VG Düsseldorf, Urteil vom 10.02.2021 - 18 K 8026/19
Fundstelle
openJur 2021, 14124
  • Rkr:

kein Fortsetzungsfeststellungsinteresse betreffend ein für einen Tag geltendes Bereichsbetretungsverbot anlässlich eines Fußballsspiels; Anforderungen an die Begründung und die Ermessenserwägung;

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der auf Grund des Urteils vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % der vollstreckbaren Kosten leistet.

Tatbestand

Der am 00.0.1998 geborene Kläger ist in X. wohnhaft. Er ist nach den Erkenntnissen des Beklagten (Ultra)Fan des Fußballvereins X1. SV.

Vor dem Hintergrund des am 00.00.2019 stattgefundenen Fußballspiels in der Regionalliga West zwischen dem X1. SV und der Mannschaft von S. X2. F. hörte der Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 11. Oktober 2019 betreffend ein beabsichtigtes, gegen den Kläger gerichtetes Aufenthaltsverbot bzw. Bereichsbetretungsverbot für bestimmte Örtlichkeiten des X1. Stadtgebiets an. Zur Begründung führte der Beklagte an, bei dem genannten Spiel handele es sich um ein Spiel mit erhöhtem Risiko und einem feindschaftlichen Verhältnis, insbesondere der organisierten Ultra- und Hooliganszenen. Aufgrund des kurzen Anreisewegs sei es sehr wahrscheinlich, dass eine große Gruppe von F1. Störern nach X. einreisen werde. Auch die organisierte Ultra- und Hooliganszene des Heimvereins werde zahlreich vertreten sein. Zur Gewährleistung eines friedlichen Verlaufs der Veranstaltung sei es geboten, bestimmte Anhänger beider Vereine von einem Besuch der Veranstaltung auszuschließen. Der Kläger sei einer dieser Personengruppen eindeutig zuzurechnen. Er sei seit mehreren Jahren in der gewaltbereiten/gewaltsuchenden Szene des X1. SV aktiv. In diesem Zusammenhang sei er in der Vergangenheit bereits bei Sicherheitsstörungen aus Anlass von Fußballspielen in Erscheinung getreten. Diesbezüglich bestünden personenbezogene Erkenntnisse. Ferner bestehe gegen den Kläger auch ein bundesweit wirksames Stadionverbot. Darüber hinaus sei der Kläger in der bundesweiten Datei "Gewalttäter Sport" gespeichert. Vor dem Hintergrund dieser Umstände müsse angenommen werden, dass der Kläger in dem betreffenden örtlichen Bereich Straftaten begehen oder zu ihrer Begehung beitragen werde. Zur entsprechenden Verhinderung sei die beabsichtigte Maßnahme erforderlich, geeignet und angemessen.

Nachdem der Kläger die Gelegenheit zur Stellungnahme nicht wahrgenommen hatte, erließ der Beklagte am 28. Oktober 2019 eine schriftliche Polizeiverfügung nach § 34 Abs. 2 PolG NRW - Aufenthaltsverbot/Bereichsbetretungsverbot -. In dieser (formularmäßigen) Verfügung ordnete der Beklagte für den Zeitraum vom 00.00.2019 0:01 Uhr bis 00.00.2019 23:59 Uhr ein zeitlich befristetes Aufenthaltsverbot/Bereichsbetretungsverbot für den wie folgt beschriebenen örtlichen Bereich an: westliche Begrenzung: T. Ufer, nördliche Begrenzung: BAB 00 - Autobahnkreuz T1. , östliche Begrenzung: L.-------straße , G. -F2. -Straße, südliche Begrenzung: A. Garten, T2.----weg und G1.----straße . Diesbezüglich enthielt der Bescheid als Anlage einen entsprechend farblich markierten Kartenausschnitt des X1. Stadtgebiets. Zur Begründung führte der Beklagte an, bei dem Spiel zwischen dem X1. SV und S. X2. F. handele es sich um ein sogenanntes Hochrisikospiel. Der Kläger sei in der Vergangenheit im Zusammenhang mit Gewaltdelikten bei Fußballspielen aufgefallen. Ferner sei er in der bundesweiten Datei "Gewalttäter Sport" gespeichert. Auch bestehe gegen ihn aktuell ein bundesweites Stadionverbot. Die Polizeiverfügung enthielt zudem die Androhung der Festsetzung von Zwangsgeld in Höhe von 250,- Euro für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die verfügte Maßnahme.

Gegen diesen, ihm am 29. Oktober 2019 zugestellten Bescheid hat der Kläger am 11. November 2019 Klage erhoben. Er macht geltend, der Beklagte missachte das in § 39 VwVfG NRW konstatierte Begründungsgebot. Es sei nicht ansatzweise ersichtlich, weshalb es ihm untersagt gewesen sein sollte, sich an dem betreffenden Tag über einen Zeitraum von insgesamt 24 Stunden nicht in Teilen des X1. Stadtgebiets aufzuhalten. Etwaige konkrete Tatsachen, welche die Behauptung des Beklagten belegen könnten, er sei "in der Vergangenheit im Zusammenhang mit Gewaltdelikten bei Fußballspielen aufgefallen", seien nicht angeführt worden. Soweit das Stadionverbot betroffen sei, werde ein solches bereits aufgrund der bloßen Einleitung eines Ermittlungsverfahrens verhängt. Kenntnis von der Verfahrenseinleitung erhielten die privaten Dritten in aller Regel durch die Polizei. Demnach schafften sich die Sicherheitsbehörden eigeninitiativ einen Zustand, mittels dem sie sodann eine grundrechtsbeeinträchtigende Verfügung zu begründen beabsichtigten. Auch bezüglich seiner Speicherung in der Datei "Gewalttäter Sport" sei die bloße angebliche Existenz der Eintragung nicht geeignet, eine Gefahrenprognose zu begründen, sondern allenfalls der Sachverhalt, der Ursache für die Datenspeicherung sei. Schließlich fehle jedwede Begründung dazu, weshalb das Betretungsverbot über einen Zeitraum von insgesamt 24 Stunden andauern solle. Auch ein Ermessensgebrauch des Beklagten sei der angefochtenen Verfügung nicht zu entnehmen. Soweit die Ausführungen des Beklagten im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens betroffen seien, sei mit Blick auf die Erledigung der Hauptsache eine Ergänzung von Ermessenserwägungen nicht mehr möglich.

Der Kläger beantragt,

festzustellen, dass das mit Verfügung des Beklagten vom 28. Oktober 2019 ausgesprochene Aufenthaltsverbot / Bereichsbetretungsverbot rechtswidrig ist.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt vor, die Fortsetzungsfeststellungsklage sei bereits unzulässig. Es fehle an der Wiederholungsgefahr und auch an einem Rehabilitationsinteresse. Zudem sei das Bereichsbetretungsverbot rechtmäßig. Der Kläger sei bereits mehrfach im Zusammenhang mit Gewaltdelikten bei Fußballspielen polizeilich in Erscheinung getreten und sei seit mehreren Jahren aktives Mitglied der X1. Ultraszene. Insoweit müsse allein aufgrund der Zugehörigkeit zu einer gewaltbereiten Gruppe davon ausgegangen werden, dass es durch die Präsenz des Klägers im Stadionumfeld zu Straftaten kommen könne. Auch zeige das Vorverhalten des Klägers, dass es in der Vergangenheit bereits mehrfach im Stadionumfeld zu solchen Straftaten gekommen sei, bei welchen der Kläger aus der Anonymität der Gruppe heraus selbst Straftaten verübt oder die Begehung zumindest gefördert habe. Dies gelte etwa für das am 0.00.2018 stattgefundene Hochrisikospiel der Regionalliga West zwischen dem X1. SV und G2. E. . Ferner sei es am 0.00.2018 anlässlich eines Spiels zwischen dem X1. SV und S. X2. P. zu einer räuberischen Erpressung durch Mitglieder der X1. Ultraszene zum Nachteil von vier unbeteiligten Stadionbesuchern gekommen, wobei der Kläger zu den Hauptverdächtigen gehört habe. Der zeitliche Geltungsbereich der verhängten Maßnahme trage dem Umstand Rechnung, dass von der gewaltbereiten Problemfanszene erfahrungsgemäß eine sehr frühe An- und Abreise durchgeführt werde, um die gegnerische heimische Problemfanszene zu provozieren. Ergänzend verweist der Beklagte auf die Stellungnahme eines szenekundigen Beamten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.

Gründe

Aufgrund entsprechender Übertragung in dem Beschluss vom 18. November 2020 konnte die Einzelrichterin über den Rechtsstreit befinden. Ferner konnte das Gericht ohne die Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten sich mit einem solchen Vorgehen einverstanden erklärt haben, § 101 Abs. 2 VwGO.

Die Klage hat keinen Erfolg.

Sie ist bereits unzulässig. Hinsichtlich der als Fortsetzungsfeststellungsklage statthaften Klage fehlt es an einem berechtigten Interesse des Klägers an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des nach dem 00.00.2019 23:59 Uhr erledigten Aufenthalts- und Bereichsbetretungsverbotes.

Ein solches Interesse kann grundsätzlich rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Natur sein. Entscheidend ist, dass die gerichtliche Entscheidung geeignet ist, die Position des Klägers in den genannten Bereichen zu verbessern, wobei das Fortsetzungsfeststellungsinteresse als Sachentscheidungsvoraussetzung im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vorliegen muss.

BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14/12 -, juris, Rn. 20 m.w.N. auf die ständige Rechtsprechung des BVerwG.

Nach diesen Grundsätzen steht dem Kläger betreffend die Verfügung vom 28. Oktober 2019 ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse weder unter dem Gesichtspunkt der Rehabilitation oder vor dem Hintergrund eines tiefgreifenden Grundrechtseingriffs noch mit Blick auf eine anzunehmende Wiederholungsgefahr zur Seite.

Ein Rehabilitationsinteresse besteht nur, wenn sich aus der angegriffenen Maßnahme eine Stigmatisierung des Betroffenen ergibt, die geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit oder im sozialen Umfeld herabzusetzen. Diese Stigmatisierung muss Außenwirkung erlangt haben und noch in der Gegenwart andauern.

BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14/12 -, juris, Rn. 25.

Dass der Kläger durch die polizeiliche Maßnahme eine derartige Stigmatisierung erlitten hätte, ist weder (hinreichend) dargelegt noch sonst ersichtlich. Für eine entsprechende Darlegung genügt insbesondere nicht die bloße Behauptung des Klägers, er fühle sich durch die Verfügung in seiner Ehre verletzt. Insoweit ist es für die Annahme eines Rehabilitationsinteresses nicht ausreichend, dass der oder die Betroffene die beanstandete Maßnahme als diskriminierend empfunden hat.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 2013 - 3 C 6/12 -, juris, Rn. 15; OVG NRW, Urteil vom 21. Februar 2014 - 16 A 2367/11 -, juris, Rn. 24.

Die Annahme eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses ist auch nicht vor dem Hintergrund des Vorliegens eines tiefgreifenden Grundrechtseingriffs gerechtfertigt. Die Rechtmäßigkeitskontrolle eines solchen Eingriffs ist (nur) in Fällen tiefgreifender, tatsächlich jedoch nicht mehr fortwirkender Grundrechtseingriffe angezeigt, in denen die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene die gerichtliche Entscheidung kaum erlangen kann.

BVerfG, Beschlüsse vom 7. Dezember 1998 - 1 BvR 831/89 -, juris, Rn. 25 sowie vom 30. April 1997 - 2 BvR 817/90, 2 BvR 728/92, 2 BvR 802/95 und 2 BvR 1065/95 -, juris, Rn. 49 ff., a.A. VG Freiburg, Urteil vom 15. April 2016 - 4 K 143/15 -, juris, Rn. 26, das das Vorliegen eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses bei sich typischerweise schnell erledigenden Verwaltungsakten ungeachtet der Schwere des Grundrechtseingriffs annimmt - unter Berufung auf VG Freiburg, Urteil vom 25. September 2015 - 4 K 35/15 -, juris.

Ungeachtet des Umstandes, dass der Kläger einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht gestellt hat, handelt es sich bei der angefochtenen Maßnahme nicht um einen tiefgreifenden Eingriff in dem oben genannten Sinne. Aufgrund der Verfügung des Beklagten vom 28. Oktober 2019 war es dem Kläger (lediglich) verwehrt, für einen Zeitraum von knapp 24 Stunden einen eingeschränkten Bereich des Stadtgebiets von X. aufzusuchen. In Anbetracht des in § 34 Abs. 2 PolG NRW ermöglichten Maßnahmenzeitraums von bis zu drei Monaten bedeutet dies in zeitlicher Hinsicht eine geringe Belastung. Darüber hinaus handelt es sich örtlich um ein Gebiet, das mit einer Entfernung von mehr als 4 km nicht zur unmittelbaren Wohnumgebung des Klägers zählt. Einen Teil dieses Bereichs nimmt überdies die Belegenheit des Stadions des X1. SV ein, das der Kläger aufgrund eines bundesweit geltenden Stadionverbots ohnehin nicht berechtigt war zu betreten. Schließlich hat der Kläger selbst nicht geltend gemacht, er habe während der betreffenden Zeit vorgehabt, das betreffende Stadtgebiet aufsuchen.

Vgl. in einem ähnlich gelagerten Fall ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ebenfalls verneinend: VG Gelsenkirchen, Urteil vom 28. April 2016 - 17 K 3954/14 -, juris, Rn. 39; vgl. zum Fortsetzungsfeststellungsinteresse bei einem in zeitlicher Hinsicht vergleichbare Wirkungen entfaltenden Platzverweis: OVG NRW, Beschluss vom 13. Mai 2003 - 5 E 260/03 -, n.v. S. 3 des Beschlussabdrucks.

Schließlich ist auch die Annahme einer Wiederholungsgefahr nicht gerechtfertigt. Eine solche Wiederholungsgefahr setzt die hinreichend bestimmte Gefahr voraus, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen erneut ein gleichartiger Verwaltungsakt ergehen wird.

BVerwG, Beschluss vom 14. Dezember 2018 - 6 B 133/18 -, juris, Rn. 12 unter Berufung auf BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, BVerwGE 146, 303 = juris, Rn. 21.

An einer hinreichenden Bestimmtheit in diesem Sinne fehlt es, wenn ungewiss ist, ob in Zukunft noch einmal die gleichen tatsächlichen Verhältnisse eintreten wie im Zeitpunkt des Erlasses des erledigten Verwaltungsaktes.

BVerwG, Urteil vom 12. Oktober 2006 - 4 C 12/04 -, juris, Rn. 8

Gemessen daran kann der Kläger ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse nicht aus einer Wiederholungsgefahr ableiten. Vielmehr ist ungewiss, ob der Kläger unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen Umständen in der Zukunft erneut Adressat eines Aufenthaltsverbots bzw. Bereichsbetretungsverbots betreffend die Stadt X. werden wird. Zunächst hat der Beklagte in seiner Klageerwiderung ausgeführt, der Verfügung vom 28. Oktober 2019 liege eine Einzelfallprüfung zugrunde und ein weiteres Bereichsbetretungsverbot werde nur bei anderweitigen Verfehlungen des Klägers ausgesprochen werden. Diese Ausführungen spiegeln die polizeiliche, nach rechtsstaatlichen Gesichtspunkten auch erforderliche Vorgehensweise, dem Erlass entsprechender Maßnahmen jeweils eine aktuelle Gefahrenprognose zugrunde zu legen. Ob sich aus Anlass künftiger Hochrisikospiele unter Beteiligung des X1. SV die tatsächlichen Umstände, die der Verfügung vom 28. Oktober 2019 zugrundelagen, noch genauso darstellen, ist indes ungewiss. Bei einer künftigen Prognose kann nicht nur ein nachträgliches Verhalten des Klägers eine Rolle spielen, sondern etwa auch die Frage, ob zu diesem Zeitpunkt noch das gegen den Kläger ausgesprochene, derzeit bis zum 00.00.2021 befristete Stadionverbot gilt. Der letztgenannte Umstand erlangt umso mehr an Bedeutung, als vor dem Hintergrund der gegenwärtig bestehenden Pandemie-Situation (COVID 19) völlig offen ist, wann Fußballspiele überhaupt wieder unter Beteiligung von Zuschauern stattfinden. Ferner ist ungewiss, ob im Falle der Austragung von Fußballspielen unter Zuschauerbeteiligung die dann gegebenenfalls ergriffenen Hygienemaßnahmen und sonstige Modalitäten überhaupt die Gefahr des Aufeinandertreffens unterschiedlicher Fangruppen bergen werden. Auch hierdurch ergeben sich in der Zukunft Abweichungen der tatsächlichen Verhältnisse. Soweit das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in einem Beschluss zum Versammlungsrecht vom 2. Juli 2020 davon ausgegangen ist, eine Wiederholungsgefahr werde (allein) durch die Corona-Pandemie nicht durchgreifend infrage gestellt,

OVG NRW, Beschluss vom 2. Juli 2020 - 15 A 2100/18 -, juris, Rn. 53,

erging die Entscheidung zu einem Zeitpunkt, in dem die pandemiebedingten Beschränkungen aus dem Frühjahr 2020 aufgehoben und das Ausmaß und die langfristigen Wirkungen der Pandemie ggf. noch nicht absehbar waren. Überdies setzen sich die Anhaltspunkte für die Ungewissheit betreffend den Erlass eines erneuten Aufenthaltsverbots bzw. Bereichsbetretungsverbots vorliegend aus den oben genannten verschiedenen Aspekten zusammen.

Die Klage ist - selbstständig tragend - auch unbegründet.

Der Bescheid des Beklagten vom 28. Oktober 2019 war rechtmäßig, § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO. Er findet hinsichtlich des Aufenthalts- bzw. Bereichsbetretungsverbotes seine Grundlage in § 34 Abs. 2 PolG NRW.

Die polizeiliche Verfügung leidet zunächst nicht unter formellen Mängeln. Das Polizeipräsidium X. war für den Erlass zuständig. Auch ist der Kläger vor Ergehen des Bescheides gemäß § 28 Abs. 1 VwVfG NRW angehört worden. Vor dem Hintergrund, dass dem Bescheid neben der örtlichen Beschreibung des Bereichs, für den das Aufenthalts- bzw. Bereichsbetretungsverbotes gelten sollte, auch ein entsprechend markierter Kartenausschnitt beilag, bestehen ferner keine Bedenken mit Blick auf die Bestimmtheit (§ 37 Abs. 1 VwVfG NRW).

Entgegen der Ansicht des Klägers leidet die streitgegenständliche Verfügung auch nicht an einem Begründungsmangel. Gemäß § 39 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW ist ein schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt mit einer Begründung zu versehen. Dabei sind nach Satz 2 der Vorschrift die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Ferner soll nach § 39 Abs. 1 Satz 3 VwVfG NRW die Begründung von Ermessensentscheidungen auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist.

Vor dem Hintergrund dieser Anforderungen wird eine Behörde ihrer Begründungspflicht gerecht, wenn sie die Rechtsgrundlage angibt, auf die sie ihre Entscheidung gestützt hat und erklärt, wie sie auf dieser Grundlage zu ihrer Entscheidung gekommen ist. Dabei hängen die weiteren Anforderungen an Inhalt und Umfang einer Begründung von den Umständen des Einzelfalls ab, u.a. von den Besonderheiten des Rechtsgebiets, der Komplexität des Sachverhalts, der Betroffenheit der konkreten Rechte oder auch dem allgemeinen Kenntnisstand der Beteiligten.

BeckOK VwVfG/Tiedemann, 49. Edition 1.10.2020, VwVfG § 39 Rn. 26 m.w.N. u.a. BVerwG, Urteil vom 9. Mai 1985 - 2C 16.83 -, juris, Rn. 26.

Ferner kann dem Begründungserfordernis nach § 39 Abs. 1 VwVfG NRW rechtsstaatlich unbedenklich auch dadurch genügt werden, dass in hinreichend bestimmter Weise auf schriftliche Dokumente Bezug genommen wird, die dem Betroffenen bekannt sind.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. Dezember 1999 − 1 B 79.99 −, juris, Rn. 4.

Gemessen daran ist der rein formellen Begründungspflicht genügt. Der Beklagte hat zunächst die Rechtsgrundlage für die verhängte Maßnahme genannt, nämlich § 34 Abs. 2 PolG NRW. Er hat ferner den Zweck der Maßnahme aufgeführt, namentlich die Verhütung von Straftaten. In diesem Zusammenhang führt der streitgegenständliche Bescheid aus, es müsse angenommen werden, dass der Kläger in dem genannten örtlichen Bereich Straftaten begehen oder zu ihrer Begehung beitragen werde. Schließlich ist angegeben, dass sich diese Annahme auf die Feststellungen stützt, dass an dem betreffenden Tag ein Hochrisikospiel der Regionalliga West zwischen dem X1. SV und der Mannschaft von S. X2. F. ausgetragen werde. Der Kläger sei in der Vergangenheit im Zusammenhang mit Gewaltdelikten bei Fußballspielen aufgefallen. Er werde in der bundesweiten Datei "Gewalttäter Sport" gespeichert. Darüber hinaus bestehe gegen ihn aktuell ein bundesweites Stadionverbot.

Mit diesen Ausführungen hat der Beklagte die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitgeteilt, die ihn zu seiner Entscheidung veranlasst haben. Selbst wenn man davon ausginge, dass diese Darlegungen zur Erfüllung der Begründungspflicht nach § 39 VwVfG NRW nicht ausreichten, ergäbe sich die formelle Rechtmäßigkeit mit Blick auf die Begründung vor dem Hintergrund des allgemeinen Kenntnisstandes der Beteiligten. Denn weitere Details der Überlegungen des Beklagten waren dem Kläger aus der ausführlichen Anhörung vom 11. Oktober 2019 bekannt, die in dem Bescheid vom 28. Oktober 2019 auch erwähnt wird. Mit der Bezugnahme auf das Stadionverbot, das am 23. November 2018 vom X1. Sportverein gegen den Kläger ausgesprochen wurde und dem Kläger bekannt ist, hatte der Kläger ferner positive Kenntnis von einem der Ermittlungsverfahren, die Grundlage für die Annahme des Beklagten waren, der Kläger sei in der Vergangenheit im Zusammenhang mit Gewaltdelikten bei Fußballspielen aufgefallen. Insoweit käme vor dem Hintergrund der ausführlichen Begründung im Anhörungsschreiben vom 11. Oktober 2019 und des Umstandes, dass der Kläger die Gelegenheit zu Stellungnahme nicht ergriffen hat, (sogar) in Betracht, dass eine Begründung im Sinne des § 39 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG NRW deshalb entbehrlich war, weil dem Kläger die Auffassung der Behörde über die Sach- und Rechtslage bereits bekannt war. Jedenfalls streitet der Rechtsgedanke dieser Vorschrift dafür, das Begründungserfordernis nicht zu überspannen.

VG Berlin, Urteil vom 2. November 2020 - 4 K 386/19 -, juris, Rn. 26.

Die polizeiliche Maßnahme vom 28. Oktober 2019 war auch materiell rechtmäßig. Nach § 34 Abs. 2 PolG NRW kann einer Person für eine bestimmte Zeit verboten werden, einen bestimmten örtlichen Bereich zu betreten oder sich dort aufzuhalten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Person dort eine Straftat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen wird, es sei denn, die Person hat in dem Bereich ihre Wohnung oder nimmt dort berechtigte Interessen wahr. Eine Maßnahme nach § 34 Abs. 2 PolG NRW setzt die hinreichende Wahrscheinlichkeit voraus, dass die Person in dem betroffenen örtlichen Bereich eine Straftat begehen bzw. zur ihrer Begehung beitragen wird. Nicht ausreichend sind hingegen bloße Vermutungen.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. Februar 2016 - 5 B 226/16 - (n.v.); OVG NRW, Beschluss vom 27. Juni 2006 - 5 B 1142/06 -, juris, Rn. 6 m.w.N.

Dabei ist nicht erforderlich, dass die zu erwartenden Straftaten eine besondere Schwere aufweisen.

OVG NRW, Beschluss vom 20. März 2014 - 5 B 300/14 -, n.v. (S. 3 des Beschlussabdrucks).

Mit Blick auf die Wahrscheinlichkeit kann schon eine entferntere Möglichkeit eines Schadens das polizeiliche Handeln erforderlich machen, wenn es um den Schutz besonders hochwertiger Sicherheitsgüter wie Leben und Gesundheit geht.

Vgl. VG Leipzig, Urteil vom 4. Dezember 2000 - 3 K 1737/00 -, juris, Rn. 25.

Ob danach die Voraussetzungen für den Erlass eines Bereichsbetretungsverbotes vorliegen, beurteilt sich nach der ex ante-Sicht. Insoweit kommt es darauf an, ob nach den Verhältnissen und dem möglichen Erkenntnisstand zum Zeitpunkt des Erlasses der Maßnahme von einer Gefahrenlage im Sinne des § 34 Abs. 2 PolG NRW auszugehen war.

VG Minden, Urteil vom 14. Mai 2018 - 11 K 730/17 -, juris, Rn. 27.

Dies zugrunde gelegt, erweist sich die polizeiliche Maßnahme vom 28. Oktober 2019 als rechtmäßig.

Es lagen Tatsachen vor, die die Annahme rechtfertigten, dass der Kläger mit hinreichender Wahrscheinlichkeit am 00.00.2019 in der Zeit zwischen 00:01 Uhr und 23:59 Uhr in Teilen des Stadtgebiets von X. eine Straftat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen werde. Der Beklagte hat die Entscheidung in nicht zu beanstandender Weise auf die Umstände gestützt, dass es sich bei der Begegnung zwischen den Fußballvereinen des X1. SV und S. X2. F. um ein Hochrisikospiel handelt und der Kläger in der Vergangenheit im Zusammenhang mit Gewaltdelikten bei Fußballspielen in Erscheinung getreten ist. Insoweit hat der Kläger zwar zu Recht darauf hingewiesen, dass nicht der Umstand das Vorliegens eines Stadionverbots bzw. der Speicherung in der Datei

"Gewalttäter Sport" allein bzw. für sich genommen Grundlage für eine entsprechende Prognose sind bzw. sein können, sondern die diesen Umständen zugrunde liegenden Tatsachen. Gleichwohl ist es rechtlich unbedenklich, diese Umstände zu benennen, zumal das Stadionverbot zum einen im Zusammenhang mit dem örtlichen Bereich des Aufenthalts- bzw. Bereichsbetretungsverbots steht, das die Belegenheit des Stadions des X1. SV umfasst. Zum anderen wird mit der Bezugnahme auf das Stadionverbot - wie bereits oben ausgeführt - ein Bezug zu einem der Ermittlungsverfahren hergestellt, die Grundlage für die Annahme des Beklagten waren, der Kläger sei in der Vergangenheit im Zusammenhang mit Gewaltdelikten bei Fußballspielen aufgefallen.

Soweit das Inerscheinungtreten des Klägers im Zusammenhang mit Gewaltdelikten bei Fußballspielen betroffen ist, rechtfertigen die dem Beklagten vorliegenden Erkenntnisse die Prognose, dass der Kläger an dem betreffenden Tag eine Straftat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen werde. Ausweislich der Verwaltungsvorgänge ist der Kläger bei mehreren Gelegenheiten, die zum Teil als "IGVP/FS1: Einzelvorgang" dokumentiert sind, in Auseinandersetzungen zwischen Fußballfans involviert gewesen, die strafrechtliche Relevanz aufwiesen. So ist es am 0.00.2016 in C. zu einem Zusammentreffen zwischen Ultrafans des X1. SV mit Fans des Vereins C1. SC gekommen, das zu einem Ermittlungsverfahren wegen Landfriedensbruch geführt hat. In diesem Verfahren wurde der Kläger namentlich als einer der Beschuldigten geführt. Er gehörte zu einer randalierenden Personengruppe. Insoweit hatte ein Zeuge beobachtet, wie ein Teil dieser Gruppe augenscheinlich grundlos mehrere Passanten geschubst habe. Außerdem seien plötzlich mehrere Personen der Gruppe hinter einer männlichen Person hinterhergelaufen und habe diese, nachdem sie gefallen sei, getreten und geschlagen. Ferner gab es am 00.0.2017 in B. Ausschreitungen zwischen Ultrafans des X1. SV und des Vereins RW B. . In diesem ebenfalls wegen Landfriedensbruchs eingeleiteten Ermittlungsverfahren sei von 30 Personen aus dem Gastbereich der Versuch unternommen worden, durch ein nicht abgeschlossenes Tor zu den Heimfans zu gelangen. Dabei hätten sich die Personen zum Teil Vermummungsgegenstände angelegt, um sich einer Identifizierung zu entziehen. Ferner hätten sie gemeinsam durch aggressives Laufen und Drängen gegen die eingesetzten Polizeibeamten agiert und diesen im weiteren Verlauf zwei Regentonnen entgegengeschleudert sowie eine Mülltonne gegen sie eingesetzt. Der Kläger sei Mitglied dieser Personengruppe gewesen und habe sich mittels eines Schals vermummt, um seine Identität zu verschleiern. Bei einer weiteren Gelegenheit am 0.00.2018 in X. sei der Kläger im Zusammenhang mit einer Begegnung zwischen dem X1. SV und S. X2. P. als Haupttäter einer räuberischen Erpressung zum Nachteil unbeteiligter Stadionbesucher in Erscheinung getreten. Dabei seien Stadionbesucher dazu gebracht worden, ihre Stehplatztickets gegen hochpreisigere Sitzplatzkarten zu tauschen. Ferner seien diese Besucher im Anschluss aufgefordert worden, zusätzlich zehn Euro zu bezahlen, anderenfalls werde der Zugang verwehrt. Hier wurde der Kläger als einer von zwei namentlich genannten Beschuldigten aufgeführt. Am gleichen Tag habe der Kläger zu einer Gruppe gehört, die sich gewaltsam Zutritt zum Stadion verschafft und einen Ordner geschlagen habe. Ferner sei er Teil einer Gruppe gewesen, die den Spielverlauf gestört habe, um einen Spielabbruch zu provozieren. Ein späterer Vorfall ereignete sich am 0.00.2018. Hier habe der Kläger außerhalb des Stadions versucht, an gegnerische Fans des Vereins G2. E. zu gelangen. Insoweit sei mittels eines Angriffs durch den Kläger und andere Ultrafans des X1. SV versucht worden, eine Schlägerei zu beginnen. Anlässlich dieses Vorfalls wurde gegen den Kläger bis 17:00 Uhr des Spieltages ein Platzverweis erteilt.

Diese Erkenntnisse, denen der Kläger in tatsächlicher Hinsicht nicht entgegengetreten ist, zeigen, dass der Kläger sowohl bei Heimspielen als auch bei Auswärtsspielen strafrechtlich in Erscheinung getreten und ferner nicht nur mit Vorfällen innerhalb des Stadions, sondern auch bei solchen außerhalb des betreffenden Stadions aufgefallen ist, und zwar dann im zeitlichen Zusammenhang mit Fußballspielen. Vor dem Hintergrund dieser Vorfälle erschien es auch beachtlich wahrscheinlich, dass der Kläger beim Heimspiel des X1. SV gegen die Mannschaft von S. X2. F. am 00.00.2019 jedenfalls im unmittelbaren Umfeld des Stadions, d. h. in dem in der angefochtenen Verfügung örtlich beschriebenen Bereich sich ähnlicher Straftaten oder Beiträgen zu Straftaten verdächtig machen würde.

Soweit nicht ersichtlich ist, dass der Kläger bisher strafrechtlich verurteilt worden ist, steht dies der Rechtmäßigkeit der Polizeiverfügung vom 28. Oktober 2019 nicht entgegen. Insoweit reicht es aus, dass durch das Verhalten des Betroffenen die Gefahr einer anderweitigen Begehung von Straftaten in zurechenbarer Weise erhöht wird.

VG Gelsenkirchen, Urteil vom 28. April 2016 - 17 K 3954/14 -, juris, Rn. 50 m.w.N.

Selbst wenn man annähme, dass der Kläger bei den ihm vorgeworfenen Taten lediglich einen kleineren Tatbeitrag geleistet hat - was keineswegs bei allen aufgeführten Vorfällen naheliegt -, führt schon dies zu einer signifikanten Erhöhung der Gefahr einer anderweitigen Begehung von Straftaten. Schon die bloße - billigende - Anwesenheit in einer Gruppe, aus der heraus entsprechende Straftaten begangen werden, kann die Gefahr der Begehung dieser Straftaten erhöhen, denn bereits die Gruppenzugehörigkeit bietet (anderen) Gelegenheit zur (unentdeckten) Begehung von Straftaten aus der Schutz vor Gegenangriffen und Strafverfolgung vermittelnden Gruppe gewaltbereiter Anhänger eines Fußballvereins.

VG Gelsenkirchen, Urteil vom 28. April 2016 - 17 K 3954/14 -, juris, Rn. 52.

Einen entsprechend schwerwiegenderen Einfluss haben Mitglieder der jeweiligen Gruppe, die ihrerseits einen - wenn auch kleinen - Tatbeitrag leisten. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass die szenekundigen Polizeibeamten aufgrund langjähriger Beobachtungen der Fußballszene über eine umfassende Personenkenntnis verfügen und demgemäß in der Lage sind, "Problemfans" und problematische Fangruppen differenziert zu beurteilen.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. März 2014 - 5 B 300/14 - (n.v.); OVG NRW, Beschluss vom 27. Juni 2006 - 5 B 1142/06 -, juris, Rn. 8 m.w.N.

Der Rechtmäßigkeit der Polizeiverfügung vom 28. Oktober 2019 steht ferner nicht entgegen, dass der Beklagte die einzelnen, ihm ausweislich der Verwaltungsvorgänge bei Erlass bekannten Vorfälle in der Begründung des Bescheides nicht explizit erwähnt hat. Nachdem daraus - wie oben ausgeführt - ein Begründungsmangel nicht folgt, lässt sich hieraus auch ein Ermessensfehler nicht ableiten.

Die diesbezüglichen Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid, der Kläger sei in der Vergangenheit nach polizeilichen Feststellungen im Zusammenhang mit Gewaltdelikten bei Fußballspielen aufgefallen, daher müsse angenommen werden, dass er in dem betreffenden örtlichen Bereich Straftaten begehen oder zu ihrer Begehung beitragen werde, lassen die tragende Erwägung für die verhängte Maßnahme erkennen. Dies gilt insbesondere in Zusammenschau mit den ausführlichen Darlegungen in der Anhörung vom 11. Oktober 2019, die in dem angefochtenen Bescheid erwähnt wird und damit - wie oben bereits ausgeführt - in Bezug genommen wurde. Darin finden sich Erwägungen zu der Einstufung als Hochrisikospiel sowie zu der Annahme, der Kläger gehöre zu der Problemfanszene, die als gewaltbereit und/oder gewaltsuchend einzustufen sei und in der Vergangenheit für Auseinandersetzungen auch mit Ordnungs- und Polizeikräften im Stadionbereich bzw. -umfeld gesorgt habe. Dieser Personengruppe sei der Kläger eindeutig zuzurechnen. Er sei seit mehreren Jahren in der gewaltbereiten/gewaltsuchenden Szene des X1. SV aktiv und in der Vergangenheit bei Sicherheitsstörungen aus Anlass von Fußballspielen in Erscheinung getreten.

Lagen die grundlegenden Erwägungen der Ermessensentscheidung danach im Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheides vor, stellt es sich nicht als ermessensfehlerhaft dar, dass die Vorfälle, bei denen der Kläger in der Vergangenheit strafrechtlich Erscheinung getreten ist, nicht einzeln aufgeführt worden sind. Soweit der Beklagte auf diese einzelnen Vorfälle in seiner Klageerwiderung näher eingeht, stellt dies lediglich eine weitere Detaillierung und Konkretisierung der maßgeblichen Erwägungen dar und nicht - wie der Kläger meint - ein Ergänzen von Ermessenserwägungen im Sinne des § 114 Satz 2 VwGO. Letzteres kommt im Fall einer Anfechtungsklage (bzw. wie hier einer Fortsetzungsfeststellungsklage im Anschluss an einen erledigten belastenden Verwaltungsakt), bei der regelmäßig der Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsaktes maßgeblich ist, etwa dann infrage, wenn die Behörde Aspekte im Bescheid selbst übersehen oder vergessen hatte. Darum geht es hier - nachdem der Beklagte den Bescheid bereits bei Erlass ausschließlich auf die Vorfälle gestützt hat, die dann auch in der Klageerwiderung erwähnt wurden - ersichtlich nicht.

Keiner Entscheidung bedarf demnach, ob auch im Falle einer Fortsetzungsfeststellungsklage die Möglichkeit der Ergänzung von Ermessenserwägungen nach § 114 Satz 2 VwGO besteht. Soweit der Kläger dies unter Berufung auf die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen verneint,

OVG NRW, Beschluss vom 12. Dezember 2017 - 5 A 2428/15 -, juris, Rn. 39; diese Frage offen lassend: OVG NRW, Urteil vom 18. Juni 2020 - 11 A 4178/18 -, juris, Rn. 76,

steht dem die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entgegen. Danach schließt der Wortlaut des § 114 Satz 2 VwGO die Anwendbarkeit auf die Fortsetzungsfeststellungsklage ein. Ausweislich dieses Wortlauts sei es zulässig, dass die Verwaltungsbehörde ihre Ermessenserwägungen "hinsichtlich des Verwaltungsakts" noch im gerichtlichen Verfahren ergänzt.

BVerwG, Beschluss vom 15. März 2000 - 2 B 98/99 -, juris, Rn. 1; ebenso: Wolff in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Auflage 2018, § 114 Rn. 206.

Mit dieser Rechtsprechung setzt sich die erstgenannte Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen nicht auseinander. Zu konstatieren ist allerdings, dass sich aus der Regelung des § 114 Satz 2 VwGO (lediglich) ergibt, dass prozessuale Gründe einer Ergänzung von Ermessenserwägungen nicht entgegenstehen. Ob bzw. inwieweit ein Nachschieben von Gründen im Übrigen zulässig ist, bestimmt sich (jedoch) nach dem materiellen Recht sowie dem Verwaltungsverfahrensrecht (etwa mit Blick auf den entscheidungserheblichen Zeitpunkt).

BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 46/12 -, juris, Rn. 31; vgl. auch BayVGH, Urteil vom 10. Juli 2018 - 10 B 17.1996 -, juris, Rn. 47 i.V.m. Rn. 35.

Indes ändert auch dies nichts an der Rechtmäßigkeit der zu überprüfenden behördlichen Entscheidung. Denn sämtliche, in der Klageerwiderung aufgegriffenen Umstände lagen - wie bereits ausgeführt - schon im Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung am 28. Oktober 2019 vor, waren dem Beklagten ausweislich der Verwaltungsvorgänge zu diesem Zeitpunkt bekannt und sind auch Grundlage der (Ermessens)Entscheidung des Beklagten geworden.

Die polizeiliche Verfügung vom 28. Oktober 2019 ist auch im Übrigen betreffend die Rechtsfolgenseite rechtlich nicht zu beanstanden. Zunächst ist mit Blick auf die Ausübung des Ermessens unbedenklich, dass der Beklagte die angefochtene Maßnahme mittels eines Formularbescheids unter Verwendung von Ankreuzmöglichkeiten angeordnet hat.

OVG NRW, Beschluss vom 5. Juli 2017 - 5 A 680/15 -, n.v. S. 3.

Ferner erweist sich der Erlass des Aufenthaltsverbots bzw. Bereichsbetretungsverbots als verhältnismäßig und sind insbesondere die diesbezüglich in § 34 Abs. 2 PolG NRW enthaltenen Vorgaben eingehalten. Danach ist die Maßnahme zeitlich und örtlich auf den zur Verhütung der Straftat erforderlichen Umfang zu beschränken und darf die Dauer von drei Monaten nicht überschritten werden (§ 34 Abs. 2 Sätze 3 und 4 PolG NRW). In örtlicher Hinsicht umfasst das Aufenthaltsverbot lediglich das nähere Umfeld des Stadions des X1. SV. Soweit der Kläger einwendet, die polizeiliche Verfügung erweise sich deshalb als ermessensfehlerhaft, weil der Beklagte keinerlei Ausführungen zur zeitlichen Geltungsdauer getätigt habe, führt dies (ebenfalls) nicht zum Erfolg der Klage. Die diesbezüglich im Rahmen der Klageerwiderung abgegebene Erklärung des Beklagten, die zeitliche Bestimmung folge aus dem Umstand, dass aufgrund der konkreten Spielpaarung zu erwarten stand, dass gegnerische Fans weit vor dem Beginn des Fußballspiels anreisen, erweist sich als tragfähig. Sie ist ferner ebenfalls nicht als nachträglich ergänzte Ermessenserwägung anzusehen. Denn ungeachtet des Umstandes, dass sich die zeitliche Geltungsdauer von knapp einem Tag mit Blick auf den in § 34 Abs. 2 PolG NRW vorgegebenen Rahmen (bis zu drei Monaten) als denkbar gering erweist und mit Blick auf das am 00.00.2019 stattgefundene Fußballspiel aus der Natur der Sache folgt und deshalb kaum erläuterungsbedürftig ist, handelt es sich um Umstände, die bereits im Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung am 28. Oktober 2019 vorlagen, dem Beklagten bekannt waren und Grundlage seiner Entscheidung geworden sind. Das ergibt sich unter anderem aus den Ausführungen in der Anhörung vom 11. Oktober 2019, die ihrerseits im Rahmen des angefochtenen Bescheides erwähnt wird. Dort heißt es, aufgrund des kurzen Anreisewegs sei es sehr wahrscheinlich, dass eine große Gruppe von F1. Störern nach X. einreisen werde.

Erweist sich das in dem Bescheid des Beklagten vom 28. Oktober 2019 verfügte Bereichsbetretungsverbot nach § 34 Abs. 2 PolG NRW als rechtmäßig, gilt Gleiches für die in demselben Bescheid enthaltene Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 250,- Euro für den Fall der Zuwiderhandlung. Diese Androhung findet ihre Grundlage in den §§ 50 Abs. 1, 51 Abs. 1 Nr. 2, 53 und 56 PolG NRW.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist nach § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO erfolgt.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Der Antrag kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) eingereicht werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist.

Die Berufung ist nur zuzulassen,

1. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

2. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

3. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

4. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen.

Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen.

Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz - RDGEG -). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen.

Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 2 GKG erfolgt.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird.

Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt.

Die Beschwerdeschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.

War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und

die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.