VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.03.2021 - 1 S 751/21
Fundstelle
openJur 2021, 13817
  • Rkr:

1. Die Regelung über die Absonderung von "Kontaktpersonen der Kontaktpersonen" in § 4a Satz 1 und 2 der Verordnung des Sozialministeriums zur Absonderung von mit dem Virus SARS-CoV-2 infizierten oder krankheitsverdächtigen Personen und deren haushaltsangehörigen Personen (Corona-Verordnung Absonderung - CoronaVO Absonderung) vom 10.01.2021 in der Fassung vom 24.02.2021 ist voraussichtlich mit höherrangigem Recht nicht vereinbar.

2. Es fehlt derzeit (Stand 16.03.2021) voraussichtlich an genügenden epidemiologischen Erkenntnissen und Wertungen, die den Schluss zulassen, dass jede Person, die im Haushalt mit einer "Kontaktpersonen der Kategorie I" oder einer "Kontaktpersonen der Kategorie Cluster-Schüler" zusammenlebt, ohne weitere Voraussetzungen allein deshalb und einzelfallunabhängig mit überwiegender Wahrscheinlichkeit Krankheitserreger - eine VOC - aufgenommen hat. Eine Verordnungsbestimmung, die dennoch undifferenziert sämtliche "Kontaktpersonen der Kontaktperson" einer Absonderungspflicht (Quarantäne) unterwirft, erfüllt die Tatbestandsvoraussetzungen der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage voraussichtlich nicht und erweist sich unabhängig davon als unverhältnismäßig.

Tenor

Auf den Antrag der Antragsteller wird § 4a Satz 1 und 2 der Verordnung des Sozialministeriums zur Absonderung von mit dem Virus SARS-CoV-2 infizierten oder krankheitsverdächtigen Personen und deren haushaltsangehörigen Personen (Corona-Verordnung Absonderung - CoronaVO Absonderung) vom 10.01.2021 in der Fassung der Verordnung des Sozialministeriums zur Änderung der Corona-Verordnung Absonderung vom 24.02.2021 vorläufig außer Vollzug gesetzt.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 10.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller wenden sich gegen § 4a Satz 1 und 2 der Verordnung des Sozialministeriums zur Absonderung von mit dem Virus SARS-CoV-2 infizierten oder krankheitsverdächtigen Personen und deren haushaltsangehörigen Personen (Corona-Verordnung Absonderung - CoronaVO Absonderung) vom 10.01.2021 in der Fassung der Verordnung des Sozialministeriums zur Änderung der Corona-Verordnung Absonderung vom 24.02.2021.

Der Corona-Verordnung Absonderung liegen gemäß ihrem § 1 unter anderem folgende Begriffsbestimmungen zugrunde:

"3. ‚Positiv getestete Person‘ ist jede Person, der vom Gesundheitsamt oder von der die Testung vornehmenden oder auswertenden Stelle mitgeteilt wurde, dass eine bei ihr vorgenommene PCR-Testung oder ein bei ihr vorgenommener Antigentest für den direkten Erregernachweis des Coronavirus ein positives Ergebnis aufweist;

4. ‚Haushaltsangehörige Person‘ ist jede Person, die mit der positiv getesteten Person in einer faktischen Wohngemeinschaft zusammenlebt;

5. ‚Kontaktperson der Kategorie I‘ ist jede Person, die nach den jeweils geltenden Kriterien des Robert Koch-Instituts von der zuständigen Behörde als solche eingestuft wurde;

6. ‚Kontaktpersonen der Kategorie Cluster-Schüler‘ sind Schülerinnen und Schüler, die von der zuständigen Behörde als solche eingestuft wurden, da sie ausschließlich im Schulkontext mit einer positiv getesteten Schülerin oder einem positiv getesteten Schüler aus der eigenen Schulklasse oder Kursstufe Kontakt hatten;

7. ‚Besorgniserregende Virusvarianten‘ sind die Varianten des Coronavirus, die mit dem Risiko eines schwereren Krankheitsverlaufs oder einer höheren Übertragbarkeit einhergehen, insbesondere die Varianten B.1.1.7, B.1.351 und P.1;

8. ‚Kontaktpersonen der Kontaktperson‘ sind haushaltsangehörige Personen einer in Nummer 5 und 6 genannten Kontaktperson."

Von diesen Begriffsbestimmungen ausgehend, regelt der von den Antragstellern angefochtene, mit Änderungsverordnung vom 24.02.2021 mit Wirkung vom 25.02.2021 eingefügte § 4a CoronaVO Absonderung ausweislich der amtlichen Überschrift die "Absonderung von Kontaktpersonen der Kontaktperson". Die Vorschrift bestimmt:

"1Besteht bei einer Kontaktperson der Kategorie I oder Kontaktperson der Kategorie Cluster-Schüler eine Pflicht zur Absonderung und wurde bei der positiv getesteten Person eine besorgniserregende Virusvariante identifiziert, müssen sich die Kontaktpersonen der Kontaktperson unverzüglich nach der Mitteilung durch die zuständige Behörde in Absonderung begeben. 2Die Absonderung der Kontaktpersonen der Kontaktperson endet mit dem Ende der Absonderungszeit der Kontaktperson der Kategorie I oder Kontaktperson der Kategorie Cluster-Schüler nach Mitteilung durch die zuständige Behörde. 3Die zuständige Behörde kann aus wichtigem Grund im Einzelfall Abweichungen von Satz 1 und 2 zulassen. 4§ 6 Absatz 2 der Corona-Verordnung Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen bleibt unberührt."

Die in § 4a Satz 2 CoronaVO Absonderung in Bezug genommene Absonderungszeit einer Kontaktperson der Kategorie I endet gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 CoronaVO Absonderung grundsätzlich 14 Tage nach dem letzten Kontakt mit der positiv getesteten Person gemäß der Mitteilung der zuständigen Behörde. Die Absonderungszeit einer Kontaktperson der Kategorie Cluster-Schüler endet gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Halbs. 1 und 2 CoronaVO Absonderung grundsätzlich 14 Tage nach dem letzten Kontakt mit der positiv getesteten Person, wobei ab dem fünften Tag die Absonderung mittels eines frühestens an diesem Tag vorgenommenen Tests mit negativem Ergebnis beendet werden kann, sobald feststeht, dass bei der positiv getesteten Person keine besorgniserregende Virusvariante (im Folgenden: VOC [variant of concern]) festgestellt wurde.

Die Antragstellerin zu 1, eine ... im Dienst des Antragsgegners, und der Antragsteller zu 1, ein selbständiger Rechtsanwalt, sind verheiratet und Eltern dreier schulpflichtiger Kinder. Das jüngste Kind besucht die 4. Klasse einer Grundschule, in der derzeit Präsenzunterricht im Wechselmodell stattfindet. Die beiden anderen Kinder besuchen weiterführende Schulen, an denen gegenwärtig noch kein Präsenzunterricht angeboten wird.

Die Antragsteller tragen zur Begründung ihres Eilantrags vor, dieser sei zulässig. Dem stehe nicht entgegen, dass sie von § 4a Satz 1 und 2 CoronaVO Absonderung derzeit noch nicht unmittelbar betroffen seien, da die Voraussetzungen dieser Vorschrift insbesondere aufgrund des Schulbesuchs ihres jüngsten Kindes jederzeit eintreten könnten. Die Vorschrift entfalte zudem Vorwirkungen auf ihr Verhalten, weil sich ihnen bereits jetzt die Frage stelle, ob sie dieses Kind weiterhin in den Präsenzunterricht schickten.

Der Eilantrag sei auch begründet. Der angefochtene § 4a Satz 1 und 2 CoronaVO Absonderung sei bereits von der Ermächtigungsgrundlage in § 32 Satz 1 i.V.m. § 28 Abs. 1, § 30 Abs. 1 und § 2 Nr. 7 IfSG nicht gedeckt, weil es sich bei "Kontaktpersonen von Kontaktpersonen" nicht um "Ansteckungsverdächtige" im Sinne von § 2 Nr. 7 IfSG handele. Die abstrakt-generelle Einstufung eines Personenkreises als ansteckungsverdächtig müsse auf konkret nachvollziehbare und belastbare tatsächliche Grundlagen gestützt werden. Bei der damit geforderten infektiologischen Bewertung des Sachverhalts komme den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts (RKI) eine herausgehobene Bedeutung zu. Dieses habe aber in seiner fachlichen Leitlinie "Kontaktpersonen-Nachverfolgung bei SARS-CoV-2-Infektionen" (Stand 05.03.2021), die unter Berücksichtigung der VOC aktualisiert worden sei, ausdrücklich ausgeführt, dass die "Quarantäneanordnung (...) nur für Kontaktpersonen der Kategorie 1 (KP1) (gilt); für Haushaltsmitglieder von Kontaktpersonen der Kategorie 1 muss keine Quarantäne angeordnet werden. Allerdings ist es wichtig, dass die Haushaltsmitglieder informiert werden und sich als enge Kontakte von Kontaktpersonen (Kat. 1) an bestimmte Verhaltensregeln im Haushalt halten" (RKI, a.a.O., Hervorhebung durch die Antragsteller). Damit weiche die Corona-Verordnung Absonderung von den Empfehlungen des RKI ab, ohne dass dies in der Verordnungsbegründung auch nur erwähnt werde. Eine pauschale Einordnung von "Kontaktpersonen von Kontaktpersonen" als Ansteckungsverdächtige verbiete sich auch deshalb, weil die Kontakte und Ansteckungsrisiken in einem Haushalt sehr unterschiedlich sein könnten. Die vom Verordnungsgeber formulierte Begründung für die (pauschale) Absonderungspflicht der "Kontaktpersonen der Kontaktpersonen" bei Fällen von VOC sei auch deshalb nicht überzeugend, weil der Einstufung einer Person als "Kontaktperson der Kategorie I" oder "Kontaktperson der Kategorie Cluster-Schüler" in jedem Fall eine Einstufung der zuständigen Behörde vorangehe, bei der die Rahmenbedingungen des Kontakts und die Übertragungswahrscheinlichkeit zu berücksichtigen seien.

Unabhängig von der fehlenden Ermächtigungsgrundlage begründe die angefochtene Regelung einen schwerwiegenden Eingriff in das Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG), der nicht verhältnismäßig sei. Die beanstandeten Vorschriften seien zur Erreichung des vom Antragsgegner verfolgten Ziels, die Ansteckungswahrscheinlichkeit mit VOC zu reduzieren, schon nicht erforderlich. Als milderes Mittel komme insbesondere in Betracht, zunächst die Kontaktpersonen und dann deren Haushaltsangehörigen zeitnah und ggf. auch wiederholt zu testen. Im Falle eines positiven Tests würden die "Kontaktpersonen der Kontaktpersonen" automatisch zu "haushaltsangehörigen Personen" im Sinne von § 1 Nr. 4 CoronaVO Absonderung und unterlägen als solche der der Absonderungspflicht. Eine solche Vorgehensweise sei bereits deshalb möglich, weil bei der doppelten Infektionskette von der infizierten Person über eine Kontaktperson zur "Kontaktperson der Kontaktperson" eine doppelte Inkubationszeit anzusetzen sei. Die angefochtenen Vorschriften seien unabhängig davon jedenfalls unangemessen (unverhältnismäßig im engeren Sinne). Die Cluster von Schülerinnen und Schülern im Sinne von § 1 Nr. 6 CoronaVO Absonderung bestünden zurzeit regelmäßig aus mindestens zehn Personen. Bei angenommenen drei Haushaltsangehörigen pro Kind resultiere aus der angefochtenen Regelung eine zwingende 14tägige Quarantäne für mindestens 40 Personen zu jedem einzelnen Infektionsfall mit einer VOC. Der Kreis der von diesem Mechanismus betroffenen Personen könne, wie sich in der Praxis bereits gezeigt habe, unter Umständen auch deutlich größer sein. Bei der in der Grundschule anstehenden Rückkehr zum Präsenzunterricht ohne Wechselmodell werde ein Infektionsfall bei der üblichen Klassengröße von ca. 25 Kindern für etwa 100 Personen eine Quarantäne auslösen. Für sie (die Antragsteller) hätte dies gravierende Einschränkungen in der Berufsausübung zur Folge. Den beiden älteren Geschwistern würde zudem die letzte Möglichkeit genommen, durch Bewegung im Freien noch einen Ausgleich zum psychisch zunehmend belastenden Homeschooling zu finden. Die angefochtene Regelung erweise sich umso mehr als unverhältnismäßig im engeren Sinne, als mit der Einführung des § 4a CoronaVO Absonderung für VOC zugleich die Möglichkeit abgeschafft worden sei, die Dauer der Absonderung mittels eines negativen PCR-Tests im Wege eines sog. Freitestens abzukürzen.

Der Antragsgegner ist dem Antrag entgegengetreten.

Er macht unter anderem geltend, es bestünden bereits Bedenken gegen die Zulässigkeit des Antrags, weil die Antragsteller von der angefochtenen Regelung derzeit nicht unmittelbar betroffen seien und der Eintritt einer Absonderungspflicht zudem stets einen behördlichen Zwischenschritt erfordere, gegen den sich die Antragsteller mit Anträgen nach § 80 oder § 123 VwGO zur Wehr setzen könnten.

Der Eilantrag sei jedenfalls unbegründet. Die Voraussetzungen der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage lägen vor. Insbesondere handele es sich bei "Kontaktpersonen der Kontaktpersonen" um "ansteckungsverdächtige" Personen im Sinne von § 2 Nr. 7 IfSG. Die in Baden-Württemberg flächendeckend festgestellten VOC wiesen eine erheblich höhere Infektiosität auf, als der sog. Wildtyp des SARS-CoV-2-Virus. Die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung von einer infizierten Person auf eine Person der Kategorie I sei damit signifikant erhöht. Dies gelte insbesondere für Kontaktpersonen der Kategorie Cluster-Schüler in der Grundschule, weil gerade bei jüngeren Schülerinnen und Schülern die konsequente Einhaltung von Hygienevorgaben nicht vollständig umsetzbar sei. Hinzu komme, dass Haushaltsangehörige einer Kontaktperson I untereinander in der Regel sehr engen und dauerhaften Kontakt pflegten. Die Bewertung des Verordnungsgebers und der Infektiologen des Landes stehe auch nicht in Widerspruch zu den Äußerungen des RKI. Dieses stelle zwar (a.a.O.) fest, dass eine Quarantäneanordnung nur für Kontaktpersonen der Kategorie I gelte und für Haushaltsmitglieder von Kontaktpersonen der Kategorie I keine Quarantäne angeordnet werden "muss". Das RKI habe in den von den Antragstellern zitierten Passagen aber gerade nicht zwischen Infektionen mit dem sog. Wildtyp und Infektionen mit einer VOC differenziert und sich insofern auch nicht zu der gesondert zu bewertenden Frage geäußert, inwiefern der Personenkreis der Ansteckungsverdächtigen bei Infektionen mit einer VOC weiter gefasst werden sollte. Für die der angefochtenen Regelung zugrundeliegende Wertung spreche auch ein Vergleich zu den Regelungen der Verordnung des Sozialministeriums zu Quarantänemaßnahmen für Ein- und Rückreisende zur Bekämpfung des Coronavirus SARS-CoV-2 (Corona-Verordnung Einreise-Quarantäne - CoronaVO EQ) vom 17.02.2021 in der Fassung der Änderungsverordnung vom 24.02.2021. Wenn Personen - wie in dieser Verordnung geregelt und vom Senat bisher nicht beanstandet - nach einer Einreise aus einem Risikogebiet unabhängig vom Nachweis eines Risikokontakts als Ansteckungsverdächtige im Sinne von § 30 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 2 Nr. 7 IfSG qualifiziert werden könnten, müsse dies erst recht bei Personen angenommen werden, die tatsächlich in einem unmittelbaren oder sehr engen mittelbaren Kontakt mit einer nachweislich infizierten Person gestanden hätten.

Die angefochtene Regelung begründe auch keine unverhältnismäßigen Grundrechtseingriffe. Sie sei zur Zielerreichung insbesondere erforderlich. Die von den Antragstellern vorgeschlagene Testung von Kontaktpersonen sei nicht ebenso geeignet wie eine Absonderung, insbesondere, weil eine Testung immer mit zeitlichem Verzug erfolge und hinsichtlich der VOC zudem noch keine belastbaren Erkenntnisse über die Dauer der Infektion und die Inkubationszeit vorlägen. Angesichts des erhöhten Infektionspotenzials der VOC, den Auswirkungen einer (unentdeckt) verlaufenden Ausbreitung der Infektion auf eine Vielzahl von Personen und des Umstands, dass eine Rückverfolgbarkeit von Infektionsketten derzeit nicht flächendeckend gewährleistet werden könne, erachte er (der Antragsgegner) die Erstreckung der Absonderungspflicht auf "Kontaktpersonen von Kontaktpersonen" auch als angemessen. Für die individuelle Eingriffswirkung komme es nicht darauf an, wie viele Personen von einer Maßnahme betroffen seien. Zu berücksichtigen sei ferner, dass die Dauer der Absonderung faktisch regelmäßig weniger als 14 Tage betrage, weil zwischen dem letzten Kontakt mit der positiv getesteten Person und dem Nachweis, dass eine Infektion auf eine VOC zurückzuführen sei, in der Praxis einige Tage vergingen. Ebenfalls zu berücksichtigen sei, dass gerade bei Kindern und Jugendlichen, die sich als Kontaktperson der Kategorie I oder der Kategorie Cluster-Schüler in Absonderung befänden, eine Betreuung auch während der Absonderung gewährleistet sein müsse, die aufgrund des absonderungsbedingten Kontaktverbots nicht durch Dritte gewährleistet werden könne. Außerdem habe § 4a CoronaVO Absonderung Entschädigungsansprüche nach § 56 Abs. 1 IfSG zur Folge. Die persönlichen Auswirkungen auf die von § 4a CoronaVO Absonderung Betroffenen könnten die mit der Regelung beabsichtigten positiven Folgen - die Eingrenzung der Ausweitung der VOC, die Reduzierung der Zahl der Neuinfektionen und der Todesfälle sowie die Sicherung der Funktionsfähigkeit der intensivmedizinischen Gesundheitsversorgung - nicht aufwiegen. Selbst wenn man die Erfolgsaussichten eines Normenkontrollantrags in der Hauptsache als offen bewerten wolle, falle die im Rahmen des Eilverfahrens gebotene Interessenabwägung zu seinen (des Antragsgegners) Gunsten aus. Dafür spreche auch, dass die Antragsteller ihre beruflichen Tätigkeiten während einer etwaigen Absonderung weiter ausüben könnten und dürften.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Der Senat entscheidet über den Antrag der Antragsteller auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO in der Besetzung mit drei Richtern (§ 9 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 VwGO). Die Besetzungsregelung in § 4 AGVwGO ist auf Entscheidungen nach § 47 Abs. 6 VwGO nicht anwendbar (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 15.12.2008 - GRS 1/08 - ESVGH 59, 154).

Der Antrag hat Erfolg. Er ist zulässig (1.) und begründet (2.).

1. Der Antrag ist zulässig.

Ein Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO ist zulässig, wenn ein in der Hauptsache gestellter oder noch zu stellender Normenkontrollantrag nach § 47 Abs. 1 VwGO voraussichtlich zulässig ist (vgl. zu dieser Voraussetzung Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl., § 47 Rn. 387) und die gesonderten Zulässigkeitsvoraussetzungen für den Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO erfüllt sind. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

a) Die Statthaftigkeit eines Antrags in der Hauptsache folgt aus § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO, § 4 AGVwGO. Danach entscheidet der Verwaltungsgerichtshof auch außerhalb des Anwendungsbereichs des § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO über die Gültigkeit von im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften. Dazu gehören Verordnungen - wie hier - eines Landesministeriums.

b) Die Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist gewahrt.

c) Die Antragsteller sind auch antragsbefugt.

Die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO hat jede natürliche oder juristische Person, die geltend machen kann, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Es genügt dabei, wenn die geltend gemachte Rechtsverletzung möglich erscheint (ausf. dazu Senat, Urt. v. 29.04.2014 - 1 S 1458/12 - VBlBW 2014, 462 m.w.N.). Danach liegt eine Antragsbefugnis vor. Es ist jedenfalls nicht von vornherein nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen, dass die Antragsteller durch § 4a Satz 1 und 2 CoronaVO in absehbarer Zeit jeweils in ihren Grundrechten auf allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) und Freizügigkeit der Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) verletzt werden.

d) Für den Antrag in der Hauptsache und den nach § 47 Abs. 6 VwGO liegt ein Rechtsschutzinteresse vor. Denn die Antragsteller können mit einem Erfolg dieser Anträge ihre Rechtsstellung jeweils verbessern.

Der Zulässigkeit steht auch nicht entgegen, dass die Antragsteller mit ihrem Antrag derzeit der Sache nach vorbeugenden vorläufigen Rechtsschutz begehren. Für die Inanspruchnahme von vorbeugendem einstweiligem Rechtsschutz ist zwar auch bei von dem jeweiligen Antragsteller befürchteten Maßnahmen auf dem Gebiet des Infektionsschutzrechts ein qualifiziertes Rechtsschutzbedürfnis erforderlich (Senat, Beschl. v. 08.02.2021 - 1 S 3952/20 - juris, m.w.N.). Das dafür erforderliche spezielle, gerade auf die Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes gerichtete Rechtsschutzinteresse ist aber im vorliegenden Einzelfall vorhanden. Die Antragsteller müssen sich nicht darauf verweisen lassen, den Eintritt der befürchteten Absonderungspflicht abzuwarten und dann nachträglichen einstweiligen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen. Dem steht die Schwere der Grundrechtseingriffe, die durch eine Quarantänepflicht der hier normierten Art bewirkt werden, in Verbindung mit der Kurzfristigkeit einer solchen Maßnahme entgegen.

2. Der Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO ist auch begründet.

Nach § 47 Abs. 6 VwGO kann der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Prüfungsmaßstab im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO sind zunächst die Erfolgsaussichten des Normenkontrollantrags in der Hauptsache, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen. Ist danach der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Ergibt diese Prüfung, dass ein Normenkontrollantrag in der Hauptsache voraussichtlich begründet wäre, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug der streitgegenständlichen Satzung oder Rechtsvorschrift zu suspendieren ist. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn der (weitere) Vollzug der Rechtsvorschrift vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist. Lassen sich die Erfolgsaussichten des Normenkontrollverfahrens nicht abschätzen, ist über den Erlass einer beantragten einstweiligen Anordnung im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden: Gegenüberzustellen sind die Folgen, die einträten, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Antrag nach § 47 Abs. 1 VwGO aber erfolglos bliebe. Die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechenden Erwägungen müssen die gegenläufigen Interessen dabei deutlich überwiegen, also so schwer wiegen, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung - trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache - dringend geboten ist (BVerwG, Beschl. v. 25.02.2015 - 4 VR 5.14 -, ZfBR 2015, 381; Beschl. v. 16.09.2015 - 4 VR 2/15 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 09.08.2016 - 5 S 437/16 -, juris m.w.N.; Beschl. v. 13.03.2017 - 6 S 309/17 - juris). Mit diesen Voraussetzungen stellt § 47 Abs. 6 VwGO an die Aussetzung des Vollzugs einer untergesetzlichen Norm erheblich strengere Anforderungen, als § 123 VwGO sie sonst an den Erlass einer einstweiligen Anordnung stellt (BVerwG, Beschl. v. 18.05.1998 - 4 VR 2/98 - NVwZ 1998, 1065).

An diesen Maßstäben gemessen ist der Antrag der Antragsteller begründet. Ein gegen § 4a Satz 1 und 2 CoronaVO Absonderung gerichteter Normenkontrollantrag hätte in der Hauptsache gegenwärtig aller Voraussicht nach Erfolg (a)). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist auch im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO dringend geboten (b)).

a) Ein gegen § 4a Satz 1 und 2 CoronaVO Absonderung gerichteter Normenkontrollantrag nach § 47 Abs. 1 VwGO hätte im Hauptsacheverfahren zum gegenwärtigen Zeitpunkt aller Voraussicht nach Erfolg. § 4a Satz 1 und 2 CoronaVO dürfte mit höherrangigem Recht nicht vereinbar sein. Die Regelung erfüllt die Tatbestandsvoraussetzungen ihrer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage voraussichtlich nicht (aa) und erweist sich unabhängig davon als unverhältnismäßiger Eingriff in Grundrechte der Antragsteller (bb).

aa) Für die angefochtene Regelung besteht voraussichtlich keine ausreichende gesetzliche Ermächtigungsgrundlage.

Nach § 32 Satz 1 und 2 i.V.m. § 30 Abs. 1 Satz 2, § 28 Satz 1 und 2 IfSG kann durch Rechtsverordnung der Landesregierung oder der von ihr im Wege der Subdelegation ermächtigten anderen Stelle, solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist, bei sonstigen Kranken sowie Krankheitsverdächtigten, Ansteckungsverdächtigen und Ausscheidern angeordnet werden, dass sie in einem geeigneten Krankenhaus oder in sonst geeigneter Weise abgesondert werden. Hierauf gestützt hat die Landesregierung in § 17 der Verordnung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus SARS-CoV-2 (Corona-Verordnung - CoronaVO) vom 30.11.2020 in der Fassung vom 13.02.2021 das Sozialministerium ermächtigt, durch Rechtsverordnung Regelungen zu Absonderungspflichten und damit im Zusammenhang stehenden weiteren Pflichten und Maßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus zu erlassen, insbesondere (Nr. 2) die Absonderung von Kranken, Krankheitsverdächtigen, Ansteckungsverdächtigen und Ausscheidern, in geeigneter Weise gemäß § 30 Abs. 1 Satz 2 IfSG, sowie Ausnahmen hiervon und Auflagen einschließlich weiterer Anordnungen hierzu vorzuschreiben.

Auf diese Ermächtigungsgrundlage hat das Sozialministerium § 4a CoronaVO gestützt. Die sich aus der Ermächtigungsgrundlage ergebenden Voraussetzungen waren jedoch aller Voraussicht nach nicht erfüllt. Denn bei "Kontaktpersonen von Kontaktpersonen" im Sinne von § 1 Nr. 8 und § 4a CoronaVO Absonderung handelt es sich voraussichtlich nicht um Personen aus dem Kreis derjenigen Personen, die nach § 30 Abs. 1 Satz 2 IfSG allein Adressaten einer Absonderungspflicht sein können.

Der Adressatenkreis des § 30 Abs. 1 Satz 2 IfSG ist in § 2 Nr. 4 bis Nr. 7 IfSG legaldefiniert. Danach ist "Kranker" eine Person, die an einer übertragbaren Krankheit erkrankt ist, "Krankheitsverdächtiger" eine Person, bei der Symptome bestehen, welche das Vorliegen einer bestimmten übertragbaren Krankheit vermuten lassen, und "Ausscheider" eine Person, die Krankheitserreger ausscheidet und dadurch eine Ansteckungsquelle für die Allgemeinheit sein kann, ohne krank oder krankheitsverdächtig zu sein. "Ansteckungsverdächtiger" ist schließlich eine Person, von der anzunehmen ist, dass sie Krankheitserreger aufgenommen hat, ohne krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider zu sein (vgl. dazu bereits Senat, Beschl. v. 15.01.2021 - 1 S 4180/20 - juris, zur CoronaVO Absonderung in der alten Fassung vom 10.01.2021).

Zu diesen Personen zählen die "Kontaktpersonen von Kontaktpersonen" im Sinne von § 1 Nr. 8 und § 4a CoronaVO Absonderung voraussichtlich nicht.

Nach § 1 Nr. 8 CoronaVO Absonderung wird eine Person ohne weitere tatbestandliche Voraussetzungen oder behördliche Einzelfallprüfung zur "Kontaktperson einer Kontaktperson", wenn sie mit einer Kontaktperson der Kategorie I (§ 1 Nr. 5 CoronaVO Absonderung) oder einer "Kontaktperson der Kategorie Cluster-Schüler" (§ 1 Nr. 6 CoronaVO Absonderung) in einer faktischen Wohngemeinschaft zusammenlebt. Die so definierte "Kontaktperson der Kontaktperson" erfüllt nicht die Voraussetzungen eines "Kranken" (§ 2 Nr. 4 IfSG). Denn der Verordnungsgeber knüpft nicht daran an, dass die Person tatsächlich an einer übertragbaren Krankheit - hier an der durch das Coronavirus SARS-CoV-2 ausgelösten Krankheit COVID-19 (vgl. zur Einordnung derselben als übertragbare Krankheit nur Senat, Beschl. v. 15.01.2021, a.a.O.) - leidet. Die "Kontaktperson der Kontaktperson" im Sinne von § 1 Nr. 8 CoronaVO ist auch kein "Krankheitsverdächtiger" (§ 2 Nr. 4 IfSG) oder "Ausscheider" (§ 2 Nr. 5 IfSG). Denn der Verordnungsgeber hat für die Einstufung als "Kontaktperson der Kontaktperson" nicht vorausgesetzt, dass feststeht, dass diese Krankheitssymptome aufweist oder gar Krankheitserreger ausscheidet.

Die Voraussetzungen des damit nur noch in Betracht kommenden Tatbestands aus § 2 Nr. 7 IfSG erfüllt eine "Kontaktperson der Kontaktperson" im Sinne von § 1 Nr. 8 CoronaVO voraussichtlich ebenfalls nicht. Die Verordnungsgeber hat keine ausreichenden Tatbestandsvoraussetzungen aufgestellt, die es rechtfertigen würden, die unter § 1 Nr. 8 CoronaVO fallenden Personen ohne weiteres und ausnahmslos als "Ansteckungsverdächtige" im Sinne von § 2 Nr. 7 IfSG einzuordnen. Die bloße Zugehörigkeit zu einem gemeinsamen Haushalt mit einer Kontaktperson der Kategorie I oder der Kategorie Cluster-Schüler, an die § 1 Nr. 8, § 4a CoronaVO alleine anknüpfen, genügen hierfür nicht (im Ergebnis ebenso zu im Übrigen voraussetzungslosen Absonderungsanordnungen gegenüber Familienmitgliedern von Kontaktpersonen der Kategorie I OVG NRW, Beschl. v. 15.09.2020 - 13 B 1376/20 -, juris, und VG Cottbus, Beschl. v. 18.02.2021 - 18.02.2021 - 8 L 70/21 - juris).

"Ansteckungsverdächtiger" im Sinne von § 2 Nr. 7 IfSG ist, wie gezeigt, eine Person, von der anzunehmen ist, dass sie Krankheitserreger aufgenommen hat, ohne krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider zu sein. Die Aufnahme von Krankheitserregern im Sinne von § 2 Nr. 7 IfSG ist im Sinne dieser Vorschrift "anzunehmen", wenn der Betroffene mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Kontakt zu einer infizierten Person oder einem infizierten Gegenstand hatte. Die Vermutung, der Betroffene habe Krankheitserreger aufgenommen, muss naheliegen. Eine bloß entfernte Wahrscheinlichkeit genügt nicht. Demzufolge ist die Annahme eines Ansteckungsverdachts nicht schon gerechtfertigt, wenn die Aufnahme von Krankheitserregern nicht auszuschließen ist. Andererseits ist auch nicht zu verlangen, dass sich die Annahme "geradezu aufdrängt". Erforderlich und ausreichend ist, dass die Annahme, der Betroffene habe Krankheitserreger aufgenommen, wahrscheinlicher ist als das Gegenteil (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.03.2012 - 3 C 16.11 -, juris; Senat, Beschl. v. 15.01.2021, a.a.O.).

Für die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckungsgefahr gilt allerdings kein strikter, alle möglichen Fälle gleichermaßen erfassender Maßstab. Es ist der im allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht geltende Grundsatz heranzuziehen, dass an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts umso geringere Anforderungen zu stellen sind, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist. Dafür sprechen das Ziel des Infektionsschutzgesetzes, eine effektive Gefahrenabwehr zu ermöglichen (§§ 1 Abs. 1, 28 Abs. 1 IfSG), sowie der Umstand, dass die betroffenen Krankheiten nach ihrem Ansteckungsrisiko und ihren Auswirkungen auf die Gesundheit des Menschen unterschiedlich gefährlich sind. Im Falle eines hochansteckenden Krankheitserregers, der bei einer Infektion mit großer Wahrscheinlichkeit zu einer tödlich verlaufenden Erkrankung führen würde, drängt sich angesichts der schwerwiegenden Folgen auf, dass die vergleichsweise geringe Wahrscheinlichkeit eines infektionsrelevanten Kontakts genügt. Das Beispiel zeigt, dass es sachgerecht ist, einen am Gefährdungsgrad der jeweiligen Erkrankung orientierten, "flexiblen" Maßstab für die hinreichende (einfache) Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.3.2012, a.a.O., m.w.N.; Senat, Beschl. v. 15.01.2021, a.a.O.). Ob gemessen daran ein Ansteckungsverdacht im Sinne von § 2 Nr. 7 IfSG zu bejahen ist, beurteilt sich unter Berücksichtigung der Eigenheiten der jeweiligen Krankheit und der verfügbaren epidemiologischen Erkenntnisse und Wertungen sowie anhand der Erkenntnisse über Zeitpunkt, Art und Umfang der möglichen Exposition der betreffenden Person und über deren Empfänglichkeit für die Krankheit. Es ist erforderlich, dass das zugrundeliegende Erkenntnismaterial belastbar und auf den konkreten Fall bezogen ist. Die Feststellung eines Ansteckungsverdachts setzt voraus, dass die Behörde zuvor Ermittlungen zu infektionsrelevanten Kontakten des Betroffenen angestellt hat; denn ohne aussagekräftige Tatsachengrundlage lässt sich nicht zuverlässig bewerten, ob eine Aufnahme von Krankheitserregern anzunehmen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.3.2012, a.a.O.). Allerdings hat der Gesetzgeber in § 32 Satz 1 IfSG den Erlass von Rechtsverordnungen und damit von abstrakt-generellen Regelungen vorgesehen. Eine auf den konkreten Einzelfall bezogene Ermittlungstätigkeit kann vom Verordnungsgeber infolgedessen nicht erwartet werden. Wohl aber hat er seine Regelungen, die nur "unter den Voraussetzungen, die für Maßnahmen nach den §§ 28 bis 31 maßgebend sind", erlassen werden können, auf konkret nachvollziehbare und belastbare tatsächliche Grundlagen zu stützen (Senat, Beschl. v. 15.01.2021, a.a.O.; OVG NRW, Beschl. v. 13.07.2020 - 13 B 968/20.NE -, juris; NdsOVG, Beschl. v. 05.06.2020 - 13 MN 195/20 - juris; ThürOVG, Beschl. v. 15.06.2020 - 3 EN 375/20 -, juris).

Gemessen an diesen Voraussetzungen dürfte zwar für den in § 1 Nr. 4 bis 6 CoronaVO Absonderung erfassten Personenkreis ("Haushaltsangehörige Personen", also Person, die mit der positiv getesteten Person in einer faktischen Wohngemeinschaft zusammenleben, "Kontaktpersonen der Kategorie I" sowie "Kontaktpersonen der Kategorie Cluster-Schüler") ein hinreichender Ansteckungsverdacht anzunehmen sein (vgl. dazu Senat, Beschl. v. 15.01.2021, a.a.O.). Für "Kontaktpersonen der Kontaktpersonen" gilt dies hingegen voraussichtlich nicht. Gegenwärtig ist zwar davon auszugehen, dass es sich bei dem SARS-CoV-2-Virus, insbesondere bei seinen VOC, um einen hochansteckenden Krankheitserreger handelt, der bei einer Infektion mit jedenfalls beachtlicher Wahrscheinlichkeit in einer erheblichen Zahl von Fällen zu einer tödlich verlaufenden Erkrankung führen kann. Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass deshalb nach dem oben Gesagten eine vergleichsweise geringe Wahrscheinlichkeit eines infektionsrelevanten Kontakts genügt, um eine Person als "ansteckungsverdächtig" einzuordnen, fehlt es derzeit voraussichtlich an genügenden epidemiologischen Erkenntnissen und Wertungen, die den Schluss zulassen, dass jede Person, die im Haushalt mit einer "Kontaktpersonen der Kategorie I" oder einer "Kontaktpersonen der Kategorie Cluster-Schüler" zusammenlebt, ohne weitere Voraussetzungen allein deshalb und einzelfallunabhängig mit überwiegender Wahrscheinlichkeit Krankheitserreger - eine VOC - aufgenommen hat.

Das gemäß § 4 IfSG unter anderem zur frühzeitigen Erkennung und Verhinderung der Weiterverbreitung von Infektionen und dahingehender Analysen und Forschungen berufene RKI (vgl. dazu bereits Senat, Beschl. v. 30.05.2020 - 1 S 1651/20 - juris und v. 13.05.2020 - 1 S 1314/20 - juris) geht aktuell offenkundig nicht davon aus, dass allein die Haushaltszugehörigkeit einen solchen Schluss rechtfertigt. Denn es hat in seiner Ausarbeitung "Kontaktpersonen-Nachverfolgung bei SARS-CoV-2-Infektionen" (Stand 05.03.2021), wie die Antragsteller zurecht hervorheben, in den "Hinweisen zur Anordnung der Quarantäne" ausgeführt (a.a.O., Hervorhebung durch den Senat):

"Kontaktpersonen der Kategorie 1 müssen sich unverzüglich für 14 Tage häuslich absondern (Quarantäne) - gerechnet ab dem letzten Tag des Kontaktes zum Quellfall. Aufgrund der beobachteten Zunahme der besorgniserregenden SARS-CoV-2-Varianten entfällt aufgrund derzeit fehlender Daten, mindestens so lange bis mehr Erfahrungen vorliegen, die Möglichkeit einer Verkürzung der häuslichen Absonderung durch einen negativen SARS-CoV-2-Test, unabhängig vom Vorliegen eines Hinweises auf oder dem Nachweis von besorgniserregenden Varianten beim Quellfall. Am vierzehnten Tag sollte nach Maßgaben des zuständigen Gesundheitsamts vor Entlassung aus der Quarantäne ein Antigenschnelltest oder PCR-Nachweis durchgeführt werden.

- Die Quarantäneanordnung gilt nur für Kontaktpersonen der Kategorie 1 (KP1); für Haushaltsmitglieder von Kontaktpersonen der Kategorie 1 muss keine Quarantäne angeordnet werden. Allerdings ist es wichtig, dass die Haushaltsmitglieder informiert werden und sich als enge Kontakte von Kontaktpersonen (Kat. 1) an bestimmte Verhaltensregeln im Haushalt halten (...).

Kontaktpersonen der Kategorie 1 sollten auch ihre engen Kontakte außerhalb des Haushalts informieren, mit der Bitte ebenfalls auf Krankheitssymptome zu achten und Kontakte zu minimieren, für den Fall, dass die Kontaktperson der Kategorie 1 vor oder während der Ermittlungen durch das Gesundheitsamt bereits infiziert war und prä- oder asymptomatisch SARS-CoV-2 übertragen hat. (...)".

Diesen Ausführungen des RKI liegt ersichtlich die epidemiologische Wertung zugrunde, dass Haushaltsangehörige von Kontaktpersonen der Kategorie I nicht ohne weiteres - alleine wegen ihrer Haushaltszugehörigkeit - als ansteckungsverdächtig eingeordnet werden können.

Der Antragsgegner kann dem nicht seinen sinngemäßen Einwand entgegenhalten, das RKI habe hierbei nicht ausreichend zwischen dem sog. Wildtyp und den VOC des Coronavirus differenziert. Bereits das Zitat des oben zitierten einleitenden Absatzes belegt, dass das RKI (auch) bei seinen "Hinweisen zur Anordnung der Quarantäne" die dort eigens erwähnten VOC berücksichtigt hat. Der Antragsgegner nimmt bei seinem Einwand insgesamt nicht ausreichend in den Blick, dass das RKI die Ausarbeitung "Kontaktpersonen-Nachverfolgung bei SARS-CoV-2-Infektionen" mehrfach und zuletzt am 05.03.2021 überarbeitet hat und darin wiederholt auch auf die Besonderheiten der VOC eingegangen ist.

Konkret nachvollziehbare und belastbare tatsächliche Grundlagen, die eine von dem RKI abweichende epidemiologische Einschätzung rechtfertigen würden, hat der Antragsgegner auch sonst nicht vorgelegt oder wenigstens benannt. In der in erster Linie maßgeblichen (vgl. § 28a Abs. 5 Satz 1 IfSG) Begründung der Verordnung des Sozialministeriums zur Änderung der Corona-Verordnung Absonderung vom 24.02.2021, mit der § 1 Nr. 8 und § 4a in die Corona-Verordnung Absonderung eingefügt wurden, hat der Verordnungsgeber unter anderem ausgeführt, dass sich die VOC nach seinen Erkenntnissen schnell ausbreiteten und signifikant ansteckender seien als der bisherige sog. Wildtyp und dass sich auch die Altersstruktur der von den VOC betroffenen Personen deutlich vom ursprünglichen Virus unterscheide (vgl. Verordnungsbegründung, Allgemeiner Teil, abrufbar unter https://www.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/m-sm/intern/downloads/Downloads_Gesundheitsschutz/210224_SM_CoronaVO_Absonderung_Begruendung.pdf, zuletzt abgerufen am 16.03.2021). Über diese allgemeinen Erwägungen hinaus finden sich in der Einzelbegründung zu § 4a CoronaVO jedoch keine epidemiologisch näher belegten und nachvollziehbar begründeten Ausführungen dazu, weshalb der Schluss gerechtfertigt sein sollte, dass sämtliche Haushaltsangehörige von Kontaktpersonen der Kategorie I oder von Cluster-Schülern ohne weiteres - alleine wegen ihrer Haushaltszugehörigkeit - und undifferenziert als ansteckungsverdächtig eingeordnet werden können. Dort heißt es lediglich:

"Der neue § 4a regelt nun die Absonderungspflicht von haushaltsangehörigen Personen, der Kontaktpersonen der Kategorie I bzw. der Kategorie Cluster-Schüler und somit die Absonderungspflicht von Kontaktpersonen der Kontaktperson. Als wesentliche Neuerung sind nunmehr bei einer bei der positiv getesteten Person (Indexfall) identifizierten besorgniserregenden Virusvariante neben den eigentlichen Kontaktpersonen des Indexfalles auch die Haushaltsangehörigen besagter Kontaktpersonen absonderungspflichtig.

Dies wird bereits seit 29. Januar 2021 durch die Gesundheitsämter mittels Einzelanordnung (Verwaltungsakt) mit den nunmehr in der Corona-Verordnung Absonderung geregelten Maßgaben umgesetzt. Aus Gründen der Praktikabilität soll diese Regelung nun auch in der Verordnung verankert werden. So genügt eine formlose Mitteilung der Behörden über die Eigenschaft als Kontaktpersonen der Kontaktperson im Sinne des § 1 Nummer 8 der Corona-Verordnung Absonderung. Somit kann auch bei zeitlichen Verzögerungen sichergestellt werden, dass eine Kontaktperson der Kontaktperson frühzeitig in Absonderung verbracht wird. Nur dann kann der Zweck dieser Maßnahme auch greifen.(...)

Bisher und auch weiterhin besteht für Kontaktpersonen der Kontaktperson bei Nichtvariantenträgern keine Absonderungspflicht. Die unterschiedliche Behandlung dieser Kontaktpersonenkategorie resultiert aus der höheren Übertragungswahrscheinlichkeit bei besorgniserregenden Varianten. Bei Fällen mit besorgniserregenden Virusvarianten ist davon auszugehen, dass wesentlich mehr Kontaktpersonen der Kategorie I bzw. der Kategorie Cluster-Schüler tatsächlich auch erkranken bzw. infiziert sind. Es ist anzunehmen, dass in der häuslichen Umgebung in den meisten Fällen die geltenden Hinweise zum Umgang mit in Absonderung befindlichen Kontaktpersonen nur schwer eingehalten werden können. Meist vergehen zudem einige Tage, bis eine Kontaktperson der Kategorie I bzw. Cluster-Schüler von dem Umstand erfährt, Kontaktperson eines Virusvariantenträgers zu sein."

Diese im Wesentlichen auf eine Verstetigung einer Verwaltungspraxis bezogenen und allgemein auf eine höhere Übertragungswahrscheinlichkeit der VOC abstellende Begründung fällt gemessen an den oben aufgezeigten Maßstäben zu pauschal und undifferenziert aus, um den Schluss zu rechtfertigen, sämtliche Haushaltsangehörige von Kontaktpersonen der Kategorie I oder von Cluster-Schülern seien ohne weiteres - alleine wegen ihrer Haushaltszugehörigkeit und ohne Blick auf den Einzelfall, namentlich die Umstände des Kontakts zwischen der Kontaktperson I bzw. dem Cluster-Schüler mit dem Quellfall - ansteckungsverdächtig.

Differenziertere und konkrete, epidemiologisch belegte Angaben hierzu hat der Antragsgegner auch im vorliegenden Eilverfahren nicht gemacht. Er hat sich im Wesentlichen darauf beschränkt, die Verordnungsbegründung zu wiederholen und zu erläutern, sowie auf nicht näher benannte "Infektiologen des Landes" verwiesen, ohne hierzu fachliche Stellungnahmen vorzulegen. Epidemiologische oder infektiologische Erkenntnisse, welche die § 4a CoronaVO Absonderung zugrundeliegende Annahme rechtfertigen würden, sämtliche Haushaltsangehörige im Sinne von § 1 Nr. 8 CoronaVO seien abweichend von den Wertungen des RKI als ansteckungsverdächtig einzustufen, sind im vorliegenden Eilverfahren gegenwärtig auch sonst nicht erkennbar.

Der Antragsteller kann dem auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, für die § 4a CoronaVO Absonderung zugrundeliegende Wertung spreche auch ein Vergleich zu den Regelungen der Corona-Verordnung Einreise-Quarantäne und die Erwägung, wenn Personen - wie in dieser Verordnung geregelt und vom Senat bisher nicht beanstandet - nach einer Einreise aus einem Risikogebiet unabhängig vom Nachweis eines Risikokontakts als Ansteckungsverdächtige im Sinne von § 30 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 2 Nr. 7 IfSG qualifiziert werden könnten, müsse dies erst recht bei Personen angenommen werden, die tatsächlich in einem unmittelbaren oder "sehr engen mittelbaren" Kontakt mit einer nachweislich infizierten Person gestanden hätten. Der Senat hat zur Corona-Verordnung Einreise-Quarantäne entschieden, dass es grundsätzlich nicht zu beanstanden ist, die Pflicht zur Absonderung - wie dort geschehen - an die Einreise aus einem ausländischen Risikogebiet anzuknüpfen, weil die Einreise aus anderen Ländern mit einem erheblichen Infektionsgeschehen eine bedeutende Gefahrenquelle für die Weiterverbreitung des Coronavirus in Deutschland darstellt (vgl. Senat, Beschl. v. 03.12.2020 - 1 S 3737/20 - NVwZ 2021, 86). Der Senat hat zur Begründung unter anderem ausgeführt, dass die Gruppe der Reiserückkehrer aus ausländischen Risikogebieten sowie die Gruppe der Personen, die sich im Inland selbst in einem Gebiet mit erhöhter Inzidenz aufgehalten haben, aus infektionsschutzrechtlicher Sicht keine vergleichbaren Gruppen darstellen, und dazu hervorgehoben, dass der Verordnungsgeber auf Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung im Ausland keinen Einfluss hat. Für den Verordnungsgeber - und die in seinem Bereich tätigen Behörden - ist insbesondere nicht in jedem Einzelfall - bezogen auf jedes Land außerhalb der Bundesrepublik - nachprüfbar, welchen Infektionsrisiken Einreisende ausgesetzt waren (vgl. Senat, Beschl. v. 03.12.2020, a.a.O.). Diese Erwägungen sind auf Infektionsgeschehen im Inland - zumal auf behördliche festgestellte Infektionen, die von einer bekannten Quellperson ausgehen und sich in einem bekannten Umfeld ereignet haben - von vornherein nicht übertragbar. Sie rechtfertigen es insbesondere nicht, sämtliche "Kontaktpersonen von Kontaktpersonen" im Inland undifferenziert als "ansteckungsverdächtig" einzuordnen.

bb) Die Regelung in § 4a Satz 1 und 2 CoronaVO Absonderung wird sich unabhängig davon in einem Hauptsacheverfahren nach § 47 Abs. 1 VwGO voraussichtlich als verfassungswidriger, weil unverhältnismäßiger Eingriff in Grundrechte der Antragsteller - voraussichtlich jeweils in das die körperliche Bewegungsfreiheit schützende Grundrecht auf Freiheit der Person aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG (vgl. dazu Senat, Beschl. v. 15.01.2021, a.a.O) und jedenfalls in das Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit - erweisen.

Der Verordnungsgeber verfolgt mit der in § 4a CoronaVO Absonderung geregelten Absonderungspflicht für "Kontaktpersonen der Kontaktpersonen" zwar legitime Ziele (1) und das zur Erreichung derselben gewählte Mittel ist geeignet (2) sowie erforderlich (3). Es erweist sich aber voraussichtlich als nicht mehr angemessen, d.h. unverhältnismäßig im engeren Sinne (4).

(1) Mit der angefochtenen Bestimmung verfolgt der Verordnungsgeber legitime Ziele.

Mit der Anordnung von Absonderungspflichten bezweckt der Antragsgegner, Infektionsketten durch Isolierung der infizierten Personen rasch zu unterbrechen um weitere Ansteckungen zu verhindern und dadurch die Ausbreitung des Coronavirus zu verlangsamen. Der Verordnungsgeber handelt hier in Erfüllung der ihn gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG grundsätzlich treffenden Schutzpflicht (vgl. zu Letzterem BVerfG, Beschl. v. 16.10.1977 - 1 BvQ 5/77 -, juris Rn. 13 f.). Damit verfolgt er legitime Ziele (vgl. Senat, Beschl. v. 15.02.2021, a.a.O.).

(2) Die angefochtenen Vorschriften in § 4a CoronaVO Absonderung stellen ein geeignetes Mittel dar, um die genannten legitimen Ziele zu erreichen.

Ein Gesetz ist geeignet, wenn mit seiner Hilfe der erstrebte Erfolg gefördert werden kann (vgl. Senat, Beschl. v. 09.04.2020 - 1 S 925/20 - juris Rn. 45 m.w.N.). Diese Voraussetzung erfüllt § 4a CoronaVO Absonderung. Durch die Verpflichtung zur Absonderung kann die Weiterverbreitung einer Infektion des hoch ansteckenden Coronavirus in der Bevölkerung verhindert werden (vgl. eingehend dazu, auch zur Frage der Eignung der Absonderungsdauer, Senat, Beschl. v. 15.01.2021, a.a.O.).

(3) Die Absonderungsverpflichtung in § 4a CoronaVO Absonderung ist zur Erreichung der von dem Verordnungsgeber verfolgten Ziele auch voraussichtlich im Rechtssinne erforderlich.

Ein Gesetz ist erforderlich, wenn der Gesetzgeber nicht ein anderes, gleich wirksames, aber das Grundrecht nicht oder weniger stark einschränkendes Mittel hätte wählen können, wobei dem Gesetzgeber insoweit ein Beurteilungsspielraum zusteht (vgl. BVerfG, Beschl. v. 20.06.1984 - 1 BvR 1494/78 - juris Rn. 54 ff., und v. 09.03.1994 - 2 BvL 43/92 - juris Rn. 122, jeweils m.w.N.).

Diese Voraussetzungen erfüllt § 4a CoronaVO voraussichtlich noch. Ein milderes, gleich geeignetes Mittel als eine Verpflichtung zur Absonderung ist nicht ersichtlich. Bei einer schnellen und umfassenden Fallisolierung wird die Gefahr weiterer Infektionen am besten ausgeschlossen (vgl. insoweit Senat, Beschl. v. 15.01.2021, a.a.O.). Die von den Antragstellern vorgeschlagene Alternative von umfassenden Tests können zur Erreichung des vom Antragsgegner verfolgten Zieles unter Umständen beitragen, sind aber nicht ebenso wirksam wie eine sämtliche Sozialkontakte für einen bestimmten Zeitraum vollständig unterbindende Quarantäne. Auch ein sog. "Freitesten" nach einigen Tagen der Absonderung stellt kein gleich geeignetes milderes Mittel dar. Die Inkubationszeit beträgt jedenfalls bei dem sog. Wildtyp des Virus schon im Mittel fünf bis sechs Tage, in einigen Fällen aber auch länger. Ein negativer Test nach fünf Tagen Absonderung schließt damit nicht in allen Fällen eine Infektion aus (vgl. auch insoweit Senat, Beschl. v. 15.01.2021, a.a.O.).

(4) Die Regelungen in § 4a Satz 1 und 2 CoronaVO Absonderung sind gegenwärtig allerdings aller Voraussicht nach nicht mehr verhältnismäßig im engeren Sinne. Eingriffszweck und Eingriffsintensität stehen derzeit nicht in einem angemessenen Verhältnis zueinander.

Der Antragsgegner verfolgt mit der Absonderungsverpflichtung von "Kontaktpersonen der Kontaktpersonen" den Schutz von hochrangigen, ihrerseits den Schutz der Verfassung genießenden wichtigen Rechtsgütern. Die Vorschriften dienen dazu, Gefahren für das Leben und die körperliche Unversehrtheit einer potenziell großen Zahl von Menschen abzuwehren. Sie bezwecken zugleich, die Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems in Deutschland durch die Verlangsamung des Infektionsgeschehens sicherzustellen. Der Antragsgegner kommt damit, wie gezeigt, der ihn aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG grundsätzlich treffenden Schutzpflicht nach.

Der Senat misst diesen von dem Antragsgegner verfolgten Eingriffszwecken ein sehr hohes Gewicht bei. Er geht insbesondere davon aus, dass die Gefahren, deren Abwehr die angefochtene Vorschrift dient, derzeit in hohem Maße bestehen und das derzeit wieder zu verzeichnende Wachstum der Infektionszahlen in kurzer Zeit noch weiter ansteigen kann. Der Senat stellt dabei insbesondere in Rechnung, dass das RKI die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland auf der Grundlage einer Auswertung der zurzeit vorhandenen wissenschaftlichen Erkenntnisse und mit inhaltlich nachvollziehbarer Begründung insgesamt weiterhin als sehr hoch einschätzt (vgl. zuletzt RKI, Lagebericht vom 15.03.2021, abrufbar unter https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Maerz_2021/2021-03-15-de.pdf?__blob=publicationFile, zuletzt abgerufen am 16.03.2021).

Dies rechtfertigt es gegenwärtig zweifellos, weiterhin auch normative und mit Grundrechtseingriffen verbundene Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie zu ergreifen. Für die konkret in § 4a CoronaVO Absonderung getroffenen Regelungen gilt dies aber gegenwärtig nicht. Die dortigen Vorschriften greifen voraussichtlich in das die körperliche Bewegungsfreiheit schützende Grundrecht auf Freiheit der Person aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG und jedenfalls in das Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit der Normadressaten in schwerwiegender Weise ein, wenn sie diese Personen einen grundsätzlich 14tägigen Absonderungspflicht unterwerfen. Dann damit wird insbesondere deren Bewegungsfreiheit, die Freiheit, soziale Kontakte zu anderen zu pflegen, und insgesamt die Freiheit, den eigenen Alltag selbstbestimmt zu gestalten, drastisch und bis hin in Bereiche des inneren Privatbereichs beschränkt. Solche Eingriffe können beim derzeitigen Stand des Pandemiegeschehens nach wie vor gerechtfertigt sein, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die betroffenen Personen zum Infektionsgeschehen beitragen können (vgl. insoweit Senat, Beschl. v. 15.01.2021, a.a.O., zu dem von § 1 Nr. 4 bis 6 CoronaVO Absonderung erfassten Personenkreis). Fehlt es an solchen ausreichend konkreten Anhaltspunkten, steht die Schwere eines mit einer Quarantäne verbundenen Eingriffs aber undifferenzierten und einzelfallunabhängigen, gleichsam vorsorglichen und im Ergebnis in vielen Fällen überschießenden Absonderungsanordnungen entgegen. Davon ausgehend und unter Berücksichtigung der oben skizzierten, aktuell vorhandenen epidemiologischen Erkenntnisse erweist sich der undifferenziert auf "Kontaktpersonen der Kontaktpersonen" zielende § 4a CoronaVO aller Voraussicht nach als in diesem Sinne überschießend und damit als unverhältnismäßig im engeren Sinne.

b) Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist auch im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO dringend geboten. Bereits aufgrund der weitgehenden Erfolgsaussichten in der Hauptsache (s. oben a)) besteht ein deutliches Überwiegen der von den Antragstellern geltend gemachten Belange gegenüber den von dem Antragsgegner vorgetragenen gegenläufigen Interessen.

Die Antragsteller haben glaubhaft gemacht, dass sie die angefochtene Regelung in absehbarer Zeit erheblich in ihren Grundrechten voraussichtlich auf Freiheit der Person aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG und jedenfalls auf allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG treffen kann. Dieser Belang überwiegt die gegenläufigen Interessen des Antragsgegners. Dessen Interessen sind zwar von sehr hohem Gewicht. Denn die infektionsschutzrechtlichen Regelungen dienen dem Schutz von Leib und Leben einer Vielzahl vom Coronavirus Betroffener und der damit verbundenen Erhaltung der Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems Deutschlands. Hieraus folgt aber nicht, dass die Antragsteller einen Verstoß gegen ihre Grundrechte durch eine voraussichtlich rechtswidrige Regelung bis zum Abschluss eines Hauptsacheverfahrens hinnehmen müssten.

Ausgehend hiervon übt der Senat das ihm durch § 47 Abs. 6 VwGO eröffnete Ermessen dahin aus, dass er die angefochtene Vorschrift außer Vollzug setzt.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 2, § 39 Abs. 1 GKG und berücksichtigt die subjektive Antragshäufung. Für eine Herabsetzung des Streitwerts im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes besteht wegen der weitgehenden Vorwegnahme der Hauptsache kein Anlass.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.