Saarländisches OLG, Urteil vom 23.03.2017 - 4 U 2/16
Fundstelle
openJur 2021, 8473
  • Rkr:

Die Fahrt zu einem Gestüt zwecks Teilnahme an einer Reitstunde stellt keinen landwirtschaftlichen Verkehr im Sinne des Zeichens 260 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO dar.

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 10.12.2015 (Az. 15 O 131/15) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin auf der Grundlage einer Haftungsquote von 50 % allen materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der aus dem Unfallereignis vom 11.1.2015 auf dem Feldwirtschaftsweg zum Gestüt ...pp. entstanden ist, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.

2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin außergerichtlich entstandene Rechtsanwaltskosten in Höhe von 492,54 Euro zu zahlen.

3. Die Klage im Übrigen wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden gegeneinander aufgehoben. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin zu zwei Dritteln, den Beklagten zu einem Drittel auferlegt.

III. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin verlangt im Wege der Feststellungsklage von den Beklagten als Gesamtschuldner Ersatz jeglichen materiellen und immateriellen Schadens aus einem Verkehrsunfall, der sich am 11.1.2015 gegen 12.50 Uhr auf einem Feldwirtschaftsweg zwischen H.-K. und Z.-M. ereignet hat.

Der öffentliche, asphaltierte und an der Unfallstelle ca. 2,90 m breite Weg ist grundsätzlich für das Befahren mit Kraftfahrzeugen gesperrt (Zeichen 260, Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO), jedoch für land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge mittels Zusatzschildes freigegeben, und zugleich als Wanderweg ausgewiesen (siehe Lichtbild Bl. 8 d.A. sowie Bl. 8 f. der Beiakte).

Die Beklagte zu 1) befuhr mit ihrem Transporter Renault Traffic, amtliches Kennzeichen XX-XX-XXX, an den ein beladener Pferdeanhänger (amtliches Kennzeichen XX-XX-XXX) angehängt war, aus Fahrtrichtung L 214 kommend den Weg in Richtung Gestüt ...pp., um ihre als Beifahrerin im Fahrzeug befindliche Tochter dort zur Reitstunde zu bringen. Die Klägerin war auf dem Wirtschaftsweg gemeinsam mit dem Zeugen S. als Fußgängerin unterwegs. Die Beklagte zu 1) näherte sich von hinten kommend der Klägerin. Beim Vorbeifahren kollidierte die Klägerin mit der Radabdeckung des Pferdeanhängers und kam zu Fall (vgl. Lichtbilder Bl. 8 f. EA); die Einzelheiten des Unfallhergangs sind zwischen den Parteien streitig. Der Renault Traffic war bis zum 31.12.2014 bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversichert.

Die Klägerin hat behauptet, sie sei vor dem Unfall äußerst rechts hinter ihrem Ehemann gegangen, als das Fahrzeug der Beklagten zu 1) sie überholen wollte und hierbei den erforderlichen Sicherheitsabstand nicht eingehalten habe. Der Zuganhänger habe bereits fast den vor ihr gehenden Zeugen erfasst, als der Zeuge zur Seite gesprungen sei, um sie zu warnen.

Sie, die Klägerin, sei seit dem Unfalltag arbeitsunfähig erkrankt und habe sich erheblich verletzt: Sie habe unfallbedingt eine Tibiaplateaufraktur links erlitten, der Nerv zwischen dem linken Kniegelenk und dem linken Fuß sei eingeklemmt worden, sie habe eine Knochenhautentzündung am linken Kniegelenk und ein Knochenmarködem sowie multiple Prellungen an der gesamten linken Körperseite erlitten. Wegen der erlittenen Verletzungen sei ein Schmerzensgeld in der Größenordnung von mindestens 7.000 Euro angemessen. Zudem sei ihr ein Haushaltsführungsschaden entstanden und es seien in erheblichem Umfang Krankenbehandlungskosten angefallen. Aufgrund der verletzungsbedingten Gehunsicherheiten sei sie am 4.6.2015 im Garten gestürzt und habe sich hierbei eine erneute Tibiaplateaufraktur zugezogen.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagten hafteten in vollem Umfang für jegliche Unfallfolgen. Das erforderliche Feststellungsinteresse sei gegeben, weil die Heilbehandlung noch nicht abgeschlossen sei. Die Beklagte zu 1) hätte notfalls anhalten müssen und habe den Unfall allein verschuldet. Sie, die Klägerin, habe nicht damit rechnen müssen, dass sich hinter dem Transporter ein deutlich breiterer Anhänger befand.

Die Klägerin hat beantragt,

1. festzustellen, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, den der Klägerin entstandenen materiellen und immateriellen Schaden aufgrund des Verkehrsunfalls vom 11.1.2015 zu ersetzen.

2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin die außergerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 571,44 Euro zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben die Zulässigkeit des Feststellungsantrags in Abrede gestellt und zum Unfallhergang behauptet, die Klägerin und der Zeuge S. seien vor dem Unfall zunächst nebeneinander hergegangen. Bei Annäherung des Fahrzeugs sei die Klägerin, ohne nach hinten zu schauen, hinter ihrem Mann weitergegangen, um eine Vorbeifahrt zu ermöglichen. Die Beklagte zu 1) sei sodann wenig schneller als mit Schrittgeschwindigkeit äußerst links an den äußerst rechts gehenden Fußgängern mit ausreichendem Sicherheitsabstand vorbeigefahren. Nachdem der Transporter die Klägerin passiert hatte, habe diese, wiederum ohne nach hinten zu schauen, einen Schritt nach links gemacht, und sei dabei in das Radhaus des vorbeifahrenden Pferdeanhängers hineingelaufen. Trotz sofortigen Abbremsens habe die Beklagte zu 1) die Kollision nicht mehr verhindern können.

Die Beklagten haben die Auffassung vertreten, die Klägerin habe aufgrund des unvorsichtigen Ausscherens nach links den Unfall allein verschuldet, der für die Beklagte zu 1) nicht zu vermeiden gewesen sei. Wegen des groben Eigenverschuldens der Klägerin hafte diese allein für die Unfallfolgen.

Das Landgericht die Klägerin und die Beklagte zu 1) informatorisch zum Hergang des Verkehrsunfalls angehört (Bl. 43 f. d.A.) und Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen R. S. und M. H. (Bl. 44 ff. d.A.). Mit dem am 10.12.2015 verkündeten Urteil (Bl. 58 ff. d. A.) hat es festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet seien, der Klägerin den ihr aus dem Verkehrsunfall vom 11.1.2015 entstandenen materiellen und immateriellen Schaden zu einem Viertel zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind, sowie die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 201,71 Euro zu zahlen; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Der Senat nimmt gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem erstinstanzlichen Urteil Bezug.

Mit der gegen dieses Urteil eingelegten Berufung verfolgt die Klägerin ihre Klageansprüche im erstinstanzlich abgewiesenen Umfang weiter. Sie macht geltend, das Landgericht sei nach Durchführung der Beweisaufnahme von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen, nämlich davon, dass die Klägerin während der Vorbeifahrt der Beklagten zu 1) einen Schritt nach links gemacht habe. Das Landgericht sei hierbei der Aussage der Beklagten zu 1) gefolgt, während es der Aussage der Klägerin keinen Glauben geschenkt habe. Diese mit dem Aussageverhalten der Klägerin begründete Tatsachenfeststellung sei nicht nachvollziehbar. Auf die mehrfache Nachfrage des Gerichts habe die Klägerin bekräftigt, dass sie keinen Schritt nach links gemacht habe und darauf hingewiesen, dass sie auch überhaupt keine Veranlassung dafür gehabt hätte.

Selbst wenn man indes davon ausginge, dass die Klägerin einen Schritt nach links gemacht habe, könne der rechtlichen Bewertung des Landgerichts nicht gefolgt werden, dass die Beklagte zu 1) nur zu einem Viertel für die Unfallfolgen hafte, nämlich in Höhe der Betriebsgefahr des Transporters, nachdem ein Verschulden der Beklagten zu 1) nicht feststellbar sei, während auf Seiten der Klägerin ein grobes Mitverschulden anzunehmen sei, weil sie sich nicht umgesehen habe, als sie das herannahende Fahrzeug bemerkt habe und zudem mit dem Schritt nach links die Kollision erst verursacht habe. Hierbei habe das Landgericht verkannt, dass die Beklagte zu 1) besonders hohe Sorgfaltspflichten getroffen hätte, weil es sich um einen grundsätzlich für den Fahrzeugverkehr gesperrten, schmalen Wirtschaftsweg handele, der zudem als Wanderweg ausdrücklich beschildert sei. Wie die Beklagte zu 1) bei ihrer Anhörung selbst geschildert habe, sei sie sich bei der Annäherung bewusst gewesen, dass die Fußgänger nicht nach hinten schauten und das Fahrzeug möglicherweise nicht bemerkt hatten. Damit habe ihr auch bewusst sein müssen, dass die Klägerin nicht wissen konnte, dass sich nicht nur ein Kraftfahrzeug nähere, sondern diesem noch ein angehängter Pferdeanhänger folge. Aufgrund dessen habe die Beklagte zu 1) nicht einfach an den Fußgängern vorbeifahren dürfen, sondern hätte vielmehr - gegebenenfalls durch Hupen - auf sich aufmerksam machen und notfalls anhalten müssen. Die Beklagte zu 1) habe sich grob verkehrswidrig verhalten. Selbst wenn man ein Mitverschulden der Klägerin annähme, würde dies hinter dem erheblichen Verschulden der Beklagten zu 1) zurücktreten. Die vom Landgericht berücksichtigte einfache Betriebsgefahr des Transporters sei durch den Pferdeanhänger zudem deutlich erhöht gewesen. Insgesamt sei daher eine alleinige Haftung der Beklagten gerechtfertigt.

Die Klägerin beantragt,

das am 10.12.2015 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken (Az. 15 O 131/15) teilweise abzuändern und

1. festzustellen, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, den der Klägerin entstandenen materiellen und immateriellen Schaden aufgrund des Verkehrsunfalls vom 11.1.2015 zu ersetzen;

2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin die außergerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 571,44 Euro zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen die angefochtene Entscheidung. Die Tatsachenfeststellung sei nicht zu beanstanden, nachdem die Klägerin auf den Vorhalt der Aussage der Beklagten zu 1), die Klägerin sei nach links getreten, dies gerade nicht klar verneint habe, sondern ausweichend mit Schlussfolgerungen geantwortet habe. Das Landgericht habe deshalb schlüssig und nachvollziehbar begründet, dass die Klägerin entweder keine sichere Erinnerung an das Geschehen habe (wofür auch ihre Angaben gegenüber der Polizei am Unfallort sprächen) oder aber den Schritt nach links nicht eingestehen wollte. Es sei daher mit Recht unter weiterer Berücksichtigung der Zeugenaussagen der Sachverhaltsdarstellung der Beklagten zu 1) gefolgt, die glaubwürdig und gegenüber ihren Angaben am Unfallort widerspruchsfrei gewesen sei.

Auch die erstinstanzliche Haftungsverteilung sei nicht zu beanstanden. Ein Verschulden der Beklagten zu 1) sei nicht ersichtlich; diese habe den Weg zulässigerweise befahren und - wie sich aus dem polizeilichen Unfallbericht ergebe - einen Sicherheitsabstand von etwa 70 cm eingehalten. Nachdem die Klägern durch ihr Verhalten, nämlich den Positionswechsel hinter ihren Mann, zu erkennen gegeben habe, dass sie das herannahende Fahrzeug bemerkt habe, habe die Beklagte zu 1) nicht damit rechnen müssen, dass die Klägerin wieder nach links laufe, obwohl das Fahrzeug noch nicht vollständig an ihr vorbei gefahren sei.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Sitzungsniederschrift des Landgerichts vom 19.11.2015 (Bl. 42 ff. d. A.) und des Senats vom 2.3.2017 (Bl. 107 ff. d. A.) Bezug genommen.

II.

Die nach den §§ 511, 513, 517, 519 und 520 ZPO zulässige Berufung der Klägerin ist insoweit anteilig begründet, als den Beklagten im Rahmen der Haftungsabwägung der beiderseitigen Mitverursachungs- und Verschuldensanteile neben der erhöhten Betriebsgefahr des Transporters nebst Anhänger auch ein Verstoß der Beklagten zu 1) gegen § 41 StVO durch das Befahren des nur für landwirtschaftlichen Verkehr freigegebenen Weg zur Last fällt, so dass im Ergebnis eine Schadensteilung gerechtfertigt ist. Im Übrigen bleibt das Rechtsmittel erfolglos, denn das angefochtene Urteil beruht insoweit weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere, der Klägerin vorteilhaftere Entscheidung (§ 513 ZPO).

1. Rechtsfehlerfrei und im Berufungsverfahren unangegriffen hat das Landgericht die Zulässigkeit der Feststellungsklage bejaht. Ist - wie vorliegend - bei Klageerhebung ein Teil des Schadens schon entstanden, die Entstehung weiteren Schadens aber noch zu erwarten, so ist der Kläger grundsätzlich nicht gehalten, seine Klage in eine Leistungs- und eine Feststellungsklage aufzuspalten. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt der Erlass eines Feststellungsurteils lediglich voraus, dass aus dem festzustellenden Rechtsverhältnis mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit Ansprüche entstanden sind oder entstehen können. Bei schweren Verletzungen - die Klägerin erlitt unstreitig eine Tibiaplateaufraktur links und behauptet weitere Verletzungen - kann ein Anspruch auf Feststellung der Ersatzpflicht für künftigen, auch immateriellen, Schaden nur dann verneint werden, wenn aus der Sicht des Geschädigten bei verständiger Beurteilung kein Grund bestehen kann, mit Spätfolgen wenigstens zu rechnen (BGH VersR 1991, 788; BGHZ 116, 60, 75; BGH NJW 1998, 160; NJW-RR 2007, 601Rn. 12; Senatsurteil vom 1.12.2016 - 4 U 109/15, juris Rdn. 29). Dies stellen die Beklagten nicht in Frage.

2. Das Landgericht hat ferner mit Recht und im Berufungsverfahren nicht angegriffen die Passivlegitimation der Beklagten zu 2) mit Blick auf die Regelung des § 117 Abs. 2 VVG bejaht, wonach die Leistungspflicht des Versicherers gegenüber Dritten trotz beendeter Haftpflichtversicherung binnen einer Frist von einem Monat ab Anzeige des Endes des Versicherungsverhältnisses gegenüber der zuständigen Behörde bestehen bleibt. Da der Lauf der Frist nicht vor Beendigung des Versicherungsverhältnisses beginnt (§ 117 Abs. 2 S. 2 VVG), vorliegend am 31.12.2014, bestand im Zeitpunkt des Unfalls am 11.1.2015 jedenfalls eine Leistungspflicht der Zweitbeklagten gegenüber der Klägerin.

3. Die Angriffe der Berufung gegen die vom Landgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen zum Unfallhergang bleiben ebenfalls ohne Erfolg. Vergeblich wendet sich die Berufung gegen die Annahme des Landgerichts, die Klägerin habe unmittelbar vor der Kollision den Schritt nach links gemacht und sei deshalb vom Radkasten des Pferdeanhängers erfasst worden:

a) Der Senat ist an die entscheidungserheblichen tatsächlichen Feststellungen des Ersturteils nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO für das weitere Verfahren gebunden, wenn und soweit dem Erstgericht insoweit Fehler nicht unterlaufen sind. Eine solche Bindung entfällt nur dann, wenn und soweit diese Feststellungen offensichtlich lückenhaft, widersprüchlich oder unzutreffend sind (BGH WM 2015, 1562), und somit konkrete Anhaltspunkte Zweifel an deren Richtigkeit oder Vollständigkeit wecken (BGH NJW 2003, 3480).

b) Dies zugrunde legend, hat das Landgericht zutreffend ermittelt und in den Entscheidungsgründen überzeugend und widerspruchsfrei dargelegt, dass die Klägerin sich bei Herannahen des Fahrzeugs auf Aufforderung des Zeugen S. zunächst hinter diesen am rechten Fahrbahnrand eingereiht hatte, um das Fahrzeug passieren zu lassen, und sich dann, unmittelbar nachdem das Zugfahrzeug an ihr vorbei gefahren war, nach links in Richtung Fahrbahnmitte bewegt hat, ohne zuvor nach hinten zu schauen. Die Aussagen der Zeugen S. und M. H. waren hierfür zwar nicht ergiebig, weil diese die Kollision selbst nicht beobachtet hatten. Das Landgericht hat indes nachvollziehbar und widerspruchsfrei dargelegt, weshalb es der Unfallschilderung der Beklagten zu 1) gefolgt ist, die die Schrittbewegung der Klägerin im rechten Außenspiegel beobachten konnte, und der gegenteiligen Angabe der Klägerin nicht gefolgt ist: Die Angabe der Beklagten zu 1) im Rahmen ihrer informatorischen Befragung entspricht zum einen exakt der bereits am Unfallort bei den anwesenden Polizeibeamten gemachten Unfallschilderung (Bl. 5 der Beiakte). Für die Glaubhaftigkeit der Aussage spricht zudem, dass die Beklagte unumwunden auch für sie potentiell nachteilige Umstände offen gelegt hat, nämlich dass sie bei der Annäherung erkannt hatte, dass die Klägerin nicht nach hinten gesehen hatte und damit nicht wissen konnte, dass sich hinter dem Transporter noch ein Pferdeanhänger befand. Die Schilderung des Unfallhergangs lässt keine Belastungstendenzen erkennen und stellte das Unfallgeschehen insgesamt schlüssig dar. Schließlich hat das Landgericht die Beklagte auch nach ihrem persönlichen Eindruck für glaubwürdig erachtet.

c) Demgegenüber war die Unfallschilderung der Klägerin entgegen der Annahme der Berufung teilweise von erkennbaren Widersprüchen und einem ausweichenden Aussageverhalten geprägt und wurde im Rahmen der Beweisaufnahme widerlegt:

aa) Während die Klägerin in der Klageschrift ausgeführt hatte, sie sei vor dem Unfall äußerst rechts hinter dem Zeugen S. gegangen, und mit Schriftsatz vom 18.09.2015 (Seite 3) explizit in Abrede gestellt hatte, sie sei zunächst neben ihrem Ehemann gegangen und habe sich erst in Anbetracht des herannahenden Fahrzeugs hinter diesem eingereiht, hat sie bei ihrer informatorischen Befragung das genaue Gegenteil bekundet. Das Einreihen wurde von dem Zeugen S. bestätigt und entspricht insoweit auch der Schilderung der Erstbeklagten.

bb) Die Klägerin hat schriftsätzlich vortragen lassen, das Zugfahrzeug habe bereits fast den vor ihr gehenden Zeugen S. berührt und der Abstand habe allenfalls 10 cm betragen, weshalb der Zeuge zur Seite gesprungen sei und die Klägerin noch habe warnen wollen, als der Anhänger die Klägerin bereits erfasst habe; nur durch den Sprung zur Seite habe der Zeuge eine Kollision vermieden. Dieses Geschehen hat jedoch der Zeuge S. nicht bestätigt: Dieser hat vielmehr bekundet, er habe, als die "Schnauze" des Fahrzeugs auf seiner Höhe gewesen sei, gesehen, dass es sehr dicht an ihm vorbeifahre; er habe sich dann umgedreht und gesehen, dass der Außenspiegel in einer Entfernung von 10 bis 15 cm an ihm vorbeigefahren sei; dann sei es auch schon passiert und er habe seine Frau rufen gehört. Der Zeuge hat damit zwar einen geringen Abstand zu dem rechten Außenspiegel des Transporters geschildert, aber keinen Sprung zur Seite, um eine Kollision zu verhindern.

cc) Die Klägerin hat bei ihrer informatorischen Anhörung weiter angegeben, sie habe sich auf die Aufforderung ihres Ehemanns hinter ihm eingereiht; plötzlich habe sie dann eine graue Wand neben sich gesehen und dann auch schon das Fahrzeug gespürt. Dann habe sie gesehen, dass sein Pferdeanhänger neben ihr sei. Auf Vorhalt der Aussage der Beklagten zu 1), ob sie sich sicher sei, keinen Schritt nach links gemacht zu haben, erklärte sie: "Wenn ich einen Schritt nach links gemacht hätte, wäre ich zwischen das Auto und den Anhänger geraten. Es gab auch überhaupt keinen Grund, warum ich hätte einen Schritt hätte nach links machen sollen." Auf wiederholte Nachfrage des Gerichts, ob die Klägerin eine konkrete Erinnerung daran habe oder ob sie das nur aus den von ihr angeführten Umständen schließe, erklärte die Klägerin, sie habe keinen Schritt nach links gemacht (Seite 2 und 3 des Sitzungsprotokolls, Bl. 43 f. d.A.).

Das Landgericht hat aus diesem Aussageverhalten der Klägerin in nicht zu beanstandender Weise mit überzeugender Begründung geschlussfolgert, dass ihre Hergangsschilderung die Darstellung der persönlich glaubwürdigen Beklagten zu 1) nicht zu erschüttern vermöge, von deren Richtigkeit das Erstgericht überzeugt war, zumal es entgegen der Angabe der Klägerin einen naheliegenden Grund für den Schritt nach links gegeben hatte, nämlich die Absicht der Klägerin, wieder neben dem Zeugen S. weiterzugehen. Zudem hat die Zeugin M. H. den Ausruf der Beklagten zu 1) ("O Gott, die ist mir gerade in den Anhänger gelaufen") bestätigt, und damit auch den Grund für diesen Ausruf, nämlich eine Bewegung der Klägerin nach links in den Anhänger hinein. Das Landgericht hat mit Recht auch darauf hingewiesen, dass die Klägerin ausweislich der Ermittlungsakte am Unfallort auf polizeiliche Nachfrage angegeben hatte, sie könne sich lediglich daran erinnern, dass sie von dem Anhänger erfasst wurde und in der Folge hingefallen sei. An den Unfallhergang habe sie derzeit keine Erinnerung mehr (Bl. 5 der Beiakte). Damit ist es nur schwerlich zu vereinbaren, wie die Klägerin etwa zehn Monate später im Zeitpunkt ihrer informatorischen Anhörung sicher ausschließen konnte, einen Schritt nach links gemacht zu haben. Auch dieser Gesichtspunkt spricht maßgeblich gegen die Richtigkeit der klägerischen Darstellung des Unfallgeschehens.

d) Die hiergegen gerichteten Angriffe der Berufung gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts bleiben ohne Erfolg; die Berufung rügt insoweit lediglich pauschal, es erschließe sich nicht, weshalb das Landgericht aus dem Aussageverhalten der Klägerin folgere, dass ihrer Schilderung kein Glaube geschenkt werden könne. Dies hat das Landgericht gemäß den obigen Ausführungen jedoch in nicht zu beanstandender Weise und überzeugend festgestellt; entgegen der dies nahelegenden Berufung war das Aussageverhalten der Klägerin gerade nicht konsistent und widerspruchsfrei.

4. Der festgestellte Unfallhergang führt allerdings im Ergebnis zu einem höheren Haftungsanteil der Beklagten als vom Landgericht angenommen. Zwar ist eine alleinige Einstandspflicht der Beklagten für die Unfallfolgen, wie sie die Klägerin mit ihrer Berufung zu erreichen versucht, angesichts des groben Sorgfaltsverstoßes der Klägerin fernliegend. Die Beklagten haften allerdings gem. § 7 Abs. 1, § 11 S. 2, § 9 StVG, § 254 BGB, bezüglich der Beklagten zu 2) in Verbindung mit § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG, über die einfache, Landgericht mit nur 25 % bemessene Betriebsgefahr hinaus für die Unfallfolgen:

a) Hinsichtlich der bei der Haftungsverteilung zu berücksichtigenden tatsächlichen Gesichtspunkte hat das Landgericht richtig beachtet, dass nur solche Umstände erfasst werden dürfen, die sich erwiesenermaßen auf den Unfall ausgewirkt, also als Gefahrenmoment in dem Unfall tatsächlich niedergeschlagen haben. Diese Umstände müssen feststehen, also unstreitig, zugestanden oder nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO bewiesen sein (BGH NJW 1995, 1029; NZV 2007, 190; NJW 2014, 217; Geigel/Kaufmann, Haftpflichtprozess, 27. Aufl., 25. Kap. Rdn. 153).

b) Bei der Haftungsabwägung nach § 7 Abs. 1, § 11 S. 2, § 9 StVG, § 254 BGB hat das Landgericht mit Recht den Umstand berücksichtigt, dass die Klägerin einen Schritt nach links gemacht hat, nachdem der Transporter bereits an ihr vorbeigefahren war, ohne sich durch einen Blick nach hinten zu vergewissern, ob der rückwärtige Verkehrsraum frei war, und dadurch einen wesentlichen Verursachungsbeitrag für den Unfall gesetzt hat. An die überzeugenden Feststellungen zum Unfallhergang ist der Senat wie ausgeführt im Prüfungsumfang des § 529 ZPO gebunden. Die Klägerin hat sich damit grob verkehrswidrig verhalten und hätte den Unfall mit Leichtigkeit verhindern können.

c) Nicht gefolgt werden kann hingegen dem Landgericht, soweit es auf Seiten der Beklagten lediglich die Betriebsgefahr des Zugfahrzeugs einschließlich Pferdeanhängers in Höhe von 25 % berücksichtigt hat. Mit Recht ist das Erstgericht noch davon ausgegangen, dass sich bei der Kollision die Betriebsgefahr des Zugfahrzeugs verwirklicht hat, auch wenn die Kollision mit dem Anhänger stattgefunden hat, weil dessen Betrieb auch regelmäßig Betrieb des ziehenden Fahrzeugs ist (OLG Brandenburg VersR 2003, 1569; NVZ 2010, 57; Hentschel/König, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl., § 7 StVG Rdn. 8). Allerdings ist die Betriebsgefahr mit einem höheren Anteil als nur mit 25 % zu bewerten; der vom Landgericht berücksichtigte Anteil von einem Viertel entspricht nur der regelmäßigen, nicht erhöhten Betriebsgefahr eines Pkws. Es ist indes anerkannt, dass die Betriebsgefahr eines Pkws mit Anhänger größer als die eines entsprechenden Fahrzeugs ohne Anhänger ist (OLG Oldenburg VersR 1982, 1154; OLG Köln VRS 1990, 339; Hentschel/König, a.a.O., Rdn. 8). Mit Blick auf die Ausmaße des Zugfahrzeugs Renault Traffic, das unstreitig breiter als ein normaler Pkw ist, und den noch etwas breiteren und höheren Pferdeanhänger, wie auf den Lichtbildern Bl. 8 f. der Ermittlungsakte ersichtlich, und mit Blick auf die gesamte Länge des Gespanns, erscheint es gerechtfertigt, die Betriebsgefahr des Fahrzeugs mit einem Drittel zu berücksichtigen.

d) Der Beklagten ist darüber hinaus bei der Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- und Verschuldensbeiträge zur Last zu legen, dass die Beklagte zu 1) unter Verstoß gegen § 41 StVO den grundsätzlich für Kraftfahrzeuge gesperrten Wirtschaftsweg befahren hat (Zeichen 260 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO mit dem Zusatzzeichen 1026-38 "Land- und forstwirtsch. Verkehr frei").

aa) Das Landgericht hat angenommen, die Fahrt der Beklagten zu 1) zu dem Gestüt Berghof sei von dem weit auszulegenden Begriff des "landwirtschaftlichen Verkehrs" noch umfasst; hierzu gehöre auch die Pferdezucht und Pferdewirtschaft, wie sie auf dem Gestüt betrieben werde, das die Beklagte zu 1) unstreitig anfahren wollte, weil ihre Tochter dort eine Reitstunde hatte. Die Nutzung des Weges sei gerade nicht auf landwirtschaftliche Fahrzeuge beschränkt, sondern die Gestattung der Nutzung erstrecke sich auf jedwede Art von Fahrzeug, das den Weg in Zusammenhang mit dem - weit zu fassenden - Zweck der Landwirtschaft befahre. Dieser Rechtsauffassung vermag sich der Senat nicht anzuschließen; sie unterscheidet letztlich nicht hinreichend zwischen dem Begriff des landwirtschaftlichen Verkehrs und dem Anliegerverkehr; der jedoch gerade nicht durch ein Zusatzschild freigegeben war.

bb) Der Begriff des "landwirtschaftlichen Verkehrs" ist in der StVO nicht definiert. Von der Rechtsprechung ist der Begriff der Landwirtschaft im Zusammenhang mit § 41 StVO beschrieben worden als eine Bewirtschaftung des Bodens zum Zwecke der Erzeugung pflanzlicher oder tierischer Rohstoffe (OVG Nordrhein-Westfalen NZV 2003, 592; OLG Koblenz VRS 68, 234; OLG Köln Dar 1986, 298), oder als eine auf Erwerb gerichtete Urproduktion, welche die regelmäßige und darum pflegliche Nutzung des Bodens zum Zwecke der Gewinnung von Nahrungsstoffen und technischen Rohstoffen pflanzlicher und tierischer Natur zum Gegenstand hat (OLG Celle DAR 2015, 587). Die Auslegung hat zu berücksichtigen, dass der Verkehrsteilnehmer in der Lage sein muss, sein Verhalten vor Ort ohne zeitliche Verzögerung auf die getroffene Regelung einzurichten. Aus diesem Grund ist auf ein umgangssprachliches Begriffsverständnis abzustellen (OVG Nordrhein-Westfalen NZV 2003, 592).Landwirtschaftlicher Verkehr erfolgt mithin zum Zwecke des Betriebs der Landwirtschaft im obigen Sinne, wobei es keine Rolle spielt, ob der Wegbenutzer selbst Eigentümer oder nur Nutzungsberechtigter des anliegenden Grundstücks ist. Es reicht aus, dass die Fahrt im Rahmen der üblichen Verrichtungen durchgeführt wird, die der Bewirtschaftung der anliegenden landwirtschaftlichen Grundstücke dienen (OLG Celle DAR 2015, 587). Nach z.T. vertretener Auffassung sollen auch landwirtschaftliche Durchgangsfahrten privilegiert sein (so OLG Celle VRS 79, 449 für die Inspektionsfahrt eines Landwirts zu einem Feld, das nicht an dem Verbindungsweg lag). Da die Verkehrsbeschränkung auf den Zweck der Fahrt abstellt, muss die von dem Benutzer des Weges ausgeübte Tätigkeit landwirtschaftlichen Zwecken dienen, ohne dass es auf die Klassifizierung des Fahrzeugs ankommt (OLG Celle VRS 79, 449).

cc) Eine Befreiung für landwirtschaftlichen Verkehr erfordert somit, dass die Fahrt in einem engen Zusammenhang mit dem konkreten landwirtschaftlichen Betrieb steht (OLG Schleswig VRS 71, 227). Sie umfasst beispielsweise auch Leerfahrten (OLG Schleswig a.a.O.), Fahrten eines landwirtschaftlichen Fachberaters zu einem Beratungstermin (BayObLGSt 1982, 30), Fahrten in Zusammenhang mit der Jagdausübung im Eigenjagdbezirk (OLG Celle DAR 2015, 587), Winzerverkehr (OVG Rheinland-Pfalz NVwZ 2014, 582), Fahrten zum Zwecke der Fischerei an einem Binnengewässer (Drossé, DAR 1986, 271;König in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, § 41 Rn. 248 e). Nicht mehr privilegiert sind hingegen Fahrten zu einer bloß hobbygärtnerischen Landbestellung, weil diese von der Typik landwirtschaftlicher Produktionsweise abweicht und die Gewinnung von Gartenbauerzeugnissen für den Eigenbedarf lediglich Mittel zur Freizeitgestaltung ist (OVG Nordrhein-Westfalen NZV 2003, 592; Hentschel/König, a.a.O., § 39 Rdn. 31; Kettler in Münchener Kommentar Straßenverkehrsrecht, § 41 StVO Rdn. 50; vgl. zu alldem Lafontaine in Freymann/Wellner, jurisPK-StrVerkR, 1. Aufl. 2016, § 41 StVO Rdn. 176 m.w.N.).

dd) Die Einordnung der Fahrt der Beklagten zu 1), um ihre Tochter zur Reitstunde in dem anliegenden Gestüt zu bringen, als "landwirtschaftlicher Verkehr" setzt damit zunächst voraus, dass die Durchführung von Reitstunden seitens des Gestüts überhaupt noch vom Begriff der Landwirtschaft umfasst ist. Nach der obigen Definition ist dies nicht der Fall, weil der Betrieb einer Reitschule - auch als Nebenerwerb eines landwirtschaftlichen Betriebs - in keinem Zusammenhang mit der Bewirtschaftung des Bodens in der für die Landwirtschaft typischen Form darstellt, also seiner Bebauung oder Ausnutzung zur Erzeugung tierischer oder pflanzlicher Rohstoffe.Sie dient damit auch nicht im weitesten Sinne noch der Viehzucht und damit der Landwirtschaft. Damit wurde die vorliegende Fahrt auch nicht mehr im Rahmen der üblichen Verrichtungen durchgeführt, die der (landwirtschaftlichen) Bewirtschaftung des angrenzenden Grundstücks dienen. Vielmehr liegt vorliegend ein Vergleich zur bloß hobbymäßigen Gärtnerei nahe, der nach der Rechtsprechung schon nicht mehr vom Begriff des landwirtschaftlichen Verkehrs erfasst wird. Selbst wenn man den Betrieb einer Reitschule bzw. eines Gestüts noch unter den Begriff der Landwirtschaft fassen wollte, so wäre die Beklagte zu 1) lediglich Anliegerin. Der Anliegerverkehr, für den die Straßenverkehrsordnung eine Befreiung durch das Zusatzzeichen 1020-30 vorsieht, war jedoch vorliegend gerade nicht freigegeben. Bloßer Kunden- und Besucherverkehr fällt grundsätzlich nicht unter den Ausnahmetatbestand des landwirtschaftlichen Verkehrs.

ee) Als Folge hieraus hat sich die Betriebsgefahr des Gespanns der Beklagten zu 1) weiter erhöht mit der Konsequenz, dass der Haftungsanteil der Beklagten 50 % beträgt. Die durch das unzulässige Befahren des Weges hervorgerufenen Gefahren haben sich im streitgegenständlichen Unfall auch ausgewirkt. Die Verkehrszeichen des § 41 StVO sollen nach ihrem Schutzzweck die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs gewährleisten. Die Vorschriftzeichen dienen dem Schutz der Verkehrsteilnehmer, die durch die Nichtbeachtung der Zeichen gefährdet oder belästigt werden könnten. Diese können dann Schadensersatzansprüche aus der Verletzung eines solchen Verkehrszeichens geltend machen, wenn dieses gerade auch dem Schutz des Verletzten zu dienen bestimmt ist (Geigel/Freymann, a.a.O., 27. Kap., Rdn. 757 f.). Die Sperrung für jeglichen (Zeichen 250) oder jeden Kraftfahrverkehr (Zeichen 260) ist häufig bei Wald- und Wirtschaftswegen anzutreffen. Vorliegend kommt hinzu, dass der streitgegenständliche Weg ausdrücklich als Wanderweg (Jakobsweg, Saarlandrundwanderweg) ausgeschildert war. Es liegt daher nahe, dass die Sperrung für den Kraftfahrverkehr auch zugunsten der Wanderer und Fußgänger angeordnet war, die diesen Weg bestimmungsgemäß benutzen, mithin auch für die Klägerin.

e) Weitere den Haftungsanteil der Beklagten erhöhende Umstände sind, wie das Landgericht beanstandungsfrei festgestellt hat, nicht gegeben: Insbesondere durfte sich die Beklagte zu 1) darauf verlassen, dass die Klägerin nicht ohne jegliche Beachtung des Verkehrsraums in den Anhänger hineinlaufen werde. Zwar war für die Beklagte zu 1) erkennbar, dass weder die Klägerin noch der Zeuge in der Annäherung des Fahrzeugs nach hinten geschaut hatten, so dass sie auch nicht wissen konnten, dass sich ein Fahrzeug mit Anhänger näherte. Sie konnte jedoch davon ausgehen, dass beide das herannahende Fahrzeug gehört hatten, weil die Klägerin sich kurz zuvor hinter dem Zeugen eingereiht hatte und beide am äußerst rechten Fahrbahnrand gingen. Nachdem die Beklagte zu 1) mit nur etwas mehr als Schrittgeschwindigkeit und äußerst rechts sowie unter ständiger Beobachtung der Fußgänger, zuletzt im rechten Außenspiegel, vorbeigefahren ist, ist es ihr entgegen der Berufung nicht als sorgfaltswidrig anzulasten, dass sie nicht angehalten hat. Mit einem solch grob sorgfaltswidrigen Verhalten der Klägerin musste sie gerade nicht rechnen.

f) Dies gilt auch im Hinblick auf den eingehaltenen Sicherheitsabstand: Zwar hat der Zeuge S. angegeben, dass er beinahe mit dem Außenspiegel des Zugfahrzeugs kollidiert wäre, wenn er sich nicht zufällig gerade umgedreht hätte. Er hat jedoch nichts von dem schriftsätzlich vorgetragenen Sprung zur Seite zur Vermeidung einer Kollision berichtet. Im Übrigen fuhr der Transporter zunächst an der Klägerin vorbei, die von einer gefährlichen Nähe des Außenspiegels nichts berichtet hatte. Wie das Landgericht weiterhin zutreffend und von der Berufung nicht angegriffen ausgeführt hat, wurde die Klägerin außerdem, obwohl sie zuvor noch einen Schritt nach links gemacht hatte, lediglich von der Radabdeckung als am weitesten abstehenden Teil getroffen. Eine Unterschreitung des erforderlichen Sicherheitsabstands ist somit nicht erwiesen und kann damit im Rahmen der Haftungsabwägung nicht berücksichtigt werden.

g) Damit haften die Beklagten im Ergebnis aus dem Gesichtspunkt der erhöhten Betriebsgefahr ihres Gespanns sowie aufgrund des schuldhaften Verstoßes der Beklagten zu 1) gegen § 41 StVO. Mit Blick auf den groben Sorgfaltsverstoß der Klägerin andererseits sind die beiderseitigen Verursachungs- und Verschuldensbeiträge im Ergebnis gleichrangig zu bewerten, so dass eine Schadensteilung gerechtfertigt ist. In den Feststellungsausspruch war, wie bereits das Landgericht zutreffend klargestellt hat, die Beschränkung aufzunehmen, dass dies nur gilt, soweit kein gesetzlicher Forderungsübergang stattgefunden hat.

5. Die Klägerin kann damit auch die Erstattung der vorgerichtlich angefallenen Rechtsanwaltsgebühren aus einem Gegenstandswert von 5.000 Euro verlangen: Erstattungsfähig sind die tatsächlich angefallenen Gebühren, wobei sich der für die Gebühr maßgebliche Gegenstandswert (§ 13 RVG) nach der objektiv berechtigten Forderungshöhe bestimmt. Im vorliegenden Fall beträgt diese 50 % von 10.000 Euro, mithin 5.000 Euro, und nicht, wovon das Landgericht ausgegangen ist, 1.500 Euro (25% von 6.000 Euro) gemäß dem von den Prozessbevollmächtigten der Klägerin offensichtlich ihrer Honorarrechnung zugrunde gelegten Gegenstandswert. Damit ergibt sich für die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV zum RVG von 1,3 (393,90 Euro) zuzüglich Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV zum RVG (20 Euro) und Umsatzsteuer (78,64 Euro) ein Betrag von insgesamt 492,54 Euro.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10 Satz 1, § 713 ZPO.

6. Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO nicht zuzulassen; denn weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

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