OLG Braunschweig, Urteil vom 25.03.2021 - 2 U 35/20
Fundstelle
openJur 2021, 14220
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 9 O 6401/19

Der Domaininhaber kann von einem Dritten, der einen unberechtigten Dispute-Eintrag veranlasst hat, die Löschung des Eintrags gemäß § 812 Abs. 1 BGB verlangen.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 19.08.2020 unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise dahingehend abgeändert,

dass der Beklagte verurteil wird, die Löschung des zu seinen Gunsten bei der D. e.G., K. straße 75-77, 60… F. a. M., gestellten DISPUTE-Eintrags für die Internetdomain „hxxx.de“ zu veranlassen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin zu 14 % und der Beklagte zu 86 %.

Die Kosten der Berufung werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert der Berufung: Wertstufe bis 10.000,00 €.

Gründe

I.

Die Klägerin ist Inhaberin der Domain www.hxxx.de und nutzt diese Domain zur Weiterleitung auf eine andere Internetseite, auf welcher sie Reisen mit dem Fahrrad im Hinterland des Bodensees bewirbt. Der Beklagte trägt den Nachnamen „Hxxx“ und hat bei der D. einen DISPUTE-Antrag in Bezug auf die Domain der Klägerin gestellt, der zu einem weiterhin zugunsten des Beklagten bestehenden DISPUTE-Eintrag geführt hat.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands erster Instanz, der dort gestellten Anträge sowie der rechtlichen Erwägungen des Landgerichts, welches die auf Einwilligung in die Löschung des DISPUTE-Eintrags und auf Unterlassung des Erwirkens weiterer entsprechender DISPUTE-Einträge gerichtete Klage ebenso abgewiesen hat wie die Widerklage des Beklagten, die auf einen Verzicht auf die Internetdomain und die Einwilligung in ihre Löschung gerichtet ist, wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des Urteils des Landgerichts Braunschweig vom 19.08.2020 (Bl. 77 ff. d. A.) verwiesen.

Gegen dieses ihren Prozessbevollmächtigten am 21.08.2020 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem am 07.09.2020 bei Gericht eingegangenen Anwaltsschriftsatz Berufung einlegen und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 21.11.2020 mit einem am 16.11.2020 bei Gericht eingegangenen Anwaltsschriftsatz begründen lassen.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Klageziel im vollen Umfang weiter und trägt zur Begründung vor:

Der Klägerin stehe ein Anspruch gegen den Beklagten auf Löschung des DISPUTE-Eintrags nach § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB zu. Das von dem Beklagten erlangte „Etwas“ bestehe in der durch Veranlassung des DISPUTE-Eintrags erhaltenen Rechtsposition. Durch die Veranlassung des DISPUTE-Eintrags habe der Beklagte in eine der Klägerin zugewiesene Rechtsposition eingegriffen, weil die Klägerin den Domainnamen nun nicht mehr übertragen und keine Änderungen an den Inhaberdaten vornehmen könne. Dadurch habe der Beklagte selbst einen vermögensrechtlich nutzbaren Vorteil erlangt, weil der DISPUTE-Eintrag dem Beklagten eine mit einem Anwartschaftsrecht vergleichbare Position verschafft habe.

Dabei sei der von dem Beklagten vorgenommene Eingriff ohne Rechtsgrundlage erfolgt. Das Landgericht sei fälschlich davon ausgegangen, dass sich der Beklagte auf einen Rechtsgrund berufen könne, weil er ein Namensrecht an dem Namen „Hxxx“ habe. Darauf komme es jedoch nicht an, weil dem Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf den streitgegenständlichen Domainnamen bzw. dessen Löschung zustehe. Folgte man der Ansicht des Landgerichts, wäre der Domaininhaber bei der Einrichtung von unberechtigten DISPUTE-Einträgen vollkommen schutzlos gestellt.

Die vermögenswerte Position habe sich der Beklagte schließlich auch auf Kosten der Klägerin zu eigen gemacht. Er habe erheblich in die Rechtsposition der Klägerin eingegriffen und seine Rechtsposition entgegen dem Zuweisungsgehalt der durch die Domainregistrierung erlangten schuldrechtlichen Position der Klägerin erlangt.

Da die Belegung der Domain mit einem DISPUTE-Eintrag unberechtigt erfolgt sei, habe die Klägerin gegen den Beklagten auch einen Anspruch auf Unterlassung einer erneuten Einwirkung durch einen DIPSUTE-Eintrag. Die erforderliche Wiederholungsgefahr sei gegeben.

Die Klägerin beantragt:

I.

Das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 19.08.2020, Aktenzeichen 9 O 6401/19 (239), wird aufgehoben, soweit die Klage abgewiesen wurde.

II.

Der Beklagte wird verurteilt, die Löschung des zu seinen Gunsten bei der D. e.G., K. straße 75-77, 60… F. a. M. gestellten DISPUTE-Eintrags für die Internetdomain „hxxx.de“ zu veranlassen.

III.

Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 25.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen,

auf Grundlage seines Namensrechts an seinem Familiennamen „Hxxx“ zu seinen Gunsten bei der D. e.G., K...straße 75 - 77, 60.... F. a. M. einen DISPUTE-Eintrag für den Domainnamen „hxxx.de“ zu erwirken.

IV.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 1.019,83 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 22.10.2019 zu bezahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen

Er verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung und erwidert:

Die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Eingriffskondiktion lägen nicht vor. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in der Entscheidung „gewinn.de“ sei nicht vergleichbar. Auch habe der Beklagte keinen vermögenrechtlich wirksamen Vorteil erlangt. Eine Anwartschaft liege nicht vor; zudem fehle es an einer verfestigten Rechtsposition, weil DISPUTE-Einträge einem zeitlichen Verfall von einem Jahr unterlägen. Weiter könne der Beklagte im Rahmen des DISPUTE-Eintrags nur eigene Rechte geltend machen und ihn nicht an Dritte übertragen oder von diesen nutzen lassen.

Entgegen der Auffassung der Klägerin stelle das über § 12 BGB geschützte Namensrecht des Beklagten einen Rechtsgrund dar. Es entspreche der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass jeder Namensträger die Priorität für den Domainnamen durch einen DISPUTE-Eintrag bei der D. gegenüber dem Nichtnamensträger sichern könne. Auch würde ein verständiger Adressat das Wort „Hxxx“ nicht als rein beschreibenden Begriff ansehen. Der Begriff „Hxxx“ führe im heute gebräuchlichen Wortschatz nur ein Nischendasein, so dass der Verkehr den kennzeichnenden Charakter erkenne.

Schließlich habe der Beklagte auch nicht in den Zuweisungsgehalt einer der Klägerin zustehenden Rechtsposition eingegriffen. Die Klägerin habe mit Eintritt in ihre schuldrechtlichen Verbindungen mit der D. von Anfang an den „Makel“ des DISPUTE-Mechanismus mit seinen Wirkungen bewusst in Kauf genommen. Daneben sei auch keine Einschränkung der wirtschaftlichen Verwertbarkeit gegeben, weil die Klägerin die Domain an Dritte veräußern könne.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin (§§ 511 Abs. 1 u. Abs. 2 Nr. 1, 517, 519 f. ZPO) ist teilweise begründet.

1.

Die Klägerin kann von dem Beklagten gemäß § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB verlangen, in die Löschung des von ihm veranlassten DISPUTE-Eintrags für die Internetdomain „hxxx.de“ einzuwilligen bzw. diese zu veranlassen. Die Voraussetzungen eines bereicherungsrechtlichen Anspruchs liegen vor.

a) Durch die Veranlassung des DISPUTE-Eintrags hat der Beklagte nicht durch Leistung der Klägerin, sondern in sonstiger Weise „etwas“ im Sinne des § 812 Abs. 1 S. 1 BGB erlangt.

Als erlangtes Etwas im Sinne der allgemeinen Eingriffskondiktion des § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB kommt jeder vermögensrechtlich nutzbare Vorteil in Betracht, der von der Rechtsordnung einer bestimmten Person zugewiesen sein kann. Hierzu zählen nicht nur alle absoluten Rechte, der Besitz sowie Nutzungs- und Verwertungsmöglichkeiten, sondern ebenso vorteilhafte Rechtsstellungen sonstiger Art, wie beispielsweise die Stellung eines Forderungsprätendenten bezüglich eines hinterlegten Betrags (vgl. BGH, Urteil v. 18.01.2012 – I ZR 187/10, GRUR 2012, 417 – gewinn.de).

Eine solche vermögenswerte, vorteilhafte Rechtsposition ist dem Beklagte hier zugewachsen. Nach den auf der Webseite der D. abrufbaren D.-Domainbedingungen, dort § 2 Abs. 3, kann die Domain mit einem DISPUTE-Eintrag versehen werden, wenn ein Dritter Tatsachen glaubhaft macht, die dafür sprechen, dass ihm ein Recht zukommt, das durch die Domain möglicherweise verletzt wird, und wenn er erklärt, die daraus resultierenden Ansprüche gegenüber dem Domaininhaber geltend zu machen. Der DISPUTE-Eintrag hat Wirkung für ein Jahr, wird aber von der D. verlängert, wenn sein Inhaber eine Verlängerung beantragt und nachweist, dass die Auseinandersetzung noch nicht abgeschlossen ist. Eine Domain, die mit einem DISPUTE-Eintrag versehen ist, kann vom Domaininhaber weiter genutzt, jedoch nicht auf einen Dritten übertragen werden (vgl. § 6 Abs. 1 der D.-Domainbedingungen). Zudem bewirkt der DISPUTE-Eintrag, dass, sobald die Domain durch den Domaininhaber freigegeben wird, der Inhaber des DISPUTE-Eintrags nachrückt und unmittelbar zum neuen Inhaber der Domain wird (vgl. Koch in: Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, BGB, § 12 Rn. 342.1).

Vor diesem Hintergrund sichert sich der Beklagte mit dem DISPUTE-Eintrag nicht nur die Priorität gegenüber etwaigen weiteren Gleichnamigen, sondern bewirkt für sich auch einen Domainerwerb, sofern die Domain freigegeben wird. Diese für den Beklagten vorteilhafte und vermögensrechtlich verwertbare Rechtsposition ähnelt einer Anwartschaft auf die Domainregistrierung und stellt ein „Etwas“ im Sinne des § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB dar (ebenso OLG Düsseldorf, Urteil v. 22.03.2016 – 20 U 55/15, MMR 2016, 399; Viehues in: Hoeren/Sieber/Holznagel, Multimediarecht, Teil 6 Domainrecht, Rn. 375; vgl. auch Koch, a. a. O., § 12 Rn. 353; Reinartz, GRUR-Prax 2012, 123).

b) Die Rechtsposition hat der Beklagte auch im Sinne des § 812 Abs. 1 BGB „auf Kosten“ der Klägerin erlangt. Rechtlicher Anknüpfungspunkt für den Bereicherungsanspruch ist die Verletzung einer Rechtsposition, die nach der Rechtsordnung dem Berechtigten zu dessen ausschließlicher Verfügung und Verwertung zugewiesen ist. Der erlangte Vermögensvorteil muss dem Zuweisungsgehalt der verletzten Rechtsposition widersprechen, so dass der Eingriffskondiktion jeder vermögensrechtliche Vorteil unterliegt, den der Erwerber nur unter Verletzung einer geschützten Rechtsposition und der alleinigen Verwertungsbefugnis des Rechtsinhabers erlangen konnte (vgl. BGH, Urteil v. 18.01.2012, a. a. O.).

Da die Domain für den Domaininhaber nach den D.-Domainbedingungen regelmäßig übertragbar ist, eine mit einem DISPUTE-Eintrag versehene Domain von dem Inhaber jedoch nicht auf einen Dritten übertragen werden kann, liegt ein Eingriff in die durch die Domainregistrierung von der Klägerin erlangte Rechtsposition vor. Die Folge hiervon ist, dass der Beklagte seine Rechtsposition „auf Kosten“ derjenigen der Klägerin erlangt hat, weil diese die uneingeschränkte wirtschaftliche Verwertbarkeit der Domain verliert. Dass diese Wirkung von der D. befristet wird, ändert nichts daran, dass der Beklagte seine (vorübergehende) Rechtsposition nur durch den Eingriff in die Rechtsposition der Klägerin erlangen konnte. Ebenso wenig kommt es darauf an, dass die Klägerin sich durch die Registrierung ihrer Domain gleichzeitig den D.-Domainbedingungen unterworfen hat und diese die Möglichkeit eines DISPUTE-Eintrags schaffen. Dennoch war die Domain bis zur Veranlassung des DISPUTE-Eintrags durch den Beklagten nach den D.-Domainbedingungen nur der Klägerin zu deren ausschließlicher Verfügung und Verwertung zugewiesen.

c) Schließlich erfolgte der Erwerb der Rechtsposition durch den Beklagten auch „ohne rechtlichen Grund“ im Sinne des § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB. Der Beklagte hat keine Rechte gegen die Klägerin hinsichtlich der Domain „hxxx.de“, die den von ihm erwirkten DISPUTE-Eintrag stützen könnten.

aa) Das aus seinem Nachnamen abgeleitete und nach § 12 BGB geschützte Namensrecht des Beklagten stellt entgegen der Auffassung des Landgerichts keinen den DISPUTE-Eintrag rechtfertigenden rechtlichen Grund dar. Entscheidend ist nur, ob dem Domainprätendenten, hier also dem Beklagten, ein namens- oder kennzeichenrechtlicher Unterlassungs- oder Löschungsanspruch gegen die Klägerin als Domaininhaberin zusteht (vgl. Viefhues, a. a. O., Rn. 340; OLG Düsseldorf, Urteil v. 22.03.2016, a. a. O.). Da sich im vorliegenden Rechtsstreit herausgestellt hat, dass dem Beklagten gegenüber der Klägerin nicht die besseren Rechte zustehen, seine auf Freigabe der Domain gerichtete Widerklage vom Landgericht vielmehr (rechtskräftig) abgewiesen worden ist, kann die Klägerin als - was nunmehr feststeht - zu Unrecht in Anspruch Genommene von dem Beklagten verlangen, den zuvor gegen ihre Domain veranlassten DISPUTE-Eintrag wieder löschen zu lassen.

bb) Dies entspricht im Übrigen sowohl den Vorgaben der D. als auch Sinn und Zweck des DISPUTE-Eintrags. Nach dem auf der Webseite der D. einsehbaren Formular für den DISPUTE-Antrag versichert der Antragsteller, über ein absolutes Recht zu verfügen, welches seiner Auffassung nach durch die Domain verletzt wird. Gleichzeitig versichert er, mit dem Domaininhaber eine rechtliche Auseinandersetzung zu führen bzw. diese unverzüglich zu beginnen, um die Löschung oder die Übertragung der Domain zu erreichen. Er verpflichtet sich sodann, die D. unverzüglich in Kenntnis zu setzen, sobald die Auseinandersetzung abgeschlossen ist, damit der DISPUTE-Eintrag aufgehoben werden kann. Sinn und Zweck des DISPUTE-Eintrags liegen vor diesem Hintergrund darin, den Zugriff auf die vermeintlich dem Antragsteller zustehende Domain bei der D. abzusichern, um einerseits die Domain nach ihrer gerichtlich oder außergerichtlich erwirkten Freigabe für sich selbst registrieren lassen zu können, und um anderseits zu unterbinden, dass die Domain während der streitigen Auseinandersetzung an Dritte weiterübertragen wird. Denn durch eine solche Inhaberverfügung könnte sich der vermeintlich Nichtberechtigte dem Rechtsstreit kurzerhand dadurch entziehen, dass er die Domain auf einen Dritten überträgt, was zur Folge hätte, dass der Berechtigte „seiner“ Domain hinterherlaufen müsste (vgl. Koch, a. a. O., § 12 Rn. 342 und 342.1).

Nachdem sich hier jedoch herausgestellt hat, dass der Beklagte gegenüber der Klägerin nicht über die besseren Rechte verfügt und keinen Anspruch auf Freigabe der Domain hat, besteht kein Grund, weiterhin Inhaberverfügungen der Klägerin zu sperren. Ebenso wenig gibt es einen sachlichen Grund, eine Registrierungspriorität des Beklagten gegenüber etwaigen weiteren Gleichnamigen zu sichern, denen unter Umständen – anders als dem Beklagten - ein Freigabeanspruch gegen die Klägerin zusteht. Denn nach dem Regelungszweck der D.-Bedingungen soll der DISPUTE-Eintrag die Priorität demjenigen Domainprätendenten sichern, der seinen Freigabeanspruch erfolgreich verfolgt und durchsetzt.

cc) Aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ergibt sich nichts Gegenteiliges. Zwar hat der Bundesgerichtshof verschiedentlich ausgeführt, dass sich jeder Namensträger die Priorität für den Domainnamen durch einen DISPUTE-Eintrag bei der D. sichern kann, wenn eine Domain durch einen Nichtnamensträger registriert worden ist (vgl. BGH, Urteil v. 08.02.2007 – I ZR 59/04, GRUR 2007, 811 – grundke.de; derselbe, Urteil v. 24.03.2016 – I ZR 185/14, GRUR 2016, 1093 – grit-lehmann.de). Darin liegt jedoch lediglich ein Hinweis auf die dem Namensträger von der D. eingeräumten Möglichkeiten, der zudem, wie sich aus dem Sinnzusammenhang der Entscheidungen ergibt, auf Fälle abzielt, in denen dem Namensträger tatsächlich, anders als hier, ein Anspruch aus § 12 BGB gegen den Nichtnamensträger auf Freigabe der Domain zusteht.

2.

Ein Anspruch auf Unterlassung künftiger DISPUTE-Einträge steht der Klägerin dagegen nicht zur Seite.

a) Insbesondere folgt ein solcher Anspruch nicht aus § 823 Abs. 1 i. V. m. § 1004 Abs. 1 BGB analog, weil der Inhaber eines Domainnamens nicht über ein sonstiges Recht im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB verfügt. § 1004 BGB schützt unmittelbar das Eigentum und in entsprechender Anwendung alle absoluten Rechte (vgl. statt aller Palandt/Herrler, BGB, 80. Aufl., § 1004 Rn. 4). Durch die Registrierung des Domainnamens erwirbt der Inhaber der Internetadresse weder Eigentum am Domainnamen selbst noch ein sonstiges absolutes Recht, das ähnlich der Inhaberschaft an einem Immaterialgüterrecht verdinglicht wäre. Der Vertragsschluss mit der Registrierungsstelle begründet lediglich ein relativ wirkendes vertragliches Nutzungsrecht zugunsten des Domainnameninhabers, das ihm zwar ebenso ausschließlich zugewiesen ist wie das Eigentum an einer Sache. Da die Ausschließlichkeit aber darauf beruht, dass der Domainname von der D. nur einmal vergeben werden kann und sie demgemäß rein faktischer Natur ist, begründet sie kein absolutes Recht (vgl. auch dazu BGH, Urteil v. 18.01.2012 – I ZR 887/10, GRUR 2012, 417 – gewinn.de).

b) Ebenso wenig liegt ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb vor. Dies setzt voraus, dass der Eingriff gegen den Betrieb als solchen gerichtet, also betriebsbezogen ist und nicht vom Gewerbebetrieb ohne Weiteres ablösbare Rechte oder Rechtsgüter betrifft. Ein betriebsbezogener Eingriff fehlt bei einer Beeinträchtigung von Rechten oder Rechtsgütern, die mit der Wesenseigentümlichkeit des Betriebs nicht in Beziehung stehen und daher, auch wenn sie für den Betrieb wichtig sind, den Betrieb weder zum Erliegen bringen noch in seiner Substanz ernstlich beeinträchtigen, wenn sie dem Betriebsinhaber nicht mehr ungestört zur Verfügung stehen (vgl. auch dazu BGH, Urteil v. 18.01.2012, a. a. O.).

Eine Störung der Verfügungsbefugnis der Klägerin über ihre Domain „hxxx.de“ bringt ihren Betrieb offenkundig weder zum Erliegen noch wird der Betrieb auch nur in seiner Substanz ernstlich beeinträchtigt, zumal die Klägerin ihren eigentlichen Internetauftritt unter einer anderen Domain unterhält.

c) Der Unterlassungsanspruch folgt schließlich auch nicht aus § 8 Abs. 1 S. 1 UWG. Einen lauterkeitsrechtlichen Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten hat das Landgericht zutreffend verneint. Ein solcher Anspruch scheitert bereits am Fehlen einer „geschäftlichen Handlung“ im Sinne der §§ 3 Abs. 1, 4 UWG, welche nach § 2 Abs.1 Nr. 1 UWG ein Handeln im geschäftlichen Verkehr voraussetzt.

3.

Auch ein Anspruch auf Erstattung der außergerichtlichen Kosten für die „Abmahnung“ vom 04.09.2019 (Anlage BPM 4) steht der Klägerin nicht zu.

a) Mangels lauterkeitsrechtlichen Anspruchs der Klägerin gegen den Beklagten (s. o.) ist § 12 Abs. 1 S. 2 UWG nicht einschlägig.

b) Ein Anspruch gemäß §§ 677, 683 S. 1 BGB aus einer Geschäftsführung ohne Auftrag besteht gleichfalls nicht.

Da der Beklagte zum Zeitpunkt des Schreibens vom 04.09.2019 bereits anwaltlich vertreten war, er die Klägerin zur Freigabe der Domain aufgefordert hatte und, wie sich aus dem außergerichtlichen Schreiben vom 23.08.2019 ergibt (vgl. Anlage BPM 1), auch schon ein bedingter Klageauftrag auf Freigabe der Domain erteilt worden war, lag ein Schreiben wie dasjenige vom 04.09.2019, mit welchem die Ansprüche des Beklagten zurückgewiesen worden sind und dieser lediglich im Umkehrschluss aufgefordert wurde, den von ihm veranlassten DISPUTE-Eintrag wieder zu löschen, nicht im Sinne des § 683 S. 1 BGB im Interesse des Beklagten. Dass das Schreiben vom 04.09.2019 zur Vermeidung eines Rechtsstreits zwischen den Parteien führen würde oder könnte, stand nicht zu erwarten, nachdem in dem vorangegangenen Schreiben vom 23.08.2019 gerade für diese Reaktion der Klägerin bereits eine Klage des Beklagten angekündigt worden war.

c) Endlich besteht auch kein Erstattungsanspruch der Klägerin unter dem Gesichtspunkt des § 280 Abs. 1 BGB.

Dies würde voraussetzen, dass der Beklagte die Klägerin im Rahmen einer (vor)vertraglichen Beziehung der Parteien zur Freigabe der Domain aufgefordert hätte (vgl. BGH, Urteil v. 12.12.2006 – VI ZR 224/05, NJW 2007, 1458), woran es fehlt.

Im Übrigen hat der Beklagte eine etwaige Pflichtverletzung nicht nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB zu vertreten. Ein fahrlässiges Handeln im Sinne von § 276 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 BGB liegt nicht schon dann vor, wenn ein Gläubiger nicht erkennt, dass seine Forderung in der Sache nicht berechtigt ist. Vielmehr entspricht der Gläubiger der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt bereits dann, wenn er prüft, ob der eigene Rechtsstandpunkt plausibel ist (vgl. BGH, Urteil v. 16.01.2009 – V ZR 133/08, NJW 2009, 1262). Dies ist hier der Fall, weil das Namensrecht des Beklagten nach § 12 BGB geschützt ist und von daher auch grundsätzlich ein gegen die Klägerin gerichteter Beseitigungsanspruch ernsthaft in Betracht gezogen werden musste.

4.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO i. V. m. § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

5.

Gründe zur Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Eine Sache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Klärungsbedürftig sind solche Rechtsfragen, deren Beantwortung zweifelhaft ist oder zu denen unterschiedliche Auffassungen vertreten werden und die noch nicht oder nicht hinreichend höchstrichterlich geklärt sind (vgl. BVerfG, Beschluss v. 04.11.2008 – 1 BvR 2587/06, NJW 2009, 572). Eine höchstrichterliche Entscheidung zum Rechtsschutz gegen unberechtigte DISPUTE-Einträge liegt zwar noch nicht vor. Die Übertragung der Grundsätze der vom Bundesgerichtshof in der „gewinn.de“-Entscheidung herangezogenen bereicherungsrechtlichen Lösung auf die Problematik des Streitfalls erscheint indes weder zweifelhaft noch werden hierzu unterschiedliche Auffassungen vertreten. Der Lösungsansatz des Senats entspricht vielmehr - soweit ersichtlich - der bislang veröffentlichten obergerichtlichen Rechtsprechung sowie der einschlägigen Kommentarliteratur.

6.

Der Streitwert ist gemäß den §§ 39 Abs. 1, 43 Abs. 1, 47 Abs. 1, 48 Abs. 1 GKG, 3 ZPO festgesetzt worden.