VG des Saarlandes, Urteil vom 12.12.2018 - 5 K 1080/17
Fundstelle
openJur 2021, 9864
  • Rkr:

1. Zur Statthaftigkeit einer Verpflichtungsklage auf Erteilung eines befristeten Jagdscheins (Abgrenzung zu OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 19.10.1994 - 1 L 83/94 -).

2. Zu den Voraussetzungen der waffen- und der jagdrechtlichen Regelvermutungen.

3. Zum jagd- und waffenrechtlichen Zuverlässigkeitsbegriff.

4. Die jagd- und waffenrechtlichen Regelversagungsvorschriften mit ihren fünf- bzw. zehnjährigen Ausschlussfristen lassen sich nicht auf die allgemeinen jagd- und waffenrechtlichen Versagungsvorschriften anwenden; die verschiedenen Versagungstatbestände bleiben auch nach Ablauf der gesetzlichen Ausschlussfristen nebeneinander anwendbar.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Der Streitwert wird auf 8.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Erteilung eines Jagdscheins für drei Jagdjahre.

Mit Urteil des Schwurgerichts des Landgerichts ... vom ... .1987 ... wurde der ... geborene Kläger wegen Mordes in Tateinheit mit Vergewaltigung zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. In den Urteilsgründen ist u.a. ausgeführt, er habe am ... .1986 in ..., in der Nähe seines seinerzeitigen Studienorts ..., seine damalige Freundin, die ihn habe verlassen wollen, zunächst vergewaltigt und dann erwürgt sowie die Spuren der Tat sorgfältig und mit einem hohen Maß an Kaltblütigkeit beseitigt und ihre Leiche mit seinem Pkw zu einem der Waldgrundstücke seiner Familie verbracht, wo er sie - mutmaßlich mit Hilfe seiner Mutter - verbrannt und die Aschereste vergraben habe, wobei seine Fähigkeit, das Unrecht seiner Tat einzusehen und dieser Einsicht gemäß zu handeln, zur Tatzeit ungeschmälert gewesen sei. Als Motive für die Tat sah das Schwurgericht hauptsächlich Rache und Hass; es sei ihm darauf angekommen, seine damalige Freundin dafür zu bestrafen, dass sie sich von ihm ab- und einem anderen zugewandt habe. Entgegen seiner Einlassung sei der Beweis seiner Täterschaft "in erdrückender Vielfalt" geführt. Die hiergegen eingelegte Revision wurde mit Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom ... .1988 zurückgewiesen.

Nach seiner vorläufigen Festnahme und Untersuchungshaft im ... 1986 verbüßte der Kläger seine anschließende Freiheitsstrafe bis ... 2005. Während dieser Zeit erwarb er nach Absolvierung zweier entsprechender Fernstudiengänge ... ein Diplom als Volkswirt und ... ein Diplom als Kaufmann. Im Rahmen des offenen Vollzugs wurde er im Januar 2004 zu einem freien Beschäftigungsverhältnis bei einer Steuer- und Wirtschaftsberatungsfirma zugelassen; weiter ging er einem Promotionsstudium an der Universität ... nach. Bereits im Rahmen der Außenlockerungen beteiligte er sich seit ... im Dam- und Rotwildgehege seiner Eltern, das diese seit ... im Nebenerwerb betreiben, an allen Produktionsabläufen mit Ausnahme der Erlegung des Wildes.

Ein Gnadengesuch sowie mehrere Anträge des Klägers auf Aussetzung der Vollstreckung des Strafrestes wurden zunächst zurückgewiesen, u.a. mit Verweis auf die besondere Schwere seiner Schuld.1 In den Strafvollstreckungsverfahren wurden ein kriminalprognostisches Gutachten von Prof. Dr. ..., Institut für Gerichtliche Psychologie und Psychiatrie der Universität ..., vom ... .2000 sowie zwei psychiatrische Gutachten von Prof. Dr. ..., Klinikum der Universität ..., vom ... .2003 und vom ... .2004 eingeholt. Mit Beschluss vom ... .2005 - ... - setzte das Landgericht A-Stadt die Vollstreckung der lebenslangen Freiheitsstrafe mit Wirkung vom ... .2005 für die Dauer von fünf Jahren unter Anordnungen zur Bewährung aus. Dabei ging die Strafvollstreckungskammer unter Bezugnahme auf das Gutachten Dr. ... vom ... .2004 u.a. davon aus, dass dem Kläger eine für die bedingte Entlassung "ausreichend günstige Prognose" gestellt werden könne; dem stehe die Tatsache, dass er die Tat bisher nicht eingestanden habe, angesichts der vorhandenen positiven Prognosefaktoren nicht entgegen, da aus dem Leugnen der Tat nicht auf den Fortbestand der Gefährlichkeit geschlossen werden dürfe. Am ... .2015 wurde der Kläger aus der Strafhaft entlassen. In Erfüllung einer entsprechenden Bewährungsauflage der Strafvollstreckungskammer setzte er von ... 2005 bis ... 2009 Therapiegespräche bei der Beratungsstelle der Evangelischen Diakonie in A-Stadt fort. Mit Wirkung vom ... .2010 wurde der Strafrest erlassen.

Der Kläger verfügt seit ... über eine Gewerbeerlaubnis und ist als selbstständiger ... tätig.

Am ... .2015 sprach der Kläger bei der Beklagten vor und bat um Prüfung der Voraussetzungen für die Erteilung seines ersten Jagdscheins. Dabei gab er mündlich u.a. an, er beabsichtige, einen Jagdschein und eine Waffenbesitzkarte bzw. eine Mitbenutzererlaubnis für die Waffen seines Vaters zu beantragen.

Mit Schreiben vom ... .2015 beantragte der Kläger bei der Vereinigung der Jäger im Saarland (VJS) die Zulassung zur Prüfung zwecks Erlangung seines ersten Jahresjagdscheins. Hierzu legte er ein Führungszeugnis vom ... .2015 vor. In einem Begleitschreiben führte er aus, obwohl er unschuldig sei, sei er in einem reinen Indizienprozess und aufgrund "unwahrer Aussagen eines V-Manns des LKA ... " verurteilt worden. Weiterhin gab er an, in Anbetracht des Alters seiner Eltern werde sich in Zukunft die Frage der Fortführung ihres erfolgreich ökologisch betriebenen Dam- und Rotwildgeheges stellen, so dass für ihn die Zulassung zur Jägerprüfung und der Erwerb des Jagdscheins keine Freizeitgestaltung seien; im Übrigen sei seinem Vater im Jahr ... das große Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen worden. Am ... .2015 legte der Kläger erfolgreich die Jägerprüfung ab.

Am ... .2015 legte er bei der Beklagten sein Jägerprüfungszeugnis vor, um seinen ersten Jagdschein zu lösen. Die Beklagte teilte der VJS mit Schreiben vom ... .2015 mit, es sei beabsichtigt, dem Kläger die Erteilung eines Jagdscheins zu versagen (§ 17 BJagdG). Die VJS nahm hierzu mit Schreiben vom ... .2015 dahingehend Stellung, dass der Kläger zur Jägerprüfung zuzulassen gewesen sei, da die Zehnjahresfrist (§ 5 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 WaffG) bei Antragstellung bereits verstrichen gewesen sei; weitere zu berücksichtigende Versagungsgründe seien der Vereinigung nicht bekannt und nicht bekannt gewesen, so dass ihres Erachtens der Jagdschein zu erteilen sei. Die daraufhin von der Beklagten mit Schreiben vom ... .2015 (unter Bezugnahme auf § 48 Abs. 5 Satz 3 des Saarländischen Jagdgesetzes) um Prüfung und Entscheidung gebetene oberste Jagdbehörde beim Ministerium für Umwelt- und Verbraucherschutz vertrat ihrerseits mit Schreiben vom ... .2015 die Auffassung, dass die untere Jagdbehörde in eigener Zuständigkeit entscheide.

Mit Bescheid vom ... .2015 lehnte das Ordnungsamt der Beklagten den "Antrag vom ... .2015" auf Erteilung eines Jagdscheins für drei Jahre ab. In den Gründen ist u.a. ausgeführt, die erforderliche Zuverlässigkeit liege nicht vor (§§ 17 Abs. 1, Abs. 4 BJagdG i.V.m. § 5 WaffG). Diese besäßen Personen nicht, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigten, dass sie Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden würden (§ 17 Abs. 3 BJagdG). In der Regel besäßen Personen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht, die wegen eines Verbrechens oder wegen eines vorsätzlichen Vergehens, das eine der Annahmen im Sinne des § 17 Abs. 3 Nr. 1 bis 3 rechtfertige, rechtskräftig verurteilt worden seien (§ 17 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. a und b BJagdG). Eine absolute, regelmäßig zu bejahende Unzuverlässigkeit ergebe sich, wenn Personen wegen eines Verbrechens verurteilt worden seien und seit dem Eintritt der letzten Verurteilung zehn Jahre noch nicht verstrichen seien (§ 17 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. a BJagdG i.V.m. § 5 Nr. 1 Buchst. a WaffG). Diese unwiderlegliche Vermutung sei hier infolge der zwischenzeitlich eingetretenen Zeitspanne von über zehn Jahren nicht (mehr) gegeben. Dies bedeute hingegen nicht, dass die der Verurteilung zu Grunde liegende Begehung eines Verbrechens bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit nicht mehr heranzuziehen sei. Es könne aus dieser Regelung insbesondere nicht der Schluss gezogen werden, dass nach Ablauf der fraglichen Zehnjahresfrist automatisch die Verneinung der Zuverlässigkeit aus den Gründen und Umständen, die zur Verurteilung geführt hätten, nicht mehr erfolgen könne und dürfe. Vielmehr seien die konkrete Tatbegehung und deren Umstände dann auf ihre Auswirkungen zur Beurteilung der Zuverlässigkeit im Einzelfall zu prüfen und eine Unzuverlässigkeit dann gegebenenfalls anhand unter anderem auch der jeweiligen Tatumstände detailliert und einzelfallbezogen zu begründen. Zweifel an der Zuverlässigkeit könnten sowohl aus Gründen der Tatbegehung als auch aus Prognosen vorliegender Begutachtungen, und dies durchaus auch nach dem gesetzlich vorgegebenen Zeitrahmen zur Bejahung der absoluten Unzuverlässigkeit bzw. einer regelmäßig zu bejahenden Unzuverlässigkeit, noch folgen. Daher sei vorliegend zu prüfen, ob ein waffenrechtlicher Versagungsgrund vorliege (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a WaffG). Danach besäßen Personen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigten, dass sie Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden würden. Hierbei komme es im Zusammenhang mit der konkreten Tatbegehung nicht darauf an, ob die Tat einen Waffenbezug aufweise. Ausgehend von der Absicht des Gesetzgebers genüge für die erforderliche Prognoseentscheidung über die waffenrechtliche Zuverlässigkeit ein rationaler Schluss von der Verhaltensweise eines Betroffenen auf dessen in Zukunft zu erwartendes Verhalten. Dabei werde in Anbetracht von Sinn und Zweck und der erheblichen Gefahren, die von Waffen oder Munition für hochrangige Rechtsgüter ausgingen, für die gerichtlich uneingeschränkt überprüfbare Prognose nicht der Nachweis verlangt, der Betroffene werde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden, sondern es genüge eine hinreichende, auf der Lebenserfahrung beruhende Einschätzung. Weitergehende Anforderungen übersähen den präventiven Charakter des Waffenrechts genauso wie die Tatsache, dass auch vermeintlich exakte Begutachtungen ein Restrisiko nicht ausschließen könnten. So sei eine mögliche missbräuchliche Verwendung auch dann zu befürchten, wenn die Gefahr bestehe, dass der Kläger "sein Recht" außerhalb oder neben der bestehenden Rechtsordnung durchsetzen werde, sei es im Rahmen planvoll begangener Straftaten, sei es im Rahmen sogenannter Selbsthilfeexzesse. Die Verurteilung mit Strafurteil des Schwurgerichts beim LG ... vom ... .1987 sei wegen Mordes tateinheitlich mit einer Vergewaltigung erfolgt. Soweit der Kläger vortrage, es läge eine Verurteilung vor, obgleich er unschuldig und das Tatopfer bis zum heutigen Tage nicht gefunden worden und somit die Tat auch tatsächlich nicht nachgewiesen sei, habe dies für die Beurteilung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit keine Relevanz. Die Behörde dürfe im Rahmen ihrer Überprüfung der Zuverlässigkeit vielmehr von der Richtigkeit der Verurteilung ausgehen, da das Strafverfahren grundsätzlich eine zutreffende Sachverhaltsermittlung gewährleiste. Es sei festzustellen, dass die Verurteilung durch das Schwurgericht auf der Grundlage überwältigender Indizien erfolgt sei. Diese Feststellungen der Tatbegehung durch das Schwurgericht als auch die Verantwortlichkeit des Täters für die ihm vorgeworfene Tat seien für die Prüfung und Entscheidung auch im waffen- bzw. jagdrechtlichen Verfahren grundlegend. Es werde entsprechend auf die abgeurteilte Tat abgestellt, sofern diese, wie vorliegend der Fall, noch Berücksichtigung finden könne. Der Gesetzgeber weise in seiner Begründung darauf hin, dass nach Sinn und Zweck des § 5 Abs. 2 WaffG das mit jedem Waffenbesitz einhergehende Sicherheitsrisiko möglichst gering zu halten sei. Es sollten daher nur Personen in Betracht kommen, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienten, dass sie mit der Waffe jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgingen. Diese Intention des Gesetzgebers finde in der Rechtsprechung nachdrückliche Unterstützung. Auf den Bezug zu Waffen komme es nicht an. In diesem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen, dass es auch auf die Spezies der jeweiligen Straftat konkret nicht ankomme, was allerdings in vorliegendem Fall ohne Relevanz sei. Soweit ausdrücklich vorgetragen werde, dass die Tat nicht begangen worden sei und es sich um einen reinen Indizienprozess gehandelt habe sowie das Opfer bis heute verschwunden sei, stehe dies tatsächlich einer Versagung des Jagdscheins und Waffenscheins daher nicht entgegen. Die Behörde dürfe vielmehr von der Richtigkeit des rechtskräftigen Strafurteils einschließlich der darin enthaltenen tatsächlichen Feststellungen ausgehen. Insbesondere die Entscheidung zur Aussetzung der lebenslangen Freiheitsstrafe sei nicht geeignet, die Zuverlässigkeit im Hinblick auf die waffen- bzw. jagdrechtliche Prüfung zu begründen. Die Prognoseentscheidung zur Bewährung und die diese tragenden maßgeblichen Gründe beinhalteten keine Aussage, dass damit auch eine waffenrechtliche Zuverlässigkeit zu bejahen sei. Diese Zuverlässigkeit angesichts der gesteigerten Gefahren durch den Besitz von Waffen und des besonderen Schutzinteresses der Bevölkerung vor einem unsachgemäßen Gebrauch derselben sei mit besonderem Bedacht zu prüfen und zu bewerten. Das zur Prüfung der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit vorliegende Urteil des Schwurgerichts des LG ... lasse eine Bejahung der Zuverlässigkeit aber gerade nicht zu. Hierbei sei entscheidend auf die detaillierten Urteilsgründe im Strafurteil zu verweisen. Danach habe der Kläger nachweislich eine Tötungshandlung geplant und durchgeführt. Nach den Ausführungen des Strafurteils habe er hauptsächlich aus den Motiven "Rache und Hass" getötet. Auch stehe nach dem Urteil des Schwurgerichts fest, dass der Kläger sich seiner Antriebe voll bewusst gewesen sei und sie durchaus habe kontrollieren können. Er habe danach die Tat über längere Zeit erwogen und gedanklich vorbereitet. Wenn auch der endgültige Tatentschluss zur Tötung erst unmittelbar vor der Tat erfolgt sei, so habe sie doch keineswegs einem unkontrollierten und spontanen Affekt entsprochen. Vielmehr habe der Tatentschluss auf den Gedanken und Antrieben beruht, die schon in den Stunden zuvor sein Bewusstsein beherrscht hätten. Aus den Gründen der Entscheidung des Schwurgerichts ergebe sich, dass der Kläger gerade keinem schuldmindernden Affektzustand zur Tatzeit ausgesetzt gewesen sei, vielmehr habe sich erwiesen, dass er unmittelbar nach der Tat noch eine Zigarettenpause eingelegt habe, bevor er sich der sorgfältigen Spurenbeseitigung zugewandt habe, was auf ein hohes Maß an Kaltblütigkeit, auch während der Tat, hindeute. Aus all diesen seitens des Schwurgerichts in seinem Urteil festgestellten Fakten und Folgerungen sei trotz des eingetretenen Zeitablaufs vorliegend die Zuverlässigkeit des Klägers unter waffenrechtlicher Betrachtung nicht gegeben.

Gegen den ihm am ... .2015 zugestellten Ablehnungsbescheid legte der Kläger am ... .2015 Widerspruch ein. Zur Begründung machte er u.a. geltend, zwar könne die Beklagte von der Richtigkeit des rechtskräftigen Strafurteils einschließlich der darin enthaltenen tatsächlichen Feststellungen ausgehen. Allerdings habe sie entgegen ihren Ausführungen die konkrete Tatbegehung und deren Umstände auf ihre Auswirkungen zur Beurteilung der Zuverlässigkeit im Einzelfall augenscheinlich nicht geprüft und eine Unzuverlässigkeit unter anderem anhand der jeweiligen Tatumstände detailliert und einzelfallbezogen begründet. Sie begnüge sich damit, auf die detaillierten Urteilsgründe hinzuweisen. Eine Auseinandersetzung mit der Entscheidung der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts A-Stadt und den dortigen Zitaten aus dem Gutachten des Sachverständigen Dr. ... sei nicht erfolgt. Die Strafvollstreckungskammer sei nach Abwägung, insbesondere auch unter Berücksichtigung der günstigen Prognose des Sachverständigen, zu dem Ergebnis gelangt, dass die Vollstreckung der lebenslangen Freiheitsstrafe für die Dauer von fünf Jahren zur Bewährung ausgesetzt werde. Auch sei keine Auseinandersetzung mit seinem Leben seit der Strafaussetzung im Jahre 2005 erfolgt. Er lebe in gefestigtem sozialem Umfeld und gehe einer geordneten beruflichen Tätigkeit nach. Auch hätten sich seit der Strafaussetzung keinerlei Anhaltspunkte ergeben, die Zweifel an seiner Zuverlässigkeit begründen könnten, im Gegenteil habe er zwischenzeitlich mehr als 10 Jahre nach Strafaussetzung bewiesen, dass von ihm keine Gefährdung ausgehe und die Prognose des gerichtlichen Sachverständigen insoweit zutreffend gewesen sei. Die von der Behörde angenommene "abstrakte Gefährdung" aufgrund der strafrechtlichen Verurteilung bedürfe seiner Meinung nach einer Konkretisierung. Außerdem legte er die über ihn erstellten Gutachten der Prof. Dr. ... und Prof. Dr. ... vor; daraus ergebe sich, dass keine Gefahr mehr bestehe, dass die durch die Tat zu Tage getretene Gefährlichkeit bei ihm fortbestehe.

Mit aufgrund der mündlichen Verhandlung vom ... .2016 und der Beratung vom ... .2017 ergangenem Widerspruchsbescheid des Stadtrechtsausschusses wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung der Widerspruchsentscheidung ist u.a. ausgeführt, die zuständige Behörde erteile längstens für drei Jahre den für die Ausübung der Jagd erforderlichen Jagdschein (§ 15 Abs. 1 und 2 BJagdG). Dabei sei der Jagdschein u.a. Personen zu versagen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigten, dass sie die erforderliche Zuverlässigkeit oder körperliche Eignung nicht besäßen (§ 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BJagdG). Die erforderliche Zuverlässigkeit besäßen Personen nicht, wenn Tatsachen vorlägen, die die Annahme rechtfertigten, dass sie Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden würden (§ 17 Abs. 3 Nr. 1 BJagdG). Derartige Tatsachen hätten im Fall des Klägers vorgelegen und lägen vor. Sie ergäben sich aus seiner Verurteilung sowie den eingereichten Gutachten. Der Verwertung des Urteils stehe dabei die Zehnjahres- bzw. Fünfjahresfrist (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a WaffG bzw. § 17 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. a BJagdG) nicht entgegen. Denn die Ereignisse und Umstände, die Gegenstand eines Strafverfahrens gewesen seien, seien auch dann im Rahmen der Prognose, ob der Betroffene Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden werde, zu berücksichtigen, wenn ein Versagungsgrund (§ 17 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. a BJagdG bzw. § 5 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a WaffG) wegen Verstreichens der Frist nicht mehr in Betracht komme. Es seien allein die Eintragungen im Bundeszentralregister und damit grundsätzlich auch die insoweit einschlägigen Tilgungsfristen (§ 46 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 BZRG) maßgeblich und es handele sich bei der Verurteilung wegen Mordes in Tateinheit mit Vergewaltigung nicht um eine zu tilgende Eintragung (§ 45 Abs. 3 Nr. 1 BZRG). Die zuständige Behörde habe eine entsprechende individuelle, zukunftsorientierte Aussage zu treffen, ob der Betroffene das nach dem Gesetz zu fordernde Vertrauen, er werde mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen, verdiene. Zerstört werde dieses Vertrauen durch jedes Verhalten, aus dem sich auf Grund anzuerkennender Erfahrungsgrundsätze mit hinreichender Wahrscheinlichkeit der Schluss auf eine fortwirkende psychische Disponiertheit zu schadenstiftendem Verhalten aufgrund von Charaktermängeln herleiten lasse. Die geforderte Prognose sei auf Tatsachen zu stützen, d.h. auf äußere oder innere Sachverhalte, auf objektivierbare Ereignisse, die dem Betroffenen zurechenbar seien. Dabei bewege sich die Würdigung der vorliegenden Tatsachen in Lebens- und Erkenntnisbereichen, die allgemein zugänglich seien. Die erforderliche Prognose könne daher ohne Hinzuziehung weiterer Sachverständiger getroffen werden. Der Stadtrechtsausschuss komme nach Würdigung aller vorliegenden Tatsachen, wie schon zuvor die Beklagte, zu dem Ergebnis, dass der Kläger absolut unzuverlässig im Sinne von § 17 Abs. 3 Nr. 1 BJagdG und § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a WaffG sei, wie näher ausgeführt wird. - Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am ... .2017 zu Händen seiner Bevollmächtigten zugestellt.

Der Kläger hat am ... 2017 Klage erhoben. Zu deren Begründung trägt er im Wesentlichen vor, die Beklagte habe sich lediglich auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Landgerichts ... berufen, ohne die Beurteilung der Zuverlässigkeit im Einzelfall vorzunehmen, wie er unter Bezugnahme auf seine Ausführungen im Widerspruchsverfahren näher darlegt. Er habe zwischenzeitlich mehr als 12 Jahre nach der Strafaussetzung bewiesen, dass von ihm keine Gefährdung ausgehe und die Sachverständigenprognose insoweit zutreffend gewesen sei. Die geforderte Konkretisierung bezüglich der von der Beklagten angenommenen "abstrakten Gefährdung" aufgrund der strafrechtlichen Verurteilung sei nicht vorgenommen worden. Auch die Begründung des Widerspruchsbescheids verdeutliche, dass es dem Stadtrechtsausschuss letztendlich darum gegangen sei, sich aus den zahlreichen Gutachten und dem Urteil des Landgerichts ... lediglich die Punkte herauszusuchen, die geeignet seien, ihm eine abstrakte Gefährdung anzudichten. Zum einen sei darauf hinzuweisen, dass § 5 Abs. 1 Ziff. 1 Buchst. a (WaffG) allgemein von einer Verurteilung wegen eines Verbrechens spreche, ohne, auch im weiteren Wortlaut des Paragraphen, eine Differenzierung bezüglich der Schwere eines Verbrechens vorzunehmen. Es wäre für den Gesetzgeber ein Leichtes gewesen, Einschränkungen bzgl. der Zehnjahresfrist im Hinblick auf die Schwere der Tat vorzunehmen, was allerdings nicht geschehen sei. Der Stadtrechtsausschuss habe keine Erklärung dafür abgegeben, aus welchen Gründen die in § 5 Abs. 1 Nr. 1 letzter Halbsatz WaffG geregelte Zehnjahresfrist auf seine Verurteilung nicht angewandt werden könne. Das Entscheidende, nämlich die günstige Prognose der Sachverständigen im Zusammenhang künftiger Gefährdung, werde hingegen außer Acht gelassen. Man könne sich "des Eindrucks nicht erwehren, dass hier für die bereits mit Urteil des Landgerichts ... ausgesprochene Strafe eine zweite Verurteilung vorgenommen werden" solle. Der Stadtrechtsausschuss zitiere lediglich die negativen Ansatzpunkte aus den vorgelegten Gutachten. Demgegenüber habe er, der Kläger, in der Vergangenheit bis in die Gegenwart keine Bereitschaft gezeigt, sich "auch im Umgang mit Waffen" über geltendes Recht hinwegzusetzen. Tatsache sei des Weiteren, dass er sich in den letzten mehr als 12 Jahren nicht das Geringste habe zuschulden kommen lassen, dies trotz der vom Stadtrechtsausschuss unterstellten Charaktereigenschaften. Zu berücksichtigen sei auch, dass die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts A-Stadt die Gutachten ihrer Entscheidung vom ... .2005 zugrunde gelegt habe und zu dem Ergebnis gelangt sei, dass die Vollstreckung der lebenslangen Freiheitsstrafe für die Dauer von fünf Jahren zur Bewährung ausgesetzt werden könne; dabei habe sie auch die von den Sachverständigen auf der Persönlichkeitsebene erkannten Probleme durch die getroffenen Anordnungen berücksichtigt; hierzu werde auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. ... vom ... .2004 Bezug genommen.2 Die entsprechenden Therapietermine habe er wahrgenommen. Außerdem sei darauf hinzuweisen, dass die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts A-Stadt zutreffend festgestellt habe, dass auch die Tatsache, dass er die Tat bisher nicht eingestanden habe, einer bedingten Entlassung angesichts der vorhandenen positiven Prognosefaktoren nicht entgegenstehe. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gebe es keinen ärztlichen Erfahrungssatz, wonach aus dem Leugnen der Tat auf den Fortbestand der Gefährlichkeit geschlossen werden dürfe. Während der Stadtrechtsausschuss lediglich negative Gesichtspunkte aus den Gutachten und dem Urteil zusammengetragen habe, sei beispielhaft auf die Ausführungen des Sachverständigen Dr. ... in seinem Gutachten vom ... .2003 zu verweisen, wo dieser zu dem Ergebnis gelangt sei, dass der Proband auch den Symptomen oder Auffälligkeiten seiner Persönlichkeit nicht so ausgeliefert sei, dass er nicht regulierend eingreifen oder sich Konflikten entziehen könne, so dass letztendlich ein relevanter Zusammenhang mit einer Persönlichkeitsstörung bei dem Delikt nicht angenommen werden könne.3 Weiterhin stelle der Sachverständige fest, dass die dynamischen Risikofaktoren, welche u.a. eine postdeliktische Persönlichkeitsentwicklung charakterisierten, bei ihm, dem Kläger, ebensowenig vorhanden seien;4 danach sei lediglich ein selbstkritischer Umgang mit der bisherigen Delinquenz nicht festzustellen. Zwar gelange der Gutachter zu dem Ergebnis, dass psychiatrischerseits auf eine Reihe von Defiziten hingewiesen werden müsse, wobei alsdann festgestellt werde, dass diese Defizite jedoch in Bezug auf die Rückfallgefahr ausreichend kompensiert seien, so dass ein Rückfall ausgesprochen unwahrscheinlich sei.5 Zusammenfassend sei festzustellen, dass er durch sein beanstandungsfreies Verhalten in den zurückliegenden Jahren eindeutig die Zukunftsprognose sowohl der Sachverständigen als auch der Strafvollstreckungskammer bestätigt habe. Des Weiteren habe die Beklagte seinen Vortrag, wonach er den Jagdschein auch im Zusammenhang mit dem von seinen Eltern betriebenen Dam- und Rotwildgehege und der Erforderlichkeit seiner unterstützenden Handlungen (scil. benötige), auch nicht ansatzweise gewürdigt.

Ergänzend macht er geltend, er habe keinerzeit vorgetragen, dass das Verstreichen der Zehnjahresfrist bewirke, dass begangene Verbrechen nicht mehr berücksichtigt werden dürften. Die Beklagte bleibe jeglichen Beweis dafür schuldig, dass sich aus seinen in den Gutachten hervorgehobenen charakterlichen Eigenschaften die begründete Besorgnis der mangelnden Zuverlässigkeit ergebe. Folge man deren Sachvortrag, so gelange man letztlich zu dem Ergebnis, dass die Strafvollstreckungskammer im Rahmen ihrer Entscheidung über die Strafaussetzung seinerzeit quasi billigend eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Kauf genommen habe. Das Gegenteil sei allerdings der Fall, er habe durch sein beanstandungsfreies Verhalten in quasi 13 Jahren bewiesen, dass die ihm von der Beklagten angedichteten Charaktereigenschaften nicht vorlägen, sondern er vielmehr in der Gesellschaft voll integriert sei. Er besitze auch keine Neigung zur Abschottung und zum physischen und psychischen Rückzug in den Kreis der Eltern, zur Kontaktvermeidung mit Dritten und zum Ausweichen, zum Misstrauen, zur Rationalisierung und Intellektualisierung sowie zur Affektverdrängung. Er sei seit Mitte ... Mitglied in einem Tennisklub und spiele dort in einer Altherrenrunde Tennis im Doppel; nach der sportlichen Betätigung sei es guter Brauch, noch in lockerer Runde zusammenzusitzen. Des Weiteren gehöre er den ... Saar e.V. an und besuche in den letzten 12 Jahren regelmäßig die musikalischen Events. Regelmäßige Theaterbesuche erfolgten ebenso, vorzugsweise zu den Premieren. Des Weiteren gehöre es zu seinen Hobbys, Mountainbike zu fahren, dies 2.000 km im Jahr, auch in lockerer Runde. Zum wiederholten Mal werde darauf hingewiesen, dass er seit Mitte ... als ... selbstständig tätig sei. Es könne als allgemein bekannt unterstellt werden, dass es im Rahmen der ... vielfältige Problemfelder auf menschlicher und sachlicher Ebene gebe, die er in den zurückliegenden Jahren problemlos bewältigt habe. Der Beruf des ... bedinge selbstverständlich den Kontakt mit einer Vielzahl von Menschen, von einer Neigung zur Kontaktvermeidung mit Dritten könne daher keine Rede sein. Soweit die Beklagte meine, dass sich die charakterlichen Mängel auch darin manifestierten, dass er auch etwa 20 Jahre nach der rechtskräftigen Verurteilung wegen Mordes und trotz langjähriger psychologischer Betreuung die Tat leugne, setze sie sich nicht ansatzweise mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auseinander, nach der es keinen ärztlichen Erfahrungssatz gebe, wonach aus dem Leugnen der Tat auf den Fortbestand der Gefährlichkeit geschlossen werden dürfe. Die Beklagte lasse im Rahmen ihrer Klageerwiderung den Fakt völlig außer Acht, dass er in den zurückliegenden annähernd 13 Jahren bewiesen habe, dass die von den Gutachtern geäußerten kritischen Anmerkungen allesamt durch sein Verhalten ausgeräumt worden seien. Bemerkenswert an der Begründung zum Fehlen der Zuverlässigkeit sei, dass die Beklagte zum einen ihm vorwerfe, eine Neigung zur Abschottung und zum physischen und psychischen Rückzug in den Kreis der Eltern, zur Kontaktvermeidung mit Dritten etc. zu haben, um alsdann vorzutragen, dass sein beanstandungsfreies Leben zeige, dass er grundsätzlich in der Lage sei, sich in der Gesellschaft einzufügen. Die Beklagte habe sich aus den Gutachten, die letztlich zur Aussetzung der Reststrafe geführt hätten, das herausgesucht, was zur Begründung ihrer rechtsirrigen Auffassung gepasst habe, um dann darauf hinzuweisen, dass sie bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit nicht an eine strafrechtliche Bewertung gebunden sei. Zum einen mache sich die Beklagte die Entscheidungsgründe der Strafkammer im Zusammenhang mit seiner Verurteilung zu eigen, ebenso die nach ihrer Einschätzung kritischen Feststellungen im Rahmen der Gutachten, um alsdann allerdings festzustellen, dass das, was die Strafvollstreckungskammer entschieden habe, für sie letztlich irrelevant sei. Dies könne nicht rechtens sein.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 20.07.2015 und den Widerspruchsbescheid vom 10.04.2017 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm  einen Dreijahresjagdschein zu erteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtenen Bescheide und trägt im Wesentlichen vor, in die Widerspruchsentscheidung seien alle entscheidungserheblichen Umstände einbezogen worden; die vom Kläger gerügte Nichtbeachtung gehe fehl. Es fehle an der Zuverlässigkeit des Klägers als zwingender Voraussetzung der jagd- bzw. waffenrechtlichen Erlaubnis. Dies ergebe sich sowohl aus der Verurteilung des Klägers wegen Mordes in Tateinheit mit Vergewaltigung im Jahr 1988 und den psychiatrischen Gutachten der Jahre 2000, 2003 und 2004 als auch aus weiteren aktenkundigen Tatsachen. Das Verstreichen der Zehnjahresfrist bewirke nicht, dass das begangene Verbrechen nicht mehr berücksichtigt werden dürfe, es führe lediglich dazu, dass weitere Tatsachen vorliegen müssten, die im Rahmen der Gefahrenprognose weiterhin für die Unzuverlässigkeit sprächen; es komme darauf an, ob aus ex ante-Sicht aufgrund der vorliegenden Tatsachen die begründete Besorgnis bestehe, der Kläger besitze nicht die notwendige Zuverlässigkeit im Umgang mit Waffen und Munition. Diese Besorgnis ergebe sich nicht nur aus dem Umstand, dass der Kläger 1987 ein Verbrechen begangen habe, sondern vielmehr aus den charakterlichen Eigenschaften, die in den benannten psychiatrischen Gutachten als Mängel herausgearbeitet worden seien und auch, wie aus der Widerspruchsakte ersichtlich, weiterhin vorlägen. Die Gutachter verwiesen auf die Neigung des Klägers zur Abschottung und zum physischen und psychischen Rückzug in den Kreis der Eltern, zur Kontaktvermeidung mit Dritten und zum Ausweichen, zu Misstrauen, zur Rationalisierung und Intellektualisierung sowie zur Affektverdrängung. Diese Tendenzen bestünden weiterhin fort. Dies legten unter anderem die Ausführungen des Klägers in seinem Anschreiben an den Landesjägermeister vom ... .2015 nahe. Die anhaltende Neigung zur Abschottung und zum Ausweichen gehe daraus hervor, dass er auch etwa 20 Jahre nach der rechtskräftigen Verurteilung wegen Mordes und trotz langjähriger psychologischer Betreuung die Tat leugne und sich als Opfer darstelle. Eine wohl weiterhin anhaltende Abschottung und Konzentration auf das Verhältnis zu den Eltern legten sowohl die ausführlichen lobenden Darstellungen der elterlichen Herkunft und des elterlichen Betriebs als auch die Wohnsituation im Hause der Eltern nahe. Zudem seien psychologische Gutachten und auch die Strafvollstreckungskammer zu dem Ergebnis gekommen, dass die Entlassung auf Bewährung nur als vertretbar erschienen sei, wenn dafür gesorgt werde, "dass die Situationen möglichst konstant bleiben und dass der Proband auf Situationen vorbereitet ist, die möglicherweise auch im entferntesten Risiken bergen." Daher sei die Fortsetzung einer Therapie für erforderlich gehalten worden, die aber im ... 2009 beendet worden sei. Selbst unter Aufrechterhaltung der Therapie gelte indes die Risikoeinschätzung, die bei der Tat aufgetretene Gefährlichkeit trete nicht mehr auf, "niemals unbegrenzt und für alle Situationen." In diesem Sinne habe es keine durchgreifende Relevanz, dass der Kläger seit Aussetzung der Haft zur Bewährung nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten sei. Dies zeige zwar, dass er grundsätzlich in der Lage sei, sich in die Gesellschaft einzufügen, treffe allerdings keine Aussage hinsichtlich seiner Zuverlässigkeit im Sinne des Jagd- und Waffenrechts. Es mache einen entscheidenden Unterschied, ob er in der Lage sei, sich unter "normalen" stabilen Bedingungen anzupassen oder ob er dies ebenfalls in Ausnahmesituationen sei, in denen er Zugriff auf Jagdwaffen habe. Insoweit sei vorliegend eine negative Prognose zu treffen. Sie sei bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit nicht an eine strafrechtliche Bewertung, wie die Ausführungen der Strafvollstreckungskammer, gebunden, sondern habe eine Entscheidung nach den Maßgaben des Jagd- und Waffenrechts, mithin eine Prognoseentscheidung aufgrund der Grundsätze des Gefahrenabwehrrechts, zu treffen. Die Entscheidung der Strafvollzugskammer über die Aussetzung der Freiheitsstrafe zur Bewährung und ihre Entscheidung hätten sowohl eine divergierende Zielrichtung als auch divergierende Voraussetzungen. Die Zulassung zur Jägerprüfung, sofern diese rechtmäßig erfolgt sei, sei für die Entscheidung über die Erteilung des Jagdscheins ebenfalls unerheblich, da sie für sie keine Bindungswirkung auslöse und die Voraussetzungen für die Zulassung zudem nicht inhaltsgleich seien. Unzutreffend sei der Rückschluss des Klägers, dass die Erteilung des Jagdscheins für die geplante Übernahme des elterlichen Betriebes dringend notwendig sei. Dessen Leitung könne auch durchgeführt werden, wenn sich der Kläger für Arbeiten, die einen Jagdschein erforderten, Dritter bediene.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsunterlagen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

Gründe

Die Klage ist als (kombinierte Anfechtungs- und) Verpflichtungsklage im Sinne des § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO statthaft. Die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend erklärt, dass sie den Antrag des Klägers auf Erteilung eines Jagdscheins so verstehen, dass ein Dreijahresjagdschein (§§ 15 Abs. 2 BJagdG,6 14 Abs. 1 und Abs. 6 SJG7 i.V.m. § 10 Satz 1 Nr. 2 DV-SJG8) zu Beginn des nächsten (gemäß § 15 Abs. 2 i.V.m. 11 Abs. 4 Satz 5 BJagdG jeweils zum 01. April beginnenden) Jagdjahres begehrt wird. Der Antrag des Klägers ist also vorliegend zukunfts- und nicht vergangenheitsbezogen. Damit hat sich der aus dem Jahr 2015 (vom ... . bzw. vom ... .) datierende Erteilungsantrag des Klägers hier nicht durch Zeitablauf derart erledigt, dass eine Umstellung auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO geboten wäre.9

Die in diesem Sinne zu verstehende (§ 88 VwGO) und auch im Übrigen zulässige Klage ist indes unbegründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Erteilung eines Dreijahresjagdscheins zu Beginn des nächsten Jagdjahres zu. Der Bescheid der Beklagten vom ... .2015 und der Widerspruchsbescheid vom ... .2017 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Der vom Kläger mit seinen Vorsprachen vom ... .2015 bzw. (und nach der insofern allerdings sehr lückenhaften Aktenlage wohl eher) vom ... .2015 im Sinne des § 10 SVwVfG10 bei der - nach § 15 Abs. 2 BJagdG i.V.m. §§ 2 Abs. 4 und Abs. 3 SJG zuständigen11 - Beklagten beantragten Erteilung eines Jahresjagdscheins für drei Jagdjahre steht die Vorschrift des § 17 Abs. 1 BJagdG entgegen. Nach Satz 1 Nr. 2 der Vorschrift ist der Jagdschein Personen zu versagen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie die erforderliche Zuverlässigkeit oder körperliche Eignung nicht besitzen. Außerdem darf nach ihrem Satz 2 nur ein - hier nicht beantragter - Jagdschein nach § 15 Abs. 7 BJagdG (sog. Falknerjagdschein) beantragt werden, wenn die Zuverlässigkeit oder die persönliche Eignung im Sinne der §§ 5 und 6 des Waffengesetzes (WaffG)12 fehlen. Ausschlaggebend für die Zuverlässigkeit zum Erwerb eines Jagdscheins sind somit die Bestimmungen des § 17 BJagdG und zugleich diejenigen der §§ 5 und 6 WaffG.13

Vorliegend rechtfertigen im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 BJagdG Tatsachen die Annahme, dass der Kläger die erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt. Das folgt hier zwar nicht bereits aus der Regelvermutung des § 17 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. a BJagdG. Nach dieser besitzen Personen die erforderliche (jagdrechtliche) Zuverlässigkeit in der Regel nicht, die, soweit hier von Interesse, wegen eines Verbrechens zu einer Freiheitsstrafe von mindestens 60 Tagessätzen rechtskräftig verurteilt worden sind, wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung fünf Jahre nicht verstrichen sind, wobei in die Frist die Zeit nicht eingerechnet wird, in welcher der Beteiligte auf behördliche oder richterliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Dem Eingreifen der Regelvermutung des § 17 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. a BJagdG steht somit entgegen, dass der wegen Mordes in Tateinheit mit Vergewaltigung verurteilte Kläger bereits im Februar 2005 aus der Justizvollzugsanstalt entlassen wurde und damit seit dem Eintritt der Rechtskraft der Verurteilung am 27.09.1988 auch unter Nichteinrechnung seiner Anstaltsverwahrung (mehr als) fünf Jahre bereits vor der Antragstellung im Februar bzw. April 2015 vergangen sind.14 Erst recht gilt dies hinsichtlich des für das Verpflichtungsbegehren des Klägers maßgeblichen Zeitpunkts der mündlichen Verhandlung am 12.12.2018.15

Nichts anderes ergibt sich insoweit aus § 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a WaffG. Danach besitzen Personen die ebenso erforderliche (waffenrechtliche) Zuverlässigkeit nicht, die rechtskräftig wegen eines Verbrechens verurteilt worden sind, wenn seit dem Eintritt der letzten Verurteilung zehn Jahre noch nicht verstrichen sind; dabei wird auch insoweit gemäß § 5 Abs. 3 WaffG in diese Frist die Zeit, in welcher der Betroffene auf behördliche oder richterliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist, nicht eingerechnet. Dem Eingreifen dieser absoluten waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit steht somit ebenfalls entgegen, dass die Vollstreckung der lebenslangen Freiheitsstrafe des Klägers aufgrund des Beschlusses des Landgerichts A-Stadt vom ... .2005 - ... - mit Wirkung vom ... .2005 zur Bewährung ausgesetzt wurde und er nach Aktenlage am ... .2005 aus der Strafhaft entlassen wurde,16 und damit seit dem Eintritt der Rechtskraft der Verurteilung am ... .1988 auch unter Nichteinrechnung seiner Anstaltsverwahrung (jedenfalls einige Tage mehr als) zehn Jahre vor seiner Antragstellung am ... . bzw. ... .2015 vergangen sind. Auch insofern gilt dies erst recht hinsichtlich des für das Verpflichtungsbegehren des Klägers maßgeblichen Zeitpunkts der mündlichen Verhandlung am 12.12.2018.

Die Unzuverlässigkeit des Klägers im Sinne des Jagdrechts folgt vorliegend jedoch aus § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 1 BJagdG. Danach und nach der im Wesentlichen wortgleichen Bestimmung des (§ 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG i.V.m.) § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a WaffG besitzen Personen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden werden.

Dem Gesetz liegt ein Zuverlässigkeitsbegriff zugrunde, welcher zunächst die ordnungsgemäße Durchführung der Jagd schützt, darüber hinaus aber vor allem auch der Abwehr von Gefahren für die Allgemeinheit dient, die sich aus dem Besitz von Waffen und Munition ergeben können.17 Nachdem der unbestimmte Rechtsbegriff der Zuverlässigkeit18 im Jagd- und Waffenrecht angeglichen ist und der Wortlaut von § 17 Abs. 3 Nr. 1 BJagdG dem von § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a WaffG entspricht, kann insoweit zudem auf die gleichen Auslegungsmaßstäbe und die waffenrechtliche Rechtsprechung zurückgegriffen werden. Eine missbräuchliche Verwendung liegt danach vor, wenn schuldhaft, in der Regel mindestens bedingt vorsätzlich, von der Schusswaffe oder der Munition ein Gebrauch gemacht wird, der vom Recht nicht gedeckt wird.19 Ein leichtfertiger Umgang erfordert regelmäßig einen hohen, zumindest aber einen gesteigerten Grad von - meist bewusster - Fahrlässigkeit, der objektiv der groben Fahrlässigkeit des bürgerlichen Rechts (§§ 276, 277 BGB) gleichkommt, subjektiv aber die persönlichen Fähigkeiten und Kenntnisse des Täters zugrunde legt; er kommt etwa in Betracht, wenn der Betreffende aus besonderer Gleichgültigkeit handelt, sich keine Rechenschaft über sein Tun ablegt oder unüberlegt oder vorschnell handelt.20

Weiter ist davon auszugehen, dass § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 1 BJagdG und § 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a WaffG die durch Tatsachen gerechtfertigte allgemeine Besorgnis umfassen, der Waffen- bzw. Munitionsbesitzer werde mit seinen Waffen bzw. seiner Munition nicht so umgehen, dass andere Personen nicht zu Schaden kommen können.21 Gefordert ist eine zukunftsbezogene Beurteilung unter Einbeziehung und Bewertung aller Tatsachen, die in diesem Zusammenhang bedeutsam sind. Bei der zu erstellenden Prognose ist der allgemeine Zweck des Gesetzes zu berücksichtigen, beim Umgang mit Waffen und Munition die Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu wahren (§ 1 Abs. 1 WaffG), nämlich zum Schutz der Allgemeinheit diese vor den schweren Folgen eines nicht ordnungsgemäßen Umgangs mit Waffen zu bewahren.22 Mithin sind die Risiken, die mit jedem Waffen- bzw. Munitionsbesitz verbunden sind, nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten uneingeschränktes Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen.23

Mit dahingehenden tatsächlichen Würdigungen bewegen sich Behörden und Gerichte in der Regel in Lebens- und Erkenntnisbereichen, die allgemein zugänglich sind. Prognosen der vom Gesetz verlangten Art können daher grundsätzlich ohne Hinzuziehung von (ggf. weiteren) Sachverständigen getroffen werden.24 Um die unwiderlegbar vermutete Unzuverlässigkeit nach § 17 Abs. 3 Nr. 1 BJagdG beziehungsweise nach § 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a WaffG annehmen zu können, sind allerdings konkrete Tatsachen erforderlich, die den nachvollziehbaren und plausiblen Schluss rechtfertigen, dass der Kläger in Zukunft mit Waffen oder Munition in einer vom Waffengesetz nicht geduldeten Form umgehen wird; bloße Vermutungen genügen insoweit nicht.25 Die geforderte individuelle - gerade den potentiellen Jagdscheininhaber und Waffenbesitzer treffende - und zukunftsorientierte Aussage muss sich mit anderen Worten auf Tatsachen stützen, die die Folgerung zulassen, dieser verdiene das nach dem Jagd- und Waffenrecht stets zu fordernde Vertrauen nicht, er werde mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen.26 Es kommt allerdings nicht darauf an, ob die konkrete Gefahr besteht, dass sich ein früheres Verhalten wiederholt. In Anbetracht des vorbeugenden Charakters der gesetzlichen Regelungen und der erheblichen Gefahren, die von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter ausgehen, ist auch nicht etwa der Nachweis gefordert, der Betreffende werde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in Zukunft nicht sorgsam mit Waffen und Munition umgehen; Maßstab ist eine hinreichende, auf der Lebenserfahrung beruhende Wahrscheinlichkeit, wobei ein Restrisiko nicht hingenommen werden muss.27 Angesichts des möglichen Schadens im Falle einer Nichtbewährung und des präventiven ordnungsrechtlichen Charakters der Forderung nach einer besonderen Zuverlässigkeit für den Erwerb und Besitz erlaubnispflichtiger Waffen und Munition genügt es, dass bei verständiger Würdigung aller Umstände eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine nicht ordnungsgemäße Ausübung des erlaubnispflichtigen Umgangs mit Waffen und Munition verbleibt.28 Zerstört wird das erforderliche Vertrauen namentlich durch festgestellte körperliche oder geistige Mängel sowie durch jedes Verhalten, aus dem sich auf Grund anzuerkennender Erfahrungssätze mit hinreichender Wahrscheinlichkeit der Schluss auf eine fortwirkende psychische Disponiertheit des Waffen- bzw. Munitionsbesitzers zu schadenstiftendem Verhalten, wie etwa eine Neigung zur Leichtfertigkeit oder zur Gewaltanwendung oder andere Charaktermängel, herleiten lässt.29

In Anwendung dieser Maßstäbe ist das Gericht nach sorgsamer Würdigung der im Verfahren insgesamt gewonnenen Erkenntnisse davon überzeugt, dass im Fall des Klägers nach wie vor die begründete Besorgnis einer missbräuchlichen oder leichtfertigen Verwendung von Waffen oder Munition besteht; er gewährleistet nach seinem Verhalten jedenfalls nicht mit der in Anbetracht des vorbeugenden Charakters der gesetzlichen Regelungen und der von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter ausgehenden erheblichen Gefahren gebotenen Wahrscheinlichkeit das erforderliche hinreichende Vertrauen darin, dass er mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen wird.

Dabei sind als konkrete Tatsachen, die den nachvollziehbaren und plausiblen Schluss rechtfertigen, dass dieser das erforderliche Vertrauen in einen jederzeitigen ordnungsgemäßen Umgang mit Waffen und Munition nicht verdient, jedenfalls diejenigen Straftaten zu berücksichtigen, die im Bundeszentralregister eingetragen und noch nicht getilgt sind (§ 51 Abs. 1 BZRG).30 Bei der hier erfolgten Verurteilung zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe erfolgt eine Tilgung indes nicht, § 45 Abs. 3 Nr. 1 BZRG. Im Übrigen gilt für die Erteilung von Jagdscheinen ohnehin kein absolutes Verwertungsverbot für getilgte oder zu tilgende Registereintragungen über Verurteilungen (§ 52 Abs. 1 Nr. 4 BZRG).31 Den in dem rechtskräftigen strafgerichtlichen Urteil des Schwurgerichts des Landgerichts ... vom ... .1987 - ... - festgestellten Sachverhalt muss der Kläger daher gegen sich gelten lassen. Denn hinsichtlich der Bindung an die Tatbestandswirkung der strafgerichtlichen Verurteilung sind nur enge und spezifische Ausnahmen gegeben. Diese betreffen Fälle, in denen die Verurteilung ersichtlich auf einem Rechtsirrtum beruht oder bei denen gewichtige Anhaltspunkte für eine in wesentlicher Hinsicht fehlerhafte Sachverhaltsfeststellung durch die Strafgerichte im Sinne des § 359 Nr. 5 StPO vorliegen.32 Konkrete Umstände solcher Art wurden vom Kläger, auch wenn er seine Tat nach wie vor abstreitet, nicht mit schlüssigen Argumenten oder Anhaltspunkten vorgetragen; solche sind auch nicht ersichtlich. Allerdings fällt die strafgerichtliche Verurteilung immer weniger ins Gewicht, je länger sie zurückliegt.33

Die mithin für die erforderliche jagd- und waffenrechtliche Zuverlässigkeitsprüfung im Ansatz weiterhin heranzuziehenden Ausführungen im Urteil des Schwurgerichts des Landgerichts ... vom ... .1987 - ... -, aber auch der Inhalt der beigezogenen Akten und der in ihnen enthaltenen kriminalprognostischen und psychiatrischen Sachverständigengutachten über den Kläger sowie teilweise auch sein Vortrag im vorliegenden Klageverfahren vermitteln danach das Bild eines Menschen, der nur eine begrenzte Fähigkeit zu tiefer menschlicher Bindung und einen Mangel an Empathie besitzt und sich mit seinen Charaktereigenschaften sowie den Gründen und Umständen seiner Tat nicht oder zumindest nicht hinreichend auseinandergesetzt hat. Der inzwischen mehr als 30 Jahre zurückliegende Zeitpunkt und die Singularität seiner Straftat, seine weitere Biographie und seine berufliche und gesellschaftliche Integration sowie die seit seiner Haftentlassung gegebene rechtliche Unbescholtenheit und auch sein glaubhaft erscheinendes Motiv für seinen Jagdscheinantrag in Gestalt der beabsichtigten Fortführung des elterlichen Wildgeheges sind zwar hier durchaus von erheblichem Gewicht. Diese Umstände stehen aber der Annahme der jagd- bzw. waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit des Klägers mit Blick auf die bei seiner seinerzeitigen Tat zutage getretene enorme kriminelle Energie und Rücksichtslosigkeit bei der gebotenen Gesamtwürdigung im Ergebnis nicht entgegen. Das folgt nicht zuletzt aus dem Umstand, dass der Kläger die ihm, wie das Schwurgericht seinerzeit ausführlich dargelegt hat, "in erdrückender Vielfalt" nachgewiesene Täterschaft an der Vergewaltigung und Ermordung seiner damaligen Freundin nach wie vor leugnet und keinerlei Angaben zum Verbleib bzw. zur Beseitigung ihrer Leiche macht, was schon mit Blick auf die Situation ihrer Angehörigen und den Umstand, dass die Eltern der missbrauchten und ermordeten jungen Frau durch die klägerische Tat ihr einziges Kind verloren haben, den sachverständig diagnostizierten Mangel an Empathie bis heute ebenso bestätigt wie die fehlende bzw. nicht ausreichende eigene innere Aufarbeitung der Tat. Damit ist davon auszugehen, dass bei verständiger Würdigung aller in diesem Zusammenhang für und wider den Kläger sprechender Umstände der zukünftige Eintritt eines jagd- und waffenrechtlich fehlsamen Verhaltens nach wie vor nicht mit dem erforderlichen Grad an Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann, was für die Annahme der absoluten waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit des Klägers ausreicht.34

Insofern wird auch auf die Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Widerspruchsbescheids Bezug genommen, denen die Kammer diesbezüglich folgt (§ 117 Abs. 5 VwGO):

"Der Stadtrechtsausschuss kommt nach Würdigung aller vorliegenden Tatsachen - wie schon zuvor die Widerspruchsgegnerin - zu dem Ergebnis, dass der Widerspruchsführer absolut unzuverlässig im Sinn von § 17 Abs. 3 Nr. 1 JagdG und § 5

Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a WaffG ist.

Dabei werden die durch die Umstände der Tat zum Vorschein getretenen Charaktermängel des Widerspruchsführers durch die vorgelegten Gutachten bestätigt.

Auf Grund der Umstände der Tat sowie der vorliegenden Gutachten steht insbesondere fest, dass der Widerspruchsführer zur Befriedigung seiner eigenen Bedürfnisse und Antriebe bereit ist, sich über die geltende Rechtsordnung hinwegzusetzen, sofern er dies nach einer Kosten-Nutzen-Analyse als für ihn vorteilhaft erachtet.

An dieser Stelle sei klargestellt, dass es in diesem Verfahren und dieser Prognose nicht darum geht, ob zu befürchten ist, dass der Widerspruchsführer unter Missbrauch einer Waffe ein weiteres Tötungsdelikt begehen könnte. Gegenstand dieser Entscheidung ist die Frage, ob Anhaltspunkte vorliegen, die die Besorgnis rechtfertigen, der Widerspruchsführer könnte nicht jederzeit ordnungsgemäß mit Waffen und Munition umgehen.

Der Widerspruchsführer hat hauptsächlich aus Rache und Hass seine feste Freundin, die sich von ihm trennen wollte, vergewaltigt, erwürgt und ihre Leiche entsorgt. Dabei war er sich seiner Antriebe voll bewusst und in der Lage, diese zu kontrollieren (Urteil S. 136). Er hat die Tat wie die Entsorgung der Leiche geplant und keineswegs in einem unkontrollierten, spontanen Affekt ausgeführt.

In der Urteilsbegründung wird ausgeführt, dass er auch um den Preis des Todes ... nicht bereit war, seinen Besitzanspruch aufzugeben und ihre Entscheidung zu respektieren, künftig ihr Leben nicht mehr mit ihm gestalten zu wollen. (Urteil S. 149) Das Schwurgericht entnahm dem Tatgeschehen eine Paarung von hemmungsloser Eigensucht getragenem Hass und Erbarmungslosigkeit, Rohheit und Brutalität.

Die Tat und die Umstände ihrer Begehung sind hierbei Ausdruck der in den vorgelegten Gutachten beschriebenen Charaktereigenschaften des Widerspruchsführers.

Aus den vorgelegten Gutachten geht hervor,

dass der Widerspruchsführer über ein "geradezu überdurchschnittliches Maß an vorausschauendem Planen und Abwägen von Handlungsalternativen" verfügt, (Gutachten von Prof. Dr. ... vom ... .2000, S. 25),

dass seine Rückfallgefährdung hinsichtlich eines weiteren Tötungsdeliktes auf Grund dieser Charaktereigenschaften als gering eingeschätzt wurde, da er "aus der Erfahrung heraus, dass er trotz des Nichtvorhandenseins der Leiche ... aufgrund von Indizien des Mordes an ihr überführt wurde," für sich "den Schluß ... gezogen haben" wird, "daß ein solches Vorgehen sich für ihn nicht lohnt." (Gutachten von Prof. Dr. ... vom ... .2000, S. 25),

dass der Widerspruchsführer eine narzisstische Persönlichkeit besitzt,

dass er hohe Ansprüche an die eigene Person hat,

dass er bestrebt ist, im Mittelpunkt zu stehen,

dass er eine leichte Kränkbarkeit besitzt,

dass Hinweise für Starrheit und Perfektionismus vorliegen,

dass er zu Affektverdrängung neigt und das Leben rational in den Griff bekommen

möchte (Gutachten von Prof. Dr. ... ... vom ... .2003, S. 69),

dass Hinweise vorliegen, dass er eine begrenzte Fähigkeit zu tiefer mitmenschlicher Bindung und einen Mangel an Empathie besitzt (Gutachten von Prof. Dr. ... ... vom ... .2003, S. 70),

dass er Verhüllungstendenzen und neurotische Abwehrmechanismen aufweist, die "nicht nur eine selbstkritische Auseinandersetzung mit der Tat und den Tatumständen erschweren, sondern auch mit sich selber und den durchaus konfliktträchtigen Auffälligkeiten und Akzentuierungen seiner Persönlichkeit und die ihm auch eine Auseinandersetzung mit seiner Biographie erschweren." (Gutachten von Prof. Dr. ... ... vom 20.03.2003),

dass Neigungen zur Kontaktvermeidung, zu Misstrauen, zur Rationalisierung und Intellektualisierung und zur Affektverdrängung bestehen (Gutachten Prof. Dr. ... ... vom ... .2004) und das Absolvieren der Studien in Haft Ausdruck dieser Abwehrmechanismen entspricht und

dass er sich mit seinen Charaktereigenschaften sowie mit den Umständen der Tat nicht auseinandergesetzt hat.

Nach alldem besitzt der Widerspruchsführer Charaktereigenschaften, die es ihm ermöglicht haben, den Mord an einem geliebten Menschen zu planen und diesen kaltblütig und brutal zu begehen, um seine auf Grund seiner Persönlichkeitsstruktur vorhandenen Bedürfnisse und Antriebe zu befriedigen, wobei die Urteilsbegründung und die Ausführungen in den Gutachten dafür sprechen, dass dies nicht das Ergebnis einer Kurzschlusshandlung, sondern einer Kosten-Nutzen-Analyse war. Auch die Prognose hinsichtlich seiner Rückfallgefährdung und seiner Gefährlichkeit, die sich allein auf eine der Tat vergleichbare Straftat bezieht, stützt sich maßgeblich darauf, dass er auf Grund seiner Intelligenz gelernt hat, dass ihm auch ein guter Plan und eine fehlende Leiche nicht vor Entdeckung und Strafe schützt und dass ihn eine weitere Kosten-Nutzen-Analyse von der Begehung einer vergleichbaren Tat abhalten werde.

Die bekannten Charaktereigenschaften zwingen die Befürchtung auf, dass der Widerspruchsführer ein gestörtes Verhältnis zur Rechtsordnung hat und auch im Umgang mit Waffen bereit sein wird, sich über geltendes Recht hinwegzusetzen und seinen eigenen Interessen und Bedürfnissen auf Grundlage einer Kosten-Nutzen-Analyse Vorrang einzuräumen."

Soweit der Kläger diesen überzeugenden Ausführungen der Widerspruchsbehörde im vorliegenden Klageverfahren in tatsächlicher Hinsicht im Kern damit entgegengetreten ist, er habe seit seiner im ... 2005 erfolgten Strafaussetzung bewiesen, dass von ihm keine Gefährdung ausgehe, so dass es an einer Konkretisierung der behaupteten abstrakten Gefährdung fehle, ist daran zwar zutreffend, dass dem Umstand seines seit nunmehr nahezu 14 Jahren straffreien Verhaltens hier, wie ausgeführt, durchaus erhebliches Gewicht zukommt. Gleichwohl stehen diese Umstände, wie ebenfalls ausführlich dargelegt, der Annahme seiner jagd- bzw. waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit mit Blick auf seine bei der seinerzeitigen Tat zutage getretene enorme kriminelle Energie und Rücksichtslosigkeit, seine in den verschiedenen Sachverständigengutachten aufgezeigten Charaktereigenschaften und auch die weitere Leugnung und ausreichende innere Aufarbeitung der Tat bei der gebotenen Gesamtwürdigung zur Überzeugung der Kammer im Ergebnis nicht entgegen. Daran vermag auch die vom Kläger angeführte günstige Prognose der Sachverständigen und daran anknüpfend der Strafvollstreckungskammer hinsichtlich seiner künftigen Straffreiheit, die sich bisher auch zweifellos als belastbar erwiesen hat, nichts entscheidend zu ändern. Denn diese gutachterliche Prognose bezieht sich schon im Ansatz auf eine künftige Nichtbegehung von Straftaten als Voraussetzung einer Aussetzung seiner lebenslangen Freiheitsstrafe, nicht jedoch auf seine waffen- und jagdrechtliche Zuverlässigkeit als Voraussetzung einer Jagdscheinerteilung. Dass diese polizeirechtliche Zuverlässigkeit anderen Maßstäben unterliegt und insbesondere ein uneingeschränktes Vertrauen in einen jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäßen Umgang mit Waffen und Munition erfordert, bedarf keiner erneuten Darlegung. Unabhängig davon bestehen aber entgegen den Angriffen des Klägers gegen die Entscheidungen der Beklagten keine Bedenken, die angeführten Einschätzungen der Sachverständigen hinsichtlich der Persönlichkeit des Klägers bei der Beurteilung seiner waffen- und jagdrechtlichen Zuverlässigkeit zu berücksichtigen. Dass diese ein differenziertes Bild prägender Wesenszüge des Klägers und auch der Motive seines nunmehr straffreien Verhaltens vermitteln, wurde ebenfalls dargelegt. Ein hinreichendes Vertrauen darin, dass der durch seine schwere Straftat insofern erheblich belastete Kläger (nicht nur künftig straffrei bleiben, sondern darüber hinaus auch) jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß mit Waffen und Munition umgehen wird, vermag demgegenüber nach intensiver Abwägung aller Gesichtspunkte auch die Kammer nicht zu gewinnen. Das gilt auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass der Kläger nach seiner Strafaussetzung zur Bewährung bis ... 2009 Therapiegespräche wahrgenommen hat, was indes insofern wenig ergiebig erscheint, als er damit einer entsprechenden Bewährungsauflage der Strafvollstreckungskammer nachgekommen ist und er diese Therapiegespräche nach dem Erlass des Strafrestes offenbar nicht weitergeführt hat. Der Vortrag des Klägers in seiner Klagebegründung, er habe zu keiner Zeit Bereitschaft gezeigt, sich "auch im Umgang mit Waffen" über geltendes Recht hinwegzusetzen, erodiert sodann ein Vertrauen in die jagd- und waffenrechtliche Zuverlässigkeit des Klägers noch eher, als dass er dieses stärkt. Der darin liegende Hinweis, dass er seine damalige Freundin nicht unter Anwendung einer Waffe getötet hat - sondern nach den strafgerichtlichen Feststellungen mit bloßen Händen erwürgt hat -, ist nämlich nicht ernstlich geeignet, einen höheren Grad des Vertrauens in seine waffenrechtliche Zuverlässigkeit zu vermitteln.

Allerdings ist zu berücksichtigen, dass nach der amtlichen Begründung zum 3. Rechtsbereinigungsgesetz35 die Anknüpfung der Rechtsprechung zur Vermutungsregelung des § 17 BJagdG a.F. an eine rechtskräftige gerichtliche Verurteilung wegen einer Straftat, die keinen Bezug zum Umgang mit einer Schusswaffe hatte, als mit dem Gesetzeszweck nicht vereinbar und zu pauschal angesehen wurde.36 Vorliegend zeigt jedoch gerade eine konkrete und fallbezogene Betrachtung, dass der Kläger nach den strafgerichtlichen Feststellungen sein Opfer "mit großem Kraftaufwand mehrere Minuten lang" würgte, und weist dies auf die "Unbarmherzigkeit, Rohheit und Brutalität dieser Tat gegen seine frühere Geliebte" hin, wie bereits das Schwurgericht des Landgerichts ... in seinem Urteil vom ... .1987 - ... - überzeugend ausführt.37 Nachgerade ein derartiger schwerer Verstoß gegen Grundsätze der Menschlichkeit erweist sich aber als waffen- und jagdrechtlich von besonderem Gewicht.38 Unabhängig davon, dass, wie der Kläger mehrfach betont, aus dem Leugnen der Tat - hinsichtlich der strafvollstreckungsrechtlichen Prognose künftiger Straffreiheit - nicht ohne weiteres auf den Fortbestand der Gefährlichkeit geschlossen werden können mag (die Leugnung der Tat allerdings im Rahmen der Sozialprognose die Tatbewertung als Indiz fortbestehender Gefährlichkeit erschweren kann),39 folgt aus dem Umstand, dass er die ihm nachgewiesene Täterschaft an der Vergewaltigung und Ermordung seiner damaligen Freundin nach wie vor leugnet und auch keinerlei Angaben zum Verbleib bzw. zur Beseitigung ihrer Leiche macht, wie dargelegt, dass der Kläger sich damit offensichtlich auch bis heute noch nicht in angemessener Weise auseinandersetzen kann, was ein Fortbestehen des sachverständig diagnostizierten Mangels an Empathie indiziert. Dass der Kläger einen nachvollziehbaren Grund für sein Begehren auf Jagdscheinerteilung dargelegt hat, vermag dieses für das erforderliche hinreichende Vertrauen in seine allzeitige waffen- und jagdrechtliche Zuverlässigkeit schwerwiegende Defizit nicht auszugleichen.

Ferner macht der Kläger in rechtlicher Hinsicht geltend, die in § 5 Abs. 1 Nr. 1 (i.V.m. Abs. 3) WaffG verankerte zehnjährige Ausschlussfrist differenziere nicht hinsichtlich der Schwere eines Verbrechens, so dass diese auch auf seine Verurteilung anzuwenden sei. Dies ist zwar insofern zutreffend, als daher in der Tat ein Rückgriff auf (§ 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG i.V.m.) § 5 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a WaffG als Rechtsgrundlage für die Versagung eines Jagdscheins, wie oben dargelegt, ausgeschlossen ist (und erst recht ein solcher auf die Regelversagungsvorschrift des § 17 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. a BJagdG, für die lediglich eine fünfjährige Ausschlussfrist Anwendung findet). Die genannte Zehnjahresfrist gilt jedoch nicht für den weiteren Versagungstatbestand des (§ 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG i.V.m.) § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a WaffG und ebenso nicht für die Parallelvorschrift des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 1 BJagdG, die vorliegend die Versagungsentscheidung gegenüber dem Kläger tragen. Auf diese Versagungstatbestände lässt sich die fünf- bzw. zehnjährige Ausschlussfrist auch nicht übertragen. Sie ermöglicht nämlich keinen Anspruch auf Erteilung eines Jagdscheins in den Fällen, in denen - wie vorliegend - die Erteilung eines Jagdscheins aus anderen rechtlichen Gründen ausgeschlossen ist.40 Das folgt nicht nur aus Wortlaut und Systematik der Normen, sondern auch aus deren Zweck. Dieser besteht, wie dargelegt, darin, die Risiken, die mit jedem Waffen- bzw. Munitionsbesitz verbunden sind, nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten uneingeschränktes Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen. Insbesondere stellen sich die an eine rechtskräftige Verurteilung anknüpfenden Versagungstatbestände einschließlich der hierzu normierten Ausschlussfristen nicht etwa als die Anwendung weiterer Versagungstatbestände und namentlich der Generalklausel des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 1 BJagdG und § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a WaffG als lex specialis verdrängende oder auch nur steuernde Sondervorschriften dar.41 Vielmehr sind die verschiedenen Versagungstatbestände nach deren Wortlaut, Systematik und Zweck ohne weiteres nebeneinander anwendbar. Andernfalls käme es nämlich zu einer vom Gesetzgeber erkennbar nicht gewollten waffen- und jagdrechtlichen Privilegierung insbesondere von rechtskräftig verurteilten Verbrechern, denen nach Ablauf der gesetzlichen Ausschlussfristen ihre ihrer Verurteilung zugrunde liegende Tat auch nicht mehr nach den allgemeinen bzw. weiteren Versagungstatbeständen entgegengehalten werden könnte. Mit dem dargelegten, das Jagd- und Waffenrecht beherrschenden Grundsatz der Risikominimierung ließe sich das erkennbar nicht vereinbaren.

Nach allem und unter sorgfältiger Abwägung all dieser Gesichtspunkte ist die Kammer zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger nach seinem Verhalten bei verständiger Würdigung kein hinreichendes Vertrauen darin gewährleistet, dass er mit dem in Anbetracht des vorbeugenden Charakters der gesetzlichen Regelungen und der von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter ausgehenden erheblichen Gefahren gebotenen Grad an Wahrscheinlichkeit mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen wird, so dass es ihm im Rahmen der gebundenen Entscheidung nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 1 BJagdG und §§ 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG, 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a WaffG an der für die begehrte Jagdscheinerteilung erforderlichen jagd- und waffenrechtlichen Zuverlässigkeit fehlt. Ob es dem Kläger für eine Jagdscheinerteilung vor dem Hintergrund seiner Straftat überdies an der persönlichen Eignung im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WaffG mangelt,42 kann unter diesen Umständen dahinstehen.

Daher ist die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO zurückzuweisen.

Die Berufung wird nicht gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zugelassen, da die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 VwGO nicht vorliegen.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 1 GKG und orientiert sich an Ziff. 20.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.

Fussnoten

1 LG Saarbrücken, Beschluss vom ....1999 - ... -; Saarl. OLG, Beschluss vom ... - ... -; LG Saarbrücken, Beschluss vom ....2004 - ... -.

2 "Aus diesen Feststellungen und Überlegungen ist zu schließen, dass der Proband die Zeitspanne der Lockerungen und Beurlaubungen für sich in beruflicher Hinsicht gut genutzt hat, dass er sich auch als zuverlässig und vertrauenswürdig bewährt hat, dass er sich auch - wenn gleich mit gewissen Einschränkungen - einem Sozialleben in Freiheit angepasst hat und dieses konfliktfrei bewältigt hat. Insofern gibt es keine Hinweise dafür, dass sich bei einer Entlassung ein Risiko ergibt, dass seine durch die Tat zutage getretene Gefährlichkeit erneut auftreten wird. Eine derartige Risikoeinschätzung gilt jedoch niemals unbegrenzt und für alle Situationen. Es muß deshalb auch nach seiner Entlassung dafür gesorgt werden, dass die Situationen möglichst konstant bleiben und dass der Proband auf Situationen vorbereitet ist, die möglicherweise auch im Entferntesten erneute Risiken bergen. Aus diesem Grund erscheint eine Fortsetzung der Therapie auch nach einer Entlassung sinnvoll und notwendig, weil der Proband bei den Lockerungen konfliktträchtigen Situationen aus dem Weg gegangen ist, Konflikte deshalb nicht erlebt und auch nicht durchgestanden hat.".

3 dort S. 88.

4 dort S. 89.

5 dort S. 91 f..

6 Bundesjagdgesetz vom 29.09.1976, BGBl I S. 2849, zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 14.11.2018, BGBl. I S. 1850.

7 Gesetz Nr. 1407 zur Jagd und zum Wildtiermanagement (Saarländisches Jagdgesetz - SJG) vom 27.05.1998, ABl. S. 638, zuletzt geändert durch das Gesetz vom 13.10.2015, ABl. I S. 712.

8 Verordnung zur Durchführung des Saarländischen Jagdgesetzes (DV-SJG) vom 27.01.2000, ABl. S. 268, zuletzt geändert durch die Verordnung vom 18.03.2016, ABl. I S. 216.

9 anders lag es in tatsächlicher Hinsicht offenbar in den vom OVG Mecklenburg-Vorpommern mit Urteil vom 19.10.1994 - 1 L 83/94 -, juris, sowie von der Kammer mit Urteil vom 14.01.2009 - 5 K 689/09 -, UA S. 7, entschiedenen Fällen.

10 zum Grundsatz der Formlosigkeit für Anträge im Verwaltungsverfahren vgl. auch Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 18. Aufl. 2017, § 22 Rz. 51 ff., m.w.N..

11 § 48 Abs. 5 Satz 3 SJG bezieht sich bereits nach seinem Wortlaut lediglich auf den Fall, dass die oberste Jagdbehörde, also das Ministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (§ 2 Abs. 2 SJG), von einer Stellungnahme der VJS abweichen oder deren Antrag nicht entsprechen will.

12 vom 11.10.2002, BGBl. I S. 3970, zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 30.06.2017, BGBl. I S. 2133.

13 vgl. Schuck, Bundesjagdgesetz, 1. Aufl. 2010, § 17 Rz. 25; Metzger, in: Lorz/Metzger/Stöckel, Jagdrecht, Fischereirecht, 4. Aufl. 2011, § 17 BJagdG Rz. 13; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 16.05.2007 - 6 C 24/06 -, juris, Rz. 67, wonach § 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG auf die Zuverlässigkeitsregelungen des Waffengesetzes verweist; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 15.11.2007 - 1 A 425/07 -, juris, Rz. 6, wonach es sich im Jagdscheinerteilungsverfahren nach den konkreten Umständen richtet, ob die Zuverlässigkeitsregelungen des § 17 Abs. 4 BJagdG oder diejenigen des § 5 Abs. 1 und Abs. 2 WaffG maßgeblich sind.

14 vgl. dazu allgemein auch Bayerischer VGH, Beschluss vom 25.10.2012 - 21 ZB 12.539 -, juris, Rz. 12.

15 zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt vgl. auch OVG des Saarlandes, Beschluss vom 15.11.2017 - 1 A 425/17 -, juris, Rz. 7.

16 Schreiben des Landespolizeipräsidiums ... vom ....2015, Bl. 5 der Beiakte.

17 vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 19.10.1994 - 1 L 83/94 -, juris, Rz. 22; vgl. allgemein auch BVerwG, Urteil vom 26.03.1996 - 1 C 12/95 -, juris, Rz. 27.

18 vgl. dazu OVG des Saarlandes, Beschluss vom 03.03.2006 - 1 Q 2/06 -, juris, Rz. 5.

19 vgl. VG München, Urteil vom 04.03.2015 - M 7 K 14.5564 -, juris, Rz. 19; N. Heinrich, in: Steindorf, Waffenrecht, 10. Aufl. 2015, § 5 WaffG Rz. 9, m.w.N..

20 vgl. VG München, Urteil vom 04.03.2015 - M 7 K 14.5564 -, juris, Rz. 19; N. Heinrich, in: Steindorf, a.a.O., § 5 WaffG Rz. 10 f., m.w.N..

21 vgl. BVerwG, Urteil vom 06.12.1978 - I C 94.76-, DÖV 1979, 567, sowie Beschluss vom 03.03.1994 - 1 B 8.94-, Buchholz 402.5 WaffG Nr. 69; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14.08.1997 - 20 A 1399/96 -, sowie Beschluss vom 02.06.2003 - 20 B 847/03 - (jeweils zu § 40 Abs. 1 WaffG a.F.); VG Münster, Urteil vom 26.09.2006 - 1 K 972/04 -, juris, Rz. 16.

22 vgl. BT-Drs. 14/7758, S. 51.

23 vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 02.05.2013 - 16 A 2255/12 -, juris, Rz. 7, sowie Beschluss vom 31.05.2010 - 20 B 782/10 -, m.w.N..

24 vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 14.09.1998 - 6 B 94.98-, und vom 09.01.1990 - 1 B 1.90-, Buchholz 402.5 WaffG Nr. 55; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14.08.1997, a.a.O., und Beschluss vom 02.06.2003, a.a.O.; VG Münster, Urteil vom 26.09.2006 - 1 K 972/04 -, juris, Rz. 18.

25 vgl. VG München, Urteil vom 04.03.2015 - M 7 K 14.5564 -, juris, Rz. 20.

26 vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 14.09.1998 - 6 B 94.98-, und vom 09.01.1990 - 1 B 1.90-, Buchholz 402.5 WaffG Nr. 55; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14.08.1997, a.a.O., und Beschluss vom 02.06.2003, a.a.O.; VG Münster, Urteil vom 26.09.2006 - 1 K 972/04 -, juris, Rz. 18.

27 vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 28.11.2013 - 21 CS 13.1758-, juris, Rz. 9, und Beschluss vom 04.12.2013 - 21 CS 13.1969-, juris, Rz. 14, m.w.N.; VG München, Beschluss vom 07.05.2018 - M 7 S 18.970-, juris, Rz. 26, und Urteil vom 15.02.2017 - M 7 K 16.4911 -, juris, Rz. 23; VG Augsburg, Urteil vom 20.11.2018 - Au 8 K 18.1059 -, juris, Rz. 23.

28 vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 02.05.2013 - 16 A 2255/12 -, juris, Rz. 7, sowie Beschluss vom 31.05.2010 - 20 B 782/10 -, m.w.N..

29 vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 14.09.1998 - 6 B 94.98-, und vom 09.01.1990 - 1 B 1.90-, Buchholz 402.5 WaffG Nr. 55; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14.08.1997, a.a.O., und Beschluss vom 02.06.2003, a.a.O.; VG Münster, Urteil vom 26.09.2006 - 1 K 972/04 -, juris, Rz. 18.

30 vgl. auch Bayerischer VGH, Beschluss vom 04.04.2012 - 21 ZB 12.33 -, juris, Rz. 12 f.; VG Augsburg, Urteil vom 20.11.2018 - Au 8 K 18.1059 -, juris, Rz. 24 f., m.w.N..

31 vgl. auch Bayerischer VGH, Beschluss vom 04.04.2012 - 21 ZB 12.33 -, juris, Rz. 14; zu einem hier nicht einschlägigen Fall eines Widerrufs einer Waffenbesitzkarte vgl. dagegen BVerwG, Urteil vom 26.03.1996 - 1 C 12/95 -, juris, Rz. 14 ff..

32 vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 16.09.2010 - 11 ZB 09.2002-, juris, Rz. 12, und Beschluss vom 09.06.2017 - 8 ZB 16.1841-, juris, Rz. 9, m.w.N.; VG Augsburg, Urteil vom 20.11.2018 - Au 8 K 18.1059 -, juris, Rz. 27, m.w.N..

33 vgl. VG Augsburg, Urteil vom 20.11.2018 - Au 8 K 18.1059 -, juris, Rz. 28, m.w.N..

34 vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 04.04.2012 - 21 ZB 12.33 -, juris, Rz. 20, m.w.N.; vgl. auch N. Heinrich, in: in Steindorf, a.a.O., § 5 WaffG Rz. 9, m.w.N..

35 BT-Drs. 510/80, S. 50.

36 vgl. insoweit OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 19.10.1994 - 1 L 83/94 -, juris, Rz. 24, m.w.N..

37 Urteilsabdruck S. 18 und S. 135.

38 vgl. auch OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 19.10.1994 - 1 L 83/94 -, juris, Rz. 25, m.w.N..

39 so BVerfG, Kammerbeschluss vom 22.03.1998 - 2 BvR 77/97 -, juris, Rz. 51.

40 vgl. Urteil der Kammer vom 14.01.2009 - 5 K 689/08 -, UA S. 8 f..

41 zum hier nicht einschlägigen Verhältnis von § 5 Abs. 1 Nr. 1 WaffG und § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BJagdG vgl. auch OVG des Saarlandes, Beschluss vom 15.11.2007 - 1 A 425/07 -, juris, Rz. 6.

42 vgl. dazu nur OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18.12.2012 - OVG 11 S 58.12 -, juris, Rz. 19.