Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 29.348,31 Euro nebst Zinsen i. H.v. 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 04.04.2020 sowie weitere 40,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.06..2020 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages zuzüglich 20 % abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Beklagten wird die Ausführung ihrer Rechte im Nachverfahren vorbehalten.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten im Urkundenprozess Zahlung von Mietzins für den April 2020.
Am 16.07/01.08.2020 schlossen die Parteien einen Geschäftsraummietvertrag (Bl. 135-155 der Akten), durch welchen die Klägerin an die Beklagte im Gebäude A-Straße ... in Warendorf die im Erdgeschoss befindliche Fläche von 434,64 m², die im ersten Obergeschoss befindliche Fläche (876,03 €) und eine Fläche im zweiten Obergeschoss (130,94 m²), insgesamt 1.441,63 m², zum Betrieb eines Einzelhandelsgeschäftes zum Vertrieb von Mode und der üblichen Randsortimente unter der Bezeichnung B an die Beklagte vermietete. In § 1 des Vertrages heißt es unter anderem:
"(2)
Die Mieträume im Erd- und 1. Obergeschoss werden ausschließlich zum Betrieb eines Einzelhandelsgeschäftes zum Vertrieb von Mode und der üblichen Randsortimente unter der Bezeichnung B vermietet. Der Verkauf von Schuhen ist auch im Randsortiment nicht erlaubt. Eine Änderung der Zweckbestimmung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Vermieters, auf die der Mieter keinen Anspruch hat (...).
(3)
Der Mieter hat auf seine Kosten sämtliche Voraussetzungen für den Betrieb seines Gewerbes zu schaffen und aufrechtzuerhalten und den Vermieter von Auflagen, die gegen ihn ergehen sollten, freizuhalten. Er wird für die gesamte Laufzeit des Mietvertrages auf seine Kosten, falls notwendig, alle mit der Herrichtung und dem Betrieb der von ihm gemieteten Flächen sowie seiner Person in Verbindung stehenden rechtlichen Vorschriften, Regeln und Bestimmungen beachten und etwa erforderliche behördliche Genehmigungen und Konzessionen selbst und auf eigene Kosten einholen und aufrechterhalten. Der Vermieter ist lediglich für die rechtlichen Voraussetzungen, welche für die generelle rechtliche Geeignetheit des Mietgegenstandes erforderlich sind (Bau- und Nutzungsgenehmigung gemäß nachstehender Ziffer 4), verantwortlich. Der Vermieter haftet auch nicht für die Erteilung oder den Fortbestand von für den Betrieb des Mieters oder die Person des Mieters spezifischen Genehmigungen, es sei denn, ihn trifft insoweit Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit; die Haftungsbeschränkung gilt nicht bei Verletzungen von Leben, Körper und Gesundheit.
(4)
Der Vermieter holt auf seine Kosten die Bau- und Nutzungsgenehmigung für das Mietobjekt ein."
Gemäß § 3 Abs. 1 des Mietvertrages beläuft sich die Kaltmiete inklusive Umsatzsteuer auf 26.775,00 €. Hinzugekommen gemäß § 3 Abs. 3 Betriebskostenvorauszahlungen i.H.v. 2.162,45 € zuzüglich mehr Umsatzsteuer i.H.v. 410,86 €, sodass sich die Gesamtmiete auf 29.348,31 € beläuft.
Gemäß § 5 des Mietvertrages sind die Miete und die Betriebskosten monatlich im Voraus, spätestens am dritten Werktag des Monats entrichten.
Gemäß § 7 des Mietvertrages kann die Beklagte gegen Mietforderungen mit Gegenforderungen aus dem Vertrag nur aufrechnen oder ein Zurückbehaltungsrecht ausüben, wenn sie ihre Absicht dem Vermieter mindestens einen Monat vor Fälligkeit der Miete schriftlich angezeigt hat, die Forderungen unbestritten sind und der Geschäftsbetrieb der Beklagten wesentlich eingeschränkt ist. Davon bleiben etwaige Minderungsrechte der Beklagten im Falle von Mängeln des Mietobjektes unberührt.
Die Beklagte betreibt einen Einzelhandel mit Textilien. Sie unterhält dafür in der Bundesrepublik Deutschland eine Vielzahl von Kaufhäusern und betreibt auch einen Onlinehandel. In den Mieträumen in Warendorf befindet sich im 1. und 2. Obergeschoss die Verkaufsfläche für einen Einzelhandel mit Textilien.
Infolge der Covid-19-Pandemie wurde der Beklagten im Zeitraum vom 19.03.2020 bis zum 19.04.2020 war das Handelsgeschäft der Beklagten in Warendorf aufgrund der Corona-Schutzverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen geschlossen. Streitig ist, ob die Beklagte im Zeitraum vom 20.04.2020 bis zum 10.05.2020 die Geschäftsräume in Warendorf ganz oder teilweise wieder öffnen durfte. Jedenfalls konnte sie seit dem 11.05.2020 sie die Geschäftsräume wieder insgesamt öffnen. Sie unterlag jedoch weiterhin Einschränkungen der Nutzbarkeit aufgrund der Corona-Schutzverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen. Danach war ein Mindestabstand von 1,5 m zwischen Personen zu gewährleisten. Zudem durfte die Kundenzahl pro Quadratmeter der Verkaufsfläche zehn nicht übersteigen.
Mit Schreiben vom 18.03.2020 (Anl. K2, Bl. 19/20 der Akten) hatte die Beklagte der Klägerin wegen der Covid-19-Pandemie unter anderem mitgeteilt:
"Durch die nunmehr angeordnete Schließung des Geschäftsbetriebes, ist ein Gebrauch des Mietgegenstandes nicht mehr möglich. Die Verpflichtung zur Zahlung der Miete entfällt daher nach den gesetzlichen Regelungen. Wir kündigen daher bereits jetzt an, die nächste fällige Miete einzubehalten und mit einer überzahlten Miete für den Monat März 2020 zu verrechnen."
Mit Anwaltsschreiben vom 26.03.2020 wies die Klägerin die Auffassung der Beklagten zurück und erklärte, diese sei zur Leistung der vertraglich vorgesehenen Zahlungen verpflichtet. Deren Erwartungen hinsichtlich einer Mietreduzierung könnten nicht erfüllt werden.
Die Beklagte leistete den Mietzins für den Monat April 2020 nicht.
Mit der Klage begehrt die Klägerin im Wege des Urkundsprozesses von der Beklagten Zahlung des Mietzinses einschließlich Betriebskostenvorauszahlung und Umsatzsteuer für den Monat April i.H.v. 29.348,31 € sowie Mahnkosten i.H.v. 40,00 €.
Die Klägerin meint, der Mietzinsanspruch sei in voller Höhe begründet. Die Beklagte habe im Mietvertrag ausdrücklich das Risiko übernommen, dass sie die Räume zum vertragsgemäßen Zweck verwenden könne. Diese Risikoverteilung folge auch aus dem Gesetz. Die Pandemie habe keinen Einfluss auf die Zahlungspflicht der Beklagten.
Die Klägerin behauptet, die behördlichen Maßnahmen zur Einschränkung der Nutzbarkeit von Einzelhandelsgeschäfte Nordrhein-Westfalen seien mit Ablauf des 19.04.2020 beendet worden.
Die Klägerin meint, die Beklagte sei nicht zur Minderung des Mietzinses für den Monat April 2020 berechtigt gewesen. Voraussetzung für eine Minderung bei einer Beschränkung der Nutzbarkeit einer Mietsache aufgrund rechtlicher Verhältnisse sei, dass die Beschränkung ihre Ursache gerade in der Beschaffenheit und Beziehung der konkret vermieteten Sache zur Umwelt und nicht in den persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters habe. Das gelte auch für die Beeinträchtigungen der Nutzbarkeit durch die Corona-Pandemie. Dass die Beklagte ihren Geschäftsbetrieb nicht in der gewünschten Weise habe ausüben können, falle in ihre Risikosphäre. Die Klägerin habe als Vermieterin die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand überlassen und in diesem Zustand erhalten. Eine staatlich verordnete Schließung begründe nur dann einen Mangel, wenn sie unmittelbar mit der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage der konkreten Mietsache in Zusammenhang stehe. Vorliegend diene die hoheitliche Maßnahme jedoch allein dem Schutz der Bevölkerung vor allgemeinen gesundheitlichen Gefahren. Sie knüpfe nicht unmittelbar an die konkrete Beschaffenheit der Mietsache an, sondern allgemein an die Nutzungsart und damit an das Geschäft der Beklagten sowie den Umstand, dass in den betroffenen Flächen Publikumsverkehr stattfinde und dadurch Infektionen begünstigt würden. Der Inhalt der vom Vermieter geschuldeten Gebrauchsüberlassung reiche nicht so weit, auch Gebrauchsbeschränkungen aus dem Weg zu räumen, wie sie eine Pandemie hervorrufe. Diese Gebrauchsbeschränkungen hätten keinerlei Beziehungen zu der Mietsache selbst oder ihrer Lage. Die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch sei nicht aufgehoben gewesen. Dazu behauptet die Klägerin, selbst während der behördlich verfügten Schließung sei die Mietsache als Lager genutzt worden und habe für einen Online-Verkauf zur Verfügung gestanden. Sie ist der Ansicht, die noch bestehenden Beschränkungen (Abstandsregel, Kundenzahl in Einzelhandelsgeschäften) stellten keinen Mangel dar. Es handele sich um allein die Beklagte treffende Berufsausübungsregelungen.
Die Klägerin meint weiter, es fehle auch an einer Zusicherung. Die Abwesenheit von Pandemien und hieraus resultierenden Gebrauchsbeeinträchtigungen seien keine zusicherungsfähige Eigenschaft.
Die Klägerin ist der Auffassung, ihr sei die mietvertraglich geschuldete Leistung auch nicht unmöglich gewesen. Ihre Verpflichtung habe sich aus § 535 Abs. 1 S. 2 BGB ergeben. Dieser Verpflichtung der Gebrauchsüberlassung sei sie nachgekommen. Mangels Unmöglichkeit scheide auch eine Anwendung von § 326 BGB aus.
Die Klägerin meint, die Mietzinsanspruch für April 2020 sei auch nicht nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage anzupassen. Durch die sogenannten November-Hilfen habe der Gesetzgeber bzw. die Bundesregierung eine abschließende Sonderregelung getroffen. Mit dieser Regelung sei abschließend festgelegt, wer Hilfen erhalte. Eine zusätzliche oder alternative Entlastung von Unternehmen über das allgemeine Rechtsinstitut des § 313 BGB komme nicht in Betracht.
Weiter meint die Klägerin, der Anwendungsbereich von § 313 BGB sei hier gesperrt. Anders als im Pachtrecht habe der Gesetzgeber für die gewerbliche Miete bewusst davon abgesehen, einen Anpassungsanspruch der Parteien für Fälle der Vertragsgrundlagenänderungen vorzusehen. Unter diesem Gesichtspunkt sei die Anwendung von § 313 BGB gesperrt. Einer Anwendung dieser Regelung stehe zudem entgegen, dass die Vertragsparteien das Risiko im Rahmen ihrer vertraglichen Vereinbarung verteilt hätten. Unter Abweichung vom Gesetz sei in § 1 Abs. 3 i.V.m. Abs. 4 im Mietvertrag eine Risikoverteilung enthalten. Die Klägerin sei nur für das Vorliegen einer generellen Bau- und Nutzungsgenehmigung für das Mietobjekt verantwortlich. Alle weiteren öffentlichrechtlichen Voraussetzungen und Hemmnisse fielen nach der vertraglichen Risikoverteilung allein in die Sphäre der Beklagten.
Die Klägerin behauptet, die Vertragsparteien seien bei Vertragsschluss nicht davon ausgegangen, es werde während der Vertragslaufzeit nicht zu einem Pandemieereignis kommen. Solche Pandemieereignisse seien nicht unüblich. Dazu verweist die Klägerin auf die sogenannte Spanische Grippe 1918/1919, welche 20 bis 50 Millionen Menschen das Leben gekostet habe. In den Jahren 1957 und 1958 habe die Asiatische Grippe mehr als 1 Million Tote gefordert. Seit 2003 bis heute sei die sogenannte "Vogelgrippe" ein ständiger Begleiter der Menschheit. Im Jahr 2009 sei es zu einer weltweiten Pandemie durch die Schweinegrippe gekommen, die 155 Länder betroffen und weltweit etwa 150.000 Menschenleben gefordert habe. Die Klägerin behauptet, bei Abschluss des Mietvertrages habe den Parteien die Möglichkeit eines Pandemieereignisses vor Augen gestanden. Sie hätten in dem Bewusstsein eines möglicherweise während der Vertragsdauer eintretenden Pandemiegeschehens den Vertrag geschlossen und jeweils dieses Risiko bewusst in Kauf genommen. Für solche Risikogeschäfte sei ein Ausschluss der Berufung auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage allgemein anerkannt.
Weiter meint die Klägerin, es sei zu beachten, dass die Schließung des Geschäfts der Beklagten lediglich weniger als vier Wochen gedauert habe. Das sei weniger als ein Prozent der Vertragslaufzeit von zehn Jahren, entsprechend 120 Monaten. Damit sei keine derart schwere Störung eingetreten, dass der Beklagten das Festhalten am unveränderten Vertrag unzumutbar gewesen sei. Die Erfüllung des Vertrages müsse für den Schuldner schlechthin nicht mehr zumutbar gewesen sein. Bei einem langfristigen Mietverhältnis, wie vorliegend, könne man von einer entsprechenden Beeinträchtigung frühestens nach einer Schließungsdauer von mehreren Monaten ausgehen. Das sei hier nicht erreicht. Die Beklagte habe zu ihrer Liquiditäts- und Vermögenssituation nichts dargelegt, aufgrund dessen eine Unzumutbarkeit anzunehmen sei. Die Klägerin bestreitet einen Rückgang von mehr als 10 % des Jahresumsatzes und -gewinns der Beklagten mit Nichtwissen. Jedenfalls habe die Beklagte keine Existenzgefährdung oder unzumutbare wirtschaftliche Beeinträchtigung vorgetragen. Die Klägern behauptet, die Beklagte habe seit dem Ende der Schließung ihre Geschäftstätigkeit ohne wesentliche Einschränkungen wieder aufgenommen und ein Umsatzplus erzielt.
Die Klägerin meint, die Wertung von § 580 BGB sei zu beachten. Selbst beim Tod eines Mieters sehe das Gesetz keine sofortige Kündigungsmöglichkeit vor, sondern eröffne den Erben die Möglichkeit, das Mietverhältnis außerordentlich mit einer gesetzlichen Frist nach § 580a BGB zu kündigen und damit zumindest für sechs Monate fortzusetzen. Damit sehe das Gesetz eine Belastung selbst bei einer entfallenden Nutzung in der extremen Notsituation des Versterbens des Mieters mit 6 bis 9 Monatsmieten durch die genannte Kündigungsfrist für die Erben des Mieters ohne weiteres als zumutbar an.
Weiter ist die Klägerin der Ansicht, dass bei einer Abwägung auch zu berücksichtigen sei, dass sie als Vermieterin regelmäßig auf die Einnahmen aus der Vermietung zur Deckung ihres Aufwandes für und ihres Lebensunterhaltes angewiesen sei.
Die Klägerin beantragt,
1.
die Beklagte zur Zahlung von 29.348,31 € zuzüglich Zinsen i.H.v. 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.04.2020 an die Klägerin zu verurteilen,
2.
die Beklagte zur Zahlung von weiteren 40,00 € zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.06.2020 (Rechtshängigkeit) zu verurteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen und ihr die Rechte im Nachverfahren vorzubehalten.
Sie beantragt weiter,
die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen und den Verkündungstermin vom 02.02.2021 aufzuheben.
Die Beklagte behauptet, das Geschäft sei auch im Zeitraum vom 19.04.2020 bis zum 28.04.2020 aufgrund der behördlichen Vorgaben und der Corona-Verordnung vollständig geschlossen gewesen. Sie habe das Geschäft in diesem Zeitraum nicht öffnen dürfen. Sie meint, sie sei wegen Schließung ihrer Geschäftsräumlichkeiten aufgrund der staatlich angeordneten Covid-19-Lockdowns vom 19.03.2020 bis 28.04.2020 und einer Teilöffnung in der Folgezeit bis zum 10.05.2020 nicht verpflichtet, den Mietzins für April 2020 an die Klägerin zu zahlen. Sie sei für den Zeitraum vom 19.03.2020 bis zum 11.05.2020 zur Mietminderung berechtigt gewesen. Die öffentlichrechtliche Schließungsanordnung stelle eine Nutzungsuntersagung dar. Damit sei die Tauglichkeit der Mietsache zur vertraglichen Nutzung aufgehoben gewesen. Das Mietobjekt sei damit zum Betrieb eines Textilkaufhauses nicht geeignet gewesen. Das stelle einen Mangel gemäß § 536 Abs. 1 BGB dar.
Die Beklagte meint, die hoheitlichen Betriebsschließungen stellten einen Mietmangel dar, weil sie den nach dem Gewerberaummietvertrag typischerweise vorausgesetzten Verwendungszweck des Mietobjektes beeinträchtigten. Den Vermieter treffe grundsätzlich das Verwendbarkeitsrisiko des Mietobjektes, aus welchem er mittelbar Sachfrüchte ziehen möchte. Es sei nicht Aufgabe des jeweiligen Mieters, die krisensicheren Erträge des Vermietereigentums zu gewährleisten. Die fehlende effektive Zugangsmöglichkeit für den einzelgewerblichen Kundenverkehr bewirke, dass die Normalbedingungen nicht mehr gegeben seien. Die Zugänglichkeit des Geschäftslokals für den Publikumsverkehr sei eine unvordenkliche Grundbedingung einer einzelhandelsgewerblichen Vermietung. Dieses Verwendbarkeitsrisiko treffe den Vermieter. Nach österreichischem Zivilrecht werde der Gewerberaummieter von der Pflicht zur Mietzahlung in einem solchen Fall vollständig frei.
Die Beklagte ist der Ansicht, durch die hoheitlich verfügte Schließung werde der Mietgebrauch so beeinträchtigt, dass ein Minderungsrecht um bis zu 100 % gerechtfertigt sei.
Weiter ist die Beklagte der Auffassung, es lägen auch die Voraussetzungen eines Wegfalls ihrer Pflicht zur Mietzahlung gemäß § 326 BGB wegen Unmöglichkeit der von der Klägerin zu erbringenden Leistung vor, so dass die Klage auch deshalb unbegründet sei.
Weiter meint die Beklagte, es sei ein Wegfall der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB zu bejahen, was ebenfalls zum Wegfall ihrer Mietzahlungspflicht gegenüber der Klägerin während des Covid-19-Lockdowns führe. Dazu verweist sie auf Art. 240 § 7 EGBGB (Art. 10 des Gesetzes zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Anpassung pandemiebedingter Vorschriften im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins- und Stiftungsrecht sowie im Miet- und Pachtrecht vom 22.12.2020). Gemäß Art. 14 Abs. 2 dieses Gesetzes ist die genannte Regelung in Art. 10 am 31.12.2020 in Kraft getreten. Art. 240 § 7 Abs. 1 EGBGB lautet:
"Störung der Geschäftsgrundlage von Miet- und Pachtverträgen
(1)
Sind vermietete Grundstücke oder vermietete Räume, die keine Wohnräume sind, infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie für den Betrieb des Mieters nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar, so wird vermutet, dass sich insofern ein Umstand im Sinne des § 313 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, der zur Grundlage des Mietvertrags geworden ist, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat."
Die Beklagte meint, die Gesetzesbegründung gehe davon aus, dass Belastungen infolge staatlicher Beschränkungen regelmäßig weder der Sphäre des Mieters noch der des Vermieters zuzuordnen seien. Diese Regelung solle nunmehr auch für die Handhabbarkeit des pandemiebedingten Lockdowns März 2020 bis Mai 2020 dienen. Dazu behauptet sie, beide Parteien hätten im Rahmen des Prozessstoffes § 313 BGB nur untergeordnete Bedeutung beigemessen. Sie begehrt dazu die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Sie meint, dadurch würden insbesondere auch Folgeprozesse, gerichtet auf die Rückerstattung der von der Beklagtenseite unstreitig gezahlten März-, sowie auch Maimiete 2020 vermieden.
Die Beklagte ist der Aufassung, falls das Gericht einen Mangel der Mietsache verneine, sei zwangsläufig dogmatisch die Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB zu bejahen. Dazu behauptet sie, die Vertragsparteien hätten bei Vertragsschluss vorausgesetzt, dass es nicht zu einer globalen Pandemie mit weitreichender Stilllegung des öffentlichen Lebens, mit Kontakt- und Zugangsbeschränkungen, mit Betriebsuntersagungen bzw. Betriebseinschränkungen, mit dem Abbruch von Lieferketten sowie zu einem weitreichenden Erlahmen der wirtschaftlichen Tätigkeit komme. Sie meint, redliche Vertragspartner hätten für die Zeit der Krise, je nach Ausmaß der Betroffenheit, einen angemessenen Ausgleich vereinbart und nicht eine weiterbestehende Mietzahlung in voller Höhe. Ihr sei die Fortsetzung des Vertrages mit dem bisherigen Mietzins unzumutbar.
Weiter behauptet die Beklagte, nach Ende des allgemeinen Lockdowns seien erhebliche, teilweise unabsehbar fortdauernde Beschränkungen verblieben, insbesondere das Abstandsgebot. Schon bei einer sechs- bis achtwöchigen Dauer sei ein erheblicher Teil der jährlichen Nutzungszeit der Gewerberäumlichkeiten betroffen und potentiell, nicht nicht zuletzt Jahreszeit bedingt, über 10 % des Jahresumsatzes und des Jahresgewinns. Die Beklagte meint, bei der rechtlichen Bewertung der Unzumutbarkeit sei auf einen weitaus längeren Zeitraum als den allgemeinen Shutdown abzustellen. Die Geschäftstätigkeit und damit die Verwirklichung des Verwendungszwecks der Mietsache werde nicht nur durch gesetzliche oder behördliche Verbote beeinträchtigt, sondern auch durch behördliche oder wissenschaftliche Verhaltensempfehlungen, die schon vor dem allgemeinen Shutdown zu Kontakteinschränkungen aufgefordert hätten und die es nach den Lockerungen des Shutdowns weiterhin gebe. Dazu behauptet die Beklagte, das Abstandsgebot führe dazu, dass in vielen Gewerberäumen nur noch eine erheblich geringere Anzahl von Personen zeitgleich aufhalten dürfe, als vor der Covid-19-Krise. Das beeinträchtige die Nutzbarkeit und damit auch die Rentabilität des Mietobjektes erheblich. Krisenbedingt sei eine Nutzbarkeit der Gewerberäumlichkeiten, die ursprünglich vorgesehen und vertraglich vereinbart gewesen sei, nicht möglich gewesen. Die Anmietung für diesen Zeitraum sei letztlich unrentabel gewesen. Es sei eine schwerwiegende, unzumutbare Störung gegeben. Die Beklagte verweist darauf, dass sie - wie unstreitig ist - ausschließlich Kurzarbeitergeld in Anspruch genommen habe und Leistungen aus einer Betriebsunterbrechungsversicherung nicht erfolgt seien, da die Unterbrechungsversicherung, derzeit nicht für einen Pandemiefall gelten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachund Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien und deren Anlagen verwiesen.
Die Klägerin hat zu Beweiszwecken die notariell beglaubigte Abschrift des Geschäftsraummietvertrages vom 26.07./01.08.2012 mit Anlagen zu den Gerichtsakten eingereicht (Bl. 135-155 der Akten).
Die Klage hat Erfolg.
I.
Die Klage ist gemäß § 592 ZPO im Urkundsprozess zulässig.
1.
Die Klage ist auf Zahlung einer bestimmten Geldsumme gerichtet.
2.
Die zur Begründung des Anspruches erforderlichen Tatsachen hat die Klägerin durch Urkunden bewiesen.
a)
Die Klägerin eine Urkunde in Form der notariell beglaubigten Abschrift des zwischen den Parteien geschlossenen Mietvertrages vorgelegt und dadurch Urkundenbeweis angetreten. Aus dieser Urkunde ergeben sich die Pflicht der Beklagten zur Zahlung des Mietzinses für April 2020, die Höhe des Mietzinses und auch der Verztugszeitunkt, Letzterer aufgrund der Regelung im Mietvertrag, dass der Mietzins monatlich im Voraus bis zum dritten Werktag des jeweiligen Monats gezahlt werden muss, i.V.m. § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB.
Weitere, etwaige anspruchsbegründende Tatsachen, die unstreitig zugestanden oder offenkundig sind, bedürfen in der vorliegenden Nichtsäumnissituation nicht des Beweises und deshalb auch nicht des Urkundenbeweises (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 33. Aufl., § 592 Rn. 11; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 41. Aufl., § 592 Rn. 6, jeweils mit weiteren Nachweisen).
II.
Der Klageantrag zu 1. ist begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch aus § 535 Abs. 2 BGB auf Zahlung der Aprilmiete 2020 i.H.v. 29.348,31 €.
1.
Die Parteien haben einen Mietvertrag mit einem monatlich von der Beklagten zu zahlenden Mietzins i.H.v. 29.348,31 € einschließlich Betriebskostenvorauszahlung und Umsatzsteuer geschlossen.
2.
Die Beklagte kann die Miete für den April 2020 weder nach § 536 Abs. 1 oder Abs. 2 BGB mindern noch liegt eine Unmöglichkeit der Gebrauchsüberlassung nach § 275 BGB mit der Folge eines Freiwerdens der Beklagten von ihrer Pflicht zur Zahlung des Mietzinses gemäß § 326 Abs. 1 BGB vor, noch ist eine Anpassung des Mietzinses gemäß § 313 BGB vorzunehmen.
a)
Der Mietzins für den Monat April 2020 ist nicht ganz oder teilweise aufgrund der Nutzungseinschränkungen gemäß § 536 Abs. 1 oder Abs. 2 BGB gemindert.
aa)
Dabei ist von folgenden Nutzungseinschränkungen auszugehen.
Unstreitig war die Mieträume mit dem Einzelhandel der Beklagten mit Textilien in Warendorf aufgrund der Corona-Schutzverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 19.03.2020 bis zum 19.04.2020 geschlossen. Im Zeitraum vom 20.04.2020 bis zum 10.05.2020 durfte gemäß § 5 Abs. 2 der am 20.04.2020 in Kraft getretenen Neufassung der Corona-Schutzverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 16.04.2020 Einzelhandel mit Textilien betrieben werden, wenn die reguläre Verkaufsfläche im Sinne des Einzelhandels Erlass des NRW 800 m² nicht überstieg. Das legten die zuständigen Behörden zunächst dahin aus, dass dafür die vorhandene Vorkaufsfläche entscheidend sei. Die in Warendorf vorhandene Verkaufsfläche der Beklagten war größer als 800 m². Deshalb durfte die Beklagte das Geschäft in Warendorf zunächst weiterhin bis zum 28.04.2020 nicht öffnen. Seit dem 29.04.2020 ließen die zuständigen Behörden bei einer größeren Verkaufsfläche die Öffnung des Ladens zu, wenn lediglich eine Teilfläche bis 800 m² für die Kunden freigegeben wurde. Dementsprechend öffnete die Beklagte vom 29.04.2019 bis zum 10.05.2020 eine Teilfläche von 800 m². Seit dem 11.05.2020 durfte die Beklagte die Geschäftsräume wieder insgesamt öffnen. Sie unterlag dabei jedoch weiterhin Einschränkungen der Nutzbarkeit aufgrund der Corona-Schutzverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen. Danach war ein Mindestabstand von 1,5 Metern zwischen Personen zu gewährleisten. Zudem durfte die Kundenzahl pro Quadratmeter der Verkaufsfläche zehn nicht übersteigen.
bb)
Das totale Nutzungsverbot für die Beklagte zum Betrieb eines Einzelhandels mit Textilien in den Mieträumlichkeiten in Warendorf im Zeitraum vom 01.04. bis zum 28.04.2020 und die Beschränkung der Nutzung der Räumlichkeiten für diesen Zweck auf eine Verkaufsfläche von 800 m² im Zeitraum vom 29.04.2020 bis zum 30.04.2020 führen nicht dazu, dass der Mietsache in diesem Zeitraum eine zugesicherte Eigenschaft gefehlt hat.
(1)
Eine Zusicherung liegt vor, wenn der Vermieter durch eine ausdrückliche oder stillschweigende Erklärung, die Vertragsinhalt geworden ist, dem Mieter zu erkennen gibt, dass er für den Bestand der betreffenden Eigenschaft und alle Folgen ihres Fehlens einstehen will (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 80. Aufl., § 536 Rn. 25). Daran sind hohe Anforderungen zu stellen, insbesondere genügt die bloße Angabe einer Eigenschaft nicht (vgl. MüKoBGB/Häublein, 8. Aufl., § 536 Rn. 27).
Eine Eigenschaft ist dabei jede Beschaffenheit der Sache selbst und jedes tatsächliche oder rechtliche Verhältnis, das für die Brauchbarkeit oder den Wert der Mietsache von Bedeutung ist und seinen Grund in der Beschaffenheit der Mietsache selbst hat oder von ihr ausgeht, ihr für gewisse Dauer anhaftet und nicht nur durch Umstände außerhalb der Mietsache in Erscheinung tritt (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 80. Aufl., § 536 Rn. 26).
(2)
Die Klägerin hat in dem Mietvertrag weder ausdrücklich noch konkludent der Beklagten zugesichert, dass die Mietsache auch im Falle einer Pandemie als Einzelhandel zum Vertrieb von Textilien nutzbar sein solle.
Eine ausdrückliche diesbezügliche Erklärung findet sich im Mietvertrag nicht. Auch eine stillschweigende Zusicherung dieser Art lässt sich dem Mietvertrag durch Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB nicht entnehmen. Dazu reicht die Angabe in § 1 Abs. 2 des Mietvertrages, dass die Mieträume im Erd- und ersten Obergeschoss "ausschließlich zum Betrieb eines Einzelhandelsgeschäfts zum Vertrieb von Mode und der üblichen Randsortimente unter der Bezeichnung B vermietet" werden, nicht aus. Denn der Erklärungsgehalt dieser Regelung ist, dass damit der vertragsgemäße Gebrauch der Beklagten auf diesen Nutzungszweck beschränkt werden sollte. Dagegen ergibt sich für die Beklagte erkennbar daraus nicht der Wille der Klägerin als Vermieterin die Nutzung zu diesem Zweck auf jeden Fall zu garantieren, auch im Falle einer Pandemie und darauf gegründeten allgemeinen öffentlichrechtlichen Nutzungsbeschränkungen. Das wird auch aus den Regelungen in § 1 Abs. 3 des Mietvertrages deutlich. Denn danach hat die Beklagte auf ihre "Kosten sämtliche Voraussetzungen für den Betrieb" ihres "Gewerbes zu schaffen und aufrechtzuerhalten und den Vermieter (die Klägerin) von Auflagen, die gegen ihn ergehen sollten, freizuhalten". Die Beklagte sollte hingegen "lediglich für die rechtlichen Voraussetzungen, welche für die generelle rechtliche Geeignetheit des Mietgegenstandes erforderlich sind (Bau- und Nutzungsgenehmigung gemäß nachstehender Ziffer 4), verantwortlich" sein.
Danach fehlt es an der zugesicherten Eigenschaft, dass die Mieträume zum Betrieb eines Einzelhandelsgeschäfts mit Textilien auch bei einer Pandemie und darauf gegründeten allgemeinen öffentlichrechtlichen Nutzungsbeschränkungen nutzbar sein soll.
cc)
Das totale Nutzungsverbot im Zeitraum vom 01.04. bis zum 28.04.2020 und die Beschränkung der Nutzbarkeit für den Einzelhandel mit Textilien auf eine Fläche von 800 m² im Zeitraum vom 29.04. bis zum 30.04.2020 stellt auch keinen Mangel der Mietsache dar.
(1)
Gemäß § 536 Abs. 1 BGB hat eine Mietsache einen Mangel, wenn dieser ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt oder mindert. Es muss eine für den Mieter nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustandes der Mietsache vom vertraglich geschuldeten bestehen, wobei sowohl tatsächliche Umstände als auch rechtliche Verhältnisse in Bezug auf die Mietsache als Mangel in Betracht kommen können (vgl. BGH, NJW 2000, 1714, 1715; Palandt/Weidenkaff, BGB, 80. Aufl., § 536 Rn. 16).
Öffentlichrechtliche Gebrauchsbeschränkungen, die dem tatsächlichen Gebrauch entgegenstehen, begründen allerdings nur dann einen Sachmangel im Sinne der §§ 536ff BGB, wenn sie auf der konkreten Beschaffenheit der Pachtsache beruhen und nicht in persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters ihre Ursache haben (vgl. BGH, NZM 2009, 124 Rn. 34; BGH, NJW 2011, 3151 Rn. 8 mit weiteren Nachweisen). Demgegenüber fallen andere Maßnahmen in den Risikobereich des Mieters.
Voraussetzung dafür, dass im Falle öffentlichrechtlicher Gebrauchshindernisse und Gebrauchsbeschränkungen ein Mangel zu bejahen ist, ist, dass die durch die öffentlichrechtliche Maßnahme bewirkte Gebrauchsbeschränkung unmittelbar mit der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage des Mietobjektes in Zusammenhang steht (vgl. BGH, NJW 2011, 3151 Rn. 9). Denn der Vermieter von Gewerberäumen ist gemäß § 535 Abs. 1 S. 2 BGB lediglich verpflichtet, den Mietgegenstand während der Vertragslaufzeit in einem Zustand zu erhalten, der dem Mieter die vertraglich vorgesehene Nutzung ermöglicht, während das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache bei der Gewerberaummiete der grundsätzlich der Mieter trägt (vgl. BGH, a. a. O., mit weiteren Nachweisen). Dementsprechend hat der BGH das Rauchverbot in einer Gaststätte aufgrund § 7 Abs. 1 Nichtraucherschutzgesetz Rheinland-Pfalz nicht als Mangel der verpachteten Gaststätte angesehen (vgl. BGH, NJW 2011, 3151).
Das Gericht folgt dieser Rechtsprechung, auf deren Grundlage im Streitfall ein Mangel der Mietsache zu verneinen ist. Die hoheitlichen Maßnahmen dienten im vorliegenden Fall der Bekämpfung der Covid-19-Pandemie zum Schutz der Bevölkerung vor den damit verbundenen gesundheitlichen Gefahren. Der Ansatzpunkt für die Maßnahmen nach der Corona-Schutzverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen beruht nicht auf der konkreten Beschaffenheit der Mietsache. Die Maßnahmen knüpfen vielmehr allein an der vom Mieter betriebenen Nutzungsart und dem Umstand an, dass in der betroffenen Fläche Publikumsverkehr stattfindet und dies Infektionen begünstigt, die im allgemeinen Gesundheitsinteresse zu verhindern sind (vgl. Landgericht Heidelberg, Urteil vom 30.07.2020, 5 O 66/20, zitiert nach Juris Rn. 35; Sittner Mietrechtspraxis unter Covid-19, NJW 2020, 1169, 1171). Vorliegend ist die Mietsache zum Zwecke des Betriebes eines Einzelhandels mit Textilien weiterhin in gleicher Weise geeignet wie vor dem allgemeinen öffentlichrechtlichen Einschreiten; untersagt ist allein, was in den Risikobereich des Mieters fällt, dessen Betrieb, losgelöst von Fragen der Beschaffenheit oder der Lage der Mietsache (vgl. Sittner, a. a. O.).
Das Gericht folgt deshalb der Ansicht, die in einem solchen Fall einen Mangel verneint (vgl. dazu Landgericht Heidelberg, Urteil vom 30.07.2020, 5 O 66/20, zitiert nach Juris Rn. 35; Landgericht Zweibrücken, Urteil vom 11.09.2020, HK O 17/20, zitiert nach Juris Rn. 40; Landgericht Frankfurt, Urteil vom 02.10.2020, 15 O 23/20, zitiert nach Juris Rn. 23; Häublein/Müller, NZM 2020, 481, 484; BeckOGK/Martens, BGB, Stand 01.10.2020, § 313 Rn. 239ff; Hübner, ZfIR 2020, 273, 278; Sittner, NJW 2020, 1169, 1171; Strehle, ZfIR 2020, 361).
b)
Es liegt auch kein Fall der Unmöglichkeit für die Klägerin nach § 275 BGB vor, der zur Folge hätte, dass die Gegenleistungspflicht der Beklagte nach § 326 Abs. 1 BGB entfiele.
aa)
Das gilt schon deshalb, weil § 326 BGB und § 275 BGB vorliegend nicht anwendbar sind.
Nach der Überlassung der Mietsache werden die Regeln des allgemeinen Schuldrechts durch das Gewährleistungsrecht der §§ 536ff BGB verdrängt, was auch für teilweise oder zeitweise Unmöglichkeit gilt (vgl. MüKoBGB/Häublein, 8. Aufl., vor § 536 Rn. 8; Palandt/Weidenkaff, BGB, 80. Aufl., § 536 Rn. 10). Anders ist dies lediglich bei einer völligen Zerstörung der Mietsache, weil es dann keinen überlassungsfähigen Gegenstand mehr gibt, der mangelhaft sein könnte (vgl. BeckOGK/Bieder, BGB, § 536 Rn. 7; Palandt/Weidenkaff, a. a. O.).
Im Streitfall hat die Klägerin der Beklagten die Mietsache überlassen. Es handelt sich auch nicht um einen unbehebbaren Zustand, welcher der Mietsache auf Dauer anhaftet. Vielmehr hängen die Nutzungsbeschränkungen, die öffentlichrechtlich der Beklagten auferlegt werden, von der Pandemielage ab.
bb)
Im Übrigen läge auch keine Unmöglichkeit gemäß § 275 BGB vor.
Der Klägerin ist die Gebrauchsüberlassung der Mietsache nicht unmöglich gewesen. Sie hat auch im April 2020 die Mietsache der Beklagten zum Gebrauch überlassen. Es mangelte der Mietsache nicht an der tatsächlichen oder rechtlichen Möglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch als Einzelhandel mit Textilien. Vielmehr fehlte es an der rechtlichen Möglichkeit, im Zeitraum vom 01.04. bis zum 28.04.2020 überhaupt einen stationären Einzelhandel mit Textilien in Nordrhein-Westfalen zu betreiben und im Zeitraum vom 29. April bis zum 30.04.2000 20 an der Möglichkeit, einen stationären Einzelhandel mit Textilien auf einer Fläche von mehr als 800 m² zu betreiben. Damit war es der Klägern nicht unmöglich, der Beklagten als Mieterin die geschuldete Leistung zu erbringen, sondern der Beklagten als Mieterin war es unmöglich, die geschuldete Leistung anzunehmen und diese für ihre Zwecke zu verwenden.
In einem solchen Fall ist eine Unmöglichkeit gemäß § 275 BGB zu verneinen (vgl. Landgericht Heidelberg, Urteil vom 30.07.2020, 5 O 66/20, zitiert nach Juris Rn. 40; LG Zweibrücken, Urteil vom 11.09.2020, HK O 17/20, zitiert nach Juris Rn. 48; Landgericht Frankfurt, Urteil vom 02.10.2020, 2-15 O 23/20, zitiert nach Juris, Rn. 28; Häublein/Müller, NZM 2020, 481,486).
c)
Die Beklagte hat auch keinen Anspruch aus § 313 Abs. 1 BGB auf Anpassung des Mietzinses für den Monat April 2020. Sie hat einen solchen Anspruch nicht schlüssig vorgetragen, weil sie nicht dargelegt hat, dass ihr ein unverändertes Festhalten am vertraglich vereinbarten Mietzins unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nicht zugemutet werden kann.
aa)
§ 313 Abs. 1 BGB ist auf den vorliegenden Fall anwendbar. Art. 240 §§ 1, 2 EGBGB entfalten insoweit keine Sperrwirkung (vgl. Streyl in Schmidt, Covid-19, Rechtsfragen zur Corona-Krise, 2. Aufl., § 3 Mietrecht, Rn. 88; Kumkar/Voß, ZIP 2020, 893, 894f; Warmuth, COVuR 2020, 16, 17). Artikel 240 § 1 EGBGB insoweit nicht lex specialis, da der Tatbestand ausdrücklich keine Miet- und Pachtverhältnisse umfasst (Art. 240 § 1 Abs. 4 Nr. 1 Variante 1 EGBGB). Art. 240 § 2 Abs. 1 S. 1 EGBGB sieht als Rechtsfolge lediglich einen Ausschluss des Kündigungsrechtes vor, hingegen ist dort keine Regelung hinsichtlich einer Herabsetzung oder Stundung einer Pacht als Rechtsfolge einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie vorgesehen.
bb)
Das Gericht bejaht die Voraussetzung von § 313 Abs. 1 BGB, dass sich ein Umstand im Sinne dieser Regelung, der zur Grundlage des Mietvertrages geworden ist, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat.
Für das Vorliegen dieses Tatbestandsmerkmals von § 313 Abs. 1 BGB greift vorliegend die Vermutung aus Artikel 240 § 7 EGBGB. Diese Vermutung ist rückwirkend auch auf den ersten Lockdown, der hier streitgegenständlich ist, anwendbar (vgl. Blatt/Stobbe, IMR-Online 2021, 45).
Im Streitfall hat die Klägerin die Räumlichkeiten in Warendorf zu gewerblichen Zwecken an die Beklagte vermietet. Infolge der dargestellten staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie konnte die Beklagte die Räume zu einem Einzelhandel mit Textilien im Zeitraum vom 01.04. bis zum 28.04.2020 nicht und im Zeitraum vom 29.04. bis zum 30.04.2020 nur eingeschränkt verwenden. In einem solchen Fall greift gemäß Art. 240 § 7 BGB die Vermutung, dass sich insofern ein Umstand im Sinne des § 313 Abs. 1 BGB, der zur Grundlage des Mietvertrages geworden ist, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat.
Diese Vermutung ist vorliegend nicht widerlegt.
Die Vermutung umfasst jedoch lediglich die erste Tatbestandsvoraussetzung von § 313 Abs. 1. Sie umfasst hingegen nicht die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen (vgl. Blatt/Stobbe, a. a. O.).
cc)
Dahingestellt bleiben kann, ob die Parteien, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, den Mietvertrag nicht oder mit einem anderen Inhalt geschlossen hätten. Darauf kommt es im Ergebnis nicht an. Denn die weitere Tatbestandsvoraussetzung von § 313 Abs. 1 BGB liegt nicht vor.
dd)
Die Beklagte, die insoweit darlegungs- und beweispflichtig ist, hat schon nicht ausreichend dargelegt, dass ihr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.
Eine Unzumutbarkeit setzt in dem Rahmen voraus, dass das Festhalten am Vertrag zu untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit nicht zu vereinbarenden Ergebnissen führen würde (vgl. BGH, NJW 2012, 1718 Rn. 30; Streyl in Schmidt, Covid-19, Rechtsfragen zur Corona-Krise, 2. Aufl., § 3 Mietrecht, Rn. 78; Palandt/Grüneberg, BGB, 80. Aufl., § 313 Rn. 24). Das erfordert eine umfassende Interessenabwägung unter Würdigung aller Umstände, insbesondere auch der Vorteile, die der betreffenden Partei neben den Nachteilen erwachsen sind (vgl. Palandt/Grüneberg, a. a. O.).
Im Streitfall ist zu berücksichtigen, dass die Schließung des Ladenlokals rund sechs Wochen andauerte (vom 19.03. bis zum 28.04.2020) und während neun weiteren Werktagen (vom 29.04. bis zum 10.05.2020) die Verkaufsfläche auf 800 m² beschränkt war, was allerdings im größeren Teil der Ladenfläche von 1.310,67 m² im Erdgeschoss und ersten Obergeschoss den Verkauf ermöglichte. Damit war das Geschäft der Beklagten in Warendorf für einen Zeitraum von rund 11 % des Jahres 2020 geschlossen und für rund 4 % des Jahres 2020 eingeschränkt geöffnet.
Das führt allerdings allein noch nicht zu einer Unzumutbarkeit für die Beklagte, den vollen Mietzins für diesen Zeitraum zu zahlen. Zur Unzumutbarkeit hat die Beklagte lediglich pauschal behauptet, sie habe im Jahre 2020 durch diese Lockdown-Maßnahmen rund 10 % ihres Umsatzes und 10 % ihres Jahresgewinns verloren. Darauf, dass dieses Vorbringen nicht ausreicht, um eine Unzumutbarkeit darzulegen, hat das Gericht in der mündlichen Verhandlung mit näheren Ausführungen hingewiesen.
Damit eine Abwägung im Einzelfall möglich wäre, hätte die Beklagte zunächst nicht nur den Umsatz- und Gewinnausfall pauschal behaupten, sondern diesen auch mit konkreten Zahlen der Umsätze und Gewinne und entsprechenden Zahlen für die Vergleichszeiträume der Vorjahre belegen müssen, und zwar nicht nur für das Haus in Warendorf, sondern auch für die Beklagte insgesamt. Zudem hätte sie auch darlegen müssen, dass während des Lockdowns in den genannten Zeiträumen die entgangenen Umsätze und Gewinne nicht in den Folgemonaten ganz oder teilweise wieder ausgeglichen worden sind. Dazu fehlt jedes Vorbringen der Beklagten.
Darüber hinaus hätte die Beklagte auch zur Entwicklung ihrer Umsätze im Vergleich zu vorhergehenden Zeiträumen während des Lockdowns und danach vortragen müssen, welche sie in dem von ihr betriebenen Online-Shop erzielt hat. Es ist lebensnah, dass jedenfalls ein Teil der nach den Erfahrungen der Vorjahre in dem Zeitraum des Lockdowns zu erwartenden Käufe statt stationär über das Internet erfolgten. Auch insoweit fehlt jedes Vorbringen der Beklagten.
Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte während des Lockdowns für die in diesem Zeitraum nicht oder nur in eingeschränktem Umfang tätigen Mitarbeiter Kurzarbeitergeld in Anspruch genommen hat. Angaben dazu, inwieweit sie das finanziell entlastet hat, hat sie jedoch nicht gemacht.
Zu berücksichtigen ist weiter, dass die Beklagte ihre Räumlichkeiten in Warendorf weiter als Lager nutzen konnte und auch Ware für den Online-Versand hier bereithalten konnte. Zudem hätte sie dort Ware, die Kunden online oder telefonisch bestellten, zur Abholung für Kunden bereithalten und an Kunden übergeben können.
Die Beklagte hat auch nicht dargelegt, dass die Mietzinszahlung für dieses Geschäft in Warendorf sowie die weiteren von ihr betriebenen Geschäfte für den Monat April 2020 zu einer existenzgefährdenden Krise oder auch nur zu durch Rücklagen nicht gedeckte Zahlungspflichten geführt hätte.
Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte als Mieterin grundsätzlich das Verwendungsrisiko trägt.
Die dargestellten pauschalen Behauptungen der Beklagten zu einem Umsatz- und Gewinnrückgang von 10 % aufgrund des Lockdowns reichen angesichts der dargelegten Umstände nicht aus, um unter Abwägung der Interessen beider Parteien und Würdigung aller Umstände zu bejahen, dass das Festhalten an der Verpflichtung zur Leistung des vollen Mietzinses für April 2020 für die Mieträume in Warendorf ein untragbares, mit Recht und Gerechtigkeit nicht zu vereinbarendes Ergebnis für die Beklagte ist.
ee)
Das Gericht sieht keinen Anlass, die mündliche Verhandlung auf den Antrag der Beklagten wieder zu eröffnen.
Die Voraussetzungen von § 156 Abs. 2 ZPO für eine Wiedereröffnung des Verfahrens liegen nicht vor.
Durch Art. 240 § 7 EGBGB ist lediglich eine Vermutung dahin geregelt worden, dass bei vermieteten Grundstücken oder Räumen, die keine Wohnräume sind und welche infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie für den Betrieb des Mieters nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar sind, sich insofern ein Umstand im Sinne des § 313 Abs. 1 BGB, der zur Grundlage des Mietvertrages geworden ist, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat. Damit kommt es insbesondere zur Frage der Unzumutbarkeit als Anspruchsvoraussetzung von § 313 Abs. 1 BGB.
Dies ist jedoch keine überraschende und neue Entwicklung. Vielmehr hat das Gericht bereits in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass aus seiner Sicht zu Gunsten der Beklagten lediglich die Anwendung der Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage in Betracht kommen dürfte und insoweit die entscheidende Frage, die der Unzumutbarkeit sei. Insoweit heißt es im Protokoll wie folgt:
"Das Gericht neigt weiter dazu, die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage und § 313 BGB anzuwenden. Insoweit dürfte hier die entscheidende Frage sein, ob eine Mietzinszahlungspflicht für die Beklagte unzumutbar gewesen ist. Die Prüfung der Unzumutbarkeit setzt eine umfassende Abwägung im Einzelfall voraus. Dazu müssten von letztlich beiden Seiten die einzelnen finanziellen Umstände dargelegt werden. Das betrifft z.B. auf der Seite der Beklagten die finanzielle Situation, die Gewinnsituation, die Frage der Kurzarbeit, des Erhalts von Kurzarbeitergeld für Beschäftigte, Leistungen nach dem IfSG und Leistungen aus der Betriebsunterbrechungsversicherung. Zudem müssten zum Vergleich die Umsätze und Gewinne für die Vergleichszeiträume der letzten drei Jahre dargelegt werden. Das beträfe im Übrigen dann nicht nur das Haus in Warendorf, sondern zur Beurteilung einer Unzumutbarkeit auch das ganze Unternehmen der Beklagten."
Zu dieser Frage hat die Beklagte auch Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Aufgrund der eindeutigen und detaillierten Hinweise des Gerichts musste auch für die Beklagte deutlich sein, dass die Frage der Unzumutbarkeit für das Gericht die zentrale Frage für die Entscheidung des Rechtsstreits ist. Wenn sie dem keine Bedeutung beigemessen hat, dies kein Umstand, der Anlass für eine Wiedereröffnung der Verhandlung gibt.
3.
Der Zinsanspruch auf den Mietzins ist aus §§ 286 Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 2 BGB begründet.
III.
Der Klageantrag zu 2. hat ebenfalls Erfolg.
1.
Der Anspruch auf Zahlung von 40,00 € ist aus §§ 286 Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 5 BGB begründet.
2.
Der diesbezügliche Zinsanspruch ist aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB Begründet.
IV.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 4, 711 ZPO.
Der ausgesprochene Vorbehalt folgt aus § 599 Abs. 1 ZPO.