppierung in der Praxis, EntgO (VKA) Teil B XXIV Rn. 200, [5/2018]). Nach der von dem Kläger im Rechtsstreit gegebenen Darstellung seiner Tätigkeit bei dem Evangelischen Träger der Jugendhilfe bis zum 29.02.2016 wie auch nach dem darüber erstellten Zeugnis vom 29.02.2016 (Bl. 32, 33 GA) erscheint bereits zweifelhaft, ob es sich bei der verrichteten und im Zeugnis bewerteten Tätigkeit um eine Tätigkeit eines Sozialarbeiters der Wertigkeit der Entgeltgruppe S 11b TVöD VKA gehandelt hat; immerhin hat der Kläger diese Tätigkeit zu ihrem ganz überwiegenden zeitlichen Anteil bereits vor dem Abschluss seines Studiums zur Zufriedenheit der Evangelische Jugendhilfe G GmbH erledigen können und dies bereits ab Beginn seines Studiums; dass besondere fachliche Anforderungen aus dem Ausbildungsspektrum des studierten Sozialarbeiters bestanden hätten, erschließt sich nach den Darlegungen und nach dem Zeugnistext nicht. Das kann aber letztlich dahinstehen. Auf jeden Fall kann eine Gleichartigkeit oder eine eingruppierungsrechtliche Gleichwertigkeit der Tätigkeit bei der Evangelische Jugendhilfe G GmbH zu einer Sozialarbeitertätigkeit der Entgeltgruppe S 14 nach dem unterbreiteten Lebenssachverhalt nicht bejaht werden. Es ist weder dargelegt, dass dem Kläger bei der Evangelische Jugendhilfe G GmbH das "Treffen von Entscheidungen zur Vermeidung der Gefährdung des Kindeswohls" oblegen hätte noch dass der Kläger die "Einleitung von Maßnahmen in Zusammenarbeit mit dem Familiengericht bzw. Vormundschaftsgericht" zu verantworten gehabt hätte. Die Protokollerklärung 14 zur Entgeltgruppe S 14 differenziert zwischen "Treffen der Entscheidungen" und "Einleitung von Maßnahmen im Zusammenarbeit mit dem Familiengericht bzw. Vormundschaftsgericht" auf der einen Seite und der "Durchführung von Hilfen nach den getroffenen Entscheidungen" auf der anderen Seite und bestimmt, dass der letztgenannte Tätigkeitsbereich nicht der Entgeltgruppe S 14 unterfällt. Dass die vorangegangene Tätigkeit des Klägers bis zum 29.02.2016 über die Durchführung von Hilfen nach getroffenen Entscheidungen im Sinne der Protokollerklärung 14 hinausgegangen wäre, ist nicht dargelegt. Mithin ist der während des Rechtsstreits formulierte Satz, die Berufserfahrung sei einschlägig, weil der Kläger nun lediglich auf der "anderen Seite" arbeite, rechtlich nicht zutreffend. Ergebnis ist: Mangels Gleichwertigkeit der vom Kläger für die Evangelische Jugendhilfe G GmbH verrichteten Tätigkeiten zu den von dem Kläger ab dem 01.03.2016 für die beklagte Stadt zu verrichtenden Tätigkeiten der Wertigkeit der Entgeltgruppe S 14 TVöD VKA kann eine einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr nicht bejaht werden.

c) Die Klage ist schließlich nicht begründet wegen des Hinweises des Klägers auf die von der Beklagten vorgenommene Stufenzuordnung im Fall der Arbeitnehmerin M.. Dies folgt bereits daraus, dass hinsichtlich der Mitarbeiterin M. der unbestritten gebliebene Unterschied besteht, dass Frau M. - anders als der Kläger - nach ihrem Examen (17.01.2013) und nach ihrer Anerkennung (01.07.2013) für die Dauer eines Jahres bei der Evangelischen Jugendhilfe G GmbH tätig gewesen war (01.07.2013 - 30.06.2014). Bereits aus dem Grund eines nicht vergleichbaren Lebenssachverhalts ist ein Anspruch des Klägers auf eine Zuordnung zu einer höheren Stufe aus dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung ausgeschlossen. Aber auch unabhängig davon ergibt sich kein Anspruch des Klägers, aus Gleichbehandlungsgesichtspunkten einer höheren Stufe zugeordnet zu werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gebietet der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz dem Arbeitgeber, Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in gleicher oder vergleichbarer Lage befinden, gleich zu behandeln. Untersagt ist ihm sowohl eine willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe als auch eine sachfremde Gruppenbildung. Im Bereich der Vergütung gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz nur eingeschränkt. Vorrang hat der Grundsatz der Vertragsfreiheit für individuell ausgehandelte Gehälter. Der Gleichbehandlungsgrundsatz findet aber auch im Bereich der Entgeltzahlung Anwendung, wenn der Arbeitgeber die Vergütung nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, indem er bestimmte Voraussetzungen oder bestimmte Zwecke festlegt. Allerdings greift der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz wegen seines Schutzcharakters gegenüber der Gestaltungsmacht des Arbeitgebers nur dort ein, wo dieser auch durch eigenes gestaltendes Verhalten ein eigenes Regelwerk oder eine eigene Ordnung schafft, nicht hingegen bei bloßem - auch vermeintlichem - Normenvollzug (BAG 23.10.2012 - 4 AZR 48/11 - AP AVR Diakonisches Werk § 12 Nr. 12 / ErfK-Preis, 20. Aufl. 2020, § 611a BGB Rn. 574a: "Keine Gleichbehandlung im Unrecht oder Rechtsirrtum"). Hier führt deshalb selbst eine mögliche fehlerhafte Stufenzuordnung der Frau M. durch die Beklagte - wenn sie denn vorläge - nicht zu einem Anspruch des Klägers, ebenfalls falsch einer höheren Stufe zugeordnet zu werden. Der Gleichbehandlungsgrundsatz kommt als Anspruchsgrundlage nur dann zum Tragen, wenn der Arbeitgeber allein nach einem anderen, in der Regel von ihm aufgestellten Grundsatz Leistungen gewährt, von denen der Arbeitnehmer trotz Erfüllung der für den begünstigten Arbeitnehmerkreis aufgestellten Voraussetzungen zu Unrecht ausgeschlossen ist. Eine solche bewusste Entscheidung der Beklagten, die Stufenzuordnung unter Ausgrenzung seiner Person nach anderen Kriterien als den tariflich vorgegebenen festzulegen, behauptet auch der Kläger nicht.

d) Die Beklagte war schließlich nicht nach den weiteren Sätzen des § 52 Abs. 2 TVöD-BT-B verpflichtet, eine Ermessensentscheidung dahingehend zu treffen, dass vorherige Tätigkeiten bei der Stufenzuordnung als förderliche Zeiten berücksichtigt wurden. Die tarifvertragliche Regelung begründet keinen Anspruch des Arbeitnehmers auf eine dahingehende Ermessensausübung des öffentlichen Arbeitgebers (Bredemeier-Neffke-Zimmermann, TVöD / TV-L, 5. Aufl. 2017, § 16 (VKA) TVöD Rn. 18 ff).

e) Ergebnis ist: Die Einstufung des Klägers in die Stufe 1 bei seiner Einstellung ab dem 01.04.2016 ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger hat deshalb keinen Anspruch darauf, ab dem 01.03.2019 vorzeitig in eine Vergütung mit der Stufe 2 der Entgeltgruppe S 14 aufzurücken, wie er es im Berufungsverfahren reklamiert.

C. Nach § 91 Abs. 1 ZPO hat der mit seiner Klage insgesamt unterlegene Kläger die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht war nicht zuzulassen. Weder stellen sich bei der Entscheidung des Rechtsstreits Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG noch weicht das Urteil der Kammer von einer Entscheidung der in § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG genannten Gerichte ab.

RECHTSMITTELBELEHRUNG

Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.

Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 72a ArbGG verwiesen.

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