LG Hamburg, Urteil vom 12.12.2018 - 620a KLs 4/18
Fundstelle
openJur 2021, 7151
  • Rkr:
Verfahrensgang
Rubrum

Urteil

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Strafverfahren gegen

Y. L., geboren ... 1976 in H. Provinz H., ... C., Staatsangehörigkeit: deutsch, derzeit: Untersuchungshaftanstalt H., ...

Einziehungsbeteiligte: T. GmbH, ...

wegen Steuerhinterziehung

hat das Landgericht Hamburg - Große Strafkammer 20a - in der Sitzung vom 12. Dezember 2018, an der teilgenommen haben:

Vorsitzender Richter am Landgericht ...

als Vorsitzender

Richterin am Landgericht ...

als Beisitzerin

Richterin ...

als Beisitzerin

Herr S.

Herr K.

als Schöffen

Staatsanwalt ...

als Vertreter der Staatsanwaltschaft

Rechtsanwalt ... und

Rechtsanwalt ...

als Verteidiger

Justizobersekretärin ...

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

für Recht erkannt:

Tenor

Der Angeklagte Y. L. wird wegen Steuerhinterziehung in 19 Fällen, davon in 6 Fällen im Versuch, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von

3 (drei) Jahren und 9 (neun) Monaten

verurteilt.

Hinsichtlich der Nebenbeteiligten T. GmbH wird die Einziehung des Wertes des Erlangten in Höhe von 4.396.030,69 € angeordnet.

Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Angewendete Vorschriften:

§ 370 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, Abs. 3 S. 1, S. 2 Nr. 1, Abs. 6 AO, §§ 22, 25 Abs. 1 Alt. 2, Abs. 2, 53, 73 Abs. 1, 73 b Abs. 1 Nr. 1, 73 c StGB

Gründe

Das Urteil beruht auf einer Verständigung gem. § 257c StPO.

Auf der Basis eines gemeinsamen Tatplanes hinterzog der Angeklagte zunächst als Geschäftsführer, später als faktischer Geschäftsführer der Einziehungsbeteiligten, der T. GmbH, gemeinsam mit dem anderweitig Verfolgten L1 Umsatzsteuer in Höhe von mindestens 4.396.030,69 €. Das Geschäftskonzept der T. GmbH war spätestens seit Ende 2013 auf Umsatzsteuerhinterziehung in Millionenhöhe ausgerichtet. Obgleich das Unternehmen über 15 verschiedene Ebay-Accounts im Wege des Online-Versandhandels Elektronikartikel, insbesondere Computerzubehör, Haushalts- und Unterhaltungselektronik, Kamera- und Fotografiezubehör sowie elektronisches Spielzeug und Videospielzubehör an private Endabnehmer in Deutschland, in EU-Mitgliedstaaten und in Drittländer verkaufte und dadurch im Tatzeitraum – Januar 2014 bis August 2016 - einen Umsatz von über 48 Millionen € erzielte, ließ der Angeklagte über das für die Einziehungsbeteiligte tätige Steuerberaterbüro lediglich die über einen Ebay-Account erzielten Umsätze in der Umsatzsteuerjahreserklärung bzw. in den Umsatzsteuervoranmeldungen anmelden. Die über die weiteren 14 Accounts erzielten Umsätze der T. GmbH in Höhe von rund 45 Millionen € verschwieg er.

I.

Der ... 1976 in C. geborene Angeklagte L. wuchs in seinem Heimatland auf. Im Jahre 2000 zog er nach Deutschland, um hier zu studieren. Zunächst belegte er verschiedene Deutschkurse; in den Jahren 2002 bis 2006 absolvierte er an der Fachhochschule ein Studium der Elektrotechnik und schloss dieses als Diplom-Ingenieur ab. Im Anschluss arbeitete er für verschiedene Firmen, die jedoch entweder in die Insolvenz gerieten oder verkauft wurden, so dass er jeweils seine Anstellung verlor. Aus der Arbeitslosigkeit begann er im Herbst 2012, bei der in H. ansässigen Einziehungsbeteiligten, der T. GmbH, zu arbeiten. Er war dort bis zu seiner Festnahme beschäftigt und verdiente zuletzt 2.800 € netto im Monat. Im Tatzeitraum stieg sein Nettogehalt von anfänglich 2.174,09 €, über 2.460,91 € ab November 2014, über 2.467,46 € ab April 2015 auf 2.482,62 € ab Januar 2016 bis zum Ende des Tatzeitraums.

Der Angeklagte besitzt mittlerweile ausschließlich die deutsche Staatsbürgerschaft. Er ist verheiratet und hat mit seiner Frau, die er im Jahr 2010 kennen lernte und die c. Staatsbürgerin ist, zwei gemeinsame Kinder im Alter von sechs und vier Jahren. Die Familie wohnt in H.- W.; sie war zwei Monate vor seiner Festnahme in diesen Stadtteil umgezogen, um den Kindern den Besuch einer bestimmten Grundschule zu ermöglichen.

Der Angeklagte L. ist nicht vorbestraft. Er befand sich in der vorliegenden Sache vom 4. April 2018 bis zum Tag der Urteilsverkündung aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Hamburg vom 7. März 2018 in Polizei- bzw. Untersuchungshaft.

Die Feststellungen zur Person des Angeklagten beruhen auf seinen insoweit glaubhaften Angaben in der Hauptverhandlung, den eingeführte Kontounterlagen sowie dem verlesenen Bundeszentralregisterauszug vom 29. November 2018.

II.

Zur Sache hat die Kammer folgende Feststellungen getroffen:

1. Der Angeklagte war im Jahr 2012 auf Arbeitssuche, nachdem er seine letzte Arbeitsstelle aufgrund einer Insolvenz des Arbeitgebers verloren hatte. Über das Internet stieß er auf eine Annonce, wonach ein Unternehmen chinesischsprachige Mitarbeiter suche, und kam so in Kontakt mit dem anderweitig Verfolgten L1. Dieser ist der in C. ansässige Kopf des chinesischen T1-Konzerns, zu dem neben der Einziehungsbeteiligten weltweit diverse Unternehmen gehören, die im Bereich des Online-Handels tätig sind. Auf Geheiß des L1 gründete der Angeklagte als Alleingesellschafter am 27. September 2012 die Gesellschaft " T2 GmbH" mit Sitz in H.. Er wurde zum alleinigen Geschäftsführer bestellt und trat noch am Gründungstag von seinem Geschäftsanteil in Höhe 25.000 € einen Anteil über 24.750 € an L1 ab. Anfang 2015 wurde der Angeklagte zwar von seinem Geschäftsführerposten abberufen; diese Funktion übernahm von nun an der anderweitig Verfolgte L1. Doch blieb er faktischer Geschäftsführer der GmbH. Er besaß für sie eine umfassende und alleinige Vertretungsvollmacht, war deren Hauptverantwortlicher in Deutschland und war berechtigt, über deren Geschäftskonten zu verfügen.

2. Der Unternehmenszweck der T2 GmbH, die am 1. Oktober 2012 in T. GmbH umfirmiert wurde, war der Import und Export von Waren aller Art, insbesondere der Import und Vertrieb von Computerzubehör, Haushalts- und Unterhaltungselektronik, Kamera- und Fotografiezubehör sowie elektronisches Spielzeug und Videospielzubehör. Die GmbH bezog ihre Waren primär aus China und Hongkong von Unternehmen, die zum T1-Konzern gehörten, importierte diese nach Deutschland und lagerte sie in H. ein. Der Verkauf der Waren erfolgte sodann über das Internet – vor allem über die Internetportale Amazon und Ebay – an private Endabnehmer im In- und Ausland auf eigene Rechnung der T. GmbH. Die Endabnehmer bezahlten die Waren vereinzelt im Wege von Einzelüberweisungen auf das Geschäftskonto der Einziehungsbeteiligten bei der C.bank. Der überwiegende Kundenanteil nutzte zur Rechnungsbegleichung jedoch den Internet-Bezahlservice PayPal.

3. Das Geschäftskonzept der T. GmbH war spätestens ab Ende 2013 auf Steuerhinterziehung in Millionen-Höhe ausgerichtet. Insbesondere die Umsätze, die die GmbH durch ihre Verkäufe über Ebay in Deutschland, in EU-Mitgliedstaaten und in Drittländern erzielte, sollten nur zu einem geringen Teil versteuert werden; der Großteil sollte der Besteuerung entzogen werden. Das "Steuerhinterziehungsmodell" sah im Einzelnen wie folgt aus:

a. Die T. GmbH nutzte für den Verkauf ihrer Produkte über Ebay mindestens 15 verschiedene Accounts, namentlich:

"t3",

"a.",

"b.",

"d.",

"l.",

"n.",

"t.",

"t1_ u.",

"t1. w.",

"t1_ s.",

"t1_ s1",

"t1_w",

"t4",

"t5" und

"u.".

b. Zur Tarnung und Vorspiegelung eines vermeintlich ordnungsgemäßen und seine Steuerpflichten erfüllenden Geschäftsbetriebs diente der Account " t3". Die darüber erzielten Umsätze meldete der Angeklagte über das für die Einziehungsbeteiligte tätige H. Steuerberatungsbüro B. gegenüber dem für die GmbH zuständigen Finanzamt H.- H., im Rahmen der Jahresumsatzsteuererklärung 2014 bzw. im Rahmen der jeweiligen Umsatzsteuervoranmeldungen betreffend die Zeiträume Januar 2015 bis August 2016 an. Die über die 14 weiteren Ebay-Accounts erzielten Umsätze hingegen verschwieg er der Steuerbehörde gegenüber (hierzu im Einzelnen unter Ziffer 6.). Dabei sind in allen steuerrelevanten Anmeldezeiträumen auch Lieferungen an private Endabnehmer in Deutschland erfolgt. Soweit die Verkäufe der T. GmbH an private Endabnehmer in anderen EU-Mitgliedstaaten in den dortigen Ländern der Umsatzsteuer unterfielen, wurden weder Umsatzsteueridentifikationsnummern beantragt noch die erforderlichen Umsatzsteuererklärungen abgegeben; auch wurde die geschuldete Umsatzsteuer nicht entrichtet.

c. Die zu den zuvor benannten Accounts zugehörigen, für den Käufer im Internet abrufbaren Informationen, insbesondere die zum Verkäufer und zur Ausübung des Widerrufsrechts dienten einerseits dazu, den Eindruck einer gewissen Seriosität zu erwecken. So gab man als Widerrufsadressat stets die einer in Hamburg ansässigen D. Gesellschaft an: Mit der Firma " T2 GmbH" verwendete man dabei ganz überwiegend den bei der Gründung der Einziehungsbeteiligten verwendeten Namen; als Widerrufsadresse war meist " B.str. ...", mithin der Standort der T. GmbH, oder aber " P.weg ..." – dort war die T. GmbH bis Ende 2015 Untermieter gewesen – genannt. Als Telefonnummer war die Rufnummer der Einziehungsbeteiligten aufgeführt.

Doch dienten die Vielzahl der Account-Bezeichnungen und die dazu abrufbaren Informationen andererseits auch der Verschleierung. Es sollte sichergestellt werden, dass eine Zurechnung der diversen Ebay-Accounts und der darüber erzielten Umsätze zur T. GmbH nicht ohne weiteres möglich war. Während – wie bereits erwähnt – als Widerrufsadressat das Unternehmen " T2 GmbH" in Hamburg und als Artikelstandort jeweils " H." angegeben waren, suggerierten die weiteren Informationen über den Verkäufer den Eindruck, als stünde hinter den Accounts " t1_w", " t1_ s.", " t1_ w.", " t1_ s1", " u.", " t1u.", " n.", " d." und " a." das chinesische Unternehmen G. N. Ltd. bzw. hinter den Accounts " t.", " b.", " t4" und " t5" das in Hongkong ansässige Unternehmen R. T. Ltd. Sowohl G. N. Ltd. als auch R. T. Ltd. sind Teil des T1-Konzerns; deren Hauptverantwortlicher ist jeweils der anderweitig Verfolgte L1. Dadurch sollten die Verantwortlichen verschleiert und die Ausübung der Käuferrechte erschwert werden.

d. Zur Abdeckung der kriminellen Machenschaften wurden die Verkäufe, die über die 14 weiteren Accounts erfolgten, nicht in die Buchhaltung der T. GmbH eingebracht. Weder fanden die Einkaufsrechnungen der Unternehmen, von denen die T. GmbH die von ihr verkauften Waren erworben hatte, Eingang in die Buchhaltung, noch wurde die von der T. GmbH gezahlte, diese Waren betreffende Einfuhrumsatzsteuer erfasst und bei den Umsatzsteuervoranmeldungen geltend gemacht. Auch hielt man keine Buch- oder Belegnachweise vor betreffend die Absatzwege der einzelnen Verkaufsgüter mit ihrer jeweiligen Zielbestimmung einschließlich des jeweiligen Käufers.

4. Dadurch wollten der Angeklagte und der anderweitig Verfolgte L1 mit der T. GmbH erhebliche Gewinne erzielen. Aufgrund der ersparten Umsatzsteuer konnten sie die Waren günstiger anbieten und verkaufen als steuerehrliche Mitbewerber. Der Angeklagte war dabei fest eingebunden in das "Steuerhinterziehungsmodell". Die zuvor geschilderten Details waren ihm bekannt. Wenngleich die strategischen Entscheidungen jeweils in der chinesischen T1-Konzernzentrale in S., insbesondere von dem anderweitig Verfolgten L1 getroffen wurden, fungierte der Angeklagte als dessen "Statthalter" in Deutschland. Ihm war, nachdem er am 15. Januar 2015 als Geschäftsführer abberufen und durch den anderweitig Verfolgten L1 ersetzt worden war, eine schriftliche Generalvollmacht erteilt worden. Seine Rolle erschöpfte sich nicht darin, entsprechend große Lagerhallen für die Einziehungsbeteiligte anzumieten und die Mitarbeiter zu bezahlen – was teilweise "schwarz" geschah mit Bargeld, das ihm aus C. zur Verfügung gestellt wurde. Vielmehr war L. sowohl der entscheidende Verbindungsmann zwischen der Konzernspitze in C. und dem Unternehmen in Deutschland, als auch der mit umfassenden Befugnissen ausgestattete Hauptverantwortliche der deutschen Gesellschaft. Insbesondere kümmerte er sich um deren steuerliche Belange und war der Ansprechpartner für das für die Einziehungsbeteiligte engagierte H. Steuerberatungsbüro B.. Anstelle über den Steuerberater Originalrechnungen einzureichen, erstellte er eigenhändig Abrechnungen der über Ebay erzielten Umsätze und ließ diese an die Steuerbehörde weiterleiten. Auch stellte er sicher, dass – im Falle von Nachfragen seitens der Steuerbehörde – nachträglich erstellte und inhaltlich unrichtige Unterlagen aus C. zur Verfügung gestellt wurden, um ein etwaiges Entdeckungsrisiko zu verringern.

5. Entsprechend des zuvor geschilderten Modells bewirkten der Angeklagte und der gesondert Verfolgte L1, dass von dem – gutgläubigen – H. Steuerberatungsbüro B. für die T. GmbH beim zuständigen Finanzamt H.- H. lediglich die Umsätze angegeben wurden, die die T. GmbH über den Ebay-Account " t3" erzielt hatte, und – wie der Angeklagte und der anderweitig Verfolgte L1 wussten und wollten – inhaltlich eine unrichtige Umsatzsteuerjahresklärung für das Jahr 2014 sowie die folgenden inhaltlich unrichtigen Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben wurden:

Tat Zeitraum Jahr Datum der Abgabe Zustimmung, § 168 AO Umsätze 19 % (Kz. 81) Nicht steuerbare Umsätze (Kz. 45) Vorsteuer (Kz. 66) Einfuhrumsatzsteuer (Kz. 62) Zahllast / Erstattung (Kz. 83)
1 Jahr 2014 5.7.2016 1.801.918 200.000 137.344,99 289.860,54 - 84.841,11
2 1. Quartal 2015 11.5.2015 18.5.2015 634.580 25.825,34 95.782,77 - 1.037,84
3 April 2015 8.7.2015 78.129 12.379,61 47.653,81 - 45.188,83
4 Mai 2015 8.7.2015 65.613 14.054,55 30.639,13 - 32.227,25
5 Juni 2015 10.8.2015 35.115 15.652,91 47.183,55 - 56.164,51
6 Juli 2015 9.9.2015 26.360 12.779,66 55.903,64 - 63.674,94
7 Aug. 2015 12.10.2015 76.262 17.550,89 38.598,68 - 41.659,77
8 Sept. 2015 9.11.2015 18.090 19.257,94 65.715,74
9 Okt. 2015 10.12.2015 13.205 16.671,28 75.630,53
10 Nov. 2015 11.1.2016 141.201 26.033,96 9.568,39
11 Dez. 2015 10.2.2016 442.498 30.028,48 45.187,27
12 Jan. 2016 10.3.2016 21.3.2016 127.335 25.387,98 - 1.194,33
13 Feb. 2016 11.4.2016 19.4.2016 56.698 19.973,55 - 9.200,92
14 März 2016 10.5.2016 9.770 25.596,01
15 April 2016 10.6.2016 10.000 23.588,21
16 Mai 2016 11.7.2016 489 92,85
17 Juni 2016 9.8.2016 1.412 27.241,15 37,78
18 Juli 2016 22.8.2016 301 34.766,80
19 Aug. 2016 10.10.2016 11.737 43.102,84

6. Hingegen zeigte der Angeklagte die über die Accounts " a.", " b.", " d.", " l.", " n.", " t.", " t1_u.", " t1. w.", " t1_ s.", " t1_ s1", " t1_w", " t4", " t5", " u." erzielten Umsätze nicht an. Das waren namentlich:

a. 7.601.282,08 € in der am 5. Juli 2016 abgegebenen Umsatzsteuer Jahreserklärung für das Jahr 2014 (Fall 1 der Anklage);

b. 3.833.256,91 € in der am 11. Mai 2015 abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldung für den Zeitraum 1. Quartal 2015 (Fall 2 der Anklage);

c. 1.377.490,69 € in der am 8. Juli 2015 abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldung für den Zeitraum April 2015 (Fall 3 der Anklage);

d. 1.535.830,60 € in der am 8. Juli 2015 abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldung für den Zeitraum Mai 2015 (Fall 4 der Anklage);

e. 1.456.032,85 € in der am 10. August 2015 abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldung für den Zeitraum Juni 2015 (Fall 5 der Anklage);

f. 1.515.290,52 € in der am 9. September 2015 abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldung für den Zeitraum Juli 2015 (Fall 6 der Anklage);

g. 1.636.848,91 € in der am 12. Oktober 2015 abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldung für den Zeitraum August 2015 (Fall 7 der Anklage);

h. 1.732.206,38 € in der am 9. November 2015 abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldung für den Zeitraum September 2015 (Fall 8 der Anklage);

i. 1.975.992,00 € in der am 10. Dezember 2015 abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldung für den Zeitraum Oktober 2015 (Fall 9 der Anklage);

j. 2.380.711,54 € in der am 11. Januar 2016 abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldung für den Zeitraum November 2015 (Fall 10 der Anklage);

k. 2.317.899,12 € in der am 10. Februar 2016 abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldung für den Zeitraum Dezember 2015 (Fall 11 der Anklage);

l. 2.126.495,77 € in der am 10.3.2016 abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldung für den Zeitraum Januar 2016 (Fall 12 der Anklage);

m. 1.980.432,26 € in der am 11. April 2016 abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldung für den Zeitraum Februar 2016 (Fall 13 der Anklage);

n. 2.223.314,70 € in der am 10. Mai 2016 abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldung für den Zeitraum März 2016 (Fall 14 der Anklage);

o. 2.096.420,04 € in der am 10. Juni 2016 abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldung für den Zeitraum April 2016 (Fall 15 der Anklage);

p. 2.298.689,27 € in der am 11. Juli 2016 abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldung für den Zeitraum Mai 2016 (Fall 16 der Anklage);

q. 2.369.381,22 € in der am 9. August 2016 abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldung für den Zeitraum Juni 2016 (Fall 17 der Anklage);

r. 2.384.562,87 € in der am 22. August 2016 abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldung für den Zeitraum Juli 2016 (Fall 18 der Anklage);

s. 2.535.673,12 € in der am 10. Oktober 2016 abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldung für den Zeitraum August 2016 (Fall 19 der Anklage)

7. Soweit in anderen EU-Mitgliedstaaten die Lieferschwellen überschritten waren, gab der Angeklagte in voller Kenntnis seiner steuerlichen Pflichten ebenfalls keine Umsatzsteuererklärungen für die Einziehungsbeteiligte ab. Auch führte er in den gegenüber dem Finanzamt H.- H. abgegebenen Umsatzsteueranmeldungen in Deutschland nicht steuerbare Umsätze nicht auf.

8. Infolge der in den Fällen 2, 12 und 13 erteilten Zustimmung zu den Anmeldungen durch des Finanzamt bzw. angesichts der nicht erforderlichen Zustimmung durch das Finanzamt in den Fällen 8 bis 11 und 14 bis 19 bewirkten der Angeklagte und der anderweitig Verfolgte L1 mindestens folgende Steuerverkürzungen:

a. 556.968,95 € (Fall 2),

b. 251.688,10 € (Fall 8),

c. 287.109,94 € (Fall 9),

d. 345.915,35 € (Fall 10),

e. 336.788,76 € (Fall 11),

f. 308.978,01 € (Fall 12),

g. 287.755,11 € (Fall 13),

h. 323.045,72 € (Fall 14),

i. 304.608,04 € (Fall 15),

j. 333.997,58 € (Fall 16),

k. 344.269,06 € (Fall 17),

l. 346.474,94 (Fall 18),

m. 368.431,13 € (Fall 19),

mithin einen Gesamt-Steuerschaden in Höhe von 4.396.030,69 € infolge hinterzogener Umsatzsteuer.

9. Mangels Zustimmung des Finanzamts H.- H. zur Jahresumsatzsteuererklärung 2014 sowie zu den Umsatzsteuervoranmeldungen betreffend die Zeiträume April 2015, Mai 2015, Juni 2015, Juli 2015 und August 2015 (Fälle 1, 3 bis 7) verblieb es in diesen Fällen lediglich beim Versuch der Steuerhinterziehung. Der Angeklagte wusste, dass er das seinerseits zur Tatvollendung der Steuerhinterziehung erforderliche getan hatte, ergriff jedoch keine Maßnahmen, um die Zustimmung seitens des Finanzamts zu verhindern. Der insoweit intendierte Steuerschaden hätte dabei mindestens betragen:

a. 1.104.459,79 € (Fall 1),

b. 200.148,22 € (Fall 3),

c. 223.154,87 € (Fall 4),

d. 211.560,32 € (Fall 5) ,

e. 220.170,41 € (Fall 6),

f. 237.832, 74 € (Fall 7)

10. Bei der Berechnung des Steuerschadens hat die Kammer zugunsten des Angeklagten den in der EU niedrigsten Steuersatz in Höhe von 17 % zugrunde gelegt (hierzu im Einzelnen unter Ziffer III. und IV.). Bei Zugrundelegung eines Umsatzsteuersatzes von 19 % hätte der Steuerschaden im Hinblick auf die vollendeten Taten 4.830.635,87 € betragen.

11. Auch infolge des "Steuerhinterziehungsmodells" entwickelten sich die Geschäfte der T. GmbH sehr gut. Ihre durch den Online-Versandhandel erzielten Umsätze wuchsen stetig. Während sich der allein über Ebay erzielte Umsatz im Jahr 2014 auf über 9 Millionen Euro belief, betrug er im Jahre 2015 über 21 Millionen Euro und bereits in den Monaten Januar bis August 2016 über 18 Millionen Euro. Dementsprechend bestand Bedarf, die Lagerkapazitäten zu vergrößern. Ab August 2015 mietete der Angeklagten daher in Ausübung der ihm erteilten Vollmacht für die T. GmbH eine Lagerfläche von nunmehr 2.267 qm – mithin mehr als das Doppelte der ursprünglichen Lagerkapazität des Lagers in der M. Straße ... in H. – in der B.str. ..., ... H. an zu einem monatlichen Mietpreis von ca. € 12.900 (netto). Ab dem 1. August 2016 mietete der anderweitig Verfolgte L1 als Geschäftsführer der T. GmbH für diese zusätzlich eine Lagerfläche von 4.349 qm zu einem monatlichen Mietzins von über € 20.000 in der W.- S.-Straße in H. an.

12. Nachdem dem Steuerberater der T. GmbH, dem H. Steuerberatungsbüro B., mit Prüfungsanordnung vom 29. Juli 2016 die Umsatzsteuer-Sonderprüfung für den Prüfungszeitraum Januar 2014 bis Dezember 2015 bekannt gegeben wurde – der Prüfungszeitraum wurde im Oktober 2016 bis August 2016 erweitert –, ergriffen der Angeklagte und der gesondert Verfolgte L1 weitere Maßnahmen zur Verschleierung ihres "Steuerhinterziehungsmodells". Als Mittel zur Verdeckung sollte vor allem ein "Customer Service Agreement" zwischen der T. GmbH und der H. T1 Ltd. dienen. Dieses ließ der Angeklagte im November 2016 – nach erfolgter Anforderung von Unterlagen durch die Steuerprüfung – nachträglich durch das Steuerberatungsbüro vorlegen. Der Vertrag war auf den 1. Januar 2016 rückdatiert; danach soll die T. GmbH nur noch als Dienstleister für die H. T1 Ltd. tätig gewesen sein und allein über diese Dienstleistungstätigkeiten anhand von festgelegten Richtpreisen für Lagerung, Versendung und Transport abgerechnet haben. Zusätzlich reichte das Steuerberatungsbüro auf Geheiß des Angeklagten sogenannte "Vorschussrechnungen" über angebliche "Dienstleistungen" der T. GmbH an die H. T1 Ltd. ein. Diese jeweils auf den 4. November 2016 datierenden und den – unzutreffenden – Vermerk "Den Vorschuss haben wir bereits durch Überweisung auf unser Konto erhalten" enthaltenden "Rechnungen" für die Monate Januar bis Oktober 2016 wiesen angebliche "Vorschusszahlungen" in Höhe von insgesamt 2.432.900 € aus. Zudem ließen der Angeklagte und der gesondert Verfolgte L1 das Steuerberatungsbüro eine vom 16. November 2016 datierende sogenannte "Zwischen-Rechnung" der T. GmbH an die H. T1 Ltd. einreichen, die einen angeblichen Saldo von 157.173,26 € zugunsten der T. GmbH auswies und mit der die T. GmbH über so wörtlich "angebrachte Dienstleistungen und Kostennoten" abrechnete. Tatsächlich aber war die T. GmbH – wie der Angeklagte wusste – weiterhin auf eigene Rechnung als Händler und Verkäufer im Online-Handel tätig. Eine Umstellung auf eine Dienstleistertätigkeit hatte nie stattgefunden.

Das sich stellende Problem, dass die angeblichen Zahlungen auf die "Vorschussrechnungen" zuvor als solche nicht in die Buchführung der T. GmbH eingeflossen waren, versuchten der Angeklagte und der gesondert verfolgte L1 dadurch zu lösen, dass Umbuchungen vom PayPal-Konto auf das Bankkonto der Einziehungsbeteiligten im Nachhinein als Zahlungen auf die Vorschussrechnungen durch einen handschriftlichen Zusatz ("Vorauszahlungen für Service T1 H. Ltd.") auf dem Buchungskonto ... "umgedeutet" wurden. Da in den Umsatzsteuervoranmeldungen der T. GmbH für die Monate Januar bis Oktober 2016 diese Zahlungen auf die "Vorschussrechnungen" jedoch nicht als nicht steuerbare Umsätze angemeldet worden waren, holte der Angeklagte dies am 1. Februar 2017 nach und ließ – nach der Anforderung der Unterlagen durch die Umsatzsteuer-Sonderprüfung – in der Umsatzsteuervoranmeldung für den Monat November 2016 durch der Steuerberatungsbüro nicht steuerbare Umsätze in Höhe von 2.590.073 € anmelden.

13. Schließlich wurden Ende März 2018 zur weiteren Vervollständigung der Verschleierungsmaßnahmen folgende Handlungsanweisungen erstellt und den Mitarbeitern der T. GmbH zur Kenntnis gebracht:

Heute Nachmittag gab es eine Benachrichtigung, dass das Finanzamt mit dem Zollamt nach Ostern hierherkommt, um unsere Lager zu prüfen. Damit die Prüfung gut bewältigt wird, werden wir gemäß der Erfahrungen der letzten Prüfungen folgende Maßnahmen durchführen:

1. Die unangemeldete Kollegen sind angeordnet, Urlaub zu nehmen, besonders die Kollegen mit asiatischem Aussehen sind beim Zollamt von Interesse. Es ist verboten, dass die Familienangehörigen der chinesischen Kollegen sie zur Arbeit ins Lager fahren und nach der Arbeit abholen. Für die, die wirklich Probleme haben hierher zu kommen, können die Kosten für den öffentlichen Nahverkehr teilweise übernommen werden. Es muss unbedingt vermieden werden, dass Probleme bei der vom Zollamt durchgeführten Personalkontrolle im Lager entstehen.
2. Die Lieferscheine der letzten Zeit müssen bereitgestellt werden, so sind die Fragen vom Zollamt über die Herkunft der Waren vorbereitet.
3. Die Retourwaren vom Lager DE1 sollen zurzeit nicht zu dem Lager, das nach der Zusammenlegung entsteht, geschickt werden. Zwecks der Prüfung vom Zollamt müssen die Kollegen für das neue und alte Lager genannt werden, die bei der Prüfung vom Zollamt anwesend sein sollen. Somit sind das Personal und dadurch die Konzentration vom Zollamt verstreut.
4. Ein Recyclingunternehmen muss sofort kontaktiert und ein Container für Elektroschrott hierher gefahren werden. Ein Teil von den unbrauchbaren Retourwaren muss entsorgt und der Container danach auch sofort weggefahren werden. Somit sind die Lagervorräte einigermaßen ausgeglichen.
5. Alle sensiblen Informationen in OA, Enterprise QQ und in Emails müssen gelöscht werden. Die Dokumente über Finanzen und Personal müssen auch gelöscht werden.
6. Die Türen der Lager müssen immer geschlossen bleiben. Wenn irgendetwas Ungewöhnliches passiert, müssen die vor Ort bleibenden unangemeldeten Mitarbeiter sofort weg transferiert werden.

Den Hinweis betreffend die Durchsuchung, die am 4. April 2018 stattfand, hatten der Angeklagte und der anderweitig Verfolge L1 spätestens Ende März erhalten. Daraufhin wurden in den Geschäftsräumen und Lagern der T. GmbH Vorkehrungen getroffen, dass bei einer etwaigen Durchsuchung möglichst wenig inkriminierende Dokumente gefunden wurden.

III.

Die getroffenen Feststellungen der Kammer beruhen maßgeblich auf der geständigen Einlassung des Angeklagten. Die Kammer hält das Geständnis, das im Rahmen einer Verständigung (§ 257c StPO) abgegeben worden ist, für uneingeschränkt glaubhaft. Es wird durch die Beweisaufnahme, insbesondere durch die Angaben der Zeugen S. und R. sowie durch die Vielzahl der im Wege des Selbstleseverfahrens eingeführten Urkunden und durch die in Augenschein genommenen Lichtbilder, Telefonate und Protokolle des vom Angeklagten zur Kommunikation mit dem gesondert Verfolgten L1 und anderen Beteiligten genutzten Messengerdienstes "WeChat", eines vornehmlich in C. verbreiteten Äquivalents zum in Deutschland genutzten Dienst "WhatsApp", bestätigt und in Details ergänzt. Soweit sich die Kammer auf Telefonate und "WeChats" stützt, hat sie vor dem Hintergrund der diesbezüglichen Angaben des Angeklagten und der glaubhaften Angaben des Zeugen S. sowie der eingeführten Anschlussdaten keinen Zweifel, dass der Angeklagte jeweils der Gesprächs- bzw. Chatpartner ist.

A. Einlassung des Angeklagten:

Der Angeklagte hat sich im Rahmen der Hauptverhandlung zunächst in einer schriftlichen Erklärung zur Sache, die von seinem Verteidiger vorgelesen und von ihm selbst als seine Einlassung zur Sache anerkannt worden ist, dahingehend eingelassen, dass die Tatvorwürfe zuträfen, soweit es seine Person beträfe. Im Anschluss hat er Nachfragen des Gerichts und der übrigen Verfahrensbeteiligten beantwortet.

Im Einzelnen hat der Angeklagte L. angegeben:

1. Er habe auf Geheiß des anderweitig Verfolgten L1 im Herbst 2012 die T. GmbH in H. gegründet, da sein Chef, Herr L1, zu dieser Zeit in England gewesen sei. Noch am Tage der Gesellschaftsgründung habe er, der zum Geschäftsführer bestellt worden sei, die Mehrheit an dem Unternehmen an L1 übertragen. Nach seiner Abberufung von der Geschäftsführung habe er eine umfassende Vollmacht für die GmbH erhalten. Doch habe er stets entsprechend der Anweisungen der Geschäftsführung des T1-Konzerns in S. gehandelt, insbesondere was die Einstellung und Bezahlung des Personals sowie die steuerlichen Angelegenheiten der T. GmbH betroffen habe. So habe er insbesondere von der Konzernleitung in S. die Belege und Unterlagen erhalten, die er über das Steuerberaterbüro B. an das Finanzamt H.- H. habe weiterleiten lassen. Viele Mitarbeiter der T. GmbH hätten ihre Löhne bar erhalten; dadurch sollten Lohnkosten gespart werden, um konkurrenzfähig zu bleiben. Hierzu habe er Gelder aus C. von der T1 Zentrale auf seine Privatkonten bei der H. Sparkasse und der D. Bank sowie auf sein PayPal-Konto erhalten. Er habe sämtliche Beträge für die Bezahlung der Mitarbeiter der T. GmbH verwendet. Aufgrund der strengen Überwachung durch die T1 Zentrale in C. sei es überhaupt nicht möglich gewesen, Geld für sich einzubehalten. Sein Einstiegsgehalt habe 3.000 € brutto im Monat betragen; zuletzt habe er ca. 4.000 € brutto bzw. 2.800 € netto verdient.

2. Die Vorwürfe in der Anklageschrift seien zutreffend, soweit es seine Person beträfe. Insbesondere habe die T. GmbH die darin erwähnten Umsätze über die 14 weiteren Ebay-Accounts durch Warenverkäufe nach Deutschland, in EU-Mitgliedsstatten und Drittländer erzielt, jedoch nicht dem Finanzamt H. gegenüber angegeben. Ihm sei nicht bekannt, dass Umsätze im Ausland steuerlich erklärt worden seien; er habe entsprechende Erklärungen nicht abgegeben. Das "Customer Service Agreement" sei nachträglich erstellt und nie gelebt worden. Die diesbezüglichen Ausführungen in der Anklageschrift seien korrekt. Das Dokument sei zeitlich nach Anordnung der Umsatzsteuer-Sonderprüfung erstellt worden.

3. Die mit den E-Mail-Adressen b.@gmail.com und t.@gmail.com verknüpften PayPal-Konten, von denen ab Mitte 2015 wiederholt Beträge im fünfstelligen Bereich auf das PayPal-Konto der T. GmbH aber auch auf sein privates PayPal-Konto geflossen sind, seien dem T1-Konzern in C. zuzurechnen.

4. Hingegen sei W. S., zu dem er wiederholt Kontakt über WeChat gehabt habe, und von dem er Überweisungen auf sein privates Konto erhalten habe, ein enger Freund von ihm. S. kümmere sich um seine (des Angeklagten) Eltern in C.; im Gegenzug habe er, der Angeklagte, W. S. bei der Leitung dessen in Deutschland ansässigen Unternehmens, der L. T. GmbH, unterstützt. Es bestehe keine Verbindung zwischen W. S. und der T. GmbH.

B. Würdigung der Einlassung

Die Kammer hat nach der Beweisaufnahme keinen Zweifel an der Glaubhaftigkeit des Geständnisses. Es ist bereits kein Grund ersichtlich, dass sich der Angeklagte zu Unrecht der Umsatzsteuerhinterziehung in Millionenhöhe bezichtigt haben könnte. Im Übrigen wird sein Geständnis durch die erhobenen Beweise bestätigt und in wesentlichen Details ergänzt.

Im Einzelnen:

1. Die Feststellungen zur Unternehmensgeschichte der T. GmbH stützt die Kammer – neben der Einlassung des Angeklagten – auf die eingeführten Urkunden, insbesondere auf die notariellen Urkunden und Schriftstücke vom 27. September 2012 (Gesellschaftsgründung und Abtretung eines Gesellschafteranteils), vom 1. Oktober 2012 (Umfirmierung) und vom 3. November 2016 (Adressänderung der Gesellschaft) sowie auf die Vermerke der Zeugen R. und S. vom 9. Dezember 2016 und 17. November 2016. Danach war die T. GmbH in ein weltweit operierendes Netzwerk eingebunden, das Waren aus China oder Hongkong über Online-Verkaufsportale vertrieb. Die Gesellschaft importierte die Waren zunächst nach Deutschland, lagerte sie hier ein und veräußerte sie sodann über die Verkaufsportale Amazon und Ebay an private Endabnehmer. Der anderweitig Verfolgte, c. Staatsbürger L1 war dabei – als Inhaber diverser Unternehmen, die zum T1-Konzern gehören, wie beispielsweise die in S. ansässige T1 T. Ltd., die H1 G. N. Ltd. sowie die H1 R. T. Ltd. – der entscheidende Hintermann.

Die eingeführten Mietverträge belegen die Objekte, die für die T. GmbH angemietet worden waren, und den stetig gewachsenen Lagerbedarf. Im Übrigen war die Gesellschaft dem Vermerk des Zeugen R. vom 9. Dezember 2016 zufolge bis November 2015 Untermieter in einem Objekt im P.weg ... in H..

2. Die Feststellungen zur Rolle und Funktion des Angeklagten innerhalb der T. GmbH beruhen insbesondere auf dem Handelsregisterauszug vom 6. November 2017 sowie auf der Urkunde vom 15. Januar 2015 betreffend die Abberufung des Angeklagten vom Geschäftsführerposten. Der "Allgemeinen Vertretungsvollmacht" vom 30. Januar 2015 zufolge war der Angeklagte trotz seiner Abberufung vom Posten des Geschäftsführers berechtigt, für die T. GmbH Rechtsgeschäfte jeglicher Art, insbesondere Mietverträge, Logistikverträge, Lieferantenverträge, Verträge bezüglich Wareneinkaufs und Warenverkaufs abzuschließen. Die eingeführten Auskünfte der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) sowie der Vermerk des Steuerfahnders S. vom 9. Juli 2018 belegen, dass der Angeklagte nicht nur für das betriebliche Konto der T. GmbH bei der C.bank verfügungsberechtigt, sondern auch Inhaber deren PayPal-Kontos war.

3. Die Einlassung des Angeklagten, er habe auf Geheiß des anderweitig Verfolgten L1 sowie entsprechend der Vorgaben aus der Konzernspitze in S. gehandelt, hält die Kammer für plausibel und glaubhaft. Doch ist sie nach der Beweisaufnahme überzeugt, dass er – trotz dessen – als selbständiger, mit umfassenden Befugnissen ausgestatteter "Statthalter" L1s in Deutschland fungierte:

a. Zwar bezeichnet der Angeklagte den anderweitig Verfolgten L1 in dem eingeführten WeChat wiederholt als "Boss", dem er "folge" und dessen "Planung" er umsetze (WeChat vom 31. März 2016). Doch verdeutlichen schon seine umfassenden Befugnisse, dass der Angeklagte – trotz Abberufung vom Posten als Geschäftsführer – nach wie vor wie ein Geschäftsführer für die T. GmbH tätig war. Er vertrat sie nicht nur in sämtlichen Rechtsgeschäften, sondern war auch für deren betriebliches Konto bei der C.bank verfügungsberechtigt und war Inhaber deren PayPal-Kontos. Korrespondierend zu diesen weitreichenden Befugnissen beschreibt L1 im WeChat vom 13. März 2016 die Position des Angeklagten wie folgt:

"Ich brauche solche Leute, die meine Pläne umsetzen, Arbeit überwachen und Aufgaben kontrollieren."

Der eingeführte WeChat zwischen dem Angeklagten und L1 verdeutlicht im Übrigen, dass L1 den Angeklagten insbesondere im Zusammenhang mit der Umsatzsteuer-Sonderprüfung wiederholt um Rat fragte und in Entscheidungsprozesse einbezog, insbesondere betreffend die Frage, ob der Geschäftsbetrieb der T. GmbH angesichts der Prüfung durch das Finanzamt aufrecht erhalten bleiben soll. Ein solches Verhalten erklärt sich zur Überzeugung der Kammer nur auf der Grundlage einer umfassenden Selbständigkeit und Eigenverantwortlichkeit des Angeklagten.

b. Im Übrigen belegen die eingeführten Telefonate die Eigenständigkeit des Angeklagten beim Handeln für die Einziehungsbeteiligte. So führt er beispielsweise in dem Telefonat vom 21. Dezember 2017 um 12:14:50 Uhr dem Makler I. gegenüber aus, dass er seinem "Big Boss" gegenüber die Maklerprovision in Höhe von € 32.000 als "Miete" bezeichnen werde. Der Angeklagte traf also nicht nur Entscheidungen ohne Vorgaben aus C., sondern war sogar gewillt, L1 gegenüber Lebenssachverhalte inhaltlich anders darzustellen.

4. Dass der Angeklagte insbesondere auch mit den steuerlichen Angelegenheiten der T. GmbH betraut und vertraut war, folgt aus den WeChats zwischen ihm und L1 sowie der Mailkorrespondenz zwischen dem für das Steuerberaterbüro B. tätigen Sachbearbeiter H. und dem Angeklagten. Er war derjenige, der in engem Austausch mit dem Steuerberatungsbüro stand. So erklärt er im WeChat vom 8. September 2015 L1 gegenüber unter anderem:

"Ich bin beim Steuerberater und er macht mit mir die Buchprüfung."

Den übereinstimmenden Angaben der Zeugen E. und R. zufolge, die im Zusammenhang mit der Umsatzsteuer-Sonderprüfung persönlichen Kontakt zu dem Angeklagten hatten, sei dieser als verantwortlicher Ansprechpartner für die T. GmbH aufgetreten und habe die von Seiten des Finanzamts geforderten Unterlagen geliefert. Die verlesene Maikorrespondenz des Angeklagten mit dem für das Steuerberaterbüro tätigen Sachbearbeiter H. bestätigt dies. Ansprechpartner für steuerliche Angelegenheiten war allein der Angeklagte. Nur ihn hat Herr H. wiederholt angeschrieben; ihm hat er steuerrechtliche Sachverhalte erklärt bzw. dargelegt, welche Unterlagen das Finanzamt von Seiten der T. GmbH angefordert habe, ihn beispielsweise darauf aufmerksam gemacht, dass die Buchhaltungsunterlagen hinsichtlich der Wareneinfuhren nicht vollständig seien.

5. Die Feststellungen zu dem auf planmäßige dauerhafte Hinterziehung von Umsatzsteuern angelegte Modell stützt die Kammer – neben der geständigen Einlassung des Angeklagten – insbesondere auf die eingeführten Urkunden und Schriftstücke sowie die übereinstimmenden Angaben des Betriebsprüfers R., der die Umsatzsteuer-Sonderprüfung bei der T. GmbH durchgeführt hat, und des mit dem vorliegenden Strafverfahren befassten Steuerfahnders S.. Danach ist die Kammer überzeugt, dass das Geschäftsmodell der Einziehungsbeteiligten spätestens ab Ende 2013 auf Umsatzsteuerhinterziehung in Millionenhöhe angelegt war.

a. Nach der Beweisaufnahme steht fest, dass die T. GmbH während des gesamten Tatzeitraums nicht nur über den dem Finanzamt gegenüber benannten Ebay-Account " t3" als Online-Händler auf eigene Rechnung Waren an private Endabnehmer in Deutschland, in EU-Mitgliedstaaten und Drittländer verkaufte, sondern auch über die unter Ziffer II. benannten weiteren 14 Ebay-Accounts.

(1) Der Zeuge R., der als Betriebsprüfer des Finanzamts die Umsatzsteuer-Sonderprüfung bei der Einziehungsbeteiligten durchgeführt hatte, hat ausgeführt, dass er bei Sichtung der ihm durch den Angeklagten über das Steuerberaterbüro zur Verfügung gestellten Unterlagen Kontoauszüge des Betriebskontos der T. GmbH gefunden habe, die nicht in der Buchhaltung erfasst gewesen wären. Bei der Durchsicht der Kontoauszüge sei nur bei einem kleinen Teil der Buchungen aus den Angaben der jeweiligen Käufer ein Rückschluss auf den Accountnamen des Verkäufers möglich gewesen. Jedoch sei er vereinzelt auf Buchungen gestoßen, bei denen Privatkunden im Zusammenhang mit der Warenbezahlung auf ihrem Überweisungsträger auch andere Ebay-Accounts als " t3" als Verkäufer angegeben hatten, nämlich eines der oben genannten, 14 weiteren Ebay-Accounts. Er habe sodann bei Ebay die Daten dieser 14 Accounts angefordert und mit einer speziellen Software ("Idea") ausgewertet. Dabei habe er festgestellt, dass über diese 14 Accounts erhebliche Umsätze getätigt worden seien, die weder in der Buchführung der T. GmbH erfasst gewesen noch dem Finanzamt gegenüber erklärt worden seien.

(2) Bestätigt und ergänzt werden diese Angaben durch die vom Zeugen R. im Rahmen der Umsatzsteuer-Sonderprüfung verfassten Vermerke vom 5. Oktober 2016 und 9. Dezember 2016. Danach hat der Angeklagte im Rahmen der Umsatzsteuer-Sonderprüfung dem Zeugen R. gegenüber angegeben, dass die T. GmbH ihre Waren bei Ebay lediglich über den Account " t3" verkauft habe, diesen Account jedoch am 4. Juni 2015 die T1-Gruppe aus C. übernommen habe. Der Zeuge R. hat sodann die vollständigen Accountdaten von " t3" bei Ebay abgefordert und festgestellt, dass die dort verzeichneten Umsätze von den Umsätzen abwichen, die der Angeklagte über das für ihn tätige Steuerberaterbüro übermittelt hatte. Dabei hatte der Angeklagte selbst erstellte Abrechnung verfasst, in der er einzelne Werte wie Umsatz und Gebühren aufgeführt hatte. Aus den erst am 12. Oktober 2016 nachgereichten Originalabrechnungen von Ebay, so heißt es in den Vermerken weiter, ergaben sich jedoch diverse Umsätze aus Einzelüberweisungen unter Nennung der zuvor erwähnten 14 weiteren Ebay-Verkäufer Accounts.

(3) Der Zeuge S., verantwortlicher Steuerfahnder in dem vorliegenden Verfahren, hat die Angaben des Zeugen R. bestätigt. Er sei, so der Zeuge S., im November 2017 von diesem mit dem Verfahren betraut worden. Nach Prüfung der bis dato zusammen getragenen Erkenntnisse habe er gegen den Angeklagten und den anderweitig Verfolgten L1 ein Strafverfahren eingeleitet, da deutliche Hinweise auf 14 weitere Ebay-Accounts bestanden hätten, unter denen die T. GmbH als Onlinehändler auf eigene Rechnung tätig gewesen sei und über die sie erhebliche Umsätze erzielt hätte, die jedoch nicht dem Finanzamt gegenüber erklärt worden seien. So sei beispielsweise als Widerrufs- und Rücksendeadresse mit der " T2 GmbH" der frühere Firmenname der Einziehungsbeteiligten genannt worden. Mit Hilfe des ATLAS-Systems (Automatisiertes Tarif- und Lokales Zollabwicklungssystem) habe er, so der Zeuge S., die Ein- und Ausfuhren der T. GmbH geprüft und festgestellt, dass in der Buchhaltung weniger Einfuhren vermerkt worden seien als tatsächlich Einfuhrumsatzsteuer für die T. GmbH festgesetzt worden sei. So habe die T. GmbH im Jahr 2015 – dies hat der Zeuge nach Vorhalt aus seinem Vermerk vom 17. November 2017 bestätigt – im Jahr 2015 insgesamt € 830.359,37 Einfuhrumsatzsteuer für die Einfuhr von Waren aus C. gezahlt, jedoch – anstelle des gesamten Betrages – nur € 466.676,24 als Vorsteuer geltend gemacht. Das Nichterfassen von Wareneinkäufen und die damit verbundene teilweise Nichtgeltendmachung gezahlter Einfuhrumsatzsteuer mache aus wirtschaftlicher Sicht nur Sinn, so der Zeuge S., wenn die auf die nicht gebuchten Einkäufe entfallenden Verkäufe der Besteuerung entzogen werden sollen.

Im Übrigen hätten, so der Zeuge S., die an den Betriebsprüfer R. übergebenen Unterlagen keine Originalabrechnungen von Ebay und PayPal enthalten; vielmehr hätte der Angeklagte über den Steuerberater lediglich selbst gefertigte Abrechnungen übergeben. Anhand dieser Unterlagen seien aber weder die über Ebay umgesetzten Beträge noch die über PayPal gezahlten Kaufpreise nachzuvollziehen gewesen. Schließlich sei erst im Rahmen der Umsatzsteuer-Sonderprüfung behauptet worden, dass die T. GmbH nicht mehr eigenständig als Online-Händler bei Ebay, sondern nur noch als Dienstleister für den Mutterkonzern in C. tätig sei. Begleitend dazu habe man rückdatierte Unterlagen und Rechnungen eingereicht, um die Behauptung einer angeblich reinen Dienstleistungstätigkeit zu stützen.

Er habe, so der Zeuge S. weiter, insbesondere die im Rahmen der Durchsuchung bei der Einziehungsbeteiligten in Papier- oder digitaler Form sichergestellten Unterlagen gesichtet sowie die auf dem Mobiltelefon des Angeklagten gesicherte Kommunikation ausgewertet. Den Tatzeitraum betreffende Einzelabrechnungen von PayPal habe er trotz Anforderung bei dem Bezahlservice nicht erhalten. Seinen Ermittlungen zufolge sei das PayPal-Konto, das der T. GmbH zuzurechnen sei, bis Juni 2015 wie ein "normales Verkäufer-PayPal-Konto" geführt worden, d.h. bis zu diesem Zeitpunkt seien Einzelzahlungen der jeweiligen Ebay-Käufer auf dem Konto eingegangen. Ab Mitte 2015 seien darauf nur noch Zahlungen anderer PayPal-Konten geflossen, insbesondere von den mit den E-Mail-Adressen b.@gmail.com und t.@gmail.com verknüpften PayPal-Konten, die dem T1-Konzern in C. zuzurechnen seien. Von diesen Adressen seien wiederholt fünfstellige Beträge auf das PayPal-Konto der T. GmbH eingegangen.

(4) Die Kammer ist von der Glaubhaftigkeit der Angaben der Zeugen und deren Glaubwürdigkeit überzeugt. Eine Belastungstendenz war nicht vorhanden; vielmehr haben die Zeugen aus einem intakten Erinnerungsvermögen heraus sachlich und detailliert ihre Wahrnehmungen und Erkenntnisse geschildert. Etwaige Erinnerungslücken haben sie von sich aus benannt. Der Umstand, dass der Zeuge R. trotz schwerer Krankheit seiner Zeugenladung gefolgt ist – zum Aussagezeitpunkt durchlief er eine Chemotherapie –, ist aus Sicht der Kammer Ausdruck einer Zuverlässigkeit und eines besonderen Pflichtbewusstseins.

Insbesondere aber werden die Angaben der Zeugen R. und S. – wie auch das Geständnis des Angeklagten – bestätigt durch die eingeführten Urkunden und Schriftstücke. So belegen die Kontoauszüge des Betriebskontos der Einziehungsbeteiligten bei der C.bank, dass jedenfalls bis Oktober 2015 Kaufpreiszahlungen für über weitere 14 Accounts getätigte Verkäufe auf das betriebliche Konto der T. GmbH bei der C.bank erfolgten. Namentlich waren dies die Accounts " t1_w", " t1_ s.", " t1_ w.", " t1_ s1", " u.", " t1u.", " n.", " d.", " a.", " t.", " b.", " t4", " l." und " t5". Zwar hat die Kammer den Geldfluss in Richtung der T. GmbH nur rudimentär aufklären können. Doch ist sie überzeugt, dass sämtliche der über die 14 weiteren Ebay-Accounts erzielten Umsätze von der T. GmbH erzielt wurden und ihr damit steuerrechtlich zuzurechnen sind:

Der Umstand, dass bis Oktober 2015 unter Nennung dieser Verkäufer-Accounts Kaufpreiszahlungen auf dem Betriebskonto der Einziehungsbeteiligten eingegangen sind, bestätigt das Geständnis des Angeklagten, dass die T. GmbH die verantwortliche Verkäuferin war und sich vorgenannter Accounts bediente. Es sind keine anderen plausiblen Gründe ersichtlich, weshalb ein Käufer den Kaufpreis auf deren Betriebskonto hätte leisten sollen. Im Übrigen hat die T. GmbH – Umsatzsteuer ausweisende – Rechnungen an diejenigen Käufer erstellt, die auf ihr Geschäftskonto bei der C.bank Zahlungen für über die zuvor benannten Accounts getätigten Verkäufe geleistet hatten. Die Ausstellung vereinzelter Umsatzsteuerausweise erfolgte jedoch nur zum Schein; gezahlt werden sollte die Umsatzsteuer nicht. Dass die Geldflüsse ab Oktober 2015 nicht mehr im Einzelnen nachweisbar sind, ändert nichts an der Überzeugung der Kammer. In der Gesamtschau der – sogleich unter lit. b. dargestellten – Umstände ist die Kammer überzeugt, dass die Umstellung des PayPal-Systems ab Mitte 2015 allein dem Zweck diente, die Geldflüsse der T. GmbH und damit die von ihr – neben dem Account " t3" – erzielten Umsätze zu verschleiern. Dem Umstand, dass der weit überwiegende Teil der Käufer im Internet das Bezahlsystem PayPal nutzt, haben sich der Angeklagte und der anderweitig Verfolgte L1 insoweit zunutze gemacht.

b. Die Feststellungen zu den Verschleierungsmaßnahmen beruhen insbesondere auf den eingeführten Urkunden und Schriftstücken sowie den Angaben der Zeugen R. und S..

(1) Die Kammer ist überzeugt, dass die Buchhaltung der T. GmbH auf Verschleierung und Vereitelung von Nachweisen angelegt war. Die Zeugen R. und S. haben übereinstimmend ausgesagt, dass die PayPal-Abrechnungen nie Gegenstand der Buchhaltung gewesen seien. Auch hätten sich in den Unterlagen keine Originalrechnungen von Ebay befunden. Vielmehr hätte der Angeklagte L. eigenhändig Abrechnungen erstellt. Erst im Rahmen der Umsatzsteuer-Sonderprüfung, so der Zeuge R., habe der Angeklagte nach Aufforderung durch das Finanzamt über seinen Steuerberater die Original-Ebay-Abrechnungen vorgelegt, allerdings nur betreffend den Account " t3". Zur Überzeugung der Kammer hätte bei ordnungsgemäßer Erfüllung der Steuerpflichten schon gar kein Bedarf bestanden, Abrechnungen eigenhändig zu erstellen; vielmehr hätte man von Anbeginn an die Originalrechnungen vorgelegt. Zudem hat den glaubhaften Angaben des Zeugen S. zufolge die Auswertung der Buchhaltungsdaten der T. GmbH ergeben, dass Wareneinkäufe in erheblichem Umfang nicht gebucht wurden und von der T. GmbH gezahlte Einfuhrumsatzsteuer nur teilweise gegenüber dem Finanzamt geltend gemacht wurde. Aus Sicht der Kammer ist dies wirtschaftlich nur dadurch plausibel zu erklären, dass auch die auf die nicht gebuchten Einkäufe entfallenden Verkäufe nicht erfasst und die darauf entfallende Umsätze der Besteuerung entzogen werden sollten.

(2) Die eingeführten Daten, die über das Internet zu den Widerrufs- und Rücksendeadressen, den jeweiligen Artikelstandorten sowie zu dem angeblich für den jeweiligen Account Verantwortlichen der benannten 14 Ebay-Accounts abrufbar waren, belegen, dass es dabei auch darum ging, den wahren Verkäufer zu verschleiern. So existierte beispielsweise die " T2 GmbH", die als Widerrufsadressat angeführt war, überhaupt nicht mehr. Die eingeführten Telefonate verdeutlichen, dass man Kunden, die sich im Zusammenhang mit Reklamationen unter der hierfür im Internet angegebenen Telefonnummer für Widerrufe – dies war, wie erwähnt, die Geschäftsnummer der T. GmbH – meldeten, "auflaufen" ließ. Gebetsmühlenartig erhielten die Anrufer die Information, lediglich ein "Lagerhaus" und nicht zuständig zu sein.

(3) Auch die Vorlage des "Customer Service Agreement" zwischen der T. GmbH und der H. T1 Ltd. diente allein der Verschleierung. Schon die Umstände der Vorlage des Agreements sind hoch verdächtig. Erst nachdem der Betriebsprüfer R. im Rahmen der Umsatzsteuer-Sonderprüfung Unregelmäßigkeiten festgestellt und weitere Unterlagen angefordert hatte, hat der Angeklagte über seinen Steuerberater im November 2016 die Vereinbarung vorgelegt, der zufolge die T. GmbH angeblich bereits seit Anfang 2016 nur noch als "Dienstleister" für die H. T1 Ltd. tätig sein soll. Tatsächlich aber hat die T. GmbH – dies belegen die eingeführten Einkaufsrechnungen – im Jahre 2016 weiterhin in großem Umfang Waren in China eingekauft und nach Deutschland eingeführt. Wäre sie nur noch als Dienstleister und nicht mehr als Online-Verkäufer tätig gewesen, hätte kein Bedarf für Wareneinkäufe bestanden.

Schließlich hat nicht nur der Angeklagte in der Hauptverhandlung eingeräumt, dass die Vereinbarung nachträglich zur Verschleierung erstellt worden sei. Vielmehr schreibt er am 1. Dezember 2016 im WeChat an den anderweitig Verfolgten L1:

"Bevor es irgendwelche wichtigen Beweismittel gibt, ist die deutsche Firma schon in einen Logistikdienstleister umgewandelt und hat keinerlei Beziehungen mehr mit den Shops."

Diese Aussage belegt, dass die T. GmbH zu diesem Zeitpunkt, mithin am 1. Dezember 2016, nach wie vor als Verkäuferin der verfahrensgegenständlichen Ebay-Accounts ("Shops") agierte. Wäre sie nur noch als Dienstleister tätig gewesen, hätte keine Notwendigkeit bestanden, über eine "Umwandlung" nachzudenken.

(4) In der Gesamtschau ist die Kammer überzeugt, dass die mit den beiden E-Mail-Adressen b.@gmail.com und t.@gmail.com verknüpften PayPal-Konten ebenfalls allein der Verschleierung dienten. Deren Zwischenschaltung sollte es erschweren – wenn nicht gar unmöglich machen –, die Geldflüsse der einzelnen Kunden nachzuvollziehen. Der Zeuge S. hat, wie bereits erwähnt, ausgeführt, dass das PayPal-Konto der T. GmbH bis Juni 2015 wie ein "normales" Verkäufer-Konto geführt worden sei. Danach seien keine, sich auf eine bestimmte Ebay-Artikelnummer sowie auf eine Produktbezeichnung beziehende Zahlung von Kunden mehr eingegangen. Stattdessen seien wiederholt von diesen Konten Beträge in fünfstelliger Höhe auf dem PayPal-Konto der T. GmbH eingegangen. Vor dem Hintergrund der zuvor geschilderten Verschleierungsmaßnahmen und dem Umstand, dass der Angeklagte eingestanden hat, dass die mit den zuvor erwähnten E-Mail-Adressen verknüpften PayPal-Konten dem T1 Unternehmen in C. zuzurechnen seien, ist die Kammer überzeugt, dass dieses Vorgehen allein dem Zweck diente, die Geldflüsse und damit einen Zusammenhang zwischen den 14 weiteren Ebay-Accounts und der T. GmbH zu verschleiern. Dass die mit den E-Mail-Adressen b.@gmail.com und t.@gmail.com verknüpften PayPal-Konten tatsächlich mit dem T1-Konzern verknüpft sind, wird dadurch bestätigt, dass der Angeklagte auf sein privat genutztes PayPal-Konto Zahlungen dieser PayPal-Konten erhielt, die er sodann auf seine privaten Girokonten überwies und in bar abhob. Der Angeklagte hat glaubhaft angegeben, mit diesen Mitteln Mitarbeiter der T. GmbH "schwarz" bezahlt zu haben.

6. Die Feststellungen zu den über die 14 weiteren Ebay-Accounts im Tatzeitraum erzielten Umsätze stützt die Kammer insbesondere auf die glaubhaften Angaben des Steuerfahnders S., auf die im Wege des Selbstleseverfahrens eingeführten über den Account " t1_ w." erzielten Umsätze, auf die im Wege des Selbstleseverfahrens eingeführten monatlichen Umsätze der Accounts " t1_w", " t1_ s.", " t1_ s1", " u.", " t1u.", " n.", " l.", " d.", " a.", " t.", " b.", " t4" und " t5" sowie auf die im Rahmen der Hauptverhandlung auszugsweise in Augenschein genommenen und mit dem Zeugen S. erörterten Umsätze dieser Accounts

Der Zeuge S. hat aus einem intakten Erinnerungsvermögen heraus detailliert geschildert, wie er die von Ebay erhalten Daten betreffend die weiteren 14 Verkäufer-Accounts aufbereitet, ausgewertet und die darüber erzielten Umsätze errechnet hat. Teilweise seien dabei E-Mail-Adressen der Käufer angegeben, aus der Kennung ".de" ergäben sich mögliche Rückschlüsse auf Lieferungen an deutsche Abnehmer. Soweit die Accounts Umsätze in Fremdwährungen – Britische Pfund, US-Dollar, Australische Dollar und Hongkong Dollar – enthalten hätten, so der Zeuge, seien diese zu dem amtlichen Umrechnungskurs der jeweiligen Monate in Euro-Beträge umgerechnet worden. Zweifel an der Richtigkeit der Auswertung hat die Kammer nach der ausführlichen Vernehmung des Zeugen nicht. Auch die Herkunft und die Bearbeitung der von ihm erhaltenen Daten lässt keine Fehler erkennen.

Danach haben sich für die vorgenannten 14 Ebay-Accounts folgende Umsätze ergeben, die in den jeweiligen Steuererklärungen der T. GmbH hätten angegeben werden müssen:

"a.":

2014 597.313,59 €

2015

Januar 100.595,78 €

Februar 97.141,72 €

März 96.945,02 €

April 91.306,61 €

Mai 118.462,36 €

Juni 106.166,88 €

Juli 120.348,45 €

August 146.648,19 €

September 158.781,85 €

Oktober 193.096,36 €

November 228.125,65 €

Dezember 200.926,17 €

2016

Januar 158.743,37 €

Februar 137.314,06 €

März 132.986,63 €

April 131.896,02 €

Mai 138.726,94 €

Juni 139.073,20 €

Juli 131.348,57 €

August 129.260,43 €

"b.":

2014 379.716,66 €

2015

Januar 68.405,04 €

Februar 54.897,47 €

März 60.070,75 €

April 52.650,01 €

Mai 54.338,93 €

Juni 67.804,37 €

Juli 73.714,32 €

August 112.230,37 €

September 120.060,47 €

Oktober 98.046,75 €

November 98.181,94 €

Dezember 97.069,21 €

2016

Januar 88.896,44 €

Februar 66.076,94 €

März 88.619,38 €

April 97.918,81 €

Mai 92.939,59 €

Juni 108.644,45 €

Juli 113.170,65 €

August 112.490,62 €

"d.":

2014 88.931,45 €

2015

Januar 15.425,29 €

Februar 9.281,68 €

März 10.879,32 €

April 11.680,79 €

Mai 15.231,11 €

Juni 16.274,44 €

Juli 20.428,23 €

August 20.004,17 €

September 26.486,27 €

Oktober 30.422,67 €

November 40.659,59 €

Dezember 34.266,98 €

2016

Januar 24.061,33 €

Februar 20.827,09 €

März 23.266,48 €

April 23.796,40 €

Mai 27.995,90 €

Juni 27.752,23 €

Juli 27.205,17 €

August 26.308,69 €

"l."

2014 (-)

2015

Januar (-)

Februar (-)

März 9.982,84 €

April 35.202,91 €

Mai 50.680,00 €

Juni 21.270,94 €

Juli 15.882,13 €

August 9.082,20 €

September 8.325,30 €

Oktober 6.632,43 €

November 4.105,31 €

Dezember 4.622,56 €

2016

Januar 7.185,87 €

Februar 5.319,79 €

März 7.625,65 €

April 9.071,90 €

Mai 10.137,20 €

Juni 9.977,86 €

Juli 6.259,48 €

August 10.110,13 €

" n."

2014 471.711,92 €

2015

Januar 80.096,52 €

Februar 76.032,71 €

März 104.001,30 €

April 99.224,26 €

Mai 91.334,32 €

Juni 99.049,13 €

Juli 102.876,13 €

August 106.921,12 €

September 106.466,41 €

Oktober 126.697,97 €

November 164.467,47 €

Dezember 208.031,69 €

2016

Januar 191.157,40 €

Februar 202.596,79 €

März 320.315,33 €

April 247.206,06 €

Mai 224.200,70 €

Juni 221.773,53 €

Juli 251.696,34 €

August 242.087,72

"t.":

2014 378.110,02 €

2015

Januar 72.360,23 €

Februar 72.079,85 €

März 76.340,18 €

April 51.130,58 €

Mai 84.915,16 €

Juni 112.687,82 €

Juli 149.008,55 €

August 198.585,03 €

September 203.727,35 €

Oktober 197.730,37 €

November 229.596,46 €

Dezember 297.253,38 €

2016

Januar 279.483,54 €

Februar 240.453,45 €

März 256.892,51 €

April 230.208,80 €

Mai 227.392,79 €

Juni 204.577,01 €

Juli 200.665,92 €

August 65.945,65 €

"t1_ s.":

2014 17.702,53 €

2015

Januar 1.219,25 €

Februar 9.392,98 €

März 1.717,82 €

April 1.011,20 €

Mai 18.722,59 €

Juni 6.360,98 €

Juli 5.860,16 €

August 6.551,09 €

September 3.060,12 €

Oktober 5.482,08 €

November 4.287,48 €

Dezember 7.058,70 €

2016

Januar 1.093,31 €

Februar 804,65 €

März 13.365,06 €

April 3.411,16 €

Mai 565,59 €

Juni 249,54 €

Juli 251,93 €

August 64,62 €

"t1_ s1":

2014 394.767,22 €

2015

Januar 48.127,09 €

Februar 52.580,37 €

März 59.803,70 €

April 65.022,11 €

Mai 69.400,47 €

Juni 75.537,56 €

Juli 77.465,36 €

August 91.564,36 €

September 95.914,55 €

Oktober 135.786,17 €

November 194.988,15 €

Dezember 165.515,66 €

2016

Januar 144.215,78 €

Februar 119.974,95 €

März 140.394,06 €

April 148.626,23 €

Mai 169.413,92 €

Juni 182.795,23 €

Juli 157.985,63 €

August 189.991,52 €

"t1_u.":

2014 828.129,13 €

2015

Januar 208.715,74 €

Februar 202.513,92 €

März 240.972,21 €

April 237.582,00 €

Mai 256.221,82 €

Juni 213.710,97 €

Juli 207.146,34 €

August 223.474,40 €

September 263.697,76 €

Oktober 291.145,29 €

November 299.184,09 €

Dezember 259.488,20 €

2016

Januar 244.403,56 €

Februar 203.119,47 €

März 233.664,71 €

April 204.031,07 €

Mai 213.852,19 €

Juni 225.286,49 €

Juli 238.626,72 €

August 262.777,43 €

"t1_w":

2014 764.206,65 €

2015

Januar 78.417,03 €

Februar 74.183,50 €

März 104.176,43 €

April 110.998,69 €

Mai 112.061,99 €

Juni 123.410,06 €

Juli 138.203,35 €

August 146.172,21 €

September 137.651,20 €

Oktober 176.199,99 €

November 287.061,02 €

Dezember 218.007,56 €

2016

Januar 170.608,15 €

Februar 216.812,84 €

März 192.728,29 €

April 168.969,39 €

Mai 175.955,81 €

Juni 192.523,76 €

Juli 218.741,03 €

August 248.461,34 €

"t1_ w.":

2014 2.281.436,86 €

2015

Januar 313.275,21 €

Februar 305.979,99 €

März 355.051,67 €

April 355.570,02 €

Mai 396.605,03 €

Juni 335.217,01 €

Juli 285.123,07 €

August 246.509,22 €

September 268.100,15 €

Oktober 325.342,56 €

November 354.657,21 €

Dezember 314.818,98 €

2016

Januar 326.832,49 €

Februar 323.027,37 €

März 367.050,85 €

April 424.377,63 €

Mai 552.216,47 €

Juni 566.701,65 €

Juli 552.635,58 €

August 676.698,70 €

"t4":

2014 788.980,48 €

2015

Januar 118.673,57 €

Februar 105.958,47 €

März 121.540,97 €

April 124.422,29 €

Mai 116.319,53 €

Juni 138.500,41 €

Juli 152.055,59 €

August 120.139,89 €

September 128.289,05 €

Oktober 170.075,53 €

November 241.514,60 €

Dezember 221.989,16 €

2016

Januar 202.934,19 €

Februar 200.328,31 €

März 187.662,57 €

April 181.009,12 €

Mai 222.579,90 €

Juni 235.173,89 €

Juli 224.610,36 €

August 284.814,33 €

"t5":

2014 518.777,31 €

2015

Januar 145.904,78 €

Februar 125.833,60 €

März 114.486,84 €

April 125.999,95 €

Mai 135.998,69 €

Juni 126.637,91 €

Juli 153.071,92 €

August 192.982,10 €

September 196.076,76 €

Oktober 198.346,92 €

November 213.984,26 €

Dezember 273.395,65 €

2016

Januar 274.101,47 €

Februar 232.213,20 €

März 247.039,11 €

April 211.392,06 €

Mai 227.004,84 €

Juni 238.595,08 €

Juli 241.396,67 €

August 268.726,76 €

"u.":

2014 91.498,26 €

2015

Januar 11.871,83 €

Februar 10.587,42 €

März 17.736,82 €

April 15.689,27 €

Mai 15.538,60 €

Juni 13.404,37 €

Juli 14.106,92 €

August 15.984,56 €

September 15.569,14 €

Oktober 20.986,91 €

November 19.898,31 €

Dezember 15.455,22 €

2016

Januar 12.778,87 €

Februar 11.563,35 €

März 11.704,07 €

April 14.505,39 €

Mai 15.707,43 €

Juni 16.257,30 €

Juli 19.968,82 €

August 17.935,18 €

Bei Addition der für die jeweiligen Voranmeldungszeiträumen angefallen Umsätze der 14 Ebay-Accounts ergaben sich die unter II. 6. aufgeführten Umsätze.

7. Die zuvor benannten Dokumenten belegen, dass es sich bei den Käufern der über die verfahrensgegenständlichen Ebay-Accounts erfolgten Verkäufe um private Endkunden auch in Deutschland handelte; alle Endabnehmer, national wie international, sahen die die T. GmbH als Verkäuferin an

a. Dass es sich um private Endabnehmer handelte, folgt aus der Art, der Anzahl und dem Kaufpreis der jeweils gekauften Ware. Der – soweit es sich um Fremdwährungen handelte umgerechnete – Kaufpreis lag fast ausschließlich im einstelligen oder unteren bis mittleren zweistelligen Euro Bereich; im Übrigen umfassten die Verkäufe jeweils fast ausschließlich nur einen oder lediglich wenige Artikel.

b. Die Kammer ist in der Gesamtschau überzeugt, dass die Käufer die T. GmbH als Verkäuferin der über die benannten Ebay-Accounts stattfindenden Verkäufe ansahen. Dies ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus den Daten, die für sie über die Internet Plattform Ebay abrufbar waren, denn diese Angaben zu dem hinter dem jeweiligen Account stehenden Verkäufer waren nicht eindeutig. Während das Widerrufsrecht beispielsweise gegenüber der T2 GmbH, B.str. ..., in H. auszuüben war, wurden mit G. N. Ltd. auch andere Unternehmen genannt. Obgleich die zu den Accounts abrufbaren Informationen damit nicht geeignet waren, eine konkrete Vorstellung über die Bezeichnung des Verkäufers hervorzurufen, ist die Kammer überzeugt, dass der Käufer den Kaufvertrag mit der hinter der jeweiligen Account-Bezeichnung stehenden Person bzw. Gesellschaft und dem Urheber des Verkaufsangebots abschließen wollte. Alles andere wäre lebensfremd. Insbesondere vor dem Hintergrund der Angabe des Artikelstandorts H., der Bedeutung des Widerrufsrechts für den Käufer und der – jedenfalls teilweisen – Ausstellung von Rechnungen durch die T. GmbH zieht die Kammer den Schluss, dass aus Sicht des Käufers die Verkaufsleistung durch die für die Entgegennahme des Widerrufs zuständige deutsche Gesellschaft erfolgte und damit die T. GmbH auf eigene Rechnung aufgetreten ist. Bestätigt wird dies durch die eingeführten Telefonate der deutschen Kunden, die sich im Zusammenhang mit Reklamationen telefonisch unter der Geschäftsnummer der Einziehungsbeteiligte meldeten und deutlich machten, dass aus ihrer Sicht die T. GmbH – bzw. die im Internet angeführte T2 GmbH – verantwortliche Verkäuferin sei. So führt ein Kunde im Telefonat vom 18. Januar 2018 beispielsweise aus:

" Für mich ist T2 verantwortlich. (...) Das sagt auch Ebay, sagt auch PayPal, sagt auch der Rechtsanwalt. Jetzt hab ich gesagt, ok, probiere ich an ... bei T2 anzurufen. Frage ich nach. Entweder kann ich zurücksenden, krieg mein Geld zurück oder krieg ein anderes Handy."

In dem Gespräch vom 20. Dezember 2017, 12:47:11 Uhr, heißt es von Seiten des Kunden:

"Ja, ihr seid doch der Verkäufer. Das ist doch dieselbe Firma. Derselbe Geschäftsführer."

8. Die T. GmbH hat sich zur Versendung der von ihr über die benannten Ebay-Accounts verkauften Waren an den jeweiligen Käufer der Hilfe Dritter bedient; insbesondere hat sie die Unternehmen DHL und die Deutsche Post beauftragt. Die Kammer stützt sich insoweit auf die glaubhaften Angaben des Zeugen S., der im Rahmen der Auswertung der sichergestellten Firmenunterlagen entsprechende Belege und Rechnungen vorgefunden hat. Daraus waren Lieferungen in verschiedene Länder der Europäischen Union zu ersehen. Die Unterlagen ließen jedoch keinen Rückschluss auf die Anzahl der Verkäufe durch die T. GmbH zu, da lediglich das Ziel der jeweiligen Lieferung, nicht aber deren Inhalt und Wert verzeichnet war und auch die Anzahl der Liefervorgänge nur einen Bruchteil der sich aus der Auswertung der Ebay-Accounts ergebenen Verkaufsvorfälle abbildeten. Angesichts des Umstandes, dass der Angeklagte über eine bevorstehende Durchsuchungsmaßnahme informiert war, war dies allerdings auch nicht weiter verwunderlich.

9. Der Zeuge R. hat überzeugend ausgeführt, dass der Angeklagte über das für die Einziehungsbeteiligte tätige Steuerberaterbüro lediglich die Umsätze beim Finanzamt hat anmelden lassen, die die GmbH über den Account " t3" erzielt hat. Die Feststellungen zur eingereichten Umsatzsteuerjahreserklärung für das Jahr 2014 sowie den jeweiligen Umsatzsteuervoranmeldungen für den Zeitraum Januar 2015 bis August 2016 folgen aus der Umsatzsteuerjahreserklärung 2014 sowie den Umsatzsteuerüberwachungsbögen für die Jahre 2014, 2015 und 2016 und den diesbezüglichen Erläuterungen des Zeugen S.. Daraus folgt auch, dass mangels Zustimmungserteilung die Fälle 1 und 3 bis 7 nur versucht waren.

10. Dass der Angeklagte Kenntnis von dem "Steuerhinterziehungsmodell" besaß und maßgeblich an dessen Umsetzung beteiligt war, folgt zur Überzeugung des Gerichts – abgesehen von der geständigen Einlassung des Angeklagten – aus dem objektiven Geschehen und einer Gesamtschau der Erkenntnisse aus der Auswertung der sichergestellten Kommunikation des Angeklagten.

a. Eindrucksvoll ist insoweit der eingeführte WeChat zwischen dem Angeklagten und dem anderweitig Verfolgten L1. So fragt L1 den Angeklagten am 26. Oktober 2016, zu einem Zeitpunkt als die Umsatzsteuer-Sonderprüfung bereits seit einigen Monaten lief:

"Wie ist es mit der Prüfung von Finanzamt? Sollen wir den Betrieb in Deutschland schließen?

Im Falle eines redlichen Geschäftsbetriebs hätte zur Überzeugung der Kammer für eine solche Erwägung – vollständige Geschäftsaufgabe aufgrund einer bloßen Umsatzsteuer-Sonderprüfung durch die Finanzbehörde – keine Veranlassung bestanden.

b. Besonders erhellend ist der Chat vom 1. Dezember 2016:

L1: "Nimmt dich das Finanzamt in Deutschland zurzeit ins Visier und macht dir Probleme? Das Finanzamt in UK prüft die Mehrwertsteuer der Internet Verkäufer."
L.: "Seit Ende 2014 hat uns das Finanzamt in Deutschland ins Visier genommen. 1. Die deutsche Firma handelt nach allen Regeln, bezahlte Steuer nach Vorschrift. Bevor es irgendwelche wichtigen Beweismittel gibt, ist die deutsche Firma schon in einen Logistikdienstleister umgewandelt und hat keinerlei Beziehungen mehr mit den Shops. 2. Wenn es vereinzelte Beweismittel gibt, nutzen wir das als Lernprozess. Sogar Konzerne wie Siemens und Volkswagen haben Steuern hinterzogen!!! Wir können die Steuer entsprechend nachzahlen, aber wir müssen mit rechtlichen Argumenten für uns kämpfen. Auch wenn wir welche nachzahlen müssen, können wir es nur in Raten zahlen. 3. Davon, dass Shops die Mehrwertsteuer zahlen müssen, hat man in Deutschland jahrelang geredet. Aber gibt es zurzeit keine große Änderung (...)"

Dies verdeutlicht, dass dem Angeklagten – wie auch L1 – bekannt war, dass die T. GmbH mehrere "Shops" betrieb, also diverse Verkaufsaccounts nutzte. Dementsprechend wusste der Angeklagte auch um die Pflicht zur Zahlung von Umsatzsteuern und von der bisher begangenen Umsatzsteuerhinterziehung. Die Kommunikation legt darüber hinaus offen, dass die beiden auch vor weiteren konkreten Maßnahmen nicht zurück schreckten, ihre kriminellen Machenschaften weiter abzudecken. Mit der Vorlage des "Customer Service Agreements" setzten sie dieses Vorhaben auch um.

c. In dem eingeführten Tagesbericht vom 27. Dezember 2017 führt der Angeklagte darüber hinaus aus:

(...)
7. Die jetzige Strategie gegen Finanz- und Zollamt beibehalten. Wenn es weich sein muss, dann weich; wenn es hart bleiben soll, dann hart; versuchen mit verschiedenen Ausreden und Verzögerungstaktiken mit den Behörden zu arbeiten; versuchen die Aufforderungen von der Behörde zu verschieben.
8. Hoffnung und Wunsch: Vertriebsmitarbeiter sollen versuchen noch mehr Absätze mit DE Account zu erreichen (...)

d. Schließlich haben die Zeugen R. und S. übereinstimmend ausgeführt, dass der Angeklagte eigenhändig Abrechnungen der über Ebay erzielten Umsätze erstellte, anstelle über den Steuerberater die Originalrechnungen einzureichen. Zur Überzeugung der Kammer macht die eigenhändige Rechnungserstellung und Nichtvorlage der Originalrechnungen nur Sinn, wenn man die tatsächlich erzielten Umsätze nicht offen legen möchte, um die damit verbundene Besteuerung zu umgehen.

e. Soweit der Angeklagte angegeben hat, er wisse nicht, ob im Ausland Umsätze versteuert wurden, steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass dies nicht der Fall ist. Insbesondere folgt aus der Kommunikation des für das Steuerberaterbüro tätigen Sachbearbeiters H., dass er den Angeklagten umfassend für die steuerrechtlichen Zusammenhänge und Pflichten informiert hat. Die Annahme, ein Dritter hätte an dem Angeklagten vorbei, steuerliche Pflichten der T. GmbH erfüllt, erscheint gänzlich lebensfremd.

11. Die Kammer ist überzeugt, dass der Angeklagte und der anderweitig Verfolgte L1 als Mittäter gehandelt haben. Zwar hat der Angeklagte die Tatvorwürfe nur insoweit eingestanden als sie seine Person betreffen. Doch zieht die Kammer diesen Schluss insbesondere aus der Auswertung der eingeführten Kommunikation zwischen dem Angeklagten und L1 über den Messengerdienst WeChat. Die zuvor bereits zitierten Chat-Auszüge dokumentieren, dass die beiden in engem Austausch miteinander standen, was die T. GmbH betraf und regelmäßig das weitere Procedere besprachen. Während L1 die Anweisungen aus C. vorgab, setzte der Angeklagte den Steuerhinterziehungsplan in Deutschland selbständig und konkret um. Sowohl der Angeklagte als auch der anderweitig Verfolgte L1 hatten ein erhebliches Eigeninteresse an dem Taterfolg. Beide wollten die Umsätze der T. GmbH steigern; der anderweitig Verfolgte als wirtschaftlicher Profiteur im Hintergrund, der Angeklagte im Rahmen seiner "Pflichten" als Geschäftsführer.

Dabei bedienten sie sich des gutgläubigen H. Steuerberaterbüros B.. Die Beweisaufnahme hat keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass deren für die Einziehungsbeteiligte tätige, mittlerweile verstorbene Mitarbeiter H. von den kriminellen Machenschaften des Angeklagten und des anderweitig Verfolgten L1 gewusst hat oder gar darin eingebunden gewesen wäre.

12. Die Feststellungen zum Verhalten des Angeklagten nach Beginn der Umsatzsteuer-Sonderprüfung stützt die Kammer vornehmlich auf die Angaben der Zeugen R. und S. zum "Customer Service Agreement" sowie die im Wege des Selbstleseverfahrens eingeführten Urkunden und Schriftstücke, insbesondere auch auf die vom Zeugen S. im Rahmen der Durchsuchung auf dem Computer der Einziehungsbeteiligten sichergestellten Handlungsanweisung angesichts der bevorstehenden Untersuchung durch das Finanzamt. Diese ist den Angaben des Zeugen zufolge nur wenige Tage vor der am 4. April 2018 vollstreckten Durchsuchung erstellt worden.

13. Die Feststellungen zum Ausmaß des steuerlichen Mindestschadens in den Fällen 2 und 8 bis 19 beruhen neben den – wie bereits erwähnt – über den Zeugen S. und im Wege des Selbstleseverfahrens eingeführten Umsätzen der 14 Accounts ¬auf folgenden Erwägungen:

Der Kammer war es nicht möglich, sämtliche Details der ermittelten Warenumsatzgeschäfte aufzuklären und in geeigneter Weise – insbesondere auch eingedenk des Beschleunigungsgebots in Haftsachen – in vertretbarer Zeit in die Hauptverhandlung strengbeweislich einzuführen. Angesichts der immensen Anzahl der Verkäufe – allein über die Accounts " t.¬_ w.", " t1_w" und " t4" erfolgten im Tatzeitraum mehr als 585.000 bzw. 241.000 bzw. 259.000 Verkaufsvorgänge – und der auf gezielte Verschleierung und Nachweisvereitelung angelegten Vorgehensweise des Angeklagten und des gesondert Verfolgten L1 war nicht aufzuklären, welche Waren zu welchem Preis zu welchem Zeitpunkt an welche Käufer in welches Land geliefert wurden. Eine Abgrenzung des in Deutschland und in anderen EU-Mitgliedstaaten entstandenen Steuerschadens konnte die Kammer nicht vornehmen. Zu Gunsten des Angeklagten hat sie deshalb bei der Berechnung des Steuerschadens insgesamt den denkbar niedrigsten in einem EU-Mitgliedstaat erhobenen Umsatzsteuer-Regelsatz zugrunde gelegt (hierzu ausführlicher unter Ziffer IV.). Zur Tatzeit waren dies – über das Internet für jeden abrufbar – 17 % in Luxemburg.

Die Kammer hat nicht verkannt, dass die festgestellten Umsätze zum Teil ausländische – jeweils in Euro-Beträge umgerechnete – Währungen beinhalteten. Soweit der Kaufpreis in Fremdwährungen lautet, lässt dies zwar einen gewissen Rückschluss auf den Wohnort des Käufers zu. Doch ist nicht von vornherein ausgeschlossen, dass beispielsweise deutsche Käufer in Fremdwährungen bezahlt haben. So belegen die eingeführten Daten zu den benannten Accounts, dass auch bei einem Aufruf der jeweiligen Seite von Deutschland aus – beispielsweise bei den Accounts " b.", " t4", " t1.uk" oder " d." – die Bezahlung in ausländischer Währung abzuwickeln war (vgl. Sachstandsvermerks des FA B. v. 21. April 2017) .

14. Die Einlassung des Angeklagten, eine Vielzahlt der Mitarbeiter der T. GmbH seien "bar" bezahlt worden, das hierzu erforderliche Geld habe er aus C. erhalten, wird durch die eingeführten Chats des Angeklagten mit " W1" belegt sowie durch die in Augenschein genommenen Lichtbilder und Telefonate. Ausweislich auf seinem Telefon sichergestellter Lichtbilder kontrolliert der Angeklagte Mitarbeiter, die erhebliche Bargeldsummen – auch 500 € Scheine – zählen. In dem Telefonat vom 1. Januar 2018 macht er seiner Gesprächspartnerin " L. D." klar, dass er sie nur auf 450-Euro-Basis anstellen und den Rest "Cash" zahlen werde, da er Kosten der T. GmbH sparen müsse.

In dem WeChat zwischen dem Angeklagten und " W1" – die Identität des " W1" hat die Kammer nicht aufklären können – heißt es unter anderem:

L.: "Ich brauche jeden Monat ungefähr 10.000 Euro Bargeld, damit ich meine Leute zahlen kann. (...)
W1: "Das ist kein Problem."
L.: "Ich lasse die Leute in C. das Geld auf das von dir genannte Konto überweisen. Es ist egal, ob das Konto in C. oder im Ausland ist. Dann gehe ich zu deinem Laden und hole das Bargeld ab. Ist das ok?
W1: Es ist ok, 10.000 oder 20.000 Euro sind kein Problem.
(...)
L.: "Meine Leute sind Teilzeitkräfte, ohne Gehaltsabrechnung. Es gibt keinerlei Probleme."

Schließlich spricht die vorgefundene "Handlungsanweisung" (vgl. oben unter Ziffer II. a.E.) ausdrücklich von "unangemeldeten Mitarbeitern".

IV.

Der Angeklagte hat sich damit der mittäterschaftlichen Steuerhinterziehung, begangen durch den insoweit gutgläubigen Mitarbeiter des Steuerberaterbüros B., gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, Abs. 4, Abs. 6 AO, § 25 Abs. 1 2. Alt, Abs. 2 StGB in 19 Fällen, davon in sechs Fällen im Versuch (Fälle 1, 3 bis 7), schuldig gemacht. Er handelte jeweils vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft. Die Taten stehen in Tatmehrheit zueinander, § 53 StGB. Etwaige in EU-Mitgliedsstaaten begangene Unterlassenstaten werden insoweit zugunsten des Angeklagten ausgeblendet.

1. Es liegen steuerbare Umsätze der T. GmbH vor, § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG. Die Gesellschaft hat als in Deutschland ansässige Unternehmerin in Gewinnerzielungsabsicht auf eigene Rechnung in großem Umfang u.a. Elektronik-Artikel über das Verkaufsportal Ebay an private Endabnehmer verkauft, §§ 2 und 3 UStG. Die Waren hat sie dabei mit Hilfe Dritter – beispielsweise des Unternehmens DHL – an die Endabnehmer versendet. Auch aus Sicht der Käufer war die Einziehungsbeteiligte die verantwortliche Verkäuferin.

2. Es liegen Lieferungen im Inland vor. Die T. GmbH hat die Beförderung der Waren nicht selbst ausgeführt, sondern durch andere Unternehmen wie beispielweise die Deutsche Post als Transportdienstleister vornehmen lassen. Maßgeblich war damit der Ort der Übergabe der Ware an das beauftragte Unternehmen, § 3 Abs. 6 UStG. Dies war – vorbehaltlich der Ausnahmeregelung des § 3c UStG (hierzu sogleich) – Hamburg.

3. Zwar liegt es nahe, dass aufgrund der Vielzahl der Verkäufe von Waren in EU-Mitgliedsstaaten die dortigen Lieferschwellen im Sinne von § 3 c UStG überschritten wurden, was dazu führen würde, dass die insoweit erzielten Umsätze dann in dem jeweiligen EU-Land zu den jeweils dort geltenden Umsatzsteuersätzen – und nicht in Deutschland – steuerbar wären. Doch hat die Kammer die hierzu notwendigen Feststellungen nicht bis ins Detail treffen können, so dass unklar blieb, ob und in welchen Ländern Lieferschwellen überschritten wurden. Zu Gunsten des Angeklagten hat die Kammer daher ihren Berechnungen des Mindestschadens insgesamt den in der EU niedrigsten Steuersatz in Höhe von 17 % zugrunde gelegt.

Im Einzelnen:

a. § 3c UStG sieht für den Versandhandel eine abweichende Regelung zum Ort der Lieferung vor. Liegen dessen Voraussetzungen vor, gilt das sog. Bestimmungslandprinzip, das heißt, die Umsätze sind dann nicht in Deutschland, sondern in dem jeweiligen EU-Mitgliedstaat zu besteuern. Die Lieferung gilt dann als dort ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung endet, wenn bei einer Lieferung der Gegenstand durch den Lieferer oder einen von ihm beauftragten Dritten aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates befördert oder versendet wird (§ 3c Abs. 1 Satz 1 UStG), der Abnehmer keinen Unternehmensbezug hat bzw. keine juristische Person ist (§ 3c Abs. 2 UStG) und die sog. Lieferschwelle überschritten ist (§ 3c Abs. 3 UStG). Die Lieferschwellen betragen in den Ländern der Eurozone ganz überwiegend 35.000 € (vgl. Sölch/Ringleb, UStG, 84. EL September 2018, § 3c Rn. 26).

b. Es liegt ein Versandhandel im Sinne von § 3c UStG vor. Die T. GmbH hat als Unternehmer die von ihr über die betreffenden 14 Ebay-Accounts verkauften Waren durch von ihr beauftragte Unternehmen wie beispielsweise DHL in andere EU-Mitgliedstaaten versendet. Abnehmer der Waren waren private Endverbraucher. Angesichts der Höhe der Umsätze ist die Kammer davon überzeugt, dass zumindest in einigen Mitgliedstaaten im Tatzeitraum die Lieferschwelle des 3c Abs. 3 UStG überschritten wurde. Ein Verzicht im Sinne von § 3c Abs. 4 UStG wurde nicht erklärt. Durch die damit verbundene Verlagerung des Lieferortes würden die Lieferungen, die die Lieferschwelle übersteigen, nicht der deutschen Umsatzsteuer unterfallen; vielmehr würde sich die Besteuerung nach dem Umsatzsteuerrecht des betreffenden EU-Mitgliedstaates richten. Dort wären dann gegenüber den zuständigen Behörden die nach dortigem Recht erforderlichen Umsatzsteuererklärungen abzugeben gewesen. Dieser Pflicht ist der Angeklagte nicht nachgekommen; angesichts des § 370 Abs. 6, 7 AO wäre auch dieses Verhalten, was von den angeklagten Taten erfasst ist, nach deutschem Recht strafbar.

4. Soweit die Einziehungsbeteiligte Waren in Drittländer geliefert hat, sind auch die damit verbundenen Umsätze in Deutschland steuerbar; eine Steuerbefreiung insoweit scheidet aus. Steuerbefreiungstatbestände nach § 4 UStG sind nicht einschlägig:

a) Es liegt keine nach § 4 Nr. 1 lit a) UStG steuerbefreite Ausfuhrlieferung nach § 6 UStG vor. Die Steuerbefreiung ist vorliegend zu versagen, da der Angeklagte und der anderweitig Verfolge L1 ihrem Tatplan entsprechend gegen die Pflichten zum Buch- und Belegnachweis gemäß § 6 Abs. 4 UStG i.V.m. §§ 8 ff UStDV verstoßen haben, um den sicheren Nachweis zu vereiteln, ob die materiellen Voraussetzungen für die Steuerbefreiung erfüllt sind.

(1) Zwar sind Ausfuhrlieferungen im Sinne von § 6 UStG – wie auch innergemeinschaftliche Lieferungen im Sinne von § 6a UStG – trotz Nichterfüllung der Nachweispflichten grundsätzlich steuerfrei, wenn aufgrund der objektiven Beweislage feststeht, dass die Voraussetzungen von Ausfuhrlieferung vorliegen (BGH, Beschl. v. 19. August 2009 – 1 StR 206/09 –, NJW 2009, 3383). Eine Verurteilung wegen Hinterziehung von Umsatzsteuer kann nicht allein darauf gestützt werden, dass der Unternehmer den ihm obliegenden Nachweispflichten nach §§ 8 ff. UStDV bzw. §§ 17a ff UStDV nicht entsprochen hat (BGH a.a.O.). Doch liegen die Voraussetzung einer Steuerbefreiung dann nicht vor, wenn gerade der Verstoß gegen die Nachweispflichten den sicheren Nachweis verhindert, dass die materiellen Voraussetzungen der Steuerfreiheit erfüllt sind (vgl. hierzu BGH, Beschl. v. 20. Oktober 2011 – 1 StR 41/09, NJW 2011, 3797, 3798).

(2) Genau so liegt es hier. Der Angeklagte und der anderweitig Verfolgte L1 sind gezielt ihrer Nachweispflicht nicht nachgekommen, um zu verhindern, dass die Waren- und Lieferwege und damit verbunden auch die Geldflüsse und Umsätze nicht nachvollziehbar sind. Es war der Kammer nicht möglich, Feststellungen zu Ausmaß und Ziel der Lieferungen ins Ausland zu treffen

b) Es liegt auch keine nach § 4 Nr. 1 lit b) UStG steuerbefreite innergemeinschaftliche Lieferung nach § 6a UStG vor. Die Käufer und Abnehmer der Waren sind Privatpersonen und nicht – wie es § 6a Abs. 1 Nr. 2 UStG voraussetzt – ein Unternehmer oder eine juristische Person. Im Übrigen wäre auch hier die Steuerbefreiung wegen Verstoßes gegen die Nachweispflichten nach § 6a Abs. 3 UStG, §§ 17a ff UStDV zum Zwecke der Vereitelung des Nachweises des Vorliegens der materiellen Voraussetzungen der Steuerbefreiung zu versagen.

5. Die Voraussetzungen von § 14c UStG liegen nicht vor, soweit die T. GmbH Rechnungen an Käufer mit einer ausgewiesenen Umsatzsteuer von 19 % ausgestellt hat. Es fehlt an einem unberechtigten Steuerausweis im Sinne des § 14 c Abs. 2 UStG, da die T. GmbH die leistende Unternehmerin war und die ausgewiesene Lieferungen tatsächlich ausgeführt wurden. Soweit sie Rechnungen mit einem ausgewiesenen (deutschen) Umsatzsteuersatz von 19 % ausgestellt hat, fehlt es, soweit die Lieferungen nach deutschem Umsatzsteuerrecht steuerbar sind, an einem unberechtigten Steuerausweis. Soweit sie solche Rechnungen an Käufer in andere EU-Mitgliedstaaten ausgestellt hat, in denen die Lieferschwelle überschritten und der Umsatz damit nicht nach deutschem Umsatzsteuerrecht steuerbar war, handelt es sich zwar um einen unrichtigen Steuerausweis. Da die Kammer aber gerade nicht aufklären konnte, bei welchem Käufer die Lieferschwelle überschritten war, ist zu Gunsten des Angeklagten davon auszugehen, dass es sich bei der entsprechenden Rechnung um eine in Deutschland steuerbare Lieferung handelt und daher kein unrichtiger Steuerausweis vorliegt.

6. Wie unter Ziffer III. dargelegt, war es der Kammer aber aufgrund der Verschleierungsmaßnahmen nicht möglich, aufzuklären, welche Waren zu welchem Preis zu welchem Zeitpunkt an welche Käufer in welches Land geliefert wurden, so dass Feststellungen dazu, in welchem Mitgliedstaat Lieferschwellen überschritten und welche Umsatzsteuern nach dem dort anzuwendenden Umsatzsteuersatz angefallen sind, nicht möglich waren. Deshalb hat die Kammer zugunsten des Angeklagten angenommen, dass alle Lieferungen in den EU-Staat mit dem niedrigsten Steuersatz erfolgt sind und hat den Steuersatz von 17 % in Luxemburg der Berechnung zugrunde gelegt.

7. Die Bemessungsgrundlage der steuerpflichtigen Umsätze bestimmt sich nach § 10 Abs. 1 Satz 1 UStG. Danach bemisst sich der Umsatz bei Lieferungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG) nach dem Entgelt. Entgelt ist alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer (§ 10 Abs. 1 Satz 2 UStG).

Die Entgelte sind vorliegend die von den Käufern bei Ebay gezahlten Kaufpreise und damit die Umsätze, die über die 14 weiteren Ebay-Accounts erzielt wurden. Soweit die T. GmbH Rechnungen mit offenem Umsatzsteuerausweis erstellte, erfolgte dies nur zum Schein und zur Abdeckung der kriminellen Machenschaften. Der Angeklagte und der anderweitig Verfolgte L1 hatten zu keiner Zeit vor, die auf diese Verkäufe entfallende Umsatzsteuer zu zahlen. Die Verkaufspreise waren für sie "Nettopreise". Vor diesem Hintergrund besteht kein Raum, die erzielten Umsätze um eine darin enthaltene Umsatzsteuer von 19 % oder eine andere Umsatzsteuer zu reduzieren, wie es bei einem steuerehrlichen Verhalten angezeigt wäre.

8. Abweichend von § 12 Abs. 1 UStG, nach dem die Steuer für jeden steuerpflichtigen Umsatz 19 % der Bemessungsgrundlage beträgt, ist die Kammer, wie bereits ausgeführt, zu Gunsten des Angeklagten in allen Fällen lediglich von dem niedrigsten in einem EU-Mitgliedsstaat erhobenen Steuersatz von 17 % ausgegangen.

9. Die für die jeweiligen Umsatzsteuervoranmeldungen bzw. für die Umsatzsteuerjahreserklärung geltenden Fristen folgen aus § 18 UStG. Zur Tatzeit galt für die T. GmbH im Jahr 2014 sowie im 1. Quartal 2015 das Kalendervierteljahr als Voranmeldezeitraum, danach ein monatlicher Voranmeldungszeitraum.

10. Der Angeklagte und der anderweitig Verfolgte L1 waren Mittäter.

a. Täter einer Steuerhinterziehung im Sinne von § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO kann nicht nur der Steuerpflichtige sein. Vielmehr kommt als Täter einer Steuerhinterziehung durch aktives Tun grundsätzlich jeder in Betracht ("wer"), der den gesetzlichen Tatbestand verwirklicht (BGH, Urt. v. 9. April 2013 – 1 StR 586/12, NJW 2013, 2449, 2451). Mittäter kann daher auch eine Person sein, der das Gesetz keine steuerlichen Pflichten zuweist, sofern nur die Voraussetzungen einer gemeinschaftlichen Begehungsweise im Sinne von § 25 Abs. 2 StGB gegeben sind (BGH, a.a.O.). Bei Beteiligung mehrerer Personen, von denen nicht jede sämtliche Tatbestandsmerkmale verwirklicht, handelt mittäterschaftlich, der seinen eigenen Tatbeitrag so in die gemeinschaftliche Tat einfügt, dass er als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheint (Fischer, StGB, 64. Aufl., § 25 Rn. 23 mit Nachweisen zur st. Rspr.). Ob ein Beteiligter ein so enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urt. v. 30. Juni 2005 – 5 StR 12/05, NStZ 2006, 44, 45). Wesentliche Anhaltspunkte können der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein (BGH, Urt. v. 15. Januar 1991 – 5 StR 492/90, BGHSt 37, 289, 291; BGH, a.a.O.).

b. Nach diesen Maßstäben sind der Angeklagte sowie der gesondert Verfolgte L1 Mittäter einer Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO. Um einen möglichst großen Umsatz der T. GmbH zu erreichen, haben sie gemeinsam gezielt das unter Ziffer II. beschriebene Steuerhinterziehungsmodell entwickelt und umgesetzt. Während L1 als Chef des weltweit tätigen T1-Konzerns die Leitlinien vorgab und in engem Kontakt mit dem Angeklagten stand, setzte der Angeklagte als "Statthalter" L1s in Deutschland das Modell um. Beide hatten ein erhebliches wirtschaftliches Interesse an dem Gelingen des Vorhabens. Bei der Abgabe der unrichtigen Umsatzsteuervoranmeldungen bzw. der unrichtigen Umsatzsteuerjahreserklärung für das Jahr 2014 bedienten sie sich dabei des gutgläubigen H. Steuerberatungsbüro und handelten insoweit in mittelbarer Täterschaft (§ 25 Abs. 1 Var. 2 StGB).

11. In den Fällen 2, 8 bis 19 liegt Vollendung, in den Fällen 1, 3 bis 7 nur Versuch vor.

a. Der Taterfolg der Steuerhinterziehung gem. § 370 Abs. 1 AO besteht im Verkürzen von Steuern oder im Erlangen nicht gerechtfertigter Steuervorteile für sich oder einen anderen (BGH, Beschl. v. 6. April 2016 – 1 StR 431/15, NStZ-RR 2016, 172). Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden, § 370 Abs. 4 AO. Bei Steueranmeldungen (§ 150 Abs. 1 Satz 3 AO) – wie hier den Umsatzsteuervoranmeldungen, § 18 Abs. 1 Satz 1 UStG – tritt der Taterfolg der Steuerverkürzung dann ein, wenn sie unter den Voraussetzungen des § 168 AO einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichstehen (BGH, a.a.O.). Bei einer auf Steuervergütung gerichteten Umsatzsteuervoranmeldung ist dies erst dann der Fall, wenn das Finanzamt der Anmeldung zustimmt, § 168 Satz 2 AO. Solange es an der erforderlichen Zustimmung fehlt, ist die Tat nur versucht.

b. Nach diesen Maßstäben hatte die Umsatzsteuerjahreserklärung sowie die Umsatzsteuervoranmeldungen betreffend die Fälle 3 bis 7 mangels Zustimmung nicht die Wirkung einer Steuerfestsetzung; der Taterfolg war nicht eingetreten, die Taten waren damit nur versucht. Ein strafbefreiender Rücktritt gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 StGB liegt nicht vor. Es lag jeweils ein beendeter Versuch vor. Der Angeklagte hat mit Veranlassung der Einreichung der Umsatzsteuerjahreserklärung bzw. der Voranmeldungen aus seiner Sicht jeweils alles für den Taterfolg erforderliche getan, hat jedoch keine Maßnahmen ergriffen, um den Taterfolg zu verhindern.

In den übrigen Fällen war der Taterfolg eingetreten, weil entweder keine Steuervergütung angemeldet und damit kein Zustimmungserfordernis galt oder aber das Finanzamt die Zustimmung erteilt hatte.

V.

1. Bei der Strafzumessung hat die Kammer den Strafrahmen des § 370 Abs. 3 Satz 1 AO zugrunde gelegt, der einen Strafrahmen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vorsieht.

a) Es liegt jeweils ein besonders schwerer Fall der (Umsatz-) Steuerhinterziehung im Sinne des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO vor, weil Steuerverkürzungen im großen Ausmaß bewirkt bzw. zu bewirken versucht wurden. In jedem Einzelfall – auch in den Versuchsfällen – überschreitet die (intendierte) Steuerverkürzung die insoweit anerkannte Mindestgrenze von 50.000,00 € (vgl. zu dieser Grenze BGH, Urt. v. 27. Oktober 2015 – 1 StR 373/15, NJW 2016, 965, 966). Angesichts des Ausmaßes der jeweils (versucht) hinterzogenen Steuern und der durch gezieltes Verschleiern geprägten erheblichen kriminellen Energie des Angeklagten bei der Tatbegehung bestand für die Kammer auch bei einer Gesamtschau der Strafzumessungserwägungen in keinem Fall Anlass, die Indizwirkung des jeweils erfüllten Regelbeispiels zu verneinen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der teilweise nur versuchten Tatbegehung.

b) In den Versuchsfällen hat die Kammer bei Ausübung des ihr eingeräumten Ermessens auf Grund einer Gesamtschau aller schuldrelevanten Umstände nicht von der Möglichkeit einer Strafmilderung nach §§ 22, 23 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB Gebrauch gemacht. Sie hat – neben der Persönlichkeit des Täters und den Tatumstände im weitesten Sinne – vor allem auch die versuchsbezogenen Gesichtspunkte gewürdigt (vgl. zu diesen Anforderungen BGH, Urt. vom 22. November 2017 – 2 StR 166/17, NStZ-RR 2018, 102, 103). Dabei kam dem gegen den Angeklagten sprechenden Umstand der ausgeprägten Vollendungsnähe besondere Bedeutung zu. Der Angeklagte hatte alles getan, was aus seiner Sicht zur Tatvollendung erforderlich war; ob eine Zustimmung erteilt wurde, war sodann von Umständen abhängig, die er nicht beeinflussen konnte. Im Übrigen erstrebte der Angeklagte nicht nur einen ungerechtfertigten Steuervorteil für die Einziehungsbeteiligte, sondern verhinderte zugleich die bei zutreffenden Angaben gem. § 168 Satz 1 AO sofort eintretende Festsetzung der Zahllast für die geschuldete Umsatzsteuer (vgl. zu dieser Erwägung BGH, Beschl. v. 6. April 2016 – 1 StR 5431/15, NStZ-RR 2016, 172, 173; Jäger in Klein, AO, 14. Aufl., § 370 Rn. 196).

c) Im Rahmen der konkreten Strafzumessung war in allen 19 Fällen zu Gunsten des Angeklagten insbesondere sein frühzeitiges Geständnis zu berücksichtigen. Der Angeklagte hat seine Beteiligung an der Steuerhinterziehung vollumfänglich eingeräumt und damit auch zu einer erheblichen Verkürzung des Verfahrens beigetragen. Des Weiteren hat sich strafmildernd ausgewirkt, dass er nicht vorbestraft ist und als Erstverbüßer, der sich über acht Monate in Untersuchungshaft befunden hat, gesteigert haftempfindlich ist. Strafmildernd war auch zu werten, dass der Angeklagte bemüht war, mit der Staatsanwaltschaft zu kooperieren, um etwaige Hintermänner zu benennen und die Identität des "Tippgebers" hinsichtlich der bevorstehenden Durchsuchung aufzuklären, auch wenn es zu Ermittlungserfolgen oder auch nur neuen –ansätzen nicht gekommen ist. Zu Gunsten des Angeklagten hat die Kammer des Weiteren berücksichtigt, dass er als faktischer Geschäftsführer für die Steuerschuld der T. GmbH haftet und damit auf lange Zeit mit erheblichen Forderungen des Finanzamtes überzogen werden wird sowie den Umstand, dass der Teil der Umsätze, der durch Lieferung in Drittländer erzielt wurde, in Deutschland nicht steuerbar gewesen wäre, wenn die Warenverkäufe ordnungsgemäß dokumentiert worden wären. In den Fällen 1, 3 bis 7 hat die Kammer schließlich strafmildernd gewertet, dass die Taten nur versucht wurden.

Zu Lasten des Angeklagten wirkte sich hingegen in allen Fällen aus, dass die bewirkten bzw. erstrebten Steuerverkürzungen jeweils um ein Vielfaches über der Grenze des für die Annahme eines besonders schweren Falles im Sinne von § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO lagen. Strafschärfend war zu werten, dass die Tatbegehung gekennzeichnet ist von einer erheblichen kriminellen Energie, mit der unter Ausnutzung der bestehenden strukturellen Schwächen staatlicher Umsatzsteuerkontrollen ein auf Dauer angelegtes System der Steuerhinterziehung eingerichtet wurde, verbunden mit einem hohen Maß an Planung und Organisation, einem sehr professionellen Vorgehen und dem Aufbau spezieller, der Verschleierung dienender Strukturen, die gezielt und bewusst die Aufklärung des wahren Geschehens verhindern sollten. Dem Angeklagten kam dabei als "Statthalter" des gesondert Verfolgten L1 eine besondere Rolle zu; er hielt die Fäden vor Ort in der Hand. In den Versuchsfällen hat die Kammer den gegen den Angeklagten sprechenden Umstand der Vollendungsnähe nicht mehr zu seinen Lasten berücksichtigt, da dieser bereits zu der Versagung der Versuchsmilderung berücksichtigt worden war.

d. Unter Berücksichtigung aller dargestellten Umstände hat die Kammer auf folgende Einzelstrafen erkannt:

Fall 1 2 Jahre 6 Monate
Fall 2 1 Jahr 9 Monate
Fälle 3 bis 8 jeweils 1 Jahr
Fälle 9 bis 15 jeweils 1 Jahr 3 Monate
Fälle 16 bis 19 jeweils 1 Jahr 5 Monate

Gemäß §§ 53, 54 StGB hat das Gericht unter Berücksichtigung der Person des Täters, der einzelnen Straftaten sowie des Gesamtsteuerschadens unter Erhöhung der Einsatzstrafe von 2 Jahren 6 Monate auf eine

Gesamtfreiheitsstrafe von 3 (drei) Jahren 9 (neun) Monaten

erkannt. Dabei stand nicht die Summe der Einzelstrafen im Vordergrund. Maßgebend waren die Gesamtwürdigung des nicht vorbestraften, geständigen Angeklagten sowie die Anzahl und das Ausmaß der begangenen Taten, die alle in einem engen kontextuellen und situativen Zusammenhang standen.

VI.

1. Gegen die Einziehungsbeteiligte T. GmbH (§ 424 Abs. 1 StPO) war als Begünstigte der Steuerhinterziehung Wertersatzeinziehung in Höhe von € 4.396.030,69 anzuordnen, § 73 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. §§ 73, 73 c Satz 1 StGB.

a. Beim Delikt der Steuerhinterziehung sind die verkürzten Steuern das erlangte "etwas" im Sinne der § 73 Abs. 1 StGB (vgl. BGH, Beschl. v. 23. August 2016 – 1 StR 204/16. NStZ 2017, 361, 362). Tritt die strafrechtswidrige Bereicherung – das erlangte "etwas" – bei einem Dritten ein, für den der Täter gehandelt hat, ergeht unter den Voraussetzungen des § 73 b StGB die Einziehungsanordnung gegen den Drittbegünstigten.

b. Der Angeklagte hat sich der Steuerhinterziehungen strafbar gemacht. Er hat dabei für die T. GmbH gehandelt. Durch die Taten wurden zu geringe Steuern festgesetzt. Dies stellt sich als geldwerter Vorteil für die T. GmbH dar. Da die verkürzten Steuern nicht eingezogen werden können, ist die Wertersatzeinziehung in Höhe der hinterzogenen Steuern anzuordnen, § 73 c Satz 1 StGB.

2. Vermögensabschöpfende Maßnahmen gegen den Angeklagten scheiden aus. Der Angeklagte hat durch die begangenen Straftaten nichts erlangt im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB.

a. Die infolge der Steuerhinterziehung verkürzten Steuern und der damit verbundene geldwerte Vorteil kam der T. GmbH, aber nicht dem Angeklagten zugute.

b. Auch hat er nicht sein monatliches Einkommen durch die begangenen Straftaten erlangt. Es ist nicht ersichtlich, dass er sein vertraglich geschuldetes Gehalt – etwa als eine Art "Erfolgsprämie" – für die von ihm begangenen Steuerhinterziehungen erhalten hat. Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Angeklagten bereits bei Aufnahme seiner Beschäftigung bei der T. GmbH bewusst war, dass sich seine Tätigkeit u.a. auf die Ermöglichung der Hinterziehung von Steuern richten sollte.

c. Etwaige andere geldwerten Vorteile oder Bereicherungen beim Angeklagten infolge der Straftaten hat die Kammer nicht feststellen können.

Insbesondere hat sich die Kammer keine Überzeugung darüber bilden können, dass der Angeklagte die von ihm eingeräumten Zahlungen der T. GmbH sowie weiterer Zahlungen, die vom T1-Konzern auf seine privaten Konten geflossenen sind – namentlich 14.705 € von der T. GmbH sowie 2.000 € bzw. insgesamt 21.458,05 € von der Hongkong T1 Ltd. auf seine privaten Konten bei der H. Sparkasse bzw. der D. Bank, insgesamt 10.023 € von der T1 T. auf sein privates Konto bei der H. Sparkasse sowie insgesamt insgesamt 91.000 € von den dem T1-Konzern zuzurechnenden PayPal-Konten b.@gmail.com und t.@gmail.com auf das PayPal-Konto des Angeklagten – durch die Steuerhinterziehungen (bzw. durch oder für die Begehung anderer Straftaten) erlangt hat. Vielmehr hat die Beweisaufnahme die Einlassung des Angeklagten, sämtliche Geldbeträge, die vom T1-Konzern aus C. auf seine Privatkonten geflossen seien, allein für die Barbezahlung der unangemeldeten Mitarbeiter verbraucht zu haben (vgl. oben unter Ziffer III. 14.), bestätigt. Die eingeführten Telefonate, der WeChat mit " W1" sowie die "Handlungsanweisung" vor der im April 2018 erfolgten Durchsuchung belegen, dass die T. GmbH tatsächlich viele Mitarbeiter "schwarz" beschäftigte und hierfür hohe monatliche Bargeldbestände – im Chat mit " W1" werden insoweit 10.000 € genannt – erforderlich waren. Die Kammer geht nicht davon aus, dass bei dem Angeklagten insoweit Vorteile oder Bereicherungen verblieben sind.

Auch hat die Kammer nicht feststellen können, dass die Gesamtsumme von 33.525,00 €, die der Angeklagte ausweislich der Kontoauszüge im Tatzeitraum von W. S. bzw. dessen Unternehmen, der L. T. GmbH, auf sein Konto bei der D. Bank erhalten hat, in einem Zusammenhang mit den Straftaten steht. Die diesbezüglichen Angaben des Angeklagten sind weder unplausibel noch widersprüchlich oder völlig lebensfremd. Einen wie auch immer gearteten Zusammenhang zwischen W. S. und der T. GmbH hat die Kammer nicht feststellen können.

3. Angesichts des Verzichts des Angeklagten auf sein Smartphone war dieses nicht nach § 74 Abs. 1 StGB einzuziehen.

VII.

Die Kosten- und Auslagenentscheidung folgt aus § 465 Abs. 1 StPO.