Saarländisches OLG, Urteil vom 11.09.2019 - 5 U 102/18
Fundstelle
openJur 2021, 8415
  • Rkr:

1. Den Parteien eines Fahrzeugversicherungsvertrages steht es frei, auch andere Interessen als das Sacherhaltungsinteresse des Eigentümers zu versichern. Gibt es hierfür indes keinerlei Anhalt und behauptet der Versicherungsnehmer einzig, er habe durch einen Versicherungsfall einen wirtschaftlichen Wert eingebüßt, der ihm zuvor infolge eines Erwerbsvorganges zugeflossen war, dann kann es einer erfolgreichen Geltendmachung einer Kaskoentschädigung entgegenstehen, wenn er die Umstände jenes Erwerbsvorganges, etwa das Erlangen der tatsächlichen Sachherrschaft, nicht einmal schlüssig vorträgt (Bestätigung von Senat, Urteil vom 9. Mai 2018 - 5 U 51/17, VersR 2018, 1183).

2. Zu den Anforderungen an den Nachweis einer versicherten Entwendung.

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das am 25.10.2018 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken - 14 O 124/17 - wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

III. Dieses Urteil sowie das mit der Berufung angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 19.990 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin verlangt eine Kaskoentschädigung in Höhe von 19.990 € wegen der behaupteten Entwendung eines seit dem 26.02.2015 bei der Beklagten versicherten und auf die Klägerin zugelassenen Mercedes 360 SL (Versicherungsschein Nr. ...). Dem Versicherungsvertrag liegen die Allgemeinen Bedingungen der Beklagten für die Kraftfahrtversicherung zu Grunde (im Folgenden: AKB). Gemäß Ziff. A.2.2.1.2 AKB ist die Entwendung des Fahrzeugs, insbesondere durch Diebstahl und Raub versichert. Nach Ziff. A.2.5.1.1 AKB ist der Wiederbeschaffungswert zu entschädigen. Eine Unterschlagung ist nur dann versichert, "wenn dem Täter der PKW nicht zum Gebrauch in seinem eigenen Interesse oder zur Veräußerung überlassen oder unter Eigentumsvorbehalt veräußert wird".

Der Diebstahl soll sich am 24.09.2016 im Rahmen einer Nutzung des Fahrzeugs durch den Zeugen St. ereignet haben. Dieser informierte die Polizeiinspektion in M. am 24.09.2016 um 22:31 Uhr.

Im Rahmen der Leistungsprüfung wandte die Beklagte sich an den Zeugen St. als den von der Klägerin genannten Voreigentümer und bat um Mitteilung, wann, von wem und zu welchen Bedingungen er das Fahrzeug erworben habe. Der Zeuge übersandte einen vom 25.11.2014 datierenden, in Berlin mit einer Frau K. K. geschlossenen Kfz-Kaufvertrag, der einen Kaufpreis von 8.400 € und eine Laufleistung - "laut Anzeige" und "nicht nachweisbar" - von 138.000 km auswies. Die tatsächliche Laufleistung hatte, wie inzwischen unstreitig, bereits im Jahr 2013 unter einem Vorbesitzer 640.000 km betragen.

Die Beklagte lehnte die Erbringung von Versicherungsleistungen mit Schreiben vom 30.11.2016 ab und verwies unter anderem auf die falschen Angaben zum Kilometerstand in der Schadenmeldung.

Die Klägerin hat eine Kaskoentschädigung in Höhe von 19.990 € eingeklagt.

Sie hat behauptet, sie habe das Fahrzeug mit Kaufvertrag vom 20.02.2015 vom Zeugen St. - der selbst zu keinem Zeitpunkt als Eigentümer oder Halter des Fahrzeugs eingetragen war - für 9.500 € erworben. Den Kaufpreis habe sie bar bezahlt, der Zeuge St. habe ihr das Eigentum übertragen und den Fahrzeugbrief ausgehändigt.

Am 24.09.2016 sei der Zeuge St. mit dem Fahrzeug zum Oktoberfest in M. gefahren und habe es auf dem Parkplatz am Kaufland abgestellt. Dort sei es zwischen 17:00 Uhr und 22:30 Uhr gestohlen worden.

Unter Bezugnahme auf eine zur Akte gereichte Tabelle mit verschiedenen Gebrauchtwagenangeboten hat die Klägerin behauptet, der Mercedes sei zum Zeitpunkt des Diebstahls 19.990 € wert gewesen. Er habe über eine - im Einzelnen spezifizierte - Vollausstattung verfügt und der Zeuge St. habe das Fahrzeug zudem mit einer Hohlraumversiegelung versehen, einen Unterbodenschutz angebracht, neue Fahrwerksfedern montiert und neue Reifen aufgezogen, außerdem die Tachoringe und die Schaltkulisse in Chrom ausgeführt.

Die Beklagte hat den geltend gemachten Anspruch dem Grunde und der Höhe nach bestritten.

Sie hat den von der Klägerin behaupteten Ablauf, wonach das bereits 1998 erstmals zugelassene Fahrzeug mit hohem Kilometerstand aufgekauft, praktisch nie gefahren worden und kurze Zeit nach einer angeblichen "Aufbereitung" gestohlen worden sein solle, als insgesamt dubios erachtet. Die Beklagte hat das Eigentum der Klägerin am Fahrzeug angezweifelt und den Nachweis des äußeren Bilds eines Fahrzeugdiebstahls als nicht erbracht angesehen. Zur Begründung hat sie sowohl in Bezug auf die Erwerbsumstände als auch auf die behauptete Entwendung eine Reihe von Widersprüchen und Auffälligkeiten in den Angaben des Zeugen St. und der Klägerin herausgestellt. Für den Fall einer etwaigen Unterschlagung durch den Zeugen St. hat sie unwidersprochen darauf aufmerksam gemacht, dass hierfür kein Versicherungsschutz bestehe.

Was den geltend gemachten Zeitwert von 19.990 € anbelangt, hat die Beklagte sämtliche wertrelevanten Tatsachen bestritten, insbesondere werterhöhende Maßnahmen des Zeugen St., und vorgetragen, das Fahrzeug habe unter einem Vorbesitzer einen Wildschaden erlitten, der nicht fachgerecht repariert worden sei.

Das Landgericht hat den Zeugen St. vernommen und die Klage mit dem am 25.10.2018 verkündeten Urteil abgewiesen. Es vermochte sich mit Blick auf Widersprüche in den Angaben des Zeugen St. nicht von den Voraussetzungen des äußeren Bilds eines Fahrzeugdiebstahls zu überzeugen.

Der Senat nimmt gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des Urteils Bezug.

Die Klägerin hat Berufung eingelegt.

Sie bleibt bei ihrer Behauptung, das Fahrzeug dem Zeugen St. mit Vertrag vom 20.02.2015 abgekauft zu haben. Ungeachtet des Umstands, dass der Zeuge bei der Polizei offenbar falsche Angaben gemacht habe, ergebe sich dessen Fahrzeugerwerb in Berlin aus dem vorgelegten Kaufvertrag vom 25.11.2014. Die Klägerin meint, die Voraussetzungen eines versicherten Fahrzeugdiebstahls seien durch die Aussage des Zeugen ungeachtet widersprüchlicher Schilderungen bei der Polizei und vor dem Landgericht bewiesen. Sie bietet nunmehr auch Zeugenbeweis durch Vernehmung des Zeugen W. an. Dieser soll am angeblichen Tatabend mit dem Zeugen St. das Oktoberfest in M. besucht haben.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des am 25.10.2018 verkündeten Urteils des Landgerichts Saarbrücken (Az. 14 O 124/17) die Beklagte zu verurteilen, an sie 19.990 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.01.2017 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Einwände der Klägerin gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts für unbegründet.

Hinsichtlich des Sachverhalts und des Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Sitzungsniederschriften des Landgerichts vom 13.09.2018 und des Senats vom 21.08.2019 sowie auf das Urteil des Landgerichts vom 25.10.2018 Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist unbegründet.

1.

Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil die Klägerin die Voraussetzungen einer bedingungsgemäßen Entwendung im Sinne der Ziffer A. 2.2.1.2 AKB nicht bewiesen hat.

a.

In rechtlicher Hinsicht beruht das landgerichtliche Urteil auf der zutreffenden Annahme, dass dem Versicherungsnehmer für den Nachweis eines typischerweise unbeobachteten Diebstahlgeschehens gewisse Beweiserleichterungen zugute kommen. Den Anforderungen einer ersten Prüfungsstufe genügt er, wenn er ein Mindestmaß an Tatsachen vorträgt und beweist, die nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf eine bedingungsgemäße Entwendung zulassen. Dieser Minimalsachverhalt, das sog. äußere Bild einer Entwendung, ist im Allgemeinen dann anzunehmen, wenn der Versicherungsnehmer nachzuweisen vermag, dass das Fahrzeug zu einer bestimmten Zeit an einer bestimmten Stelle abgestellt und dort später nicht wieder aufgefunden wurde (BGH, Urteil vom 4.11.1998 - IV ZR 302/97 - r+s 1999, 14; Urteil vom 13.11.1996 - IV ZR 220/95 - VersR 1997, 181; Senat, Urteil vom 08.08.2018 - 5 U 2/18 - NJW-RR 2018, 1304; OLG Hamm, Urteil vom 14.3.2018 - 20 U 120/17 - juris; ausführlich Brockmöller, zfs 2017, 184).

b.

Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin schon auf der ersten Stufe des äußeren Bilds eines Fahrzeugdiebstahls beweisfällig geblieben ist.

(1)

Der Beweis der hierzu zählenden Minimaltatsachen muss zur vollen Überzeugung des Gerichts geführt werden. War, wie hier, der Versicherungsnehmer selbst weder beim Abstellen des Fahrzeugs noch bei der Feststellung des Abhandenkommens zugegen und bietet er für diese Tatsachen Zeugenbeweis an, so muss der Zeuge persönlich glaubwürdig und seine Aussage glaubhaft sein (vgl. Brockmöller, zfs 2017, 184; BGH, Urteil vom 4.11.1998 - IV ZR 302/97 - r+s 1999, 14; Senat, Urteil vom 08.08.2018 - 5 U 2/18 - NJW-RR 2018, 1304). Auch Unstimmigkeiten in Angaben, die bloßes Randgeschehen betreffen, können geeignet sein, unüberwindliche Zweifel an der Richtigkeit des an sich widerspruchsfrei geschilderten Abstellens und Nichtwiederauffindens zu begründen (Senat, Urteil vom 08.08.2018 - 5 U 2/18 - NJW-RR 2018, 13041, OLG Hamm, Urteil vom 12.06.2015 - 20 U 185/14 - juris).

(2)

Die Angaben des Zeugen St. haben das Landgericht nicht überzeugt. Ungereimtheiten hat es sowohl im Hinblick auf das Kerngeschehen und die Begleitumstände bei der Darstellung des äußeren Tatbestands der Entwendung festgestellt als auch im Zusammenhang mit dem Fahrzeugerwerb und der Abwicklung des angeblichen Kaufs. Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, die die Vollständigkeit und Richtigkeit dieser Feststellungen des Landgerichts infrage stellen würden. Sie sind für den Senat gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO bindend.

(a)

Der Zeuge St. hatte bei seiner polizeilichen Vernehmung im September 2016 ausweislich der von der Polizeiinspektion M. gefertigten Vernehmungsniederschrift angegeben, er habe das Fahrzeug gegen 17:00 Uhr auf dem Parkplatz des Kaufhauses "Kaufland" in M. abgestellt. Mit einem Bekannten und dessen Ehefrau habe er sodann das Oktoberfest besucht. Im hiesigen Rechtsstreit bekundete er gegenüber dem Landgericht am 13.09.2018 anderes. Er habe das Fahrzeug zwischen 20:30 Uhr und 21:00 Uhr auf dem Parkplatz zurückgelassen und sei mit seinem Bekannten zum Oktoberfest gegangen, um dort einen "Herrenabend" zu verbringen. Deshalb sei auch die Klägerin nicht mit dabei gewesen. Auf die Unvereinbarkeit der beiden Aussagen hingewiesen, erklärte der Zeuge, er sei sich "jetzt ziemlich sicher", dass das Geschehen erst abends stattgefunden habe; wenn es anders gewesen sei, tue es ihm leid. Soweit er bei der Polizei gesagt habe, auch die Frau seines Bekannten habe ihn begleitet, sei das definitiv nicht der Fall gewesen und er habe dann damals einen Fehler gemacht.

Die Erklärungsversuche des Zeugen sind nicht plausibel. Weitaus wahrscheinlicher ist, dass er deshalb verschiedene Versionen schilderte, weil ein authentisches Geschehen als objektivierbarer Bezugspunkt seiner Erinnerung fehlte und er bei seiner zweiten Vernehmung den Inhalt seiner früheren Aussage bei der Polizei nicht mehr verlässlich abrufen konnte.

(b)

Überdies waren die Angaben des Zeugen zu den Umständen des Fahrzeugerwerbs inkonsistent. Wenngleich diese für das Diebstahlsgeschehen als solches nicht unmittelbar erheblich sind, sind sie doch geeignet, die oben hergeleiteten Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Aussagen und der persönlichen Glaubwürdigkeit des Zeugen zu vertiefen. Bei der Polizei in M. erklärte er am 25.09.2016, die Klägerin habe den Mercedes vor zwei Jahren in Berlin für 9.400 € gekauft. Er habe sie dorthin begleitet. In der gerichtlichen Vernehmung vom 13.09.2018 bekundete er hingegen, er sei im Jahr 2014 nach Berlin gefahren, um sich den Mercedes anzusehen. Verkäufer sei ein Händler "Car C." gewesen. Er habe diesem 8.500 € gezahlt. Die Klägerin habe ihm den Wagen dann im Februar 2015 abgekauft. Auf den Vorhalt der Diskrepanz hat der Zeuge entgegnet, er habe bei der Polizei wohl falsche Angaben gemacht und sei nach dem Diebstahl etwas nervös gewesen. Mit Nervosität ist indessen nicht befriedigend zu erklären, wieso dem Zeugen 2015 nicht präsent gewesen sein sollte, ob er selbst oder aber jemand anders ein Jahr zuvor in Berlin für über 8.000 € ein Auto gekauft hatte.

(c)

Auch sonst gibt es Auffälligkeiten in den vom Zeugen dargestellten bzw. auch von der Klägerin selbst vorgetragenen Abläufen und den sonstigen, insbesondere den für den Fahrzeugwert relevanten Umständen.

In dem von der Klägerin zur Akte gereichten Kaufvertrag zwischen einer Frau K. K. als Verkäuferin - der Zeuge St. hat als Verkäufer ein Autohaus Car C. bezeichnet - heißt es, die Laufleistung von 138.000 "laut Anzeige" sei "nicht nachweisbar!" Die Beklagte hat unwidersprochen darauf aufmerksam gemacht, dass das Fahrzeug tatsächlich bereits im Jahr 2013 einen Kilometerstand von 640.000 aufwies.

Dass die Klägerin für den behaupteten Fahrzeugerwerb tatsächlich 9.500 € aufwendete, ist nicht objektiv belegbar, der behauptete Ablauf jedenfalls ungewöhnlich. Die Klägerin will das Geld bei sich zu Hause über Jahre in bar angespart und dem Zeugen St. - ohne Quittung? - gegeben haben. Dieser wiederum will das Geld nicht auf sein Konto eingezahlt, sondern "rundherum ein paar Schulden" beglichen haben.

Was angebliche werterhöhende Maßnahmen anbelangt, hat die Klägerin in ihrer informatorischen Anhörung ausgeführt, nach der TÜV-Überprüfung im Sommer 2015, bei welcher verschiedene Mängel festgestellt worden waren (u.a. Korrosion, Achse mit beginnendem Spiel, Achse sowie Getriebe und Motor ölfeucht), habe der Zeuge St. den Mercedes in die Werkstatt gebracht. Was genau gemacht worden sei, wisse sie nicht. Sie sei froh, dass sie jemanden habe, der sich darum habe kümmern könne. Nach der Aussage des Zeugen müssten allerdings Maßnahmen getroffen worden sein, die über eine Mängelbeseitigung deutlich hinausgegangen wären (Beschichtung und Hochglanzpolieren von Felgen, Einbau von Chromapplikationen im Innenraum) und die Klägerin immerhin "mindestens 4.000 €" gekostet hätten, obgleich sie mit dem Wagen nach eigenem Vorbringen kaum gefahren wäre. Dass die Klägerin völlig ungeprüft 4.000 € investiert haben sollte, ohne zu wissen wofür, ist unglaubhaft.

(d)

Bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände ist es nicht zu beanstanden, dass das Landgericht aus den Angaben des Zeugen St. keine dem Beweismaß des § 286 Abs. 1 ZPO entsprechende volle Überzeugung von den Tatsachen zu gewinnen vermochte, mit denen die Klägerin das äußere Bild eines versicherten Diebstahls hätte nachweisen können.

(3)

Die Berufungseinwände der Klägerin sind unbegründet.

(a)

Soweit sie sich gegen die Ausführungen des Landgerichts zur Aktivlegitimation richten, sind sie unerheblich.

Die Beklagte hat ihre Entschädigungspflicht auch unter Hinweis auf eine nicht bewiesene Eigentümerstellung der Klägerin in Abrede gestellt, das Landgericht hat die Aktivlegitimation unter diesem Aspekt als fraglich bewertet. Dass die Kaskoversicherung regelmäßig das Interesse des rechtlichen Eigentümers an der Erhaltung der Sache versichert, trifft jedenfalls im Ausgangspunkt zu (so BGH, Urteil vom 05.03.2008 - IV ZR 89/07 - NJW 2008, 1737). Es steht den Parteien eines Versicherungsvertrags jedoch frei, andere Interessen als das Sacherhaltungsinteresse des Eigentümers zu versichern (auch hierzu - betreffend das Sachersatzinteresse eines nutzungsberechtigten Nichteigentümers - BGH, a.a.O.). Gibt es hierfür indes keinerlei Anhalt und behauptet der Versicherungsnehmer einzig, er habe durch einen Versicherungsfall einen wirtschaftlichen Wert eingebüßt, der ihm zuvor infolge eines Erwerbsvorgangs zugeflossen war, dann kann es einer erfolgreichen Geltendmachung einer Kaskoentschädigung entgegenstehen, wenn er die Umstände jenes Erwerbsvorgangs - etwa das Erlangen der tatsächlichen Sachherrschaft - nicht einmal schlüssig vorträgt (Senat, Urteil vom 09.05.2018 - 5 U 51/17 - juris, Rdn. 41). Eine solche Konstellation liegt im Streitfall allerdings nicht vor.

(b)

Für die hier zu entscheidende Berufung kommt es darauf aber nicht an. Das Landgericht hat die Klageabweisung nicht mit dem Fehlen der Aktivlegitimation begründet, sondern - zu Recht - mit der Beweisfälligkeit der Klägerin in Bezug auf das äußere Bild eines Fahrzeugdiebstahls.

Die Klägerin erachtet den Umstand, dass der Zeuge St. "offenbar falsche Angaben bei der Polizei" zum Fahrzeugerwerb gemacht habe, als bedeutungslos, da der Kauf in Berlin durch die Vertragsurkunde vom 25.11.2014 belegt sei. Diese Argumentation ändert nichts daran, dass die Widersprüche in den Aussagen sich auf die Würdigung ihrer Glaubhaftigkeit sowie der persönlichen Glaubwürdigkeit des Zeugen auswirken und damit den Beweiswert des einzigen der Klägerin für den Versicherungsfall zur Verfügung stehenden Beweismittels aufheben.

Ansonsten setzt die Klägerin mit ihrer Einschätzung, sie habe eine Fahrzeugentwendung bewiesen und die Unstimmigkeiten in den verschiedenen Aussagen des Zeugen St. seien unbeachtlich, ihre Beweiswürdigung an die Stelle der vom Landgericht gewonnenen gegenteiligen Überzeugung. Damit kann sie ihre Berufung nicht begründen.

Mit der Annahme, sie habe die Voraussetzungen der ersten Stufe der Rechtsprechung zum Nachweis eines Fahrzeugdiebstahls dadurch erfüllt, dass sie Tatsachen zum äußeren Bild eines Diebstahls vorgetragen habe, irrt die Klägerin. Jene Tatsachen müssen nicht bloß vorgebracht, sondern zur vollen Überzeugung des Gerichts bewiesen werden (Senat, Urteil vom 13.02.2019 - 5 U 42/18 - VersR 2019, 750; Urteil vom 8.8.2018 - 5 U 2/18 - NJW-RR 2018, 1304).

(4)

Was die Bezugnahme der Klägerin auf die erstinstanzliche Benennung des Polizeibeamten POK Ke. anbelangt, war und ist dessen Vernehmung nicht geboten.

Das Beweisangebot erfolgte zum Nachweis der Behauptung, das Fahrzeug sei "ausweislich der Kopie der Bestätigung einer Strafanzeige vom 25.09.2016" am Vortag auf dem Parkplatz am Kaufland in M. entwendet worden und der Zeuge St. habe die Polizei hierüber informiert (Seite 2 des Schriftsatzes vom 19.09.2017). Der Zeuge Ke. ist zum Nachweis der den Anspruch der Klägerin begründenden Tatsachen nicht geeignet. Es war und ist auszuschließen, dass er zur Aufklärung des behaupteten Abstellens und nachfolgenden Nichtwiederauffindens des Fahrzeugs irgendetwas beitragen kann (vgl. BGH, Urteil vom 26.11.2003 - IV ZR 438/02 - BGHZ 157, 79). Vielmehr ist als sicher zu prognostizieren, dass der Zeuge lediglich zweierlei bestätigen könnte: zum einen die Tatsache, dass er den als gestohlen gemeldeten Mercedes am angeblichen Tatabend auf dem genannten Parkplatz weder vor noch nach dem angeblichen Diebstahl gesehen hat, zum anderen die Tatsache, dass bei der Polizeiinspektion M. die in Kopie zur hiesigen Akte genommene Niederschrift über die Angaben des Zeugen St. gefertigt wurde. Weder verfügt der Zeuge Ke. über eigene Erkenntnisse zum Entwendungsvorgang, noch ist auch nur entfernt ersichtlich, dass er die Widersprüche der Angaben des Zeugen St. bei der Polizei einerseits und zwei Jahre später beim Landgericht Saarbrücken andererseits plausibilisieren könnte.

Der Senat brauchte die Akte der Polizeiinspektion M. nicht beizuziehen. Ablichtungen der insoweit maßgeblichen Dokumente wurden schon vom Landgericht zur hiesigen Akte genommen (Bl. 163-180 d.A.).

(5)

Der Senat konnte entscheiden, ohne den erstmals in der Berufungsbegründung vom 29.01.2019 - ohne ladungsfähige Anschrift - benannten Zeugen W., mit dem der Zeuge St. das Oktoberfest in M. besucht haben soll, zu vernehmen. Einer der in § 531 Abs. 2 ZPO genannten Gründe, die eine Zulassung des erst in zweiter Instanz eingeführten Beweismittels rechtfertigen könnten, liegt nicht vor. Abgesehen davon ist das von der Klägerin unter diesen Zeugenbeweis gestellte Vorbringen nicht entscheidungserheblich. Der Zeuge St. mag, wie behauptet, mit dem Zeugen W. am 24.09.2016 ohne dessen Ehefrau unterwegs gewesen seien. Für eine Entwendung des Mercedes an jenem Abend besagt das nichts.

c.

Ergänzend wird angemerkt, dass ein versicherungsvertraglicher Entschädigungsanspruch unter der - von der Klägerin selbst nicht behaupteten - Prämisse, der Zeuge St. hätte das ihm von der Klägerin am 24.09.2016 in seinem Interesse zur Verfügung gestellte Fahrzeug unterschlagen, an Ziff. A. 2.2.1.2 Satz 2 AKB scheitern würde.

2.

Da die eingeklagte Hauptforderung nicht besteht, sind auch die von ihr abhängigen Nebenforderungen auf Zinsen und Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten unbegründet.

3.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO, § 544 ZPO. Der Wert der Beschwer der Klägerin übersteigt 20.000 € nicht. Die neben der Kaskoentschädigung in Höhe von 19.990 € geltend gemachten Zinsen und der Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten sind Nebenforderungen Sinne des § 43 GKG und für die Bemessung der Beschwer nicht zu berücksichtigen, solange - wie hier - die Hauptforderung ebenfalls im Streit steht (vgl. BGH, Beschluss vom 19.02.2019 - XI ZR 112/18 - juris).

Die Revision ist nicht zuzulassen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 19.990 €.