AG Frankfurt am Main, Beschluss vom 23.10.2017 - 934 XIV 1432/17
Fundstelle
openJur 2021, 14354
  • Rkr:
Tenor

In dem Freiheitsentziehungsverfahren ...

wird die gegen den Betroffenen durch Beschluss vom 18.08.2017 zur Sicherung der Abschiebung angeordnete Haft bis einschließlich 23.01.2018 verlängert.

Die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung wird angeordnet. Der Betroffene hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

Das Amtsgericht Frankfurt am Main hatte mit Beschluss vom 18.08.2017 gegen den Betroffenen die Haft zur Sicherung der Abschiebung bis einschließlich 23.10.2017 angeordnet (Az.: 934 XIV 1167/17). In den Gründen hat das Gericht unter anderem ausgeführt:

"Der Betroffene ist tunesischer Staatsangehöriger und geschieden. Die Behörde beabsichtigt, den Betroffenen mit einem Passersatzpapier nach Tunesien abzuschieben. Sie begehrt diesbezüglich zur Sicherung die Haftanordnung.

Aufgrund des gestellten Antrags ist gegen den Betroffenen gemäß § 62 Abs. 3 Nr. 1a, 58a AufenthG Haft zur Sicherung der Abschiebung anzuordnen.

Der Betroffene ist aufgrund der Abschiebungsanordnung des Hessischen Ministeriums des Inneren und für Sport vom 01.08.2017 vollziehbar ausreisepflichtig. Abschiebeverbote liegen nicht vor, insbesondere versicherte die tunesische Regierung in ihrer Verbalnote vom 11.07.2017, dass die dort verhängte Todesstrafe, entsprechend dem dortigen Moratorium, nicht vollstreckt werden wird. Zudem wurde dort auch eine EMRK-konforme Behandlung des Betroffenen zugesichert."

Die gegen diesen Beschluss gerichtete sofortige Beschwerde hat das Landgericht Frankfurt am Main mit Beschluss vom 24.08.2017 zurückgewiesen (Az.: 2-29 T 210/17)

Dagegen ist eine beim Bundesgerichtshof anhängige Rechtsbeschwerde seit dem 25.08.2017 anhängig (Az.: V ZB 180/17), über die der Senat bislang nicht entscheiden hat.

Durch Beschluss vom 19.09.2017 hat das Bundesverwaltungsgericht den Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage des Betroffenen gegen die - diesem Verfahren zugrundeliegende - Abschiebungsanordnung des Landes Hessen - Hessisches Ministerium des Innern und für Sport vom 01.08.2017 anzuordnen, mit der Maßgabe abgelehnt, dass zusätzlich zu der Verbalnote des Tunesischen Außenministeriums vom 11.07.2017 eine tunesische Regierungsstelle zusichert, dass im Falle der Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe die Möglichkeit der Überprüfung der Strafe mit der Aussicht auf Umwandlung oder Herabsetzung der Haftdauer gewährt wird (Az.: 1 VR 8.17).

Die Gründe aus dem Ausgangsbeschluss des Gerichts vom 18.08.2017, auf die Bezug genommen wird, bestehen damit auch heute fort, da die Abschiebeanordnung derzeit nach Maßgabe des Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.09.2017 nicht unmittelbar vollzogen werden kann.

Der antragstellenden Behörde ist es auch bisher noch nicht gelungen, den Betroffenen abzuschieben, weil bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.09.2017 zwar die Rückführung geplant, aber nicht vollzogen worden durfte, nunmehr aber durch den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts zudem eine Bedingung erfüllt werden muss, bevor die Abschiebung durchgeführt werden kann.

Diese Bedingung wird derzeit erfüllt, wie das Land Hessen in seiner Sachstandsmitteilung vom 18.10.2017 an die Stadt Frankfurt am Main zur Überzeugung des Gerichts hinreichend ausgeführt hat. Danach ist mit einer Umsetzung der Ergänzung der Verbalnote bis Ende des Jahres 2017 zu rechnen.

In der Folge ist eine Außerlandesbringung des Betroffenen noch im Januar 2018 mit besonderer Sicherheitsbegleitung, wie im Antrag der Stadt Frankfurt am Main vom 23.10.2017 ausgeführt, zur Überzeugung des Gerichts, sicher möglich und geplant. Insbesondere ist dabei auch die Nennung eines exakten Flugtermins hier noch nicht geboten, da die Behörde dies derzeit auf Grundlage des Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichtes noch nicht darf, aber verbindlich zugesichert hat, den Betroffenen jederzeit binnen 4 Wochen mit spezieller Sicherheitsbegleitung nach Zugang der ergänzenden Verbalnote abschieben zu können, so dass eine Abschiebung im Haftzeitraum - nach der derzeitigen, gesicherten Prognosebetrachtung - erfolgen kann.

Zudem sind aber auch in der Antragsschrift der Stadt Frankfurt am Main vom 23.10.2017 unter Verweis auf den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.09.2017, auf dessen Ausführungen verwiesen wird, hinreichende Gründe genannt, wonach von dem Betroffenen eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit ausgeht. Soweit die Bevollmächtigte des Betroffenen diese Erkenntnisse in ihrem Schriftsatz vom 23.10.2017 als nicht gegeben darstellt, ist diese Beurteilung Grundlage der Abschiebungsanordnung und Ausfluss des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und hat dort zuletzt am 19.09.2017 seine höchstrichterliche Bestätigung erfahren, die auch im vorliegenden Verfahren bindet.

Da die antragstellende Behörde damit auch weiterhin und unter Beachtung des Beschleunigungsgebotes alle Maßnahmen in die Wege geleitet hat, um die Abreise des Betroffenen im Rahmen des weiter beantragten Zeitraums unter Wahrung der Anforderungen an den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts sicherzustellen, zudem aber auch die besonderen Anforderungen von § 62 Abs. 3 Satz 4 AufenthG in der Person des Betroffenen erfüllt sind, war deshalb die Abschiebehaft bis zum genannten Zeitpunkt zu verlängern.

Die Fortdauer der Haft ist schließlich auch weiterhin verhältnismäßig.

Hinsichtlich des Vollzugs der Haft in einer Justizvollzugsanstalt wird im Übrigen auf die Ausführungen des Beschwerdegerichts - Landgericht Frankfurt am Main in seinem Beschluss vom 24.08.2017 verwiesen. Danach ist der Vollzug in dieser Einrichtung zulässig.

Auch die mögliche Anordnung künftiger Untersuchungshaft hindert die Verlängerung der Abschiebehaft schließlich nicht, vgl. dazu ausführlich BGH, Beschluss vom 04.12.2014 - V ZB 77/14, zit. nach juris. Der Vollzug der Abschiebehaft wird dann jedoch ggf. aufzuheben sein.

Gemäß § 422 Abs. 2 S. 1 FamFG ist die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anzuordnen, da andernfalls der Zweck der Entscheidung nicht sichergestellt werden kann.

Da gegen den Betroffenen eine Freiheitsentziehung angeordnet wurde, hat er die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 22 Abs. 1, § 23 Nr. 15 GNotKG).

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