Thüringer LAG, Beschluss vom 10.10.2018 - 6 TaBV 11/17
Fundstelle
openJur 2021, 11576
  • Rkr:

1. Nach § 19 I letzter Halbs. BetrVG berechtigen Verstöße gegen wesentliche Wahlvorschriften nur dann nicht zur Anfechtung der Wahl, wenn die Verstöße das Wahlergebnis objektiv weder ändern noch beeinflussen konnten. Dafür ist entscheidend, ob bei einer hypothetischen Betrachtungsweise eine Wahl ohne den Verstoß unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zwingend zu demselben Wahlergebnis geführt hätte. Eine verfahrensfehlerhafte Betriebsratswahl muss nur dann nicht wiederholt werden, wenn sich konkret feststellen lässt, dass auch bei der Einhaltung der Wahlvorschriften kein anderes Wahlergebnis erzielt worden wäre. Kann diese Feststellung nicht getroffen werden, bleibt es bei der Unwirksamkeit der Wahl (BAG 21.1.2009, 7 ABR 65/07 mwN).

2. Bei dieser konkreten Feststellung ist für die Überzeugungsbildung des Gerichts der Maßstab des § 286 Abs. 1 ZPO entscheidend. Das Gericht kann sich mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad an Gewissheit begnügen, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig ausschließen zu müssen (BAG 24.05.2018, 2 AZR 73/18; 16.7.2015, 2 AZR 85/15).

3. Solche der Überzeugungsbildung entgegen stehenden Zweifel ergeben sich nicht aus jeder theoretisch denkbaren und naturwissenschaftlich nicht auszuschließenden Möglichkeit des Einflusses des Fehlers im Wahlverfahren auf das Wahlergebnis, wenn aufgrund der im Anfechtungsverfahren durch das Gericht konkret feststellbaren Tatsachen die Wahrscheinlichkeit ihres Eintritts gegen Null tendiert, und bei lebensnaher Betrachtung davon ausgegangen werden muss, dass die Möglichkeit nur denkbar und somit theoretisch, tatsächlich aber nicht gegeben war.

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 - 3 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Erfurt vom 04.10.2017 - 5 BV 19/17 - wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Beteiligten zu 1 - 3 fechten die Wahl des Beteiligten zu 4 vom 23.6.2017 an.

Die Beteiligten zu 1 - 3 waren bei der Beteiligten zu 5 beschäftigte Arbeitnehmerinnen. Der Beteiligte zu 4 war der am 23.6.2017 gewählte Betriebsrat der Beteiligten zu 5.

Während der laufenden Amtsperiode des vormaligen Betriebsrats sank die Anzahl der Betriebsratsmitglieder nach Eintreten sämtlicher Ersatzmitglieder unter die vorgeschriebene Zahl gemäß § 9 BetrVG.

Der vormalige Betriebsrat bestellte zunächst einen Wahlvorstand, der zurück trat.

Am 11.5.2017 bestellte der vormalige Betriebsrat einen neuen Wahlvorstand bestehend aus 5 Mitgliedern. Zum Vorsitzenden bestellte der vormalige Betriebsrat Herrn ...... und zur Stellvertreterin Frau ......

Noch am selben Tag erließ der Wahlvorstand ein Wahlausschreiben und hängte bzw. legte es im Schaukasten des Betriebsrats im Erdgeschoss, im Öffentlichkeitsordner am Haupttresen und an der Pinnwand der Lehrausbildung aus.

In dem Wahlausschreiben war die Information enthalten, dass der zu wählende Betriebsrat aus 11 Mitgliedern bestehe, dass 103 männliche und 482 weibliche Mitarbeiter vorhanden seien, dass das Minderheitsgeschlecht das der Männer sei und diesem mindestens 2 Sitze zustünden. Als Tag des Fristablaufs für das Einreichen von Wahlvorschlägen wurde der 25.5.2017 und 23:59 Uhr angegeben.

Der 25.5.2017 war ein Donnerstag und gesetzlicher Feiertag in Thüringen, Christi Himmelfahrt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Inhaltes des Wahlausschreibens wird auf die zu den Akten gereichte Kopie hiervon (Bl. 130-135 der Akte) Bezug genommen.

Der Wahlvorstand ging zunächst davon aus, dass eine Personenwahl stattfinden könne. Er informierte die Mitarbeiter*innen per E-Mail über die Wahl und warb um Kandidaturen. Er sprach auch Mitarbeiter*innen an. Diejenigen, die sich für eine Kandidatur bereit erklärten, setze er auf eine Liste, die als einziger zu erwartender Wahlvorschlag gedacht gewesen war. Nachdem ein anderer, weiterer Wahlvorschlag eingereicht worden war, informierte der Wahlvorstand nochmals die Mitarbeiter*innen über die nun notwendige Listenwahl und es wurde eine neuer Wahlvorschlag hierfür erstellt. Es wurden nochmals alle Interessenten für eine Kandidatur angesprochen.

Am 18.5.2017 fand eine Sitzung des Wahlvorstandes statt. Unter anderem wurde in dem hierüber gefertigten handschriftlichen Protokoll festgehalten, dass bis zum 26.5.2017 die "Bewerbungen" für die Betriebsratswahl eingehen müssten. Diesbezüglich sollten alle Mitarbeiter über den neuen Tag des Fristablaufs, den 26.5.2017, per Mail informiert werden, was auch geschah. Ein Exemplar dieser Nachricht ist nicht mehr auffindbar.

Am 24.5.2017 fand eine weitere Sitzung des Wahlvorstandes statt. Darin wurde festgehalten, dass eine Vorschlagsliste bereits eingegangen sei und eine weitere Vorschlagsliste am nächsten Tag, dem Feiertag 25.5.2017, abgegeben werden sollte. Dabei wurde thematisiert, dass diese Vorschlagsliste bei der stellvertretenden Vorsitzenden des Wahlvorstandes in der Notfallambulanz abgegeben werden solle. Ferner ist in dem handschriftlichen Protokoll vom 24.5.2017 vermerkt, dass eine Vorschlagsliste am Freitag den 26.5.2017 eingereicht werden würde und dies zu akzeptieren sei, da der 25.5.2016 ein Feiertag sei.

Tatsächlich gingen drei Wahlvorschläge ein. Die Liste mit den Namen "Der richtige Weg im Interesse der Mitarbeiter" ging am 22.5.2017, die Liste mit dem Namen "Die Aufsässigen" ging am 25.5.2017 und die Liste mit den Namen "Gemeinsam für alle" ging am 26.5.2017 beim Wahlvorstand ein.

Der Wahlvorstand prüfte am 1.6.2017 die Vorschlagslisten und ließ alle drei zur Wahl zu.

Bezüglich des Inhalts der Vorschlagslisten und deren Eingangsbestätigung sowie Überprüfung durch den Wahlvorstand wird auf Bl. 145-154,162-173 der Akte Bezug genommen.

Der Wahlvorstand hängte die Wahlvorschläge ab dem 2.6.2017 aus. Die Wahl fand am 23.6.2017 von 5:30 bis 17:00 Uhr statt. Im Anschluss fand die Stimmauszählung statt. Bezüglich des Inhalts der Niederschrift des Ergebnisses wird auf Bl. 178-183 der Akte Bezug genommen. Das Wahlergebnis hängte der Wahlvorstand am 23.6.2017 aus.

Die erste konstituierende Sitzung des Betriebsrats fand nicht wie ursprünglich beabsichtigt am 13.7., sondern bereits am 29.6.2017 statt, wurde aber vor der Wahl eines*einer Vorsitzenden abgebrochen, weil ein an diesem Tag nicht berechtigtes Ersatzmitglied teilnahm. Die Wahl der Vorsitzenden des Beteiligten zu 4 fand daher nochmals am 13.7.2017 und vorsorglich nochmals am 24.7.2017 statt.

Mit am 7.7.2017 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz haben die Beteiligten zu 1-3 die Nichtigkeit bzw. Unwirksamkeit der Betriebsratswahl vom 23.6.2017 geltend gemacht.

Mit Schriftsatz vom 7.8.2017 hat der Bevollmächtigte der Beteiligten zu 1-3 eine auf ihn lautende Vollmacht mit Datum vom 4.7.2017 eingereicht.

Der Beteiligte zu 4 beschloss in Sitzungen 13.7.2017, 28.7.2017 und 19.9.2017 zu der jeweils mündlich am Vortrag eingeladen worden war, dass sein jetziger Verfahrensbevollmächtigte ihn vertreten solle.

Die Beteiligten zu 1-3 haben behauptet, die ihren Verfahrensbevollmächtigten legitimierende Vollmacht sei per Telefax vom 5.7.2017 und Einschreiben, welches am 5.7.2017 zur Post gegeben sei, diesem zugesandt worden.

Sie sind der Auffassung gewesen, dass der Beteiligte zu 4 im Verfahren nicht ordnungsgemäß vertreten sei, weil die Beschlussfassung zur Mandatserteilung nicht ordnungsgemäß sei.

Die konstituierende Sitzung des Beteiligten zu 4 am 29.6.2017 sei abgebrochen und am 13.7.2017 wiederholt worden, was nicht fristgerecht sei. Das Wahlergebnis sei nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht worden. Der Wahlvorstand sei am 25.5.2017 nicht in der Klinik gewesen, es sei daher nicht möglich gewesen, Wahlvorschläge abzugeben. Es sei fehlerhaft, dass der erst am 26.5.2017 eingereichte Wahlvorschlag noch berücksichtigt worden sei. Die Reihenfolge der Wahlbewerber auf der Liste 2 sei nach Anbringung der Stützunterschriften geändert worden. Im Wahlausschreiben sei das Minderheitengeschlecht nicht angegeben worden. Jedenfalls nicht an allen Orten, an denen es ausgehangen worden sei.

Die Beteiligten zu 1 - 3 haben beantragt,

festzustellen ist Betriebsratswahl vom 23.6.2017 nichtig ist.

hilfsweise: die Betriebsratswahl vom 23.6.2017 wird für unwirksam erklärt.

Der Beteiligte zu 4 beantragt,

die Zurückweisung der Anträge.

Er ist der Ansicht gewesen, spätestens mit Beschluss vom 19.9.2017 habe er, der Beteiligte zu 4, seinen Bevollmächtigten ordnungsgemäß beauftragt.

Die Beteiligten zu 1-3 hätten die Wahl nicht rechtzeitig angefochten, denn die Vollmacht ihres Bevollmächtigten sei nicht rechtzeitig bei diesem angekommen.

Die Angabe des letzten Tages der Frist für das Einreichen von Wahlvorschlägen sei mit dem 25.5.2017 zutreffend angegeben. Die Verschiebung des Fristendes folge aus dem Gesetz.

Er hat behauptet, am 25.5.2017 sei das Büro besetzt gewesen, denn die stellvertretende Vorsitzende des Wahlvorstandes habe an diesem Tag einen Wahlvorschlag entgegengenommen.

Das Arbeitsgericht hat die Anträge mit Beschluss vom 4.10.2017 zurückgewiesen.

Die Anfechtungsfrist von 2 Wochen sei gewahrt, denn die Bekanntgabe des Wahlergebnisses habe nicht vor Ende der Stimmabgabe am 23.6.2017 stattfinden können und der Antrag sei am 7.7.2017 eingegangen, womit die Frist gewahrt sei.

Der Bevollmächtigte der Beteiligten zu 1-3 sei ordnungsgemäße bevollmächtigt gewesen. Das Gericht sei davon überzeugt, dass letztlich die Vollmacht am 5.7.2017 per Fax und am selben Tag nochmals per Einschreibebrief versandt worden sei.

Für die Wahl sei unerheblich, ob im Nachgang die Wahl der Vorsitzenden des Beteiligten zu 4 ordnungsgemäß gelaufen sei.

Verstöße gegen die Wahlvorschriften lägen nicht vor. Die Angabe des Fristendes für das Einreichen von Wahlvorschlägen bis 25.5.2017 sei korrekt. Dieser anzugebende letzte Tag der Frist sei auf einen Feiertag gefallen, so sei der tatsächliche letzte Tag der Frist der 26.5.2017 gewesen; da dies zwingend aus dem Gesetz folge, sei es allerdings im Wahlausschreiben nicht anzugeben.

Daher sei der erst an diesem Tag eingereichte Wahlvorschlag "Gemeinsam für alle" zu Recht berücksichtigt worden.

Eine Veränderung der Reihenfolge der Wahlbewerber auf dem Vorschlag "Die Aufsässigen" nach Ableistung der Stütz Unterschriften und Unterschriften für die Einverständniserklärung zur Kandidatur sei nicht feststellbar.

Der Wahlvorschlag sei zutreffend berücksichtigt worden, denn die zum Zeitpunkt des Zugangs des Wahlvorschlags beim Wahlvorstand fehlende schriftliche Zustimmung der Bewerberin zur Aufnahme in die Liste sei ein heilbarer Mangel nach § 8 Abs. 2 WO; der Wahlvorstand habe die in der Wahlordnung vorgesehene Nachfrist gesetzt und innerhalb dieser sei der Mangel behoben worden.

Gegen diesen ihnen am 30.10.2017 zugestellten Beschluss haben die Beteiligten zu 1-3 mit am 8.11.2017 eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt und diese mit am 15.12.2017 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Das Arbeitsgericht setzte sich erstinstanzlich nicht mit der Frage des nach dem 25.5.2017 eingegangenen Vorschlags auseinander. Die verspätete eingegangene Vorschlagsliste würdige das Arbeitsgericht ohne weitere Begründung als berücksichtigungsfähig. Die Angabe der Frist zum Einreichen von Wahlausschreiben sei hier fehlerhaft erfolgt. Schon allein das führe zur Anfechtbarkeit der Wahl, weil nicht ausgeschlossen werden könne, dass dies auf das Ergebnis der Wahl Einfluss gehabt habe.

Die Vollmacht für ihren, den Beteiligte zu 1-3, Verfahrensbevollmächtigten sei mit Einschreibebrief vom 5.7.2017 versandt worden und, wie man der Sendungsverfolgung bei der Deutschen Post entnehmen könne, am 6.7.2017 dort zugegangen. Wegen der Einzelheiten hierzu wird auf den Schriftsatz vom 27.3.2018 nebst Anlage (Bl. 362-364 Akte) Bezug genommen.

Sie beantragen,

Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerinnen wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Erfurt, 5 BV 19/17 abgeändert. Es wird festgestellt, dass die Betriebsratswahl vom 23.6.2017 bei der Beteiligten zu 5 unwirksam ist.

Der Beteiligte zu 4 beantragt,

die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen hilfsweise zurückzuweisen.

Die Beschwerde sei unzulässig, weil der Beschwerdegegner nicht zutreffend angegeben worden sei. In der Beschwerdeschrift sei als sein, des Beteiligten zu 4, Vertreter die stellvertretende Vorsitzende des Wahlvorstandes angegeben worden.

Eine irrtümliche Falschbezeichnung scheide hier aus. Die Änderung sei bewusst vorgenommen worden. Hintergrund sei die Anfechtung der Wahl seiner, des Beteiligten zu 4, Vorsitzenden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags des Beteiligten zu 4 hierzu wird auf den Schriftsatz vom 24.2.2018 Seite 1-3 (Bl. 341-343 der Akte) und 13.5.2018 Seite 1-8 (Bl. 386-391 der Akte) Bezug genommen

Die Beschwerdebegründung erfülle auch nicht die Anforderungen an eine hinreichende Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Beschlusses. Wegen der Einzelheiten diesbezüglich wird auf die Berufungserwiderung vom 24.2.2018 Seiten 3-5 (Bl. 343-345 der Akte) sowie 13.5.2018 (Seiten 6-8 Bl. 391-393 der Akte) Bezug genommen.

Die Beschwerde sei unbegründet, weil es nicht darauf ankomme, ob der letzte Tag der Frist für das Einreichen von Wahlvorschlägen der 25. oder 26.5.2017 gewesen sei, denn zutreffenderweise habe durch den Feiertag die am 26.5.2017 eingereichte Liste berücksichtigt werden müssen. Umgekehrt habe sich die gegebenenfalls falsche Angabe im Wahlausschreiben auch nicht auf das Wahlergebnis ausgewirkt, weil es keine weiteren Wahlbewerber gegeben habe, die sich durch die etwa unzutreffende Angabe hätten vom Einreichen eines Wahlvorschlages abhalten lassen.

Die Frist zur Anfechtung der Wahl sei nicht eingehalten worden, weil die Vollmacht der Beteiligten zu 1-3 bei Ihrem Verfahrensbevollmächtigten nicht innerhalb der Frist eingegangen sei.

II.

1. Die Beschwerde ist zulässig.

a) Die Beschwerdeführer haben den Beteiligten zu 4 in der Beschwerdeschrift nicht unzutreffend bezeichnet und auch keinen Beteiligten ausgetauscht, sondern lediglich die Vertretungsverhältnisse unzutreffend angegeben. Das ist hier unschädlich, weil sich aus den Anlagen zur Beschwerdeschrift unschwer erkennen lässt, wie die zutreffenden Vertretungsverhältnisse sind. Insofern ist in Gesamtschau der Beschwerdeschrift nebst Anlagen die Angabe allenfalls widersprüchlich. Sie unterliegt der Auslegung. Die Auslegung ergibt hier, dass der Beteiligte zu 4 zutreffender Weise durch seine Vorsitzende vertreten wird.

aa) Die formellen Anforderungen an den Inhalt der Beschwerdeschrift sind in § 89 Abs. 2 ArbGG geregelt, der insofern § 519 Abs. 2 ZPO entspricht. Ausdrücklich verlangt die Vorschrift keine Angabe eines Beschwerdegegners (Germelmann u.a./Schlewing ArbGG § 89 Rn 17). Will man über die ausdrücklich einzuhaltenden Formalien hinaus die Zulässigkeit der Beschwerde von weiteren im Gesetz nicht genannten Angaben abhängig machen, bedarf dies einer besonderen Begründung. Das folgt aus des verfassungsrechtlich verbürgten Justizgewährungsanspruchs (Art. 19 Abs. 4 GG; Art. 42 Abs. 4 ThürVerf) und des Anspruchs auf ein faires Verfahren (Art. 6 EMRK, Art. 2 i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG; Art. 3 Abs. 2 i. V. m. Art. 44 Abs. 1 ThürVerf). Danach ist es zwar nicht geboten, im Rahmen der Rechtsschutzgarantie einen Instanzenzug überhaupt zur Verfügung zu stellen; ist jedoch nach nationalem Recht ein Rechtsmittel vorgesehen, so darf der Zugang zu Rechtsmittelinstanz nicht unzumutbar erschwert werden. Hieran müssen sich über den Wortlaut des Gesetzes hinausgehende Anforderungen formeller Art an den Inhalt einer Rechtsmittelschrift messen lassen.

bb) Folgerichtig leitet das BAG die Pflicht, in der Rechtsmittelschrift anzugeben, gegen wen sich das Rechtsmittel richtet, daraus ab, dass dem so definierten Gegner die Rechtsmittelschrift ohne Verzögerung ordnungsgemäß zugestellt werden können muss, damit dieser hinreichend Gelegenheit hat, sich auf die Fortführung des Verfahrens einzustellen (BAG (GS ), Beschluss vom 16.09.1986 - GS 4/85). Ebenso folgerichtig ist es zulässig und notwendig, hierfür nicht nur die Beschwerdeschrift selbst, sondern auch die Anlagen zur Beschwerdeschrift, meist eine Kopie der angefochtenen Entscheidung, heranzuziehen. Ergibt sich aus den rechtzeitig eingereichten Unterlagen, zum Beispiel einer Kopie des angefochtenen Beschlusses, bei unkorrekter Bezeichnung, gegen wen sich das Rechtsmittel tatsächlich richtet und ergeben sich alle Angaben, die eine ordnungsgemäße unverzögerte Zustellung ermöglichen, ist dies ausreichend (BAG 17.4.2003, 8 ABR 24/02).

cc) Das gilt auch, wenn die Vertretungsverhältnisse des Rechtsmittelgegners in der Beschwerdeschrift unzutreffend angeben sind und sich die zutreffenden Vertretungsverhältnisse unschwer aus den beigefügten Unterlagen ergeben. Das gilt nur dann nicht, wenn der Beschwerdeführer diese unzutreffende Angabe bewusst gemacht hat, um einen anderen Beteiligten in das Verfahren einzubeziehen. Die allein unzutreffende Angabe der Vertretungsverhältnisse ist nicht anders zu behandeln als die unkorrekte Bezeichnung eines Beteiligten. Denn wenn das Gesetz selbst nicht einmal ausdrücklich die Angabe eines Beschwerdegegners vorsieht, muss bei unkorrekten Angaben bei dieser Bezeichnung aus verfassungsrechtlichen Gründen des Verbots der unzumutbaren Erschwernis eines Rechtsmittels (Art. 6 EMRK, Art. 2 i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG; Art. 3 Abs. 2 i. V. m. Art. 44 Abs. 1 ThürVerf) eine mögliche Auslegung vorgenommen werden, wenn damit der Zweck der Angaben, hier die unverzögerte Zustellung der Rechtsmittelschrift, erreicht werden kann.

dd) Hier haben die Beschwerdeführer den Beteiligten zu 4 eindeutig und zutreffend bezeichnet, allerdings angegeben, dass dieser durch die Vorsitzende des Wahlvorstandes vertreten sei. Auf mehrfache Befragungen durch die Kammer haben die Beschwerdeführer sich hierzu nicht erklärt und jegliche weitere Aufklärung verweigert. Deshalb kann zur Auslegung nur herangezogen werden, was an Angaben tatsächlich vorhanden ist und was sich hieraus als mutmaßlicher Wille der Beschwerdeführer zu 1-3 ergibt. Die Beschwerdeführer gehen nicht mehr von der Nichtigkeit der angefochtenen Wahl aus. Damit akzeptieren sie die (vorläufige) Existenz des Beteiligten zu 4. Damit ist aber auch der Wahlvorstand als betriebsverfassungsrechtliche Stelle nicht mehr existent. Die von den Beteiligten zu 1-3 bezeichneten Vertretungsverhältnisse ergeben keinen Sinn. In einer solchen Situation hat das Gericht den wahren Willen der Beteiligten zu erforschen und die Angaben so auszulegen, dass sie einen Sinn ergeben. Die Beteiligten 1-3 wollen erkennbar die Wahl des Beteiligten zu 4 anfechten und Beschwerde gegen den Antrag abweisenden Beschluss des Arbeitsgerichts erheben. Offenbar weil sie die Wahl der Vorsitzenden des Beteiligten zu 4 für nicht ordnungsgemäß halten und diese in einem anderen Verfahren anfechten, scheuten sie davor zurück, diese nunmehr als Vertreterin des Beteiligten zu 4 anzugeben und behalfen sich mit der gewählten Angabe. Sie betrachten aber nach wie vor den Beteiligten zu 4 als sog. Beschwerdegegner. Sie wollten auch die richtigen Vertretungsverhältnisse angeben, wussten offenbar aber nicht so genau, wie diese in der vorliegenden Konstellation sind. Da das Gericht von Amts wegen die weiteren Beteiligten eines Verfahrens zu ermitteln hat, spricht nichts dagegen, die unkorrekte Angabe in der Beschwerdeschrift durch die sich aus den gleichzeitig eingegangenen Anlagen unschwer erkennbaren richtigen Angaben als dem mutmaßlichen Willen der Beteiligten zu 1-3 entsprechend zu ersetzen. Auch wenn die Wahl der Vorsitzenden des Beteiligten zu 4 entsprechend § 19 BetrVG in einem gesonderten Verfahren angefochten ist, ist diese (vorläufig) die Vertreterin des Beteiligten zu 4 im Sinne des § 26 BetrVG. Dies ergibt sich auch aus dem Rubrum des der Beschwerdeschrift beigefügten Beschlusses. Damit hatte das Gericht innerhalb der Beschwerdeschrift alle Angaben, um eine unverzögerte Zustellung der Beschwerdeschrift an den Beteiligten zu 4 durchzuführen.

b) Die Beschwerde ist auch innerhalb der Frist hinreichend begründet. Zwar bewegt sich die Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Beschluss an der Oberfläche, jedoch gilt auch hier, dass der Zugang zu Rechtsmittelinstanz nicht durch überspannte Anforderungen an den Inhalt der Begründung unzumutbar erschwert werden darf (Art. 6 EMRK, Art. 2 i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG; Art. 3 Abs. 2 i. V. m. Art. 44 Abs. 1 ThürVerf). Die Beschwerdeführer konzentrieren sich in der Beschwerdeinstanz auf einen Fehler im Wahlverfahren, die fehlerhafte Angabe des Tags des Fristablaufs zum Einreichen von Wahlvorschlägen im Wahlausschreiben. Die Auseinandersetzung mit diesem Gesichtspunkt entspricht in etwa der Tiefe, mit der sich das Arbeitsgericht mit diesem Gesichtspunkt beschäftigt. Die Beschwerdeführer weisen gerade darauf hin, dass und aus welchen Gründen aus ihrer Sicht sich das Arbeitsgericht sich nicht zutreffend mit dieser Frage auseinandergesetzt hat. Das muss bei dem gebotenen wohlwollenden und hier durch die Kammer an den Tag gelegten äußerst wohlwollenden Maßstab genügen.

c) Die erstinstanzlich thematisierte ordnungsgemäße Bevollmächtigung des Beteiligten zu 4 ist zweitinstanzlich nicht wiederholt worden. Für die hier maßgebliche Frage, ob der Beteiligte zu 4 ordnungsgemäß im 2. Rechtszug vertreten ist, gibt es keinen Anlass für Zweifel. Es liegt kein die Vertretung im zweiten Rechtszug thematisierender Sachvortrag vor und es bestehen auch sonst keine Anhaltspunkte dafür.

2. Die Beschwerde ist nicht begründet.

a) Der Antrag ist zulässig.

Die Antragsteller sind auch noch im Zeitpunkt der letzten Anhörung vor dem Landesarbeitsgericht Arbeitnehmerinnen der Beteiligten zu 5 gewesen und deren Bevollmächtigung ihres Verfahrensbevollmächtigten ist unstreitig. Umstritten ist nur, wann die Vollmacht beim Verfahrensbevollmächtigten eingegangen ist. Dieser Streit zwischen den Beteiligten betrifft die Frage, ob die Vollmacht rechtzeitig innerhalb der zweiwöchigen Anfechtungsfrist des § 19 Abs. 2 S. 2 BetrVG vorlag. Diese Frist ist eine materielle Ausschlussfrist und betrifft die Begründetheit des Antrages und nicht die Zulässigkeit.

a) Der Antrag ist unbegründet.

Zwar liegt ein Fehler im Wahlverfahren vor. Dieser hat sich nach den konkreten Feststellungen der Kammer nicht auf das Ergebnis der Wahl ausgewirkt.

aa) Anhaltspunkte für eine Nichtigkeit der angefochtenen Wahl ergeben sich nicht. Die noch erstinstanzlich geltend gemachten Nichtigkeit- und Anfechtungsgründe lassen sich zum Großteil nicht aufrechterhalten und werden auch nicht aufrechterhalten.

(1) Eine unzutreffende Wahlbeeinflussung lässt sich nicht feststellen und ist in zweiter Instanz sich auch nicht vertieft worden. Aus den Feststellungen des Arbeitsgerichts lassen sich keine Anhaltspunkte hierfür finden. Auch der erstinstanzliche Sachvortrag hierzu ist nicht ergiebig.

(2) Eine nachträgliche Änderung eines Wahlvorschlages, d.h. eine Veränderung der Reihenfolge der Kandidaten bezüglich der Listenplätze nach Erklärung der Zustimmung zur Kandidatur der Kandidaten und/oder der Einholung von Stützunterschriften hat sich nicht feststellen lassen. Die entsprechenden Behauptungen werden in zweiter Instanz auch nicht mehr aufrechterhalten. Persönlich hierzu angehört konnten die Beteiligten zu 1-3 keine nachvollziehbaren Erklärungen hierzu abgeben.

(3) Die Behauptung, dass Wahlvorstandsbüro sei am 25.5.2017, dem Feiertag Christi Himmelfahrt, nicht besetzt gewesen, so dass keine Wahlvorschläge hätten abgegeben werden können, ist widerlegt. An diesem Tag ist unstreitig ein Wahlvorschlag abgegeben worden und dies ist an diesem Tag auch bestätigt worden. Das Wahlvorstandsbüro war besetzt. Der konkreten Behauptungen des Beteiligten zu 4 sind die Beschwerdeführer nicht mehr konkret entgegengetreten. Auch in der Anhörung vor dem Landesarbeitsgericht ergaben sich hierzu keine nachvollziehbaren Anhaltspunkte.

(4) Die weiteren Mängel, welche die Beschwerdeführer in der Anhörung vom 18.7.2018 versucht haben geltend zu machen, könne nicht festgestellt werden, weil die Angaben zu wenig klar waren.

(5) Es stellt auch keinen Fehler im Wahlverfahren dar, dass nach Rücktritt des Wahlvorstandes ein neuer Wahlvorstand bestellt worden ist und dieser sogleich das Wahlausschreiben erließ, denn wie sich aus den beigezogenen Wahlakten ergibt, waren die Wählerlisten und alle Informationen zum Erstellen des Wahlausschreiben vorhanden. Da der Wahlvorstand unverzüglich tätig zu werden hat, ist dieses Verfahren nicht zu beanstanden. Konkrete weitere Fehler, die aus diesem Umstand folgen können, konnte die Kammer anhand der Unterlagen nicht feststellen und waren auch nicht vorgetragen.

(6) Es ist auch nicht feststellbar, dass das Wahlausschreiben nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht worden ist. Das Arbeitsgericht hat festgestellt, dass dieses an mehreren Stellen aushing, so im Schaukasten des Betriebsrates und in der Lehrausbildung. Dies ist ausreichend. Es ist auch nicht feststellbar, dass die Angabe des Minderheitengeschlechts gefehlt haben soll. Aus den Wahlakten ergibt sich dieses nicht. Das Arbeitsgericht konnte dies nicht feststellen. Im Beschwerderechtszug wurde diese Behauptung nicht weiter aufrechterhalten oder weiterverfolgt. Abgesehen davon ist feststellbar, dass sich dieser etwaige Fehler nicht auf das Ergebnis der Wahl ausgewirkt hat. Schließlich gibt es ein Original des Wahlausschreibens das korrekt ausgefüllt ist und welches das Minderheitengeschlecht korrekt ausweist und dieses war, wie sich den Vermerken in der Wahlakte entnehmen lässt, ausgehängt.

bb) So bleibt letztendlich ein Verstoß gegen Wahlvorschriften zu prüfen, der für sich allein betrachtet nicht so gravierend ist, dass hieraus eine Nichtigkeit der Wahl folgen könnte. Der Frage, ob eine Zusammenschau aller Fehler die Nichtigkeit der Wahl ergeben könnte, kann unterbleiben, weil nur noch ein Fehler feststellbar ist.

(1) Hier liegt ein Verstoß gegen § 3 Abs. 2 Nr. 8 i.V.m. § 6 Abs. 1 WO, §§ 187, 193 BGB vor.

In dem Wahlausschreiben ist anzugeben, dass innerhalb von zwei Wochen ab Aushang Wahlvorschläge eingereicht werden können. Dabei ist der letzte Tag der Frist anzugeben (§ 3 Abs. 2 Nr. 8, 3. Halbsatz WO).

Das Wahlausschreiben enthielt einen Fehler, indem anstatt des zutreffenden 26.5.2017 der Feiertag davor, 25.5.2017 als letzter Tag der Frist zum Einreichen von Wahlvorschlägen angegeben war. Der Aushang des Wahlausschreibens war am 11.5.2017. Die zwei Wochen zur Einreichung von Wahlvorschlägen liefen an einem Feiertag, Christi Himmelfahrt, 25.5.2017 ab. § 187,193 BGB bestimmen, dass wenn der Tag des Fristablaufs auf einen Feiertag fällt, dieser durch den nächsten Werktag ersetzt wird. Die Ersetzung des Tags des Fristablaufs bedeutet, dass dieses neu ermittelte Datum der Tag der Fristablaufs ist. Die Frist wird nicht etwa gesetzlich um einen Tag verlängert. Der letzte Tag der Frist war somit der 26.5.2017.

(2) § 3 Abs. 2 Nr. 8 WO ist eine wesentliche Vorschrift über das Wahlverfahren. Es ist ganz entscheidend für die ordnungsgemäße Durchführung einer Wahl, wie lange die Interessierten Zeit haben, Bewerber zu suchen, Vorschläge zu erstellen und die erforderlichen Erklärungen und Stützunterschriften zu erlangen. Die Einhaltung von Fristen dient außerdem der Gleichbehandlung der Interessenten, sorgt für Klarheit und gewährleistet, dass rechtzeitig die weiteren Schritte durch den Wahlvorstand geprüft und eingeleitet werden können, sowie, dass zwischen den weiteren einzelnen Schritten ebenfalls hinreichend Zeit bleibt.

(3) Gleichwohl rechtfertigt dieser Fehler hier ausnahmsweise nicht die Anfechtung der Betriebsratswahl. Es fehlt an der möglichen Auswirkung auf das Wahlergebnis (§ 19 Abs. 1 BetrVG).

Nach § 19 Abs. 1, letzter Halbsatz BetrVG berechtigen Verstöße gegen wesentliche Wahlvorschriften nur dann nicht zur Anfechtung der Wahl, wenn die Verstöße das Wahlergebnis objektiv weder ändern noch beeinflussen konnten. Dafür ist entscheidend, ob bei einer hypothetischen Betrachtungsweise eine Wahl ohne den Verstoß unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zwingend zu demselben Wahlergebnis geführt hätte. Eine verfahrensfehlerhafte Betriebsratswahl muss nur dann nicht wiederholt werden, wenn sich konkret feststellen lässt, dass auch bei der Einhaltung der Wahlvorschriften kein anderes Wahlergebnis erzielt worden wäre. Kann diese Feststellung nicht getroffen werden, bleibt es bei der Unwirksamkeit der Wahl (BAG 21.1.2009, 7 ABR 65/07 mwN).

Diese abstrakt formulierte Betrachtungsweise ist kritisiert worden vor allem, weil damit die mit dem Kausalitätserfordernis des § 19 Abs. 1, letzter Halbsatz BetrVG beabsichtigte einschränkende Funktion verfehlt und das Tatbestandsmerkmal leerlaufen würde (GK-BetrVG/Kreutz § 19 Rn 47). Maßgeblich soll danach nicht die theoretisch bestehende Möglichkeit der Beeinflussung durch den Fehler sein, sondern zusätzlich eine gewisse Wahrscheinlichkeit der Beeinflussung (GK-BetrVG/Kreutz § 19 Rn 48; ähnlich Fitting u.a. BetrVG § 19 Rn 24 mit Verweisen auf Rechtsprechung des BAG).

Die Kammer folgt ausdrücklich der Rechtsprechung des BAG (s.o. aaO.). Es liegt bei präziser Anwendung des Prozessrechts kein Widerspruch zu der geäußerten Kritik vor. Nach der zitierten Rechtsprechung hat das Gericht konkret die Feststellung zu treffen, dass bei Einhaltung der Wahlvorschriften kein anderes Wahlergebnis erzielt worden wäre.

Bei dieser konkreten Feststellung ist für die Überzeugungsbildung des Gerichts der Maßstab des § 286 Abs. 1 ZPO entscheidend. Die Vorschrift betrifft die Sachverhaltsfeststellung auch ohne Durchführung einer förmlichen Beweisaufnahme (arg. Zöller/Greger ZPO § 286 Rn 1). Danach gilt: Das Gericht kann sich mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad an Gewissheit zu begnügen, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig ausschließen zu müssen (BAG 24.05.2018, 2 AZR 73/18; 16.7.2015, 2 AZR 85/15).

Solche der Überzeugungsbildung entgegen stehenden Zweifel ergeben sich nicht aus jeder theoretisch denkbaren und naturwissenschaftlich nicht auszuschließenden Möglichkeit des Einflusses des Fehlers im Wahlverfahren auf das Wahlergebnis, wenn aufgrund der im Anfechtungsverfahren durch das Gericht konkret feststellbaren Tatsachen die Wahrscheinlichkeit ihres Eintritts gegen Null tendiert, und bei lebensnaher Betrachtung davon ausgegangen werden muss, dass die Möglichkeit nur denkbar und somit theoretisch, tatsächlich aber nicht gegeben war.

Bei Anwendung dieser Grundsätze kommt die Kammer zu der Überzeugung, dass sich hier der Verstoß gegen §§ 3 Abs. 2 Nr. 8, 6 Abs. 1 WO, 187, 193 BGB nicht auf das Ergebnis der Wahl ausgewirkt hat.

Zuzugeben ist den Beschwerdeführerinnen, dass rein theoretisch nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich irgendjemand, der sich kurzfristig überlegt haben mag, noch einen Wahlvorschlag einzureichen, sich durch die falsche Angabe im Wahlausschreiben davon hat abhalten lassen.

Die hier feststellbaren Besonderheiten ergeben, dass es sich dabei um eine nur denkbare, theoretische Möglichkeit handelt, diese sich aber tatsächlich nicht verwirklicht hat.

Hier war es so, dass - wie nach Erfahrung der Kammer oft - zunächst eine Personenwahl angestrebt war und alle Kandidat*innen auf eine Liste sollten. Diesbezüglich wurden, und das ergibt sich aus der in den Wahlakten dokumentierten E-Mail, alle Mitarbeiter angeschrieben. Sodann wurde eine Liste erstellt. Danach ergab es sich, dass eine andere Vorschlagsliste eingereicht wurde, so dass nun zwingend eine Listenwahl stattzufinden hatte. In diesem Zusammenhang stellte der Wahlvorstand fest, dass Wahlvorschläge noch bis zum 26.5.2017 eingereicht werden können und informierte hierüber per E-Mail noch einmal alle Mitarbeiter. Davon ist die Kammer überzeugt aufgrund des Inhalts des Protokolls der Sitzung des Wahlvorstandes vom 18.5.2017 sowie des letztlich unwidersprochen gebliebenen Sachvortrag des Beteiligten zu 4. Das Gericht hat nach der ersten Anhörung, in der ausdrücklich der Inhalt der Wahlakten vor allem im Hinblick auf die Protokolle des Wahlvorstandes vom 18. und 24.5.2017 thematisiert wurden konkret bei den Beteiligten nachgefragt, ob die im Protokoll vom 18.5.2017 beabsichtigte Information an alle Mitarbeiter stattgefunden habe. Daraufhin hat der Beteiligte zu 4 ausgeführt, dass zwar die E-Mail nicht mehr auffindbar sei, aber alle Mitarbeiter diese Informationen bekommen hätten. Hierauf haben die Beschwerdeführer nur noch mit dem abstrakten Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes zu § 19 Abs. 2 BetrVG reagiert und konkret keine Äußerung abgegeben.

Die Ermittlungspflicht des Gerichtes ist nicht grenzenlos. Wenn das Gericht alle Aufklärungsbemühungen ausgeschöpft hat und die Beteiligten aus welchen Gründen auch immer ihrer Mitwirkungspflicht nicht mehr nachkommen, kann das Gericht seine Entscheidung auf die bis dahin feststellbaren Tatsachen stützen. Hier hat die Kammer ausdrücklich und extra um diesen Umstand aufzuklären, ob alle Mitarbeiter von dem tatsächlichen letzten Tag des Fristablaufs zum Einreichen von Wahlvorschlägen noch einmal informiert wurden, die Anhörung vertagt und die Parteien aufgefordert unter Fristsetzung speziell zu diesem Umstand vorzutragen. Damit waren alle Aufklärungsbemühungen ausgeschöpft. Allein der Beteiligte zu 4 hat konkret hierzu Stellung genommen. Dieses Vorbringen kann, darf und muss deshalb in dieser Form der Entscheidungsfindung zu Grunde gelegt werden.

Damit steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Fehler im Wahlausschreiben nicht formell korrigiert worden ist, jedoch alle Mitarbeiter informiert waren, dass bis zum 26.5.2017 Wahlvorschläge eingereicht werden können.

Außerdem sind alle Interessenten für eine Kandidatur zum Betriebsrat mehrfach angesprochen worden. Zunächst zur Erstellung eines Wahlvorschlages für eine Personenwahl und sodann, nachdem ein anderer, weiterer Wahlvorschlag beim Wahlvorstand eingegangen war. Die Beteiligten zu 1-3 sind dem entsprechenden Vortrag des Beteiligten zu 4 nicht hinreichend konkret entgegengetreten. Zwar folgt hieraus noch nicht, dass es außer den Bewerber*innen für die angefochtene Wahl nicht noch andere potentielle Bewerber gegeben haben kann, aber dieses mehrfache Ansprechen der Interessenten und aller Mitarbeiter*innen lässt es plausibel erscheinen, dass auch alle Mitarbeiter*innen über den neuen Tag des Fristablaufs zum Einreichen von Wahlvorschlägen informiert wurden, obschon die Nachricht selbst nicht mehr auffindbar ist. Die Vorgehensweise, zu versuchen zunächst mit einem Wahlvorschlag auszukommen und eine einfachere Personenwahl durchführen zu können, ist auch nicht unüblich.

Aufgrund all dessen und aufgrund des Umstandes, dass am 26.5.2017 tatsächlich noch ein Wahlvorschlag eingereicht worden ist, kann die Kammer hier feststellen, dass sich die rein nach naturwissenschaftlichen Kriterien beurteilte theoretische Möglichkeit, jemand hätte sich durch die falsche Angaben Wahlausschreiben davon abhalten lassen, einen Wahlvorschlag einzureichen, tatsächlich nicht verwirklicht hat. Es erscheint lebensfremd anzunehmen, dies hätte der Fall sein können, wenn doch tatsächlich alle Mitarbeiter per E-Mail über den tatsächlichen Zeitpunkt, bis zu dem Wahlvorschläge eingereicht werden können, informiert waren und diese Information ganz offensichtlich auch tatsächlich angekommen ist, denn sonst wäre die Einreichung des Wahlvorschlages am 26.5.2017 nicht erklärbar.

cc) Auf die Frage, ob die Anfechtung rechtzeitig erfolgte und damit auf die Frage, ob die Vollmacht des Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1-3 rechtzeitig erfolgte kommt es nicht damit nicht an.

3. Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die Kammer der Rechtsprechung des BAG (s.o. aaO.) zu der Frage des Verständnisses des § 19 Abs. 1, letzter Halbsatz BetrVG folgt und die Entscheidung letztlich auf den konkreten Feststellungen in diesem Verfahren beruht.

gez. Holthaus                                        gez. Kästel                                      gez. Schicke

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