Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.112,55 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 27.05.2019 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche aus dem bereits beendeten Mietverhältnis über die Dachgeschosswohnung des Beklagten in der B in Q, die die Klägerin in dem Zeitraum vom 01.01.2017 bis 30.11.2018 für Wohnzwecke gemietet hatte.
In dem am 05.11.2016 zwischen den Parteien abgeschlossenen Mietvertrag wurde unter § 1 - Mietsache vereinbart: "1. Vermietet werden im Haus B 2 OG 2 ZKB als Wohnung folgende Räume: 2 Zimmer, 1 Flur, 1 WC mit Dusche/Bad, Kellerraum-Nr. 01, Wohnfläche: ca. 60 m²." Unter § 7 wurde vereinbart: "Die Miete netto kalt beträgt zzt. EUR 230,-; inkl. aller NK/warm zzt monatlich insgesamt EUR 430,-" In § 9 des Mietvertrags wurde vereinbart: "2. Bei der Umlegung der Betriebskosten sind die Räume des Eigentümers und des Hauswartes und nicht vermietete Wohnungen, nicht aber die Flächen von gemeinschaftlich genutzten Räumen, wie das Treppenhaus, zu berücksichtigen. Der umbaute Raum der beheizten Fläche beträgt 60 m²." Zum weiteren Inhalt des Mietvertrags wird auf diesen Bezug genommen, Bl. 2 ff. d.A.
Die Klägerin hat während der Mietdauer monatlich insgesamt 430,00 € an den Beklagten gezahlt.
Die Klägerin behauptet, die Grundfläche der streitgegenständlichen Wohnung betrage lediglich 43,16 m² und bei Berücksichtigung der Dachschrägen belaufe sich die tatsächliche Fläche nur auf 32,90 m². Bei der Wohnungsbesichtigung sei ihr die tatsächliche Größe der Wohnung nicht mitgeteilt worden.
Nachdem die Klägerin in der Hauptsache zunächst beantragt hat, den Beklagten zur Zahlung eines Betrags in Höhe von 2.389,24 € zu verurteilen, nahm sie nach der Beweiserhebung des Gerichts durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens der Dipl.-Ing. H den Klageantrag in Höhe von 273,24 € zurück. Der Beklagte stimmte der teilweisen Klagerücknahme zu und beantragte, der Klägerin insoweit die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.
Die Klägerin beantragt nunmehr,
den Beklagten zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 2.116,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte behauptet, die Gesamtwohnfläche der Dachgeschosswohnung betrage 39,06 m², das lichte Maß mit Schrägen betrage jedoch 62,92 m². Der Mietpreis sei fix vereinbart worden, bei der Berechnung sei kein Quadratmeterpreis zugrunde gelegt worden. Zudem sei der Mietzins als angemessen zu betrachten. Die Eintragung von 60 m² im Mietvertrag sei ein Platzhalter für das Finanzamt gewesen wegen der hohen Durchlaufkosten. Er behauptet weiter, dass der Lebensgefährte der Klägerin im Jahr 2018 ebenfalls in der Wohnung gewohnt habe. Der Beklagte behauptet außerdem, der Klägerin seien bereits durch die Vormieterin der Mietpreis und damit auch die Größe der Wohnung bekannt gewesen. Die Klägerin sei von der Wohnung begeistert gewesen. Zudem ist er der Ansicht, dass die Teilmöblierung und die Tatsache, dass zu der Wohnung ein Fahrradstellplatz, ein Waschmaschinenstellplatz im Keller sowie ein Kellerraum gehörten, zusätzlich zu berücksichtigen sei.
Das Gericht hat neben der Einholung des Sachverständigengutachtens Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen M, H und H. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten vom 09.06.2020 und das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 23.09.2020 (Bl. 104 ff. d.A.) Bezug genommen.
Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.
Die Klägerin hat einen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung in Höhe von 2.112,55 € aus § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB.
Die Klägerin hat in dieser Höhe Mietzahlungen an den Beklagten geleistet und der Beklagte hat diese erlangt, ohne dass insoweit ein Rechtsgrund bestand. Denn es bestand ein Sachmangel an der vermieteten Wohnung gemäß § 536 Abs. 1 BGB. Nach § 536 Abs. 1 BGB hat der Mieter für die Zeit, während der die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch gemindert ist, nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. Diese Mietminderung muss nicht von dem Mieter geltend gemacht werden und kann auch nach der Beendigung des Mietverhältnisses im Rahmen des § 812 BGB zurückgefordert werden.
Vorliegend war die Tauglichkeit der Mietwohnung zum vertragsgemäßen Gebrauch dadurch gemindert, dass die Wohnung nicht die im Mietvertrag vereinbarte Wohnfläche aufweist. Eine Minderung der Gebrauchstauglichkeit kann auch in einer vom Mietvertrag abweichenden Wohnungsgröße gesehen werden. Von einer Minderung der Gebrauchstauglichkeit ist auszugehen, wenn die Flächendifferenz nicht unerheblich ist, was bei einer Flächenabweichung von über 10 % angenommen werden kann. Dabei kommt es nicht darauf an, ob es sich um eine Mietwohnung im Mehrfamilienhaus oder um ein Einfamilienhaus handelt, zu dem eine Gartenfläche oder ähnliches mitvermietet wurde. Ebenso unerheblich ist es, ob die Wohnung leer oder möbliert vermietet wurde oder ob sie mit einem Garten überlassen wurde. Für die Ermittlung einer Flächenabweichung ist der Mietvertrag maßgebend (vgl. Eisenschmid in Schmidt-Futterer, 14. Auflage 2019, § 536 BGB Rn. 54, m.w.N.). Eine durch die nach unten abweichende Wohnungsgröße von mehr als 10 % verursachte Beeinträchtigung muss nicht besonders nachgewiesen werden. Die Erheblichkeit wird unter Anwendung der Rspr. des BGH bei einer mehr als 10%igen Abweichung indiziert (vgl. Eisenschmid in Schmidt-Futterer, 14. Auflage 2019, § 536 BGB Rn. 56, m.w.N.).
Von einer unerheblichen Abweichung ist grundsätzlich auch dann nicht auszugehen, wenn die tatsächliche Wohnfläche um mehr als 10 % von einer ca.-Angabe im Mietvertrag abweicht. Im Einzelfall kann das Vorliegen eines Mangels aber verneint werden, wenn die Vertragsparteien übereinstimmend von einer ca.-Größe nach Besichtigung ausgegangen sind, um die wahre Größe dem Streit zu entziehen und die Wohnfläche unabhängig von den tatsächlichen Umständen verbindlich festzulegen. Allein die Besichtigung des Mietobjektes reicht aber für die Annahme eines solchen Parteiwillens nicht aus (vgl. Eisenschmid in Schmidt-Futterer, 14. Auflage 2019, § 536 BGB Rn. 57, m.w.N.).
Aufgrund des Gutachtens der Sachverständigen sieht das Gericht es als bewiesen an, dass die streitgegenständliche Wohnung eine Wohnfläche von insgesamt 36,07 m² aufweist. Nach dem in § 286 Abs. 1 ZPO normierten Grundsatz der freien Beweiswürdigung ist ein Beweis erbracht, wenn das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Ergebnisses der Beweisaufnahme überzeugt ist. Dabei reicht ein Grad der Gewissheit aus, der Zweifeln Schweigen gebietet. Dies ist vorliegend der Fall.
Die Sachverständige, an deren Sachkunde keine Zweifel bestehen oder von den Parteien aufgezeigt wurden, erstattete auf der Basis des durch sie im Rahmen eines Ortstermins durchgeführten örtlichen Aufmaßes ein plausibles, in sich widerspruchsfreies und auch für den Laien gut nachvollziehbares Gutachten, so dass das Gericht von der Richtigkeit ihrer Ausführungen überzeugt ist und diese seiner rechtlichen Bewertung zu Grunde legt.
Die Sachverständige hat festgestellt, dass die Grundfläche der Dachgeschosswohnung 48,42 m² betrage und die Wohnfläche 36,07 m². Zur Ermittlung dieser Größen habe sie ein Aufmaß der Räumlichkeiten mit dem Laser-Messgerät LEICA DISTO D2 durchgeführt und §§ 3 und 4 der Wohnflächenverordnung berücksichtigt. Nach Berücksichtigung der jeweiligen lichten Höhe der einzelnen Zimmer betrage die Wohnfläche des Wohnzimmers 14,01 m², die Wohnfläche des Schlafzimmers 9,67 m², die Wohnfläche der Küche 5,10 m², die Wohnfläche des Bads 4,15 m², die Wohnfläche des Flurs 1,78 m² und die Wohnfläche des Abstellraums 1,36 m².
Bei einer tatsächlichen Wohnfläche von 36,07 m² und einer Angabe im Mietvertrag von ca. 60 m² liegt eine Flächenabweichung von knapp 40 %, also deutlich über 10 % vor, sodass die Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit und die Erheblichkeit dieser Beeinträchtigung indiziert wird. Dass die Wohnung teilmöbliert war führt auch nicht zu einer anderen rechtlichen Bewertung, denn auch wenn eine Wohnung möbliert vermietet ist, ist die Bruttomiete bei einer Wohnflächenabweichung um mehr als 10 % gegenüber der vereinbarten Wohnfläche im Verhältnis der Wohnflächenabweichung gemindert (vgl. BGH, Urteil vom 02.03.2011, VIII ZR 209/10). Auch die möglicherweise bestehende Bewohnung der Wohnung mit zwei Personen führt nicht zu einem anderen Ergebnis, da diese Tatsache sich lediglich auf die Höhe der Betriebskosten auswirken würde.
Vorliegend ist auch die Angabe im Mietvertrag von ca. 60 m² maßgeblich. Etwas anderes wäre dann der Fall, wenn zum einen die Wohnflächenangabe mit der Einschränkung versehen worden wäre, dass sie nicht zur Festlegung des Mietgegenstandes diene oder zum anderen die Vertragsparteien übereinstimmend von einer ca.-Größe nach Besichtigung ausgegangen wären, um die wahre Größe dem Streit zu entziehen und die Wohnfläche unabhängig von den tatsächlichen Umständen verbindlich festzulegen. Allein die Besichtigung des Mietobjektes reicht für die Annahme eines solchen Parteiwillens nicht aus (vgl. Eisenschmid in Schmidt-Futterer, 14. Auflage 2019, § 536 BGB Rn. 55 und 57, m.w.N.). Vorliegend sind die Angaben im Mietvertrag insoweit verbindlich, da keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer solchen o.g. Ausnahme bestehen. Es wurde von den Parteien auch keine andere Wohnungsgröße vereinbart. Dem steht schon entgegen, dass die Klägerin die tatsächliche Wohnungsgröße bis zu der durch sie durchgeführten Vermessung nicht kannte. Dies steht nach der durchgeführten Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts fest. Bereits die von dem Beklagten benannte Zeugin M hat bekundet, dass der Beklagte ihr damals gesagt habe, dass die Fläche laut Mietvertrag um die 60 m² betrage, und er ihr im Gespräch auch gesagt habe, dass die Dachschrägen noch abgezogen werden müssten. Auf die Nachfrage, ob sie diese Angaben an die Klägerin weitergegeben habe, hat die Zeugin M bekundet, nein, sie glaube nicht. Dadurch konnte die Behauptung des Beklagten, der Klägerin sei die Größe der Wohnung bekannt gewesen, nicht bewiesen werden. Auch die Aussagen der Zeugen H und F H sind insoweit nicht ergiebig. H hat bekundet, über die Größe der Wohnung hätten sie nicht gesprochen. Da habe aber ja in dem Vertrag 60 m² gestanden, da seien sie dann von ausgegangen. H hat bekundet, sie hätten bei der Besichtigung auch nach der Größe gefragt und ihnen sei eine Zahl von 60 m² genannt worden. Sie hätten keinen Grund gesehen, das anzuzweifeln.
Die Höhe der Minderung beträgt insgesamt 2.112,55 €. Der Höhe nach ist eine Minderung entsprechend der prozentualen Flächenabweichung vorzunehmen (vgl. BGH, Urteil vom 24.03.2004, VIII ZR 295/03). Bei einem Quadratmeterpreis von 3,83 € (230 €/m² x 60 m²) betrug die tatsächlich geschuldete Miete für eine tatsächlich vorhandene Wohnfläche von 36,07 m² monatlich 138,15 €, die Minderung betrug 91,85 €. Bei einer Mietdauer von 23 Monaten ergibt sich daraus ein Rückzahlungsbetrag in Höhe von 2.112,55 €.
Der Zinsanspruch ab dem 27.05.2019 folgt aus §§ 288, 291 BGB. Die Rechtshängigkeit ist spätestens am 27.05.2019 eingetreten, da an diesem Tag die Klageerwiderung bereits an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin versendet wurde. Da die Akte rekonstruiert werden musste, ist die Zustellungsurkunde nicht vorhanden. Insoweit war der Tenor gemäß § 319 Abs. 1 ZPO zu berichtigen, da zunächst ein Zinsbeginn mit dem 27.05.2020 ausgesprochen wurde. Dies war auf einen Schreibfehler zurückzuführen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO. Auf den zurückgenommenen Teil der Klage entfallen keine Mehrkosten, da sowohl bei den Gerichtskosten als auch bei den Anwaltskosten keine andere Gebührenstufe betroffen ist.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S.1 u. 2 ZPO.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Paderborn, Am Bogen 2-4, 33098 Paderborn, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Paderborn zu begründen.
Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Paderborn durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.