Niedersächsischer StGH, Urteil vom 09.03.2021 - 3/20
Fundstelle
openJur 2021, 12906
  • Rkr:

1. Sinn und Zweck des Art. 25 Abs. 1 NV ist, den Mitgliedern des Landtages die notwendigen Informationen zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu verschaffen und dadurch die Entwicklung von Initiativen einerseits und eine wirksame Kontrolle der Regierungstätigkeit durch das Parlament andererseits zu ermöglichen. Die Vorschrift begründet daher einen Anspruch des Landtages auf frühzeitige und vollständige Information durch die Landesregierung über bedeutsame exekutive Vorhaben.

2. Mit der Beschränkung der Unterrichtungspflicht auf Gegenstände von grundsätzlicher Bedeutung verwendet Art. 25 Abs. 1 Satz 2 NV einen unbestimmten Rechtsbegriff, dessen Auslegung und Handhabung durch die Landesregierung der vollen verfassungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt.

3. Ob ein Gegenstand im Sinne von Art. 25 Abs. 1 Satz 2 NV grundsätzlich Bedeutung entfaltet, bemisst sich nach Umfang, Art und Ausmaß der gesellschaftlichen, sozialen, wirtschaftlichen, ökologischen und anderweitigen Auswirkungen des Vorhabens, insbesondere auch nach seiner Grundrechtsrelevanz.

Eine grundsätzliche Bedeutung kann demgegenüber nicht allein deshalb angenommen werden, weil die Landesregierung eine Verordnung aufgrund bundesgesetzlicher Grundlage vorbereitet.

4. Die Unterrichtungspflicht ist gemäß Art. 25 Abs. 1 Satz 1 NV gegenüber dem Landtag als Ganzes zu erfüllen. Das Recht auf Unterrichtung wird deshalb durch eine Unterrichtung in Ausschüssen oder von einzelnen Mitgliedern nicht erfüllt.

5. Frühzeitig im Sinne des Art. 25 Abs. 1 Satz 1 NV ist eine Unterrichtung, wenn sie unverzüglich nach Abschluss der internen Willensbildung der Landesregierung und vor der Umsetzung des Beschlusses erfolgt. Dabei kann der Abschluss der Willensbildung auch vorläufiger Natur sein; dies ist etwa dann der Fall, wenn ein Gesetzes- oder Verordnungsentwurf zur Verbandsbeteiligung freigegeben wird. Ist die regierungsinterne Willensbildung in diesem Sinne (vorläufig) abgeschlossen, steht der Gewaltenteilungsgrundsatz auch einer Unterrichtung des Landtages nicht mehr entgegen.

6. Ob eine Unterrichtung im Sinne des Art. 25 Abs. 1 Satz 1 NV vollständig ist, hängt maßgeblich vom Unterrichtungsgegenstand ab und unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle. Zu unterrichten ist grundsätzlich über das Vorhaben und die dafür maßgeblichen Gründe.

7. Die Unterrichtung über die Vorbereitung von Verordnungen ist nur dann vollständig, wenn der gesamte Entwurfstext dem Landtag übermittelt wird. Ist der Entwurf mit einer Begründung versehen, ist auch diese vorzulegen. Der Unterrichtungsanspruch selbst verpflichtet nicht zur Erstellung einer Begründung.

Tenor

1. Die Antragsgegnerin hat den Niedersächsischen Landtag in seinem Recht aus Art. 25 Abs. 1 NV auf frühzeitige und vollständige Unterrichtung über die Vorbereitung von Verordnungen verletzt, indem sie es unterlassen hat, dem Niedersächsischen Landtag den jeweiligen Entwurfstext der Niedersächsischen Verordnung über die Beschränkung sozialer Kontakte zur Eindämmung der Corona-Pandemie vom 2. April 2020(Nds. GVBl. S. 55), der Niedersächsischen Verordnung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie vom 8. Mai 2020 (Nds. GVBl. S. 97) und der Niedersächsischen Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Verordnung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus vom 22. Mai 2020 (Nds. GVBl. S. 55) zeitgleich mit der Anhörung der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände zuzuleiten.

Gründe

A.Das Organstreitverfahren betrifft die Verpflichtung der Niedersächsischen Landesregierung aus Art. 25 Abs. 1 Satz 2 NV zur Unterrichtung des Niedersächsischen Landtages über die Vorbereitung von Verordnungen im Zuge der Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie.

I.Das erstmals Ende 2019 in der Millionenstadt Wuhan (Provinz Hubei, Volksrepublik China) entdeckte, umgangssprachlich (neuartiges) Corona-Virus genannte Virus SARS-CoV-2 kann die neue, bei schweren Verläufen lebensgefährliche Erkrankung Coronavirus-Desease 2019 (kurz: COVID-19) verursachen. COVID-19 breitet sich in Deutschland seit Ende Januar 2020 aus. Ende Februar 2020 wurde der erste Fall in Niedersachsen bekannt. Das Robert Koch-Institut bewertete das Risiko für die Bevölkerung in Deutschland seit Mitte März 2020 als "hoch" und für Risikogruppen seit Ende März 2020 als "sehr hoch". Ende März 2020 stellte der Deutsche Bundestag eine "epidemische Lage von nationaler Tragweite" fest. Die Weltgesundheitsorganisation stufte die Krankheit wegen ihrer hohen Infektionsdynamik Mitte März 2020 als Pandemie ein.

Bereits am 12. März 2020 beschlossen die Bundeskanzlerin und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder eine enge Zusammenarbeit bei der Bewältigung der Corona-Pandemie und erste Leitlinien hierzu, die in weiteren Konferenzen jeweils an das Infektionsgeschehen angepasst wurden. Die Ergebnisse der Besprechungen sollten in Landes-Corona-Verordnungen umgesetzt werden. Angesichts eines fehlenden Impfstoffs und fehlender breit wirkender Medikamente sollten das dynamische Infektionsgeschehen verlangsamt und das Risiko eines ungeordneten Infektionsverlaufs mit der dramatischen Gefährdung insbesondere der vulnerablen Personengruppen vermieden werden. Hierzu wurden einerseits die klinischen Behandlungskapazitäten für Covid-19-Fälle erhöht, andererseits wurde zum Abflachen der Infektionskurve die Reduzierung von Kontakten als Maßnahme der Wahl angesehen.

II.Das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung erließ auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes und der niedersächsischen Subdelegationsverordnung seit März 2020 zahlreiche Rechtsverordnungen.

Zunächst erließ das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung am 23. März 2020 eine viele Lebensbereiche betreffende, mit Begründung versehene Allgemeinverfügung zur Beschränkung sozialer Kontakte anlässlich der Corona-Pandemie für den Zeitraum vom 24. März bis zum 18. April 2020. Die darin enthaltenen Anordnungen wurden im Wesentlichen unverändert in die Niedersächsische Verordnung zur Beschränkung sozialer Kontakte anlässlich der Corona-Pandemie vom 27. März 2020 aufgenommen. Die Verordnung wurde durch die - erste hier streitbefangene - Niedersächsische Verordnung über die Beschränkung sozialer Kontakte zur Eindämmung der Corona-Pandemie vom 2. April 2020 abgelöst, die durch die gleichnamige Verordnung vom 7. April 2020 mit Geltung ab dem 8. April 2020 ersetzt wurde. Weitere vier kurzfristig geltende Änderungen bzw. Neufassungen folgten, zuletzt vom 5. Mai 2020. Parallel zu der Änderungsverordnung vom 5. Mai 2020 wurde bereits die - hier zweite streitbefangene - Niedersächsische Verordnung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie vom 8. Mai 2020 vorbereitet. Als deren Artikel 1 wurde die Niedersächsische Verordnung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus mit Geltung vom 11. Mai 2020 bis zum 27. Mai 2020 bzw. für das Verbot von Großveranstaltungen bis zum 31. August 2020 erlassen und in Artikel 2 mit Sonderregelungen zum Schulbesuch mit Wirkung ab dem 18. Mai 2020 geändert. Nach einer zwischenzeitlichen Änderungsverordnung vom 19. Mai 2020 erfolgte die nächste - hier dritte streitbefangene - Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Verordnung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus vom 22. Mai 2020 mit Wirkung ab dem 25. Mai 2020 bzw. zu weiteren Änderungsregelungen für den Schulbesuch (Präsenzunterricht) zum 1. bzw. 8. Juni 2020. Nach mehreren weiteren - hier nicht relevanten - Änderungen wurde die Verordnung durch die Niedersächsische Corona-Verordnung vom 10. Juli 2020 mit Wirkung vom 13. Juli 2020 aufgehoben.

III.Üblicherweise geht dem Erlass von Landesverordnungen, für die nicht die Landesregierung zuständig ist, zunächst eine formelle Mitzeichnung des vom federführenden Ministerium erarbeiteten Verordnungsentwurfs durch die beteiligten Ressorts voraus, die den Entscheidungsprozess innerhalb der Landesregierung abschließt. Es ist nicht unüblich, schon bei der Vorbereitung eines Verordnungsentwurfs externen Rat einzuholen und noch während der Ressortabstimmung etwa einzelne Verbände und auch Landtagsabgeordnete zu beteiligen. Nach dem Abschluss der Ressortbeteiligung wird die formelle Verbandsbeteiligung mit sechswöchiger Stellungnahmefrist durchgeführt, sofern die beteiligten Ressorts nicht einer vorzeitigen Verbandsbeteiligung zustimmen. Soweit es um Gegenstände von grundsätzlicher Bedeutung geht, unterrichtet die Landesregierung den Landtag über Verordnungsentwürfe durch die Staatskanzlei gleichzeitig mit der Verbandsbeteiligung. Die Landtagsverwaltung stellt den Entwurf in das allen Abgeordneten zugängliche Intranet des Niedersächsischen Landtages ein.

Bei dem Erlass der streitbefangenen Verordnungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie wählte die Antragsgegnerin im Einvernehmen mit den beteiligten Ressorts folgendes Verfahren: Den Auftakt bildete jeweils eine E-Mail an die beteiligten Ressorts sowie zumindest an den Niedersächsischen Städtetag, der seinerzeit innerhalb der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände die Federführung innehatte und die Beteiligung der anderen Verbände sicherstellte, mit der Aufforderung, Änderungswünsche mitzuteilen. Es folgte eine Abstimmung über die Änderungswünsche, die in einen konsolidierten Verordnungsentwurf mündete. Dieser Entwurf wurde den beteiligten Ressorts offiziell zur Mitzeichnung übersandt. Zugleich führte die Antragsgegnerin die Anhörung der kommunalen Spitzenverbände nach Art. 57 Abs. 6 NV durch. Während das für das Verordnungsgebungsverfahren federführende Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung diesen Ablauf zu der Verordnung vom 2. April 2020 selbst gestaltete, übernahm dies für die Verordnungen vom 8. und 22. Mai 2020 die Niedersächsische Staatskanzlei.

Im Niedersächsischen Landtag wurden die beabsichtigten Verordnungsregelungen zum Pandemie-Geschehen insbesondere in den Fachausschüssen für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung (im Folgenden: Sozialausschuss), für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung sowie für Inneres und Sport und in einer Sitzung des Unterausschusses "Häfen und Schifffahrt" thematisiert. Regelmäßige aktuelle Informationen zur Corona-Situation erhielten später auch die Vorsitzenden und Parlamentarischen Geschäftsführer der Fraktionen sowie die wirtschaftspolitischen und innenpolitischen Sprecher aller Landtagsfraktionen. Der Sozialausschuss tagte auf Entscheidung der Fraktionen seit Beginn des Corona-Geschehens als "Corona-Ausschuss".

Abgeordnete der Antragstellerinnen wiesen in den Sitzungen des Landtages vom 23. April 2020 und vom 12. Mai 2020 auf Art. 25 NV hin und machten geltend, dass die Antragsgegnerin verpflichtet sei, den Landtag vor dem Erlass von Corona-Verordnungen zu unterrichten. Eine formelle Unterrichtung des Niedersächsischen Landtages erfolgte bis Ende Mai 2020 nicht.

IV.Mit ihrem am 26. Mai 2020 bei dem Niedersächsischen Staatsgerichtshof eingegangenen Schreiben beantragen die Antragstellerinnen als Fraktionen im Niedersächsischen Landtag, festzustellen, dass die Antragsgegnerin bezüglich der Verordnungen vom 2. April, 8. und 22. Mai 2020 gegen ihre Pflicht zur frühzeitigen und vollständigen Unterrichtung des Landtages nach Art. 25 NV verstoßen habe.

Außerdem hatten die Antragstellerinnen beantragt, die Antragsgegnerin per einstweiliger Anordnung zu verpflichten, den Landtag bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache über die weiteren geplanten Corona-Verordnungen frühzeitig und vollständig zu unterrichten. In diesem nach übereinstimmenden Erledigungserklärungen am 12. Juni 2020 eingestellten Verfahren (StGH 4/20) hat die Antragsgegnerin sich bereit erklärt, dem Landtag den Entwurf der seinerzeit vorbereiteten Änderungsverordnung zeit- und inhaltsgleich mit der Anhörung der kommunalen Spitzenverbände per Mail zuzuleiten. Seit dem 2. Juni 2020 unterrichtet die Antragsgegnerin den Landtag ohne Anerkennung einer Rechtspflicht zu allen weiteren Landesverordnungen betreffend die Bekämpfung der Corona-Pandemie durch Übermittlung der jeweiligen Verordnungsentwürfe bereits während der Verbandsbeteiligung und vor formeller Mitzeichnung durch die beteiligten Ressorts in der Weise, dass sie diese unmittelbar, nachdem sie in die Verbandsbeteiligung und Ressortmitzeichnung gegeben wurden, sowie später die endgültig abgestimmten Entwürfe dem Landtag zuleitet.

V.Zur Begründung ihres Begehrens tragen die Antragstellerinnen im Wesentlichen vor:

Der Antrag sei zulässig. Die Antragsgegnerin habe gegenüber dem Landtag ihre verfassungsrechtliche Verpflichtung zur frühzeitigen und vollständigen Unterrichtung bezüglich der Vorbereitung von Verordnungen nach dem Infektionsschutzgesetz verletzt. Als Fraktionen gehörten sie, die Antragstellerinnen, dem Landtag an und seien befugt, die Rechte des Landtages im Wege der Prozessstandschaft im Sinne von § 64 Abs. 1 BVerfGG im eigenen Namen geltend zu machen.

Der Antrag sei auch begründet. Der Informationspflicht der Antragsgegnerin gegenüber dem Landtag aus Art. 25 NV komme eine zentrale Bedeutung im Kompetenzgefüge der Niedersächsischen Verfassung zu. Diese Pflicht sei bei ihrer Einführung als "Krönung der Parlamentsreform" bezeichnet worden, solle das strukturelle Informationsgefälle zwischen Antragsgegnerin und Landtag überbrücken und sei als Bringschuld ausgestattet. So solle sichergestellt werden, dass der Landtag durch frühzeitige aktive Information über geplante Vorhaben seine Kontrollfunktion nach Art. 7 Satz 2 NV effektiv wahrnehmen, sich frühzeitig eine eigene Meinung zu den Vorhaben der Antragsgegnerin bilden und diese durch eigene Vorstellungen und Vorschläge in den politischen Prozess einbringen könne. Diese Kontrollfunktion sei nicht auf eine nachträgliche Kontrolle des Regierungshandelns beschränkt, sondern als mitwirkende Kontrolle ausgestaltet und auf eine gemeinsame Staatsleitung durch Parlament und Regierung ausgerichtet. Dies gelte auch in Zeiten einer Pandemie uneingeschränkt. Weder die Niedersächsische Verfassung noch die Art. 25 NV binnenrechtlich konkretisierende Regelung in § 37 Abs. 2 GGO sähen eine Einschränkung oder Ausnahme vor.

Eine frühzeitige Unterrichtung habe spätestens dann zu erfolgen, wenn der konkrete Verordnungsentwurf erstellt sei und wenn der Verordnungstext im Rahmen einer Verbändeanhörung an Dritte übersandt werde. Zu diesem Zeitpunkt sehe auch die Gemeinsame Geschäftsordnung der Landesregierung und der Ministerien die Übersendung an den Landtag vor. Der Landtag sei zu unterrichten, bevor eine geplante Verordnung der Öffentlichkeit vorgestellt werde. Dabei sei dem gesamten Landtag der vollständige Entwurfstext nebst Begründung zuzuleiten. Mündliche Unterrichtungen genügten der Verfassung im Regelfall nicht. Auch die Unterrichtung einzelner Landtagsausschüsse sei unzureichend, da in solchen Fällen nicht alle Abgeordneten tatsächlich Gelegenheit hätten, entsprechende Kenntnis zu erlangen. Trotz des hohen Zeitdrucks und der geltend gemachten Dringlichkeit hätte die Antragsgegnerin den Verordnungstext dem Landtag zeitgleich mit einzelnen Verbänden und einzelnen Landtagsabgeordneten übermitteln können. Die Antragsgegnerin hätte lediglich diese Unterrichtungspflicht berücksichtigen, die Beteiligung des Landtages gleichzeitig mitdenken und ihre interne Organisation daran ausrichten müssen. Eine rechtlich und tatsächlich problematische Verzögerung hätte dies nicht bedeutet, auch wenn Einschränkungen und Lockerungsmaßnahmen ständig am jeweiligen Pandemiegeschehen hätten orientiert werden müssen. Bei dem Inkrafttreten der Verordnungen vom 8. und 22. Mai 2020 sei der damalige Höhepunkt des Infektionsgeschehens überschritten gewesen. Zudem hätte die Form der Unterrichtung in kooperativer, dem Pandemiegeschehen entsprechender Weise und in Abstimmung mit den Fraktionsvorsitzenden und Parlamentarischen Geschäftsführern der Fraktionen vereinbart werden können. Entsprechende Bemühungen habe die Antragsgegnerin aber zu keinem Zeitpunkt unternommen. Auf jeden Fall habe die Antragsgegnerin den Landtag vor der jeweiligen Verkündung der streitgegenständlichen Verordnungen unterrichten können und müssen.

Bei allen streitgegenständlichen Verordnungen, durch die große Teile des öffentlichen Lebens in Niedersachsen drastisch eingeschränkt worden seien, gehe es um Gegenstände von grundsätzlicher Bedeutung. Dies folge schon daraus, dass alle streitbefangenen Verordnungen auf Grundlage einer bundesgesetzlichen Ermächtigung erlassen worden seien. Gemäß Art. 80 Abs. 4 GG habe in solchen Fällen der Landtag die Befugnis, die Angelegenheiten gesetzlich zu regeln. Davon könne er aber nur effektiv Gebrauch machen, wenn er rechtzeitig darüber informiert werde, welche Rechtsverordnungen aufgrund von Bundesgesetzen geplant seien. Gleichermaßen ergebe sich die grundsätzliche Bedeutung jeweils aus dem Regelungsgehalt der Verordnungen. Sie griffen landesweit und bei nahezu allen in Niedersachsen lebenden Menschen unmittelbar und tief in eine Vielzahl von Grundrechten ein.

Die Antragstellerinnen beantragen,

festzustellen, dass die Antragsgegnerin bezüglich der jeweils von der Ministerin für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung erlassenen Niedersächsischen Verordnungen über die Beschränkung sozialer Kontakte zur Eindämmung der Corona-Pandemie vom 2. April 2020 (Nds. GVBl. Nr. 7/2020), zur Bekämpfung der Corona-Pandemie vom 8. Mai 2020 (Nds. GVBl. Nr. 13/2020) und zur Änderung der Niedersächsischen Verordnung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus vom 22. Mai 2020 (Nds. GVBl. 17/2020) gegen ihre Pflicht zur frühzeitigen und vollständigen Unterrichtung verstoßen habe.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Feststellungsantrag zurückzuweisen.

Sie hält den Antrag für unbegründet. Soweit sie seit Anfang Juni die Unterrichtung des Landtages bereits während der Verbandsbeteiligung und vor der formellen Mitzeichnung durch die beteiligten Ressorts und damit vor der regierungsinternen Entscheidungsfindung durchführe, geschehe dies überobligatorisch früh. Es führe auch zu Abläufen, die weder vom Sinn und Zweck des Art 25 Abs. 1 NV umfasst noch ihr, der Antragsgegnerin, politisch zumutbar seien.

Die in schneller Folge erlassenen Verordnungen während der Corona-Pandemie dienten dem Schutz von weiten Teilen der Bevölkerung vor einer potenziell tödlichen Seuche, die auch bei individuell nicht tödlichem Verlauf zu schweren dauerhaften Folgeschäden führen könne. Bei einem zu "freien Lauf" komme es zu einer "Übersterblichkeit" in erheblichem Ausmaß, wie sie in den Monaten März bis Mai 2020 z. B. in vielen europäischen Ländern oder auch in den USA und Brasilien statistisch festgestellt worden sei. Die verordneten Alltagsbeschränkungen mit einer Kombination der unterschiedlichen Maßnahmen hätten zu einer Trendwende bei den Neuinfektionen geführt. Wären die beginnend am 9. März 2020 vorgenommenen Maßnahmen nur fünf Tage später gekommen, hätte die Verbreitung des Corona-Virus dramatisch anders ausgesehen, und die Neuinfektionen wären in Deutschland nach wissenschaftlichen Nachweisen auf mehr als 30.000 Fälle pro Tag gestiegen. Angesichts der u. a. durch die streitbefangenen Verordnungen ausgelösten erheblichen Einschränkungen der Individualrechte der Bevölkerung seien andererseits auch, nach dem jeweils beobachteten Infektionsgeschehen, vertretbare Lockerungen sehr zügig in Kraft zu setzen gewesen. Innerhalb dieser Rahmenbedingungen sei bei den hier betroffenen drei Verordnungen ein Verfahren mit den üblichen Fristen nicht möglich gewesen. So habe die formelle Mitzeichnung der Ressorts parallel zur Verbandsbeteiligung stattgefunden. Bei Berücksichtigung der dargelegten Eilbedürftigkeit liege ein Verstoß gegen Art. 25 Abs. 1 NV nicht vor. Es habe zum Zeitpunkt der Verbandsanhörung noch keine Informationspflicht gegenüber dem Landtag bestanden. Der regierungsinterne Entscheidungsprozess, insbesondere die formelle Mitzeichnung der Ressorts, sei noch nicht abgeschlossen gewesen. Sie, die Antragsgegnerin, sei nicht verpflichtet, interne Entscheidungsprozesse mit umfangreichen Änderungen zu offenbaren und so der Opposition Angriffsflächen zu bieten. Alle drei Verordnungen seien nach Abschluss von Verbandsbeteiligung und ressortübergreifender Abstimmung innerhalb von 24 Stunden im Gesetz- und Verordnungsblatt verkündet worden. Es habe jeweils nur noch die rechtsförmliche Überarbeitung und die Ausfertigung durch die Ministerin erfolgen müssen.Jeweils mit der Bekanntmachung im Gesetz- und Verordnungsblatt sei der Landtag unterrichtet worden. Dies sei auch nicht deshalb verspätet, weil das Vorhaben bereits umgesetzt gewesen sei. In Bundesrats- und EU-Angelegenheiten sei wegen bestimmter Entscheidungsabläufe und kurzer Fristen anerkannt, dass in diesen Fällen die Antragsgegnerin unverzüglich nach Beschlüssen berichten könne.Hinsichtlich der Verordnung vom 2. April 2020 sei die Ressortabstimmung am selben Tag abgeschlossen gewesen, die Verkündung sei am 3. April 2020 erfolgt, einen Tag bevor diese Verordnung in Kraft getreten sei. Bei der Verordnung vom 8. Mai 2020 habe die finale regierungsinterne Abstimmung am späten Abend desselben Tages und die Verkündung am 9. Mai 2020 mit Inkrafttreten am 11. Mai 2020 stattgefunden. Zu der am 25. Mai 2020 in Kraft getretenen, am 22. Mai 2020 verkündeten Verordnung vom selben Tag sei die Ressortabstimmung am Vortag abgeschlossen gewesen. Eine frühzeitigere Unterrichtung sei unter diesen Umständen nicht möglich gewesen. Einen abgestimmten Verordnungsentwurf, den sie, die Antragsgegnerin, dem Landtag hätte übersenden können, damit dieser die von Art. 80 Abs. 4 GG vorgesehene Möglichkeit gehabt hätte, gegen den politischen Willen der von der Landtagsmehrheit getragenen Landesregierung eigene Gesetzgebungsbemühungen zu initiieren, habe es vor der Verkündung jeweils nicht gegeben.

Die inzwischen praktizierte Unterrichtung des Landtages zeitgleich zur Verbandsbeteiligung während der Ressortabstimmung habe Ende Juni 2020 dazu geführt, dass ein noch nicht ausgereifter Verordnungsentwurf habe ausgetauscht werden müssen. Soweit die Antragstellerinnen sich darauf beriefen, nur diese Unterrichtung ermögliche die ihnen obliegende Kontrollfunktion, forderten sie abstrakt eine rein förmliche Rechtsposition, die sie unter den gegebenen (zeitlichen) Rahmenbedingungen materiell weder hätten nutzen können noch wollen. Mit Ausnahme einer Stellungnahme der Antragstellerin zu 1. vom 4. Juni 2020 habe sich konkret nichts ergeben. Bei dem Erlass von Verordnungen im vierzehntägigen Rhythmus lasse sich die Kontrollfunktion unproblematisch noch nach der Bekanntgabe einer Verordnung ausüben. Sie, die Antragsgegnerin, müsse berechtigte Kritik bei der Vorbereitung der nächsten Verordnung berücksichtigen. Auf eine Unterrichtung 24 Stunden früher oder später komme es nicht an. Im Übrigen sei es nicht originäre Aufgabe der Opposition, an der Erstellung von Verordnungen mitzuwirken. Dies sei mit dem Wesen der Rechtsetzungsform "Verordnung" nicht vereinbar. Es handele sich um außerparlamentarische Rechtsetzung durch die Exekutive im Rahmen der Ermächtigungsgrundlage.

Die Unterrichtung sei auch ohne Begründung vollständig, wenn - wie hier - zu den Verordnungsentwürfen wegen des besonderen Zeitdrucks und des hohen Aufwands bei der Fertigung einer Begründung eine solche nicht erstellt worden sei. Von Verfassungs wegen sei bei der Verordnungsgebung aus Gründen der Schnelligkeit und Flexibilität eine Begründung nicht geschuldet. Dies gelte wegen der Eilbedürftigkeit in Zeiten von Corona in besonderem Maße. Unabhängig davon habe sie, die Antragsgegnerin, jedenfalls Teile des Landtages in vielfältiger Weise seit Beginn des Corona-Geschehens regelmäßig und aktuell informiert. Dies sei vor Veröffentlichung der jeweiligen Verordnung durch regelmäßige Informationen in strukturierten schriftlichen und mündlichen Unterrichtungen der Ausschüsse erfolgt, wo mit einer inhaltlichen Beteiligung zu rechnen gewesen sei.

VI.Der Niedersächsische Landtag hat von einer Stellungnahme abgesehen.

B.Der Antrag auf Durchführung des Organstreitverfahrens ist gemäß Art. 54 Nr. 1 der Niedersächsischen Verfassung - NV - vom 19. Mai 1993 (Nds. GVBl. S. 107), zuletzt geändert durch Gesetz vom 10. Dezember 2020 (Nds. GVBl. S. 288), und § 8 Nr. 6 des Gesetzes über den Staatsgerichtshof - NStGHG - vom 1. Juli 1996 (Nds. GVBl. S. 342), zuletzt geändert durch Gesetz vom 26. Oktober 2016 (Nds. GVBl. S. 238), zulässig (I) und begründet (II).

I.Der Antrag ist zulässig.

Antragsberechtigung und Antragsbefugnis der Antragstellerinnen (1) sowie die Passivlegitimation der Antragsgegnerin (2) ergeben sich ebenso wie ein statthafter Streitgegenstand (3) aus Art. 25 Abs. 1 und Art. 54 Nr. 1 NV in Verbindung mit § 8 Nr. 6, § 30 NStGHG in Verbindung mit § 64 Abs. 1 BVerfGG. Der Antrag ist rechtzeitig gestellt (4); ihm fehlt auch nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis (5).

1. Die Antragstellerinnen sind als Fraktionen im Niedersächsischen Landtaggemäß Art. 54 Nr. 1 NV, § 8 Nr. 6NStGHG als andere Beteiligte im Sinne dieser Regelungen im Organstreitverfahren vor dem Staatsgerichtshof beteiligtenfähig (vgl. NdsStGH, Urt. v. 8.8.2017 - StGH 2/16 -, Nds. StGHE 5, 264, juris Rn. 56; Urt. v. 15.1.2019 - StGH 1/18 -, NdsVBl 2019, 115, juris Rn. 30). Ihre Antragsbefugnis folgt aus § 30 NStGHG in Verbindung mit § 64 Abs. 1 BVerfG. Sie machen zwar keine Verletzung eigener Rechte geltend, weil allein der Niedersächsische Landtag als oberstes Landesorgan Empfänger der hier umstrittenen Unterrichtung gemäß Art. 25 Abs. 1 NV ist und die Vorschrift eine direkte Begünstigung der Antragstellerinnen selbst nicht vorsieht. Die Antragsbefugnis beruht jedoch darauf, dass sie den behaupteten Verstoß gegen Art. 25 Abs. 1 NV im Wege der Prozessstandschaft für den Landtag geltend machen dürfen (vgl. bereits NdsStGH, Urt. v. 15.1.2019 - StGH 1/18 -, NdsVBl 2019, 115, juris Rn. 37).

Gemäß § 30 StGHG in Verbindung mit § 64 Abs. 1 BVerfGG liegt die Antragsbefugnis im Organstreitverfahren auch vor, wenn der Antragsteller geltend macht, dass das Organ, dem er angehört, durch eine Maßnahme oder Unterlassung des Antragsgegners in seinen durch die Niedersächsische Verfassung übertragenen Rechten oder Pflichten verletzt oder unmittelbar gefährdet ist. Das ist hier der Fall.

2. Der Antrag ist zu Recht gegen die Landesregierung gerichtet, der die hier umstrittene Unterrichtungspflicht nach Art. 25 Abs. 1 NV ausdrücklich allein obliegt. Unerheblich ist deshalb, dass die in Streit stehenden Verordnungen nicht von der Landesregierung, sondern vom Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung erlassen worden sind. Auch in diesen Fällen trifft die Unterrichtungspflicht nach der eindeutigen Vorgabe der Verfassung die Landesregierung als Kollegialorgan.

3. Die geltend gemachten Rechtsverletzungen durch die unterlassenen Unterrichtungen über die Vorbereitung der drei von den Antragstellerinnen bezeichneten Verordnungen sind für die Verfolgung im Organstreitverfahren zulässige Antragsgegenstände. Die Unterlassung ist rechtserheblich, weil die Antragsgegnerin dadurch das Unterrichtungsrecht des Landtages aus Art. 25 Abs. 1 NV möglicherweise nicht hinreichend beachtet hat.

4. Die am 26. Mai 2020 eingegangene Antragsschrift wahrt die Frist von sechs Monaten, nachdem die unterlassene Unterrichtung des Landtages den Antragstellerinnen bekannt geworden ist (§ 30 NStGHG in Verbindung mit § 64 Abs. 3 BVerfGG). Die streitbefangenen Verordnungen sind im April bzw. im Mai 2020 vorbereitet und verkündet worden.

5. Den Antragstellerinnen steht das erforderliche Rechtsschutzinteresse zur Seite. Die Darlegung einer möglichen Rechtsverletzung indiziert regelmäßig die Schutzwürdigkeit des auf die Feststellung dieser Rechtsverletzung gerichteten Begehrens (vgl. NdsStGH, Urt. v. 15.1.2019 - StGH 1/18 -, NdsVBl 2019, 115, juris Rn. 44 m.w.N.). Anhaltspunkte, die im vorliegenden Fall ausnahmsweise eine abweichende Beurteilung gebieten könnten, sind nicht ersichtlich. Umfang und Reichweite der Informationspflichten und -rechte aus Art. 25 Abs. 1 NV sind weiterhin unklar und zwischen den Beteiligten umstritten. Zwar unterrichtet die Antragsgegnerin seit Anfang Juni 2020 zu Verordnungen des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie den Landtag in der Weise, dass sie den jeweiligen Verordnungstext zeitgleich mit der Anhörung der kommunalen Spitzenverbände und vor der Bekanntgabe der jeweiligen Verordnung im Niedersächsischen Gesetz- und Verordnungsblatt dem Landtag übermittelt. Aber sie hält diese Vorgehensweise für überobligatorisch früh, politisch nicht zumutbar und sieht darin auch keinen Nutzen für die Antragstellerinnen. Eine Rechtspflicht, auf deren Feststellung der Antrag der Antragstellerinnen abzielt, sieht sie weiterhin nicht.

II.Der Antrag ist begründet.

Die Antragsgegnerin hat bei der Vorbereitung der Verordnungen vom 2. April, 8. und 22. Mai 2020 jeweils das Recht des Niedersächsischen Landtages auf frühzeitige und vollständige Unterrichtung aus Art. 25 Abs. 1 NV verletzt, indem sie es unterlassen hat, diesen über die streitbefangenen Verordnungen zeitgleich mit der nach Art. 57 Abs. 6 NV durchgeführten Anhörung der kommunalen Spitzenverbände zu unterrichten.

1. Gemäß Art. 25 Abs. 1 Satz NV ist die Landesregierung verpflichtet, den Landtag über die Vorbereitung von Gesetzen sowie über Grundsatzfragen der Landesplanung, der Standortplanung und Durchführung von Großvorhaben frühzeitig und vollständig zu unterrichten. Das Gleiche gilt nach Satz 2 dieser Bestimmung, soweit es um Gegenstände von grundsätzlicher Bedeutung geht, für die Vorbereitung von Verordnungen, für die Mitwirkung im Bundesrat sowie für die Zusammenarbeit mit dem Bund, den Ländern, anderen Staaten, der Europäischen Gemeinschaft und deren Organen. Mit der im Zuge der Verfassungsreform im Jahr 1993 erstmals eingefügten und dem Vorbild der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein folgenden Vorschrift hat der Verfassungsgeber darauf reagiert, dass in den Ländern Entscheidungen in erheblichem und zunehmendem Umfang von der Exekutive ohne Beteiligung des Parlaments getroffen werden (vgl. Hagebölling, NV, 2. Aufl. 2011, Art. 25 Anm. 1). Davon ausgehend erfasst Art. 25 Abs. 1 NV solche Bereiche, in denen in der Vergangenheit im besonderen Maße ein Zuwachs an Gestaltungs- und Mitwirkungsbefugnissen der Landesregierung und ein Schwund an Mitwirkungs- und Kontrollmöglichkeiten des Landtages zu verzeichnen war. Gleichzeitig ist es infolge des "kooperativen Föderalismus" - der Zusammenarbeit der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten und der vielfältigen Kooperationsformen zwischen Bund und Ländern sowie der Länder untereinander auf Ebene der Exekutive - zu einem erheblichen Bedeutungszuwachs der Landesregierungen im Verhältnis zu den Landtagen gekommen, die vielfach darauf verwiesen sind, die länderübergreifend durch die Exekutive abgesprochenen Regelungen in Landesgesetze umzusetzen bzw. Verordnungsregelungen der Exekutive hinzunehmen. Um dem Parlament auch in diesem Bereich eine wirksame Kontrolle und gestalterische Einflussnahme zu ermöglichen, begründet die in den parlamentarischen Beratungen zur Niedersächsischen Verfassung als "Krönungspunkt der Parlamentsreform" (so der Abg. Rabe, Protokoll der 20. Sitzung des Sonderausschusses "Niedersächsische Verfassung" am 5.8.1992, S. 39) bezeichnete Bestimmung eine Bringschuld der Landesregierung zur frühzeitigen und vollständigen Unterrichtung des Niedersächsischen Landtages.

Mit dieser Zielrichtung steht die Vorschrift in engem Zusammenhang zu den weiteren parlamentarischen Informationsrechten aus Art. 23, 24 und 27 NV, die in ihrer Gesamtheit darauf ausgerichtet sind, den Niedersächsischen Landtag zu einer wirksamen Wahrnehmung seiner Aufgaben zu befähigen. Nach Art. 7 NV ist Aufgabe des Landtages neben der Gesetzgebung, der Beschlussfassung über den Landeshaushalt, der Wahl des Ministerpräsidenten und der Mitwirkung bei der Regierungsbildung vor allem die Überwachung der vollziehenden Gewalt nach Maßgabe der Verfassung. Art. 7 NV verlangt dabei eine das Regierungshandeln begleitende fortlaufende Kontrolle, die in der Literatur als "Staatsleitung - Hand in Hand mit der Landesregierung" beschrieben wird (Butzer, in: Hannoverscher Kommentar zur Niedersächsischen Verfassung, 2012, Art. 7 Rn. 36).

"Staatsleitung - Hand in Hand mit der Landesregierung" setzt voraus, dass sich Landesregierung und Landtag auf Augenhöhe begegnen. Eine solche Begegnung gelingt jedoch dann nicht, wenn das aufgrund der unterschiedlichen Aufgaben und Kompetenzen immanente Informationsgefälle zwischen Landesregierung und Landtag zu groß wird. Insbesondere die parlamentarische Opposition leidet an einem strukturellen Informationsdefizit, weil ihr anders als den die Regierung tragenden Fraktionen die Kontakte zur Landesregierung fehlen. Angesichts des strukturellen Informationsvorsprungs der Regierung ist es daher Sinn und Zweck des Art. 25 Abs. 1 NV, den Mitgliedern des Landtages die notwendigen Informationen zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu verschaffen und dadurch die Entwicklung von Initiativen einerseits und eine wirksame Kontrolle der Regierungstätigkeit durch das Parlament andererseits zu ermöglichen. Initiativbildung aus dem parlamentarischen Raum, die Funktion einer lebendigen Opposition und die Kontrolle der vollziehenden Gewalt durch das demokratisch legitimierte Parlament bilden insoweit zentrale Institute der Demokratie (so zu Art. 24 Abs. 1 NV NdsStGH, Urt. v. 29.1.2016 - 1/15 u.a. -, Nds. StGHE 5, 210 = juris Rn. 44); dem trägt auch Art. 25 Abs. 1 NV Rechnung. Dabei kommt die Unterrichtung des Landtages im besonderen Maße der Opposition, aber auch jedem einzelnen Landtagsmitglied zu Gute, die dadurch rechtzeitig und umfassend in die Lage versetzt werden zu kontrollieren, Kritik zu üben und Alternativen zu entwickeln (vgl. Hagebölling, NV, 2. Aufl. 2011, Art. 25 Anm. 1 unter Hinweis auf Hübner, in: von Mutius/Wuttke/Hübner, Kommentar zur Landesverfassung Schleswig-Holstein, 1995, Art. 22 Rn. 3).

Art. 25 Abs. 1 NV begründet daher einen Anspruch des Landtages auf frühzeitige und vollständige Information durch die Landesregierung über bedeutsame exekutive Vorhaben. Dabei handelt es sich um eine "anfragelose Information", die ein Informationsverlangen von Mitgliedern des Landtages oder Fraktionen nicht voraussetzt und als "Bringschuld" ausgestaltet ist (Schriftlicher Bericht zum Entwurf einer Niedersächsischen Verfassung, LT-Drs. 12/5840, S. 19; Hagebölling, NV, 2. Aufl. 2011, Art. 25 Anm. 1). Die Landesregierung soll den Landtag, vor allem die Oppositionsfraktionen, in die Lage versetzen, sich rechtzeitig kontrollierend in politische Entscheidungsprozesse einzuschalten (vgl. Bogan, in: Hannoverscher Kommentar zur Niedersächsischen Verfassung, 2012, Art. 25 Rn. 6; Ipsen, NV, 2011, Art. 25 Rn. 7; Berlit, NVwZ 1994, 11, 15). Ohne gesonderte Anfrage ist der Landtag im Stadium der Vorbereitung so frühzeitig und vollständig zu unterrichten, dass er die Möglichkeit hat, rechtzeitig seinen Willen bilden und zum Ausdruck bringen, gestalterisch Einfluss nehmen und wirksam Kontrolle ausüben zu können (Hagebölling, NV, 2. Aufl. 2011, Art. 25 Anm. 2).

2. Für den Fall der Vorbereitung einer Rechtsverordnung verpflichtet Art. 25 Abs. 1 NV die Antragsgegnerin, soweit es um Gegenstände von grundsätzlicher Bedeutung (a) geht, den Landtag (b) frühzeitig (c) und vollständig (d) zu unterrichten. Das Merkmal der grundsätzlichen Bedeutung bestimmt das "Ob" einer Unterrichtungspflicht, die übrigen Merkmale legen die Art und Weise, das "Wie", der Unterrichtung fest.

a) Im hier vorliegenden Fall der Vorbereitung von Verordnungen ist wie in allen Fällen des Art. 25 Abs. 1 Satz 2 NV Voraussetzung der Unterrichtungspflicht, dass es um Gegenstände von grundsätzlicher Bedeutung geht.

aa) Mit der Beschränkung der Unterrichtungspflicht auf Gegenstände von grundsätzlicher Bedeutung verwendet Art. 25 Abs. 1 Satz 2 NV einen unbestimmten Rechtsbegriff, dessen Auslegung und Handhabung durch die Antragsgegnerin der vollen verfassungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt. Bei der Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe ist deren Konkretisierung grundsätzlich Sache der Gerichte, die die Rechtsanwendung uneingeschränkt nachzuprüfen haben (vgl. aus grundrechtlicher Perspektive BVerfG, Beschl. v. 31.5.2011 - 1 BvR 857/07 -, BVerfGE 129, 1, juris Rn. 70). Die gerichtliche Kontrolle endet erst dort, wo das materielle Recht in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise das Entscheidungsverhalten nicht vollständig determiniert und einen Einschätzungs- und Auswahlspielraum belässt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 31.5.2011 - 1 BvR 857/07 - BVerfGE 129, 1, juris Rn. 73). Aus der Wahl des Rechtsbegriffs der grundsätzlichen Bedeutung ergibt sich ein solcher Fall nicht.

Die Bestimmung eröffnet weder eine Einschätzungsprärogative noch einen Beurteilungsspielraum, noch räumt er der Landesregierung Ermessen ein (anders Bogan, in: Hannoverscher Kommentar zur Niedersächsischen Verfassung, 2012, Art. 25 Rn. 14; wohl übernommen von Hübner, in: v. Mutius/Wuttke/Hübner, Kommentar zur Landesverfassung Schleswig-Holstein, 1995, Art. 22 Rn. 5; ähnlich Caspar, Verfassung des Landes Schleswig-Holstein, 2005, Art. 22 Rn. 6: "beschränkter Beurteilungsspielraum"). Auch eine Abwägung ist nicht vorzunehmen, weil nicht zwei gegenläufige Positionen - etwa das Informationsinteresse des Landtages und das Geheimhaltungsinteresse der Landesregierung - zur Entscheidungsfindung gegenüber zu stellen sind, sondern Art. 25 Abs. 1 Satz 2 NV seinen Anwendungsbereich eigenständig formuliert. Zwar erfordert die Beurteilung der grundsätzlichen Bedeutung eine Bewertung der konkreten Sachmaterie. Diese Bewertung ist jedoch nicht von einer Art, dass die Landesregierung gegenüber dem Landtag oder dem Staatsgerichtshof über einen nicht aufzuholenden Kompetenzvorsprung verfügt, ein prognostisches Element dominiert oder eine Pflichtenabwägung geboten ist (zu letzterer NdsStGH, Urt. v. 29.1.2016 - StGH 1/15 u.a. -, Nds. StGHE 5, 210, juris Rn. 46). Wäre der Landesregierung ein Entscheidungsspielraum zuzubilligen, würde sie als zu kontrollierendes Organ über die Einbindung seiner Kontrolleure entscheiden. Das liefe dem Sinn und Zweck der Unterrichtungspflicht entgegen.

bb) Der Begriff der grundsätzlichen Bedeutung ist ausgehend von dem Sinn und Zweck des Art. 25 Abs. 1 NV, dem Landtag eine wirksame Kontrolle und gestalterische Einflussnahme in bedeutsamen Angelegenheiten zu ermöglichen, zu verstehen. Ob ein Gegenstand grundsätzliche Bedeutung entfaltet, bemisst sich nach Umfang, Art und Ausmaß der gesellschaftlichen, sozialen, wirtschaftlichen, ökologischen und anderweitigen Auswirkungen der Entscheidung, insbesondere auch nach ihrer Grundrechtsrelevanz. Je größer die Tragweite der Entscheidung, umso eher ist von einer grundsätzlichen Bedeutung über den Einzelfall hinaus auszugehen und umso dringender ist das Bedürfnis nach Kontrolle und Mitgestaltung durch das Parlament, das zu den zentralen Akteuren im landespolitischen Prozess gehört und durch Art. 25 Abs. 1 NV in seiner Rolle gestärkt werden soll. Dazuist eine Bewertung im Einzelfall erforderlich. Bei der Vorbereitung von Verordnungen ist neben dem Anwendungsbereich und den Auswirkungen auch die zu regelnde Materie zu berücksichtigen (vgl. Bogan, in: Hannoverscher Kommentar zur Niedersächsischen Verfassung, 2012, Art. 25 Rn. 14).

cc) Entgegen der Auffassung der Antragstellerinnen kann eine grundsätzliche Bedeutung nicht allein deshalb angenommen werden, weil die Landesregierung eine Verordnung aufgrund bundesgesetzlicher Grundlage vorbereitet (so aber Bogan, in: Hannoverscher Kommentar zur Niedersächsischen Verfassung, 2012, Art. 25 Rn. 15; Neumann, NV, 2000, Art. 25 Rn. 11). Gemäß Art. 80 Abs. 4 GG ist das Land, und damit der Landtag als Organ der Gesetzgebung (Art. 2 Abs. 1 Satz 2, Art. 7 Satz 2 NV) in einem solchen Fall zwar auch zu einer Regelung durch Gesetz befugt; er verfügt über ein Zugriffsrecht auf die zu regelnde Sachmaterie. Dies allein löst jedoch die Unterrichtungspflicht der Landesregierung nicht aus.

Soweit Art. 80 Abs. 4 GG eine konkludente Informationspflicht der Landesregierung gegenüber dem Landtag entnommen wird (vgl. Mann, in: Sachs, GG, 8. Aufl. 2018, Art. 80 Rn. 53 m.w.N.; zu Recht ablehnend dagegen Remmert, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 80 Rn. 200, Stand: Dezember 2013), ergibt sich schon aus dem Wortlaut der Vorschrift kein Anhaltspunkt für eine solche in den Bereich der Binnenorganisation der Länder übergreifende Auslegung. Auch die Niedersächsische Verfassung bietet keine Grundlage für die Annahme, dass die Kontroll- und Gestaltungsfunktion des Landtages, auf deren Stärkung Art. 25 Abs. 1 NV abzielt, ungeachtet der politischen Bedeutung der Materie allein dadurch aktiviert werden soll, dass die Verordnungsermächtigung im Bundesrecht liegt. Bundesrechtliche Verordnungsermächtigungen betreffen keineswegs typischerweise politisch besonders bedeutsame Materien. Sie beziehen sich häufig auf recht kleinteilige Fragestellungen, insbesondere wenn es allein um die Bestimmung der im Land zuständigen Verwaltungsbehörde geht (siehe anschaulich die Auflistung von Rechtsverordnungen im Sinne des Art. 80 Abs. 4 GG, LT-Drs. 18/8108 v. 9.12.2020). Dies schließt nicht aus, dass auch bloße Zuständigkeitsbestimmungen im Einzelfall umstritten sein und große politische Bedeutung haben können. Dies berechtigt aber nicht, jedes Gebrauchmachen von einer Ermächtigung im Sinne des Art. 80 Abs. 4 GG als grundsätzlich bedeutsam zu bewerten und den Landtag in zahlreichen Fällen über die Vorbereitung von Verordnungen mit Bestimmungen rein technischer Natur zu unterrichten. Einer wirksamen Kontrolle der Landesregierung wäre die damit verbundene "Unterrichtungsflut" nicht dienlich.

b) Die Unterrichtungspflicht ist gemäß Art. 25 Abs. 1 Satz 1 NV gegenüber dem Landtag zu erfüllen. Gemeint ist der Landtag als Ganzes. Deshalb reicht es nicht aus, wenn Informationen nur Teilen des Landtages erteilt werden, etwa Ausschüssen oder einzelnen Mitgliedern mit besonderer Funktion in einer Fraktion (Vorsitzende und Parlamentarische Geschäftsführer, wirtschaftspolitische und innenpolitische Sprecher).

Art. 7 Satz 1 NV definiert den Landtag als die gewählte Vertretung des Volkes. Er repräsentiert das Volk und vertritt dieses bei der politischen Willensbildung. Die in Art. 7 Satz 1 NV angesprochene Repräsentationsfunktion nimmt der Landtag als solches wahr. Die Funktion ist daher allen Abgeordneten des Parlaments im Ganzen und nicht einzelnen Abgeordneten, auch nicht den Ausschüssen oder anderen Gremien zugewiesen (vgl. Hagebölling, NV, 2. Aufl. 2011, Art. 7 Anm. 1). Dieses Begriffsverständnis ist auch Art. 25 Abs. 1 Satz 1 NV zugrunde zu legen. Für eine einschränkende Auslegung bietet die Norm keinen Ansatz. Das Recht auf Unterrichtung des Landtages wird deshalb durch eine Unterrichtung einzelner Mitglieder oder von Ausschüssen nicht erfüllt.

c) Ist eine Unterrichtung des Landtages geboten, muss diese frühzeitig erfolgen. Bei Verordnungen mit grundsätzlicher Bedeutung ist in Art. 25 Abs.1 Satz 2 NV explizit von einer Unterrichtung im Stadium der Vorbereitung die Rede. Mit den Begriffen "Vorbereitung" und "frühzeitig" trifft Art. 25 Abs. 1 NV eine Regelung zu dem verfassungsrechtlich geschuldeten Zeitpunkt der Unterrichtung. Diese Begriffe sind ausgehend von dem systematischen Kontext der Vorschrift sowie deren Sinn und Zweck auszulegen. Sie wirken in zwei Richtungen: Einerseits legen sie den Zeitpunkt des Entstehens des Unterrichtungsrechts des Landtages fest, andererseits begrenzen sie dieses Recht durch die Gewährleistung eines Schutzbereiches für die interne Willensbildung der Landesregierung. Daraus folgt, dass die Unterrichtung so rechtzeitig erfolgen muss, dass der Landtag seinen Aufgaben der wirksamen Kontrolle und gestaltenden Mitwirkung bei der Staatsleitung wirksam nachkommen kann (vgl. Schriftlicher Bericht zum Entwurf einer Niedersächsischen Verfassung, LT-Drs. 12/5840, S. 19). Das spricht für einen möglichst frühen Zeitpunkt. Der Landtag muss in der Lage sein, durch Ergreifen entsprechender Initiativen im Verlauf der Beratung gegebenenfalls Beschlüsse zu den Gegenständen der Entscheidung der Landesregierung zu fassen (zutreffend Caspar, Verfassung des Landes Schleswig-Holstein, 2005, Art. 22 Rn. 4).

In systematischer Hinsicht ist allerdings zu beachten, dass die parlamentarische Kontrolle grundsätzlich erst dann einsetzt, wenn die Landesregierung ihren internen Willensbildungsprozess (vorläufig) abgeschlossen und eine Entscheidung getroffen hat (vgl. NdsStGH, Urt. v. 24.10.2014 - StGH 7/13 -, Nds. StGHE 5, 181, 197, juris Rn. 85). Insoweit wirkt der Verweigerungsgrund der wesentlichen Beeinträchtigung der Eigenverantwortung und Funktionsfähigkeit der Landesregierung nach Art. 25 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 24 Abs. 3 Satz 1 NV, der hier allein in Betracht kommt und auf den allein sich die Antragsgegnerin beruft, unmittelbar auf die Auslegung des Begriffes ein. Der laufende Prozess der Entscheidungsfindung, also die internen Absprachen und Diskussionen, ist der begleitenden parlamentarischen Kontrolle entzogen. Der Regierung ist für die interne Entscheidungsbildung ein vertraulicher, nicht ausforschbarer Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich garantiert (vgl. NdsStGH, Urt. v. 15.5.1996 - StGH 12/95 -, Nds. StGHE 3, 251, 256, juris Rn. 22; Urt. v. 24.10.2014 - StGH 7/13 -, Nds. StGHE 5, 181, 196 f., juris Rn. 83). Das entspricht auch dem Willen des Verfassungsgebers, der in den Beratungen des Sonderausschusses "Niedersächsische Verfassung" zum Ausdruck gebracht wurde. Dort wurde darauf hingewiesen, dass Art. 25 Abs. 1 NV nicht den Zweck habe, die politische Meinungsbildung innerhalb der Landesregierung zu erschweren. Die Regierung müsse die Möglichkeit haben, ihre politische Meinungsbildung intern abzuschließen. Sie dürfe nicht genötigt werden, zu Beginn eines politischen Prozesses "halbfertige Gedanken" dem Parlament zu präsentieren, das dann die Aufgabe übernehme, diese halbfertigen Gedanken zu vervollständigen (so der Abg. Oppermann, Protokoll der 20. Sitzung des Sonderausschusses "Niedersächsische Verfassung" am 5.8.1992, S. 41 f.).

Diese verfassungsrechtliche Maßgabe erfordert einen Zeitpunkt, der nach einer (ersten) Beschlussfassung bzw. mindestens nach einer billigenden Beratung der Landesregierung liegt. Da die Landesregierung als Kollegialorgan Adressat der Verpflichtung aus Art. 25 Abs. 1 NV ist, muss sie als solche Gelegenheit gehabt haben, die die Unterrichtungspflicht auslösende Maßnahme jedenfalls vorläufig zu billigen. Erst dann ist es gerechtfertigt, dass die Landesregierung insgesamt in die politische Verantwortung genommen wird. Ein noch früherer Zeitpunkt wäre hingegen mit einem unzulässigen Eingriff in den Binnenbereich der Landesregierung verbunden, für den auch Art. 25 Abs. 1 NV keine Rechtfertigung bereithält. Umgekehrt begegnet aber auch ein späterer Zeitpunkt Bedenken. Ist die interne Willensbildung abgeschlossen, ist ein Sachgrund, dem Landtag die Informationen über das Vorhaben vorzuenthalten, jedenfalls im Regelfall nicht zu erkennen.

Frühzeitig im Sinne des Art. 25 Abs. 1 Satz 1 NV ist eine Unterrichtung daher dann, wenn sie unverzüglich nach Abschluss der internen Willensbildung der Landesregierung und vor der Umsetzung des Beschlusses erfolgt. Dabei kann der Abschluss der Willensbildung auch vorläufiger Natur sein; dies ist etwa dann der Fall, wenn ein Gesetzes- oder Verordnungsentwurf zur Verbandsbeteiligung freigegeben wird. Zu diesem Zeitpunkt tritt die Landesregierung mit ihrem Vorhaben erkennbar nach außen (vgl. BVerfG, Urt. v. 19.6.2012 - 2 BvE 4/11 -, BVerfGE 131, 152, juris Rn. 124). Leitet sie im Fall der Vorbereitung einer Verordnung zu dem Verordnungsentwurf die förmliche Verbändeanhörung ein, beteiligt sie dadurch Dritte und geht in die Öffentlichkeit. Ist die regierungsinterne Willensbildung in diesem Sinne (vorläufig) abgeschlossen, steht der Gewaltenteilungsgrundsatz auch einer Unterrichtung des Landtages nicht mehr entgegen. In diesem Zwischenzeitraum zwischen (vorläufigem) Abschluss der internen Willensbildung und Umsetzung ist Raum für eine kontrollierende und gestaltende Mitwirkung des Landtages, wie es der Aufgabenzuweisung aus Art. 7 NV entspricht.

Diese verfassungsrechtlichen Maßgaben spiegeln sich in den Bestimmungen der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Landesregierung und der Ministerien in Niedersachsen (v. 30.3.2004, Nds. GVBl. 2004 S. 107, zuletzt geändert durch Beschl. v. 27.10.2020, Nds. GVBl. 2020 S. 375) wider. § 37 Abs. 2 Nr. 1 GGO sieht vor, dass die Unterrichtung bei Gesetz- und Verordnungsentwürfen gleichzeitig mit der Verbandsbeteiligung erfolgt. Für den Zeitpunkt der Verbandsbeteiligung unterscheidet § 31 Abs. 2 GGO danach, ob die Landesregierung für den Erlass einer Regelung zuständig ist oder ob es sich um andere Fälle handelt, wozu die delegierte Verordnungsgebung gehört. Während im ersten Fall die Verbandsbeteiligung grundsätzlich erst dann eingeleitet werden darf, wenn die Landesregierung die Freigabe des Entwurfs beschlossen hat, ist im zweiten Fall die Verbandsbeteiligung nach Abschluss der Ressortbeteiligung einzuleiten, sofern die beteiligten Ministerien nicht einer vorzeitigen Verbandsbeteiligung zustimmen. Die Gemeinsame Geschäftsordnung gibt damit einen Hinweis, zu welchem Zeitpunkt die Landesregierung selbst von einem (vorläufigen) Abschluss der internen Willensbildung ausgeht.

d) Art. 25 Abs. 1 Satz 1 NV sieht weiter vor, dass die Unterrichtung vollständig erfolgen muss. Der Begriff "vollständig", der den Umfang der vorzunehmenden Unterrichtung bestimmt, findet sich auch in Art. 24 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 NV; danach sind Anfragen vollständig zu beantworten und Akten vollständig vorzulegen. In allen drei Fällen geht es um die Befriedigung des Informationsinteresses des Parlaments und seiner Abgeordneten, sodass eine Vermutung dafür spricht, dass der Rechtsbegriff in allen drei Bestimmungen in vergleichbarer Weise auszulegen ist. Eine parlamentarische Anfrage ist nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen auszulegen, und das sich daraus ergebende Informationsinteresse ist umfassend auch unter Nutzung von Möglichkeiten der Nachforschung und Sachverhaltsaufklärung zu befriedigen (vgl. NdsStGH, Urt. v. 22.10.2012 - StGH 1/12 -, Nds. StGHE 5, 123, juris Rn. 54 ff.). Bei einem Aktenvorlagebegehren ergibt sich aus dem Vergleich des Begehrens mit den vorgelegten Akten, ob die Vorlage vollständig erfolgt und das Informationsinteresse erfüllt ist (vgl. NdsStGH, Urt. v. 24.10.2014 - StGH 7/13 -, Nds. StGHE 5, 181, juris).

Auch wenn es sich bei der Unterrichtungspflicht nach Art. 25 Abs. 1 NV um eine "Bringschuld" der Landesregierung handelt, die keine Anfrage voraussetzt, ist deshalb festzuhalten, dass die Vollständigkeit der Information an dem Informationsinteresse des Landtages zu messen ist. Dabei kommt es auf das typische, auf die Erfüllung der Aufgaben nach Art. 7 NV ausgerichtete Informationsinteresse an. Eine wirksame parlamentarische Kontrolle und gestalterische Einflussnahme setzen mit Blick darauf voraus, dass der Landtag erfährt, was die Landesregierung plant und warum sie es plant. Zu unterrichten ist deshalb jedenfalls grundsätzlich über das Vorhaben und die dafür maßgeblichen Gründe. Ein Ermessen hinsichtlich der Erfüllung des Gebots der Vollständigkeit steht der Landesregierung nicht zu (vgl. Bogan, in: Hannoverscher Kommentar zur Niedersächsischen Verfassung, 2012, Art. 25 Rn. 10). Ob eine Unterrichtung vollständig ist, hängt maßgeblich vom Unterrichtungsgegenstand ab und unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle.

Die Unterrichtung über die Vorbereitung von Gesetzen und Verordnungen ist nur dann vollständig, wenn der gesamte Entwurfstext dem Landtag übermittelt wird. Da es bei Verordnungen auf den konkreten Wortlaut im jeweiligen Kontext ankommt, ist nur so eine Kontrolle und Mitgestaltung möglich. Ist der Verordnungsentwurf mit einer Begründung versehen, ist auch diese dem Landtag vorzulegen. Der Unterrichtungsanspruch selbst verpflichtet die Landesregierung nicht zur Erstellung einer Begründung.

3. Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Antragsgegnerin im vorliegenden Fall ihren Pflichten gegenüber dem Niedersächsischen Landtag aus Art. 25 Abs. 1 NV nicht in ausreichender Weise nachgekommen.

a) Bei den drei streitbefangenen Verordnungen handelt es sich um solche, die Gegenstände von grundsätzlicher Bedeutung betreffen, sodass die Antraggegnerin in der Pflicht stand, den Landtag nach Maßgabe von Art. 25 Abs. 1 NV zu unterrichten. Die Verordnungen enthalten Regelungen zur Bekämpfung der das gesamte öffentliche und private Leben beherrschenden Corona-Pandemie, die weitreichende gesellschaftliche und wirtschaftliche Folgen haben, von erheblicher Grundrechtsrelevanz sind, Entschädigungsansprüche gegen das Land auslösen könnten, in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert werden und starke Beachtung finden. Das gilt ungeachtet ihrer jeweils nur kurzen Geltungsdauer. Die grundsätzliche Bedeutung steht daher - wie die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend klargestellt haben - außer Streit.

b) Ihrer deshalb dem Grunde nach bestehenden Unterrichtungspflicht ist die Antragsgegnerin nicht dadurch nachgekommen, dass sie verschiedene Ausschüsse des Niedersächsischen Landtages in unterschiedlichem Umfang über die Pandemielage und die dagegen getroffenen Maßnahmen im Allgemeinen und über die streitgegenständlichen Verordnungen im Besonderen informiert hat. Gleiches gilt, soweit die Vorsitzenden bzw. Parlamentarischen Geschäftsführern der Fraktionen sowie deren wirtschafts- und innenpolitischen Sprecher Informationen erhalten haben. Unterrichtungsadressat und -berechtigter ist der Niedersächsische Landtag als Ganzes; die Information von einzelnen Abgeordneten oder Untergliederungen genügt deshalb auch mit Blick auf die gebotene Gleichbehandlung aller Abgeordneten nicht (vgl. auch Art. 19 Abs. 2 Satz 1 NV). Daran ändert auch die Eilbedürftigkeit der Verordnungen nichts. Weder ermöglicht Art. 25 Abs. 1 NV eine Auslegung, die in Eilfällen eine stellvertretende Information nur einzelner Mitglied des Landtages gestattet, noch ist es tatsächlich zutreffend, dass die Eilbedürftigkeit eine Information des gesamten Landtages gehindert hätte. Das in der Praxis gewählte elektronische Übermittlungsverfahren sowie die folgende Einstellung in das Intranet des Niedersächsischen Landtages ermöglichen im Gegenteil eine zügige und kurzfristige Information aller Abgeordneten.

Eine Unterrichtung des Landtages ist entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin nicht durch die Verkündung der jeweiligen Verordnung im Niedersächsischen Gesetz- und Verordnungsblatt erfolgt. Dies folgt schon daraus, dass die Verkündung das Normsetzungsverfahren abschließt; von einer Unterrichtung im Stadium der Vorbereitung, auf die Art. 25 Abs. 1 Satz 2 NV sich bezieht, kann mithin schon im Ausgangspunkt keine Rede sein. Zudem erfolgt die Verkündung nicht gegenüber dem Landtag, sondern ist an die Normadressaten gerichtet.

c) War die Antragsgegnerin demzufolge verpflichtet, den Landtag als Ganzen zu unterrichten, hätte dies frühzeitig erfolgen müssen. Frühzeitig im Rechtssinne wäre die Unterrichtung in diesem Fall zeitgleich mit der Anhörung der kommunalen Spitzenverbände gemäß Art. 57 Abs. 6 NV gewesen. Mit dieser Anhörung hat die Antragsgegnerin die Verordnungsentwürfe in förmlicher Weise Dritten zugänglich gemacht; dies zeigt, dass zu diesem Zeitpunkt die interne Willensbildung der Landesregierung vorläufig abgeschlossen war.

Aufgrund der Eilbedürftigkeit der Verordnungen sowie der Tatsache, dass es sich nicht um Verordnungen der Landesregierung, sondern um solche des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung gehandelt hat, hat die Antragsgegnerin ein an die Vorgaben der Gemeinsamen Geschäftsordnung zur Ministerialverordnung (§ 31 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 GGO) angelehntes Vorgehen gewählt. Danach kann schon vor Abschluss der Ressortbeteiligung die Verbandsbeteiligung eingeleitet werden, wenn die beteiligten Ministerien einer solchen vorzeitigen Verbandsbeteiligung zustimmen. Das war hier der Fall. Die kommunalen Spitzenverbände wurden bereits zu einem Zeitpunkt förmlich beteiligt, zu dem der Abstimmungsprozess zwischen den Ressorts noch nicht abgeschlossen war. Hatte das Vorhaben damit mit Zustimmung der beteiligten Ministerien den Binnenbereich der Landesregierung verlassen, gestattete diese Zustimmung - wie im Regelfall erst die abgeschlossene Ressortabstimmung - die Zurechnung der Verordnung zur Landesregierung. Sie markierte zugleich den (vorläufigen) Abschluss der internen Willensbildung mit der Folge, dass nunmehr der Landtag "frühzeitig" zu unterrichten war.

Anders als die Antragsgegnerin meint, ist für eine Differenzierung dergestalt, dass zwar die kommunalen Spitzenverbände und gegebenenfalls weitere betroffene Verbände, nicht aber der Landtag zu beteiligen waren, kein Raum. Eine Verbandsbeteiligung hat zu einem Zeitpunkt stattzufinden, zu dem ein Vorhaben sich zwar noch nicht in allen Einzelheiten verfestigt hat, aber bereits ein dialogfähiger Zwischenstand erreicht ist. Ist das der Fall, besteht kein Grund, die Unterrichtung des Landtages hinauszuzögern. Daran ändert es nichts, dass die zwingende Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände gemäß Art. 57 Abs. 6 NV und auch die in der Verfassung nicht vorgeschriebene allgemeine Verbandsbeteiligung anderen Zwecken als die Unterrichtung des Landtages dienen: Während die Anhörung der kommunalen Spitzenverbände Ausdruck des kommunalen Selbstverwaltungsrechts ist und - insofern vergleichbar der allgemeinen Verbandsbeteiligung - dazu dient, die Rechte und Interessen der Gemeinden und Landkreise bzw. der beteiligten Verbände bei der Normsetzung zu berücksichtigen (NdsStGH, Urt. v. 16.5.2000 - StGH 6/99 u. a. -, Nds. StGHE 4, 31, juris Rn. 106), soll die Unterrichtung des Landtages die Abgeordneten in die Lage versetzen, auf das Normsetzungsvorhaben kontrollierend und gestaltend zu reagieren. Es mag vor diesem Hintergrund so erscheinen, dass die Antragsgegnerin der Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände sowie der sonstigen Verbände großes Gewicht beimisst, hingegen der Unterrichtung des Landtages, der insbesondere mit Blick auf die Landtagsopposition weniger als Partner, sondern vielmehr als Kontrolleur und politischer Konkurrent auftritt, gerade bei besonderer Eilbedürftigkeit weniger Beachtung einräumt. Die Pflicht zur Unterrichtung des Landtages ist aber gleichrangig gegenüber der verfassungsrechtlich gewährleisteten Anhörung der kommunalen Spitzenverbände. Auch die Unterrichtungspflicht ist verfassungsrechtlich verankert. Sie besteht grundsätzlich - und so auch hier - nicht nur mindestens zeitgleich, sondern auch mit einem vergleichbaren Inhalt.

Das schließt es nicht aus, dass die Landesregierung und einzelne Ministerien bereits in einem Frühstadium der Erarbeitung eines Normtextes oder eines sonstigen Vorhabens Verbände beteiligen um den erforderlichen Sachverstand zu gewinnen und die Interessen der Betroffenen auszuloten, ohne zugleich den Landtag zu beteiligen. Eine solche in der Verfassungspraxis durchaus häufige, rechtlich unbedenkliche und sachlich sinnvolle vorgezogene Einbeziehung Dritter erfolgt im Stadium der internen Willensbildung und vor deren Abschluss. Sie stellt kein Indiz dafür dar, dass nunmehr ein Zwischenstand erreicht ist, der bereits eine "frühzeitige" Unterrichtung des Landtages erfordert. Derartige informelle Beteiligungen sind indes von den verfassungs- bzw. geschäftsordnungsrechtlich geregelten "formellen" Verfahren der Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände und der Verbandsbeteiligung zu unterscheiden. Diese Beteiligungsverfahren sind dadurch gekennzeichnet, dass zu dem Ergebnis einer vorläufig abgeschlossenen Willensbildung beteiligt wird und das Vorhaben in seinen wesentlichen Grundzügen und Einzelheiten bereits (vorläufig) festgelegt und bestimmt ist. Zu diesem Zeitpunkt setzt auch die Kontrolle und gestalterische Mitwirkung des Landtages ein.

Zu Unrecht hält die Antragsgegnerin dem entgegen, dass in diesem Fall eine Unterrichtung des Landtages zeitgleich zur Anhörung der kommunalen Spitzenverbände ohne hinreichenden Wert gewesen wäre. Art. 25 Abs. 1 NV macht die Unterrichtungspflicht nicht davon abhängig, welchen Nutzen eine Unterrichtung im konkreten Einzelfall für den Landtag bringt, sondern sieht sie unabhängig davon in allen Fällen und ausnahmslos vor. Demzufolge ist es allein Sache des Landtages und seiner Abgeordneten, darüber zu befinden, ob die Unterrichtung für eigene Initiativen genutzt werden soll. Ob und wie insbesondere die Antragstellerinnen vor und nach Erlass der hier streitgegenständlichen Verordnungen parlamentarisch tätig geworden sind, ist daher unerheblich. Das gilt unabhängig davon, ob die Unterrichtung - wie dies hier der Fall gewesen wäre - sehr kurzfristig erfolgt. Richtig ist zwar, dass eine kurzfristige Unterrichtung weniger Reaktionsmöglichkeiten eröffnet als eine solche mit ausreichendem Vorlauf. Die verfassungsrechtliche Pflicht zur Unterrichtung lässt diese in der Natur der Sache liegende Schwierigkeit aber unberührt. Hinzu kommt, dass die Antragstellerinnen in der mündlichen Verhandlung überzeugend erläutert haben, sie übten ihre Aufgaben in eilbedürftigen Angelegenheiten insbesondere dadurch aus, dass sie etwa in den sozialen Medien und in der Presse sehr kurzfristig Position bezögen und so Alternativen zum Regierungshandeln aufzeigten. Auch damit bewegen sie sich als Teil des Landtages im Rahmen des Auftrags nach Art. 7 Satz 2 NV.

Nach diesen Maßgaben hätte die nach Art. 25 Abs. 1 NV gebotene Unterrichtung des Landtages über die Vorbereitung der Verordnung vom 2. April 2020 am 1. April 2020, über die Vorbereitung der Verordnung vom 8. Mai 2020 am 8. Mai 2020 und über die Vorbereitung der Verordnung vom 22. Mai 2020 am 18. Mai 2020 erfolgen müssen. Dies waren die Zeitpunkte, zu denen die formellen Anhörungen der kommunalen Spitzenverbände unter Hinweis auf Art. 57 Abs. 6 NV jeweils im vorzeitigen Beteiligungsverfahren durchgeführt wurden. Zu der Verordnung vom 2. April 2020 wurde die Entwurfsfassung am 1. April 2020 um 16:02 Uhr den kommunalen Spitzenverbänden mit Frist zur Stellungnahme bis zum 2. April 2020, 10:00 Uhr, per E-Mail übermittelt. Eine Ressortabstimmung erfolgte durch gesonderte E-Mails am 1. April 2020 um 16:11 Uhr und um 16:19 Uhr. Zu der Verordnung vom 8. Mai 2020 wurde die Entwurfsfassung mit einer gemeinsamen E-Mail am 8. Mai 2020 um 10:31 Uhr den beteiligten Ressorts zur Mitzeichnung und parallel den kommunalen Spitzenverbänden mit Frist zur Stellungnahme bis 15:00 Uhr desselben Tages zugesandt. Zu der Verordnung vom 22. Mai 2020 schließlich wurde die Entwurfsfassung mit einer gemeinsamen E-Mail am 18. Mai 2020 um 12:38 Uhr den beteiligten Ressorts mit der Bitte um Mitzeichnung und parallel den kommunalen Spitzenverbänden mit der Bitte um Stellungnahme bis zum 20. Mai 2020, 10:00 Uhr, zugeleitet.

d) Die Unterrichtung hätte zudem vollständig erfolgen müssen. Dies hätte es erfordert, dem Landtag den gesamten Verordnungstext im Entwurf zuzuleiten. Das Beifügen einer Begründung war in diesem besonderen Fall, in dem die Landesregierung aus Gründen der Eilbedürftigkeit eine Begründung nicht erstellt hatte, entbehrlich. Anlass und Ziel der Corona-Verordnungen waren aufgrund der Diskussionen in der Öffentlichkeit bereits allgemein bekannt. Die einzelnen Regelungen waren hinsichtlich ihrer Zwecke und Wirkungen weitgehend selbsterklärend. Hinzu kommt, dass die Eilbedürftigkeit allenfalls eine allgemein gehaltene, nicht aber eine ins Detail gehende Begründung ermöglicht hätte. Eine solche allgemein gehaltene Begründung wäre aber in diesem Fall gegenüber dem Verordnungstext ohne nennenswerten Mehrwert gewesen, sodass deren Erstellung und Vorlage nicht geschuldet war.

C.Das Verfahren ist nach § 21 Abs. 1 NStGHG kostenfrei; Auslagen der Beteiligten werden gemäß § 21 Abs. 2 Satz 2 NStGHG nicht erstattet.

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