Thüringer VerfGH, Beschluss vom 28.12.2020 - 118/20
Fundstelle
openJur 2021, 13026
  • Rkr:

Die Grundrechtseingriffe gemäß Art. 1 § 3a, § 3b, § 6a der Thüringer Verordnung zur Fortschreibung und Verschärfung außerordentlicher Sondermaßnahmen zur Eindämmung einer sprunghaften Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 sowie zur Ergänzung der allgemeinen Infektionsschutzregeln vom 14. Dezember 2020 (Ausgangsbeschränkung, Ausschank- und Konsumverbot von Alkohol im öffentlichen Raum und Regelungen in Bezug auf pyrotechnische Gegenstände) sind im Verhältnis zum Ziel eines wirksamen Infektionsschutzes und damit des Schutzes von Leben und Gesundheit der Bevölkerung von eher geringem Gewicht. Im Rahmen einer Folgenabwägung können sie den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht rechtfertigen.

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Das Verkaufsverbot nach Art. 1 § 6a Abs. 1 der Thüringer Verordnung zur Fortschreibung und Verschärfung außerordentlicher Sondermaßnahmen zur Eindämmung einer sprunghaften Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 sowie zur Ergänzung der allgemeinen Infektionsschutzregeln vom 14. Dezember 2020 gilt nicht für pyrotechnische Gegenstände der Kategorie F1 (sog. Tischfeuerwerk und ähnliches).

Gründe

A.

I.

1. Die Antragstellerin ist die AfD-Fraktion im Thüringer Landtag. Mit Schriftsatz vom 21. Dezember 2020, eingegangen beim Thüringer Verfassungsgerichtshof am 22. Dezember 2020, und verbunden mit einem zeitgleich erhobenen Normenkontrollantrag hat sie Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Dieser richtet sich gegen § 3a, § 3b und § 6a des Art. 1 der Thüringer Verordnung zur Fortschreibung und Verschärfung außerordentlicher Sondermaßnahmen zur Eindämmung einer sprunghaften Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 sowie zur Ergänzung der allgemeinen Infektionsschutzregeln vom 14. Dezember 2020, die am 18. Dezember 2020 im Gesetz- und Verordnungsblatt für den Freistaat Thüringen verkündet wurde (GVBl. S. 631) (im Folgenden: Verordnung).

2. Die vorgenannten Bestimmungen haben folgenden Wortlaut:

§ 3aAlkoholausschank und Alkoholkonsum

Ausschank und Konsum von Alkohol im öffentlichen Raum sind untersagt.

§ 3bAusgangsbeschränkung

(1) Das Verlassen der Wohnung oder Unterkunft ist mit Ablauf des 15. Dezember 2020 in der Zeit von 22 Uhr bis 5 Uhr des Folgetages ohne triftigen Grund untersagt.

(2) Triftige Gründe im Sinne des Absatzes 1 sind insbesondere:

1. die Abwendung einer Gefahr für Leib oder Leben, medizinische Notfälle, insbesondere bei akuter körperlicher oder seelisch-psychischer Erkrankung, bei Verletzung oder bei Niederkunft,

2. die notwendige Pflege und Unterstützung kranker oder hilfsbedürftiger Menschen sowie die notwendige Fürsorge für minderjährige Menschen,

3. die Begleitung sterbender Menschen und von Personen in akut lebensbedrohlichen Zuständen,

4. die Wahrnehmung eines Umgangs- oder Sorgerechts,

5. der Besuch von Ehe- und Lebenspartnern sowie Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft

6. dienstliche, amtliche oder sonstige hoheitliche Tätigkeiten, insbesondere der Feuerwehren, der Rettungsdienste oder des Katastrophenschutzes, sowie die öffentlich-rechtliche Leistungserbringung,

7. die Ausübung beruflicher Tätigkeiten und kommunalpolitischer Funktionen einschließlich des hierfür erforderlichen Weges zur Notbetreuung nach § 10 Abs. 4 Satz 1 oder Abs. 5 Satz 3,

8. die Abwendung von Gefahren für Besitz und Eigentum,

9. die notwendige Versorgung von Tieren sowie veterinärmedizinischer Notfälle,

10. die Jagd zur Vorbeugung und Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest,

11. die Durchfahrt durch Thüringen im überregionalen öffentlichen Personenverkehr oder in Kraftfahrzeugen,

12. die Teilnahme an besonderen religiösen Zusammenkünften anlässlich hoher Feiertage,

13. der Schutz vor Gewalterfahrung sowie

14. weitere wichtige und unabweisbare Gründe.

Absatz 1 gilt nicht im Zeitraum

1. vom 24. Dezember 2020 bis zum Ablauf des 26. Dezember 2020 sowie

2. von 22 Uhr des 31. Dezember 2020 bis einschließlich 3 Uhr des Folgetages.

(3) Wird der Inzidenzwert von 200 Neuinfektionen auf 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen in Thüringen an fünf aufeinanderfolgenden Tagen unterschritten, können die unteren Gesundheitsbehörden von den Ausgangsbeschränkungen abweichende Allgemeinverfügungen erlassen, wenn der Inzidenzwert von 200 Neuinfektionen auf 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen im Landkreis oder der kreisfreien Stadt an fünf aufeinanderfolgenden Tagen unterschritten wird und die Ausgangsbeschränkung nicht weiterhin zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie erforderlich ist. Maßgeblich für den Inzidenzwert nach Satz 1 sind die veröffentlichten Zahlen des tagesaktuellen Lageberichts des Robert Koch-Instituts.

§ 6aPyrotechnik, Jahreswechsel

(1) Der Verkauf von pyrotechnischen Gegenständen vor dem Jahreswechsel des Jahres 2020 zum Jahr 2021 ist verboten.

(2) Jeder Person wird empfohlen, in der Zeit vom 31. Dezember 2020 bis zum Ablauf des 1. Januar 2021 auf das Abbrennen von pyrotechnischen Gegenständen zu verzichten.

(3) In der Zeit vom 31. Dezember 2020 bis zum Ablauf des 1. Januar 2021 ist das Abbrennen pyrotechnischer Gegenstände im öffentlichen Raum in den nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 festgelegten Bereichen unzulässig.

(4) Veranstaltungen im öffentlichen Raum zur Begehung des Jahreswechsels, insbesondere solche mit Vergnügungs- und Freizeitcharakter sowie solche, bei denen pyrotechnische Gegenstände abgebrannt werden sollen, sind untersagt.

3. Der Verordnungsgeber begründete die Verordnung mit dem Anstieg von Infektionen durch das Coronavirus SARS-CoV-2 in Deutschland und auch im Freistaat Thüringen in den letzten Wochen, dem Anstieg der Auslastung der Krankenhäuser sowie dem Personalmangel in Krankenhäusern und auch in Pflegeheimen.

Zum Stichtag 10. Dezember 2020 sei in Thüringen mit 192,0 Fällen je 100 000 Einwohner bundesweit die zweithöchste landesweite 7-Tage Inzidenz hinter Sachsen festgestellt worden. Am 13. Dezember 2020 habe die 7-Tage-Inzidenz bei 234,7 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner gelegen. In dem derzeit am schlimmsten betroffenen Landkreis Altenburger Land habe die 7-Tage-Inzidenz an diesem Tag den Wert von 446 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner erreicht, im Landkreis Hildburghausen von 427, im Landkreis Sonneberg von 381, im Saale-Orla-Kreis von 368, im Unstrut-Hainich-Kreis von 316, im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt von 307 und im Landkreis Greiz von 257, außerdem in den kreisfreien Städten Suhl von 380,5 und Gera von 309, aber auch in Jena den Wert von immerhin noch 213 Neuinfektionen. Im Übrigen ließen die Belegungszahlen im stationären und intensivmedizinischen Bereich, aber auch bei den Beatmungsplätzen bereits derzeit die beunruhigende Tendenz erkennen, dass die noch freien Kapazitäten sich zumindest regional bereits der voraussichtlichen Grenze der personellen und kapazitätsmäßigen Auslastung näherten. Auf Grund der hohen Fallzahlen sei auch die Nachverfolgung von Kontakten durch die Gesundheitsbehörden nicht mehr sichergestellt. Im Einzelnen begründete der Verordnungsgeber die vorgenannten Bestimmungen des Art. 1 der Verordnung durch eine Veröffentlichung auf der Homepage des Thüringer Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie (https://www.tmasgff.de/covid-19/rechtsgrundlage), auf die verwiesen wird.

4. Die Antragstellerin trägt vor, ihr Antrag sei zulässig. Sie habe die Antragstellung mit Fraktionsbeschluss vom 16. Dezember 2020 bei entschuldigtem Fehlen eines Fraktionsmitglieds einstimmig beschlossen. Als Fraktion im Thüringer Landtag sei die Antragstellerin im Normenkontrollverfahren antragsberechtigt. Eilbedürftigkeit sei gegeben, weil die Verordnung bereits in Kraft gesetzt worden sei und im Falle des Art. 1 § 6a der Verordnung mit dem Jahreswechsel zur Anwendung käme. Die Vorwegnahme der Hauptsache bei Erfolg des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sei ausnahmsweise zulässig.

5. Der Antrag sei auch begründet.

a) Die Inzidenz allein könne nach dem, was zwischenzeitlich über die Zahl der Infizierten und vor allem den Nachweis bzw. den Nichtnachweis der Infektion und Infektiosität, die Zahl der darüber hinaus Erkrankten, der schwer und behandlungsbedürftig Erkrankten wie der Intensivbehandlungspflichtigen und am Ende der Verstorbenen bekannt sei, nicht Grundlage für schwere bis schwerste Grundrechtseinschränkungen sein. So komme eine wissenschaftliche Untersuchung des Instituts für Statistik der Ludwig-Maximilians-Universität München zu der Schlussfolgerung, dass sich keine ausgeprägte Übersterblichkeit zeige, dass die bisherigen Maßnahmen den notwendigen Schutz der Ältesten verfehlten und sich kein deutlicher Rückgang, sondern ein stabiler Verlauf ergebe. Bei den Hochbetagten stiegen die Infektionszahlen, während diese bei den Jungen stagnierten oder rückläufig seien. Der Thüringer Landesregierung sei bekannt, dass die meisten Toten hochbetagte Menschen aus Alten- und Pflegeheimen seien.

b) Der offenbar als Rechtsgrundlage für die angeordneten Maßnahmen neu eingeführte § 28a des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) genüge den Vorgaben von Parlamentsvorbehalt und Bestimmtheitsgrundsatz nicht. Die Vorschrift lasse keinerlei Abwägung der grundrechtlich betroffenen Interessen erkennen. Der Gesetzgeber hätte Ziele bestimmen müssen, damit die Behörden ihre Maßnahmen daran ausrichten und Verwaltungsgerichte diese überprüfen könnten. Zudem hätten die verfassungsrechtlichen Grenzen für die Exekutive aufgezeigt werden müssen. Alle vorliegenden Tatsachen belegten, dass die Informationen über Infektionszahlen, Zeit, Ort und Wege der Infektionen nicht oder kaum nachzuvollziehen seien. Fest stehe aber, dass die gefährdetste Gruppe die der Hochbetagten aus Einrichtungen sei, die entweder aufgrund ihres Alters oder schwerer Vorerkrankungen besonders anfällig seien. Diese Gruppe sei von den angegriffenen Regelungen kaum betroffen, weil sie weder regelmäßig nachts die Wohnung verlasse, noch regelmäßig im Freien alkoholische Getränke konsumiere und auch nicht regelmäßig in engem Beisammensein mit anderen Feuerwerkskörper abbrenne und dabei Alkohol konsumiere.

c) Das Verbot des Alkoholausschanks und des Alkoholkonsums greife einerseits in den Schutzbereich der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 3 Abs. 2 der Verfassung des Freistaats Thüringen (Thüringer Verfassung - ThürVerf) zu Lasten der Konsumenten und andererseits in den Schutzbereich der Berufsfreiheit nach Art. 35 Abs. 1 ThürVerf zu Lasten der Ausschenkenden ein. Das Verbot unterbinde die Möglichkeit, Einnahmen zur Sicherung des Lebensunterhaltes zu erzielen. Bereits die Geeignetheit der Regelung, das Gesundheitssystem vor Überlastung durch zu viele Infizierte zu schützen, dürfe bezweifelt werden. Zum einen sei das Risiko von Infektionen im Freien verschwindend gering und zum anderen seien die Betroffenen dieser Maßnahmen in aller Regel Personen jüngeren und mittleren Alters, jedenfalls kaum der Altersschnitt der Hauptgefährdeten. Der Schutz der Zielgruppe, die nicht von Infektionen betroffen werden solle, werde durch diese Maßnahme nicht erreicht. Zum anderen gäbe es keine belastbaren Tatsachenfeststellungen dazu, dass jegliches Glühweintrinken zwangsläufig in Verletzungen der Hygienebestimmungen ausarte. Das Risiko, sich aufgrund der gelösteren Stimmung näher zu kommen, bestehe sicher. Allerdings betreffe es wiederum meist junge und weniger anfällige Menschen. Die Regelung sei auch nicht erforderlich, weil der Schutz der wirklich gefährdeten Personen einfacher, besser und zielgerichteter dort einsetzen müsste, wo diese Personen Gefahren ausgesetzt seien und zwar in den Einrichtungen für Alte und Pflegebedürftige selbst. Dort müssten Pfleger, Reinigungskräfte und Besucher kontrolliert werden, damit keine Infektionen übertragen würden. Das Verbot von Ausschank und Konsum von Alkohol im öffentlichen Raum sei auch nicht bei einer Gesamtbetrachtung der Maßnahmen verhältnismäßig, denn für jede einzelne Maßnahme müsse ein gewisser in dieser selbst begründeter Gehalt vorhanden sein, das angestrebte Ziel zu erreichen. Das sei aber nicht der Fall.

d) Die Ausgangsbeschränkung greife in bislang nie dagewesenem Umfang in das Grundrecht der Freiheit der Person aus Art. 3 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 ThürVerf ein. Selbst die Landesregierung gestehe ein, dass die Regelung "nur symbolisch" den Ernst der Lage verdeutlichen solle. Eine nur symbolische Regelung könne aber mangels legitimen Zwecks niemals eine Rechtfertigung für einen Eingriff in ein Freiheitsrecht sein. Zumindest fehle es an Geeignetheit, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der Ausgangsbeschränkung. Die Ausnahmeregeln könnten keine Rechtfertigung für den Bestand des Verbots bieten. Letztlich laufe die Regel darauf hinaus, dass nächtliche Zusammenkünfte im Freien unterbunden werden sollten, weil von diesen ein erhöhtes Infektionsrisiko ausgehen solle und damit eine Überlastung für das Gesundheitssystem erwartet werde. Nicht mehr symbolisch und deswegen ebenfalls aufzuheben sei die Regelung allerdings deswegen, weil Art. 1 § 12 Abs. 3 Nr. 3 der Verordnung den Verstoß mit Bußgeld bis zu EUR 25.000,00 bewehre.

Die Ermächtigung des § 3b Abs. 3 der Verordnung für lokale Gesundheitsbehörden führe nicht zur Verhältnismäßigkeit. Angesichts einer Falsch-Positiv-Rate der gängigen PCR-Tests von bis zu zwei Prozent könne die Vorschrift praktisch nie zur Anwendung kommen, weil bereits zwei positive PCR-Tests auf 1.000 Einwohner keine Aufhebung zuließen.

e) Die Regelung des § 6a der Verordnung verstoße gegen die Grundrechte aus Art. 3 Abs. 2, Art. 35 Abs. 1 ThürVerf. Das Ziel des Feuerwerksverbots sei nicht mit dem Ziel der Verordnung in Einklang zu bringen. Das Abbrennen von Pyrotechnik könne nicht zu Infektionen führen. Selbst die Annahme, während des Abbrennens kämen sich Personen infektionsgefährdend näher, sei bei lebensnaher Betrachtung absurd. Auch im Straßenraum dürfte aufgrund der Gefährdung durch Pyrotechnik ein ausreichender Abstand zwischen Personen gewährleistet sein. Im Freien sei die Infektionsgefahr ohnehin gering. Im Übrigen sei das Abbrennen von Feuerwerk eine Tradition, die auch dem Brauchtumsbegriff des Art. 30 ThürVerf unterfalle und daher als Staatsziel in ihrem Bestand zu erhalten bzw. zumindest nicht zu behindern sei. Ein Verkaufsverbot im Inland habe auch lediglich Ausweicheffekte zur Folge. Die wirtschaftlichen Folgen des Verkaufsverbots seien im Fall eines der großen inländischen Hersteller offenbar bereits gravierend.

f) Wegen der Schwere der Grundrechtseinschränkung hinsichtlich der Ausgangsbeschränkung, der Bedeutung aufgrund der Einmaligkeit im Kalenderjahr hinsichtlich der Pyrotechnik und der offensichtlichen Ungeeignetheit hinsichtlich des Alkoholverbots sei auch der Erlass einer einstweiligen Anordnung zulässig.

Die Antragstellerin beantragt:

1. Die §§ 3a, 3b und 6a der Thüringer Verordnung zur Fortschreibung und Verschärfung außerordentlicher Sondermaßnahmen zur Eindämmung einer sprunghaften Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 sowie zur Ergänzung der allgemeinen Infektionsschutzregeln vom 14. Dezember 2020 sind mit den Artikeln 2 Abs. 1, Artikel 3 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2, Artikel 5 Abs. 1 und 2, Artikel 35 Abs. 1 der Verfassung des Freistaats Thüringen (ThürVerf) unvereinbar und werden im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 26 Abs. 1 ThürVerfGHG vorläufig außer Vollzug gesetzt.

2. Der Freistaat Thüringen hat der Antragstellerin die notwendigen Auslagen zu erstatten.

II.

1. Der Anhörungsberechtigte zu 1. hat von einer Stellungnahme abgesehen.

2. Der Anhörungsberechtigte zu 2. hat mit Schriftsatz vom 24. Dezember 2020 wie folgt Stellung genommen.

Der Antrag sei unzulässig und unbegründet. Der Antrag sei abzulehnen.

Der Antrag sei unzulässig, weil die Antragstellerin den Anordnungsgrund nicht substantiiert dargelegt habe. Die Antragstellerin äußere sich zu konkreten Nachteilen im Sinne von § 26 Abs. 1 des Gesetzes über den Thüringer Verfassungsgerichtshof (Thüringer Verfassungsgerichtshofsgesetz - ThürVerfGHG) nicht. Im Übrigen mangele es in der Antragsschrift an Ausführungen zur Folgenabschätzung. Es werde nicht deutlich, weshalb die Folgenabwägung zugunsten der Antragstellerin ausgehe, weshalb demnach die Nachteile, die einträten, wenn die beantragte einstweilige Anordnung nicht erginge, Art. 1 § 3a, § 3b, § 6a der Verordnung jedoch später für verfassungswidrig erklärt würden, wesentlich höher wären als die Nachteile, die einträten, wenn die Anordnung der sofortigen Außervollzugsetzung erlassen werde, sich die Bestimmungen jedoch als verfassungsgemäß erwiesen.

Der Antrag sei unbegründet. Die Folgenabwägung gehe zu Lasten der Antragstellerin aus. Bei der Folgenabwägung sei zu berücksichtigen, dass es durch den begehrten Erlass der Anordnung zu einer erhöhten Gefahr einer erheblichen Weiterverbreitung des Virus sowie zu einer erhöhten Gefahr einer Überlastung der Gesundheitssysteme käme. Die Verbote in Art. 1 § 3a, § 3b, § 6a der Verordnung trügen dazu bei, Kontakte zu beschränken und damit die Wahrscheinlichkeit von Infektionen zu verringern sowie in der Folge die Erkrankungshäufigkeit und damit auch die Möglichkeit schwerer Verläufe zu reduzieren. Betroffen seien nicht nur ältere, sondern auch jüngere Menschen. Auf Grund der hohen Inzidenz sei davon auszugehen, dass im Gegensatz zum Frühjahr mittlerweile erheblich mehr Menschen infiziert seien und den Virus weiter übertragen könnten. Auch sei weiterhin davon auszugehen, dass das Infektionsgeschehen von außen in die besonders betroffenen Pflegeheime getragen werde. Die im Freistaat Thüringen an meisten betroffene Gruppe der Menschen im 30. bis zum 59. Lebensjahr sei auch diejenige Gruppe, die in diesen Einrichtungen tätig sei. Die Behauptung der Antragstellerin, es liege keine Übersterblichkeit vor, halte einer Überprüfung nicht stand, wie Daten des Statistischen Bundesamts zeigten. Hinsichtlich Art. 1 § 3a, § 3b und § 6a der Verordnung im Einzelnen zitierte die Anhörungsberechtigte zu 2. aus der Begründung der Verordnung. Ergänzend wies sie auf die Folgen des Alkoholkonsums im öffentlichen Raum hin und führte aus, dass der Verkauf und Konsum von Alkohol außerhalb des öffentlichen Raums nicht verboten sei. Auch die Ausgangsbeschränkung sei verhältnismäßig, da die Bewegungsfreiheit der Bürger nur in einem absolut notwendigen Umfang beeinträchtigt werde, was der Vergleich mit Bundesländern mit deutlich niedriger Inzidenz als im Freistaat Thüringen zeige. Das Verbot des Abbrennens von Pyrotechnik in der Silvesternacht sei schließlich im Hinblick auf die gebotene Kontaktminimierung zu betrachten. Es sei lebensfern, zu behaupten, Pyrotechnik verhindere gerade ein Zusammenkommen, was die jährlichen Verletzungen eindrücklich dokumentierten. Durch die beiläufige Reduzierung von Verletzungen würde auch verhindert, dass sich Hilfspersonen um Verletzte kümmern müssten, ohne Abstandsregelungen und Hygienevorgaben einhalten zu können. Zudem würden Engpässe in Krankenhäusern verhindert.

B.

I.

Die Entscheidung ergeht nach § 26 Abs. 2 Satz 1 ThürVerfGHG ohne mündliche Verhandlung und nach § 14 Abs. 3 Satz 1 und 2, Abs. 4 ThürVerfGHG ohne Mitwirkung des Mitglieds Dr. v. .... An die Stelle von Herrn Dr. v. ... tritt nach § 2 Abs. 2, § 8 Abs. 1 Satz 1 ThürVerfGHG Herr O.

Der Ausschluss des Mitglieds Dr. v. ... wegen Besorgnis der Befangenheit im Sinne von § 14 Abs. 1 ThürVerfGHG ergibt sich, wie bereits im Beschluss des Verfassungsgerichtshofs vom 24. Juni 2020, VerfGH 17/20, dargelegt, aufgrund seiner Mitgliedschaft im Wissenschaftlichen Beirat zum Corona-Pandemiemanagement, der sich am 4. Juni 2020 konstituiert hat und seither seine beratende Tätigkeit für die Landesregierung ausübt.

II.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Der Antrag ist zulässig, soweit er sich nicht gegen § 6a Abs. 1 der Verordnung (Verkaufsverbot pyrotechnischer Gegenstände vor dem Jahreswechsel zum Jahr 2021) richtet. Diesbezüglich fehlt dem Antrag das objektive Klarstellungsinteresse, da die angegriffene Bestimmung seit dem 22. Dezember 2020 keine eigenständige Wirkung mehr entfaltet. Zu diesem Datum ist § 22 Abs. 1 der 1. Verordnung zum Sprengstoffgesetz des Bundes (SprengV) in Kraft getreten, wonach Verbrauchern pyrotechnische Gegenstände der Kategorie 2 im Jahr 2020 nicht überlassen werden dürfen.

a) Die Antragstellerin ist im Verfahren der einstweiligen Anordnung antragsberechtigt, weil sie auch in der Hauptsache nach Art. 80 Abs. 1 Nr. 4 ThürVerf, § 11 Nr. 4, § 42 ThürVerfGHG als Fraktion des Thüringer Landtags antragsberechtigt ist.

b) Die Antragstellerin hat das Verfahren ordnungsgemäß auf der Grundlage eines Beschlusses ihrer Mitglieder nach den Anforderungen ihrer Geschäftsordnung in der 7. Wahlperiode des Thüringer Landtags, welche am 29. Oktober 2019 beschlossen wurde, durch Antragsschrift ihres anwaltlichen Bevollmächtigten nach § 18 Abs. 1 Satz 1, § 17 Abs. 1 ThürVerfGHG eingeleitet (vgl. ThürVerfGH, Urteil vom 1. Juli 2009 - VerfGH 38/06 -, juris Rn. 65 ff.).

c) Im Ergebnis hat die Antragstellerin auch die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 26 Abs. 1 ThürVerfGHG noch hinreichend dargelegt.

Ein Antrag nach § 26 Abs. 1 ThürVerfGHG ist zwar nur zulässig, wenn der Antragsteller die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung substantiiert darlegt. Dazu gehört neben einem Vortrag, der einen Antrag in der Hauptsache weder unzulässig noch offensichtlich unbegründet erscheinen lässt, auch die Darlegung, dass bei Nichtergehen einer einstweiligen Anordnung ein schwerer Nachteil droht (ThürVerfGH, Beschluss vom 24. Juni 2020 - VerfGH 17/20 -, juris Rn. 63 m. w. N.). Andererseits verbietet sich vor dem Hintergrund des Eilcharakters des Verfahrens und aus Gründen der Effektivität des Rechtsschutzes eine Überspannung der Voraussetzungen (ThürVerfGH, Beschluss vom 24. Juni 2020 - VerfGH 17/20 -, juris Rn. 65 m. w. N.). Vorliegend hat die Antragstellerin dargelegt, dass sie Art. 1 § 3a, § 3b, § 6a der Verordnung insbesondere wegen damit verbundener nicht gerechtfertigter Grundrechtseingriffe für verfassungswidrig hält. Insgesamt lässt sich dem Antrag noch hinreichend entnehmen, dass die Antragstellerin die für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes relevanten schwerwiegenden und gewichtigen Folgen in der Weitergeltung einer aus ihrer Sicht verfassungswidrigen Rechtsverordnung und der hierdurch ausgelösten Fortsetzung unzulässiger Grundrechtseingriffe sieht. Dies ist ausreichend (vgl. ThürVerfGH, Beschluss vom 24. Juni 2020 - VerfGH 17/20 -, juris Rn. 65 m. w. N.).

d) Eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache liegt nicht vor. Zwar wäre die beantragte Außervollzugsetzung von Art. 1 § 3a, § 3b, § 6a der Verordnung eine Vorwegnahme der Hauptsache. Diese Vorwegnahme wäre jedoch ausnahmsweise zulässig, weil in anderer Weise gebotener und ausreichender Rechtsschutz nicht gewährt werden könnte (vgl. ThürVerfGH, Beschluss vom 29. Mai 2006 - VerfGH 20/06 -, juris Rn. 31).

2. Der Antrag ist jedoch unbegründet.

a) Wegen der meist weitreichenden Folgen, die eine einstweilige Anordnung in einem verfassungsgerichtlichen Verfahren auslöst, ist bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 ThürVerfGHG ein strenger Maßstab anzulegen. Bei der Prüfung bleiben die Gründe, die für oder gegen die Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Maßnahme sprechen, grundsätzlich außer Betracht. Etwas anderes gilt nur, wenn der Antrag im Hauptsacheverfahren von vornherein unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist. In den übrigen Fällen sind die Nachteile, die eintreten, wenn die einstweilige Anordnung nicht ergeht, die Maßnahme später aber für verfassungswidrig erklärt wird, gegen die Folgen abzuwägen, die entstehen, wenn die Anordnung erlassen wird, die Maßnahme sich im Hauptsacheverfahren aber als verfassungsgemäß erweist. Dabei ist mit Rücksicht auf den Grundsatz der Gewaltenteilung für die vorläufige Aussetzung einer bereits in Kraft gesetzten Norm zu Grunde zu legen, dass an deren Vollzug grundsätzlich ein erhebliches Allgemeininteresse besteht (st. Rspr., vgl. ThürVerfGH, Beschluss vom 24. Juni 2020 - VerfGH 17/20 -, juris Rn. 72 m. w. N.).

b) Es ist nicht ersichtlich, dass der Antrag im Hauptsacheverfahren von vornherein unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist. Insbesondere die gegen § 28a IfSG gerichteten Bedenken können nur im Hauptsacheverfahren einer Überprüfung unterzogen werden. Gleiches gilt aber auch für die materiell-rechtlichen Bedenken, die sich unmittelbar gegen Art. 1 § 3a, § 3b, § 6a der Verordnung richten.

c) Die daher vorzunehmende Folgenabwägung ergibt, dass hinsichtlich Art. 1 § 3a, § 3b, § 6a der Verordnung die Nachteile für das gemeine Wohl bei Erlass der einstweiligen Anordnung diejenigen überwiegen, die bei der Ablehnung des Antrags drohen.

aa) Erginge die beantragte einstweilige Anordnung nicht und hätte der Antrag im Hauptsacheverfahren Erfolg, wären die außer Frage stehenden Grundrechtseingriffe mit ihren teilweise auch irreversiblen Folgen ungerechtfertigt erfolgt. Zudem bestünde das Risiko, dass etwaige Verstöße gegen die Bestimmungen zu Unrecht als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Diese Eingriffe sind jedoch im Verhältnis zu dem mit den Bestimmungen verfolgten legitimen Ziel eines wirksamen Infektionsschutzes und damit des Schutzes von Leben und Gesundheit der Bevölkerung von eher geringem Gewicht sowie zeitlich befristet und deshalb bis zur Entscheidung in der Hauptsache hinzunehmen.

(1) Infektionsschutz gegenüber den Risiken des Coronavirus SARS-CoV-2 bedeutet, anders als die Antragstellerin es für geboten hält, nicht nur den Schutz von Ältesten vor Gesundheitsgefahren und die Verhinderung von Todesfällen, sondern bereits die Verhinderung von weiteren Ansteckungen mit dem Virus. Denn Träger des Virus kann potentiell jede Person unabhängig von ihrem Alter werden, womit das Risiko verbunden ist, dass sie das Virus im sozialen Alltag unbemerkt auf weitere Personen überträgt. Das gilt gerade in den Fällen, in denen es bei den betroffenen Personen entweder zu keinen Symptomen oder lediglich zu schwachen Krankheitsverläufen kommt. Denn eine Person, die selbst symptomfrei bleibt, kann das Virus auf andere Menschen übertragen, bei denen es aber möglicherweise zu schweren oder sogar tödlichen Krankheitsverläufen führt. Überdies besteht die begründete Besorgnis, dass es bei von der Krankheit betroffenen Personen in Einzelfällen zu langfristigen und zum Teil auch schwerwiegenden, irreversiblen Gesundheitsschäden kommen kann. Daher ist der verfassungsrechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen, dass die Ansteckungsrisiken, denen die Verordnung vorbeugen will, im sozialen Alltag bei jeglichen Kontakten von Menschen und nicht lediglich in Krankenhäusern sowie in Alten- und Pflegeheimen auftreten.

Die Regelungen dienen vor diesem Hintergrund nicht nur dem Schutz von alten und vorerkrankten Menschen, sondern von jedermann, da niemand für sich ausschließen kann, nicht selbst in potentiell schwerwiegender Weise von den Folgen einer Erkrankung mit COVID-19 betroffen zu sein. In besonderem Maße dienen die Regeln dem - mittelbaren - Schutz von Angehörigen der pflegenden und versorgenden Berufe, die aufgrund ihres Dienstes in erhöhtem Maße solchen Ansteckungsrisiken ausgesetzt sind. Schließlich schützt die Verordnung die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems, das, von der Antragstellerin unbestritten, sich seit Wochen in einer außerordentlich angespannten Lage befindet. Eine rasche Änderung dieser Entwicklung ist nicht in Sicht, denn das aktuelle und vom Verordnungsgeber zu Grunde gelegte Ausmaß des Infektionsgeschehens ist in Thüringen insgesamt von hoher Dynamik, wie die rasant angestiegenen Fallzahlen im Laufe des Dezembers 2020 belegen.

(2) Alkoholausschank und Alkoholkonsum im öffentlichen Raum im Sinne von Art. 1 § 3a der Verordnung finden zwar nicht zwingend in Gruppen statt, sind aber, wie der Verordnungsgeber bei typisierender Betrachtung annehmen durfte, regelmäßig und weit überwiegend mit Gruppenbildungen verbunden. Diese Annahme gilt insbesondere in der Zeit vor und nach Weihnachten und an Silvester, da an diesen Tagen traditionsgemäß in Deutschland häufig gemeinsame Feiern stattfinden. Angesichts des Umstands, dass das Alkoholverbot sich aber auf den öffentlichen Raum beschränkt, während der Alkoholkonsum im Bereich der privaten Wohnung erlaubt bleibt, begründet die Regelung einen vergleichsweise geringen Eingriff. So ist es weiterhin möglich, im Familienkreis oder innerhalb des zulässigen Rahmens der Zusammenkunft von zwei Haushalten nach Art. 1 § 3 der Verordnung Alkohol gemeinschaftlich zu konsumieren. Auch auf diese Weise bleiben sowohl der für den Menschen notwendige soziale Bezug erhalten als auch die Möglichkeit, gemeinsam Entspannung und Genuss zu finden.

Soweit die Berufsfreiheit von Gewerbetreibenden durch das Verbot des Alkoholausschanks betroffen ist, bedarf es für die endgültige verfassungsrechtliche Bewertung auch der Würdigung der von der Bundesregierung zugesagten finanziellen Unterstützung in Form der verbesserten Überbrückungshilfe III (vgl. Ziffer 14 des Beschlusses der Bundeskanzlerin und der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder vom 13. Dezember 2020). Diese Entscheidung ist jedoch dem Hauptsacheverfahren vorbehalten, schon weil zum gegenwärtigen Zeitpunkt weder das genaue Ausmaß der wirtschaftlichen Verluste noch der finanziellen Kompensationen ermittelbar ist.

(3) Die Ausgangsbeschränkungen aufgrund von Art. 1 § 3b der Verordnung greifen erheblich in die Freiheit der Person nach Art. 3 Abs. 1 Satz 2 ThürVerf ein. Sie gelten aber nur in der Zeit von 22 Uhr bis 5 Uhr des Folgetages und erlauben damit jedermann tagsüber den Aufenthalt außerhalb der eigenen Wohnung zu beliebigen Zwecken. Im Übrigen bestehen auch während der Dauer der nächtlichen Ausgangsbeschränkungen umfangreiche Ausnahmen bei Vorliegen triftiger Gründe. Neben mehreren Beispielen für derartige Gründe enthält die Bestimmung eine Generalklausel (Nr. 14) und eine Nichtanwendbarkeitsklausel für den Heiligabend und die Weihnachtsfeiertage sowie die Silvesternacht. Insgesamt ist dieser Eingriff, der zeitlich befristet nur bis zum 10. Januar 2021 erfolgt, daher von vergleichsweise geringem Gewicht.

(4) Das Verkaufsverbot nach Art. 1 § 6a Abs. 1 der Verordnung erstreckt sich seinem Wortlaut nach auf alle pyrotechnischen Gegenstände. Allerdings ergibt sich aus der amtlichen Begründung und dem Zweck der Verordnung, dass Feuerwerkskörper der Kategorie F1 nach dem Sprengstoffgesetz nicht vom Verkaufsverbot erfasst sein sollen. Insoweit besteht nicht zuletzt im Hinblick auf das eindeutige Überlassungsverbot des § 22 Abs. 1 SprengV n.F. Klarstellungsbedarf, dass entgegen dem weiten Wortlaut auch die landesrechtliche Regelung nicht für pyrotechnische Gegenstände der Kategorie F1 gilt.

(5) Der Verzicht auf das Abbrennen pyrotechnischer Gegenstände wird in Art. 1 § 6a Abs. 2 der Verordnung für die Zeit vom 31. Dezember 2020 bis zum Ablauf des 1. Januar 2021 nur empfohlen, so dass hierin jedenfalls kein Grundrechtseingriff liegen kann.

(6) Demgegenüber handelt es sich bei den Verboten nach Art. 1 § 6a Abs. 3, Abs. 4 der Verordnung, der Untersagung des Abbrennens pyrotechnischer Gegenstände in bestimmten Gebieten und der Untersagung bestimmter Veranstaltungen zum Jahreswechsel um Grundrechtseingriffe. Sie bilden aber vergleichsweise geringe Beeinträchtigungen. So bleibt das Abbrennen pyrotechnischer Gegenstände außerhalb der bezeichneten Bereiche, vor allem auf privaten Grundstücken, zulässig. Das Veranstaltungsverbot im öffentlichen Raum an Silvester wiederholt dagegen nur, was ohnehin nach Art. 1 § 6 der Verordnung untersagt ist. Veranstaltungen an Silvester spielen aufgrund der Zäsurwirkung dieses Tages im sozialen Leben zwar eine wichtige Rolle, da sie den Blick zurück auf das alte Jahr ermöglichen und Ausdruck der Hoffnung auf ein gutes Neues Jahr sind. Sich dieser Aspekte zu versichern, bleibt jedoch im privaten Lebensbereich und im Rahmen zulässiger Zusammenkünfte von zwei Haushalten nach Art. 1 § 3 der Verordnung weiterhin möglich.

bb) Erginge die einstweilige Anordnung hingegen wie beantragt, würden sich Art. 1 § 3a, § 3b, § 6a der Verordnung jedoch später als verfassungsgemäß herausstellen, würde es zusätzlich zu den ohnehin zu befürchtenden Infektionen zu weiteren Infektionen kommen, weil, bei lebensnaher Betrachtung, viele Menschen nach sozialen Kontakten im öffentlichen Raum suchen und sich entgegen den Verboten verhalten würden. Damit würde die bereits gegenwärtig hohe Gefahr einer Überlastung des Gesundheitssystems weiter ansteigen oder sich gar realisieren. Das Anliegen des Verordnungsgebers, derartige Entwicklungen zu verhindern oder zumindest zu verlangsamen, fällt stärker ins Gewicht als die Nachteile einer - etwaigen - vorübergehenden Grundrechtsverletzung.

III.

Das Verfahren ist nach § 28 Abs. 1 ThürVerfGHG kostenfrei.

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