VerfGH für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.02.2021 - VerfGH 87/20.VB-1
Fundstelle
openJur 2021, 13619
  • Rkr:
Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Verfassungsbeschwerde betrifft einen langjährigen Sorgerechtsstreit vor den Familiengerichten.

1. Der Beschwerdeführer ist Vater eines am 9. September 2014 geborenen Sohnes, über dessen Umgangsrecht er mit der Kindesmutter streitet, von der er getrennt lebt.

Im ersten Verfahren vor dem Familiengericht vereinbarte er im April 2015 mit der Kindesmutter, dass ihm ein Recht auf begleiteten Umgang in Anwesenheit eines Mitarbeiters des Trägers der Jugendgerichtshilfe zustehe. Nachträglich beantragte die Kindesmutter die Abänderung dieser Vereinbarung dahingehend, dass der Umgang nur in ihrer Anwesenheit stattfinden dürfe. Im Februar 2016 beantragte sie erstmals, dem Beschwerdeführer das Umgangsrecht vollständig zu entziehen. Er leide an einer wahnhaft paranoiden Schizophrenie und sei nicht in der Lage, eine Bindung zu seinem Sohn aufzubauen, ihn zu umsorgen und kindgerecht zu betreuen. In diesem Verfahren (Az. 5 F 194/16) schlossen die Parteien eine neue Umgangsvereinbarung. Danach sollte dem Beschwerdeführer ein Umgang von wöchentlich ein bis zwei Stunden in Anwesenheit eines Mitarbeiters des Jugendamts zustehen.

Die Vereinbarung erwies sich in der Folgezeit aus zwischen den Parteien strittigen Gründen als nicht umsetzbar. Das Familiengericht regelte das Umgangsrecht deshalb mehrfach neu, letztmals auf Antrag des Beschwerdeführers durch einstweilige Anordnung vom 2. März 2017. Demnach sollte die Kindesmutter das Kind in einer Kindertagesstätte in J. abgeben und sich während des Termins in der Nähe des Umgangsorts aufhalten. Diese Regelung wurde bis zum Anfang Juni 2017 praktiziert. Anschließend ließ die Mutter einen Umgang nicht mehr zu. Seitdem kam der Beschwerdeführer nur noch bei gerichtlich veranlassten Anhörungsterminen mit dem Kind in Kontakt.

Im November 2017 teilte er dem Familiengericht mit, dass die Kindesmutter keinen Umgang mehr zulasse und bat um weitere Veranlassung. Das Familiengericht setzte ihn daraufhin davon in Kenntnis, dass die Kindesmutter einen Antrag auf Abänderung der einstweiligen Anordnung vom 2. März 2017 gestellt habe und diesbezüglich ein eigenständiges Verfahren geführt werde (Az. 5 F 1324/17). In diesem Verfahren bestimmte es einen Anhörungstermin, der - nachdem die Mutter den Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt hatte - am 11. Dezember 2018 stattfand und zu einer erneuten Annäherung der Parteien führte. Der Beschwerdeführer erklärte sich damit einverstanden, dass die ersten drei Umgangstermine in einer Kindertagesstätte in N. in Anwesenheit der Kindesmutter stattfinden sollten. Zur Umsetzung dieser Regelung kam es jedoch nicht, nachdem das Kind erkrankte und bis Ende März 2019 stationär in das Klinikum P. aufgenommen wurde. Die Kindesmutter sagte daraufhin wegen des Gesundheitszustands des Kindes bis auf weiteres alle Umgangskontakte mit dem Beschwerdeführer ab.

Das Familiengericht holte im Rahmen des von der Kindesmutter eingeleiteten Abänderungsverfahrens ein familienpsychologisches Gutachten zur Frage des Umgangsrechts ein, das die Sachverständige im Februar 2019 erstattete. Auf Antrag des Beschwerdeführers bestimmte das Familiengericht einen Termin zur mündlichen Erläuterung des Gutachtens für den 25. Juni 2019. Am Tag vor dem Termin brachte die Kindesmutter erneut einen Befangenheitsantrag gegen den Richter an. Der Termin wurde aufgehoben. Das Ablehnungsgesuch blieb erfolglos; die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde wies das Oberlandesgericht Hamm mit Beschluss im Oktober 2019 zurück.

Im November 2019 stellte der Beschwerdeführer seinerseits einen Antrag auf Abänderung und Aktualisierung der einstweiligen Anordnung vom 2. März 2017.

Im Januar 2020 erhob der Beschwerdeführer nunmehr eine Beschleunigungsrüge nach § 155b FamFG. Die Vorgehensweise des Familiengerichts verstoße gegen das Vorrang- und Beschleunigungsgebot des § 155 Abs. 1 FamFG. In Anbetracht der Verfahrensdauer und des Umstands, dass sein Umgangsrecht dem Grunde nach unstrittig sei, aber seit zweieinhalb Jahren nicht mehr praktiziert werde, sei ihm ein weiteres Zuwarten nicht zuzumuten.

Das Familiengericht lud daraufhin erneut zu einem Termin zur Erörterung des Gutachtens der Sachverständigen, der am 4. Februar 2020 stattfand. Während dieses Termins gaben die Parteien übereinstimmend zu Protokoll, dass ein gemeinsamer Termin beim behandelnden Arzt des Kindes im Klinikum P. stattfinden und anschließend ein psychiatrisches Gutachten über den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers eingeholt werden sollte. Solange sollten sämtliche noch laufenden familiengerichtlichen Verfahren ruhen, bis sie von einem Elternteil wieder aufgerufen werden.

Mit Schriftsatz vom 19. Februar 2020 bat der Beschwerdeführer um Weiterführung sämtlicher noch laufenden familiengerichtlichen Verfahren zwischen den Parteien, unter anderem des Abänderungsverfahrens 5 F 1324/17. Das Familiengericht reagierte darauf mit der Nachfrage bei ihm, ob zunächst der im Anhörungstermin vom 4. Februar 2020 avisierte gemeinsame Termin mit dem Kinderarzt abgewartet werde sollte. Der Beschwerdeführer teilte daraufhin mit Schreiben vom 1. März 2020 mit, der Termin mit dem Kinderarzt habe bereits am 19. Februar 2020 stattgefunden und zu keinem für ihn befriedigenden Ergebnis geführt. Das Familiengericht teilte ihm mit Schreiben vom 6. März 2020 daraufhin mit, dass eine Entscheidung in sämtlichen Verfahren erst nach Gewährung rechtlichen Gehörs der anderen Beteiligten getroffen werden könne.

Mit Schreiben vom 24. März 2020 erhob er nunmehr eine Beschleunigungsbeschwerde nach § 155c FamFG unter anderem mit dem Antrag festzustellen, dass die Bearbeitung seines Antrags vom 20. November 2019 auf Erlass bzw. Aktualisierung einer einstweiligen Anordnung vom 2. März 2017 gegen das Beschleunigungsgebot verstoße. Das Gericht habe nicht sachgerecht reagiert. Dies sei für ihn nicht mehr hinnehmbar, nachdem er nunmehr seit 32 Monaten keinen Umgang mehr mit seinem Sohn habe.

Mit dem mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Beschluss vom 30. April 2020 wies das Oberlandesgericht diese Beschwerde als unbegründet zurück. Die Kindeseltern hätten im Anhörungstermin vom 4. Februar 2020 alle Verfahren zwischen ihnen zum Ruhen gebracht. Daraufhin habe das Familiengericht keine Entscheidung in den noch laufenden Verfahren mehr treffen dürfen. Erst nach Wiederaufruf der Sachen durch den Beschwerdeführer seien diese weiter zu betreiben gewesen. Dies habe das Amtsgericht dann zügig getan, ohne dass der Beschwerdeführer Argumente für eine Verfahrensverschleppung vorgetragen habe. Die Umstände vor der Vereinbarung vom 4. Februar 2020 könnten dagegen zur Begründung der Beschleunigungsbeschwerde nicht herangezogen werden, da sich der Beschwerdeführer mit der Ruhendstellung der Verfahren einverstanden erklärt habe.

Gegen die Zurückweisung der Beschleunigungsbeschwerde erhob der Beschwerdeführer eine Anhörungsrüge, die mit dem gleichfalls mit der Verfassungsbeschwerde angefochtenen Beschluss vom 14. Mai 2020 zurückgewiesen wurde, der ihm am 16. Mai 2020 zugestellt wurde.

Zwischenzeitlich hat das Familiengericht - ausweislich der mit der Verfassungsbeschwerde vorgelegten Unterlagen - im erstgenannten Verfahren mit Beschluss vom 22. Mai 2020 über den Antrag des Beschwerdeführers auf Änderung des Umgangsrechts mit seinem Sohn dahingehend entschieden, dass ihm ab dem 26. Juni 2020 an jedem Freitag von 15 bis 17 Uhr ein Umgang mit ihm in einer Einrichtung in B. zustehe und der Kindesmutter das Recht, über den Umgang des Kindes mit dem Vater zu bestimmen, entzogen werde.

2. Mit seiner am 10. Juni 2020 erhobenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung seiner Grundrechte und grundrechtsgleichen Rechte auf effektiven Rechtsschutz, auf ein faires Verfahren und auf Gewährleistung rechtlichen Gehörs aus Art. 4 Abs. 1 LV i. V. m. Art. 2 Abs. 1, 20 Abs. 3, 103 Abs. 1 GG und Art. 6 Abs. 1 und 2 EMRK. Auch nach der Entscheidung des Familiengerichts vom 22. Mai 2020 habe er ein schützenswertes Recht auf Feststellung der gerügten Verfassungsverstöße. Dies ergebe sich schon daraus, dass sein Umgangsrecht dem Grunde nach von Anfang an unstrittig gewesen, er aber seit Jahren daran gehindert sei, es auszuüben. Dadurch sei es zu einer zunehmenden Entfremdung zwischen ihm und seinem Sohn gekommen. Zudem sei zu berücksichtigen, dass eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vor Ergehen der Entscheidung des Familiengerichts ohnehin nicht zu erwarten gewesen sei; er habe daher letztlich nur den einzig möglichen Rechtsschutzweg beschritten, um die überlange Verfahrensdauer zu rügen. Die Verfassungsbeschwerde sei auch begründet, da das Amtsgericht bei der gebotenen Beschleunigung bereits vor dem Anhörungstermin vom 4. Februar 2020 über den Antrag des Beschwerdeführers auf Abänderung der einstweiligen Anordnung vom 2. März 2017 hätte entscheiden müssen. In diesem Zusammenhang verkenne das Oberlandesgericht in nicht nachvollziehbarer Weise, dass das vereinbarte Ruhen des Verfahrens in Kindschaftssachen nach dem FamFG überhaupt nicht gestattet sei und daher keine gesetzliche Grundlage habe.

II.

1. Die Verfassungsbeschwerde wird gemäß § 58 Abs. 2 Satz 1, § 59 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über den Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen (VerfGHG) vom 14. Dezember 1989 (GV. NRW. S. 708, ber. 1993 S. 588), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des Verfassungsgerichtshofgesetzes vom 21. Juli 2018 (GV. NRW. S. 400), durch die Kammer zurückgewiesen, weil sie unzulässig ist.

a) Dem Beschwerdeführer fehlt das Rechtsschutzbedürfnis für eine Entscheidung über seine Verfassungsbeschwerde.

aa) Wer einen Anspruch auf effektiven Rechtsschutz in der Ausprägung des Anspruchs auf Rechtsschutz in angemessener Zeit aus Art. 4 Abs. 1 LV i. V. m. Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 20 Abs. 3 GG geltend machen will, muss dies zu einem Zeitpunkt tun, zu dem noch eine Beschleunigung des Verfahrens erreicht werden kann. Wenn dies nicht mehr möglich ist, entfällt auch das Rechtsschutzbedürfnis für die Verfassungsbeschwerde, denn auch durch eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs kann keine Beschleunigung im fachgerichtlichen Verfahren mehr herbeigeführt werden (vgl. VerfGH NRW, Beschluss vom 28. April 2020 - VerfGH 64/19.VB-2, juris, Rn. 8; BVerfG, Beschlüsse vom 23. August 2018 - 1 BvR 700/18, juris, Rn. 40, und vom 5. Dezember 2019 - 1 BvR 2621/18, juris, Rn. 7, jeweils m. w. N.). Das Familiengericht hat mit dem Beschluss vom 20. Mai 2020 eine verfahrensabschließende und die Instanz beendende Sachentscheidung getroffen, indem es dem Antrag des Beschwerdeführers, ihm das Umgangsbestimmungsrecht gemäß § 1666 BGB zu gewähren und dieses der Kindesmutter insoweit zu entziehen, zum Teil stattgegeben und eine neue Umgangsregelung getroffen hat. Damit kann eine Beschleunigung in diesem Verfahren nicht mehr erreicht werden. Ebenso wie bei fachgerichtlichen Entscheidungen nach § 155b und § 155c FamFG hat sich damit das im Verfassungsbeschwerdeverfahren verfolgte Beschleunigungsbegehren erledigt; dies führt zum Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses.

bb) Der Beschwerdeführer hat auch kein fortbestehendes schützenswertes Interesse an einer Feststellung des Verfassungsgerichtshofs zu der Frage, ob die angegriffenen Beschlüsse verfassungsmäßig waren.

(1) Ist der zu beurteilende Verfahrensteil oder das zu beurteilende Verfahren abgeschlossen und damit eine Behebung der dort behaupteten Verletzung von beschwerdefähigen Grundrechten nicht mehr möglich, ist ein Interesse an einem nachträglichen Tätigwerden des Verfassungsgerichtshofs nur ausnahmsweise anzuerkennen (vgl. VerfGH NRW, Beschlüsse vom 11. Februar 2020 - VerfGH 1/20.VB-1, juris, Rn. 9, und vom 28. April 2020 - VerfGH 64/19.VB-2, juris, Rn. 8m. w. N.). Ein fortwirkendes Rechtsschutzinteresse besteht dann nur noch in Ausnahmefällen, namentlich wenn Anlass zur Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage von besonderer Bedeutung besteht, im Falle des Bestehens einer Wiederholungsgefahr, beim Bestehen einer fortdauernden Beeinträchtigung oder im Falle eines besonders tiefgreifenden und folgenschweren Grundrechtsverstoßes (vgl. VerfGH NRW, Beschlüsse vom 6. Juni 2019 - VerfGH 3/19.VB-3, juris, Rn. 39, und vom 28. April 2020, a. a. O., Rn. 9).

(2) Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass die angegriffenen Hoheitsakte den Beschwerdeführer noch weiterhin beeinträchtigen. In der Beschwerdebegründung verweist er dazu nur auf angebliche Mängel der Verfahrensführung des Familiengerichts und die Belastungen, die ihm durch die Vorenthaltung des Umgangsrechts mit seinem Sohn entstanden seien. Dabei handelt es sich um Tatsachen, die in der Vergangenheit liegen und die keine fortdauernde Beeinträchtigung begründen.

Schließlich kommt es für die Frage nach einem fortwirkenden Rechtsschutzbedürfnis auch nicht darauf an, dass eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs nicht mehr vor der Hauptsacheentscheidung des Familiengerichts zu erwarten war. Indem der Beschwerdeführer die Verfassungsbeschwerde erst nach Abschluss des familiengerichtlichen Verfahrens erhoben hat, hat er sich sehenden Auges in die prozessuale Lage einer Erledigung begeben, in dem eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs nur noch in Ausnahmefällen ergehen kann.

b) Überdies genügt die Verfassungsbeschwerde den Darlegungsanforderungen der § 18 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1, § 55 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 VerfGHG nicht.

aa) Die Verfassungsbeschwerde bedarf einer substantiierten Begründung. Der Beschwerdeführer darf sich nicht darauf beschränken, das als verletzt gerügte Grundrecht und die angefochtene Entscheidung zu bezeichnen, sondern er muss hinreichend substantiiert darlegen, dass die behauptete Verletzung eines Grundrechts oder grundrechtsgleichen Rechts möglich ist. Dabei hat er zu berücksichtigen, dass die Auslegung und Anwendung des maßgeblichen Rechts einschließlich des Prozessrechts grundsätzlich den Fachgerichten obliegt und Anlass für ein Einschreiten des Verfassungsgerichtshofs erst dann besteht, wenn die Verletzung spezifischen Verfassungsrechts darlegt wird (vgl. VerfGH NRW, Beschlüsse vom 17. Juli 2020 - VerfGH 70/20.VB-1, juris, Rn. 11, vom 29. Oktober 2020 - VerfGH 131/20.VB-1, juris, Rn. 11, und vom 15. Dezember 2020 - VerfGH 51/19.VB-2, juris, Rn. 12, jeweils m. w. N.).

bb) Gemessen an diesen Grundsätzen zeigt die Beschwerdebegründung die Möglichkeit einer Verfassungsverletzung nicht auf. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Beschlüsse des Oberlandesgerichts auf einer grundsätzlichen Verkennung des durch Art. 4 Abs. 1 LV i. V. m. Art. 2 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3 GG garantierten Anspruchs des Beschwerdeführers auf Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes beruhen.

Aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip ergibt sich zwar auch für das familiengerichtliche Verfahren ein Anspruch auf schleunige Bearbeitung von Sachen, in denen es um die Umgangsrechtsregelungen von Eltern mit ihren Kindern geht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Mai 1997 - 1 BvR 711/96, juris, Rn. 34 m. w. N.), das einfachrechtlich durch das Vorrang- und Beschleunigungsgebot des § 155 Abs. 1 FamFG ausgestaltet ist (vgl. Heilmann, in: Münchener Kommentar zum FamFG, 3. Aufl. 2018, § 155 Rn. 6 m. w. N.). Anhaltspunkte dafür, dass die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffene Entscheidung des Oberlandesgerichts vom 30. April 2020 über die Beschleunigungsbeschwerde des Beschwerdeführers nach § 155c Abs. 1 FamFG diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht gerecht wird, lässt die Beschwerdebegründung indes nicht erkennen. Insbesondere ist nicht zu beanstanden, dass der Familiensenat für die Frage, ob ein Verstoß gegen das Vorrang- und Beschleunigungsgebot vorliegt, auf die Vereinbarung vom 4. Februar 2020 abgestellt hat, mit der die Parteien einvernehmlich sämtliche zwischen ihnen noch anhängige Verfahren ruhend gestellt haben. Das Bemühen um eine konsensuale Streitbeilegung kann bei Umgangsrechtsregelungen, die die Eltern grundsätzlich auch einvernehmlich ohne Inanspruchnahme des Familiengerichts regeln können, ein Grund für die Aussetzung des Verfahrens im Sinne von § 21 Abs. 1 Satz 1 FamFG sein und ist auch für die Beurteilung der Frage von Bedeutung, ob dem Beschleunigungsgebot genüge getan ist (vgl. Heilmann, a. a. O., Rn. 37 m. w. N.). Vor diesem Hintergrund erschließt sich nicht, aus welchem Grund in der Zurückweisung der bereits zeitnah nach Inkrafttreten dieser Vereinbarung am 24. März 2020 erhobenen Beschleunigungsbeschwerde die Verletzung spezifischen Verfassungsrechts gesehen werden soll. Diese ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass das Oberlandesgericht die Vereinbarung, die die Parteien im Anhörungstermin vom 4. Februar 2020 getroffen haben, für bindend gehalten hat. Dass es sich bei der damit bewirkten Ruhendstellung der zwischen den Parteien anhängigen Verfahren um eine in Kindschaftssachen unzulässige Vorgehensweise handelt, ist eine Frage der Auslegung und Anwendung des Prozessrechts, die den Fachgerichten obliegt.

c) Von einer weitergehenden Begründung wird nach § 58 Abs. 2 Satz 4 VerfGHG abgesehen.

2. Die im Verfassungsbeschwerdeverfahren entstandenen Auslagen sind dem Beschwerdeführer nicht zu erstatten. Die Vorschrift des § 63 Abs. 4 VerfGHG sieht dies nur für den hier nicht vorliegenden Fall seines Obsiegens vor.

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