SG Bayreuth, Gerichtsbescheid vom 23.10.2017 - S 3 R 281/17
Fundstelle
openJur 2021, 6903
  • Rkr:
Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreites sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

Der Kläger begehrt seine Rentenanwartschaften vor dem Eintritt ins Beamtenverhältnis so zu behandeln wie bei Versicherten, die im EU-Ausland weitere Anwartschaften erworben haben.

Der 1958 geborene Kläger ist laut Versicherungsverlauf zum Rentenbescheid vom 11.08.2016 am 10.09.1973 im Rahmen einer beruflichen Ausbildung in das Versicherungsverhältnis zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung eingetreten. In dieser Zeit der beruflichen Ausbildung, die bis 09.07.1976 gedauert hat, hat er Pflichtbeitragszeiten erworben. Nach anschließender Zeit weiterer Pflichtversicherung und Arbeitslosigkeit hat er eine Schulausbildung zurückgelegt, die ebenfalls im Versicherungsverlauf festgehalten ist. Es folgten weitere Pflichtbeitragszeiten und Zeiten der Arbeitslosigkeit bis 30.09.1979.

Im Anschluss hieran hat der Kläger ein Beamtenverhältnis am 01.10.1979 begonnen. Durch Urkunde vom 12.11.1990, ausgehändigt am 10.11.1990 ist er mit Ablauf des Monats November 1990 in den Ruhestand versetzt worden.

Im Anschluss hieran hat er wiederum eine Tätigkeit ausgeübt, die Versicherungspflicht zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung ausgelöst hat. Aus dem Versicherungsverlauf zum Rentenbescheid vom 11.08.2016 ist zu entnehmen, dass ab 01.04.2001 Pflichtbeitragszeiten gespeichert sind bis 05.11.2005 und anschließend Pflichtbeitragszeiten und andere rentenrechtliche Zeiten wegen Beschäftigung, Arbeitslosigkeit, beruflicher Ausbildung, Krankheit beziehungsweise Gesundheitsmaßnahme, Zurechnungszeit.

Aufgrund des Antrags des Klägers vom 12.08.2015 hat die Beklagte dem Kläger, anstelle der bisherigen Rente, Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.10.2016, befristet auf 30.09.2019, bewilligt.

Mit Schreiben vom 13.08.2016, Eingang bei der Beklagten am 28.11.2016, wandte sich der Kläger an die Beklagte und beantragte sinngemäß die Anwendung der Verordnungen (EG) Nummer 883/2004 vom 29.04.2004 und Nummer 987/2009 vom 16.09.2009. Eine unterschiedliche Anerkennung von EU-Anrechten und inländischen Anrechten entspreche nicht dem Gleichheitsgrundsatz, zumal bei den deutschen Anrechten mittlerweile erhebliche Verschlechterungen eingetreten seien. Er erhalte eine Beamtenversorgung vom Landesamt für Finanzen. Bei Eintritt ins Beamtenverhältnis habe er noch damit rechnen können, nach 35 Dienstjahren die volle Beamtenversorgung zu erhalten. Durch die erheblichen Verschlechterungen im Beamtenversorgungsrecht sei diese nicht mehr erreichbar und deshalb die Anerkennung der rentenversicherungspflichtigen Zeiten analog EU-Recht geboten.

Mit Schreiben vom 30.12.2016, Eingang bei der Beklagten am 02.01.2017 präzisierte der Kläger seinen Sachvortrag. Er führte aus, dass alle Zeiten für Renten- und Versorgungsansprüche in den EU-Mitgliedsstaaten zur Feststellung der Erfüllung der Wartezeit zusammenzurechnen seien. Analog dessen beantrage er rückwirkend die Anerkennung seiner Beitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung (53 Monate), die er vor seinem Eintritt in das Beamtenverhältnis zurückgelegt hatte. Zwischenzeitlich seien 42 Dienstjahre für die maximale Beamtenversorgung bei Polizeibeamten erforderlich. Die Rente für die Zeiten nach dem Beamtenverhältnis würde bei der Beamtenversorgung abgezogen. Außerdem legte der Kläger der Beklagten in Kopie ein Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat vom 14.12.2016 sowie ein Schreiben der Generaldirektion Zoll vom 27.04.2016, ein Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat vom 11.10.2013 sowie zwei Anlagen vor. Außerdem übersandte der Beklagte eine Kopie aus der Zeitschrift Zukunft jetzt, Ausgabe 1.2018, Rente kennt keine Grenzen.

Mit dem Bescheid vom 09.01.2017 hat die Beklagte auf der Grundlage von § 44 SGB X den Antrag des Klägers vom 28.11.2016 auf Rücknahme des Bescheides vom 11.08.2016 zurückgewiesen. Zur Begründung hat die Beklagte hier ausgeführt, dass die Überprüfung des Bescheides vom 11.08.2016 ergeben habe, dass weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei. Die Rente sei in zutreffender Höhe festgestellt worden. Bei der Rentenberechnung seien allen nachgewiesenen beziehungsweise glaubhaft gemachten Beitragszeiten, Ersatzzeiten und Anrechnungszeiten berücksichtigt worden. Die Berechnung selbst entspreche den gesetzlichen Vorschriften. Der Rentenversicherungsträger sei an die geltenden Gesetze gebunden. Mit Schreiben vom 23.01.2017, Eingang bei der Beklagten am 25.01.2017 hat der Kläger unter Fortführung der bisherigen Argumentation Widerspruch eingelegt. Diesen Widerspruch hat die Beklagte mit dem Widerspruchsbescheid vom 27.03.2017 zurückgewiesen und hat zur Begründung ausgeführt, dass die gesetzlichen Vorschriften keine Regelung vorsehen würden, nach der die bei der gesetzlichen Rentenversicherung berücksichtigten rentenrechtlichen Zeiten und Anwartschaften auf Versorgung zur Feststellung der Erfüllung der Wartezeit zusammenzurechnen seien.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende Klage vom 25.04.2017. Mit der Klageschrift wurde zur Begründung der Klage ausgeführt, dass der Widerspruchsbescheid vom 27.03.2017 den Kläger im Verhältnis zu anderen Versicherten benachteilige. Rentenversicherte, die weniger als 60 Kalendermonate bei der Deutschen Rentenversicherung Bund hätten, würden für diese eine Rente erhalten, wenn im EU-Ausland weitere Anwartschaften in Rentenversicherung oder Beamtenverhältnissen erworben worden seien und dadurch eine Wartezeit erfüllt sei.

Der Kläger hat folgenden Klageantrag gestellt:

Deshalb beantrage ich, die Deutschen Rentenversicherung Bund zu verurteilen, meine Rentenanwartschaften vor meinem Eintritt ins Beamtenverhältnis, so zu behandeln, wie bei Versicherten, die im EU-Ausland weitere Anwartschaften erworben haben.

Die Beklagte hat mit Schreiben vom 03.05.2017 beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Gericht hat mit Schreiben vom 26.09.2017 die Beteiligten auf die Absicht hingewiesen durch Gerichtsbescheid zu entscheiden und Frist für die Abgabe einer Stellungnahme gewährt bis 20.10.2017.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Beklagtenakte sowie die von den Beteiligten im Klageverfahren eingereichten Schriftsätze verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage erweist sich als unbegründet.

Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen (§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Falle nicht erfüllt. Der Bescheid der Beklagten vom 11.08.2016 (Rentenbescheid) ist nicht rechtswidrig.

Die Klage kann unter keinem denkbaren Gesichtspunkt Erfolg haben.

Zunächst ist festzuhalten, dass bei der Ermittlung der Wartezeit im Rentenbescheid vom 11.08.2016 und auch bei der Rentenberechnung sämtliche zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung gezahlten Pflichtbeiträge berücksichtigt worden sind, auch die vor dem 01.10.1979 geleisteten. Dies ergibt sich eindeutig aus dem Versicherungsverlauf aber auch aus der Anlage Entgeltpunkte für Beitragszeiten Seiten 1 und 2. Dort beginnen die Pflichtbeitragszeiten am 10.09.1973.

Es ist der Beklagten auch nicht möglich die Zeit des Beamtenverhältnisses ab 01.10.1979 im Rahmen der Rentenberechnung zu berücksichtigen. Dafür fehlt jede Grundlage. Insbesondere lassen sich Normen des europäischen Rechts nicht entsprechend anwenden, weil das deutsche Recht insofern keine Regelungslücke aufweist. Eindeutig ist der systematische Zusammenhang der, das die Zeiten, in denen der Kläger Beiträge zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet hat in die Versicherungslast der Beklagten fallen, während die Zeiten in denen der Kläger Beamter war anrechnungsfähig sind im Rahmen des Beamtenversorgungsgesetzes durch die Pensionsbehörde. Lediglich nach § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte können Zeiten, für die Pflichtbeiträge nach den Vorschriften des 6. Buches Sozialgesetzbuch gezahlt worden (gesetzliche Rentenversicherung) sind auf die Wartezeit für den Erwerb einer Rente nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (Sonderversorgungssystem) angerechnet werden.

Dies aber ist eine beschränkte Ausnahme, die nicht verallgemeinerungsfähig ist. Zum Beispiel lassen sich Beitragszeiten, für die Beiträge nach dem Gesetz über die Altershilfe der Landwirte gezählt worden sind, nicht auf die Wartezeit nach dem Sozialgesetzbuch Sechs (gesetzliche Rentenversicherung) anrechnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

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