AG Recklinghausen, Urteil vom 25.09.2020 - 19 C 155/19
Fundstelle
openJur 2021, 7297
  • Rkr:
Tenor

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 59,45 EUR (in Worten: neunundfünfzig Euro und fünfundvierzig Cent) zu zahlen.

Weiter wird der Beklagte verurteilt, den Kläger aus der Forderung der außergerichtlichen Anwaltskosten aus der Rechnung vom 21.08.2019 in Höhe von 83,54 Euro freizustellen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der klagenden Partei auferlegt.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Parteien hat das Gericht gestattet, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leisten.

Tatbestand

Die Parteien streiten um restlichen Schadensersatzanspruch nach einem Verkehrsunfall.

Der Kläger ist Eigentümer des PKW Mercedes Benz mit dem amtlichen Kennzeichen RE- , der Beklagte ist die hinter dem PKW Peugeot mit dem amtlichen Kennzeichen RE- stehende Haftpflichtversicherung.

Der Kläger befuhr am 17.05.2019 die Hochstraße in Recklinghausen. Dort hielt der Kläger an einer roten Lichtzeichenanlage an und stand hinter dem Peugeot. Der Fahrer des Peugeot ließ den PKW zurückrollen. Die Fahrzeuge standen im Anschluss aneinander.

Der Kläger ließ unter dem 28.05.2019 durch den Sachverständigen M. ein Schadengutachten erstellen, welches den erlittenen Reparaturschaden auf 2.038,18 Euro netto kalkulierte. Der Sachverständige stellte dem Kläger seine Tätigkeit mit einer Gebührennote in Höhe von 826,49 Euro in Rechnung.

Der Kläger bezifferte seine Ansprüche samt Unfallkostenpauschale in Höhe von 25,00 Euro mit anwaltlichem Schreiben vom 24.06.2019 gegenüber dem Beklagten, der eine Erfüllung ablehnte.

Der Kläger behauptet, dass durch das Verkehrsunfallereignis der von Sachverständigen M. ermittelte Reparaturaufwand erforderlich sei. Im Übrigen halte er die veranschlagten Gebühren für ordnungsgemäß.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 2.063,18 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 30.07.2019 zu zahlen sowie ihn von den Sachverständigenkosten in Höhe von 826,49 Euro aus der Rechnung des Sachverständigen M. vom 28.05.2019 freizustellen;

ferner, den Beklagten zu verurteilen, ihn aus der Forderung der außergerichtlichen Anwaltskosten aus der Rechnung vom 21.08.2019 in Höhe von 334,75 Euro freizustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte vertritt unter anderem die Meinung, dass das Sachverständigenhonorar offensichtlich überhöht sei.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens durch den Sachverständigen D.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten vom 13.07.2020, Bl. 105 ff. d.A., verwiesen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und teilweise begründet.

Der Kläger hat einen Anspruch auf Schadensersatz aus den §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 2, Abs. 1 18 StVG, § 115 VVG gegen die Beklagten im tenorierten Umfang.

1. Haftung dem Grunde nach

Die Haftung des Beklagten zu 100% ist zwischen den Parteien unstreitig.

2. Haftung der Höhe nach

Die geltend gemachten materiellen Schäden sind grundsätzlich ersatzfähig. Dies betrifft die erforderlichen Nettoreparaturkosten, die Aufwendungen für ein den Schaden kalkulierendes privates Sachverständigengutachten sowie eine pauschalisierte Auslagenerstattung. Diese sind im konkreten Fall jedoch nur teilweise unfallursächlich angefallen.

a) erforderliche Nettoreparaturkosten

Das Gericht hat nach Durchführung der Beweisaufnahme keine vernünftigen Zweifel daran, dass entgegen der Behauptung des Klägers zur Behebung der unfallursächlichen Beschädigungen an dem klägerischen Fahrzeug ein Betrag in Höhe von 34,45 Euro netto erforderlich ist.

Der Sachverständige D. kommt nach umfassender Begutachtung der Kontaktpunkte an beiden Fahrzeugen zu dem Ergebnis, dass aufgrund der leichten Druckmarken an der Frontstoßfängerverkleidung des klägerischen Fahrzeugs davon auszugehen sei, dass nur minimale Stoßenergien übertragen worden seien. Hieraus resultierend seien Druckmarken und leichte Verschürfungen an der Kennzeichenunterlage, so dass diese ersetzt werden müsse.

Das Gericht schließt sich den überzeugenden und umfangreichen Feststellungen des Sachverständigen an. Technische Widersprüche sind nicht erkennbar.

b) Kostenpauschale

Die Unfallkostenpauschale in Höhe von 25,00 Euro steht dem Kläger aufgrund des erlittenen Unfalls zu.

c) Aufwendungen für die Erstellung des Privatgutachtens

Der Kläger kann die Kosten für das Privatgutachten Forstmann nicht ersetzt verlangen. Es fehlt an einem ersatzfähigen Schaden. Dabei übersieht das Gericht nicht, dass dem Kläger das Recht nicht grundsätzlich abgesprochen werden kann, nach dem Unfall einen Sachverständigen mit der Ermittlung der Höhe des Fahrzeugschadens zu beauftragen, weil dies im Rahmen der Verfolgung seine Rechte angemessen war. Der Geschädigte darf sich nach einem Verkehrsunfall mit einem erheblichen Schadensbild zunächst Klarheit verschaffen, ob sich die Reparatur des Schadens lohnt, ob der Schaden so gravierend ist, dass ein wirtschaftlicher Totalschaden vorliegt, oder ob er das Fahrzeug auch nach einer wirtschaftlich durchzuführenden Reparatur nicht mehr behalten möchte.

Eine Freistellungsverpflichtung des Beklagten. gem. §§ 249 Absatz 2, 257 BGB besteht jedenfalls deshalb nicht, weil der Kläger die Unbrauchbarkeit des Sachverständigengutachten zu vertreten hat. Denn der PKW des Klägers hat ausweislich der Feststellungen des Sachverständigen D. einen Vorschaden an der Fronststoßfängerverkleidung erlitten, welcher nicht durch Lackierung repariert worden sei. Dies hat der Kläger dem privaten Sachverständigen M. bei der Erstellung des Gutachtens verschwiegen, womit sich die Divergenz der beiden Gutachten hinsichtlich der Schadenshöhe erklärt.

d) Rechtsanwaltsgebühren

Der Kläger kann die Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe des tatsächlichen Streitwerts verlangen. Diese 1,3 Gebühr beträgt zu einem Gegenstandswert von bis zu 500,00 Euro inklusive Kommunikationspauschale 83,54 Euro brutto.

Die Nebenentscheidung beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Der Streitwert wird auf bis 3.000,00 EUR festgesetzt.

Rechtsbehelfsbelehrung:

A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder

2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Bochum, Josef-Neuberger-Straße 1, 44787 Bochum, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Bochum zu begründen.

Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Bochum durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Recklinghausen statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Amtsgericht Recklinghausen, Reitzensteinstr. 17, 45657 Recklinghausen, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

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