FG des Saarlandes, Urteil vom 10.12.2014 - 1 K 1201/13
Fundstelle
openJur 2021, 10165
  • Rkr:

Zivilprozesskosten sind dann zwangsläufig und bis 2012 grundsätzlich als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33 Abs. 1 EStG abzugsfähig, wenn sie in der Sache mit der Sicherung bzw. dem Erhalt des Lebensunterhalts (und nicht nur des Existenzminimums)  in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Dies ist in so genannten Dauersachverhalten, also solchen, denen dauernde Zahlungen zugrunde liegen, die sich unmittelbar auf die zum Lebensunterhalt zur Verfügung stehenden Mittel auswirken, gegeben.

Tenor

Unter Änderung des Einkommensteuerbescheides vom ---Oktober 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom -- Juli 2013 wird die Einkommensteuer 2010 unter Berücksichtigung weiterer Gerichts- und Anwaltskosten in Höhe von 3.287,87 € als außergewöhnliche Belastungen festgesetzt. Dem Beklagten wird aufgegeben, die Steuer nach dieser Maßgabe neu zu berechnen. Im Übrigen wird die Klage als unbegründet abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden zu 75 % den Klägern und zu 25 % dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Kläger abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Abzugsfähigkeit von Anwalts- und Gerichtskosten als außergewöhnliche Belastungen.

Der Kläger ist Gesellschafter-Geschäftsführer der ...GmbH (GmbH). Gemeinsam mit seiner damaligen Ehefrau ... (B) erwarb er 2004 ein Grundstück, das mit einem Betriebsgebäude bebaut und an die GmbH vermietet wurde. An der Vermietungsgesellschaft waren der Kläger zu 49 % und B zu 51 % beteiligt. Die Eheleute hatten zudem in ihrer 27 Jahre andauernden Ehe weiteren Grundbesitz erworben. Aus der Ehe gingen vier Kinder hervor.

Die Ehe wurde mit Urteil des Amtsgerichts ... vom ... November 2009 geschieden. Gleichzeitig wurden Rentenanwartschaften im Rahmen des Versorgungsausgleichs zu Gunsten von B übertragen. Die Kosten des Verfahrens wurden gegeneinander aufgehoben. Dem Kläger ging eine Kostenrechnung über 223 € zu, die er 2010 bezahlte.

Im Rahmen verschiedener, bereits während der Zeit des Getrenntlebens (2008) bestehender juristischer Auseinandersetzungen entstanden dem Kläger 2010 weitere Anwalts- und Gerichtskosten in Höhe von 13.500 €, die sich wie folgt aufschlüsseln:

1.

Antrag Prozesskostenvorschuss Gegner

775,64

2.

Scheidungsverfahren 20 F ...

1.588,65

3.

Gerichtsverfahren 20 F ... Getrenntlebendenunterhalt plus Rückstände

3.237,87

4.

Außergerichtliche anwaltliche Tätigkeit im Zusammenhang mit Aufstockungsunterhalt,Umgangsregelung,Scheidungsfolgenver-einbarung abzügl. geleisteter Vorauszahlungen 2009:

3.810,48

5.

Antrag auf Teilungsversteigerung und Klage auf Auseinandersetzung Vermietungsgesellschaft abzügl. geleisteter Zahlungen 2009:

4.533,34

6.

Außergerichtliche anwaltliche Tätigkeit im Zusammenhang mit Aufenthaltsbestimmungsrecht abzüglich einer 2010 geleisteten Teilzahlung von 627,73 €:

169,99

Summe

14.115,97

Der Kläger hatte mit den Rechtsanwälten ... (RAe C), ..., eine Vergütungsvereinbarung geschlossen, nach der er für diese Leistungen 13.500 € zu zahlen hatte (Rechnung der RAe C vom ... Juni 2010, Bl. 23).

Mit notarieller Urkunde vom ... Dezember 2010 haben der Kläger und B ihr Vermögen geteilt und den Zugewinn ausgeglichen. Hierdurch entstanden dem Kläger Notarkosten i.H.v. 1.244,62 € (Bl. 32).

Im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung 2010 deklarierten die Kläger Gerichtskosten i.H.v. 223 €, Anwaltskosten i.H.v. 14.127,73 € sowie Notarkosten i.H.v. 1.244,63 €, insgesamt 15.595,35 €, als außergewöhnliche Belastungen. Im Einkommensteuerbescheid vom ... Oktober 2011 ließ der Beklagte diese Kosten nicht zum Abzug zu. Auf den hiergegen eingelegten Einspruch hin berücksichtigte der Beklagte einen Betrag von 2.587,29 € als außergewöhnliche Belastungen. Es handelt sich hierbei um die Gerichtskosten i.H.v. 223 € sowie die unmittelbar mit der Scheidung und dem Versorgungsausgleich zusammenhängenden Anwaltskosten, und zwar 775,64 € (vgl. Pos. 1 der Tabelle) und 1.588,65 € (Pos. 2 der Tabelle). Im Übrigen wies der Beklagte den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom ... Juli 2013 (Bl. 4 ff.) als unbegründet zurück.

Am 9. Juli 2013 haben die Kläger Klage erhoben (Bl. 1). Sie beantragen,unter Änderung des Einkommensteuerbescheides vom ... Oktober 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom ... Juli 2013 die Einkommensteuer 2010 unter Berücksichtigung von weiteren Gerichts- und Anwaltskosten i.H.v. 13.008 € als außergewöhnliche Belastungen festzusetzen.

Nachdem der BFH mit Urteil vom 12. Mai 2011 seine Rechtsprechung zur Abzugsfähigkeit von Zivilprozesskosten geändert habe, bestehe kein Zweifel daran, dass die hier geltend gemachten Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen seien. Dies gelte auch für die Kosten, die dadurch angefallen seien, dass die Parteien selbst einvernehmlich, wie zum Beispiel durch eine notarielle Beurkundung, die unmittelbar mit der Scheidung zusammenhängenden Fragen geklärt hätten (Bl. 2, 20). Die entsprechenden Kosten seien zwangsläufig entstanden. Der Kläger habe sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen können. So sähen es auch andere Finanzgerichte (vgl. FG Düsseldorf vom 19. Februar 2013 und FG Schleswig-Holstein vom 21. Februar 2012 - Bl. 20).

Der Beklagte beantragt, die Klage als unbegründet abzuweisen.

In seiner Einspruchsentscheidung führt er im Wesentlichen aus, dass das Urteil des BFH vom 12. Mai 2011 nach der Entscheidung der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht angewendet werden könne. Der Beklagte sei hieran gebunden.

Die vom Kläger geltend gemachten Kosten seien nicht als zwangsläufig anzusehen. Der Rechtsstreit habe weder einen für die Kläger existenziell wichtigen Bereich betroffen, noch liefen die Kläger Gefahr, ihre Existenzgrundlage zu verlieren, wenn sie den Rechtsstreit nicht geführt hätten (Bl. 7, 33).

Der Beklagte hat angeregt, das Verfahren im Hinblick auf die beim BFH anhängigen Revisionsverfahren gegen die von den Klägern angesprochenen finanzgerichtlichen Urteile ruhen zu lassen. Die Kläger haben einem Ruhen des Verfahrens nicht zugestimmt.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten,  auf die Verwaltungsakten des Beklagten (vgl. Bl. 40) sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig. Sie ist auch insoweit begründet, als der Beklagte weitere Kosten für die gerichtliche Auseinandersetzung betreffend Getrenntlebendenunterhalt i.H.v. 3.237,87 € nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt hat. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.

I. Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung), so wird die Einkommensteuer auf Antrag dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird (§ 33 Abs. 1 EStG). Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen dann zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und somit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG). Zu derartigen zwangsläufigen Aufwendungen gehören typischerweise Krankheitskosten.

Hinsichtlich der Kosten eines Zivilprozesses hat der BFH in seiner früheren Rechtsprechung eine Zwangsläufigkeit regelmäßig nur dann bejaht, wenn das den Prozess auslösende Ereignis zwangsläufig entstand und der Prozess existenziell wichtige Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens berührte und der Steuerpflichtige ohne den Rechtsstreit Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können (BFH vom 9. Mai 1996 III R 224/94, BStBl II 1996, 596). Diese Rechtsprechung hat der BFH mit Urteil vom 12. Mai 2011 (VI R 42/10, BStBl II 2011, 1015) endgültig aufgegeben. Er begründet dies damit, dass im Rahmen der Frage der Zwangsläufigkeit nicht auf die Unausweichlichkeit des Anlasses abzustellen sei, sondern auf die Tatsache, dass der Steuerpflichtige im Verfassungsstaat des Grundgesetzes den Rechtsweg beschreiten müsse, um sein Recht durchzusetzen. Das staatliche Gewaltmonopol gebe ihm sozusagen vor, dass er sich zur Durchsetzung oder Abwehr von Ansprüchen gerichtlicher Hilfe bedienen müsse. Insoweit liege eine Zwangsläufigkeit aus rechtlichen Gründen vor. Unausweichlich und damit zwangsläufig sind Zivilprozesskosten danach  allerdings nur dann, wenn sich der Steuerpflichtige nicht mutwillig oder leichtfertig auf den Prozess eingelassen hat. Sie sind dann nicht unausweichlich, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung aus Sicht eines verständigen Dritten keine hinreichende Aussicht auf Erfolg verspricht.

Die Finanzverwaltung hat sich dieser Rechtsauffassung nicht angeschlossen und wendet das Urteil über den entschiedenen Einzelfall hinaus - im Hinblick auf die seinerzeit erwartete, inzwischen mit Wirkung ab 2013 erfolgte Gesetzesänderung - nicht an (vgl. BMF-Schreiben vom 20. Dezember 2011 IV C 4-S 2284/07/0031:002, 2011/1025909, BStBl I 2011, 1286).

Die Finanzgerichte haben sich überwiegend der Rechtsauffassung des BFH angeschlossen und bejahen in der Regel eine Zwangsläufigkeit und damit den Abzug als außergewöhnliche Belastung (vgl. etwa FG Berlin-Brandenburg vom 24. April 2014 14 K 14310/12, juris, zu Immobilienbeteiligungen; FG Münster vom 20. März 2014 5 K 1023/12 E, EFG 2014, 1113, zu Ehegattenstreit betr. Nutzungsentschädigung für Wohnhaus; FG Köln vom 26. Juni 2013 7 K 2700/12, EFG 2013, 1665, zu Unterhaltsstreitigkeiten; FG Rheinland-Pfalz vom 12. November 2013 3 K 1665/12, EFG 2014, 641, zu Erbauseinandersetzung; Niedersächsisches FG vom 8. Januar 2014 3 K 11296/12, juris, zu ausländischen Gerichtskosten).

Einige Finanzgerichte teilen hingegen die Rechtsauffassung des BFH mit der Begründung nicht, diese werde der Systematik des § 33 EStG nicht gerecht (vgl. FG Düsseldorf vom 11. Februar 2014 13 K 3724/12 E, EFG 2014, 850) und sie sei zu weitgehend, da auch Aufwendungen für Rechtsstreitigkeiten als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen seien, die mit dem notwendigen Lebensbedarf des Steuerpflichtigen nichts zu tun hätten (FG Hamburg vom 24. September 2012 1 K 195/11, EFG 2013, 41; vgl. auch die Darstellung von Kanzler in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 33 EStG, Rz. 110).

II. Nach Maßgabe des Vorstehenden sind vorliegend die von den Klägern geltend gemachten (weiteren) Aufwendungen für die Rechtsverfolgung nur insoweit als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen, als sie mit der gerichtlichen Verfolgung der Interessen betreffend den Unterhalt für Getrenntlebende zusammen hingen. Es ist dies ein Betrag i.H.v. 3.237,87 €. Denn in dieser Höhe sieht der Senat die dem Kläger entstanden Zivilprozesskosten als zwangsläufig an.

1.1. Der Senat sieht § 33 EStG im weitesten Sinne als Ausfluss des subjektiven Nettoprinzips. Er soll in Ergänzung zum Grundfreibetrag gem. § 32a Abs. 1 EStG, der typisierend existenznotwendige Aufwendungen von der Besteuerung ausnimmt, bestimmte zusätzliche, nicht vom Grundfreibetrag umfasste untypische Aufwendungen ebenfalls von der Besteuerung ausnehmen, jedenfalls insoweit, wie sie eine an dem Gesamtbetrag der Einkünfte bemessene und der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit - wiederum typisierend - Rechnung tragende zumutbare Eigenbelastung des Steuerpflichtigen übersteigen (vgl. zur Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit BVerfG vom 4. Dezember 2002 2 BvR 400/98, BVerfGE 107, 27). Dem entsprechend definiert der BFH als Ziel des § 33 EStG, grundsätzlich zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf, die sich wegen ihrer Außergewöhnlichkeit einer pauschalen Erfassung in allgemeinen Freibeträgen entziehen, steuerlich zu berücksichtigen (BFH vom 11. November 2010 VI R 17/09, BStBl II 2011, 969; vom 29. März 2012 VI R 47/10, BStBl II 2012, 570). Aus Sicht des Senats muss es sich dann aber auch bei Prozesskosten um Aufwendungen handeln, die mit dem Lebensunterhalt des Steuerpflichtigen in Zusammenhang stehen. Nicht erforderlich ist hingegen, dass es dabei auf die Höhe des Lebensunterhalts zwingend ankommt; insbesondere dient § 33 EStG nicht ausschließlich der Erhaltung des Existenzminimums. Das zeigt sich bereits daran, dass § 33 EStG selbst eine Regelung zur zumutbaren Eigenbelastung enthält (§ 33 Abs. 3 EStG), die verfehlt wäre, wenn ohnehin nur solche Aufwendungen Berücksichtigung fänden, die der Sicherung des Existenzminimums dienen. Eine andere Interpretation ist zu weitgehend und wird wiederum der Systematik des § 33 EStG nicht gerecht.

Danach sind zumindest Kosten für solche Zivilprozesse zwangsläufig, die in der Sache mit der Sicherung bzw. dem Erhalt des Lebensunterhalts in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Dies dürfte in vielen Fällen von Zivilprozessen nicht der Fall sein, so dass es auch nicht sachgerecht erscheint, den Steuerpflichtigen durch Beteiligung des Steuerzahlers an diesen Kosten zu entlasten. Jedenfalls bei sog. "Dauersachverhalten", also solchen, denen eine dauernde Zahlung zugrunde liegt (z.B. Miete, Einkommen, Unterhalt), die sich unmittelbar auf die zum Lebensunterhalt zur Verfügung stehenden Mittel auswirken, dürften Prozesskosten hingegen dem Grunde nach regelmäßig zwangsläufig sein.

1.2. Vorliegend betraf das Gerichtsverfahren 20 F ... vor dem Amtsgericht ..., für die die Gebühren ausweislich der Rechnung der RAe C i.H.v. 3.237,87 anfielen, die Frage des Unterhalts für die Zeit des Getrenntlebens von B. Es handelt sich dabei um einen solchen o.g. Dauersachverhalt, der in unmittelbarem Zusammenhang mit regelmäßigen monatlichen Zahlungen steht und der sich auf die zum Lebensunterhalt zur Verfügung stehenden Mittel sowohl beim Kläger als auch bei den Unterhalsberechtigten (hier B) unmittelbar auswirkt. Diese Aufwendungen waren für den Kläger auch unausweichlich. Nach den von den Klägern eingereichten Unterlagen (Bl. 45 ff.) ging es bei der gerichtlichen Klärung insbesondere um die Frage, ob und in welcher Höhe der Kläger zu Unterhaltszahlungen an B verpflichtet war. Er war von B klageweise in Anspruch genommen worden. Die Parteien stritten in dem gerichtlichen Verfahren auch um die Höhe der B zustehenden Einkünfte und Bezüge. Der Senat hat keine Anhaltspunkte dafür, dass sich der Kläger mutwillig auf einen solchen Prozess eingelassen hat. Die Höhe der von den Klägern insoweit nachgewiesenen Prozesskosten ist ebenfalls nicht zu beanstanden.

1.3. Anders verhält es sich hingegen mit den Notarkosten sowie mit den Rechtsanwaltskosten für außergerichtliche Tätigkeiten und für die gerichtliche Teilung des Vermögens (Teilungsversteigerung) und betreffend das Aufenthaltsbestimmungsrecht über die Kinder.

Sofern diese Kosten eine außergerichtliche Rechtsverfolgung betrafen (Notarkosten i.H.v. 1.244,62 €, Aufstockung Unterhalt, Umgangsrecht, Scheidungsfolgenvereinbarung in Höhe von 3.810,48 €) sind sie auch nach der geänderten BFH Rechtsprechung vom 12. Mai 2011 nicht abzugsfähig. Denn der BFH stellt maßgeblich darauf ab, dass sich der Steuerpflichtige aufgrund des staatlichen Gewaltmonopols der gerichtlichen Inanspruchnahme bei der Durchsetzung seiner Ansprüche nicht entziehen könne. Der BFH begründet gerade damit die Zwangsläufigkeit der Aufwendungen im Zusammenhang mit einem Zivilprozess. Wie dargestellt folgt der Senat dieser großzügigen Interpretation nicht. Aber auch nach der Auffassung des BFH ist die Vermeidung eines Zivilprozesses ein Regelfall, der nicht als außergewöhnlich im Sinne von § 33 EStG anzusehen sein soll. Kosten für eine außergerichtliche Streitbeilegung bzw. Regelung einer Rechtslage sind auch nach dieser neuen Rechtsprechung daher nicht zwangsläufig.

Soweit die Aufwendungen auch gerichtliche Verfahren betrafen (Teilungsversteigerungsverfahren - 4.533,34 € - sowie die gerichtliche Rechtsverfolgung im Zusammenhang mit dem Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Kinder - 627,73 € -), sind auch diese Kosten entgegen der Rechtsprechung des BFH vorliegend nicht abzugsfähig. Denn sie betreffen nicht den existenziellen Bereich des Klägers. Wie der Senat bereits unter II 1.1 dargestellt hat, sind nach seiner Auffassung nur solche Kosten zwangsläufig im Sinne von § 33 I EStG, die mit der gerichtlichen Rechtsverfolgung von existenziellen Ansprüchen - so genannten Dauersachverhalten - in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Das Teilungsversteigerungsverfahren betraf hingegen eine Vermögenstrennung zwischen dem Kläger und B infolge ihrer gemeinsamen Beteiligung an Firmen und Grundvermögen. Das gerichtliche Verfahren betreffend das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Kinder regelte im weitesten Sinne einen kleinen Teil des auch dem Kläger als Vater zustehenden Sorgerechts. Beide Verfahren dienten nicht der Sicherung oder der Erhaltung des Existenzbedarfs des Klägers. Eine Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung kam nach dem Dargestellten nicht in Betracht.

III. Die Kosten des Verfahrens waren gemäß § 136 Abs. 1 S. 1 2. Alt. FGO den Beteiligten entsprechend ihren Anteilen am Obsiegen/Unterliegen aufzuerlegen.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 Abs. 1 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 S. 2 ZPO. Die Verpflichtung des Beklagten zur Neuberechnung der Steuer folgt aus § 100 Abs. 2 S. 2 FGO.

Der Senat lässt die Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zur Abzugsfähigkeit von Zivilprozesskosten gem. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zu; beim BFH sind bereits mehrere diesbezügliche Verfahren anhängig.